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Städtebombardements Zweiter Weltkrieg

27. September 1943: Hannover. Der Befehlsbunker "Gefechtsopernhaus"

Das NS-"Gefechts-Opernhaus" - die hilflose Nachtjägertaktik "Wilde Sau" - Beispiele für Scheinangriffe der RAF


präsentiert und mit Ergänzungen versehen von Michael Palomino (2008)

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aus: David J. Irving [u.a.]: Und Deutschlands Städte starben nicht. Ein Dokumentarbericht (Karweina 1964)

[27. September 1943: Der deutsche Befehlsbunker "Sokrates" - die Voraussage des englischen Luftangriffs mit 600 Bombern]

Am 27. September 1943, eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang, tritt Hauptmann Hans Kuhlisch in den riesigen unterirdischen Befehlsbunker im Steilhang des Schwarzen Berges bei Stade.

[Der Standort Stade wird für eine Funkmessortungsstelle "Sokrates" mit der Bezeichnung "Gefechtsopernhaus" bestätigt.
(Atlantikwallarchiv: http://www.atlantikwall.info/radar/germany/rd_.htm)

Gemäss weiteren Angaben befindet sich das "Gefechtsopernhaus" am traditionellen Militärflugplatz Döberitz in der Döberitzer Heide westlich in der weiteren Umgebung von Berlin. <Während des Zweiten Weltkrieges entstand hier einer der grössten Leitbunker der Luftwaffe. In dem Betonkubus arbeiteten Dutzende Offiziere und Luftwaffen-Helferinnen rund um die Uhr, um die Abwehr der alliierten Bomberströme zu organisieren. Das innen zwölf Meter hohe Gebäude wurde von seiner Besatzung scherzhaft "Gefechtsopernhaus" genannt. Wenn Grossangriffe auf Berlin anstanden, mag die Atmosphäre in dem Raum mit einer Art Bühne und der von hinten beleuchteten, riesigen Karte aus bemaltem Glas tatsächlich etwas von einer - brandgefährlichen - Operaufführung gehabt haben. Die Befehlsplätze davor waren angeordnet wie die Ränge eines Theaters.>
(aus: Berliner Morgenpost: "Tiere treten nicht auf Bomben"; 6. November 2005;
http://www.morgenpost.de/content/2005/11/06/biz/790339.html)

Ansonsten ist im Internet über das "Gefechtsopernhaus" nichts zu finden (2008)].

Von diesem Bunker aus, der den Tarnnamen "Sokrates" trägt, werden bei Tag und Nacht alle Jagdeinsätze zwischen Norwegen und dem Thüringer Wald geleitet.

Hans Kuhlisch ist Vertreter des Ia, der sogenannte "Ia-Offizier vom Dienst" bei der 2. Jagddivision. Mit einem Blick auf eine schematische Darstellung an der Wand sieht er, dass die Division in der kommenden Nacht 130 Nachtjäger einsetzen kann. (S.178)

[Der Düsenjäger bleibt weiterhin am Boden, unerklärlicherweise...]

Jetzt lässt sich Kuhlisch in seinem kleinen Bunkerbüro mit dem Funkhorchregiment West in Paris verbinden. Dieses Regiment überwacht mit Spezialempfängern den gesamten englischen Funkverkehr. Es registriert vor allem, wie viele Flugzeuge jenseits des Kanals in den Abendstunden ihre Funkgeräte abstimmen. Aus der Zahl der Abstimmungen kann man schliessen, wieviel Bomber für den Nachtstart vorbereitet werden.

Das Funkhorchregiment West meldet an diesem Abend: "Adler sechshundert."

Das bedeutet: Die Engländer bereiten einen Grossangriff mit sechshundert Maschinen vor. Kuhlisch meldet das seinem Divisionskommandanten, dem General Schwabedissen. Dann übernimmt er den Dienst im eigentlichen Herzen des Befehlsbunkers "Sokrates", in der Kommandozentrale, die von den Landsern "Gefechts-Opernhaus" genannt wird.

[Der Befehlsraum im "Gefechts-Opernhaus" um die Lagekarte mit blauen und roten Punkten]

Ein grosser unterirdischer Raum wird beherrscht von einer riesigen Lagekarte, die neun Meter hoch und zwölf Meter breit ist. Diese transparente Karte zeigt das gesamte Jagdgebiet der 2. Division. Vor der Karte sind zahlreiche Arbeitsplätze mit Mikrophonen und Telefonen auf halbkreisförmigen Terrassen angeordnet. In der Mitte der obersten Terrasse steht das Kommandopult des "Opernhauses". Hier ist der Platz von Hauptmann Kuhlisch, bis der Divisionskommandant oder sein Ia den Befehl übernimmt. Auf der Platte des Pultes sind vierzig Hebel angebracht, mit denen der Kommandierende eine direkte Verbindung mit allen Fliegerhorsten, Leitstationen und Flakbefehlsständen der Division herstellen kann.

In wenigen Minuten melden sich alle Abteilungen des Befehlsbunkers beim Offizier vom Dienst als gefechtsbereit. Links vom Kommandopult sitzen zwei Offiziere, die ständige Verbindung zu den Radargeräten halten. Rechts ist der Platz, den der Offizier vom Dienst nach Eintreffen des Generals einnehmen wird. Von hier aus werden die Startbewegungen der eigenen Jäger verfolgt.

Auf der nächsten Terrasse unterhalb von Kuhlisch sitzen zehn Jägerleitoffiziere, die über Mikrophone die Jagdflugzeuge an den Gegner heranführen. Es folgen die Verbindungsoffiziere der Flak und des Flugwachkommandos, dessen Horchposten als dichtes Netz über das ganze Land verteilt sind.

Hinter der transparenten Lagekarte sitzen vierundneunzig Nachrichtenhelferinnen. Sie projizieren mit Lichtpunktwerfern blaue und rote Punkte auf die Karte. Rote Punkte sind Feindbomber, blaue sind eigene Jäger. Die "Lichtspuckerinnen", wie sie im Luftwaffenjargon genannt werden, (S.179)

erhalten die Positionen unmittelbar von den Radargeräten draussen im Land. Ihre Lichtpunkte zeigen den Stand der Maschinen mit nur dreissig Sekunden Verspätung.

Hauptmann Kuhlisch setzt sich an das Kommandopult. Alles ist für die Luftschlacht in 7000 Meter Höhe am Nachthimmel vorbereitet. Über einem der vierzig Hebel leuchtet ein rotes Licht auf. Das Funkhorchregiment West meldet den Start von über 600 Feindbombern von verschiedenen Plätzen in England.

Mit einem Schlag wird es still im grossen "Gefechts-Opernhaus".

[Die erwartete Nachtschlacht - die englischen Scheinangriffe - die Täuschung mit Stanniolstreifen täuscht grosse Bomberströme vor - die hilflose Nachtjagd-Taktik "Wilde Sau" gegen die Bomberströme]

Eine neue Meldung vom Funkhorchregiment! "Die Funkfeuer in England sind eingeschaltet worden." Aus der Lage der Funkfeuer ergibt sich der erste Anhaltspunkt für den Kurs der Bomber. Er zielt wie gewöhnlich nach Deutschland. Hauptmann Kuhlisch gibt das Stichwort "Fasan" an alle Fliegerhorste. "Fasan" heisst: Nachtjagd wird durchgeführt.

Gleich darauf kommen die ersten Meldungen der Grossradargeräte "Mammut" und "Wassermann", die eine Reichweite von 300 Kilometern haben. Die "Lichtspuckerinnen" werfen die ersten Lichtpunkte auf die Lagekarte.

Nun trifft General Schwabedissen ein und übernimmt von Kuhlisch den Platz am Kommandopult. Für alle Nachtjäger im Befehlsbereich wird Sitzbereitschaft befohlen.

Das Feindbild auf der Lagekarte ist ausgesprochen undurchsichtig. Die Engländer nutzen die Tarnmöglichkeiten voll aus, die ihnen die Stanniolstreifen bieten. Schon wenige Maschinen, die diese Streifen in dichten Wolken niederregnen lassen, können massige Bomberströme auf den Röhren der Funkmessgeräte vortäuschen.

Die Lagekarte im Befehlsbunker "Sokrates" zeigt drei einfliegende Bombergruppen. Eine zieht auf die Ostfriesischen Inseln zu, die zweite nähert sich Helgoland, die dritte fliegt im Norden des Ruhrgebiets mit Kurs auf Berlin.

General Schwabedissen gibt Startbefehl für alle Horste. Einige Nachtjäger schickt er den Angreifern als Späher entgegen, um ihre Stärke festzustellen. Kein einfacher Auftrag in tiefdunkler Nacht.

[Die Bomber sind schwarz angestrichen, so dass sie in der Nacht praktisch unsichtbar sind].

Die Masse der Jäger aber kreist in den festgelegten Warteräumen, bis genau feststeht, hinter welcher Stanniolwolke der grosse Bomberstrom fliegt. Dann erst werden sie von allen Seiten auf den Gegner losgelassen.

[um Treibstoff zu sparen].

Das ist die neue Taktik der deutschen Nachtjagd. Bis vor einem Vierteljahr noch versuchten die Nachtjäger, als dünne Kette den gesamten Luftraum (S.180)

vor der Heimat abzuschirmen. Aber da die Engländer jetzt nicht mehr in breiter Front anfliegen, sondern die schwache deutsche Abwehrkette an einer einzigen Stelle mit einem eng aufgeschlossenen Bomberstrom durchstossen, ist dieses System überholt.

"Wilde Sau" heisst die neue Taktik. Ihr Erfinder ist Oberstleutnant und Eichenlaubträger Hajo Herrmann.

Hajo
                      Hermann, Portrait
Hajo Hermann, Portrait eines Dieners des tödlichen NS-Regimes mit 320 Einsätzen als "Kampfflieger" über Polen, Norwegen, Frankreich und Grossbritannien. Er erhielt am 13. Oktober 1940 das Ritterkreuz. 1942 kam er in den Luftwaffenführungsstab, wurde am 2. August 1943 als Kommandeur eines Luftwaffen-Jagdverbandes (Wilde Sau) mit dem Eichenlaub und am 23. Januar 1944 als Oberst und Inspekteur der Luftverteidigung mit den Schwertern ausgezeichnet [1].

Mit einem Erprobungskommando hat er auf eigene Faust bewiesen, dass man den Engländern weitaus grössere Verluste zufügen kann, wenn man die Nachtjäger nicht einzeln, sondern massiert gegen die Bomber schickt. Die Staffeln der Nachtjagd, verstärkt durch Tageseinsitzer, rasen wie eine "wilde Sau" quer über Deutschland den Bombern entgegen. Herrmann hat gezeigt, dass man sogar über den eigenen Flakbatterien erfolgreich jagen kann, wenn man die Feuerhöhe mit der Flak abspricht. Seitdem ist die "Wilde Sau" anerkannt.

[Alle die deutschen Jagdflugzeuge funktionieren nur dank dem "amerikanischen" Antiklopfmittel, das nachweislich den Krieg verlängerte. Danke Scheiss-"Amerika"...]

Aber im Befehlsbunker bei Stade kennt man auch die Schwächen der "Wilden Sau". Es ist riskant, sämtliche Nachtjäger einem einzigen Verband entgegenzuschicken. Denn dieser Verband kann sich als eine schwache Kampfgruppe entpuppen, die einen Ablenkungsangriff durchführt. Die Masse der Bomber bleibt dann unbehelligt.

[Das Flugbild: Hauptziel Berlin - "Pauke" - Scheinangriff auf Braunschweig - Reihenwürfe auf Emden - Ziel der Nacht: Hannover]

Immer mehr Berichte der zahlreichen Horch- und Beobachtungsposten des Flugwachkommandos treffen ein. Sie bringen langsam Klarheit in das Feindbild. Der Verband, der inzwischen nördlich von Minden mit Kurs auf Berlin fliegt, scheint das Gros der Bomber zu bilden.

Jetzt wird es turbulent im "Opernhaus". Die Jägerleitoffiziere entlassen die "Wilde Sau" aus den "Käfigen" der Warteräume und schicken sie den Bombern entgegen. In kurzen Abständen geben sie über ihre Mikrophone den Kurs der Bomber durch und korrigieren die Anflugrichtung der Nachtjäger.

Plötzlich hört einer von ihnen zum erstenmal an diesem Abend: "Pauke, Pauke!" Das ist der Triumphruf eines Nachtjägers, der sein Opfer bereits im Visier hat und angreift.

In derselben Minute meldet das Flugwachkommando Leuchtbomben über Braunschweig. Aus Braunschweig selbst wird "Abwurf von Sprengbomben" durchgegeben. Im Befehlsbunker "Sokrates" glaubt man an einen Scheinangriff. Aber ganz sicher ist man nicht.

Und da kommt Alarm aus Emden. Die Stadt ist schon am Nachmittag von Amerikanern angegriffen worden. Jetzt stehen zahlreiche Leuchtbomben über den Häusern. Starke Flugzeuggeräusche sind von der Nordsee her zu (S.181)

hören. Die ersten Bomben fallen, nicht einzelne Bomben wie in Braunschweig, sondern Reihenwürfe.

Zweifel erwachen bei den Offizieren im "Opernhaus". Vielleicht gilt der eigentliche Angriff Emden, vielleicht ist der Verband mit Kurs auf Berlin längst nicht so stark, wie die Flugwachen annehmen. Die in Dänemark gestarteten Nachtjäger werden nach Emden umdirigiert. Sicher ist sicher.

Braunschweig meldet erneut Bombenabwurf. Doch das nimmt niemand ernst. Braunschweig ist als Ablenkungsziel erkannt worden.

Aber was ist nun das richtige Ziel der Bomber? Die Ungewissheit zerrt an den Nerven der Männer im Befehlsbunker. Immer häufiger ertönt aus den Kopfhörern das erregte "Pauke, Pauke!" der Jäger, die auf den Berlin-Verband angesetzt worden sind. Das gibt den Ausschlag: So viele Feindberührungen in kurzer Zeit deuten auf einen sehr starken Bomberstrom.

Obwohl der Angriff auf Emden noch weiterläuft, werden die nach dort befohlenen Jäger umdirigiert. Die Stimmen der Jägerleitoffiziere sind schon ganz heiser. Und da endlich wird alles klar.

"Gelbe Leuchtbomben bei Liebenau. Der Verband schwenkt ab nach Südosten. Direkt auf Hannover zu..."

Ein kurzer Befehl des Generals. Dann rufen alle Leitoffizieren in ihre Mikrophone: "Express nach Hannover, Express nach Hannover!"

Der Ruf wird auch in den Befehlsbunkern der anderen Jägerdivisionen aufgefangen und von ihren Leitoffizieren übernommen. Aus allen Himmelsrichtungen stürmt die "Wilde Sau" nach Hannover...

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Quellen
[1] http://www.mtm-versand.de/dmz/Leseproben/dmz-redaktion499/dmzNr20-R.htm

Fotoquellen
-- Hajo Hermann, Portrait: http://www.hotlinecy.com/kcapg2-e.htm

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