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Erdbeben in Sichuan 2008

Meldungen

präsentiert von Michael Palomino

Karte von China mit der Provinz
                Sichuan  Beschädigte
                Häuser in Dujiangyan, Provinz Sichuan  Vater mit
                Tochterfoto vor Schulhaustrümmerhaufen


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20 minuten
              online, Logo

Chinas minderwertig gebaute Schulen in Sichuan - verkauftes Baumaterial - minderwertiges Baumaterial

aus: 20 minuten online: Erdbeben in Sichuan: Das Geheimnis der einstürzenden Schulbauten; 10.5.2009;
http://www.20min.ch/news/ausland/story/28952736

<Warum sind beim verheerendem Erdbeben in China vor einem Jahr viele Schulen eingestürzt? Die Eltern toter Kinder verlangen von den Behörden eine Antwort – und werden eingeschüchtert und eingesperrt.

Ein Vater mit dem Foto seiner toten Tochter in den Trümmern einer Schule in Wufu.

Der Bericht von Amnesty International

Zweierlei quält Wang Bin noch heute, ein Jahr nach der Katastrophe: der Tod seines Sohnes bei dem verheerenden Erdbeben am 12. Mai 2008 - und ein Schnäppchen viele Jahre vorher. 1995 hatte er von einem Bauunternehmer eine Ladung Backsteine und Zement gekauft, angeblich übriggeblieben beim Bau der Schule. Der Preis war günstig, auch die Nachbarn griffen zu. Erst nach dem Beben ging Wang auf: «Das Material war in Wahrheit für die Schule gedacht.»

Das Erdbeben der Stärke 7,9, das schwerste in China seit drei Jahrzehnten, richtete in der Provinz Sichuan Verwüstungen an. Fast 100 000 Menschen kamen ums Leben oder sind vermisst, mehr als fünf Millionen wurden obdachlos. Unter den Toten war auch Wangs Sohn, gestorben wie Hunderte andere Kinder in den Trümmern der Schule. Am Donnerstag bezifferte die Regierung die Zahl der getöteten Schüler offiziell auf 5335.

Der Bauunternehmer habe ihnen das Material damals verkauft, um das Geld einzustecken, sagen Wang und andere Eltern heute. Die Steine und Bewehrungseisen, die sie im Schutt gefunden hätten, bewiesen, dass er geschlampt und minderwertiges Material verwendet habe. «Er hat seine Stellung ausgenutzt, um das Zeug unter der Hand zu verscherbeln», sagt Wang, selbst ehemaliger Bauarbeiter, in seiner Unterkunft nahe den Ruinen der Mittelschule von Beichuan. «Damals hat keiner vermutet, dass da ein Problem ist.»

Korruption und Missmanagement

Heute geht der Wiederaufbau mit voller Kraft voran. Doch eine Frage bleibt: Wie konnten beinahe 7000 Klassenzimmer einstürzen und für Tausende Schüler zur Todesfalle werden, während Gebäude ringsumher stehen blieben? Der Tod der Kinder wirft Fragen nach Korruption und Missmanagement im chinesischen Wirtschaftsboom und nach der Bereitschaft der Führung auf, Fehler einzugestehen.

Der Ingenieur He Xiaogang von der Universität Tsinghua, der als Mitglied einer amtlichen Ermittlergruppe die Unglücksorte besuchte, macht allein die Gewalt des Bebens für die Zerstörungen verantwortlich. «Wir haben Zehntausende Schulen besucht, und fast alle entsprachen nationalen Standards», sagt er. Nach Angaben amerikanischer Experten allerdings sollen viele Schulgebäude ohne Verstärkung gemauert gewesen sein, was seit einem schweren Beben bei Peking 1976 verboten ist.

Neugierige werden eingeschüchtert

Ein Bericht von Amnesty International kritisiert China scharf: Die Behörden hätten Eltern und Verwandte bis zu drei Wochen eingesperrt, nur weil sie Antworten verlangten. «Ich bin voller Hoffnungslosigkeit», klagt Herr Liu, ein Vater aus der Stadt Wufu, wo die Grundschule einstürzte und 127 Kinder umkamen. Einige Eltern hätten in Sichuan Klage eingereicht, aber nichts vom Gericht gehört. Andere seien nach Peking gereist, um eine Petition bei der Regierung vorzubringen, und stünden seither unter strenger Beobachtung.

Viele Eltern wurden davor gewarnt, zu protestieren oder mit ausländischen Journalisten zu sprechen. Auch Wang bricht das Gespräch mit der Nachrichtenagentur AP nach wenigen Minuten ab. «Ich habe mit so vielen Leuten gesprochen. Ich habe so viel geredet, dass ich nicht mehr reden will. Nichts, was ich sage, führt zu irgendetwas.»

Bauunternehmer will nicht schuld sein

Der Bauunternehmer Lu Wanchun räumt am Telefon ein, damals Material verkauft zu haben. Das sei ganz üblich und habe die Bauqualität der Schule keinesfalls gemindert, versichert er. Sein eigener Sohn sei sechs Jahre lang auf diese Schule gegangen. «Die Schule war damals ein grosses Projekt, und das ganze Land hat zugesehen. Der Schulrektor hat den Bau beaufsichtigt und mehrere Inspektionen durchgeführt.» Wang und die anderen Eltern seien seelisch aus dem Gleichgewicht, weil sie ihre Kinder verloren hätten.

In Dujiangyan weiter südwestlich trauert Zhou Lekang um seinen 16-jährigen Sohn, der mit rund 300 anderen Kindern und Jugendlichen in der Juyuan-Mittelschule umkam. Die Schule sei überfüllt und baufällig gewesen, die Lehrer hätten den Schülern verboten, zu rennen oder zu springen: «Bei der geringsten Erschütterung fiel Staub von der Wand.» Die Hintertüren der Klassenzimmer seien verschlossen gewesen, so dass die Kinder in den letzten Reihen bei dem Beben gefangen gewesen seien.

Später fanden die Eltern, viele selbst Bauarbeiter, im Schutt Material von fragwürdiger Qualität. «Der Zement war minderwertig. Die Monier-Eisen waren nicht nur dünn, sie sahen auch aus wie vom Schrottplatz», berichtet Zhou. Als die Eltern vor Gericht Klage erheben wollten, wurden sie von Polizisten weggeschleift. Sie würden es gerne sehen, wenn die Regierung zum Jahrestag ein grosses Gedenken organisiere, sagt Zhou. «Aber das trauen sie sich nicht. Sie haben keinen Mumm.»

(pbl/ap)>





Fotoquellen
-- Karte Chinas mit Provinz Sichuan: http://diepresse.com/home/panorama/welt/383089/index.do
-- Dujiangyan, beschädigte Häuser: http://www.epochtimes.de/articles/2008/05/14/283203.html
-- Vater mit Tochterbild vor Schulhaustrümmerhaufen: http://www.sueddeutsche.de/panorama/887/452590/text/


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