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[4. Oktober 1943: Bombenangriff auf Frankfurt mit Masterbomber - die Zoowärter im Bunker - Brandbomben mit Benzol-Kautschuk-Lösung - verletzte Zootiere]
aus: David J. Irving [u.a.]: Und Deutschlands Städte starben nicht. Ein Dokumentarbericht (Karweina 1964)
Genau zehn Monate werden Frankfurt geschenkt [nach dem erfolglosen Grossangriff vom 2. Dezember 1942]. Dann, am 4. Oktober 1943, erlebt die Stadt ihren zweiten Masterbomber-Angriff. Und diesmal kommt ihr keine technische Panne zu Hilfe.
Kurz nach neuen Uhr abends wird Vollalarm gegeben. Oberwärter Schuhmann stürzt aus seinem Haus hinüber in den Zoo. Er muss seine Frau und die beiden Kinder allein lassen, um den hilflosen Tieren nahe zu sein.
Die vier Elefanten stehen in wütender Kampfstellung im Gehege, die wuchtigen Vorderbeine gespreizt, die Hinterbeine geduckt, Kopf und Rüssel angriffsbereit zum Himmel gerichtet. Dort oben ist der Feind...
[Die Tiere hören durch tiefe Schallwellen, die für Menschen nicht hörbar sind, die Gefahr herankommen. Dies ist bei bei Erdbeben so, bei Tsunamis so, und auch bei Bombenangriffen so].
Niemand ausser Albin Schuhmann kann sich den Tieren in der gereizten (S.61)
Stimmung des Alarms nähern. Ihrem Wärter aber folgen sie auch jetzt noch aufs Wort. Gehorsam lassen sie sich in die Stallungen treiben und die Ketten um die Füsse legen. Schuhmann hört ihr aufgeregtes Schnaufen.
Auch die Elefanten haben Angst. Angst vor dem unberechenbaren Tod, der aus dem nächtlichen Himmel zuschlägt. Angst wie Hunderttausende von Menschen, die in ihre Keller laufen.
Schuhmann kontrolliert rasch noch einmal die Heizung des Elefantenhauses. Schon ist das Brummen der Bomber ganz deutlich zu hören. Und da heult ein Hagel von Brandbomben in den Zoo.
Das also ist er... der Grossangriff, mit dem Albin Schuhmann schon lange gerechnet hat, und von dem er doch gehofft hat, dass er nicht stattfinden würde. Der Oberwärter stürzt aus seinem Elefantenhaus nach draussen, läuft durch die Anlagen zwischen den Tierhäusern. Alle paar Schritte muss er sich hinwerfen, weil sich die Nacht in ein tosendes Inferno verwandelt hat.
Im Pfeifen und Krepieren der Bomben hört er ringsum noch das angstvolle Heulen der Raubkatzen, das wütende Trompeten seiner Elefanten, das hysterische Schnattern der Papageien und das Weinen der Affen.
Schuhmann hastet am Seelöwengehege vorbei zum Bunker am Nordrand des Zoos. Er denkt nicht nur an seine Familie. Er denkt auch voller Schrecken an das Schicksal der Tiere in diesem Grossangriff. Denn der Frankfurter Zoo liegt nicht am Rande der Stadt, sondern mitten im Zielgebiet des Vernichtungsangriffs, mitten im Gewirr der Wohnviertel im Osten der Stadt ...
[Es fragt sich, wieso man die Tiere nicht ausserhalb der Stadt verbracht und in der Stadt Frankfurt belassen hat. Wahrscheinlich mussten die Tiere des Zoos aus Propagandagründen in der Stadt bleiben, um der Bevölkerung "Normalität" vorzuspielen...]
Der Oberwärter hat jetzt die Bunkertreppe erreicht. Die letzten Stufen wird er hinuntergeschleudert. Ganz nahe, in der benachbarten Thüringer Strasse, ist eine schwere Minenbombe explodiert. Mit verbissenen Gesichtern sitzen die Tierwärter in ihrem kleinen Bunker, der unter der Wucht der Explosionen hin und her schwankt.
Wenn eine Feuerpause eintritt, laufen sie nach oben. Sie sehen den glutroten Flammenschein ringsum, sehen, dass auch der Zoo an zahlreichen Stellen brennt.... und werden von den nächsten Bombenteppichen wieder nach unten getrieben.
Da endlich ebbt die Wucht des Angriffs ab. Zwar fallen in der Ferne noch vereinzelt Bomben. Aber jetzt lassen die Wärter sich nicht länger zurückhalten. In den Zoo sind ausser Sprengbomben auch viele Flüssigkeitsbrandbomben gefallen.
Während Schuhmann und seine Arbeitskameraden durch den Tierpark zu ihren Gehegen laufen, tropft die brennende Benzol-Kautschuk-Lösung von (S.62)
Bäumen und Dächern auf sie herab. Das Schreien, Heulen und Wimmern der verwundeten Tiere ist erschütternd und angsteinflössend.
Plötzlich bleibt Armin Schuhmann erleichtert stehen. Er sieht, dass das Elefantenhaus noch steht.
[Das offene Nashornhaus - Nashorn Faru]
Die Erleichterung des Oberwärters hält nicht lange an. Denn von hier aus kann er zur Waldschmidtstrasse hinüberblicken. Und dort, wo seine Frau und die beiden Kinder während des Angriffs im Keller sassen, ist der Himmel blutrot. Schuhmann will zum Ausgang laufen. Da sieht er, dass eine Seitenwand des Nashornhauses aufgerissen ist. Im Flammenschein erkennt er das Nashorn Faru, das hinter dem grossen Loch in den Trümmern steht.
Nashörner gehören zu den gefährlichsten Tieren eines Zoos. Nicht umsonst fürchten erfahrene Grosswildjäger angeschossene Nashörner mehr als Tiger. Wenn sie gereizt sind, dann sind diese urwelthaften Tiere wütende Bestien, dann stürmen sie mit unglaublicher Geschwindigkeit vorwärts, den Kopf zum Rammstoss gesenkt. Und sie trampeln alles nieder, was sich ihnen in den Weg stellt.
Nur zwei Schritte braucht das Nashorn Faru zu tun, und es ist frei. Noch ein paar Dutzend Schritte weiter, und es kann durch eine der zahlreichen Mauerlücken in die brennende Stadt stürmen, zu sinnloser Wut angestachelt durch das Prasseln der Flammen...
Langsam geht der Elefantenwärter auf die Lücke im Nashornhaus zu. Freundlich spricht er auf das Tier ein, das mit bebenden Flanken dasteht und ihn aus blutunterlaufenen Augen anstiert.
Jetzt tauchen einige Männer auf. Es sind Kollegen von Schuhmann, die in der Nähe wohnen und sich sofort nach dem Angriff auf den Weg zu ihren Tieren gemacht haben. auch sie wissen, wie gefährlich Faru in dieser Situation sein kann. Ohne dass Schuhmann ein Wort zu sagen braucht, suchen sie Holz und Balken zusammen und richten ein provisorisches Gitter vor dem Loch auf.
Der Elefantenwärter steht noch immer neben dem klotzigen Tier, krault seine Ohren, reicht ihm Möhren, die seine Kollegen ihm zuwerfen... und er denkt dabei voller Sorge und Angst an seine Familie, die nur zweihundert Meter entfernt wohnt. Dort, wo die Flammen hochschlagen. Aber er kann jetzt nicht nach Hause laufen, kann nicht die Tiere verlassen, die in schönen Tagen sein Stolz waren und die jetzt in bösen Stunden seine Liebe mehr brauchen als jemals zuvor.
Dem Elefantenwärter scheint es eine Ewigkeit zu dauern, bis das Behelfsgatter (S.63)
vor dem Nashornhaus angebracht ist, bis er sich mit einem Klaps von dem jetzt völlig beruhigten Tier verabschieden kann.
[Zoowärter Schuhmann muss die Elefanten von den Ketten nehmen - die traumatisierten Tiere lassen sich führen]
Jetzt muss er zu seinen Elefanten. Ihr Trompeten hat ihm die ganze Zeit in den Ohren geklungen. Niemand im Zoo kann Schuhmann diese Arbeit abnehmen. Niemand ausser ihm kann es wagen, nach einem Angriff in die Elefantenstallungen zu gehen und die Fesseln zu lösen. Denn die sonst so liebenswerten Dickhäuter würden jeden Fremden sofort zertrampeln.
[In Notsituationen kommt es vor, dass Elefanten eine solche Kraft entwickeln, das sie sogar die Ketten sprengen und weglaufen, so geschehen beim Tsunami in Indonesien 2005 / 2006].
Einen Augenblick wird es still im Elefantenhaus, als sich die Gestalt des Oberwärters gegen den Flammenschein abhebt. Aber dann setzt das Trompeten der Tiere wieder ein, lauter als zuvor... und mit einem anderen Klang. Voller Freude und Erleichterung begrüssen die Elefanten "ihren" Menschen.
Schuhmann stehen Tränen in den Augen, als er seinen Tieren die Ketten löst. Immer wieder muss er sich ihrer zärtlichen Rüsselgriffe erwehren. Sein Liebling, die Elefantenkuh Ipani, hat sich einen Stosszahn abgebrochen, als sie während des Angriffs voller Angst und Wut mit dem Kopf gegen die Wand gerannt war, um aus ihrem Gefängnis herauszukommen und davonstürmen zu können.
[Der Vorgang ist nur dann möglich, wenn der Elefant vorher die Kette gesprengt hat].
Auch Venida hat starke Fleischwunden am Bein, weil sie die armdicke Kette gesprengt hat. Aber ernsthafter Schaden ist im Elefantenhaus nicht eingetreten.
Schuhmann wird schon nach wenigen Minuten zu einem anderen Haus gerufen, wo seine Erfahrung weiterhelfen kann.
Die Wucht des Angriffes hat den Charakter der meisten Tiere seltsam verwandelt. Die grossen Raubkatzen, Tiger und Löwen, sitzen völlig verschüchtert in den Ecken ihrer Gatter und lassen sich wie Haustiere von den Wärtern kraulen, wollen sie nicht weglassen, so sehr sehnen sie sich nach Tröstung.
[Die Szene, Tiger und Löwen zu kraulen, erscheint sehr gewagt und würde heute nicht mehr vorkommen].
Der wilde Zebrahengst des Tiergartens, sonst nur von einem Dutzend erfahrener Männer zu bändigen, lässt sich wie ein Droschkenpferd um den Hals fassen und in einen Notstall führen. Selbst der Riesenkommodo, eine Urzeitechse aus dem zerstörten Aquarium, scheint froh zu sein, dass ihn die Menschen finden, und schmiegt sich an den Angestellten, der ihn auf dem Arm in eine neue Unterkunft trägt. Die Furcht vor dem Tod verwischt auch bei der Kreatur alle Instinktbarrieren, verwischt den Unterschied zwischen Freund und Feind, lässt nur noch Platz für die Sehnsucht nach Gemeinsamkeit...
[Ein intaktes Haus - Feuerstürme in Frankfurt]
Endlich, nach langen Stunden, kann Albin Schuhmann aus dem Zoo zu seiner Wohnung hinüberlaufen. Mit tiefer Erleichterung und Dankbarkeit (S.64)
sieht er, dass sein Haus noch steht... und schämt sich im gleichen Augenblick dieser Erleichterung, da das Nachbarhaus nur noch ein qualmender Trümmerhaufen ist. Seine Tiere hat der Oberwärter retten können. Für seinen Nachbarn und Freund Jeskarik und dessen sechs Kinder aber kommt jede Rettung zu spät ...
Bei der Entwarnung kurz vor Mitternacht dehnen sich im Süden und Osten der Stadt riesige Feuermeere aus und färben den Himmel blutrot. Eine Zone der Vernichtung breitet sich östlich der Friedberger Anlage und Obermainanlage über den Ostbahnhof bis in die Gegend nördlich des Ostparks aus.
Ein weiterer Zerstörungsgürtel zieht sich an der Hanauer Landstrasse entlang und auf dem südlichen Mainufer über das östliche Sachsenhausen rings um die Brauereien. Der Luftschutzkeller des Kinderheims, das sich in dem enteigneten jüdischen Krankenhaus an der Gagernstrasse befindet, hat einen Volltreffer erhalten. 90 Kinder, 14 Schwestern und eine Ärztin liegen unter den Trümmern begraben.
Das ist Frankfurt nach dem 4. Oktober 1943...
[Das Flächenbombardement von Frankfurt vom 4. Oktober 1943: 529 Tote und ausgebrochene Tiere - es folgen nun fast wöchentliche Bombardements]
Frankfurts Innenstadt verfügte über ein durchgängiges Kellersystem, so dass man vom einen Ende zum anderen Ende auch unterirdisch gelangen konnte. Deswegen verzichtete das NS-Regime darauf, für die Frankfurter Innenstadt einen grossen Luftschutzbunker anzulegen. Die Vorkehrungen wurden auf Turmbeobachtungsstände, Scheinwerfer und Flak beschränkt.
Nach dem Heulen der Sirenen am Morgen fielen etwa 150 Bomben auf die Römerstadt, Bonames und die Kopferwerke Heddernheim mit beträchtlichen Gebäudeschäden. Während des Tages werden die gröbsten Schäden beseitigt. Um 21 Uhr heulen erneut die Sirenen. Es folgt der erste Grossangriff (zweistündiges Flächenbombardement) mit schätzungsweise 400-500 Flugzeugen mit rund 250.000 Brandbomben mit Schwerpunkt der Zerstörungen in den östlichen Stadtteilen: Die Zone der Verwüstung umfasste die Friedberger Anlage, Obermainanlage, Tiergarten (Zoo), Ostpark, Ostbahnhof, Hanauer Landstrasse, östliches Sachsenhausen und Oberrad, sowie die Altstadt inklusive Römer, Liebfrauenkirche bis zur Kleinmarkthalle, sowie die Stadt- und Universitätsbibliothek. Eine Bombe hatte zudem direkt in den Schutzkeller des ehemaligen israelitischen Krankenhauses, jetzt Kinderkrankenhaus, getroffen und 90 Kinder und das Personal getötet. Frankfurt beklagte 529 Tote. Im ausgebrannten Zoo waren viele Tiere ausgebrochen und wurden von Soldaten erschossen.
Die Luftangriffe auf Frankfurt erfolgten nun fast wöchentlich, und fast 200.000 Menschen drängten sich in die Luftschutzbunker bei bis zu über 6-fache Überbelegung, so die Geheimberichte.
Die Stadt wurde vom Magistrat umorganisiert: Schulen und Turnsäle wurden zu Verpflegungsstellen, Gaststätten gaben Kaffee und heisse Bouillon aus, Fluchtwege wurden hergestellt, indem Durchbrüche bei Gartenmauern und Zäunen geschaffen wurden, Wegweiser "Fluchtweg" in Richtung Parks und freie Plätze an öffentlichen Kreuzungen angebracht, Löschwasserbecken in den alten Wallanlagen errichtet, um die Löschteiche in der Innenstadt jeweils nachfüllen zu können. Ebenso wurden nun letzte Kulturgüter aufs Land in Sicherheit gebracht, wo dies noch nicht geschehen war, z.T. war es aber auch bereits zu spät. Fassadenschmuck wie Holzschnitzereien oder Sgraffitos gingen meist verloren.
(http://www.aufbau-ffm.de/serie/Teil0/teil0.html)
[ab 4. Oktober 1943: Die Flucht von der Stadt aufs Land]
In den nächsten Tagen ist die Halle des Frankfurter Hauptbahnhofs ständig überfüllt von Menschen, die ihre Kinder und die Reste ihrer Habe in Sicherheit bringen wollen. Viele Frankfurter verlassen am Abend die Stadt, um in den Ortschaften der Umgebung oder in den Wäldern zu übernachten. Denn sie befürchten einen neuen Angriff. Auch Albin Schuhmann bringt in diesen Tagen seine beiden Kinder in Sicherheit. Sie sollen den feurigen Untergang ihrer Heimatstadt nicht weiter miterleben.
[Wasserknappheit, Seuchengefahr, und die Gefahr des Erfrierens im Winter, oder auch die Flucht vor der NSDAP-Propaganda in der zerstörten Stadt sind Gründe der Flucht. Es ist gleichzeitig absolut unverständlich, wieso die Tiere des Frankfurter Zoos nicht aus der Stadt gebracht werden
(Schlussfolgerung Palomino)].
[26.11.1943: Zweiter Grossangriff auf Frankfurt am Main
mit 300-350 Flugzeugen
(http://www.aufbau-ffm.de/serie/Teil0/teil0.html)
[Dezember 1943: Bombardierung der Wasserversorgung der Stadt
Ab Dezember 1943 bombardierte die feindliche Luftwaffe bei Grossangriffen systematisch die Wasserwerke sowie die Hauptwasseradern der Stadt mit ihren weitverzweigten unterirdischen Rohrnetzen, deren genaue Lage sie vermutlich alten Frankfurter Stadtplänen entnommen hatte. Die neuen Löschwasserbecken in den alten Wallanlagen wurden nun bitter gebraucht.
(http://www.aufbau-ffm.de/serie/Teil0/teil0.html)
20.12.1943 1943: Dritter Grossangriff auf Frankfurt am Main
mit 300-350 Flugzeugen
Die Grossangriffe vom 26.11 und 20.12.1943 forderten 260 Tote, fast 27.000 Obdachlose. Getroffen wurden sämtliche Stadtteile, v.a. aber die Innenstadt, mit Beschädigungen am Goethehaus, an der Südseite des Rathauses, an den Bahnhöfen, Strassenbahn und Versorgungsanlagen für Wasser, Gas und Strom, Stadtbibliothek, Haus Gontard, Historisches Museum, und die nördliche Eingangshalle des Domes.
(http://www.aufbau-ffm.de/serie/Teil0/teil0.html)
Frankfurt wurde zur "Frontstadt" erklärt und der Durchhaltewille beschworen. Gegenteilige Meinungen wurden von der Nazi-Justiz als "Feind-Begünstigung", "Wehrkraftzersetzung" oder "Hochverrat" geahndet, mit Standgerichten zur Abschreckung mitten in der Stadt. Das Wort "Katastrophe" wurde von der NS-Propaganda am 30. Dezember 1943 verboten und durch das Wort "Soforthilfe" ersetzt...
(http://www.aufbau-ffm.de/serie/Teil0/teil0.html)
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