Afrika und Afrikaner: Sklaverei-Fakten



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Afrika und Afrikaner: Sklaverei-Fakten
Meldungen

präsentiert von Michael Palomino

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1879-1939: Schwarze wurden als "Wilde" im Zoo ausgestellt

Filmprotokoll von Michael Palomino

aus: Film: Basler Mission; in: Schweizer Fernsehen SF1, 19.2.1998

-- Schwarze werden in Zoos als "Wilde" vorgeführt in "Völkerschauen" z.B. im Basler Zoo 1879-1939

-- die "Völkerschauen" sind ein Renner

-- die Schwarzen werden als Wesen zwischen Kind und Tier betrachtet und begeistern das rassistische Publikum

-- die Aufführungen werden nach Rassekriterien katalogisiert.

[-- hat jemand etwas von Entschädigung gesagt?

-- wie wäre es, wenn Schwarze in Afrika einen Zoo für weisse Menschen anlegen würden und Vorstellungen über das trockene Bankenleben ausstellen würden?]

Gottlob ist diese Schande zu Ende

[Der Rassismus spielt sich heute einfach auf der ökonomischen Ebene ab].

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Die Verschiffung von Afrika nach "Amerika"

Die Webseite www.kartoffel-geschichte.de berichtet:

<Die Portugiesen setzten afrikanische Sklaven auf ihren Schiffen auch als Seeleute ein, die ggf. auch als Handels­ware verwendet werden konnten. Wie praktisch.> [web01]

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Sklaverei in der Karibik

Die Webseite www.kartoffel-geschichte.de berichtet:

<Christian Georg Andreas Oldendorf, ein Missionar der Herrenhuter Brüdergemeinde, bereiste 1767 und 1768 die Karibik und schreibt über die Zustände:

    »Sonst sind die gewöhnliche Strafen der Neger, welche rebellieren, daß man sie henkt, köpft, spießet, schleift, rädert, mit glühenden Kohlen zwickt, verbrennt, in eisernen Käfige tothungern läßt, ihnen Hände und Füße abhauet, ihre Köpfe auf Pfähle steckt Das schwarze Sklavenvolk in Westindien ist wohl das elendste der ganzen Welt. Man kann sie mit Recht das zerrissene und zertretene Volk nennen, die Armen und Krüppel und Lahmen und Blinden, die der König in dieser letzten Zeit mit mächtigem Schalle zum großen Abendmahl einladen läßt.«>

Kant glaubte zu wissen, daß der Mohr »weiß geboren« werde (bis auf die von Anfang an schwarzen Zeugungsglieder) und wegen seiner dickeren Haut nicht mit Ruten, sondern nur mit gespaltenen Röhren gepeitscht werden darf. Der Philosoph aus Königsberg stellte 1800 auch fest (in der »Physischen Geographie«), daß die roten Sklaven nur für die häuslichen Arbeiten eingesetzt werden, »weil sie zur Feldarbeit zu schwach sind, als wozu man Neger braucht.«> [web01]

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Der Standard
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8.3.2011: Eine verdrängte Geschichte Afrikas: Auch nach Abschaffung der Sklaverei wurden Millionen Afrikaner von Afrikanern versklavt - Noch ist das Thema weitgehend tabu

aus: Der Standard; 8.3.2011;
http://derstandard.at/1297819869502/Eine-verdraengte-Geschichte-Afrikas

<von Doris Griesser

Doua Konaté, Vorstand des 1918 von rebellischen Sklaven gegründeten Dorfs Bouillagui, sein Sohn Boulaye Konaté und Samba Kanouté (von links): Persönliche Erinnerungen bringen ein verschüttetes Kapitel afrikanischer Geschichte zutage.

Die Historikerin Marie Rodet folgt in Mali den Spuren von Versklavung und Befreiung.

Sklavenmärkte in der Karibik und Schiffe, die ihre menschliche Fracht mehr tot als lebendig von den afrikanischen Küsten über den Atlantik in die neue Welt verschleppten - das verbindet man üblicherweise mit dem Begriff Sklaverei. Was im allgemeinen Bewusstsein jedoch kaum Fuß gefasst hat, ist die Sklaverei innerhalb Afrikas, die bereits lange vor dem brutalen Treiben der europäischen Sklavenhändler gesellschaftlich tief verankert war.

Nachdem die Kolonialmächte 1815 - zumindest formal - den transatlantischen Sklavenhandel abgeschafft hatten, wurden neben dem Schwarzhandel der Europäer mit Sklaven auch weiterhin Millionen Afrikaner von Afrikanern versklavt. Ein Kapitel in der Geschichte vieler afrikanischer Staaten, das bis heute mit einem Tabu behaftet ist. In Westafrika waren im 19. Jahrhundert je nach Region ganze 20 bis 60 Prozent der Gesamtbevölkerung versklavt.

Wie konnte es dazu kommen? "Zu dieser Zeit wurden viele Stammeskriege geführt, und die Kriegsgefangenen hat man zu Sklaven gemacht. Als dann der transatlantische Sklavenhandel verboten wurde, gab es einen Überschuss an Sklaven vor Ort, wodurch ihr Preis drastisch gesunken ist. Man musste also nicht reich sein, um sich Sklaven halten zu können" , erklärt die Historikerin und Afrikaspezialistin Marie Rodet. Mit Unterstützung des Wissenschaftsfonds FWF begab sie sich im Rahmen ihres Hertha-Firnberg-Stipendiums auf die Spuren der Sklaverei in die Region Kayes im westafrikanischen Mali. Offiziell wurde in Mali - wie in ganz Französisch-Westafrika - die Sklaverei 1905 durch die französische Kolonialmacht abgeschafft. Obwohl in den darauffolgenden Jahren Millionen Sklaven ihre Besitzer verließen, bestand nicht selten die alte Ordnung weiter. Viele der Sklaven mussten bei ihren Eigentümern bleiben, weil sie als völlig mittellose Freie ohne Zugang zu Land schlicht verhungert wären.

Ein Schwerpunkt von Rodets Forschung ist die Geschichte jener Sklaven, die sich bereits vor dem offiziellen Sklavereiverbot befreien konnten. Ihr Weg zu diesem verschütteten Teil der afrikanischen Geschichte führte über zahlreiche Interviews mit Nachkommen ehemaliger Sklaven. Das Auffallende an diesen Berichten und Erinnerungen, aus denen letztlich ein Dokumentarfilm entstehen soll: Das Thema Sklaverei wird in den Familiengeschichten oft verschwiegen oder sogar geleugnet.

Zeitzeugen

Marie Rodet hatte das große Glück, für ihre Filmaufnahmen den einzigen noch lebenden Einwohner des 1918 von rebellischen Sklaven gegründeten Dorfes Bouillagui zu treffen, der den Sklavenaufstand unmittelbar miterlebt hat: "Doua Konaté war damals ein Bub von sechs Jahren" , schildert die Wissenschafterin. "Als wir 2009 die Interviews machten, war er allerdings schon so schwach, dass sein Sohn Boulaye, der auch Dorfvorstand war, für ihn sprechen musste. Ein Jahr später ist er leider verstorben."

Besonders berührend sind die Erinnerungen eines anderen, sehr alten Bewohners des ehemaligen Sklavendorfes: "Als mein Vater in der Regenzeit das Feld bestellte, weinte er oft" , erzählt der 80-jährige Samba Kanouté. "Ich fragte ihn nach dem Namen meines Großvaters und meiner Großmutter, aber er wollte sie mir nie sagen. (...) Er wollte nicht sagen, woher er kam, weil wir nicht auf dieselbe Art erzogen wurden, mein Vater wollte es mir nicht sagen, da er Angst hatte, dass seine Kinder ihn deshalb verlassen würden. (...) Mein Vater sang die Lieder seiner Heimat in Bambara, ich selbst aber verstand Bambara nicht (...)."

Der Film soll verstehen helfen, wie es zu dieser kollektiven Verdrängung wesentlicher Teile der eigenen Geschichte kam und warum die von geflüchteten Sklaven gegründeten Dörfer statt zu Orten der Erinnerung zu "Vergessensorten" wurden. "Wir haben es hier mit einem von oben verordneten gesellschaftlichen Tabu zu tun" , ist die Historikerin überzeugt. "Deshalb können die einzelnen Menschen auch nicht stolz auf ihre versklavten Vorfahren sein, selbst wenn sich diese unter Einsatz ihres Lebens befreit haben."

Über innerafrikanische Sklaverei zu sprechen ist politisch nicht akzeptiert, da sich die sozialen Machtverhältnisse auch nach dem Sklavereiverbot nicht grundlegend geändert haben und Nachkommen von Sklaven weiterhin diskriminiert wurden und immer noch werden. Erstaunlicherweise waren die ersten einheimischen Verwaltungsbeamten in der Kolonialzeit Sklaven, da diese öfter eine gute Schulbildung hatten als freie Afrikaner. Wie war das möglich? "Die Freien und Adeligen wollten ihre Kinder aus Angst vor Akkulturation nicht in die Schulen der Kolonialherren schicken" , berichtet Rodet. "Deshalb haben sie oft die Kinder ihrer Sklaven als eigene ausgegeben und in die Schulen gebracht."

Erbe der Sklaverei

Auch nach der Unabhängigkeit wollten diese Sklavenkinder nicht an ihre tragischen Familiengeschichten erinnert werden. "Sie wären beim sozialen Aufstieg hinderlich gewesen" , sagt Rodet. Zudem sei es zur Zeit der Unabhängigkeit vor allem darum gegangen, sich als Opfer und Sklaven des Kolonialismus darzustellen. "Da passte es nicht ins Konzept, dass es auch viele einheimische Sklavenhalter gegeben hat."

Tatsächlich ist das Erbe der Sklaverei in Westafrika wie in vielen anderen bitterarmen Weltregionen auch heute noch präsent. Man denke nur an den Kinderhandel, durch den etwa die Kakaoplantagenbesitzer der Elfenbeinküste nach wie vor zigtausende minderjährige Gratisarbeiter aus Mali beziehen. Das werbewirksame Versprechen der großen europäischen Schokoladehersteller, ab 2008 keine Kinderarbeit bei der Gewinnung ihrer Rohstoffe mehr zuzulassen, hat daran nichts geändert. Marie Rodet will mit ihrem Kampf gegen das Vergessen einen kleinen Beitrag dazu leisten, zumindest den komplexen historischen Unter- und Überbau zu verstehen, auf dem solche Entwicklungen stattfinden. (Doris Griesser/DER STANDARD, Printausgabe, 09.03.2011)>

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Spiegel online,
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23.4.2012: Nantes war Sklavenhandel-Metropole - neues Mahnmal

aus: Spiegel online: Mahnmal in Nantes: Die späte Reue der Sklavenhandel-Metropole
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,828112,00.html

<Aus Nantes berichtet Stefan Simons

Vertuscht, verdrängt, vergessen: Die Sklaverei hat Frankreichs Atlantik-Metropole Nantes einst reich gemacht. Jetzt hat die Stadt am zentralen Ort des Schreckens ein Mahnmal errichtet. Die Widerstände waren noch fast 200 Jahre nach Abschaffung des Menschenhandels groß.

[Die Sklavenschiffe]

Der Schrecken trug poetische Namen: "Le Prudent", ("Der Umsichtige"), "La Légère" ("Die Leichte") oder "Les Trois Maries" ("Die drei Marien"). Die Schiffe, benannt in der Hoffnung auf gute Fahrt oder getauft mit christlichen Vornamen, waren im 18. Jahrhundert Mittel eines brutalen Geschäfts zwischen Europa, Afrika und Amerika: dem Sklavenhandel, bei dem binnen rund 400 Jahren mindestens 13 Millionen Menschen unter grauenvollen Umständen aus Afrika in die Kolonien der Neuen Welt verschifft wurden.

[Die ganze Region Nantes profitierte vom Sklavenhandel]

Nantes spielte bei der "größten erzwungenen Migration der Weltgeschichte" eine zentrale Rolle: Zwar stiegen ihre Kaufleute erst lange nach Portugiesen, Spaniern und Briten in den einträglichen Sklavenhandel ein; doch während des 18. Jahrhunderts wurde die Metropole an der Loire zur zentralen Drehscheibe des atlantischen Dreiecksgeschäfts - und zur wichtigsten Hafenstadt Frankreichs. Mehr als 40 Prozent des französischen Skavenhandels wurden hier abgewickelt - rund 450.000 Männer, Frauen und Kinder wurden von Afrika nach Amerika verschleppt. "Ein Handel, auf den sich nicht nur die großen Familien spezialisierten", sagt Marie-Hélène Jouzeau, Kuratorin für das historische Erbe der Stadt Nantes. "Daran war nicht nur die gesamte Kaufmannschaft beteiligt, die ganze Region profitierte davon."

[Das Mahnmal am Quai de la Fosse]

Jetzt hat Nantes das "Mahnmal für die Abschaffung der Sklaverei" eröffnet - eine Premiere für Europa. Es steht an einem geschichtsträchtigen Ort: Am Quai de la Fosse legten die Sklavenschiffe an, bevor sie nach Afrika aufbrachen. Die Installation schneidet als schräge Wand aus mattem Glas durch die Uferpromenade: 1710 im Pflaster eingelassene Platten erinnern an die Namen der Sklavenschiffe.

Im Stockwerk darunter, einem dämmerigen, vom Flusswasser umspülten Gang, führt ein Holzsteg an den transparenten Schrägen vorbei. Neben dem Wort Freiheit, gesetzt in 40 Sprachen, geben die hier zitierten Gedichte, Dokumente und Fragmente Zeugnis vom mehr als 200-jährigen Kampf gegen Sklaverei und Unterdrückung. Ein "Erinnerungsparcours" verbindet das Denkmal zudem mit dem Geschichtsmuseum der Stadt, wo der Sklavenhandel mit ergreifenden Dokumenten belegt wird.

"Dunkles Kapitel in der Geschichte unserer Stadt"

"Eine Form der Gedächtnisarbeit" nennt Bürgermeister Jean-Marc Ayrault das Denkmal, mit dem sich Nantes bewusst seiner Vergangenheit stellt: "Eine Einladung zur Reflexion über ein dunkles Kapitel in der Geschichte unserer Stadt."

Die düsteren Ursprünge seines Reichtums hat Nantes lange vergessen, verdrängt, vertuscht. Dass der Wohlstand der großen Familien, wie der Michel, der Montaudouin und der Sarrebourse d'Audeville sowie die Pracht der Architektur auf den Sklavenhandel zurückgingen, blieb "quantité négligable" - ein vernachlässigtes Detail der Geschichte, zugedeckt von kollektivem Schweigen.

Die Stadt, heute bekannt für das Schloss der bretonischen Herzöge, für sein Kunstfestival und den Karneval, rühmte sich stets seiner Historie als großer Industrie- und Kolonialhafen. Nach dem Zweiten Weltkrieg noch ein Zentrum für Industrie und Schifffahrt, vollzog Nantes binnen der letzten Jahrzehnte die Wende zum Dienstleistungszentrum. Dabei blieb der Blick stets fest nach vorn gerichtet - auf Ausbau, Infrastruktur und Modernisierung.

200 Jahre zuvor luden die Segler an den Docks von Nantes bedruckte Stoffe, Schmuck und Schnaps, die an Afrikas Küsten eingetauscht wurden gegen Zucker, Kakao, Kaffee, Baumwolle, Indigo - und Menschen. Das erforderte eine komplette Infrastruktur: Schiffsbauer, Reeder und Ausrüster beteiligten sich, die lukrativen Fahrten wurden meist von mehreren Kaufleuten auf Pump vorfinanziert.

Menschliche Fracht in qualvoller Enge

Die Tauschwaren waren kein billiger Tand. Original-Ladelisten eines Dreimasters aus Nantes belegen, dass bis zu 80 Prozent der Fracht aus Textilien bestanden, dazu Pistolen, Säbel, Perlen, Spiegel. Gut zwei Monate brauchten die vollbeladenen Segler bis zu den Umschlagplätzen Afrikas: Rund 400 sogenannte Kontore zählte man damals zwischen Bissau und Mosambik. Hier verhandelten die weißen Kaufleute mit den Vertretern der afrikanischen Könige über den Ankauf der Sklaven - manchmal bis zu sechs Monate lang.

Anschließend wurden die Schiffe vor Ort für die lebendige Ware umgerüstet. Ein im Geschichtsmuseum erhaltener Plan aus dem 18. Jahrhundert zeigt das am Beispiel der "Marie Séraphique": In der Bilge direkt oberhalb des Kiels wurden Vorräte in Fässern gebunkert, genauso wie auf dem Oberdeck. Im Zwischenraum lagerte die menschliche Fracht in qualvoller Enge, in Männer- und Frauen-Pferchen getrennt, jeweils als Paar in Eisen gelegt. Je nach Schiffstyp wurden rund 300 Gefangene transportiert, zu zwei Dritteln Männer und zu einem Drittel Frauen.

Der Transport der Reeder aus Nantes führte in die Karibik, meist auf die Antillen oder in die spanische Kolonie Santo Domingo auf dem Gebiet der heutigen Dominikanischen Republik. Dort wurden die Arbeitskräfte aus Afrika von den heimischen Plantagenbesitzern und Kolonialherren erwartet. Nach genauer Begutachtung, so die historische Buchführung, wechselten "Neger, Negerinnen und Negerkinder" den Besitzer. Schiffseigner wie Kapitäne wollten, dass die Sklaven die wochenlangen Fahrten möglichst unbeschadet überstanden. Dennoch starben zwischen 13 und 19 Prozent der Gefangenen auf See - durch Krankheit, Selbstmord oder bei der Niederschlagung von Rebellionen.

Skrupellose Geschäftemacherei

Skrupel? Gewissensbisse? Moralische Bedenken? Nicht bei den Reedern, Bürgern von Nantes, die vom Handel profitierten. Ein eigenes Gesetzeswerk, der sogenannte Schwarze Kodex, hatte 1685 das Sklavengeschäft legalisiert: Es war vom Königshaus nicht nur autorisiert, sondern ausdrücklich gefördert und von der Kirche beschrieben als "gewöhnliche Beschäftigung". Die neureichen Familien schmückten sich ohne Scheu mit luxuriösen Stadtpalästen, exotischen Möbeln, sogar mit Freigelassenen, die als Bedienstete ausstaffiert wurden.

Noch in der Zeit nach der Französischen Revolution von 1789 leistete die Lobby der Kaufleute erbitterten Widerstand gegen die Abschaffung des Sklavenhandels - obwohl auch in Nantes eine Mehrheit der Bürger die neuen republikanischen Werte "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" unterstützte. Selbst nach einem ersten gesetzlichen Verbot von 1817 beteiligten sich Handelshäuser aus Nantes weiter am nun illegalen Sklavengeschäft.

Zurück blieb, so Kuratorin Jouzeau, ein "Gedächtnisverlust, gespeist von einem verzerrten Blick zurück auf das große Zeitalter des Sklavenhandels." Erst Anfang der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts begann ein Umdenken unter Historikern, Vereinen und Lokalpolitikern. Es folgte die Idee, die Erinnerung an den Sklavenhandel auch in der Stadt sichtbar zu verankern. "Kein einfacher Weg", resümiert Bürgermeister Ayrault. "Doch nach anfänglichem Widerstand einiger Reaktionäre fand sich unter Bürgern und Politik eine Mehrheit."

Das Mahnmal, geschaffen von den Künstlern Krzysztof Wodiczko und Julian Bonder, will mehr sein als ein Memento an eine vergangene Tragödie. Denn am Quai de la Fosse wird nicht nur die Gründungsakte der Uno-Menschenrechtserklärung von 1948 zitiert: "Niemand soll in Sklaverei oder Knechtschaft gehalten werden, Sklaverei und Sklavenhandel sind in jeder Form verboten." Eine Aufforderung zum Handeln - denn daneben steht der erschütternde Hinweis, dass noch heute 27 Millionen Menschen weltweit in Sklaverei leben.>

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13.9.2013: <Belgier im Kongo: Herrschaft der Peitsche>

aus: Spiegel online; 13.9.2013;
http://einestages.spiegel.de/external/ShowTopicAlbumBackground/a29445/l3/l0/F.html

<Auf der Jagd nach dem großen Geld raffte der belgische König Leopold II. 1885 das gesamte Kongo-Gebiet an sich. Kautschuk und Elfenbein lockten den gierigen Monarchen. Betreten hat er die Kolonie nie, umso brutaler knechtete er das Land. Die Gräueltaten seiner Söldner sind bis heute unvergessen.

Von Marc von Lüpke

Leopold II. war ein Besessener. 1885 schrieb der belgische König Brief um Brief und pumpte darin die halbe Welt um Geld an. Der Monarch schlug sich die Nächte um die Ohren und magerte stark ab. Dann kamen wieder Phasen der Völlerei. Zwei Fasane hintereinander verspeiste Leopold einmal in einem teuren Pariser Restaurant.

Der Grund für die seelische Unausgeglichenheit des Königs hatte einen Namen: Kongo. Seit 1885 war Leopold II. der größte Landbesitzer der Welt. Das Gebiet, das heute unter dem Namen Demokratische Republik Kongo bekannt ist, war sein Privatbesitz. "Leopold, du ruinierst uns noch mit deinem Kongo!", soll die Königin gewettert haben, als der König immer mehr Geld in die Kolonie steckte.

Eigentlich hätte Leopold sein Leben ohne die geringsten Geldsorgen verbringen können. Am 9. April 1835 als Sohn des belgischen Königs Leopold I. geboren, war er als Thronfolger auserkoren. Sein königlicher Vater machte sich allerdings keine Illusionen über den Charakter seines Sprösslings: "Leopold ist raffiniert und durchtrieben." Das zahlte sich immerhin aus: Leopold spekulierte im großen Stil mit Anteilen am Suez-Kanal und machte ein Vermögen. 1865 schließlich schlug seine große Stunde. Er wurde zum König von Belgien gekrönt.

"Kleines Land, kleine Leute"

Von seinem Königreich selbst hielt er allerdings wenig. "Kleines Land, kleine Leute", äußerte er sich einmal verächtlich über Belgien. Der schlaksig wirkende König, dem die Uniform stets zu groß zu sein schien, hegte aber große Pläne. Ein gewaltiges belgisches Kolonialreich wollte er errichten. Die Fidschi-Inseln im Pazifik wollte er einmal erwerben, dann wieder Seen in Ägypten trockenlegen und in Kolonien umwandeln.

Weiße Flecken waren auf der Karte Afrikas selten geworden am Ende des 19. Jahrhunderts. Lediglich in der Mitte des Kontinents gab es noch Landflächen zu verteilen. Bislang hatte sich keine Kolonialmacht an das unzugängliche Gebiet um den mächtigen Strom Kongo herangetraut. Leopold II. heuerte 1879 dennoch den britisch-amerikanischen Abenteurer Henry Morton Stanley an, um das Kongogebiet genauer zu erforschen und Stützpunkte für Leopold in Besitz zu nehmen.

Mit den übrigen europäischen Kolonialmächten werde er schon ins Reine kommen, beruhigte der belgische König Stanley. Der machte sich auch gleich ans Werk, um die 450 Verträge handelte er mit Häuptlingen entlang des Kongo-Stroms aus. Und haute sie dabei kräftig übers Ohr: Für billigen Schnaps und Perlen verkauften sie ihr Land an den belgischen König. Was sie nicht wussten: Auch ihre Arbeitskraft verkauften sie an Leopold II.

Freigegeben zur Plünderung

Der belgische König spielte sich unterdessen vor den europäischen Nationen als Philanthrop auf. Den Bewohnern der Kongo-Region wollte er Frieden und Wohlstand bringen, sagte er - und versprach, den immer noch grassierenden Sklavenhandel zu bekämpfen, das Christentum zu verbreiten und das gesamte Land in eine Freihandelszone zu verwandeln. Sein verlogenes Schauspiel hatte Erfolg, 1885 übertrug ihm die in Berlin tagende "Kongo-Konferenz" aus 14 Staaten das gesamte Gebiet als Privatbesitz - ein Gebiet, das mehr als 80-mal größer war als Belgien. Hier wollte Leopold II. nun zum ersten Mal ungestört herrschen.

Nachdem es Leopold II., aller anfänglichen Verzweiflung zum Trotz, schließlich doch gelungen war, Geldquellen aufzutun, machte er sich an die Erschließung des Kongo. Städte wurden aus dem Boden gestampft, darunter Léopoldville, das heutige Kinshasa, Straßen angelegt und Eisenbahntrassen aufgebaut. Vor allem heuerte Leopold II. aber Söldnertruppen an, die Force publique. Er wollte die Region wirtschaftlich ausplündern.

Der belgische Richter Stanislas Lefranc sah um 1900 mit eigenen Augen, was Leopolds Vertreter im Kongo anrichteten. Lefranc war Zeuge einer Bestrafungsaktion, bei der "ungefähr 30 Bälger, von denen etliche erst sieben oder acht Jahre alt waren, aufgereiht und darauf wartend, dass die Reihe an sie käme, die, zu Tode erschrocken, mit ansahen, wie ihre Kameraden ausgepeitscht wurden. 25-mal sauste die Peitsche auf jedes Kind nieder."

Regieren mit der Peitsche

Das Vergehen der Kinder: Sie hatten in der Gegenwart eines Weißen gelacht. Eigentlich war jedes Kind zu 50 Peitschenhieben verurteilte worden. LeFranc setzte durch, dass die Strafe auf 25 reduziert wurde, was ihm später Ärger mit dem Gouverneur der Kolonie einbrachte.

Die Peitsche, mit der die Kinder "diszipliniert" wurden, war für die Einheimischen ein Symbol der weißen Unterdrückung. Sie nannte sich "Chicotte", bestehend aus ungegerbter, sonnengetrockneter Nilpferdhaut, die in lange und äußerst scharfkantige Streifen geschnitten wurde. Damit wurde auf das blanke Hinterteil der Opfer eingeschlagen. Bei 25 Schlägen fielen die meisten in die Bewusstlosigkeit, bei 100 oder mehr trat der Tod ein. Hundertausende Male kam die "Chicotte" zum Einsatz. Lefranc war einer der wenigen Europäer, die gegen die unmenschliche Politik im Kongo eintraten - die meisten schwiegen oder begrüßten gar die harte Hand des belgischen Königs.

Zunächst hatte es Leopold bei seinen Beutezügen auf das Elfenbein abgesehen. Über das Land verteilte Elfenbeinsammelstellen sorgten für den Abtransport des "Weißen Goldes" an die Küste und Europa. Für ein Taschengeld wurde den Einheimischen das Elfenbein abgekauft, wenn es ihnen nicht sogar mit Gewalt weggenommen wurde. 1888 erhöhte eine revolutionäre Erfindung den Wert seiner Kolonie. Der britische Tierarzt John Boyd Dunlop erfand den luftgefüllten Reifen - der weltweite Bedarf an Kautschuk explodierte. Und der Kongo konnte den Bedarf stillen.

Körbeweise abgeschlagene Hände

Leopolds Hilfstruppe, die Force publique, die sich vor allem aus schwarzen Söldnern zusammensetzte, terrorisierte fortan das Land auf der Suche nach Kautschuk. Sie überfiel Dörfer, entführte und vergewaltigte die Frauen, bis die Männer die geforderte Menge an Kautschuk beschafft hatten. Dörfer, die Widerstand leisteten, wurden ausgelöscht. Auch Firmen wie die Anglo-Belgian Rubber Company, denen Leopold Konzessionen verkauft hatte, setzten die Force publique auf ihren Kautschuk-Besitzungen hemmungslos ein - und diese tötete, vergewaltigte und verstümmelte.

Nachdem die Force publique ihren europäischen Offizieren bei jeder verschossenen Patrone nachweisen mussten, dass sie zur Tötung eines Menschen verwendet worden war, verfielen die Söldner auf eine besondere Taktik. Sie hackten den Erschossenen die Hände ab, um den Mord zu belegen. Da nun aber auch jede Kugel, die bei der Jagd verschossen worden war, mit einer Hand zu belegen war, fielen regelmäßig marodierende Söldner über Unschuldige her, um ihnen die Hände abzuschlagen. Körbeweise lieferte die Force publique bei den Europäern abgeschlagene linke und rechte Hände ab, von Männern, Frauen und Kindern. Manch europäischer Offizier lebte ebenfalls im Kongo seine Grausamkeit aus: Léon Rom "verzierte" zum Beispiel seinen Garten mit abgeschlagenen Köpfen.

Als Leopold II. vom Händeabschlagen im Kongo hörte, sagte er entsetzt: "Hände abhacken, das ist idiotisch!" Mitleid hatte er allerdings keines: "Ich würde eher alles Übrige abschneiden, aber doch nicht die Hände. Genau die brauche ich doch im Kongo!" Die mittlerweile gigantischen Gewinne aus dem Kautschuk-Handel verpulverte Leopold II. für seine Prachtbauten in Belgien.

Das Ende der Privatkolonie

Edmund Dene Morel war schließlich der Mann, der dem Treiben Leopolds und seiner Schergen ein Ende bereitete. Dem Reederei-Angestellten war aufgefallen, dass Schiffe aus Europa Richtung Kongo ausschließlich Waffen und Patronen geladen hatten. Er forschte nach und stieß auf das furchtbare Geheimnis. Fotos der Verstümmelten im Kongo tauchten bald in Europa auf, Zeitungen berichteten, und die britische und die belgische Regierung entsandten Kommissionen in den Kongo. Auch Schriftsteller-Größen wie Mark Twain und Joseph Conrad, dessen schauriges Buch "Herz der Finsternis" auf seinen Erfahrungen während einer Reise in Leopolds Kongo-Reich basiert, bezogen Stellung gegen den Monarchen.

1908 musste Leopold den Kongo, den er niemals betreten hat, an die belgische Regierung verkaufen. Bis heute ist unklar, wie viele Menschen seiner Herrschaft zum Opfer fielen. Zwischen fünf und 15 Millionen, vermuten Wissenschaftler. Die letzten Worte von Joseph Conrads "Herz der Finsternis" fassen dieses Kapitel der Kolonialgeschichte gut zusammen: "Das Grauen! Das Grauen!">



6.9.2022:
Geschichte: Atlantischer Sklavenhandel: Afrikas Herrscher machten ihn erst möglich
https://www.epochtimes.de/wissen/atlantischer-sklavenhandel-afrikas-herrscher-machten-ihn-erst-moeglich-a3946787.html

Der atlantische Sklavenhandel war seinerzeit ein florierendes Geschäft – nicht nur für Europäer, sondern auch für afrikanische Herrscher. Eine Analyse.

Die Erforschung des atlantischen Sklavenhandels erlebt derzeit einen Aufschwung. Mehrere Studien sehen in ihm die Ursache für die Missstände in den afrikanischen Gesellschaften. Diese neueren Arbeiten stehen in der intellektuellen Tradition von Walter Rodney, einem Historiker und schwarzen Aktivisten aus dem südamerikanischen Guyana. Ihm zufolge habe der atlantische Sklavenhandel z…

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Kriminelles Holland 1.7.2023: WO ist die Entschädigung für die Sklaverei?
König der Niederlande bittet um Entschuldigung für Sklaverei

https://orf.at/stories/3322383/

Der König der Niederlande hat um Verzeihung für das während der Sklaverei verübte Unrecht an Hunderttausenden Menschen gebeten. Seine Entschuldigung dafür als Staatsoberhaupt komme aus tiefstem Herzen und aus der Seele, sagte Willem-Alexander heute bei einer Veranstaltung in Amsterdam zur Abschaffung der Sklaverei. „Von allen Formen der Unfreiheit ist die Sklaverei die erniedrigendste und menschenunwürdigste.“

Der König schloss sich damit nun auch persönlich und öffentlich einer Entschuldigung an, die Premierminister Mark Rutte Ende vorigen Jahres im Namen der Niederlande und des Königs ausgesprochen hatte. Willem-Alexanders Erklärung wurde von den Teilnehmenden der Veranstaltung – unter ihnen Rutte und zahlreiche weitere Regierungsmitglieder – mit großem Beifall begrüßt. Im Auftrag Willem-Alexanders war Ende 2022 eine Untersuchung zur Rolle des Königshauses Oranje-Nassau während der Kolonialzeit begonnen worden.

Die Niederlande waren ab dem 17. Jahrhundert eine der größten Kolonialmächte. In mehr als 200 Jahren versklavten sie schätzungsweise 600.000 Menschen und brachten sie auf niederländischen Schiffen von Afrika auf die andere Seite des Atlantiks. Etwa 75.000 von ihnen überlebten die Überfahrt nicht, wie der König erklärte. Offiziell schaffte das Königreich als eines der letzten Länder Europas die Sklaverei zum 1. Juli 1863 ab.












Quellen
[web01] http://www.kartoffel-geschichte.de/Erste_Furche/Gen_Europa/gen_europa.html


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