aus: David J. Irving [u.a.]: Und Deutschlands
Städte starben nicht. Ein Dokumentarbericht (Karweina
1964)
[Herbst 1944: Schnellere
U-Boot-Massenproduktion in Fertigbauweise - Torpedos mit
Selbststeuerung]
Im Herbst 1944 machen die Abwehroffiziere der britischen
Admiralität eine alarmierende Entdeckung. Sie stellen durch
Luftaufnahmen fest, dass die U-Boote auf den Werften in Kiel,
Hamburg, Danzig und Bremen plötzlich viermal so schnell fertig
werden wie in den vorhergehenden Kriegsjahren.
In den höheren Stäben der britischen Admiralität findet diese
erstaunliche Meldung zunächst keinen Glauben. Man weiss ja aus
Erfahrung, wie lange ein U-Boot auf der Helling liegen muss,
bis endlich der Stapellauf stattfinden kann.
"Die Deutschen können durch verstärkten Arbeitseinsatz
vielleicht zwei oder drei Wochen gewinnen", so werden die
Luftbildauswerter in einem Schreibender Admiralität belehrt.
"Aber es ist technisch unmöglich, drei Viertel der Bauzeit
eines U-Bootes einzusparen."
Doch die Deutschen haben das "technisch Unmögliche" möglich
gemacht. Die Luftbildauswerter zeigen den ungläubigen
Stabsoffizieren der Admiralität schon bald, wie die Deutschen
das fertigbringen.
In der Admiralität studiert man zunächst verblüfft und dann
alarmiert die stark vergrösserten Ausschnitte von
Aufklärungsfotos, auf denen in Scheiben geschnittene U-Boote
zu erkennen sind. Jetzt ist es kein Geheimnis mehr, warum die
U-Boote plötzlich viermal so schnell fertig werden wie früher.
Natürlich haben die Deutschen ihre kostbaren "Wölfe" nicht
nach der Fertigstellung (S.311)
zerschnitten. Auf den Hellingen [Schiffsbauplätze] der Werften
werden die Boote aus bereits vorfabrizierten Teilen
zusammengebaut.
Jetzt endlich lassen sich auch die riesigen ovalen Gebilde
erklären, die seit Monaten auf den grossen Lastkähnen der
deutschen Ströme und Kanäle transportiert werden. Die
Scheiben, oder technisch korrekter gesagt, die Sektionen eines
neuen U-Bootes werden nicht mehr von der überlasteten
Werftindustrie hergestellt, sondern kommen aus Fabriken im
Innern des Reiches. Dort werden sie nach Spezialplänen bis zur
letzten Schraube komplett ausgebaut [ausstaffiert].
Durch diese Arbeitsteilung haben die Deutschen zum erstenmal
in der Kriegsgeschichte die Möglichkeit, U-Boote in
Massenproduktion herzustellen.
Die britische Admiralität informiert Premierminister Churchill
sofort über diese beunruhigende Entdeckung. Gleichzeitig
werden sämtliche Agenten des britischen Geheimdienstes
angewiesen, mit grösster Eile Informationen über Konstruktion
und Kampfeigenschaften der neuen U-Boote zu beschaffen. Aus
einer Vielzahl von Meldungen, die nun eintreffen, können sich
die Offiziere der Admiralität schon bald ein Bild von der
Grösse der Gefahr machen.
Bei den U-Booten handelt es sich um zwei Typen. Erstens um ein
nur zweihundert Tonnen grosses Boot für Operationen in
Küstennähe, und zweitens um einen grossen U-Kreuzer von 1500
Tonnen, der für Geleitzugschlachten auf den Weltmeeren
konstruiert worden ist. Beide Typen sind mit neuartigen
Torpedos bewaffnet, die sich selbst ins Ziel steuern. Bei der
Erprobung in der Ostsee haben diese Torpedos über 95 % Treffer
erzielt. Beide Typen sind ausserdem mit Schnorchel
ausgerüstet. Sie brauchen also bei wochenlangem Einsatz kein
einziges Mal aufzutauchen. Dadurch können die Radargeräte der
zahlreichen Suchflugzeuge, die ständig über der Nordsee und
dem Atlantik kreuzen, die U-Boote nicht mehr entdecken. Die
gefährlichsten Feinde der Wölfe sind ausgeschaltet.
[Bombardierung von
Dortmund-Ems- und Mittelland-Kanal - die U-Boot-Teile
bleiben stecken - Verminung des Übungsgeländes der neuen
U-Boote verzögert die Ausbildung der Besatzungen]
Die britische Admiralität verlangt den sofortigen
Masseneinsatz der alliierten Bomberverbände gegen die
U-Boot-Gefahr. Aber Sir Arthur Harris lässt sich sehr lange
Zeit, bis er dem Drängen der Marine und seines Freundes
Winston Churchill nachgibt.
Der eigenwillige Chef des britischen Bomberkommandos glaubt
immer noch, dass Zielangriffe "sich nicht auszahlen".
Monatelang beschränkt sich der Marschall auf eine indirekt
Bekämpfung der U-Boote. Die Sektionen, aus denen die U-Boote
zusammengesetzt werden, kommen zum grossen Teil (S.312)
aus West- und Süddeutschland. Harris lässt durch seine
Spezialstaffeln immer wieder den Dortmund-Ems-Kanal und den
Mittelland-Kanal angreifen und unpassierbar machen. Da die
Sektionen so gross sind, dass sie nur auf den Wasserstrassen
transportiert werden können, blockiert er ihnen damit
erfolgreich den Weg zu den Werften.
[Scheinbar erfolgt keine
unterirdische Produktion].
Auch der zweite Schlag der RAF gegen die neuen deutschen
U-Boote ist indirekt. In regelmässigen Abständen erscheinen
Geschwader des Bomberkommandos über der Danziger Bucht und
verminen die Gewässer des letzten deutschen
U-Boot-Übungsgebietes. Die neuartigen Minen der Engländer sind
sehr schwer räumbar. Die Ausbildung der Besatzungen in den
bereits fertigen Booten muss deshalb für längere Zeit
unterbrochen werden.
Sir Arthur Harris erringt so gewissermassen mit der linken
Hand sehr eindrucksvolle Erfolge. Aber der britischen
Admiralität genügt das noch nicht. Sie fordert immer
nachdrücklicher und immer ungeduldiger, dass Harris die
Werften und die Werftstädte bombardiert.
Auch Premierminister Winston Churchill verlangt nun ganze
Taten von Harris. "Wir müssen damit rechnen, dass die schweren
Kämpfe auf dem Land sich noch bis zum Herbst 1945 hinziehen",
schreibt er am 14. Januar [1945] an den Chef des
Luftwaffengeneralstabs. "Auf See müssen wir von Februar oder
März an eine Wiedergeburt der U-Boot-Kriegsführung in ernstem
Ausmass erwarten."
Fünf Tage später erhält Marschall Harris den Befehl: "Im
Hinblick auf die wachsende Gefahr durch die Entwicklung der
neuen deutschen U-Boote ist beschlossen worden, dass die
feindliche U-Boot-Organisation wann immer möglich angegriffen
werden soll."
Das ist der endgültige Auslöschungsbefehl für Kiel und seine
grossen Werften. (S.313)
[Auch andere Werftenstandorte
werden bombardiert].