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2.11.2013: Kommunistische CSSR installierte falsche Grenzübergänge - und Regimegegner landeten reihenweise in der Falle
aus: Spiegel online: Geheimdienstverbrechen in der CSSR Flüchtlingsfalle an der falschen Grenze; 2.11.2013;
http://einestages.spiegel.de/s/tb/29645/falsche-grenze-zur-tschechoslowakei.html
<Sie wähnten sich in Freiheit - und landeten in Straflagern. Mit gefälschten Grenzübergängen lockte die tschechische Geheimpolizei in den vierziger und fünfziger Jahren Hunderte unliebsame Bürger in die Falle. Das Perfide daran: Viele von ihnen waren erst von verdeckten Agenten zur Flucht überredet worden.
Von Tabea Rossol
Der vermeintliche US-Agent mit dem Decknamen "Johnny" gab nicht auf. Immer wieder redete er auf Jan und Jirina Prosvic ein. Er könne das tschechische Ehepaar sicher über die Grenze nach West-Deutschland schleusen, versicherte er. Doch das war eine Lüge: "Johnny" war kein amerikanischer Agent. Er hieß eigentlich Josef Janousek. Und sein Auftrag war nicht, die Prosvics über die Grenze zu bringen, sondern ins Gefängnis.
Frühling 1948: die Kommunistische Partei der Tschechoslowakei (KPT) hatte mit dem Februar-Umsturz die politische Kontrolle übernommen und rechnete mit ihren politischen Gegnern ab. Dazu war ihr offensichtlich jedes Mittel recht. Inspiriert von den Methoden der Sowjets und der Nazis entwickelte der Geheimdienst Statni Bezpecnost (StB) eine heimtückische Finte: Die Operation "Grenzstein".
StB-Agenten riefen gezielt bei unter Verdacht stehenden Oppositionellen an. Unter dem Vorwand, dass das Counter Intelligence Corps (CIC), ein Nachrichtendienst des US-Heeres, sie schickte, boten sie ihre Hilfe bei der Republikflucht an. Das Absurde daran: Viele der Verdächtigen gehörten gar nicht der Opposition an und mussten erst zur Flucht überredet werden. Hunderte fielen zwischen 1948 und 1951 auf die heimtückische Falle herein.
Überredet zur Flucht - in die Falle
Pavel Bret bezeichnet den Fall als "weißen Fleck" in der Geschichte der Tschechoslowakei. Bret ist Leiter der Abteilung für die Aufklärung kommunistischer Verbrechen im Prager Innenministerium. Die Abteilung beschäftigt sich schon seit mehr als einem Jahr mit der Aufarbeitung der Verbrechen des Geheimdienstes der KP, die auf 10.000 Aktenseiten detailliert dokumentiert sind. Seit kurzem laufen erstmals strafrechtliche Ermittlungen gegen die mutmaßlichen Täter. Dabei wurde erstmals auch ein Schlaglicht auf die perfide Falle des StB geworfen.
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Familie Prosvic zählte den Akten zufolge zu den ersten Opfern der tschechischen Stasi. Das Ehepaar war weder im Widerstand gegen die kommunistische Herrschaft aktiv, noch wollten die beiden die Republik verlassen. Für Jan und Jirina Prosvic kamen der Aufenthalt im Flüchtlingslager und ein Neuanfang im Exil wegen ihrer zwei Töchter nicht in Frage. Doch Janousek ließ nicht locker: "Weil ich wusste, dass ich viel Geld bekommen würde, habe ich versucht, sie zu überreden", gab er später zu Protokoll.
Er beließ es nicht bei einfachen Überzeugungsversuchen: Die Prosvics erhielten anonyme Anrufe, die sie vor einer angeblich kurz bevorstehenden Verhaftung durch den StB warnten. Unter diesem Druck gab Jan Prosvic schließlich nach. Mit Frau und Kindern ließ er sich von Janousek nach Kdyne, einer kleinen Stadt nahe der Grenze fahren. Von dort aus begleitete ein Mittelsmann sie zur Grenze, nachdem Prosvic einen Abschlag gezahlt hatte.
Ein perfekt getarntes, falsches Grenzhäuschen
Mehrmals hielten sie an Straßenblockaden, die sie ohne Probleme durchquerten. Die Prosvics waren beeindruckt von der Souveränität der Schleuser: "Er wusste immer genau, was er sagen musste", gab Posvic später zu Protokoll. Inzwischen war es mitten in der Nacht und der StB-Agent führte sie durch den Wald zur vermeintlichen Grenze. Die echte lag 50 Kilometer weiter westlich.
Im vermeintlichen Grenzhäuschen empfing sie der sichtlich nervöse "US-Amerikaner" Tony, der in Wahrheit eigentlich Amon Tomasoff hieß, mit Zigaretten von Westmarken wie Lucky Strike. Es gab auch Schweizer Schokolade. Das Büro, ausgestattet mit einer US-Flagge und Porträts der US-Präsidenten Roosevelt und Truman, bot eine täuschend echte Kulisse. Sogar eine Whiskey-Flasche hatte der Geheimdienst herbeigeschafft.
Trotzdem schöpfte Proscvic Verdacht, als Tomasoff ihn nach seiner Meinung zum Kommunismus und seinen Verbindungen zum Untergrund fragte und er zum Schluss einen Fragebogen - "Guestionaire" - unterschreiben musste. Dennoch setzte Prosvic seinen Namen unter das Papier. Als er aufblickte, zog Tomasoff seinen Revolver, und sagte: "Wir haben kein Interesse an tschechischen Kommunisten!" Der Grenzposten, der hilfsbereite "Johnny", die anonymen Anrufe - alles Täuschung. Mit der Unterschrift hatte Prosvic sein Schicksal besiegelt: Den Richtern lag später mit dem unterschriebenen Fragebogen das unterzeichnete Geständnis eines Fluchtversuchs vor.
Unabsichtlich Freunde und Familie verraten
Der Trick mit der falschen Grenze sei das Teuflischste, was ihm bei seiner Aufarbeitung der kommunistischen Verbrechen jemals untergekommen sei, sagt Kommissionsleiter Bret. Die Ermittlungen stieß der tschechische Historiker Igor Lukas an, nachdem er per Zufall eines der damaligen Opfer kennenlernte. Er begann zu recherchieren und entdeckte, dass zwei der Täter noch lebten, "und zwar unter luxuriösen Bedingungen. Das ist so ein großer Kontrast zum Elend ihrer einstigen Opfer - deshalb habe ich Anzeige erstattet."
Doch viele der Opfer trauen sich bis heute nicht, sich zu den Verbrechen zu äußern. Ausführlich beantworteten damals viele Flüchtlinge den Grenzbeamten alle Fragen und verrieten damit unabsichtlich Freunde und Familie. So wurden sie beispielsweise gefragt, wer aus ihrem Bekanntenkreis im Falle des Falles den US-Amerikanern beim Sturz des kommunistischen Regimes helfen würde. Die Flüchtlinge wähnten sich in der Annahme, sie täten den Genannten mit ihrer Auskunft etwas Gutes. Doch alle Menschen, die die Flüchtlinge aufzählten, wurden anschließend verfolgt, inhaftiert und verurteilt, bestätigt Bret.
Andere Opfer realisierten nie, was ihnen widerfahren war. Nachdem der Fragebogen unterschrieben war, schickten die getarnten StB-Agenten die Flüchtlinge weiter Richtung Westen: "Sie sind ja in einem freien Land, wir begleiten Sie jetzt nicht weiter. Gehen Sie 200 Meter in diese Richtung, da finden Sie ein Haus mit deutschen Polizisten, die helfen Ihnen dann weiter." Ein paar Meter kamen sie, dann nahm die tschechoslowakische Polizei die Flüchtlinge fest. Die meisten waren überzeugt davon, dass sie von deutschem Boden entführt worden waren.
Schwacher Protest aus dem Ausland
Die Ahnungslosigkeit der Opfer wurde noch in anderer Form missbraucht. Die vermeintlich US-amerikanischen Grenzbeamten lehnten die Asylanträge mancher Flüchtlinge ab und übergaben sie direkt an die tschechoslowakische Polizei. Diese Nachricht sickerte dann aus den Gefängnissen nach draußen und erzielte den gewünschten Effekt: Resignation. Dass die USA scheinbar Flüchtlinge ablehnten, erstickte den letzten Funken Hoffnung auf Freiheit und Entkommen.
Weil die Operation "Grenzstein" so gut funktionierte, errichtete der StB weitere fingierte Grenzen, ausgestattet mit Schranken und Schildern. Sie befanden sich in der Nähe von Cheb (Eger), Marianske Lazne (Marienbad), Svaty Kriz (seit 1960 Chodsky Ujezd, Heiligenkreuz) und Domazlice (Taus). Als die USA das herausfanden, protestierten sie offiziell gegen den Missbrauch US-amerikanischer Uniformen und Hoheitszeichen. Die tschechoslowakische Regierung wies den Vorwurf zurück. Sie behauptete zynisch, eine überaus eingehende Untersuchung hätte "nicht die geringste Spur oder den Verdacht für einen Missbrauch amerikanischer Hoheitszeichen oder von Bildern amerikanischer Staatsmänner" gefunden.
Drei Jahre, von 1948 bis 1951, lief die Operation "Grenzstein". Die Falle hatte nach Einschätzungen von Historikern fast 300 Gefängnisstrafen zu Folge. 16 Flüchtlinge wurden zum Tode verurteilt. Etliche nahmen sich das Leben.
Jan Prosvic wurde vom Gericht zu Zwangsarbeit verurteilt. Der Historiker Igor Lukas vermutet heute, dass die KPT es bei ihrer Aktion auf Prosvics Villa abgesehen hatte. Prosvic war erfolgreicher Geschäftsmann, bevor sein Besitz vom kommunistischen Regime verstaatlicht wurde. Der Familie blieb aber noch ihr Apartment in Prag und eine große Villa am Stadtrand. Nachdem der StB die Prosvics ins Gefängnis gelockt hatte, zog dort Antonin Zapotocky ein. Der Nutznießer der Verbrechens, eine Parteigröße der KPT, wurde 1953 Präsident der CSSR. >
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Deutscher Stern für Sudentendeutsche 1945-1946
aus: Josef Nowak: Mensch auf den Acker gesät (1956). [Buch über das Rheinwiesenlager Rheinberg]
<Im Dritten Reich mussten die Juden den gelben Stern tragen. Sudetendeutsche Frauen berichteten mir, dass sie nach dem Zusammenbruch bis zu ihrer Vertreibung den deutschen Stern tragen mussten.> [S.215]
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30.9.2018: Hitler wurde 1938 zu sehr von Chamberlain und Daladier gehätschelt, so dass man ihn nicht stürzen konnte
Historiker: Alternative zum „Schand-Abkommen“ von München 1938 war möglich
https://de.sputniknews.com/politik/20180930322469330-muenchner-abkommen-jahrestag-filitow/
Zuerst war das hier: Das Münchner Abkommen 1938 – „Schand-Abkommen“ ohne Alternative?Und nun kommt das hier:
<Das Abkommen von München 1938 jährt sich am 30. September zum 80. Mal. Es ist eine Folge der antisowjetischen Politik der Westmächte gewesen, sagt der russische Historiker Alexej Filitow. Er macht im Sputnik-Interview auf eine damals mögliche Alternative für die Tschechoslowakei, das Opfer des Abkommens, aufmerksam.Alexej Filitow ist Historiker aus Moskau und Mitglied der Historischen Gesellschaft Russlands. Er war Leitender Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften (AdW) der Sowjetunion und später Russlands. Filitow gilt als Experte für die Geschichte des Kalten Krieges und hat 1991 zum Thema seine Habilitationsschrift vorgelegt.
Am Dienstag hat er im Deutsch-Russischen Museum in Berlin-Karlshorst für eine Podiumsdiskussion über „Das Münchner Abkommen als Gipfel der Appeasementpolitik“ ein Grußwort gehalten. Nach der Veranstaltung gab er Sputnik ein Interview.
Herr Filitow, wie schätzen Sie als Historiker aus Russland, der auch die Diskussion in der Sowjetunion erlebt hat, das Münchner Abkommen heute ein?
Eigentlich bleibt die Einschätzung, wie sie schon von Anfang an war. Schon Ende der 1930er Jahre konnte man dazu viel erklären. Zum Beispiel war eine erste Erklärung eine Absage an die Behauptung seitens der britischen Presse, die Sowjetunion sei im Voraus über dieses Abkommen informiert worden. Das wurde als reine Erfindung eingeschätzt. Dazu folgte noch eine scharfe Verurteilung des Abkommens. Und das bleibt. Wir bleiben in Russland und eigentlich in aller Welt bei dieser Einschätzung.War das Abkommen ein Verrat an den Versuchen, Deutschland zu widerstehen? War das ein Verrat des Westens an den Interessen Osteuropas und auch Russlands?
Ja, sicher, es war eine Folge der sehr bewusst verfolgten antisowjetischen Politik. Ich habe in meiner Begrüßungsrede darauf hingewiesen, dass es nicht so war, dass Chamberlain und Daladier die Einladung Hitlers nach München als einen Blitz vom Himmel aufgenommen hätten. Sie haben selbst darauf hingearbeitet. Es gab eine Mitteilung eines sowjetischen Kundschafters mit Decknamen „Mädchen“, dass in britischen Kreisen schon im Sommer 1938 die Idee dieser vierköpfigen Konferenz besprochen wurde.
Bis heute wird vor allem die damalige Sowjetunion für den sogenannten Hitler-Stalin-Pakt kritisiert, für das Abkommen, das Moskau 1939 mit Berlin geschlossen hat. Wäre es ohne München zu dem Abkommen gekommen?
Ich denke, es gibt eine historische Version: Wenn Hitler nicht von Chamberlain und Daladier so hofiert worden wäre, hätten die deutschen Generäle ihn stürzen können. Es hätte das Ende der Aggression Hitlers und vielleicht das Ende des Hitler-Regimes insgesamt bedeutet, wenn es kein Münchner Abkommen gegeben hätte.
Es gab Angebote der Sowjetunion an die Tschechoslowakei, bei einem deutschen Überfall oder einem Angriff aus Deutschland die Tschechoslowakei zu unterstützen. War das ein realistisches Angebot oder nur ein politisches?
Es gab sehr intensive militärische Zusammenarbeit zwischen unseren Generälen und tschechoslowakischen Generälen. Die sowjetische Seite hat zum Beispiel vorgeschlagen, 700 Kampfflugzeuge in die Tschechoslowakei zu verlegen. Man hat diese Flugzeuge sogar noch am Vorabend der Münchner Krise zusammen mit tschechoslowakischen Generälen besucht. Es war, im Sinne eines Verteidigungskrieges, eine sehr starke Alternative zu diesem Schand-Abkommen.
Sie haben eine Ausstellung mit nach Berlin gebracht, die auch in Moskau gezeigt wird, mit Dokumenten zu dem ganzen Münchner Abkommen, die aus der Sowjetunion stammen. Was ist das Neue an den Exponaten?
Es gab viele neue freigegebene, deklassifizierte Geheim-Dokumente. Ich habe schon diese Mitteilung des Agenten „Mädchen“ erwähnt. Es gibt auch andere interessante Materialien, zum Beispiel über den militärischen Aufmarsch der Sowjettruppen, über diese militärische Zusammenarbeit mit der tschechoslowakischen Seite. Es sind sehr interessante neue Materialien.
Die Ausstellung „München 38 – Am Rande der Katastrophe“ mit den sowjetischen Dokumenten ist noch bis zum 21. Oktober im Deutsch-Russischen Museum Berlin-Karlshorst zu sehen. Das Museum ist dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.>
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