aus: Haas,
Hanns: Österreich und die Alliierten 1918-1919; In:
Ackerl, Isabella/Neck, Rudolf (Hrsg.): Wissenschaftliche
Kommission zur Erforschung der Geschichte der Republik
Österreich. Veröffentlichungen Band 11: Saint-Germain
1919; Verlag für Geschichte und Politik Wien 1989.
Abkürzung: AVA = Allgemeines Verwaltungsarchiv Wien
Zusammenfassung
Die Chronologie zeigt, wie 1918 und 1919 der
Hunger und der Kommunismus in Europa die Politik und auch
die "Friedensverhandlungen" um Österreich und Deutschland
bestimmten, und wie in Wien und Berlin damit taktiert
wurde. Nach den Geschehnissen ist ein Anschluss
Österreichs an Deutschland fürs erste gescheitert.
Michael Palomino, 1998 / 2005
Chronologie
8.1.1918
Wilson behauptet das "Selbstbestimmungsrecht"
(S.17)
[-- dieses "Selbstbestimmungsrecht" gilt aber nicht für
die späteren "Verlierer"
-- und es soll auch nicht für die nationalistisch
ausgebildeten Völker in den Koloniegebieten in Afrika und
Asien gelten
-- deswegen steigert sich später ein unbändiger
Nationalismus bei Juden, Arabern, Afrikanern und Asiaten,
was später zu jahrzehntelangen Kriegen führt, weil die
jeweiligen Bevölkerungen die psychische Manipulation nicht
bemerken, und die Banken finanzieren die Kriege, statt
Friedensbemühungen finanziell zu unterstützen...].
Oktober 1918
Hungerblockade gegen Österreich
Die Nachfolgestaaten sperren die Ausfuhr von Lebensmitteln
an Österreich.
Folgen:
-- Österreich ist bald gänzlich von seinen Bezugsquellen
abgeschnitten (S.13)
-- der österreichische Vollzugsausschuss wendet sich an
den deutschen Botschafter Wedel, der
Hilfe in Aussicht stellt (AVA Staatsprotokolle 23.10.1918)
-- nach innerer Kritik beschliesst das deutsche Kabinett,
Österreich mit
10-12'000
t Getreide auszuhelfen, die Presse informiert am 3.11.1918
-- die Waggons kommen am 8.11.1918 aber leer aus
Deutschland zurück, keine
Lieferungen
-- Ungarn hält deutsches Getreide auf der Donau fest.
Hoffnungen der österreichischen Regierung:
-- die österreichische Regierung hofft auf die
Novemberrevolution in Deutschland und
eine neue Regierung, die Hilfe bietet
-- Hoffen auf einen Anschluss, der "Ordnung" bringen würde
-- Otto Bauer hofft, dass der Zusammenbruch der Industrie
keine kommunistische Revolution erzeugen wird (S.15).
[Die Alliierten spielen mit dem Hunger als Machtmittel und
provozieren dadurch
-- Anschlussphantasien bei der österreichischen Regierung
-- revolutionäre Phantasien bei der Arbeiterschicht].
15.10.1918
Otto Bauer hofft auf Anschluss an Deutschland
Bauer:
"Nur auf diese Weise können wir die Zukunft der
industriellen Arbeiterschaft Deutschösterreichs aus dem
Zusammenbruch des österreichisch-ungarischen
Wirtschaftsgebietes retten." (S.15)
29.10.1918
Riesige Probleme in Österreich - eventuell
deutsche Truppen rufen
Der Vollzugsausschuss des Staatsrats bezweifelt die
Einsatzfähigkeit des habsburgischen Heeres zur Bewältigung
der innenpolitischen Probleme. Er plant am 29.10.1918 für
den Zweifelsfall eine offizielle Bitte an die deutsche
Reichsregierung, Truppen anzufordern:
"... anderenfalls hat der Vollzugsausschuss unverweilt die
militärische Sicherheit für Deutschösterreich einer
deutschen Reichsregierung zu übermitteln." (S.11)
In: Vollzugsausschussprotokolle beim Allg.
Verwaltungsarchiv (AVA) Wien, Büro Seitz,
Staatsprotokolle.
November 1918
Versailles: Alliierte projektieren die
Besetzung Österreichs
-- die Vertreter der neutralen Staaten in Wien fordern die
Alliierten zur Besetzung Österreichs auf, um die
revolutionäre Gefahr der radikalsten Elemente der
sozialistischen Partei zu beseitigen. Den Vorsitz des
Beschlusses hat der Nuntius. Die Bitte wird telegraphisch
über die Schweiz in die "USA" vermittelt (S.21)
-- die französische Regierung verlangt eine punktuelle
Besetzung aufgrund privater Hilferufe
-- die italienische Regierung macht auch einen Anspruch
auf Gebiete geltend und schlägt die italienische Kontrolle
von Österreich und die
französische Kontrolle über Ungarn vor (S.21).
Hunger und Massnahmenversuche
Graf Mensdorff mit dem Wissen des
deutschösterreichischen Aussenamtes ist besorgt und
beantragt, Ententetruppen sollten alliierte
Lebensmittelzüge von Triest nach Wien begleiten (S.21).
Italienische Waffenstillstandskommission in
Wien
-- die italienische Seite schlägt die Einrichtung einer
"commissione centrale" ["Zentralkommission"] vor
-- die britische und die französische Regierung lehnen ab
-- die italienische Regierung schickt eine eigene
Waffenstillstandskommission nach Wien zur Erfüllung nur
"allgemeiner Aufgaben" (S.22).
2.11.1918
Beschluss des österreichischen
Vollzugsausschuss: Eventuelle deutsche Truppen rufen
-- deutsches Militär soll erst dann in Anspruch genommen
werden,
"wenn durch die Berichte des Staatsamtes für Heerwesen die
Befürchtung begründet sein sollte, dass das
Armeeoberkommando (S.11) keine Garantie mehr bieten kann,
das deutsch-österreichische Staatsgebiet vor feindlichen
Einfällen und zurückflutenden Truppen zu sichern"
-- Otto Bauer sieht in deutschen Truppen eine Gefahr, denn
solche Truppen könnten ein erstes Zeichen einer
Konterrevolution und Restauration sein
-- reichsdeutsche Truppen sind auf dem Heimweg von
Rumänien und Serbien unterwegs, sie sind gemäss
Parteiführer Adler in Österreich willkommen, um einen
wirksamen Schutz gegen kommunistische Übergriffe zu
gewährleisten, so meldet Adler an die deutsche Botschaft
(S.12).
3.11.1918
Wien: Beschluss des Vollzugsausschusses:
Eisenbahnsicherung für deutsche Truppen aus Rumänien und
Serbien
aber deutsche Truppen aus Bayern sollen nicht in
Österreich stationiert werden (S.12).
Waffenstillstand von Villa Giusti - neue Armee
->> der Waffenstillstand schliesst eine deutsche
Intervention aus
->> die österreichische Regierung
muss gegen einen deutschen Einmarsch protestieren
(S.12)
-- es beginnt die Umstrukturierung der sich auflösenden
k.u.k.-Armee in eine verlässliche republikanische
Wehrmacht (S.12-13)
-- die neue deutschösterreichische Armee muss das neue
[Rumpf-]Österreich gegen die Konterrevolution von rechts
und gegen die kommunistische Revolution von links
verteidigen (S.13).
8.11.1918
Die österreichischen Sozialisten lehnen jede
Einmischung von aussen ab
denn sie fürchten die Restauration der Monarchie, wenn
deutsche Truppen in Österreich einmarschieren sollten
(S.13).
8.11.1918
"USA": "US"-Versorgungsminister Herbert Hoover
wird nach Europa entsandt
Dabei ergeben sich Verzögerungen wegen
Verfahrensschwierigkeiten. Die Alliierten sind sich über
die Organisation uneins, ob Hoover dem Versailler
Kriegsrat oder einem interalliierten Gremium unterstellt
werden soll (S.24-25).
9.11.1918
Wien: Renner verkündet die wehrbetriebliche
Unabhängigkeit von Deutschland
Renner:
"Der Staatssekretär für Heerwesen erklärte, die Volkswehr
in Wien werde in einigen Tagen so organisiert sein, dass
man auswärtige Hilfe zur Aufrechterhaltung der Ordnung
nicht werde zu beanspruchen brauchen."
In: AVA, Staatskanzler Renner, Staatsrat vom 9.11.1918.
9.11.1918
W. Ellenbogen hofft weiter auf den Anschluss
an Deutschland
"Mit dem Anschluss wird Ordnung bei uns eintreten und das
Chaos ein Ende nehmen." (S.14)
So wird die proletarische Masse beruhigt (S.16).
Die Anschlussfreunde verbinden ihre Hoffnungen
-- mit Wirtschaftshilfe (S.14)
-- mit Verwirklichung des ethnischen Prinzips der 1848-er
Revolution (S.15).
11.11.1918
Wien: Sozialistische Erpressung zur Ausrufung
der Republik
Beschluss des sozialdemokratischen Parteivorstands,
die Mitarbeit im Staatsrat aufzukündigen, falls der
Gesetzesentwurf über die Proklamierung der Republik nicht
zustandekommen sollte (S.15).
Zweck der Ausrufung der Republik:
"um dem Imperialismus des Westens jeden Vorwand für
Eroberungsabsichten aus dem Mund zu nehmen, um dem
Imperialismus der Süd- und Nordslawen und der englischen
Welt ein Gegengewicht zu bieten." (S.18)
In: AVA, Staatsrat vom 11.11.1918
plus: Distanzierung vom Bolschewismus (S.18).
[Die Phantasien der "slawischen" Staaten Tschechien,
Slowakei und Jugoslawien gehen in dieser Zeit so weit, das
gesamte Burgenland zu besetzen und eine slawische Brücke
zwischen Tschechien, der Slowakei und dem Balkan zu
bilden].
12.11.1918
Ausrufung der Republik Österreich - und
gleichzeitig die Anschlusserklärung
(S.15)
[Der Anschluss ist sogar in der ersten
deutsch-österreichischen Verfassung festgeschrieben].
Gemischte Reaktion im deutschen
Reichskabinett: Frankreich und Polen als Faktoren
Bei einem Anschluss würden Frankreich und Polen bei
den "Friedensverhandlungen" in Frankreich mehr deutsche
Gebiete von Deutschland einfordern (S.16).
[Für Deutschland würde der Anschluss schlussendlich zu
einem 0-Summen-Spiel, so fürchtet das Reichskabinett].
13.11.1918
GB-Russland: Das britische Foreign Office
beschliesst die Unterstützung der alliierten
Intervention zum Sturz des Kommunismus
(S.20)
[Der Kommunismus von Trotzki und Lenin ist mit
"amerikanischem" Geld des Financiers Jacob Schiff der
Rothschild-Bank finanziert worden. Nur ist der Plan
danebengegangen, dass die Revolution überlebt hat und
nicht die deutsche Invasion, die danach kam
(in: Armin Risi: Der multidimensionale Kosmos Band 3:
Machtwechsel auf der Erde; Govinda 1999, S. 93).
Die Besetzung Russlands soll nun nachgeholt werden].
13.11.1918
D-Ö: Österreichische Staatsratsdelegation in
Berlin mit dem Ziel, Getreide von D zu erhalten
Ziel ist die Lieferung von 30'000 t Getreide. Die deutsche
Regierung will höchstens die vertraglichen 12'000 t
liefern (S.16) und verweist auf die Entente, die auch
Hilfe bieten solle (S.17).
18.11.1918
Die britische Regierung ist gegen jede
Besetzungen in Österreich
(S.21) denn es könne als regierungseinschränkende
Massnahme verstanden werden, und nur um Clémenceau zu
gefallen, mache man das nicht (S.22).
ab 20.11.1918
Ö-CH: Vorarlberg wird mit alliierten
Lebensmitteln über die Schweiz versorgt
(S.26)
23.11.1918
Russland: Alliierter Vormarsch auf mehreren
Fronten
(S.20); der englische Aussenminister steht nicht
hinter dem "anti-Bolshevik crusade in Russia"
["anti-bolschewistischen Kreuzzug in Russland"] (S.20).
29.11.1918
Deutschland verweigert offiziell den Anschluss
Der deutsche Staatssekretär Solf
verweigert die öffentliche Zustimmung zum
Anschlussgedanken aus Österreich (S.16).
Dezember 1918
ab 5.12.1918
Ö-CH: Auch Tirol wird mit alliierten
Lebensmitteln durch die Schweiz versorgt
(S.26)
15.12.1918 ca.
Ö-"USA": Bauer an Hoover: Die "Ordnung" sei
wegen des Hungers gefährdet
Bauer:
"Order cannot be kept in Vienna under such conditions and
food will hold out until the end of the month."
["Die Ordnung wird unter diesen Umständen in Wien nicht
aufrechterhalten werden können und die Lebensmittel werden
bis Ende Monat reichen"].
In: FR, PPC Bd.2, S.694)
16.12.1918
Hoover an den Acting United States Food
Administrator [Ausführenden vereinigten Staatsverwalter
für Lebensmittel]:
"The situation of German-Austria is critical and a matter
of hours rather than days."
["Die Situation in Deutschösterreich ist kritisch und eher
eine Sache von Stunden als von Tagen"].
In: Bane/Lutz, S.96.
Hoover entscheidet selbst, dass er mit der Versorgung der
ehemaligen habsburgischen Länder beginnt.
->> Hoover fordert die Alliierten auf, Vertreter für
die Verpflegungsmission zu bestimmen: für Jugoslawien,
Serbien und für Wien (S.25).
->> Hoover setzt die Alliierten unter Druck, diese
entsenden eine alliierte Studienkommission nach Wien
(S.25)
->> Frankreich und GB verhindern bis März 1919
Lebensmittelhilfe an Deutschland (S.24).
Gleichzeitig setzt sich nach Hoovers Ankunft das State
Department erfolgreich für die tschechoslowakische
Kohleblockade gegen Österreich ein (S.25).
[Diese Kohleblockade ist höchstwahrscheinlich gegen den
Anschlussparagraphen in der Verfassung Deutsch-Österreichs
gerichtet. Die Tschechoslowakei sieht sich dadurch
bedroht].
ab Dezember 1918/Januar 1919
Österreich erhält jetzt Lebensmittelhilfe wie
andere
mit dem Argument, dass Österreich sonst in den
Kommunismus fallen könne. Österreich wird stillschweigend
wie die "befreiten Nationen" behandelt (S.24).
24.12.1918
Bern: Eintreffen der alliierten
Studienkommission über die Wiener Versorgungslage
für Vorverhandlungen. Den ehemaligen Feindstaaten wird
von den Alliierten jeder Kredit vorerst verweigert (S.25).
[Solange Österreich den Anschlussparagraphen in der
Verfassung hat, kann es von Frankreich keine Hilfe
erwarten].
31.12.1918
Bern: Abschluss eines Vorvertrags wegen
Lebensmittelkrediten zwischen Italien und Österreich
Dann werden die Verhandlungen in Wien fortgesetzt
(S.25).
Ende 1918
Kommunistische Revolutionen in Bayern und
Ungarn - Österreich will das nicht
->> Österreich beschliesst ein Programm zur
Schaffung öffentlicher Arbeiten gegen die kommunistische
Revolution
->> Voraussetzung für das Arbeitsprogramm ist aber
eine ausreichende Lebensmittelversorgung (S.27).
In: AVA, Staatsprotokolle, 8.1.1919
Januar 1919
Russland: Alliiertes Debakel - die Rote Armee
erobert Russland zurück
(S.22).
[Ergänzung:
Beim Krieg gegen die Ausbreitung der Roten Armee stehen
deutsche Truppen an vorderster Front, und die Alliierten,
v.a. Frankreich, danken es Deutschland mit Amputationen
und Besetzungen an ihrem Staat und mit einer
Hungerblockade. Diese absolute Ungerechtigkeit sitzt tief
in der damaligen deutschen Bevölkerung und lässt die
Rache-Energien gegen die Alliierten schon ab Mitte 1919
hochsteigen].
Das österreichische Doppelspiel
Bauer erweckt bei den "amerikanischen" Vertretern, beim
"amerikanischen" Missionschef Coolidge,
den Eindruck, dass Deutschösterreich ein bei den
Alliierten angelehntes Land sein wolle (S.29).
Der britische Bevollmächtigte, Sir Thomas
Montgomery Cuningham, spricht von der
Unterstützenswertigkeit der österreichischen Regierung in
ihrer "present honest endeavour" ["bei ihren gegenwärtigen
ernsten Bemühungen"]. Cuningham legt ein 5-Punkte-Programm
zur Stützung Österreichs vor (S.30).
Der französische Diplomat Haguenin,
Mitglied der interalliierten Lebensmittelkommission,
schätzt die Christlich-Sozialen in Wien als
antirevolutionär und als anschlussgegnerische Kraft ein.
Die Bürgerlichen aus Österreich wünschen bei ihm eine
alliierte Intervention, um freie und unbeeinflusste Wahlen
zu garantieren (S.30).
In Wien eskaliert die Situation:
Soldatenversammlungen
-- die Soldaten rufen nach Vergeltung
-- die Soldaten finden Anklang beim arbeitslosen
Proletariat (S.30).
[Ergänzung:
-- tschechische Truppen besetzen deutsche Gebiete in
Böhmen und Mähren, besetzen das Ostrauer Kohlebecken und
schaffen damit neue Fakten mit der Kohleblockade gegen
Wien
-- und von Slowenien aus werden österreichische
deutsch-sprechende Leute vertrieben, v.a. aus Maribor, als
Vorgeschmack auf eine jugoslawische Invasion bis
Klagenfurt].
2.1.1919
Die französische regierungsnahe Presse
schimpft über Österreich
Le Temps:
"Österreich kann nicht den Bauch bei der Entente und den
Kopf bei Deutschland haben." (S.27)
[Der Anschlussparagraph in der österreichischen Verfassung
passt weder Frankreich, und in der jetzigen Situation auch
Deutschland nicht!]
3.1.1919
Wien: Otto Bauer betont das
Stabilisierungsprogramm
Bauer informiert ausserdem den österreichischen
Gesandten in Berlin, Ludo Moritz Hartmann,
dass man den Anschluss auf die Zeit nach dem
Friedensvertrag verschieben müsse (S.28).
4.1.1919
Russischer Angriff der Roten Armee am Don
westwärts
->> Churchill plant eine antisowjetische
Offensive (S.22).
5.1.1919
Wien: Erster Lebensmittelzug mit 305 t Nahrung
aus Italien
->> Hoover würdigt Italien (S.26).
8.1.1919
Wien: Vertrag der Alliierten mit Österreich
für 4000 t Getreide gegen Papierkronen bis 11. März
1919
und weitere Verhandlung über die Versorgungslage in
Paris, aber die Verhandlungen verlaufen wegen ungenügender
österreichischer Sicherheiten für Kredite ergebnislos. Nur
Italien erklärt sich bereit, für einen Monat weiter
Lebensmittel nach Österreich zu liefern (S.26).
16.1.1919
GB: Lloyd George fordert 1 Mio. Soldaten gegen
die Rote Armee
Lloyd George:
"Um den Bolschewismus mit Gewalt auszurotten, ist eine
Armee von 1 Mio. Soldaten erforderlich. Wer von den
westlichen Verbündeten ist bereit, sie zu stellen? England
jedenfalls nicht."
In: Stein: Die russische Frage, S.64.
Lloyd George weiter:
"Ein kostspieliger Angriffskrieg gegen Russland ist nur
ein Mittel, um den Bolschewismus in Russland zu stärken
und ihn bei uns einzuführen." (S.22)
In: David Lloyd George: the Truth about the Peace [Die
Wahrheit über den Frieden], Bd.1. London 1938, S.371-372
Georges Taktik gegen den Bolschewismus:
-- Versorgung mit Lebensmitteln, um den revolutionären
Aufschwung auszudörren
-- die "USA" vollzieht mit Hilfsgütern an die SU den Plan
(S.22).
[Das Auslösen der russischen Revolution mit
"amerikanischer" Finanzierung von Jacob Schiff erweist
sich als eine Fehlinvestition, die fast 60 Jahre Terror in
Europa verursacht, weil Russland auch Hitlers Feldzug
überleben wird. Das "amerikanische" Ziel, den europäischen
Adel auszurotten, damit das "amerikanische" Hochkapital
mehr und mehr die Weltherrschaft übernimmt, wird aber
erreicht (in: Armin Risi, s.o.)].
20.1.1918
Wien: Das Selbstbestimmungsrecht ist sehr
umstritten
Nur die Parteilinke akzeptiert das
"Nationalitätenprogramm" mit dem Selbstbestimmungsrecht
der Bevölkerungen der k.u.k. Monarchie (S.17).
22.1.1919
Wien: Renner beklagt, dass mit Lebensmitteln
Politik gemacht werde
Renner:
"Ob wir noch weitere Revolutionen haben werden oder nicht,
das hängt jetzt ebenso sehr von den Ententemächten als von
uns selbst ab." (S.17)
Februar 1919
2.2.-27.2.1919
Ö-D: Anschlussverhandlungen von Otto Bauer in
Berlin
Ziel: Die Entente soll vor vollendete Tatsachen
gestellt werden und so die Option auf den Anschluss
gesichert werden (S.28).
Der Hunger macht Bauer aber einen Strich durch die
Rechnung, denn gleichzeitig ist eine österreichische
Delegation in Paris und bittet um Lebensmittel (S.28).
Bauer meint, Deutschland solle für die
Lebensmittellieferungen finanzielle Hilfe geben, damit
Österreich nicht in alliierte Abhängigkeit gerate (S.28).
5.2.1919
Die Rote Armee erreicht Kiew
(S.22)
März 1919
ab März 1919
Aufheben der alliierten Blockade gegen
Österreich
Die Lebensmittelblockade gegen Rumpf-Österreich wird
aufgehoben unter der Bedingung,
-- dass Österreich keine
alliierten Güter an Ungarn oder an Deutschland weitergebe
-- die Lebensmittelhilfen sollen allein Österreich gegen
den Kommunismus stärken
-- dass die österreichisch-ungarische Grenze durch
alliierte Truppen bewacht wird (S.36).
5.3.1919
Kreditgewährung an Österreich
-- die "USA" gibt an die Alliierten Kredit gegen
alliierte Sicherheiten
-- die Alliierten geben die Kredite an Österreich weiter
(S.26).
ab 11.3.1919
I-Ö: Weitere Nahrungsmittellieferungen aus
Italien an Österreich
(S.26)
13.3.1919
Die Wiener Regierung informiert über die
Kreditgewährung
(S.26), dann wird der Kredit auf 48 Mio. Dollar erhöht
(S.27).
Jugoslawische Terroristen unterbrechen die
Bahnlinie Triest-Österreich - "US"-Engagement für
Österreich
Jugoslawische Guerillas unterbrechen die Bahnlinie
zwischen der Mittelmeerküste und Österreich, so dass
direkte italienische Lieferungen an Österreich unmöglich
werden.
->> Hoover setzt die "amerikanische" Leitung der
Hilfe durch
->> Hoovers Dominanz über Österreich wird abgelöst,
eine "amerikanische" Friedensdelegation erreicht die
Aufhebung der Handelsbeschränkungen mit Österreich
->> Italien wird in den Zuständigkeiten für
Österreich zurückgebunden, da es scheinbar keine
Sicherheit für Transporte bieten kann (S.27).
[Die jugoslawische Guerilla handelt nach bewährtem Schema:
Die Zerstörung von Bahnlinien ist ein gängiges Mittel von
Unabhängigkeitsbewegungen, sich Gehör zu verschaffen. Im
Fall von Jugoslawien geht es vor allem um die Hafenstadt
Fiume / Rijeka, die von Italien als Prämie dafür
beansprucht wird, dass sie in den Krieg eingetreten sind.
Später wird die Taktik der Zerstörung von Eisenbahnlinien
vor allem auch in Palästina durch Terroristen der
arabischen und jüdischen Seite gegen die englische
Besatzungsmacht angewandt, weil England gleich beiden
Seiten die Staatenbildung verweigert].
12.3.1919
Ö-Berlin: Bauer-Brief an Brockdorff-Rantzau
mit Bitte um Kredit für Lebensmittel - keine deutsche
Hilfe - deutschfreundliche Alliierte kippen
-- die deutsche Regierung verweigert eine Hilfe für
Österreich
-- die Berliner Anschlussverhandlungen sind mit dem
alliierten Kredit für Österreich endgültig gescheitert
-- die alliierte Hilfe kommt und beeinflusst fortan die
Anschlussfrage. Die bis jetzt schwankenden bis
anschlussfreundlichen "USA", GB und Italien (S.28)
schwenken mit Hoffnung auf einen handelsmässig intakten
Donauraum auf die französische Seite gegen einen Anschluss
Österreichs an Deutschland. Somit wird der Anschluss im
Vertrag von St-Germain verweigert werden (S.29).
20.3.1919
Wien: Polizeipräsident Schober bittet um
mindestens ein alliiertes Regiment
um eine kommunistische Revolution in Wien zu
verhindern. Die Bitte läuft über den schweizer Gesandten
an das frz. Aussenministerium (S.31).
21.3.1919
Ungarn: Ausrufung der kommunistischen
Räterepublik
Bei allen Ententevertretern steigt die Angst vor der
kommunistischen Ansteckung in Österreich (S.31).
[Das Spiel mit der Revolution zur Destabilisierung von
Feindstaaten, das von der Rothschild-Bank finanziert ist,
gerät jetzt für eine Zeit lang völlig ausser Kontrolle].
27.3.1919
Paris: Beschluss: Die Konferenz will keine
"US"-britische Besetzung Österreichs
wegen des sich anbahnenden Ost-West-Koflikts mit dem
Kommunismus (S.32).
Auch der Vorschlag von General Foch und
des italienischen Regierungschefs Orlando
für einen Cordon sanitaire [ein Staatenstreifen, der
Europa von weiterer kommunistischen Ausbreitung
absichert], wird abgelehnt, v.a. von Wilson (S.32).
Grundsatz: Man soll die Ursachen beseitigen, die zum
Bolschewismus führen, und so werde sich der Bolschewismus
nicht mehr weiter ausbreiten, sondern mit der Zeit
abgetötet (S.33).
Österreich soll noch mehr Hilfe erhalten - Rumänien wird
von den Alliierten aufgerüstet (S.33).
[Die Finanzhilfe der Rothschild-Bank von Herrn Jacob
Schiff für Herrn Trotzki zur Auslösung der Russischen
Revolution und des Kommunismus wird jeweils verschwiegen.
Es ist anzunehmen, dass die hohe Politik von dieser
Finanzierung und der Fehlmanipulation der Menschenmassen
in Russland wusste].
ab 27.3.1919
Wien: Eintreffen des französischen
Sonderbeauftragten Henry Allizé
mit dem Auftrag, dem Anschluss an Deutschland mit
Gesprächen und Öffentlichkeitsarbeit entgegenzuwirken.
Allizé schlägt auch einen alliierten Einmarsch in
Österreich und die Einsetzung einer den Alliierten
ergebenen Regierung vor. Alle Akkreditierten neutraler
Staaten teilen auch der schweizer Regierung mit, dass nur
eine alliierte Intervention einen kommunistischen Umsturz
in Österreich noch verhindern könne (S.31).
April 1919
April 1919 ca.
Die Pariser "Friedenskonferenz" plant die
Einladung der österreichischen und ungarischen
Delegation
->> Wilson ist aber gegen eine
kommunistisch-ungarische Delegation, denn diese Regierung
stelle keine reguläre Regierung dar
->> Churchill will auch nicht mit der
ungarisch-kommunistischen Regierung verhandeln
->> Lloyd George will aber mit den Regierungen
reden, denn man könne auch einem kommunistischen Ungarn
den Frieden nicht verwehren, aber George kann sich nicht
durchsetzen (S.35).
[Das Feindbild hat gesiegt].
1.4.1919
Wien: Lagebesprechung: Eine alliierte
Österreich-Besetzung wird abgelehnt
-- Anwesende: Cuningham, der italienische
Missionschef Alberto Segre, und der
Nachfolger von Cooledge: Albert
Halstead
-- Cuningham schlägt eine "amerikanisch"-britische
Besetzung Österreichs vor
-- Segre und Halstead
reagieren zögerlich, Segre: Es könne als eine "operation
against Hungary" [Operation gegen Ungarn] ausgelegt
werden, und Halstead ist grundsätzlich gegen eine
Intervention
-- Beschluss: Verbesserung der Versorgungslage verlangen,
v.a. für Eisenbahner (S.31).
[weil die die Hauptverantwortung für kommunistische
Massentransporte tragen].
12./19.4.1919
Alliierte Erpressung: Österreich wird aber nur
solange Hilfe erhalten, "solange im Lande volle Ordnung
aufrechterhalten bleibt"
(S.34)
In: AVA, Kabinettsprotokoll; Arbeiterzeitung 12./19..1919
17./18.4.1919
Alliierte drohen Österreich mit dem Hungertod
im Falle eines kommunistischen Umsturzes
Cuningham:
"dass Unruhe in Wien von der Entente mit dem Hungertote
bestraft werde."
(In: Neue Freie Presse, 19.4.1919)
Diese Hungererpressung lässt Cuningham auch noch
plakatieren (S.34).
22.4.1919
Die Konferenz von Paris setzt das
Anschlussverbot für Österreich fest
-- im Gegenzug verzichtet Frankreich auf eine unbefristete
Besetzung des Rheinlandes
-- Österreich gilt ab sofort als wesentlicher Faktor im
Mächtegleichgewicht in Europa, was der österreichischen
Regierung vorerst aber gar nicht bewusst wird (S.29)
-- das Anschlussverbot soll mit Hilfsgütern ausgesöhnt
werden (S.38).
[Die Fehlkalkulation mit der Russischen Revolution bleibt
Geheimsache].
Ende April 1919 ca.
Rumänische Offensive gegen Ungarn
gegen die Räteregierung, die in grosse Schwierigkeiten
kommt (S.35).
[Die Offensive Rumäniens passiert wahrscheinlich in
Absprache mit Frankreich, denn Frankreich hat wesentliche
Hilfe beim Aufbau der ersten rumänischen Armee geleistet].
Der Abwehrkampf der ungarischen Armee gegen die rumänische
Armee erhält eine nationale Färbung mit bürgerlicher und
militärischer Kaderunterstützung (S.35). Die rumänische
Invasion kommt zum Stillstand, und in Paris findet eine
Sympathiebewegung zugunsten der ungarischen Regierung
statt (S.36).
Mai 1919
Höhepunkt der Hilfssendungen an Österreich
(S.34)
[nicht erwähnt:
Jugoslawische Invasion bis vor Klagenfurt und
italienische Invasion bis an den Brenner
Die Erntearbeit wird in den jugoslawisch besetzten Teilen
stark behindert und die Bevölkerung gegen jedes
Völkerrecht terrorisiert, um bevorstehende Abstimmungen in
den Gebieten zu manipulieren.
In: Bericht über die
Tätigkeit der österreichischen Friedensdelegation in
St-Germain en Laye. Band 1. Deutschösterreichische
Staatsdruckerei Wien 1919, S.200-220].
1.5.1919
Wilson zieht seine Bedenken gegen die
ungarische Regierung zurück
und begrüsst eine Einladung der kommunistischen
Kun-Regierung nach Paris (S.35).
7.5.1919 ca.
Henry Allizé [frz. Botschafter
in Wien] berichtet von der Stimmung in Wien
Wenn die kommunistische ungarische Regierung nach
Paris geladen würde, käme es in Wien zur Destabilisierung:
"Une invitation officille adressé au Gouvernement de Béla
Kun produirait un effet désastreux."
["Eine offizielle Einladung an die Regierung von Béla Kun
hätte eine zerstörerische Auswirkung"] (S.36).
In: Ambassade de France, Dir. Pol. Europe 66, Bericht
Allizé vom 7.5.1919.
Cuningham hat die Einladung an die
kommunistisch-ungarische Regierung schon geschrieben. Der
Brief wird aber zurückgehalten (S.36).
10.5.1919 ca.
CSSR-Offensive gegen das kommunistische Ungarn
Österreich schaut zu. Nur der Handel zwischen
Österreich und Ungarn geht zurück (S.36).
Juni 1919
Die CSSR verlangt von Österreich, dass alte
k.u.k.-Munition an die CSSR abgegeben werde, ansonsten
werden die Kohlelieferungen an Österreich eingestellt
-- die Alliierten unterstützen die CSSR
-- Otto Bauer verweigern die Herausgabe der Munition wegen
Putschgefahr der Soldaten oder von kommunistischer Seite
(S.36).
Wien: Renner appelliert für eine Vorsorge für
den Winter 1919/20
mit Appellen an die Alliierten, sonst stünde Hunger in
Österreich an und es wären "schwerste soziale
Erschütterungen" zu befürchten (S.37).
6.6.1919
Empfindliche Niederlage der CSSR-Truppen gegen
die ungarischen Truppen
Nun verlangen die Alliierten von Österreich mehr als
nur unbeteiligtes Zusehen gegen Ungarn. Gleichzeitig haben
die Alliierten keine Truppen frei, solange Deutschland den
Versailler Vertrag nicht unterschrieben hat (S.36).
[denn die alliierten französischen und englischen Truppen
stehen an der deutschen Grenze Gewehr bei Fuss, um im Fall
der Verweigerung der Unterschrift unter den
"Friedensvertrag" ganz Deutschland zu besetzen. Damit wäre
der Traum und das Karriereziel von Marschall Foch und
vieler anderer Franzosen erreicht, als Rache für die
Gründung des Zweiten Deutschen Kaiserreiches 1871 in
Versailles].
8.6.1919 ca.
Österreichische Munition an die CSSR
-- der Oberste Rat der Versailler Konferenz macht die
weiteren Lebensmittellieferungen von Waffenlieferungen an
die CSSR abhängig
-- Otto Bauer gibt nach und übergibt die Waffen- und
Munitionsbestände der alten k.u.k.-Monarchie den
Alliierten, ohne die Öffentlichkeit zu informieren, dass
die Waffen in die CSSR fliessen (S.36).
Österreich bleibt neutral, und schafft es, neutral zu
blieben, denn es kann sich keine Revolution leisten
(S.37).
Gleichzeitig:
Italienische Forderung zum Abbau der
österreichischen Volkswehr
wird in Paris abgelehnt, denn 1000e Soldaten würden
sonst von Arbeitslosigkeit bedroht und würden ein weiteres
revolutionäres Potential bilden, bei gleichzeitig
gesteigerter Kampfbereitschaft der ungarischen Emissäre,
die in Wien kommunistische Demonstrationen organisieren
(S.37).
15.6.1919
Wien: Kommunistische Massendemo
->> Die italienische Kommission sieht die
kontraproduktive Forderung nach Abbau der österreichischen
Volkswehr ein und zieht die Forderung nach dem Abbau der
österreichischen Volkswehr zurück (S.37).
17.6.1919
Paris: Der Oberste Rat der Friedenskonferenz
sagt weitere Lebensmittelhilfe für den Winter 1919/1920
zu
(S.38)
Juli 1919
Otto Bauer versucht ein letztes Mal bei
Deutschland, deutschen Kredit für alliierte Lebensmittel
zu erhalten
(S.38).
21.6.1919
Berlin verweigert Kredit an Österreich
Beschluss des deutschen Kabinetts: Bauer soll nicht
auf Hilfe hoffen, denn es sei keine Hilfe für Lebensmittel
zu erwarten (S.38).
17.7.1919
Paris: Die Lebensmittelverhandlungen werden
der Reparationskommission übertragen
(S.38)
ab 20.7.1919
Österreich: Kein Anschluss an Deutschland -
dafür Nahrungsmittel
->> insgesamt sind alle Argumente für einen
Anschluss gegenüber den Alliierten gescheitert
->> Österreich kann Zugeständnisse erreichen wegen
seiner antikommunistischen Haltung
->> Österreich kann auch Zugeständnisse erreichen
durch ein [vordergründiges] österreichisch-nationales
Selbstbewusstsein seiner Politik gegenüber der
Anschlusspropaganda (S.38).
[Auf geheimen Kanälen wird zwischen Wien und Berlin weiter
der Anschluss "vorbereitet", denn jetzt ist der Anschluss
leicht zu vollziehen, weil die beiden Kaiser nicht mehr
existieren, so dass die Diskussion entfällt, welcher
Kaiser denn abtreten soll].
September 1919
Fortsetzung der Lebensmittelverhandlungen für
Österreich
(S.38)