Quellen waren:
Dr. Heinrich Schnee: Georg Ritter
von Schönerer: Ein Kämpfer für Alldeutschland.
Sudetendeutscher Verlag Franz Kraus, Reichenberg,
Sudetenland, 1941; zugeeignet den volksdeutschen
Kämpfern Rudolf Jung und Hans Krebs.
Elmar Vinibert von Rudolf (eigentlich:
Rudolf von Emayer-Vertenbrugg): Georg Ritter von
Schönerer. Der Vater des politischen Antisemitismus. Von
einem, der ihn selbst erlebt hat; Verlag Franz Eher
Nachfolger, München 1942.
Kommentar
Diese Chronologie gibt Einsicht in die Welt der
Österreichisch-ungarischen Monarchie im Zusammenhang mit
Deutschland 1933-1945. Der alldeutsche "Kämpfer"
Georg Ritter von Schönerer führt den Kampf gegen den
Kaiser in Wien, für den die Deutschösterreicher
überflüssig sind, weil diese bei einem Anschluss an
Deutschland seinen Thron gefährden. In diesem Sinn lässt
der Kaiser in Wien eine schleichende Slawisierung zu und
missbraucht die Kirche und die Demokratie für seine
Zwecke. Die Börse mit einigen erfolgreich international
operierenden Juden - und der Börsencrash 1873 - werden zu
einem weiteren propagandistichen Dauerthema.
Schönerer ist zusammen mit dem gemässigteren Lueger das
grosse Vorbild für den jungen Adolf Hitler, dessen Vater
bei der Schönerer-Bewegung in Deutschösterreich Mitglied
ist.
Mit all diesen Feindbildern wird mit Gefühlen "Politik"
gemacht, aber kein einziges Problem gelöst. Im Gegenteil:
Die Hetze endet in der grossen Niederlage 1918. Gleich
beide Kaiser in Berlin und Wien müssen abdanken, und die
Slawisierung wird nun auch militärisch sanktioniert. In
Deutschland erfolgt ab 1919 eine österreichisch-deutsche
Propaganda, die man nur noch abzuschreiben braucht. Die
Details sind ein Lehrstück der Geschichte und sollten sich
1945 noch schlimmer wiederholen...
Michael Palomino
1998 / 2005
Chronologie
1348
Gründung der Universität Prag
Schnee: die "älteste Hochschule auf volksdeutschem Boden"
(Schnee, S.13).
[und Tschechen sollen zweitklassige Menschen sein...]
1807
Der Vater Matthias
Schönerer: Eisenbahningenieur
Geburt von Matthias Schönerer (1807-1881), Vater
von Georg Schönerer. Matthias Schönerer wird neben Franz
Xaver Riepl (Steir) und Franz Anton
Ritter von Gerstner (Sudetenland)
einer der grossen Eisenbahningenieure. Als Gerstner nach Russland
geht, leitet Matthias Schönerer selber den Bau der
Eisenbahnlinien
-- Budweis - Linz
-- Linz - Gmunden.
Vater Matthias Schönerer erstellt Gutachten für die zu
bauende Strecke Pressburg-Tyrnau. Er Schönerer
steht auch an der Spitze der technischen Abteilung für den
Bau der Linie Wien-Raab (ung. Györ).
Der Triumph von Matthias Schönerer ist der Import der
"amerikanischen" Lokomotive "Philadelphia" aus den "USA"
nach Wien.
Auslandreisen bringen ihm zusätzlich neue Erfahrungen für
die Strecke Wien-Gloggnitz, mit neu angewandten
langen Steigungsstrecken von 1 zu 130. Bei Gumpoldskirchen
lässt er den ersten Eisenbahntunnel Österreichs bauen
(Schnee, S.4-5).
ab 1815
Antisemitismus nach den Freiheitskriegen gegen
Napoleon: Studentenschaften
Wiener Studentenschaften sind schon
seit den Befreiungskriegen zu einem grossen Teil bewusst
antisemitisch ausgerichtet, später mit engem Bezug zu
Schönerer (Schnee, S.23).
4.3. 1836
Bau der Nordbahn
Das jüdische Haus Rothschild
erhält mit Hilfe von Metternich die Konzession zum
Bau und Vertrieb der "Nordbahn" / "Kaiser-Ferdinand-Bahn",
die Wien mit den "Ostprovinzen" verbindet. Matthias
Schönerer ist mitbeteiligt.
Ab der Eröffnung der Bahn 1836 kassiert Rothschild
ungeheure Gewinne. Das Privileg wird ihm für 50 Jahre
gewährt (Schnee, S.20-21)
[und entsprechend wächst der Neid in der
durchschnittlichen deutschen Bevölkerung: Rothschild dient
als Zielscheibe für pauschale antisemitische Reden].
1840
Antisemitismus bei Komponist Dingelstedt
Dingelstedt komponiert die "Lieder eines kosmopolitischen
Nachtwächters", die von allen alldeutschen Parteien später
gern zitiert werden, und die konsequent pauschal gegen das
Judentum hetzen, indem Judenviertel und "Chritenviertel"
unterschieden werden und Juden als das "Lieblingsvolk" des
"Herrn" dargestellt werden (Schnee, S.23).
1842
Geburt von Georg Schönerer (Tod 1921)
(Schnee, S.3).
1848
Gründung des "Deutschland
von Frankfurt"
(Rudolf, S.26)
-- mit Einführung des Liberalismus
-- der Liberalismus ist vor allem in Österreich mit dem
Judentum verbunden und deren Emanzipation
-- dieser "Liberalismus" heisst auch Börsenspekulation in
Verbindung mit Korruption, vor allem in Wien (Schnee,
S.9).
Die antisemitischen Bewegungen nach der Judenemanzipation
werden in Österreich und später im Zweiten Reich sehr
stark (Schnee, S.9?).
[Aber:
-- die beiden Kaiserhöfe sind nicht bereit, sich mit dem
Antisemitismus und seinen Ursachen auseinanderzusetzen
-- die Kaiserhöfe sind auch nicht bereit, den
Antisemitismus der Kirchen und in der Bibel zu verbieten].
ab 1848
Liberalismus in Wien: Neue jüdische Zeitungen
Ab 1848 erfolgen in Wien zahlreiche neue
Zeitungsgründungen von eingewanderten Juden. Sofort
entsteht das Wort "Judenpresse". Schnee beklagt, dass an
"nahezu allen Zeitungen seit 1848" Juden "in ganz
hervorragender Weise beteiligt" waren (Schnee, S.31).
[Der Kaiser spielt eine wesentliche Rolle bei seinen
Manövern gegen die Deutschösterreicher, wie später noch
ersichtlich wird].
1848/49
Das Revolutionsjahr
Matthias Schönerer leitet im Revolutionsjahr 1848/49 die
grossen Militärtransporte nach Ungarn und Italien und ist
dem Staat somit für sein Überleben behilflich. Sein Sohn
Georg sollte später aber gegen den Staat agieren
(Schnee, S.5).
1849
Die Kindheit von Georg Schönerer (ab 1860 trägt die
Familie einen "Ritter"-Titel)
-- Schule in Wien 1849-56
-- dann Handelsausbildung im "Zweiten Reich"
oo auf der Lehranstalt von Dr.
Kraus in Dresden
oo auf der Handelslehranstalt in
Dresden
-- Ausbildung zum Landwirt:
oo Praxis in Tübingen
oo Studium 1861-63 auf der
landwirtschaftlichen Hochschule in Hohenheim bei
Stuttgart.
Diese Zeit ist die Zeit der Grundsteinlegung von Georg
Schönerers alldeutscher Gesinnung (Schnee, S.6).
[Die genauen Vorkommnisse bleiben im Dunkeln].
1850
Richard Wagner: Schrift "Über das Judentum in der
Musik"
Wagner weist pauschalisierend auf eine
angeblich rassisch bedingte Andersartigkeit des jüdischen
musikalischen Empfindens und Gestaltens hin (Schnee,
S.23).
[Es ist nicht verständlich, wieso Richard Wagner bis heute
nicht verboten ist, wenn man auch die späteren
Geschehnisse betrachtet...]
1850 ca.
Orden für Vater Matthias Schönerer
-- Matthias Schönerer beteiligt sich weiter
am Bau von Eisenbahnstrecken: Wien-Gmünd-Prag
-- Matthias Schönerer erhält den "hohen Orden der Eisernen
Krone." (Schnee, S.5)
1859
Weitere Judenemanzipation
Die Juden erreichen in der k.u.k.-Monarchie die Aufhebung
des Verbots, christliche Dienstboten halten zu dürfen
(Schnee, S.24).
Österreichisch-preussischer Krieg
Erste Schlacht um die Vorherrschaft zwischen Österreich
und Preussen.
(Rudolf, S.26)
1860
Ritterstand für Matthias Schönerer
Am 21. November 1860 wird Matthias Schönerer
mit seiner Familie in den erblichen Ritterstand erhoben
und arbeitet im Verwaltungsrat der kaiserlichen
Elisabethen-Bahn.
Matthias Schönerer wird vermögend und kann Schloss und Gut
Rosenau im niederösterreichischen Waldviertel
erwerben, kann sich auch das Leben eines adeligen
Gutsherrn leisten (Schnee, S.5).
1861
Heinrich Nordmann:
Schrift "Die Juden und der deutsche Staat"
Nordmann schildert eine "politische Gefahr" der
Judenemanzipation (Schnee, S.23).
[Dabei erwähnt Nordmann nicht, dass es der Kaiser in Wien
ist, der die Manöver gegen die Deutschösterreicher
steuert].
1862
Juden in der österreichischen Armee
In der Armee dienen bereits 600 jüdische Offiziere und
Ärzte (Schnee, S.24).
1863-65
Schönerer in Ungarn
Georg Schönerer führt seine Ausbildung in Ungarisch-Altenburg
weiter. Er entwickelt eine Abneigung gegen die ungarische
Mentalität, macht Erfahrung mit "rücksichtslos
unterdrückendem Magyarentum" (Schnee, S.6).
[Nähere Umstände bleiben im Dunkeln].
1865-67
Schönerer in Böhmen und Mähren
Schönerer arbeitet als praktischer Landwirt
auf Grossgütern in Böhmen und Mähren. Dabei erlebt er die
entscheidende kriegerische Auseinandersetzung in Königgrätz
zwischen der preussischen und der österreichischen Armee:
-- er erlebt direkt das preussische Offizierskorps
-- er sieht im preussischen Offizierskorps die
Verkörperung des Preussentums und Deutschtums zugleich
-- das Erlebte hinterlässt eine
nachhaltige Wirkung, Schönerer entwickelt eine Vorliebe
für das Preussentum, was ihm später als
"Preussenseuchelei" vorgehalten und gebrandmarkt wird
(Schnee, S.7).
1866
Krieg zwischen Preussen und Österreich und Schlacht bei
Königgrätz
Es ist die zweite Schlacht um die Vorherrschaft zwischen
Österreich und Preussen im Deutschland von Frankfurt 1848.
Die habsburgischen Bestrebungen, die Vorherrschaft in
Deutschland zu behaupten, finden ein jähes Ende.
Auch das bisher allmächtige feudal-klerikale Staatssystem
dankt ab (Rudolf, S.26).
ab 1866
Liberalismus in Österreich-Ungarn
In der Monarchie wird der "Liberalismus" mit seinen
"jüdisch-freisinnig-manchesterlich eingestellten
Grundsätzen" erlaubt.
Die Deutschnationalen in Österreich fühlen sich bedroht
und hetzen fortan pauschal gegen das Judentum und dessen
"ungezügelte Freiheit", ohne zu bedenken, dass die Kirche
die Juden seit ca. 350 n.Chr. konsequent verfolgt und
vertrieben hat. Statt eines Mittelwegs baut sich eine
gegenseitige Hetze auf.
Auch die "jüdische Presse" in Wien baut ihre Propaganda
gegen die Deutschösterreicher auf:
-- Bismarckhass gehört zum guten Ton
-- "volksdeutsche Gesinnung" gilt als "Preussenheuchelei"
und als "Hochverrat"
-- nationale Bewegungen werden von der Krone, der
Regierung und von den neuen jüdischen Institutionen
(Banken, Börse und Pressewesen) mit allen Mitteln bekämpft
und so gut es geht verboten (Rudolf, S.26,35).
[Der Kaiser findet keinen Mittelweg, geschweige denn eine
Lösung in dieser Situation. Er hat jetzt schon Angst vor
den Deutschösterreichern, die sich mit Deutschland immer
mehr und mehr verbunden fühlen].
Starke jüdische Zuwanderung aus Osteuropa
Aus Galizien, der Bukowina und aus Ungarn
strömen Juden und jüdische Familien in
die
deutschen Bundesländer Österreichs, v.a. nach Wien, weil
hier ja "Liberalismus" herrscht, der in Galizien, in der
Bukowina und in Ungarn scheinbar nicht vorhanden ist.
Statt diesen Mangel zu monieren, meint Schnee pauschal,
"die Juden" würden in Wien einwandern,
"... um sich zur Herrschaft über die arische Bevölkerung
aufzuschwingen." (Schnee, S.22,24).
[Scheinbar ist es dem Kaiser aber egal, dass in Galizien,
in der Bukowina und in Ungarn die Juden nicht dieselben
Rechte wie in Wien haben...].
ab 1866
Österreich-Ungarn: Antisemitismus und Parteienstreit
gegen die Börsenspekulation
Die Deutschösterreicher bekämpfen mit
Propaganda die Börse und das emanzipierte Judentum in
Deutschösterreich (Schnee, S.25).
Dabei polarisiert die Situation bereits jetzt in
Schlagworte, die völlig absurd sind, und die Situation
wird keineswegs besser, sondern wird immer aufgereizter.
Von "jüdischem Betrug", "Judenherrschaft" und
"Volkssaussaugung" durchc Profite ist da die Rede (Schnee,
S.25).
[Dass der Kaiser das eigentliche Problem ist, der den
Nationalismus bekämpft, wird vor allem ab 1871 klar...]
1867-69
Schönerer unternimmt
Reisen, um Welt und Menschen kennenzulernen
(Schnee, S.7).
1870
"Gründerzeit" mit Börse -- und Verarmung
Das Volk beginnt zu verarmen. Unter der Regierung des
"liberalen Doktoren-Ministeriums"
Giskra - Herbst - Verstl - Hasner - Berger beginnt die
"Gründerzeit". Die Regierungsmitglieder sind selbst
Börsenbeteiligte, die "für Schwindeldienste Trinkgelder
kassieren". Die Nationalen behaupten "Juden und
Judensprossen" würden mit Orden ausgezeichnet (Rudolf,
S.26).
[Und dem Kaiser ist die Situation scheinbar egal...]
Schönerer und Lueger (Lueger wird
später Bürgermeister von Wien) beginnen
gleichzeitig um 1870 ihre politische Laufbahn und scheiden
ungefähr zur selben Zeit aus dem öffentlichen Leben:
-- Schönerer bei der Wahlrechtsreform Ende 1906,
durchgeführt 1907
-- Lueger stirbt als Amtsträger 1910 (Schnee, S.3).
[Die Hetze gegen Juden ist der falsche Ansatzpunkt. Die
Vetternwirtschaft ist die Ursache der Misere. Und der
Kaiser, der nur auf seinem Sessel sitzt, ist der weitere
wichtige versagende Faktor. Aber diese Misere verschärft
sich noch, und die wenigen Juden, die wirklich reich sind,
unterschätzen die Lage.
Es kann auch sein, dass die wenigen reichen Juden in
Europa meinen, solange kein Israel existiere, werden sie
in Not geratenen Christen keine Hilfe leisten. Die
Sachlage liegt im Dunkeln].
ab 1870
Antisemitismus von Pfarrer Josef Deckert in Wien
Deckert vertritt ein typisch "christliche"
Haltung in einer polarisierten Situation. Für ihn bleibt
auch ein getaufter "Jude" ein "Jude". Er fordert die
Rücknahme der Judenemanzipation und die Stellung der Juden
unter Fremdenrecht. Er verbreitet die Parole: "Kauft
nur bei Christen!" Er behauptet, Juden seien "schädlich"
(Schnee, S.26).
[Diese "christliche" Einstellung ist z.T. heute noch bei
den Kirchenvertretern vorhanden...].
Zeitschrift "Vaterland" von Freiherr von Vogelsang aus
Mecklenburg
Ab den 1870-er Jahren lehrt Vogelsang mit seiner Zeitung
einen antisemitisch angehauchten christlichen Sozialismus
(Schnee, S.25).
Historiker Heinrich von Treitschke redet von
"Überfremdung"
Er führt einen leidenschaftlichen Kampf gegen
die "Überfremdung". Weitere Personen, die gegen
"Überfremdung" kämpfen, sind:
-- Paul de Lagarde
--
Eduard von Hartmann
-- Wilhelm Marr.
Marr gibt gleich eine Schrift heraus "Der Sieg des
Judentums über das Germanentum" (1879). Solcher
Schwachsinn kann sich scheinbar zu dieser Zeit sehr gut
verbreiten. Die bisherigen Ausrottungsversuche an den
Juden werden nicht erwähnt... (Schnee, S.23-24)
Es kommt zu Petitionen zum Ausschluss der "Juden" aus
staatlichen Ämtern (Schnee, S.24).
[Mit Entlassungen wäre aber die Vetternwirtschaft an der
Börse nicht beseitigt. Es ist der falsche Ansatz...].
D: Antisemitismus in Berlin
Hofprediger Adolf Stoecker in
Berlin und die Berliner antisemitische Bewegung
behaupten, die Juden seien pauschal "Feinde des
deutschen Volkes" (Schnee, S.24).
[Dabei wird jeweils verkannt, dass viele Juden gar nicht
reich sind, gar nicht an der Börse sind, und auch kaum
internationale Verbindungen haben].
1870-1880 ca.
Schönerer als Landwirt auf der Rosenau
Schönerer ist sehr aktiv:
-- er macht aus der Rosenau eine Musterwirtschaft
-- er organisiert Weiterbildung für Bauern
-- er gründet die "Land- und forstwirtschaftliche
Gesellschaft in Zwettl" und ist 15 Jahre deren
Vorsitzender
-- er hält zahlreiche Vorträge, ist Gründer vieler
Volksbüchereien und ruft im Waldviertel zahlreiche
freiwillige Feuerwehren ins Leben.
Schönerer verehrt - als "Wesensverwandten" - Kaiser
Joseph II. (1765-1790), denn Joseph II. war ein
"deutschgesinnter" und bauernfreundlicher Herrscher.
Schönerer bezeichnet ihn als "Volkskaiser" und errichtet
für ihn Gedenktafeln mit dem "Volkskaiser" am Pfluge
(Schnee, S.7).
Schönerer wird im Waldviertel zur sehr beliebten
Persönlichkeit und wird Ehrenbürger von Zwettl. Seine
Gegner nennen ihn spöttisch den "Herrgott von Zwettl" (Schnee, S.8).
1871
Antisemitismus von "Professor" August Rohling:
Schrift: "Der Talmudjude"
Rohling ist ein aus Westfalen
stammender Prager Universitäts-"Professor" und schildert:
-- der Geist des Judentums sei erfüllt vom tödlichen Hass
gegen das Christentum
-- man solle die Juden aus dem politischen und
bürgerlichen Leben verbannen
-- wenn das nicht gelinge, so soll man sie aus dem Land
verbannen, denn das Land solle den Nachkommen überlassen
werden und nicht den "Juden" in die Hände fallen, den
"Piraten des Menschengeschlechts".
Die propagandamässige Situation steigert sich also auf
beiden Seiten hoch. Rohlings "Talmudjude" wird die
erfolgreichste antisemitische Kampfschrift mit einer
Auflage von 200'000 Stück mit Übersetzung in viele andere
Sprachen (Schnee, S.25-26).
Handelsminister
Dr. Schäffle beklagt sich über Vorfälle im
Wirtschaftsleben in Österreich: Es gäbe "Diebe, die auch
noch belohnt werden" (Rudolf, S.26).
[Der Kaiser scheint im Hintergrund gewisse "Fäden" zu
ziehen, ohne dass gegen den Kaiser direkt vorgegangen
wird...]
Und nun kommt ein entscheidendes Ereignis für die
seelische Konstitution der Deutschösterreicher:
1871
[Deutscher Sieg gegen Frankreich - Anschlusswille und
Blockade des Kaisers in Wien
Ab diesem Sieg und ab der Gründung des Zweiten Deutschen
Kaiserreiches werden die Anschlussbemühungen in
Deutschösterreich immer stärker. Der Kaiser in Wien ist
aber gegen jeden Anschluss, weil er sich dem Kaiser von
Berlin unterwerfen müsste. Die Situation eskaliert derart,
dass 1918 gleich beide Kaiser verschwinden müssen und
jeweils auch keine konstitutionelle Monarchie mehr
geduldet wird...
Solche tragisch-tollpatschigen Konstellationen kommen in
der Geschichte leider immer wieder vor...].
Zwei Jahre später kommrt die Konsequenz aus der
Vetternwirtschaft:
9.5.1873
Börsencrash: Schwarzer Freitag in Wien 9.Mai 1873
Nach überrissener weltweiter Spekulation kommt es zum
Börsenzusammenbruch in Wien, dann auf der ganzen Welt.
Hunderte "der Betrogenen" in der k.u.k.-Monarchie begehen
Selbstmord, 10'000e Existenzen werden vernichtet. Gewinner
des Börsencrashs sind nach Rudolf:
"die Börsianer, die korrupten jüdischen Börsianer, die
Abgeordneten, die Herrenhausmitglieder, die Aristokraten,
die Erzherzoge, die sich alle am Volk bereicherten."
(Rudolf, S.27)
[Die Vetternwirtschaft hat gewonnen. Unter den Verlierern dürften
aber auch viele Juden gewesen sein. Die Propaganda
kümmert das aber nicht].
Die Propaganda behauptet, das Ministerium der Wiener
Regierung sei mit drei "Vollblutjuden" besetzt. Der
jüdische Justizminister
Glaser untersagt den Staatsanwaltschaften ausdrücklich,
gegen "die Betrüger" der Vetternwirtschaft vorzugehen oder
zu klagen (Rudolf, S.27).
[Hier bleibt nun die Vetternwirtschaft absolut unter
sich].
In Wien entwickelt sich nach dem Börsencrash ein
pauschaler Hass gegen das "Judentum", in der Stadt wie auf
dem Land. Die Propaganda unterscheidet ein "jüdisches
Wesen" gegenüber einem deutschen "gesunden, bodenständigen
Volk".
[Dass die Kirche die Hauptträgerin von Antisemitismus ist,
wird dabei übersehen...].
Auch ein liberaler Kommentar hat antisemitische Tendenzen,
wenn der erzliberale Feuilletonist Ferdinand
Kürnberger schreibt:
"Nie hat ein schöneres Gewitter eine verpestete Luft
gereinigt." (Schnee, S.25)
[Nur: Eine Lösung der Situation gibt auch dieser Ausspruch
nicht...]
ab 9.5.1873
Banksanierungen nach dem Crash - keine Hilfe für das Volk
Für Banken, die Opfer ihrer eigenen Spekulation und der
Vetternwirtschaft geworden sind, werden aus Staatsmitteln
80 Millionen Gulden zur Verfügung gestellt, um so rasch
wie möglich den "Korruptionssumpf" zu kaschieren. Das Volk
aber geht leer aus und bekommt für seine erlittenen
Verluste keine Hilfe (Rudolf, S.27).
[Hier wäre schon die Gelegenheit, das "christliche"
Kaiserhaus zu stürzen. Dieser Sturz bleibt aber aus!]
14.10.1873
Auftreten und Wahl Schönerers als Reaktion auf den
Börsencrash
Als Folge des Börsenkrachs wird Schönerer aus dem
Waldviertel in Niederösterreich als freiheitlich gesinnter
Abgeordneter des Landgemeindebezirks Zwettl ohne
Partei nach Wien ins Parlament (Reichsrat)
gewählt, als "einziger nationaler Führer Österreichs."
Motto Schönerers: Die ehrliche Arbeit soll dem mobilen
Kapital und der Herrschaft der "semitischen Phrase"
entgegengestellt werden. 100'000e von Deutschösterreichern
preisen und ehren ihn "wie einen Erlöser aus tiefster Not,
wie einen Erwecker zum besseren Leben".
[und der Kaiser in Wien tut immer noch nichts;
gleichzeitig muss festgestellt werden, dass Schönerer
eigentlich kaum etwas erreicht. Die Börse spekuliert
einfach weiter, und die jüdisch geleitete Presse -- und
wahrscheinlich auch die nicht-jüdisch geleitete Presse --
schiessen sich auf ihn ein].
Schönerer im Wiener
Parlament
Er schliesst sich zuerst den Liberalen an, die bis 1879
beherrschenden Einfluss in der österreichischen
Reichshälfte ausüben (Schnee, S.8).
Untergruppen der Liberalen:
-- die "Verfassungstreuen" mit dem liberalen
Prinzip im Vordergrund
-- der "Fortschrittsklub": 57 jüngere, aktivere
Abgeordnete (Schnee, S.8).
Schönerer im
"Fortschrittsklub" - die Nationalitätenfrage
-- er behandelt v.a. landwirtschaftliche Fragen
-- Schönerer fühlt bald, dass er woanders hingehört
-- das liberale Programm geht auf Vereinigung
verschiedener Nationalitäten aus, was dem Nationalismus
der anderen Staaten innerhalb der Monarchie widerspricht
und so dauernden Nationalitätenkonflikt im Parlament
verursacht:. Die Politik in Österreich widerspricht sich
selbst (Schnee, S.9).
[Mit dieser Verweigerung der nationalen Identitätsfindung
haben auch alle anderen Bevölkerungen zu kämpfen:
Tschechen, Ungarn, Slowaken, Polen etc., die alle gegen
den Kaiser politisieren].
Schlagworte Schönerers
-- alles "Deutschfeindliche" werde "begönnert"
-- die "Schwarze Internationale" sei eine geschichtliche
Stütze des Staates
-- die "Rote Internationale" sei ein vom Staat
gelegentlich gefördertes Element
-- und die "jüdischen Banken" seien die "goldene
Juden-Internationale" (Rudolf, S.29).
[und die Monarchie von Österreich-Ungarn lässt solche
destruktiven Formulierungen in der Öffentlichkeit zu.
Vielleicht, weil die Vetternwirtschaft dadurch nicht
gefährdet wird?].
Schmähungen gegen
Schönerer
Die Gegner Schönerers verlachen und verschmähen ihn,
verleumden und verfolgen ihn. Gleichzeitig wird er mit
Schmeicheleien und Versprechungen geködert. Schönerer
jedoch bleibt sich selbst treu und geht seinen geraden
Weg, denn er sieht den Staat Österreich seinem selbst
geschaufelten Grab entgegenwanken (Rudolf, S.27-28).
[Nur sind Schlagwörter kein Mittel zur Behebung des
Problems].
Ziele von Schönerer
-- das Deutschbewusstsein im deutschen Ostmarkvolk soll
gestärkt werden, "das unter den Auswirkungen von 1866 so
gut wie erstorben war"
-- das Deutschbewusstsein soll zur "heiligen Flamme"
angefacht werden
-- dem deutschfeindlichen schwarz-gelben "Österreichertum"
soll entgegengetreten werden
-- Österreich soll mit dem Deutschen Reich vereint werden:
"Das uns Deutschösterreichern vorgesteckte Ziel ist die
endliche Vereinigung mit Deutschland." (Rudolf, S.30)
1873-1876
Schönerer als Volkstribun nach der Wahl von 1873
-- Schönerer hält Versammlungen in Städten und auf dem
Land ab: "Kein Dorf war ihm zu klein oder zu abgelegen"
-- Schönerer ist gemäss Rudolf ein "Volksredner von Gottes
Gnaden"
-- Schönerer bezeichnet die liberale Partei als
"parlamentarische Verderbnis"
-- Schönerer regt sich über die Vetternwirtschaft der
Wiener Staatsregierung auf: Dies sei politisches
Zuhältertum im "Hohen Hause"
-- Schönerer bezeichnet das Parlament als
"Diätenvertilgungsmaschine" (Rudolf, S.30).
[Es ist offensichtlich, dass der Sturz des Kaisers in Wien
von allen Volksgruppen gewünscht wird. Aber der aktive
Sturz zur Lösung deer Situation wird nie in Angriff
genommen...].
1877
Januar 1877 / "Anfang des Jahres"
Schönerers Mandatsniederlegung
Schönerer legt sein Mandat in Wien
nieder, weil er die Korruption in Wien nicht mehr mit
ansehen kann. Er wird aber bald als unabhängiger
Abgeordneter wiedergewählt (Schnee, S.9).
Schönerer appelliert immer wieder, in das stammesverwandte
Deutsche Reich hinauszublicken (Schnee, S.10).
[Scheinbar herrscht dort weniger Korruption und
Vetternwirtschaft? Dafür herrscht dort der Preussendrill].
Wiederwahl Schönerers in Zwettl für das Parlament in
Wien
Schönerer wird von seinen Waldviertler
Wählern mit überwältigender Mehrheit wiedergewählt, was
vom einstigen Innenminister und Ministerpräsidenten Taaffe
als "ein höchst bedauerlicher Skandal" bezeichnet wird.
Schönerer nimmt den Kampf gegen "Verwahrlosung und
Verderbnis" erneut auf mit dem Schlachtruf:
"National sein heisst, sein Stammesvolk lieben über
alles in der Welt!" (Rudolf, S.32)
[Hier ist ein Grundübel der k.u.k.-Monarchie zu sehen: Die
Bevölkerungen fühlen sich vom Kaiser nicht geliebt, weil
er nur noch versucht, mit Manövern sich auf dem Sessel zu
halten...].
Schönerer kämpft gegen "alle Schädlinge" des
deutschösterreichischen Volkes zugleich:
-- gegen die Krone
-- gegen die Regierung
-- gegen das korrupte Parlament
-- gegen "Gesetzesbruch und Vergewaltigung"
-- gegen "die Klerikalen"
-- gegen "das Geldjudentum als Träger der Spekulation und
Korruption"
-- und gegen "die jüdische Presse" in Wien, die er als so
genannte "Siebte Grossmacht" bezeichnet (Rudolf, S.32)
[Schönerer übernimmt sich dabei völlig, denn er kommt nur
noch mehr unter Beschuss, aber die Bevölkerung in
Deutschösterreich hält in grossen Teilen zu ihm als
"Hoffnungsträger"].
Die geistige Verirrung in
Deutschösterreich
Schönerer meint, mit "Nationalem Antisemitismus" sei die
"Bewahrung des Volkstums" möglich. Dabei gebraucht er alle
möglichen Schimpfworte wie "Presse", "Unterwühler",
"Rasseneigentümlichkeit".
Antisemitismus ist bei Schönerer der Ausdruck des
"Nationalgefühls":
"Unser nationaler Antisemitismus ist nicht das Erzeugnis
konfessioneller Unduldsamkeit, vielmehr ein unzweideutiger
Ausdruck eines im Selbstgefühl erstarkenden Volkes, eines
sich kräftig äussernden Nationalgefühls."
[Schönerer meint also irrtümlich, Antisemitismus sei ein
Ausdruck von Nationalismus...].
Schönerers behauptet eine "Verjudung" und prophezeit
eine Rache an den Juden voraus und ist nicht imstande, den
Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen. Reden von ihm
enden z.B. so:
"Unser Wahlspruch lautet daher:
Nicht liberal, nicht klerikal, sondern national!" (Rudolf,
S.32-33)
Schönerer:
"Wir Nationalen betrachten den Antisemitismus als einen
Grundpfeiler des nationalen Gedankens..." (Rudolf, S.34)
[und solche Worte waren in der Monarchie Österreich-Ungarn
erlaubt. Wie ist da die Lebenseinstellung des Kaisers zu
beurteilen?]
1878
Gründung der Zeitung "Bote aus dem Waldviertel"
ist Schönerers Zeitung, erscheint 2 mal
monatlich, bis zu seinem Tod 1922 (Schnee, S.45).
18.12.1878
Appell Schönerers im
Parlament in Wien für den "Anschluss"
"Immer mehr und mehr, immer lauter und lauter hört man in
den deutschen Kronländern Österreichs den Ruf: Wenn wir
nur schon zum Deutschen Reich gehören würden! Denn im
Staate Österreichs ist nun mehr schon beinahe alles faul!"
(Schnee, S.10, Rudolf, S.40)
1879
Zweikaiserbündnis Deutsches Reich - Österreich
Es kommt zu Bündnisverhandlungen zwischen Bismarck und dem
österreichischen Aussenminister Graf
Julius Andrassy. Bismarck schlägt ein öffentliches,
verfassungsmässiges Bündnis vor, das durch Mitwirkung
aller konstitutionellen Faktoren zustandekommen soll:
durch Zustimmung aller Kammern im Reich und in Österreich.
Die ungarischen (Aussenminister Andrassy) und die
tschechischen Vertreter lassen die Pläne von Schönerer und
Bismarck jedoch nicht zu.
Die von ungarischen Juden angeblich gesteuerte Wiener
Presse fürchtet beim Bündnis mit dem Reich zudem um
Einflussrückgang [gegenüber Berlin].
Schnee über das
Verhältnis der Nationen in Wien: Lueger und Schönerer
bekämpften die "Judäo-Magyaren, wo sie nur konnten"
(Schnee, S.15)
[und umgekehrt bekämpfte die Presse die
Deutschösterreicher wahrscheinlich ebenfalls, und dem
Kaiser scheint es recht zu sein].
ab 1879
Schönerers eigenes Programm
Schönerer entwickelt sein eigenes nationalistisches
Programm:
-- gegen das bewegliche Kapital
-- gegen die reichen Juden [das sind einige wenige]
-- für die ehrliche Arbeit.
Schönerer ist überzeugt, dass "die Deutschen in
Österreich" vom Kaiserhaus der Habsburger keine Hilfe mehr
zu erwarten haben (Schnee, S.10-11, 39).
1879-1885
Die "Zweimännerpartei" Schönerer - Fürnkranz
Schönerer bildet mit seinem Parteigenossen Fürnkranz
(Abgeordneter des Bezirks Krems-Horn) die
"Zweimännerpartei" im Parlament in Wien. Schönerer
gilt als "bewusst deutscher Politiker".
Schönerer unterscheidet sich von anderen Politikern: Er
denkt nicht in Wahlperioden, sondern in Generationen. Im
Charakter ist er unerbittlich gegen Untreue. Er verlangt
dabei von seinen Parteimitgliedern
-- Reinhaltung der Grundsätze
-- persönlich reine Hände (Schnee, S.11; Rudolf, S.107,
110).
1879-1893
Ministerpräsident Graf Taaffe: "Slawisierung" und
die Repressionen gegen die "Nationalen"
Eduard Graf von Taaffe wird für 14 Jahre
Ministerpräsident in Wien. Er stammt aus irischem
Geschlecht und ist ein Jugendfreund von Kaiser
Franz-Joseph. 14 Jahre lang sollte er "zum Schaden
Deutsch Österreichs regieren und die Völkerschaften
gegeneinander ausspielen" (Rudolf).
[Eine solch unverantwortliche Politik wird mit
Frustreaktionen ihre Folgen haben, nicht nur gegen Juden,
sondern auch Tschechen gegen Deutschösterreicher,
Deutschösterreicher gegen Jugoslawen etc. Es bleiben alle
nationalen Anliegen weitere 40 Jahre lang ungelöst...].
Diese Zeit mit Taaffe als Ministerpräsident wird
auch Periode des "Eisernen Rings"
genannt: Mit Slawen und Deutsch-Klerikalen macht die
Regierung Taaffe in Wien Politik gegen "die
Deutschen", gemäss Rudolf die "Schöpfer und Träger des
Habsburgerstaates".
-- Taaffe betreibt die Annäherung an Frankreich
und Russland
-- Taaffe betreibt die Abwendung vom Bündnis mit Deutschland
-- und er betreibt den radikalen Abbau des deutschen
Einflusses in Österreich.
Es ist der Beginn der
"Slawisierung". Die Liberalen gehen am Ende zusammen mit
den "nationalbewussten deutschen Abgeordneten" in die
Opposition.
Taaffe schöpft alle Möglichkeiten des Staates gegen die
"Nationalen" in Österreich aus:
-- jegliche Presse-, Vereins- und Versammlungsfreiheit
wird eingeschränkt
-- Taaffe führt eine "Knebelungspolitik", um den
nationalen Gedanken [und den Gedanken an einen "Anschluss]
"niederzustampfen" (Rudolf).
Die Positionen sind völlig polarisiert. Taaffe meint, den
Nationalismus durch Zwangsbündnisse unterdrücken zu
können.
Die Gegenwehr der Nationalen und die "Aktionen" des
Staatsapparates unter Taaffe werden geschildert im Buch
von Eduard Pichl: "Georg Schönerer und die
Entwicklung des Alldeutschtums in der Ostmark":
-- schon beim blossen Verdacht von Äusserungen gegen die
Regierung werden Verhaftungen und Anklagen vorgenommen
-- Schriften und Telegramme werden beschlagnahmt und
zensiert
-- Feste von Vereinen, die Juden ausschliessen, werden
verboten
-- Fahnen (preussisch: schwarz-weiss-rot, deutsch:
schwarz-rot-gold) und Lieder ("Heil dir im Siegeskranz",
"Wacht am Rhein") und Statuen (der Germania, Bismarcks,
des Niederwald-Denkmals) werden verboten
-- Nationale und Antisemiten werden als Kriminelle
verfolgt
-- nationale Zeitungen werden zensiert
-- nationale Symbole wie Kornblume, das Heben der Hände,
Schönerer-Bilder oder Gedichtbesitz werden verfolgt und
mit Geld- bis Kerkerstrafe gebüsst
-- bei Wachebeleidigung wird exemplarisch bestraft
-- Verfolgungen an Schülern bis zu Schulausschlüssen [da
ist Adolf Hitler darunter]
-- die Kirche schildert die Ziele von Schönerer als
"verderblich"
-- Gemeindevorstehern wird vom Bezirkshauptmann mit
Nachteilen gedroht, falls sie noch einmal Schönerer wählen
würden
-- Gewerbetreibenden, die im Verdacht stehen, Schönerer zu
wählen, werden öffentliche Lieferungen entzogen und
sonstige Kunden abwegig gemacht [auch wenn keine Beweise
vorliegen...]
-- Angehörige von freien Berufen werden eingeschüchtert
-- die Briefzensur blüht und Detektive werden eingesetzt
wie zur "absolutistischen Zeit Metternichs und Sedlnitzkys"
(Schnee, S.10, Rudolf, S.35-36, 38-39 64-65).
[Es wird alles verboten, was in Richtung eines nationalen
Anschlusses an Deutschland hinzeigen würde. Das
Protestpotential wird gleichzeitig unerbittlich und
richtet sich dabei auch sündenbockmässig gegen "die
Juden". Die Psychologie weiss von diesen Zusammenhängen,
v.a. Machiavelli hat genau geschrieben, wie man eine Macht
behält. Ob der Kaiser nach Machiavelli gehandelt hat,
liegt im Dunkeln].
ab 1879
Deutschösterreich: Antisemitismus wird zur
"nationalen Aufgabe"
Beispiele:
-- die Gauleitung der Turnvereine empfiehlt, bei der
Aufnahme von Mitgliedern, auf echte deutsche
Stammeszugehörigkeit streng Rücksicht zu nehmen
-- es werden antisemitische Schriften gedruckt
-- Schönerer erfindet immer neue Losungen gegen das
"Judentum" und beklagt eine "Judentyrannei", ohne seinen
eigenen Terror zu bemerken... (Rudolf, S.36).
Schönerer wird von seinen Anhängern
zum "St. Georg" auf dem Pferd hochstilisiert. Die
Jüdische Presse spottet über Schönerer als ein "St. Georg
von Zwettl" (Rudolf, S.40).
[Es erscheint fragwürdig, wieso der Kaiser nicht gestürzt
wird, wenn so viele Völkergruppen - nicht nur die
Deutschösterreicher - gegen ihn eingestellt sind].
Werbung für Schönerer und Antisemitismus in der
Jugend
Auch in Schulen wird nationale Propaganda
gemacht. Der Jugend wird Mut zugesprochen, sich zur
eigenen Nation zu bekennen und Schulausschlüsse in Kauf zu
nehmen.
Rudolf:
"Man suchte also vor allem der für Schönerers ideale Ziele
begeisterten Jugend nachdrücklich klarzumachen, dass das
Bekenntnis für ihn mit dem Wunsche nach einer gesicherten
Lebensstellung unvereinbar sei." (Rudolf, S.39)
[In einer solchen Schule, wo die nationale Propaganda
verbreitet wurde, war Adolf Hitler. Hier findet Hitlers
Prägung statt...].
1880
Eugen Dühring: Schrift:
"Die Judenfrage als Rassen-, Sitten- und Kulturfrage"
(Schnee, S.23)
Gesellschaftsgründung der "Gesellschaft zum Schutze
des Handwerks"
-- Gründung von Karl von Zerboni
-- antisemitisch argumentierend
-- nach wenigen Jahren erfolgt die Umwandlung in den
"Österreichischen Reformverein".
Schönerer ist Mitglied. Später geht der Verein in das
Lager von Lueger (Schnee, S.27).
ab 1880
Karl von Zerboni, ein Ex-Offizier", gründet
das antisemitische Kampfblatt des antisemitischen
Reformvereins "Österreichischer Volksfreund" (Schnee,
S.26). Schönerer wird Leiter der
deutschen und antisemitischen "Einheitsbewegung" in
Deutschösterreich. u.a. mit dem Argument "Reinheit"
(Schnee, S.VIII).
Innerhalb der Parteien entwickeln sich Lueger und
Schönerer unterschiedlich. Lueger trennt sich von
den Liberalen, weil diese ihm nicht sozial genug handeln
und gründet später die Christlichsoziale Partei. Schönerer
trennt sich ebenfalls von den Liberalen, weil die
Liberalen ihm nicht national genug erscheinen. Er wird zum
deutschnationalen, später zum alldeutschen Parteiführer
(Schnee, S.9).
Schönerer sieht in seinen Reden Ende 70-er/Anfangs 80-er
Jahre das deutsche Volk als "Einheit" und appelliert
daran, "sich als Deutsche und nicht als Österreicher zu
fühlen". Mit seinen Appellen erntet er den Hass der
liberal-jüdischen Presse in Wien, jedoch das Lob von
Studenten (Schnee, S.12).
Die Industrie für nationale Symbole
Auf die Produktion von nationalen
Symbolen und antisemitischen Agitationsgegenständen baut
sich in Österreich für die nationalen Parteien nach und
nach eine ganze Industrie auf. Es werden hergestellt:
-- Siegelmarken mit entsprechenden Aufschriften
-- Klebstreifen
-- Handzettel
-- Zigarrenspitzen (Rudolf, S.61).
Antisemitismus auch in Bismarcks Deutschland
Zur gleichen Zeit der Volksbewegung in
Österreich beginnt Liebermann von Sonnenberg in
Deutschland mit der Gründung "Deutsch-sozialer Vereine"
als Kampforganisation gegen "das Judentum" (Schnee, S.24).
[Dabei gibt es viele Juden, denen es nicht viel besser
geht als den Deutschösterreichern oder den Deutschen.
Jegliche Hetze geht an den Problemen vorbei...].
"Slawisierung" im Klerus - "Los-von-Rom-Bewegung"
(Schnee, S.60-62)
Die Formel "Los von Rom" ist ein alter Ruf der
Revolutionstage von 1848. Mit demselben Ruf beginnen sich
Leute in Deutschösterreich zusammenzufinden, um gegen
slawische Seelsorger in deutsch-österreichischen Gemeinden
zu protestieren:
Die Zustände kommen aber nicht von Ungefähr. Die
"Slawisierung" im Klerus findet statt, weil
-- die deutsche Bevölkerung der k.u.k.-Monarchie nicht
mehr genügend Nachwuchs für den geistlichen Stand stellt
-- bei den Deutschösterreichern der Geburtenüberschuss
geringer ist als bei den anderen Völkern der Monarchie
-- die höchsten kirchlichen Stellen werden in
Deutschösterreich noch vielfach vom Adel besetzt, womit
noch weniger deutsche Besetzungen möglich werden.
[Es wären also auch Umstrukturierungen beim gesamten
Klerus in Deutschösterreich nötig].
Die Umstände begünstigen den slawischen Nachwuchs in jeder
Weise, denn viele Slawen drängen in den geistlichen Stand,
weil sie dadurch auf einen gesellschaftlichen Aufstieg
hoffen. Somit kommen slawische Seelsorger wie auch
polnische und windische (=slowenische) Priester in rein
deutschsprachige Gebiete und betätigen sich dort
ihrerseits als Nationalisten.
Die Geistlichen ziehen Familien und Angestellte nach, und
so kommt es zur "Slawisierung" deutschsprachiger
Ortschaften, ohne dass die Regierungen bzw. der Kaiser
etwas an diesen Zuständen ändern würden.
[Die "slawischen" Staaten der Tschechen, Slowaken und
Slowenen beginnen gleichzeitig von einer Vernichtung der
Deutschösterreicher zu träumen, von einer Landbrücke
zwischen den "slawischen" Staaten].
19.4.1880
Sprachenverordnung von Ministerpräsident Taaffe -
der Unterrichtsminister Dr. von Stremayr für Böhmen
Deutsch wird als "Verbindungssprache" der Behörden
aufgehoben. Es ergeht die Verpflichtung an die staatlichen
Behörden, "alle Erledigungen in jener Landessprache
auszufertigen, in der das mündliche oder schriftliche
Ersuchen der Partei eingebracht war".
Folgen:
Mit der "Sprachenpflicht können sich auch die slawischen
Sprachen behaupten. Es kommt aber noch schlimmer für die
Deutschösterreicher:
Viele zweisprachige tschechische Beamte kommen in deutsche
Städte und "erschüttern die bisher ausschliessliche
Geltung des Deutschen als innere Amtssprache".
Die Gegenreaktion in deutschnationalen Bewegungen lässt
nicht auf sich warten (Schnee, S.13).
[Und trotz aller Konflikte hällt der Kaiser an seiner
unmöglichen "Monarchie" fest...]
2.7.1880
1880 gründen besorgte Deutschösterreicher in Wien gegen
die Slawisierung den "Deutschen Schulverein" mit einem
Anfangsbestand von 3000 Mitgliedern. 1884 sind es bereits
90'000 Mitglieder. Schönerer arbeitet im Aufsichtsrat des
Schulvereins entscheidend mit, gibt auch finanzielle
Unterstützung (Schnee, S.11).
Schönerer leistet auch immer wieder Hilfen an andere
nationale Organisationen (Schnee, S.12).
[In der heutigen einseitigen Geschichtsschreibung wird die
Slawisierung meistens unterschlagen und die Gründung
nationaler Schulvereine meist als Akt gegen das Judentum
dargestellt.
Und: Scheinbar haben aber die nationalen Organisationen
der verschiedenen Länder miteinander keinen
Kontakt aufgenommen, um zusammen den Kaiser in Wien zu stürzen,
um eigene Staatengründungen zuzulassen. Insgesamt hat nur
eine Eskalation, und keine Lösung der Probleme
stattgefunden...].
1880-1890
Die "jüdische Studentenschaft" (auch mit getauften
Juden)
-- Durchschnitt an jüdischen Studenten in
Jura 1880-1890: ca. 25 %
-- Durchschnitt an jüdischen StudentInnen in Medizin
1880-1890: ca. 50 % (Schnee, S.28-30).
1880 ca.
Südtirol: Nationale behaupten, Tirol
sei von der "Verwelschung" [Italienisierung] bedroht
Der Tiroler Pfarrer Franz Xaver Mitterer begründet
die "deutsche Schutzarbeit". Mitterer ist der "Vater der
deutschen Volkstumsarbeit" und lenkt in Wien die
Aufmerksamkeit auf das ringende Deutschtum an den Grenzen
(Schnee, S.11).
[Das Thema Südtirol ist bis heute offiziell Tabu. Die
Situation für Südtirol wird 1919 absolut tragisch
werden...]
1881
Tod von Vater Matthias Schönerer: Testament
Das Testament des Vaters Matthias Schönerer
nach seinem Tod 31.10.1881: Er spendet für wohltätige
Zwecke:
-- 100'000 Gulden an die Stiftung für Eisenbahnbedienstete
-- 12'000 Gulden für einen Krankenhausbau in Rosenau
-- 1000 Gulden für den "Deutschen Schulverein" (Schnee,
S.5).
Berlin: Antrag gegen
jüdische Einwanderung im Berliner Reichstag
Der Schwager von Nietzsche, Bernhard Förster,
macht 1881 den Antrag im deutschen Reichstag gegen
Einwanderung von ausländischen Juden aus dem Osten.
(Schnee, S.24).
Schönerer folgt dem Beispiel Försters und macht denselben
Antrag gegen Einwanderung von ausländischen Juden aus dem
Osten in Wien (Schnee, S.24,31).
[Wieso in Russland Juden vertrieben werden, nach dem wird
scheinbar nie gefragt...]
Österreich: Gründung der Zeitschrift "Deutsche
Worte"
zur Unterstützung der deutsch-nationalen
Bewegung in Österreich im Sprachenstreit (Schnee, S.13).
Schönerers Hilfe für verarmte Familien
Schönerer lässt auf seine Kosten Millionen
von Flugschriften verteilen, um zur Hilfe und zur
Unterstützung von nationalen Gesinnungsgenossen und für
verarmte Familien aufzurufen. Auf diese Weise kann durch
Schönerers Initiative hunderten von bedrängten Familien
geholfen werden, so dass ihm bei Auftritten immer
unzählige dankbare Arbeiterherzen zujubeln [weil sie keine
andere Perspektive sehen...] (Rudolf, S.49).
1882
Breslau: Österreichisch-deutsche Antisemitenfeier
mit Besuch aus Berlin
mit Schönerer, mit dem Berliner
Führer der antisemitischen Bewegung, Hofprediger Stoecker,
im Breslauer Schützensaal. Beide betreiben antisemitische
Propaganda (Schnee, S.30).
[und alles ist scheinbar erlaubt, auch im Reich von
Bismarck. Das eigentliche Problem der jüdischen
Wanderungen und Vertreibungen aus Russland wird aber
scheinbar nie angegangen. Die orthodoxe russische Kirche
ist dabei Haupttäterin].
Österreich: Slawisierung im Klerus und
nationalistische Umtriebe der tschechischen Geistlichen
(Schnee, S.62-63)
Dechant W. Weber von Hohenelbe, Mitglied des
Deutschen Schulvereins, schildert 1882:
-- deutsche Geistliche seien z.T. eingeschüchtert und
würden ihre eigenen Gemeinden nicht mehr besuchen
-- deutsche Pfarrgemeinden werden in Böhmen und Mähren,
in Kärnten und Krain mit slawischen
Priestern besetzt.
"Slawisierung": Das
Vorgehen eines tschechischen Priesters in einer
deutschen Gemeinde
-- er bestellt einen tschechischen Messner und einen
tschechischen Postbeamten
-- viele tschechische Handwerker ziehen nach
-- so kann der tschechische Priester tschechische Schulen
fordern und ruft tschechische Vereine ins Leben
-- er wirkt selbst im nationalen Sinn als Vorstand der
slawischen Organisationen.
Auf diese Weise wird Budweis [später: Ceské
Budejovice] durch Bischof Jan Valerian Jirsik bis
hin zu einem tschechischen Gymnasium tschechisiert, später
auch Brünn [später: Brno] und Olmütz
[später: Olomouc].
Folge der Sprachenverordnung:
-- die Universität Prag wird in eine deutsche und eine
tschechische Hochschule geteilt
-- Gründung zahlreicher höherer nur für Tschechen (Schnee,
S.13).
[Da fragt es sich, wieso es höhere tschechische Schulen
nicht schon vorher gab...]
Österreich: Linzer
Programm der Deutschnationalen Partei um Schönerer für
den "Anschluss"
Hauptpunkte sind die Loslösung von Gebieten, damit diese
eine eigene nationale Entwicklung vollziehen dürfen:
-- Forderung nach einer Sonderstellung von Galizien
-- Lostrennung der Bukowina
-- Lostrennung von Dalmatien
-- Lostrennung von Bosnien und der Herzegowina
-- Schaffung eines überwiegend deutschen Österreich mit
Deutsch als Staatssprache im engsten Anschluss an das
Reich Bismarcks
-- Ersetzen des Dualismus Österreich-Ungarn durch eine
Personalunion
-- wirtschaftliche Reformen, um Arbeiter vom Kommunismus
abzuhalten in Anlehnung an das Reformwerk Bismarcks
-- Projekt eines Staatsvertrages der Länder des ehemaligen
Deutschen Bundes mit dem Deutschen Reich, so wie Bismarcks
Ziel es bei den Bündnisverhandlungen von 1879 war (Schnee,
S.14/15).
(Deutschnationale Versammlungen werden sofort verboten, so
dass die Verbreitung des Linzer Programms unter der Hand
erfolgen muss, dabei jedoch begeisterte Aufnahme in den
Alpen- und Sudetenländern findet. Anfangs sind auch Juden
in der nationalen Bewegung dabei, z.B. der jüdische
Historiker Heinrich Friedjung, der
innerhalb der Bewegung aber immer mehr herabgestuft
wirdSchnee, S.17).
Österreich: "Volksdeutsche Feste"
Schönerer gibt in Wien Feste ("Kommerse") für
den Ausdruck des "volksdeutschen Bewusstseins". Dies macht
Eindruck bei den Studenten. Die Staatsmacht steht diesen
Veranstaltungen feindlich gegenüber. Es gründen
sich durch diese Frontstellung antisemitische
Burschenschaften, z.B. "Albia", mit Mitglied Hermann
Bahr. (Schnee, S.18).
Schönerer als Verehrer von R. Wagner und Bismarck
Schönerer tritt ab 1882 für die
"grossen Männer" des Reiches ein, v.a. für Richard Wagner
und Bismarck. Bismarck habe sich "geschichtliche
Verdienste durch die Reichsgründung" erworben. Schönerer
sieht Richard Wagner für dessen "nationale Art" als Genie
und misst seiner Dichtung und seiner Musik hohe Bedeutung
zu.
Schnee verehrt Wagner als "antisemitischen Kämpfer [als
einer derjenigen Männer] welche die Judenfrage als
Rassenfrage erkannten." (Schnee, S.17; Rudolf, S.54)
[Anders gesagt: Schönerer und Wagner sind beide total
verirrt und meinen, dass Rassismus Probleme lösen würde.
Diese Ansicht wurde bis in die 1950-er Jahre z.T. sogar an
Universitäten gelehrt].
11.5.1882
Rede von Schönerer gegen Einwanderung der Ostjuden
Schönerer gibt an, bereits seien 12'000 Juden
aus dem Osten in Deutschösterreich eingewandert. Schönerer
überreicht eine Bittschrift gegen die Niederlassung dieser
Ostjuden. In seiner Rede argumentiert er:
-- Ungarn habe auch bereits ein Siedlungsverbot für die
vor Pogromen in Russland flüchtenden russischen Juden
erlassen
-- es gäbe bereits genug Arbeitslose in der Monarchie
-- die Zahl der Juden habe sich in Österreich in den
letzten 20 Jahren verdoppelt, in Wien verdreifacht
-- erneuter Zuzug werde zur "Gefahr für den Charakter des
Staatswesens selbst"
-- der Kaiser und der Staat seien eine christliche, und
keine jüdische Institution
-- zu viele Juden brächten "unheilvolle Folgen"
-- jüdische Einwanderung sei ein "drohendes Übel".
Die "jüdische Presse" verleumdet Schönerer in der
Gegenreaktion scharf (Schnee, S.199-201).
[und wieder wurde nur auf beiden Seiten gehetzt, und das
Problem in Russland nicht gelöst].
2.6.1882
Gründung des "Deutschnationalen Vereins"
unter Schönerer (Schnee, S.13).
7.6.1882
Schönerer fordert eine Zollunion mit dem Deutschen
Reich
um eine grossdeutsche Wirtschaftseinheit im
Sinne Friedrich Lists zu schaffen (Schnee,
S.13-14).
1883
Schönerer "erkennt" immer mehr, dass die Juden den
"Ariern" nach Abstammung und Charakter völlig fern
ständen. Somit darf Historiker Heinrich Friedjung
1883 im "Volkstumskampf" der Schönerer-Vereine nur noch
als Soldat und nicht mehr in leitender Stellung
mitwirken (Schnee, S.30-31).
Schönerers Antrag an den Kaiser von 1 Million
Gulden pro Jahr für soziale Zwecke - Schönerers
soziale Vorstösse
Schönerer stellt den Antrag, der Kaiser solle 1
Million Gulden pro Jahr für eine Arbeiter-, Invaliden-
und Alters-Versorgungskasse spenden, was ein
verhältnismässig kleines Opfer sei, denn Kaiser Franz
Joseph gehöre mit dem russischen Zaren zu den
reichsten Männern Europas.
Das Parlament reagiert mit "Pfui! Unerhört! Wort
entziehen!" und bewahrt Stillschweigen über den Antrag
gegenüber der Öffentlichkeit.
Schönerer verlangt im Parlament weiter soziale
Gesetze über
-- Arbeitszeit (12-13-Stunden-Tag)
-- Sonntagsruhe
-- Mindestlohn
-- sanitäre Ordnung in Fabriken
-- Altersversorgung und Krankenunterstützung
-- ländliche Wohlfahrtspflege
-- Genossenschaften.
Aus Unverstand oder Opposition werden die Anträge
abgelehnt, nach Jahren jedoch von der Regierung als
eigene Vorhaben verabschiedet... (Rudolf,
S.47-48).
5.3.1883
Wien: Todesfeier für Richard Wagner
Die Todesfeier gerät zur nationalen Demonstration
für Deutschland. Man singt das Lied "Wacht am Rhein".
Die Wachen wollen gewaltsam den Saal räumen, was ihnen
aber nicht gelingt (Schnee, S.18).
Richard Wagner prägte das
pauschale Wort über Juden: "Der Jude ist der
plastische Dämon des Verfalles der Menschheit." (Rudolf,
S.63)
[und die Musik eines solchen Antisemiten wird nicht
verboten...]
1.7.1883
Zeitschrift: "Deutsche Worte" - "Unverfälschte
Deutsche Worte"
Schönerer trennt sich von der
Zeitschrift "Deutsche Worte" wegen der ungenauen
Position in der "Judenfrage" und gründet am 1.Juli 1883
sein Sprachrohr "Unverfälschte Deutsche Worte", das bis
1887 von Anton Langgassner geleitet wird
(Schnee, S.13).
[Schönerer scheint es für nötig zu finden, sich in seinem
Feindbild festzubeissen und dies auch noch schriftlich
auszudrücken. Der Kaiser hockt weiter still auf seinem
Sessel...]
1884
Schönerer bekennt sich zur Auffassung von Dühring:
Die "Judenfrage" sei eine Rassen-, Sitten- und
Kulturfrage, keine konfessionelle Frage (Schnee, S.31).
Kampf gegen das jüdische Bankhaus Rothschild und
die Nordbahnprivilegien
(Schnee, S.20/21; Rudolf, S.43,46)
Rothschild (mit seiner Bank mit grossem Einfluss in
Wien und Paris) möchte sein
Konzessionsprivileg der Nordbahn verlängern lassen und
reicht schon 1884 beim Parlament die Vorlage auf
Verlängerung der Konzession für weitere 80 Jahre
ein, mit Recht auf Einlösung ab 1905.
Inzwischen hat Bismarck in Preussen die
Bahnen verstaatlichen lassen. Schönerer und Lueger
streben auch in Österreich die Verstaatlichung an, z.B.
für die Nordbahn. Schönerer gibt am 2.April 1884 40'000
Unterschriften für die Verstaatlichung der Nordbahn ab.
Am 21.April 1884 verlangen Lueger und Schönerer im
Wiener Rathaus vor versammelter Menge die
Verstaatlichung der Nordbahn. Schönerer wettert zugleich
pauschal und dumm gegen "die Juden". Die Nationalen
bezeichnen die "Nordbahnjuden" als "fetteste Geldjuden",
an deren Gesellschaft auch der Kaiser und Erzherzog Albrecht
mit grossen Aktienpaketen beteiligt seien.
Am 2. Mai 1884 hält Schönerer seine erste grosse
"Nordbahnrede" gegen das Haus Rothschild. Er
bezeichnet es als eine Ehre, von der "jüdischen Presse"
angegriffen zu werden. Kein Berg der
deutsch-österreichischen Alpenländer sei gross genug, um
die Grösse der Verachtung zu erreichen, die er gegen die
"volksfeindlichen, korrupten Zeitungsschreiber"
empfinde. 2675 Gemeinden hätten gegen die
Wiedererteilung der Konzession an Rothschild
unterschrieben. Rufe im Volk lauten: "Nieder mit
den Nordbahnjuden! Hoch Schönerer!"
Die "jüdische Presse" lässt an Schönerers Rede kein
gutes Haar. Schönerer und Lueger gelingt jedoch eine
kleine, wenn auch für sie unbefriedigende Abänderung der
Vorlage: Der Staat erhebt fortan eine Abgabe auf
Rothschilds Eisenbahngewinn. Verstaatlicht wird aber
nicht.
[Wie die gesamte Situation für Rothschild selbst aussieht,
bleibt im Dunkeln, wäre aber eine Untersuchung wert].
1885
Lueger
und seine Christlichsoziale Partei betreiben
einen konfessionell-wirtschaftlichen Antisemitismus, Schönerer dagegen
eine alldeutsche und rassenantisemitische Bewegung
(Schnee, S.3). Schönerer ist
überzeugter rassischer Antisemit geworden und ergänzt
das Linzer Programm mit der Forderung, dass jeder
jüdische Einfluss im deutschen Volk Österreichs
beseitigt werden müsse:
"Zur Durchführung der angestrebten Reformen
ist die Beseitigung des jüdischen Einflusses auf allen
Gebieten unerlässlich." (Schnee, S.16,31;
Rudolf, S.56)
[Der kleine Hitler, der als Schulbub diese Parolen in sich
aufnimmt, wird später genau nach diesen Parolen handeln.
Und der für die grosse Mehrheit überflüssige Kaiser in
Wien bleibt weiter auf seinem Sessel...].
Schönerer schliesst ab 1885 auch Parteigenossen aus,
die aus Loyalität an Kundgebungen für den Kaiser in Wien
teilnehmen. Dafür verehrt Schönerer den deutschen Kaiser
Wilhelm I. mit Kommersen und Veranstaltungen
(Schnee, S.20).
Am 13.2.1885 redet Schönerer
im Sophiensaal in Wien gegen die Presse mit Bemerkungen
wie "Pestbeule", "Fremdlingen" etc. Schönerer
fordert die Zuhörer auf, die "volksfeindlichen Nattern"
zu zertreten, der journalistischen "Giftmischerei" und
der "jüdischen Journaille" ein Ende zu bereiten (Schnee,
S.31, 205-206, 262).
[Solche Formulierungen sind zum Teil bis heute in der
Bibel gegen Andersgläubige gerichtet... und Hitler wird
sich diese Aussagen wohl gemerkt haben, und die Bibel ist
bis heute von den rassistischen Formulierungen nicht
gereinigt...].
1.4.1885
Bismarckfeier zu Bismarcks 70. Geburtstag -
Bismarcktürme - Festnummern - Wallfahrt
In Wien wird im Sophiensaal der 70. Geburtstag von
Bismarck gefeiert. Die Veranstaltung wird zur Kundgebung
für "Alldeutschland". Ab diesem Zeitpunkt wird jedes
Jahr eine Bismarckfeier veranstaltet. Schönerer lässt in
Rosenau, Asch und Eger
Bismarcktürme bauen (Schnee, S.19). In
Schönerers "Alldeutschem Tagblatt" wird jeden
1. April eine Festnummer zu Ehren Bismarcks
herausgegeben und der 1. April zum Festtag erklärt.
Bismarck wird jedes Jahr durch eine Wallfahrt geehrt
(Schnee, S.93).
Mai 1885
Sudetenland: Deutsche Arbeiterbewegung: Gründung
des "Deutschen Gesellenverein"
Wegen Einwanderung von
"tschechischen Lohndrückern" in die sudetendeutschen
Industriegebiete und der darauf folgenden
nationalpolitischen Erhebung kommt es im Mai 1885 in
Budweis zur Gründung des "Deutschen Gesellenvereins".
Am 15.12.1885 wird in Reichenberg der "Deutsche
Gehilfenverein" gegründet
(Schnee, S.85).
1885-1891
Schönerer-Lueger-Vorstösse
Bis 1891 bringen Schönerer und Lueger im Wiener
Parlament gemeinsame Vorstösse ein, z.B. 1888 innerhalb
der "antiliberalen Liga" (Schnee, S.30).
1886
Schönerer
tritt aus dem "Deutschen Schulverein" aus, da
der Verein dafür eintritt, dass der Schulverein auch
Schulen für jüdische Kinder unterhält (Schnee, S.34).
[Schönerers Feindbild beginnt, ihn selbst von einigen
Bühnen auszuschliessen].
Am 9.2.1886 gibt Schönerer eine Massenpetition
für Zollunion mit dem Bismarck-Reich
ab (Schnee, S.35).
[Das ist dem Wiener Kaiser doch egal...]
20.3.1886
"Erster deutscher Bauerntag": Forderung nach
neuem Bodenrecht gegen Kapitalisten
Am "Ersten deutschen Bauerntag" fordert Schönerer im
Sophiensaal in Wien ein neues Bodenrecht und die
Wiederherstellung des alldeutschen Familienrechts, die
"Wiederherstellung geschlossener bäuerlicher
Familiengüter" sowie die "Unverschuldbarkeit".
Der Hauptvorwurf: "Jüdische Kaufleute" kaufen
verschuldete Höfe auf und stossen so die Bauern ins
Proletariat. Das Feindbild gegen Juden
formuliert Schönerer mit dem Satz:
"Und unser Grund und Boden soll auch weiter
im Besitz der Deutschen bleiben und nicht in das Eigentum
nomadisierender Völkerschaften übergehen!"
Schönerer wettert gegen die "jüdischen Kaufleute"
und Grundbesitzer und spricht am Ende von einem neuen
"Zehrstand":
"Europa gehört dem arischen Volke, und dieses
Eigentumsrecht darf nicht verletzt und unser
vaterländischer Grund und Boden nicht zum Tummelplatz für
herrschsüchtige, feindliche, volksvergiftende, nomadische
und semitische Elemente werden [�]
In früheren Zeiten sprach man, und zwar damals mit Recht,
von drei Hauptständen, vom Lehrstand, vom Nährstand und
vom Wehrstand. Heute ist noch ein vierter Stand
hinzugekommen: der Zehrstand; nämlich jener, der nicht
säet, aber doch reichlich erntet, - und dessen
Hauptvertreter ist immer und überall der Jude!" (Schnee, S.35, Rudolf, S.49-52)
[Mit solchen Sätzen ist Adolf Hitler
aufgewachsen� und der Kaiser und die Regierung taten
scheinbar nichts dagegen...].
1886 ca.
Gedicht über Juden,
die verschuldeten Bauern den Hof abkaufen (Rudolf)
Das Gedicht beklagt pauschal, dass
Juden an der Armut von Deutschösterreichern schuld seien,
und endet mit der Zeile: "O schütze deine Söhne,
Vaterland!" (Rudolf, S.53)
1886 ca.
Einführung des "Deutschen
Brauchtums"
(Rudolf, S.54-55)
Die Schönerer-Bewegung führt alte "germanische"
Feste und "Sitten" wieder ein, um sich selbst vor
Slawisierung und dem Judentum abzugrenzen:
-- Ostara-Fest
-- Sonnenwendfeier
-- Julzeit
-- Förderung des Naturglaubens
-- deutsch denken, deutsch schreiben,
deutsch reden
-- die Wendungen "Prosit" und "Servus"
werden durch "Heil" ersetzt.
[Diese Praktiken sollten im Dritten Reich staatliche
Wirklichkeit werden...].
Schönerer lässt auch schwarz-weiss-rot geränderte
Karten drucken mit deutschen Sprüchen drucken, in dem
alles "Deutsche" betont wird, mit jüdischem Feindbild.
Schönerer formuliert auch eine Aufopferungspflicht:
"Wer für sein Volk nicht lebt und stirbt,
ist wert, dass er in Schmach verdirbt!"
[Hitler hat solche Sprüche als Bub in seinem Kopf
verankert und hat das Feindbild einfach übernommen...].
Schönerer legt mit seiner Propaganda den Grund zu
einer "wahrhaft deutschen Lebensauffassung".
Schönerer wirbt nicht nur vor "Schnickschnack"
und
"Zivilisationsquark",
sondern behauptet auch: "Deutschland
ist
mein Vaterland - Österreich mein Mutterland!"
[Und der Kaiser lebt weiter in Wien und lässt Walzer
tanzen...].
5.7.1886
"Schulverein für Deutsche"
Schönerer gründet den
"Schulverein für Deutsche", dem er wiederum als
Aufsichtsrat angehört, und
-- der 1889 bereits 20'000 Mitglieder zählt
-- der aber 1889 nach Schönerers Verurteilung von
der Regierung aufgelöst wird (Schnee, S.35).
1887
Die "Illustrierte Wiener Volkszeitung" der
Christlichsozialen Lueger-Gruppe
Sie ist vor allem gegen die wirtschaftliche
Tätigkeit von Juden in Deutschösterreich gerichtet. Im
Untertitel bezeichnet sie sich selbst als "Organ der
Antisemiten". Träger ist Lueger mit seinem
antisemitischen Flügel der christlichsozialen Partei
(Schnee, S.27).
[Das verdummende Feindbild gegen Juden verankert sich nun
sogar in einer Volkszeitung...].
Die Abgeordneten um Schönerer in Wien sind Türk,
Fiegl, Fürnkranz, Ursin, Kaiser (Schnee,
S.11). Auch Dr. Otto Boeckel aus
Marburg wird als Vertreter des Rassenantisemitismus in
den Reichstag in Wien gewählt
(Schnee, S.24).
Am 21.3.1887 feiert Deutschland den 90. Geburtstag
von Kaiser Wilhelm I.
Schönerer gibt
einen Kommers für Kaiser Wilhelm I. in Wien. Er verehrt
dann auch Wilhelm II. (Schnee, S.20).
Am 3.4.1887 schliesst der "Erste Wiener Turnverein"
(gegr. 1861) ca. 500 Juden aus. Am Kreisturnfest 1887
kommt es zu judenfeindlichen Äusserungen (Schnee, S.33).
Schönerer protestiert am 28.
April 1887 gegen den jüdischen Einfluss in
Arbeiterkreisen. Er präsentiert gleichzeitig ein
alternatives Reformprogramm für die Arbeiter in
Österreich (Schnee, S.32).
Am 27.5.1887 hält Schönerer eine Rede gegen die
Einwanderung und die Niederlassung ausländischer Juden
und beantragt ein "Antisemitengesetz" mit der
Begründung, die "USA" hätten auch eine
"Anti-Chinesen-Bill" gegen chinesische Einwanderung. Die
"Presse"
in Wien schildert Schönerers Antrag als "verwerfliche
Kundgebung". Schönerer wird als "Judenfresser"
dargestellt (Schnee, S.32,36213-214,).
[Wer frisst hier wen? Es scheinen mehrere Verantwortliche
sich an den Machiavellismus zu halten: Zum Machterhalt
muss man über Leichen gehen...].
Schönerer schlägt gegen die Darstellung als
"Judenfresser" zurück und bezeichnet die "Presse"in Wien
im Gegenzug als "entartet", und
-- fordert die Einschränkung des Hausier-, Noten-
und Ratenhandels
-- fordert deutsche Lehrer für deutsche Kinder
-- fordert eine hohe Besteuerung der
Börsengeschäfte, die Beschränkung der
"Güterschlächterei" und eine Reform im Pressewesen.
Trotz heftiger Gegenwehr beginnt der
Börsen-Liberalismus durch die nationalen Bewegungen
langsam aber sicher zu bröckeln.
Schönerer wird nun noch extremer. Er
prägt rassistische Sprüche, um sich gegenüber getauften
Juden und den gemässigt antisemitischen Politikern um
Lueger abzugrenzen. Die Flut
antisemitischer Zeitungen, Lieder und Gedichte ist dabei
nicht mehr aufzuhalten. Schönerer agitiert weiter in
Reden, übersteigert sich in seinem Feindbild und meint,
dies sei "nationale Politik": (Rudolf,
S.58-61,63)..
[Diese Sprüche schreiben wir lieber
nicht, das muss jeder selbst nachlesen].
Schönerer argumentiert u.a., schon
Goethe habe gesagt:
"Und dieses schlaue Volk sieht einen Weg nur
offen:
solang die Ordnung steht, solang hat's
nichts zu hoffen!" (Rudolf, S.63)
[Ist Goethe auch unter die verdummten
Antisemiten zu zählen? Scheinbar ja!]
Dr. Theodor Billroth unterstützt Schönerers
Gedanken, dass alle Juden eine eigene Nation darstellen
und diese sicher nicht Österreicher werden könnten, wie
es die Regierung anstrebt (Rudolf, S.63).
[Sogar Leute mit "Doktor"-Titel glauben solchen
Schwachsinn...]
Weitere pauschale Verurteilungen kommen z.B. von Andreas
Sutor, der Juden pauschal mit
Mäusen auf dem Getreideboden oder mit Motten in Kleidern
vergeicht. Der "Dichter" Viktor von Scheffel
definiert eine angeborene Abneigung germanischer
Völker gegen die Semiten aufgrund der Abstammung (Rudolf,
S.63). Der Jude Karl Marx (eigentlich: Mardochai)
gibt selbst über seine "Rasse" an, dass das Judentum nur
"Eigennutz" im Sinn habe und dass das "Geld" der Gott
der Juden sei (Rudolf, S.63).
[Hitler wird als Bub diese Aussprüche nicht überhört
haben, und der Kaiser in Wien bleibt weiter auf seinem
Sessel...].
1887
"Germanenfeier" von Schönerer
zum 2000-jährigen Auftreten der
"Germanen" in der Weltgeschichte (Schnee, S.45-46).
Am 27.11.1887 - nach der "Germanenfeier" - gründet sich
unter Langassner in
Salzburg der "Germanenbund".
Langassner ist ein getreuer Gefolgsmann Schönerers
(Schnee, S.46).
1888
Turnvereine: Der
niederösterreichische Turngau beschliesst, nur noch
Vereine aufzunehmen, die keine Juden als Mitglieder
haben (Schnee, S.33).
Gründung des "Deutschen
Volksblatts" von Ernst Vergani
Ernst Vergani, "deutschblütig"
aus Galizien, wird 1888 zum Obmann des
Ausschusses der Bewegung Schönerers gewählt, der die
Gründung einer Tageszeitung veranlassen soll. Vergani
gründet ohne Abmachung mit Schönerer das "Deutsche
Volksblatt" als Organ der Antisemiten in
Österreich und hat damit Erfolg. Das Blatt wird die
bekannteste antisemitische Zeitung. Mitarbeiter sind
u.a. der Prager Burschenschaftler Julius Patzelt
und der Schönerianer Karl Hermann Wolf (Schnee,
S.41-42).
[Jetzt sind es also schon zwei Volkszeitungen, die mit der
antisemitischen Krankheit argumentieren...]
8.3.1888
Der Skandal: Der zu früh gemeldete Tod des
Kaisers Wilhelm I. - Schönerer dringt beim "Neuen
Wiener Tageblatt" ein - die Hetze gegen Schönerer
Das jüdische "Neue Wiener
Tagblatt" meldet in einer Sonderausgabe voreilig
den Tod von Kaiser Wilhelm I. Am selben Tag
meldet ein neues Extrablatt desselben "Neuen
Wiener Tagblatt", dass der Kaiser Wilhelm I.
noch lebe. Die Volksmenge wittert Geschäftemacherei.
Schönerer dringt am Abend empört in die Redaktionsräume
des "Neuen Wiener Tagblattes" ein und greift die
Redakteure verbal und tätlich an (Schnee, S.36).
Die gesamte jüdische Presse in Wien beginnt am
9.3.1888 eine Kampagne gegen Schönerer wegen dessen
Tätlichkeiten, um ihn politisch zu vernichten. Das
Vorkommnis wird zu einem "Skandal" hochstilisiert.
Falschmeldungen berichten von "Mordbrennerbanden",
"Judenverfolgungen", einem "brutalen Überfall",
"fluchwürdiges Verbrechen", und es kommt die Forderung
nach "Pazifizierung von Wien" auf. Die Regierung hat nur
darauf gewartet, Schönerer kaltstellen zu können.
Schönerer wird "öffentliche Gewalttätigkeit" vorgehalten.
Schönerer wirft der Regierung vor, "die Juden" würden das
einheimische christliche Volk in Österreich betrügen, die
"Judengefahr" sei da, und wenn die christlich-germanische
Bevölkerung Österreichs es erkennt, dann würden drei
Viertel von ihnen "zu seinen Fahnen stossen". Die Juden
seien "schandbare Pressebestien".
Im Parlament stellen die Regierungsparteien Antrag
auf Auslieferung Schönerers an das Gericht. Schönerers
Verbündete, darunter Lueger, können
sich nicht durchsetzen. Das Parlament
beschliesst, die Immunität über Schönerer aufzuheben und
ihn ans Landesgericht auszuliefern (Schnee, S.36-37;
Rudolf, S.9-11).
April / Mai 1888
Das gelenkte Verfahren gegen Schönerer
Von der Regierung wird ein "Erkenntnissenat" gestellt. Die
Anklage lautet auf "schweren Hausfriedensbruch".
Entlastungszeugen werden gegen jede Regel nicht
zugelassen. Die Zeitung des "Neuen Wiener Tageblatt" und
die Redakteure behaupten, Schönerer habe von "unserem
Kaiser Wilhelm" gesprochen. Nach Gesetz ist diese
Äusserung Hochverrat und Schönerer müsste vor ein
Geschworenengericht. Für das Verbrechen fehlen den
Belastungszeugen jedoch die Beweise.
Vor einem allfälligen Geschworenengericht jedoch hätte
Schönerer nach Meinung von Rudolf alle Chancen zu einem
Freispruch gehabt, denn:
"... ein solches (Geschworenengericht) hätte ihn bei der
fast durchweg nationalen und antisemitischen Stimmung in
der Wiener Bevölkerung mit grosser Wahrscheinlichkeit
freigesprochen." (Rudolf, S.12)
4.-5.5.1888
Das Verfahren ist ein "politischer Tendenzprozess",
der Vorbild für weitere politische Prozesse ist:
-- alle Entlastungszeugen werden zum Eid nicht
zugelassen
-- Schönerer dagegen wird u.a. von 9 "Juden"
belastet
-- Schönerer wird zu vier Monaten Kerkerstrafe /
Zuchthaus verurteilt
-- er verliert den Adelstitel und seine bürgerlichen
Ehrenrechte für fünf Jahre (Schnee, S.37-38).
Schönerers Verteidigungsrede bringt vor allem
die Botschaft, er sei nicht so ein Lügner wie die andern,
der das Volk in die Armut stürze.
Schönerer wirft der Regierung vor, dass sich diese
Regierung in die Lehren des Talmud "drängen lasse" und
bezeichnet die Presse in Wien als "jüdische
Korruptionspresse".
Gleichzeitig beklagt er, die Presse hätte ihn als
"Landesverräter" und "Preussenheuchler" verleumdet. Er
fordert: "Majestät, macht frei das Volk vom Joch der
Judenpresse!" (Rudolf, S.15-16)
[Der Kaiser sieht nur schmunzelnd zu und sitzt auf seinem
Stuhl, solange er nicht runterfällt...]
Der Gerichtsvorsitzende von Holzinger muss
sich nach dem Prozess vor der erregten Volksmenge
schützen und das Gerichtsgebäude durch ein Seitentor
verlassen. Die Menge lässt Schönerer beim Verlassen des
Gerichtsgebäudes hochleben, spannt seinem Wagen das
Pferd aus und zieht den Wagen von Hand.
Schönerer steigt aus dem Wagen und läuft mit der Menge
zu Fuss, bis zu seiner Wohnung. Die Menge versichert
Schönerer "deutsche Treue" und wünscht seinen
Kindern alles Gute (Schnee, S.37-38).
[Dieses Vorkommnis wird sich nicht nur bei Hitler wohl zu
einem Schlüsselerlebnis hochstilisiert haben, sondern
dürfte auch in Deutschland bekannt geworden sein...]
Schönerer verliert für für fünf Jahre seine bürgerlichen
Rechte (Rudolf, S.17).
Deutschösterreicher
sammeln Unterschriften für Schönerer
Deutschnationale und Antisemitengruppen treffen sich
am 12.5.1888 vor Schönerers Wiener
Wohnung und erweisen ihm grosse Huldigung. Für Schönerer
werden Bittschriften mit insgesamt 45'000 Unterschriften
eingereicht. Schönerer legt Berufung gegen das Urteil
ein (Schnee, S.38).
oder:
In Deutschösterreich werden über 50'000 Unterschriften für
eine Strafmilderung des Urteils gegen Schönerer gesammelt.
Der tschechische Justizminister mit einem besonderen Hass
auf Schönerer würdigt die Eingaben nicht (Rudolf, S.18).
Volkswiderstand und kaiserliche Terrormassnahmen
Widerstand im Volk äussert sich durch Plakate mit
Aufschriften für Schönerer und gegen Juden, wild
angebracht in ganz Deutschösterreich.
Der Kaiser erlässt Massnahmen:
-- das Grüssen Schönerers ist verboten
-- Zettelkleben wird verboten
-- Winken ist verboten
-- deutschnationale Lieder wie "Wacht am Rhein" werden
verboten
-- Polizisten sollen für die Überführung von Tätern gegen
die Vorschriften mit 10 Gulden Prämie extra belohnt
werden.
Es kommt also zu einer Kopfgeldjagd gegen
Deutschösterreicher.
In Österreich herrschen somit Zustände "wie zur Zeit des
Absolutismus." (Rudolf, S.19)
[Konkret: Der Kaiser will einfach auf seinem Thron sitzen
bleiben, um mehr geht es ihm nicht...].
Lob und neue Forderungen der jüdischen Wiener Presse an
den Kaiser nach dem Prozess
-- die "jüdische Presse" lobt Österreich als "ersten
Rechtsstaat der Erde"
-- die Presse behauptet, mit der Haft von Schönerer sei
auch der "Sturz des Antisemitismus" verbunden
[das stimmt eben nicht: Die Hetze geht nur in eine
"nächste Runde"]
-- die "jüdische Presse" stellt die Forderung an die
Direktoren aller grossen Gesellschaften, alle angestellten
Antisemiten ausnahmslos und sofort zu entlassen (Rudolf,
S.20).
Schönerer hat Einspruch erhoben. Am 23.5.1888
fordert er erneut eine Zollunion mit dem Zweiten
Reich mit einer Massenpetition von 47'648 Unterschriften
(Schnee, S.36).
[Das ist dem Kaiser doch egal...]
27.6.1888
Ablehnung von Schönerers Nichtigkeitsbeschwerde
Der Kassationssenat des Obersten Gerichtshofs mit dem
83-jährigen Präsidenten Dr. von Schmerling,
Mitglied des "Vereins zur Abwehr des Antisemitismus",
lehnt Schönerers Beschwerde ab. Seine Beisitzer werden
nach dem Entscheid befördert. Gnade vor dem Kaiser lehnt
Schönerer seinerseits ab (Schnee, S.38; Rudolf, S.21).
Deutsche Treue: 100e
Leute wollen für Scnönerer ins Gefängnis
Schönerer hat viele Freunde aus allen Berufständen
(Rudolf: "viele hundert deutsche Männer"), die sich bereit
erklären, die Haft für Schönerer anzutreten (Rudolf,
S.24). Vor dem Haftantritt wird "Deutsche Treue"
beschworen (Rudolf, S.22).
Schönerer sitzt vom 20.8.1888 bis zum 20. Dezember im
Wiener Landgericht seine Strafe in Zelle 17 ab (Schnee,
S.38; Rudolf, S.24). Die Schönerer-Partei
verliert aber trotzdem Anhänger, die ab 20.8.1888 in die Christlichsoziale
Partei unter Lueger wechseln. Lueger betreibt
seinen Antisemitismus klerikal-konfessionell und spricht
sich gegen die Bekämpfung des Kaiserhofes aus. Er hat
damit grossen Erfolg (Schnee, S.40; Rudolf,
S.22).
Sudetenland:
"Gehilfentag"
Die Sudetenländer sind nun immer mehr durch
Tschechisierung bedroht. Am 4.11.1888 hält die dortige
Arbeiterbewegung einen ersten "Deutschen
Gehilfentag" in Reichenberg für Böhmen und Mähren ab
(Schnee, S.85).
1889
Schönerer hält nun massenweise Vorträge über
das Deutschtum. Er glaubt an den "gesunden Sinn" des
Volkes und hält dessen sittliche Wiedergeburt für möglich.
Sein Kampf gegen Ministerpräsident Taaffe ist nur
um so schärfer (Rudolf, S.64). [Es findet also wieder eine
Eskalation statt eine Problemlösung statt...]
Im selben Jahr wird der antisemitische "Turnerbund"
gegründet mit dem Wahlspruch:
"Durch Reinheit zur Einheit!" (Schnee, S.33)
Auch in der Deutschsozialen Partei sollen im
neuen Programm von 1889 die Juden unter Fremdenrecht
gestellt werden (Schnee, S.32).
Die Regierung selbst löst den "Schulverein für Deutsche"
auf
(Schnee, S.35).
Bruch zwischen Vergani und Schönerer wegen dem
"Deutschen Volksblatt"
Schönerer hält Vergani nicht für den
richtigen Mann zur Leitung des alldeutschen "Deutschen
Volksblattes". Vergani vertritt die Linie von Lueger und
bekämpft den Kaiserhof nicht. Vergani kann das "Deutsche
Volksblatt" aber bis zu seinem Tod Anfang des 20. Jh.
weiterführen (Schnee, S.41-42).
Südtirol: Ab 1889
profiliert sich ein "völkischer Dichter" Arthur von
Wallpach für die
rassische Idee, für die Einheit des Blutes,
für das "nordrassische Empfinden".
Wallpach schreibt Kampflieder und Gedichte, die von den
Behörden beschlagnahmt werden. Dafür werden sie dann im
Parlament vorgelesen... [durch Immunität möglich].
Wallpach ( führt auch eine "völkische"
Zeitung, den "Scherer"Schnee, S.48-49).
16.9.1889
Auflösung des "Deutschnationalen Vereins"
durch die Behörden. Schönerer hält seine politische
Tätigkeit für abgeschlossen. Er hätte sich mit den
"Werten" "Volk und Rasse" zum "Volksführer" aufschwingen
können, aber er ist nicht der Mensch, der die Massen
manipulieren kann. Er erkennt die Bedeutung der
Massenpropaganda nicht (Schnee, S.40,42).
1890
Schönerer veranstaltet 1890 in Wien zu Ehren des "grossen"
Strategen Moltke, dem Sieger von Königgrätz,
eine Feier mit der Betonung, dass Leute wie Moltke
und Bismarck von "volksdeutscher Bedeutung" seien
(Schnee, S.42).
Jüngere Unterführer drängen Schönerer weiter
zur Zusammenarbeit mit Lueger, so dass Lueger und
Schönerer 1890 in den Gemeinderatswahlen zusammengehen,
mit der Wahlparole: "Hoch Lueger! Hoch Schönerer!"
(Schnee, S.44)
Der "Deutsche Volksverein" wird am 18.1.1890 die
Nachfolgevereinigung vom "Deutschnationalen Verein" mit
Schönerer im Vorsitz
(Schnee, S.42).
[Der k.u.k.-Staat dreht sich in der Politik in
Deutschösterreich offensichtlich im Kreis...].
Ab 6. April 1890 erscheint als neue Zeitung
der deutsch-nationalen Bewegung die "Ostdeutsche Rundschau",
zuerst wöchentlich, dann täglich. Herausgeber ist Karl
Hermann Wolf, mit einer freundlichen Haltung
gegenüber Lueger (Schnee, S.45).
1891
Endgültige Spaltung der Antisemiten in
Deutschösterreich
(Schnee, S.27-28, 30)
1891 spalten sich die Antisemiten in Deutschösterreich
endgültig in konfessionell-dynastietreu-wirtschaftlich
denkende Antisemiten der Christlichsozialen unter Lueger
und in deutschnationale antidynastische Antisemiten der
Deutschnationalen unter Schönerer mit starker
Anhängerschaft in der Studentenschaft.
Auch der Gelehrte und Mediziner Theodor Billroth
postuliert, die Juden seien eine eigene Nation. Die
Burschenschaft "Libertas" anerkennt schon im WS 1878/79
getaufte Juden nicht mehr an. Schönerer hält an der
Reinheit der Ideen fest und arrangiert sich nicht mit
andersdenkenden Partnern.
1892
"Slawisierung": 1892 wird Bischof Dr. Kohn
zum Erzbischof von Olmütz gewählt. Er begünstigt die
Slawisierungspolitik durch mangelndes soziales
Verständnis. Schönerer und die Deutsch-Nationalen stellen
sich fortan gegen ihn (Schnee, S.47-48).
Schönerer hält nach zweijähriger Pause am 5.7.1892 wieder
einen Parteitag ab und übernimmt die Losung des
Turnerbundes von 1889: "Durch Reinheit zur Einheit."
(Schnee, S.42)
[Hitler ist 3 Jahre alt, und die Welt seiner Familie ist
eine pauschal wertende, antisemitische Welt in Österreich.
Der Vater ist Zollbeamter, schliesslich ein Alkoholiker,
eine denkbar schlechte Voraussetzung für Adolf, ein "guter
Demokrat" zu werden...].
Gründung des "Zeitweiser"
(bis 1914), eine Zeitschrift von Karl Iro. Die
Zeitschrift vertritt v.a. Schönerers Ideen und den
Antisemitismus. Sie besteht bis 1914 (Schnee, S.46-47)
[und Hitler wird alle diese Gedanken in sich aufnehmen...]
Schönerers Forderungen gegen die Juden
[Dies sind Forderungen, die von Hitlers NS-Regime im
Dritten Reich später umgesetzt werden]:
1. ein Gesetz gegen die weitere Einwanderung fremder Juden
2. das Verbot der Judentaufe und der Abänderung jüdischer
Namen
3. Gemeinden sollen das Recht haben, die Niederlassung von
Angehörigen jüdischer Rasse zu untersagen
4. Heimats- und Bürgerrechte an Juden sollen verboten
werden
5. Juden sollen keinen Grundbesitz mehr erwerben dürfen
6. höhere Besteuerung aller Objekte, die sich in den
Händen von Juden befinden
7. ausgiebige Besteuerung der Börsen als der Sammelpunkte
des jüdischen Spekulantentums
8. Schönerer fordert eine Mediatisierung (dem Landesrecht
unterwerfen) der jüdischen Finanzfürsten und der jüdischen
Finanzinstitute zugunsten des Staates. Da man einst die
Kirchen- und Klostergüter im Interesse des Staates
eingezogen hat, brauche man jetzt vor den riesigen
jüdischen Vermögen nicht ängstlich Halt zu machen. Diese
Forderung müsste von allen Völkern gleichzeitig
durchgeführt werden
9. Schönerer fordert ein Gesetz, das bestimmt, dass nur
Deutsche über Deutsche (beziehungsweise Arier über Arier)
zu Gericht sitzen dürfen. Juden können weder Richter noch
Staatsanwalt werden, auch nicht die Stelle von
Geschworenen einnehmen, es sei denn, dass sie ihre
nichtjüdische Abstammung für drei Generationen nachweisen
können
10. Juden sollen keine öffentlichen Ämter bekleiden
dürfen; das passive und aktive Wahlrecht ist ihnen
abzusprechen
11. Juden sollen nur nach ihrem Prozentanteil in der
Bevölkerung am Unterricht in höheren Schulen teilnehmen
können, an deutschen Schulen dürfen nur deutsche Lehrer
unterrichten
12. Ausschaltung der Rassejuden aus der Presse. Kein Jude
darf Eigentümer einer Zeitung sein oder ihrem
Redaktionspersonal angehören
13. Verbot der Mischehen zwischen Deutschen und Juden
14. Ausschaltung der Juden aus sämtlichen Vereinen
15. Deutsche sollen bei ihren Volksgenossen kaufen
Gleichzeitig hofft Schönerer, dass in anderen Ländern in
gleicher Weise Forderungen gegen die Juden gestellt werden
(Schnee, S.46-47).
[Hitler muss sie später nur noch abschreiben...]
1893
"Arierparagraphen" in Burschenschaften der Studenten
-- in Wien: "Albia", "Allemannia", "Bruna-Sudetia",
"Libertas", "Moldavia", "Olympia", "Silesia"
-- in Czernowitz: "Arminia"
-- in Graz: "Allemannia", "Arminia"
-- in Innsbruck: "Pappenheimer", "Suevia"
-- in Prag: "Albia", "Carolina", "Ghibellinia",
"Teutonia" (Schnee, S.32-33).
1893-1895
Kabinett von Fürst
Windischgrätz
Windischgrätz regiert mit einem völlig
aristokratisch-adligen Kabinett, das in Deutschösterreich
verhasst ist (Rudolf, S.65).
1893 arbeiten Schönerer und Lueger im Wahlkampf zusammen,
vor allem auf Betreiben von Karl Hermann Wolf.
Schönerer hält sich jedoch immer mehr von Luegers
Anhängerschaft fern und bleibt ausserhalb des
antisemitischen "Bürgerklubs" (gemischt zwischen
christlichsozial und deutschnational) (Schnee, S.44).
29.6.1893
Gründung der Arbeiterbewegung in den Sudetenländern:
"Deutschnationaler Arbeiterbund"
zur Verbreitung des "völkischen Gedankens" in
der Arbeiterschaft von Schönerer gegründet. Obmann ist Aichinger,
dann der Mechanikergehilfe Franz Stein aus Wien.
Die deutschnationale Arbeiterbewegung führt ihre eigene
Zeitung: "Der Hammer" (Schnee, S.45,85).
1894
Zweiter "Deutscher Bauerntag"
unter Langassner, der
Germanenbund-Mitbegründer aus Salzburg (Schnee, S.46).
8.12.1894
Schönerer gründet den
"Bund deutscher Landwirte in der Ostmark"
(Schnee, S.44)
1895
Schönerer beschwört einen zweiten Bismarck
Schönerer ruft in "Unverfälschte Deutsche
Worte" zu Alldeutschland und einem Bismarck der Zukunft
auf, der ein Alldeutsches Reich gründen werde: "Heil
Alldeutschland! Heil dem Bismarck der Zukunft!" (Schnee,
S.50)
Ab Mitte 1895 bezeichnet sich die Bewegung
von Schönerer als "Alldeutsche"
(vorher: von "Zweimännerpartei" zu "deutschnational",
"deutschvölkisch" oder auch "deutschradikal") (Schnee,
S.75-76).
Wien: Das Kabinett Badeni
Graf Badeni, ein Tscheche, wird
österreichischer Ministerpräsident. Im Kabinett sind
-- ein polnischer Finanzminister
-- ein polnischer Innenminister
-- ein galizischer Landsmannminister sowie
-- der polnische Aussenminister Graf Goluchowski
(Schnee, S.50).
[Wo sind denn da noch Deutsche?]
15.4.1895
Slawisierung: Schönerer wird Gegner des Staates und
sogar Gegner Bismarcks
Schönerer wird während der "Slawisierungsversuche" von
Ministerpräsident Badeni zum Gegner des Habsburgerstaates
überhaupt. Seiner Meinung nach hat der Kaiserhof in Wien
nichts mehr zu suchen.
Schönerer schreitet dabei weit über Bismarck hinaus.
Bismarck lehnt gleichzeitig die revolutionären Pläne
Schönerers ab. Am Treffen mit Bismarck am 15.April 1895
verpflichtet dieser die Huldigungsabordnung
Deutschösterreichs, zur Dynastie gute Beziehungen zu
pflegen. Bismarck kann auch später den Kampf gegen Badeni
nicht mehr verstehen und verurteilt den Widerstand der
Deutschnationalen.
Für Schönerer stösst Bismarck an die Grenze seines
Staatsdenkens. Bismarck schützt immer die Dynastie und
mahnt immer zur Treue zum Staat: Man solle sich
unentbehrlich machen. Schönerer gerät mit seiner starren
politischen Haltung selbst mehr und mehr in die Minderheit
(Schnee, S.49-50).
16.6.1895
Rücktritte Schönerers
Schönerer legt die Führung der Deutschnationalen nieder
und tritt aus dem "Deutschen Volksverein" aus (Schnee,
S.44).
1896
Arbeiterbewegung in den Sudetenländern
Der deutsche Gehilfentag strebt nach der
Gründung eines grossen Verbandes gegen die schleichende
"Slawisierung" (Schnee, S.85).
1897
Das Sturmjahr / das "Badenijahr" der versuchten
beschleunigten Tschechisierung
1897 ist der "Höhepunkt des Kampfes zwischen
Deutschen und Tschechen" (Schnee, S.50). Das Badenijahr
gibt der Arbeiterbewegung in den Sudetenländern neuen
Auftrieb (Schnee, S.85).
[und der Kaiser amüsiert sich dabei und sitzt weiter
untätig auf seinem Stuhl].
Die Geschehnisse des "Badenijahrs"
Der ehemals deutsche, nun tschechische Fürst Schwarzenberg
entreisst den Deutschen den Wahlkreis Budweis.
Schönerer brandmarkt Schwarzenberg als "Renegaten" /
Abtrünningen. Schönerer fordert im Parlament deutsche
Seelsorger für deutsche Gemeinden (Schnee, S.64).
Badenis
Sprachenverordnung und die Gegenwehr
Am 5. und 22.4.1897 stellt Ministerpräsident Badeni im
Parlament eine neue "Sprachverordnung" vor.
Neu sollen in Böhmen und Mähren im äusseren
und inneren Dienstverkehr der Behörden die deutsche und
die tschechische Sprache gleichgestellt sein. So können
die tschechischen Behörden tschechische Beamte in deutsche
Gebiete entsenden und die dortigen Deutschen zum
Tschechisch zwingen. Ab 1.Juli 1901 sollen nur noch
zweisprachige Beamte in diesen Gebieten angestellt werden
dürfen, und dies werden alles Tschechen sein, weil die
Deutschösterreicher kein Tschechisch können.
Es ist dies für die deutschnationalen Abgeordneten eine
"Tschechisierung" durch Ministerialerlass, ohne Mehrheit
in der Volksvertretung und ohne Gesetz:
-- Böhmen und Mähren verfügen über rein deutsche Gegenden
-- es seien Deutsche, "die den Staat gegründet, die ihn
aufgebaut hatten"
-- es seien Deutsche Österreichs, "welche die grössten
Opfer an Gut und Blut brachten"
-- diesen Deutschen drohe nun eine Zurückversetzung.
Tschechisch lernen soll Pflicht werden, was als
"Vergewaltigung" (Schnee) empfunden wird. Durch das
deutsche Volk Österreichs geht ein einziger Aufschrei.
Als Reaktion hat die Volkstümlichkeit in Deutschösterreich
und den Sudetenländern erneut einen Gegenaufschwung. Die
Sprachenverordnung sei ein "Attentat auf das deutsche
Volk" (Schnee, S.50-51; Rudolf, S.66).
In Salzburg hält Iro eine Versammlung des
"Deutschen Volksvereins" ab. Iro verlangt eine
Erweiterung des Linzer Programms mit der Relegation des
Wiener Kaisers unter den Kaiserhof von Berlin: Der
österreichische Kaiser soll als deutscher Bundesfürst mit
seinen einstmals deutschen Bundesländern dem Staatenbund
"Deutsches Reich" beitreten. Die Versammlung skandiert den
neuen Ruf: "Nieder mit Badeni!" und auch: "Los von Rom!"
(Schnee, S.60).
Schönerer nimmt den Gedanken der Relegation des Wiener
Kaisers als Bundesfürst von Deutschösterreich 1901 in sein
"Alldeutsches Grundprogramm" auf.
[Genau das will der Kaiser in Wien nicht: zum deutschen
Bundesfürsten degradiert werden...].
Rom wird ab jetzt zu einem weiteren Feind der
Schönerer-Bewegung, weil die Slawisierungen mit dem Segen
Roms vor sich gehen (Schnee, S.60).
Der Sprachenstreit wird in Berlin
mitverfolgt. Die Zentrumspartei nimmt für die Klerikalen
und Christlichsozialen Stellung, alle anderen für die
Deutschnationalen (Rudolf, S.86).
[Der Kaiser in Wien aber spielt weiter mit seinen
Bevölkerungen...].
Dresden: Am 9.5.1897 wird ein "Deutscher Volkstag" gegen
die Sprachverordnung von Badeni abgehalten (Schnee, S.52).
Am 2.7.1897 redet Schönerer in Hamburg gegen Badenis
Sprachverordnung (Schnee, S.52).
Am 11.7.1897 erfolgt am verbotenen Volkstag in Eger der "Schwur
von Eger", im Kampf gegen das Sprachengesetz von
Badeni nicht zu wanken. 54 deutsche Volksgenossen werden
von der tschechischen Polizeisoldateska verletzt. Die
Verletzten werden im "Alldeutschen Tagblatt" als
"Blutopfer für den deutschen Charakter von Eger" gefeiert.
In den Alpenländern Österreichs finden für Deutsch-Böhmen
Sympathie-Kundgebungen statt, ebenso im Zweiten Reich. Es
kommt nun auch im Reich zu einer "völkischen Begeisterung"
(Schnee, S.53).
[Das heisst: Die Eskalation wird nun staatspolitisch eine
gesamtdeutsche Angelegenheit, und die Kaiserhäuser lassen
diese Eskalation zu...].
Am 25.9.1897 wird Badeni in einem Duell mit Karl Hermann
Wolf verwundet.
Karl Hermann Wolf wird dabei zum "Held des
Tages" und zum "Abgott der Sudetendeutschen". In
diplomatischen Berichten der Deutschen Botschaft in Wien
wird Wolf mehrfach als "Führer der Alldeutschen"
hervorgehoben (Schnee, S.77-78).
Am 21.10.1897 setzt sich auch Historiker Theodor
Mommsen in einem Brief in der "Neuen Freien
Presse" für die "Völkischen" ein: "Seid hart! Vernunft
nimmt der Schädel der Tschechen nicht an, aber für Schläge
ist auch er zugänglich." (Schnee, S.53)
[Eine schlimmere Eskalation ist kaum vorstellbar...]
In der Folge kommt es zur einheitlichen Front gegen das
Sprachengesetz (Rudolf, S.68-71). Die Schönerianer
aus den Sudetenländern blasen am 28.-29.10.1897 zum Kampf
und wenden alle Regeln des Widerstandes an, um das Gesetz
im Parlament zu bekämpfen. Dazu wird die Demokratie in
eklatanter Weise missbraucht, so wie der Kaiser die
Staatsform für seine Zwecke stets benutzte.
Beteiligte sind Schönerer (Landsgemeindebezirk Eger), Karl
Iro (Landsgemeindebezirk Plan), Franz Kittel
(Landsgemeindebezirk Saaz), Karl Türk (Troppau) und Karl
Hermann Wolf (Städtebezirk Hohenelbe).
Die überlange Sitzung über das Sprachengesetz von
Badeni - der erzwungene Abbruch der Sitzung ohne
Beschluss
Die Nationalen wenden nun einen Trick an, um die
Verabschiedung des Gesetzes zu verunmöglichen. Die Sitzung
wird zur längsten Plenarsitzung Europas. Die bis dahin
längste 32-stündige europäische Rekordsitzung in England,
wo Gladstone die Durchführung der irischen
Zwangs-Bill durchdrückte, wird übertroffen. Dr. Lecher
hält eine 12-stündige "Dauerrede", von 9 Uhr abends bis 9
Uhr morgens, währenddessen die
slawisch-klerikale-polnischen Abgeordneten sich am Buffet
verpflegen und in Vorräumen ihr Nachtlager aufschlagen.
Der Konsum der Nacht beträgt 14 hl Bier und 1 hl Wein
(Rudolf). Lechers Rede wird später in Buchform publiziert.
Die durch weitere oppositionelle Redner auf 33 Stunden
ausgedehnte Sitzung muss schliesslich vor Erreichen
einer Abstimmung abgebrochen werden. Das Gesetz ist
vorerst verhindert und die Kampfentschlossenheit der
Deutschnationalen bewiesen.
Während der Auseinandersetzung um das neue Gesetz und
danach blicken die Sudetendeutschen sehnsüchtiger denn je
ins Deutsche Kaiserreich. Das Zweite Reich wird für sie
nun erst recht zum deutschen Vaterland. Neues Schlagwort
von Wolf: "Germania irredenta".
Im Sprachenkampf der Sudeten gegen die Tschechen
verschwinden nun die Klassenunterschiede und die
politischen Unterschiede zwischen den Leuten. Es wird der
planmässige Kampf gegen die Sprachverordnung organisiert,
auch in Deutschland.
[Hier ist der Ursprung der Begeisterung im
Sudeten-Anschluss zu suchen. Dieser Anschluss wird später
noch mehr Energie erhalten, als der "Friedensvertrag" mit
Österreich von 1919 die Sudetenländer der "CSSR"
einverleibt].
24.11.1897
Badenis Gegenwehr mit ungesetzlichem Abbruch der
Sitzung
Ministerpräsident Badenis Ziel in der jetzigen Situation
ist es, dem Parlament eine ihm genehme, aber
gesetzeswidrige Geschäftsordnung aufzuzwingen. Es sind 84
Petitionen gegen das Sprachengesetz eingegangen, über die
je zweimal namentlich abgestimmt werden muss. Dies
verpflichtet das Parlament zu je 168 Abstimmungen zu je
einer halben Stunde, was der Präsident und seine Regierung
verhindern wollen.
Schönerer ist der erste, der unter Beifall der
deutsch-nationalen Abgeordneten auf die Bühne springt und
die Regierung mit Pfuirufen überschüttet. Badeni kann auch
mit einem kalten Lächeln und taktischen Manövern wie dem
Verlassen des Saales die aufgebrachte Opposition nicht vom
Recht auf Abstimmung abbringen. Es entwickelt sich ein
Streit um das Präsidentenglöckchen, der zu einer Keilerei
ausartet. Badeni schliesst die Sitzung (Rudolf, S.72-75).
25.11.1897
Das Gesetz zum Ausschluss gewisser Parlamentarier:
"Lex Falkenhayn"
Auf Antrag des klerikalen Abgeordneten Graf Falkenhayn
hin beschliesst die Mehrheit des Parlaments die "Lex
Falkenhayn":
Missliebigen Abgeordneten
-- soll das Wort entzogen werden können
-- soll ein Verweis vom Parlament bis zu 30 Tagen erteilt
werden können
-- soll bei Verweigerung des Befehls die Polizeigewalt zum
Vollzug aufgezwungen werden können.
Das Parlament beschliesst mit Mehrheit, das neue Gesetz
ohne Debatte anzunehmen. Die deutsch-nationale Minderheit
fühlt sich dabei wieder "vergewaltigt" (Rudolf) und
belagert die Ministerbank. Schönerer weist Badeni die Tür,
worauf die ganze Regierung unter deutsch-nationalen
Flüchen den Saal verlässt. Hauptsache, sie hat die "Lex
Falkenhayn" durchgebracht (Rudolf, S.75-76).
26.11.1897
Entscheidung über Badeni und seine Regierung: Die
Schlacht mit der Polizei im "Hohen Haus" (Schnee,
S.55; Rudolf, S.77-81)
Gleich am Anfang der Sitzung um 11 Uhr ruft die
deutsch-nationale Abordnung zur Regierung "Hinaus!"
Der Lärmpegel steigert sich, und zusammen ersteigen die
deutsch-nationalen Abgeordneten die Präsidententribüne und
werfen alle Unterlagen des Präsidenten inklusive
Tintenzeug und Glocke zu Boden. Die Parlamentsdiener
können nicht eingreifen, Badeni wird bedrängt. Dieser will
flüchten, wird jedoch geschnappt und verprügelt wie auch
die beiden Vizepräsidenten.
Wachleute erscheinen mit gezücktem Säbel, von Polizeiräten
und Detektiven begleitet, besetzen die Tribüne und räumen
die Galerie. Badeni erscheint wieder, verschanzt sich
hinter 100 Wachleuten, worauf ihm von den
Deutsch-Nationalen mit Vergeltung gedroht wird. Karl
Hermann Wolf wird auf seinen Ruf gegen Badeni "Sie
gehören ins Kriminal, Sie Hochverräter!" als erster von
der Polizei hinausgetragen und für drei Sitzungen
gesperrt.
Der Tumult sprengt nun alle Grenzen. Die Deutschnationalen
fordern, dass gleich alle von ihnen ausgeschlossen werden.
Badeni wird als "Moskowiter", als "russischer
Polizeiminister" beschimpft. Papierballen und Tintenfässer
fliegen, der Lärm wird mit Kindermusikinstrumenten auch
von der Galerie her verstärkt. Schönerer fordert die ganze
Regierung "an den Laternenpfahl".
Die Polizei formiert sich unter dem Beifall der Klerikalen
und Christlichsozialen. Der Tumult eskaliert. Schönerer
wirft Badeni seine Glocke an den Kopf. Massenweise fliegen
Bücher, Pultdeckel, Tintenfässer und Akten gegen die
Polizei. Jeder der Deutschnationalen wird im Verhältnis
8:1 mit Gewalt hinausgeschleppt, währenddessen die Galerie
für die Deutschnationalen Stimmung macht. Die Feuerwehr
greift ein und räumt die Galerie, darunter auch der
"amerikanische" Journalist und Humorist Mark Twain.
Badeni schliesst die Sitzung.
26.-27.11. 1897
Demonstrationen für Schönerer - Gewalt von Polizei
und Militär
(Rudolf, S.82-84; Schnee, S.55)
Die Erregung in der Bevölkerung steigert sich. Am Abend
des 26. November demonstriert die nationale
Studentenschaft für Schönerer vor dem Parlament, vor dem
Rathaus und vor dem Innenministerium. Auch die nicht von
der Sprachverordnung betroffenen Länder
Deutsch-Österreichs geraten in Aufruhr.
Bei Demonstrationen wird der Ausnahmezustand verhängt, der
meist durch nichtdeutsches Militär [aus den "slawischen
Ländern"] durchgesetzt wird. Die Deutsch-Österreicher
werden zu Fremden im eigenen Land. Die Arbeiterschaft in
Wien schliesst sich den Demonstrationen an.
Man ruft: "Nieder mit Badeni!"
Die Polizei und das nichtdeutsche ["slawische"] Militär
gehen rücksichtslos und brutal auch gegen Frauen und
Kinder vor. Es kommt zur höchsten Erbitterung in der
deutschösterreichischen Bevölkerung. Die Wache dringt in
die Universität ein, was nicht einmal bei der Revolution
von 1848 der Fall gewesen war. In Wien zählt man am Abend
61 Verhaftungen.
In Graz, einer fest Schönerer-treuen Stadt, der
zweitgrössten Stadt Deutsch-Österreichs, geht das Volk in
Massen auf die Strasse mit nationalen Liedern, Reden und
Huldigungen. Nach Veröffentlichungen der Geschehnisse im
"Tagblatt" kommt es zu Demonstrationen mit dem
"Bismarcklied", der "Wacht am Rhein", Pfuirufen auf Badeni
und seine "moskowitische Herrschaft".
Nach der Zerstörung des Lokals des klerikalen "Volksblatt"
durch die Masse greift slowenisches Militär und bosnische
Infanterie ein mit dem Ruf:
"Haut's die Hunde nieder! Haut's die deutschen Hunde
nieder!"
Eine Salve hinterlässt zwei Tote und "eine Menge Schwer-
und Leichtverletzte" (Rudolf). Die Masse kann durch
nationale Führer nur mit Mühe vor der Rache am
fremdsprachigen Militär zurückgehalten werden, das sich
zurückzieht.
(Rudolf, S.82-84; Schnee, S.55)
[Der Kaiser in Wien hat damit den völkerrechtswidrigen
Grenzen der "CSSR" von 1918 Tür und Tor geöffnet...].
Der Empfang der chcristlichsozialen Abgeordneten am
27.11.1897 in Salzburg nach der Badeni-Sitzung wird
zur nationalen Demonstration vor der
Landesregierung mit Gesängen "Wacht am Rhein" und anderen
nationalen Liedern und Rufen wie: "Nieder Badeni!" -
"Nieder mit der Regierung!" - "Nieder mit den Pfaffen!" -
"Tod den Juden!" - "Heil Schönerer!" Schliesslich wird die
Landesregierung in demonstrativer Weise ausgepfiffen. Die
deutsch-nationalen Abgeordneten, die einen Zug später
gefahren sind, werden jubelnd empfangen (Schnee, S.85).
28.11.1897
Die Entlassung von Badeni am 28.November 1897
Schnee:
"Am 28.November, einem Sonntag, glich Wien einem
Heerlager. Die Ringstrasse ist mit Menschen übersät; die
Massen schrien immer wieder: 'Nieder mit Badeni!' "
Dr. Lueger in Wien muss dem Kaiser erklären, dass er für
die Ruhe in der Hauptstadt nicht mehr bürgen könne. Erst
jetzt wird Badeni entlassen. In ganz Deutschösterreich
werden Freudenfeste und Demonstrationen für Schönerer und
seine Getreuen veranstaltet (Schnee, S.55; Rudolf, S.86).
29.11.1897
Beerdigung der Opfer von Graz - Bestrafungen für
Beteiligte - der Konflikt schwelt im Untergrund
Die Bestattung der Todesopfer der Demonstrationen in Graz
findet unter grosser Beteiligung statt. Die Beteiligung
für Mittelschüler und Studenten an den
Trauerfeierlichkeiten wird verboten. Zur Strafe für die
Beteiligung wollen die Behörden die betroffenen Schüler
und Studenten relegieren. Da sich plötzlich alle Schüler
und Studenten als Beteiligte melden, werden jedoch nur
Rügen oder Körperstrafen ausgesprochen.
Dafür werden beteiligte Reserveoffiziere degradiert. Diese
verlieren ihren Offiziersgrad. Auch 1914 bei Ausbruch des
Weltkrieges wird die Degradierung nicht rückgängig gemacht
(Rudolf, S.85).
[Die Diktatur des Kaisers, der nur noch an seinem Sessel
klebt und eigentlich völlig überflüssig ist, schreitet
fort, und die Eskalation auch...].
Am 7.12.1897 wird zu Ehren Schönerers in Eger ein
Fackelzug veranstaltet (Schnee, S.59). Am 10.12.1897
demonstrieren Studenten in Wien gegen Rom und für eine
protestantische Kirche und eine nationale Erziehung
(Schnee, S.65). Bei einer erneuten Studentendemonstration
in Wien erklärt am 12.12.1897 Theodor Rakus: "Gott
verlässt keinen Deutschen. Daran wollen wir festhalten."
(Schnee, S.65)
Am selben 12.12.1897 kommen an einem "Deutschen Volkstag"
in Wien unter Vorsitz von Karl Hermann Wolf über
6000 Leute aller Parteien zusammen, um die deutsche
Staatssprache zu verteidigen. Schönerer wird als "der
Retter und Schützer, als der aufrechte Mann" gefeiert
(Schnee, S.59; Rudolf, S.86).
Am 14.- 16.12.1897 sind der Sturz Badenis und sein
Sprachengesetz Thema im Reichstag in Berlin durch
die Abgeordneten Hasse, Zimmermann, Förster und Liebermann
von Sonnenberg. Liebermann zweifelt an der
Stärke des Bundesgenossen Österreich, wenn es slawisch
geführt wird.
Im Zweiten Reich finden auch wieder
Solidaritätskundgebungen für das Deutschtum in
Österreich-Ungarn statt. Dabei verbieten die Berliner
Behörden allerdings die Einreise von österreichischen
Rednern.
Der "Allgemeine Deutsche Schulverein" des Zweiten Reichs
organisiert Solidaritätskundgebungen. Historiker Wattenbach
"rechtfertigt" die Einmischung mit einer "tiefen
Schädigung" des deutschen Volkstums in Österreich durch
"fanatische Führer eines fremden Stammes".
Ab dem Sturz Badenis gehen Aussen- und Innenpolitik in
Deutschösterreich extrem entgegengesetzte Wege. Viele
Reichsdeutsche erkennen das Problem aber kaum, dafür
jedoch Engländer und Franzosen (Schnee, S.56-58).
Ab 1897 weitet sich der Kampf um Badenis Sprachprogramm
weitet unterschwellig aus, so dass am Ende alle
nichtdeutschen Völker der Monarchie in Stimmung gegen
alles Deutsche gebracht werden (Rudolf, S.87).
Die deutsch-slawischen Konflikte übertragen
sich auf andere Gebiete. Die Regierung in Wien muss immer
mehr mit dem Notstandsparagraph 14 regieren, denn die
Staatsgrundgesetze können schon von den Bedingungen her
nicht mehr eingehalten werden. Das Parlament ist "feige,
servil, gekauft und bestochen". Schönerer kämpft
vergeblich für seine Ansicht und seine Visionen der Lösung
der Lage (Rudolf, S.90).
[aber der Kaiser in Wien will doch kein Bundesfürst
werden...]
Ab 1897 entfaltet Karl Hermann Wolf
rege Werbetätigkeit in Böhmen für die Alldeutsche
Bewegung. In der von Wolf selbst geleiteten "Ostdeutschen
Rundschau" wagt es Wolf gegenüber Schönerer oft, eigene
Meinungen zu vertreten. Schönerer sieht Wolf nicht ohne
Eifersucht zu (Schnee, S.78).
Schönerer selbst hofft fortan, dass
Deutschösterreich protestantisch werde und dass
Deutschland ein protestantisches Deutschösterreich eher
annektieren werde oder wenigstens eher eingreifen werde,
als wenn Österreich katholisch ist (Schnee, S.66).
[Ein protestantisches Berlin hat kein grosses Interesse an
einem katholischen Österreich. Auch dies scheint ein
grosser Faktor im Spiel der Mächte zu sein].
Innerhalb der Los-von-Rom-Bewegung
gegen den Katholizismus kommt es in Deutschösterreich
1897-1907 zu ca. 50'000 Kirchenaustritten, v.a. mit
Anschluss an die evangelische Kirche. Bis 1914 sind es ca.
100'000 Austritte, davon 75'222 Austritte zur
evangelischen Kirche, die anderen werden altkatholisch
oder konfessionslos (Schnee, S.68).
1897-1910 läuft die
"Tschechisierung" aber weiter. Bis 1910
steigt durch Zuzüge der Anteil der tschechischen
Landesbeamten in Böhmen auf 95 %. Zudem sind
Bestrebungen der Tschechen im Gang, das Kronland
Niederösterreich zweisprachig zu machen. Dagegen
profilieren sich die Schönerianer immer mehr, vor allem
durch Wolf, Türk und Iro.
Türk meint gar, die Deutschen müssten ihr Recht ausserhalb
Österreichs suchen und ihre letzte Hoffnung auf auswärtige
Ereignisse setzen, wenn ihnen in Österreich keine
Gerechtigkeit zuteil würde (Schnee, S.59).
1898
Der Buchdruckergehilfe Ferdinand Burschoffsky
gründet im April 1898 den Mährisch-Trübauer "Verband
deutscher Gehilfen- und Arbeitervereinigungen Österreichs"
(Schnee, S.85).
Am 7.6.1898 wird die Sprachenverordnung
Badenis
aufgehoben, unterstützt mit einer
Schönerer-Petition mit 51'674 Unterschriften (Schnee,
S.59; Rudolf, S.87).
Am 10.7.1898 spricht Schönerer in Eger vor 3000 Männern an
einer deutschen Volksversammlung (Schnee, S.59)
Am 30. Juli 1898 stirbt Bismarck. Schönerer führt die
Pilgerfahrten an sein Grab im Sachsenwald bei Hamburg ein
(Schnee, S.19).
[Bismarck hat einen grossen Fehler gemacht: Er hat keinen
Nachfolger aufgebaut...].
1899
Schönerer will die Los-von-Rom-Bewegung im
Parteiprogramm der "Alldeutschen" sehen
(Schnee, S.78). Damit schafft sich Schönerer
aber viele Gegner, z.B.
Alban Schachleiter in Prag. Der am
20. Januar 1861 in Mainz geborene Abt von
St. Emaus in Prag, Alban Schachleiter, hat das
Hauptverdienst, die Massen der Bevölkerung
Deutschösterreichs der katholischen Kirche erhalten zu
haben. Ab 1892 ist er im Stift Emaus in Prag
tätig, das von Kaiser Karl IV. als ein "Bollwerk" des
Deutschtums in Böhmen gegründet wurde. Schachleiter gilt
bald als Repräsentant der Deutschen inmitten der
Tschechen. Gleichzeitig verfolgen die Tschechen
Schachleiter in Prag mit "tödlichem Hass". Er macht
trotzdem weiter seine Laufbahn (Schnee, S.71).
[Die Situation eskaliert, statt dass sie reguliert
wird...].
Der "Bund deutscher Landwirte in der Ostmark" wird
behördlich aufgelöst (Schnee, S.44).
Franz Stein gründet den "Bund deutscher Arbeiter Germania"
(Schnee, S.85).
15.1.1899
Schönerer tritt der Los-von-Rom-Bewegung bei -
Solidarität in Berlin verboten
Die Führung der Los-von-Rom-Bewegung haben Dr.
Eisenkolb (Rechtsanwalt in Karbiss) und Dr. Rakus
(Arzt in Salzburg) inne. An einer grossen
Los-von-Rom-Versammlung vor 800 Delegierten der Kronländer
tritt Schönerer der Bewegung bei und fordert die Hörer zum
Kirchenaustritt und Kirchenübertritt zur evangelischen
oder altkatholischen Kirche auf. Er selber werde in die
evangelische Kirche wechseln, wenn 10'000 Leute mit ihm
wechseln würden. Schönerer klopft dabei Sprüche, wo
"Germaniens Dom" beschworen wird.
Die Kirchen in Berlin wollen es mit der Kirche in Wien
nicht verderben und verbieten der Bevölkerung, für die
"Los-von-Rom-Bewegung" Kirchengelder zu spenden. Die
Bewegung wird aber durch verschiedene Verlage im Zweiten
Reich unterstützt, z.B. durch den Münchner Verleger J.Fr.
Lehmann. und seiner Zeitschrift "Wartburg"
(Schnee, S.66-67, 70; Rudolf, S.87).
[Es stellt sich die Frage, wieso sich die katholische
Kirche die Slawisierung gewähren liess. Auch dem Papst
geht es scheinbar nur um seinen Sessel...].
1899 ca.
Christlichsoziale Partei gegen deutschen Klerus
Die christlichsozialen Politiker unter Lueger
sprechen von einer "Gefahr eines deutschgesinnten Klerus".
Die Forderung Schönerers nach deutschen Priestern für
deutsche Gemeinden" wird als "mut- und böswilliger
Eingriff in die kirchliche Sphäre" abgewiesen (Rudolf,
S.88).
20.5.1899
Die "Gemeinbürgschaft" stellt ihr "Pfingstprogramm"
vor
Beteiligt sind
-- die "Deutschfortschrittlichen"
-- die "Freie Deutsche Vereinigung"
-- der "Verfassungstreue Grossgrundbesitz"
-- die "Deutsche Volkspartei"
-- "Christlichsozialen".
Gefordert wird, Deutsch als Vermittlungssprache
festzulegen. Dies ist Schönerer aber zu wenig (Schnee,
S.59-60).
1900
Dieses Jahr ist der Höhepunkt von Luegers und Schönerers
Politik und Einfluss (Schnee, S.3). Schönerer gründet neu
den "Deutschen
Landwirte-Bund" (Schnee, S.45). Die
"Alldeutschen" organisieren sich im
"Deutschnationalen Verein für Österreich", geführt
von Karl Hermann Wolf. Schönerer ist Ehrenmitglied.
Abgeordnete der Alldeutschen in Wien sind Hauck
(für den 4. und 10.Bezirk in Wien) und Dötz (für
Zwettl und Niederösterreich) (Schnee, S.45).
Am 15.1.1900
wechselt Schönerer in die evangelische
Kirche, auch ohne dass schon 10'000 Übertritte
zustandegekommen sind. Schönerer verfasst auch
Werbeschriften gegen Rom.
Andere führende Mitglieder der Alldeutschen Bewegung wie Karl
Türk machen beim Kirchenaustritt jedoch nicht mit.
Somit wird die Sache für die Masse unglaubwürdig und die
Bewegung "Los-von-Rom" kommt nicht zum Durchbruch: Das
Vorhaben, die Bevölkerung Deutschösterreichs in der
protestantischen Kirche zu einigen, gelingt nicht.
Trotzdem verhilft die Bewegung der evangelischen Kirche
und dem Protestantismus in Österreich zu einer gesicherten
Macht. Die Klerikalen wagen es fortan nicht mehr, die
protestantische Kirche des "Volksverrats" zu bezichtigen
(Schnee, S.66,71; Rudolf, S.90).
Am 16.7.1900 postuliert Karl Hermann Wolf an der
"Alldeutschen Tagung" in Eger, dass die religiösen
Angelegenheiten im Parteigrpgramm nichts zu suchen hätten
mit der Begründung:
"Politik ist vergänglich, das Evangelium ist ewig."
(Schnee, S.78)
1901
An einer Versammlung lehnen 8 Deutschradikale, darunter
die Protestanten Rudolf Berger, Dr. Eisenkolb und
Karl Hermann Wolf, die Verbindung der Alldeutschen
Bewegung mit der Los-von-Rom-Bewegung ab. Schönerer ist
weiter entschieden dafür, dass der Ruf "Los-von-Rom" mit
ins Programm aufgenommen wird (Schnee, S.78).
Prag mit dem Stift Emaus erreicht deutschen
Priesternachwuchs: 1901 erhält Prag den deutschen
Weihbischof Dr. Frind (Schnee, S.72).
1901 verlegt Franz Stein den Sitz seines
sudetendeutschen Arbeiterbundes "Germania" nach Wien
(Schnee, S.85).
Wahlen 1901: 21 Alldeutsche Abgeordnete
Im Jahr 1901 werden 21 alldeutsche
Abgeordnete ins Parlament gewählt, von denen ausser einem
alle aus dem Sudetenraum bestimmt sind. Schönerer nennt
seine Partei nach den Wahlen öffentlich "Alldeutsche
Vereinigung". "Deutschradikal" wird Sammelbegriff für
diejenigen, die nicht liberal oder klerikal sind, oder der
Deutschen Volkspartei angehören (Schnee, S.73-74, 76).
Arierparagraph
Der gesamte österreichische Turnkreis nimmt
1901 mit 120:15 Stimmen den Arierparagraphen an:
"Verbandsvereine können nur solche sein, welche Deutsche
arischer Abstammung als Mitglieder aufnehmen."
Schönerer wird Schirmherr der antisemitischen Turnvereine,
später Ehrenmitglied von über 60 antisemitischen
Turnvereinen (Schnee, S.34).
[Dem Kaiser ist das alles egal, er will nur seinen Sessel
retten...]
Das neue Programm des "Alldeutschen Verbandes"
Es basiert auf dem Linzer Programm von 1882, zusätzlich
mit der Forderung des Anschlusses an das Zweite Reich als
Bundesland:
-- Vereinigung in einem gemeinsamen Reich
-- Kampf gegen spaltende Mächte
-- unerbittlicher Kampf gegen Judentum, Klassen- und
Priesterherrschaft
-- alle Lebensfragen sollen nach deutsch-völkischen
Gesichtspunkten geregelt werden
-- Forderung nach der Sicherstellung der deutschen Sprache
als Amtssprache
-- Forderung nach Deutsch als Parlamentssprache
-- Forderung nach einem Verbot des Terminhandels: hat
Erfolg im Parlament
-- Forderung nach Einschränkung des Getreidewuchers: hat
Erfolg im Parlament (Schnee, S.16,74-76,83).
Im "Alldeutschen Verband" regt sich aber Widerstand gegen
das neue Programm, denn dem "Alldeutschen Verband" gehören
Mitglieder von verschiedenen Parteien an. Vorsitzender Prof.
Dr. Hasse setzt sich in Leipzig im
Gesamtvorstand für eine öffentliche Kundgebung gegen
Schönerer ein. Auf Antrag der österreichischen Mitglieder
wird eine öffentliche Erklärung im Interesse des
"ringenden Deutschtums" unterlassen. Es kommt zur Spaltung
zwischen Schönerer und Karl Hermann Wolf, denn Wolf
akzeptiert den Staat (Schnee, S.76-77).
Ab 1901 hofft Schönerer, dass die Tschechen sich zu
Deutschen wandeln...
(Schnee, S.75)
[Dem Kaiser in Wien ist dies egal...].
Rothschild
wird "hoffähig"
Der jüdische Milliardär Baron Rothschild wird im
Januar / Februar 1901 in den Kreis der "hoffähigen
Familien" aufgenommen. So protestiert Schönerer am
12.2.1901 in einer Rede für das einfache Volk, dessen
Meinung nie gehört werde. Er beklagt eine "Verjudung" im
Staatsapparat.
Man solle dem Beispiel des preussischen Justizministers Schönstedt
folgen, der klar gemacht habe, dass nicht jeder "Jude"
eine Stelle erhalten könne, auch wenn er eine Prüfung
abgelegt und diese bestanden habe, sondern "dass für ihn
in erster Stelle das Interesse der Bevölkerung massgebend
sei". (Schnee, S.218-219)
[Der Kaiser spielt weiter eine Volksgruppe gegen die
andere aus...]
Schönerer äussert am 18.4.1901 im Abgeordnetenhaus in Wien
seine Hoffnung auf Auflösung des Staates: "... dass mit
der Auflösung eines Staates die Erlösung eines Volkes"
verbunden sein könnte". (Schnee, S.74)
Und am 16.12.1901 redet Schönerer gegen den Milliardär Baron Rothschild und
die "Nordbahnjuden"
und für ein neues Einkommensgesetz:
-- die Junibilanz des Wiener Hauses Rothschild im
"Deutschen Volksblatt" besage, dass sich der Aktivsaldo
des Hauses Rothschild auf 11'116'594'672 Kronen und 12
Heller belaufe
-- bei einem angenommenen Zinssatz von 4 % verdiene
der Baron 52'000 Kronen pro Stunde
-- gegenüber der Not und dem Elend in weiten
Bevölkerungskreisen sei dieser Zustand nicht mehr
hinnehmbar
-- der Staat werde so unaufhaltsam seinem Untergange
entgegengebracht, denn gegen solch grosse Kapitalien könne
der Staat keinen Widerstand mehr leisten
-- der Baron betrüge den Staat auch um die bis jetzt
geltende Einkommensteuer von 5 % für höchste
Vermögen, denn er gäbe sein Vermögen nicht voll an
Schönerer
-- fordert eine Entlastung der Einkommen der Arbeiter
-- fordert, dass die Bedürfnisse des Staates v.a. von den
Besitzern der grossen Einkommen gedeckt werden (Schnee,
S.220-222).
1902
Sudetenland: Der 1898 gegründete "Verband deutscher
Gehilfen- und Arbeitervereinigungen Österreichs" unter
Leitung von Ferdinand Burschoffsky zählt 1902
bereits 136 Vereine mit 17'000 Mitgliedern (Schnee,
S.85).
Nach dem Tod von Ernst Vergani kann das "Deutsche
Volksblatt" nach zwischenzeitlichem Nichterscheinen erst
wieder während des Weltkriegs von Prof.
Dr. Hugelmann weitergeführt werden (Schnee,
S.41-42).
Professor Dr. Hilgenreiner wagt in Prag in
Broschürenform das öffentliche Auftreten für deutsche
Bistümer in Böhmen gegen die Tschechen (Schnee, S.72).
Bei einem Prozess zwischen Karl Hermann Wolf und Schönerer
spaltet sich die Alldeutsche Vereinigung in der
Auseinandersetzung um "Tugenden". Die Wolf-Gruppe heisst
zuerst "Freialldeutsch", dann "Deutschradikal" (Schnee,
S.78-82). Das Blatt "Ostdeutsche Rundschau" wird das
Parteiblatt der Anhänger Wolfs. Auch der "Deutschnationale
Arbeiterbund" mit der Zeitung "Der Hammer" geht nach der
Spaltung eigene Wege (Schnee, S.45).
Schönerer bleiben die Zeitungen "Bote aus dem Waldviertel"
(2mal monatlich, 1878 - 1922), und "Bezirksbote für
Favoriten und Wieden", herausgegeben von W. Philipp
Hauck (Schnee, S.45).
Wolf ist für die Teilung Böhmens (im Gegensatz dazu will
Schönerer eine Auflösung der tschechischen Identität
anstreben). Wolf stellt sich gegen die Forderung, Deutsch
als Amtssprache abzusichern, und er ist für eine
Annäherung an die "Deutsche Volkspartei". Wolf und seine
Anhänger lassen das Recht auf Tschechisch als Amtssprache
zu, oder sie unterlassen wenigstens die Unterstützung für
Schönerer. Die Arbeit im Parlament verliert sich bei
beiden Gruppen in Nebensächlichkeiten (Schnee, S.75,83).
Schönerer teilt am 16.1.1902 in Eger das Zerwürfnis
zwischen ihm und Karl Hermann Wolf mit. Im selben
Jahr legt er die Ehrenmitgliedschaft des "Vereines der
Deutschnationalen in Österreich" nieder. Er erhält in
seiner Anschauung Unterstützung durch den neu gegründeten
"Alldeutschen Verein für die Ostmark". (Schnee, S.78-79)
Die deutsch-nationale Arbeiterschaft in
Böhmen neigt mehr zu Wolf, findet dann aber eine eigene
Richtung (Zeitung: "Der
Hammer"). Am 20. April 1902
beschliessen 158 Vertrauensmänner eine unabhängige
Reichsorganisation der deutsch-nationalen Arbeiterschaft
(Schnee, S.86).
8.12.1902
Arbeiterbewegung in den Sudetenländern: Beschluss
zur "Deutschen Arbeiterpartei" DAP
An der Tagung der deutsch-nationalen Arbeiterschaft in
Reichenberg mit 30'000 organisierten Arbeitern
wird der Beschluss gefasst, die selbständige "Deutsche
Arbeiterpartei" zu gründen (Schnee, S.86).
[Da ist es also passiert: Die Politik beginnt der
Oberschicht nun völlig aus den Händen zu gleiten...].
1903
Iro übernimmt die Zeitschrift "Unverfälschte Deutsche
Worte" in seinen Besitz. Er setzt sich
Schönerer-treu für ein "unverfälschtes Deutschtum" und
gegen alle überstaatlichen Mächte ein (Schnee, S.93).
Schönerer begreift den Sozialismus der DAP nicht, ist
gegen hohe Wehrvorlagen, die steuerliche Belastungen mit
sich bringen, befürwortet gleichzeitigt den in Südafrika,
denn die Buren seien stammesverwandt und Burenland müsse
deutsch werden.
Schönerer bleibt stur am Rassismus hängen und prophezeit
den Zerfall der Monarchie. Er hämmert der Bevölkerung
immer ein, deutsch zu fühlen und deutsch zu bekennen, denn
Polen und Tschechen bezeichneten sich nie als Österreicher
[!]. Schönerer wirkt auch im Zweiten Reich und stellt dort
den Staatsgedanken dem Volksbegriff gegenüber, hat dort
aber kaum Erfolg.
Schönerer ist Vorkämpfer der Bodenpolitik in Österreich in
Anlehnung an das Deutsche Reich. Er erkennt mit Bismarck,
dass wirtschaftliche Unsicherheit die Arbeiter in den
Kommunismus treibt. Somit kämpft Schönerer für die
Sozialziele nach Vorbild von Bismarck und ist für eine
nationale Arbeiterbewegung in Österreich (Schnee,
S.105-107).
Erste "deutsche Weltanschauung"
(Schnee, S.93-95)
Ab Anfang des 20. Jh. wird von den Alldeutschen der
Versuch der Vermittlung einer "deutschen Weltanschauung"
gemacht
-- mit Aufsätzen in der Zeitung "Alldeutsches Tagblatt"
-- und mit Aufsätzen in der Zeitung "Unverfälschte
Deutsche Worte"
-- mit Angaben gegen jüdische Dichter und Komponisten wie
Gustav Maler
-- mit "deutschbewussten" Dichtern wie Robert Hamerling,
Joseph Viktor, Adolf Pichler, Felix Dahn, Ottokar
Kernstock, Moeller van den Bruck Ernst von
Wildenbruch und den Komponisten Josef Reiter.
Die Grundlagen des "Deutschtums" sind gemäss Schönerer:
-- das Germanentum
[eine Erfindung der Renaissance]
-- Edda als
heiligstes Buch der Germanen
-- die Forderung nach deutschen
Monatsnamen
-- die Forderung nach deutsch-germanischen
Kindernamen
-- der Ausdruck "Sonnabend"
statt "Samstag"
-- "alle Kultur sei
rassisch bedingt, denn Kultur liege im Blut und
wandere nicht wie eine Fackel von einem Volk zum andern"
-- Schönerer hat erste Gedanken an eine "Rassenveredelung"
-- die Wirtschaft müsse dem Volke dienen und nicht
umgekehrt
-- die Kalenderzählung soll
ab 113 v.Chr. von der Schlacht der Germanen von Noreja
an beginnen, mit neuen Abkürzungen v.N. / n.N.
So könne eine neue "geistige und seelische Erneuerung"
stattfinden
[Es ist erstaunlich: Hitler und seine NS-Schergen müssen
ab 1933 dieses "germanische" Programm nur abschreiben...]
15.11.1903
Gründung der "Deutschen Arbeiterpartei DAP" in
Aussig (heute Ustí n.L.) durch die Arbeiterbewegung in
den Sudetenländern
-- für Volkstum
-- für Freiheit
-- für soziale Gerechtigkeit.
Führer der DAP ist Hans Knirsch. Die Führer sind
Wilhelm Prediger, Hans Krebs, Ferdinand Burschoffsky,
Walter Gattermayer, Hans Knirsch, Dr. Walter Riehl, Rudolf
Jung (treibende Kraft). Die DAP wird unmittelbare
Vorläuferin der "Nationalsozialistischen Arbeiterpartei
NSAP" in Österreich, Vorläufer der späteren
"Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei NSDAP"
(Schnee, S.86).
1904
Abdankung des slawenfreundlichen Erzbischofs Dr.
Kohn von Olmütz (Schnee, S.48).
Wien: Das "Alldeutsche Tageblatt" wendet sich 1904 gegen
die Wahl des getauften Juden Dr. Porzer zum
zweiten Vizebürgermeister von Wien (Schnee, S.48).
Ab 1904 wirken in Brünn und Olmütz
tschechische Bischöfe, die aus ursprünglich deutschen
Familien stammen: in Brünn Bischof Graf Huyn, in
Olmütz Dr. Bauer. Auch diese "Überläufer"
brandmarkt Schönerer im "Alldeutschen Tageblatt" als
"Renegaten" / Abtrünnige (Schnee, S.63-64).
Am 17.1.1904 wird die "Deutsche Arbeiterzeitung" mit Sitz
in Aussig gegründet (Schnee, S.86).
Am 3.4.1904 weiht Schönerer in Zwettl eine von ihm
gestiftete evangelische Kapelle ein (Schnee, S.66).
1905
Schönerer stellt wiederholt erfolglose
Anträge für eine Personalunion zwischen Österreich und
Ungarn. Der Lehrer Joseph Patry, begeistert von
der Idee, gibt einen Mahnruf heraus: Man solle ja nicht
die Deutschen im westlichen Ungarn vergessen (Schnee,
S.90).
1906
Ungarn: Das "Alldeutsche Tagblatt" startet
einen "Weckruf" wegen den Deutschen in Ungarn mit
der Forderung: "Westungarn zu Deutschösterreich!" Die
Zeitung fordert, dass Pressburg (Bratislava), Raab
(Györ), Komorn, Ödenburg (Sopron) und St.
Gotthard an Deutschösterreich fallen sollen.
Im selben Jahr gründet der Lehrer Josef Patry einen
"Verein zur Erhaltung des Deutschtums in Ungarn" (Schnee,
S.90).
Wien: Die Wahlrechtsreform
der Regierung Beck
gegen Deutschösterreich
Ministerpräsident Beck und seine Regierung legen
dem Parlament in Wien das Gesetz für eine
"Wahlrechtsreform" vor. Jeder Einwohner der Monarchie soll
das volle Stimmrecht erhalten. Damit sind Deutsche
und Nicht-Deutsche auf eine Stufe gestellt, was den
Anhängern der Rassisten gar nicht passt (Schnee, S.87-88).
[Gleichberechtigung bedeutet aber in dem speziellen Fall
der k.u.k.-Monarchie effektiv die Entrechtung der
Deutschösterreicher gegen eine massive slawische
Mehrheit...]
Schönerers Argumente gegen die Wahlrechtsreform ist der
Analphabetismus (Schnee, S.88-89; Rudolf, S.95-100).
Schönerer [und mit ihm andere] bekämpfen die
Wahlrechtsreform, die auch den Analphabeten der
Ostprovinzen gleiche Stimmrechte einräumt. Er zeigt die
Statistik von 1895/96 vor. Demnach beträgt die
Analphabetenquote
-- in den deutschen Bundesländern Deutschösterreich und
Sudetenländer 3-4%
-- in Dalmatien 58 %
-- in Galizien 60 %
-- in der Bukowina 70 %.
Weitere Argumente Schönerers gegen Gleichberechtigung:
-- die deutschen Bundesländer erbrächten 3/4 des
Steuereinkommen pro Kopf für die ganze Monarchie
-- "gleiches Recht" für Analphabeten und Grundbesitzer sei
"ungleich"
-- schon Schiller habe sich gegen ein
Mehrheitssystem gewandt: "Was ist Mehrheit? Mehrheit ist
Unsinn! Verstand ist stets bei wenigen gewesen!"
und noch viele andere Sprüche gegen die "Masse".
Nach einer Diskussion mit Karl Hermann Wolf ist
Schönerer bereit, der Wahlreform zuzustimmen, wenn
Galizien einen Sonderstatus erhält.
[Adolf Hitler kann die Parlamentsvorgänge in Wien dieser
Zeit direkt mit eigenen Augen mitverfolgen und verurteilt
die Demokratie ebenfalls, statt sich andere Demokratien
anzusehen...].
Schönerer sagt eine slawische Unterdrückung voraus und
schlägt sarkastisch einen "Orden für Volksverräter" vor:
"So möchte ich ihnen den Rat geben, sie möchten
alleruntertänigst in alleruntertänigster Form bei Seiner
Majestät dem Kaiser in einer alleruntertänigsten Eingabe
alleruntertänigst beantragen, dass aus Anlass des
Beschliessens der Wahlreform alleruntertänigst ein Orden
geschaffen werde, welcher nur an deutsche Volksverräter
verliehen wird!"
Deutschösterreich wird nach Schönerer nur im Deutschen
Reich Gleichberechtigung finden:
"Unser armer, schnöde verlassener deutscher Volksstamm in
der Ostmark kann nur mehr im Deutschen Reiche Schutz und
Schirm seines Volkstums finden. Vollberechtigt ist also
der Ruf, mit dem ich schliesse: Heil dem Hort unserer
Zukunft, Heil deutschem Hohenzollernreich!"
[und Schönerer sollte Recht behalten. Der Kaiser hat damit
die Deutschösterreicher faktisch entrechtet, um sich
selber weiter im Kaisersessel zu halten, um nicht vor dem
deutschen Kaiser degradiert zu werden...].
Schönerer wird im Zweiten Reich weiterhin
nicht von allen akzeptiert, denn die Bündnistreuen wollen
von der Abspaltung Deutschösterreichs nichts wissen.
Militärisch-strategisch gesehen ist die Monarchie in ihrem
jetzigen Bestand günstiger für die Planung taktischer
deutscher Spielereien (Rudolf, S.100).
Die Regierung Beck
in Wien bewilligt mit Unterstützung der Tschechen,
Polen, aber auch der deutschen Sozialisten,
Christlichsozialen und den Klerikalen, das "allgemeine,
gleiche und direkte Wahlrecht". Die
Christlichsozialen bezeichnen die Schönerer-Sympathisanten
als "Barbaren". In den Augen der Alldeutschen sind die
Sozialdemokraten die willkommene Stütze für jüdische
Interessen: Das Kabinett sei bestochen.
Der Kaiser schafft mit der Billigung der Wahlrechtsreform
die Unmöglichkeit der deutschen Mitbestimmung im Land:
Fortan sind Polen, Tschechen, Slowenen und Kroaten im
Parlament in der Mehrheit gegenüber den deutschen
Abgeordneten. Im selben Jahr zieht sich Schönerer aus der
Politik zurück (Schnee, S.3; Rudolf, S.90,92, 94-95). Zwei
Abgeordnete der DAP sind inzwischen im mährischen Landtag
(Schnee, S.87).
Die letzte Zeit erlebt Schönerer in seiner
parlamentarischen Arbeit nur noch in Verbitterung. Die
letzten Monate, die er im Reichsrat erlebt, zeigen die
"Korruption in vollster Blüte" und einen "ekelerregenden
Eigennutz". Schönerer muss dem "Niedergang" des Volkes
Deutsch-Österreich zusehen [und Hitler sitzt auf der
Tribüne]. An der letzten Rede Schönerers ist der Saal bis
auf den letzten Platz gefüllt.
Schönerer prophezeit:
"Gestatten Sie mir, meine Herren Kollegen von rechts und
links, Ihnen zum Schluss noch folgendes zu sagen:
Nicht um alle Würden, die Habsburgs Krone zu vergeben hat,
möchte ich vor euch
so dastehen, wie ihr jetzt in dieser Stunde vor mir!"
(Rudolf, S.104, 107)
1906 erfolgt die Verstaatlichung der Nordbahn.
Am 17.Juli 1906 stellt der Abgeordnete Steinwender
fest, dass der Staat von Rothschild 200 Millionen
(Kronen?) an Abgaben eingenommen habe (Schnee, S.22).
[Das Gesamtvermögen von Rothschild fehlt in den
Angaben...].
Am 23.9.1906 wird das neue Wahlrecht parlamentarisch
verabschiedet.
Schönerer präsentiert daraufhin das neue
"Zukunftsprogramm der Alldeutschen":
-- totale Feindschaft gegen den Habsburger-Staat
-- Kampf gegen das jetzt bestehende Zweikaiserbündnis
zwischen Wien und Berlin
-- Arbeits- und Erziehungsprogramm für den Anschluss
(Schnee, S.89-90).
1907
Die Wahlrechtsreform wird schon bei diesen
Wahlen Realität (Schnee, S.3). Die Gruppe und Karl
Hermann Wolf siegt in den Sudetenländern endgültig
gegen Schönerers verbliebene Anhänger. Schönerer in seinem
Wahlbezirk Eger noch 909 Stimmen, der
Sozialdemokrat Albin Dötz dagegen 4830 Stimmen.
Die Gruppe um Wolf, die treu zur Monarchie steht, erreicht
dagegen 14 Mandate. Alldeutsche Abgeordnete im Parlament
in Wien sind Karl Iro, Vinzenz Malik und Dr.
Jäger (Schnee, S.91).
Bis 1907 sind 50'000
Kirchenaustritte in Österreich zu verzeichnen, v.a. mit
Anschluss an die evangelische Kirche (Schnee, S.68).
Schönerer zieht sich aus der Politik zurück, tritt nur
noch bei nationalen Feiertagen als Redner auf, wobei die
Reden meist im Voraus handschriftlich veröffentlicht
werden (Schnee, S.92).
[Insgesamt hat er die politische Linie des Hauses Habsburg
und der Börse überhaupt nicht verändern können, und alle
Hetzerei hat nichts gebracht, ausser für die Zukunft ein
riesiges, destruktives Potential. Die Machtpolitik des
Kaisers nach Machiavelli hat funktioniert...].
21.6.1907
Konstituierung des "Verbands der deutschen
antisemitischen Reichsratsberichterstatter"
dabei:
-- der Schriftleiter des "Alldeutschen Tagblatts" Lischka
-- Berichterstatter Blaschek für das "Vaterland"
-- Berichterstatter Prummler für die "Reichspost" (Schnee,
S.92).
1908
Keine Hilfe mehr aus München für
Los-von-Rom-Bewegung
Der Verleger Lehmann in München
verlegt bis 1908 die Zeitung "Wartburg", gibt dann die
evangelische Abteilung seines Verlages wieder auf, denn
die religiöse Rechthaberei findet bald keinen Absatz mehr.
Schönerer macht auch nach seinem Rückzug aus der Politik
in "Unverfälschte Deutsche Worte" und seinem "Tagblatt"
Werbung für die Los-von-Rom-Bewegung (Schnee, S.69-70).
Schachleiter im Stift St. Emaus in Prag
wird Abt des Stifts. Schachleiter ist ein scharfer
Antisemit wie Schönerer und glühender Nationalist, steht
jedoch zum Vatikan gegen die Los-von-Rom-Bewegung. Er
bekämpft Schönerer wegen religiöser Fragen weiter aufs
Schärfste und gewinnt dabei Millionenauflagen.
Im selben Jahr 1908 kehren 1100 Übergetretene zur
katholischen Kirche zurück [wahrscheinich wegen Schönerers
Rückzug aus der Politik] (Schnee, S.71).
18.10.1908
Neue "alldeutsche" Parole: "Ein Volk, ein Reich,..."
Der alldeutsche Abgeordnete Dr. Jäger
gibt bei der Bismarckfeier in Eger die
Parole heraus:
"Ein Volk, ein Reich, ein Alldeutschland unter dem Panier
Bismarcks!"
[Auch diesen Ausspruch muss Goebbels später nur noch
variieren. Es ist nicht seine Erfindung...}
1909
Feiern zum 30-jährigen Bestehen des Zweibunds
zwischen Berlin und Wien. Das "Alldeutsche Tagblatt" lehnt
das Bündnis zwischen Berlin und Wien in der jetzigen Form
scharf ab, denn es habe sich nur zum Schaden des
Deutschtums ausgewirkt (Schnee, S.90).
1910
Tod Luegers
Führer der Christlichsozialen Partei, 15 Jahre
Bürgermeister Wiens (Schnee, S.3).
[Lueger hat in Wien z.T. hervorragende Arbeit geleistet,
um die Wohnungsnot und die hygienischen Verhältnisse in
den Griff zu bekommen].
In Iglau wird beschlossen, die
"Nationale Arbeiterjugend" in einem "Reichsverband deutscher
Arbeiterjugend" zusammenzufassen. Betreuer des
Reichsverbandes werden Rudolf Jung und Hans
Krebs (Schnee, S.86).
1911 ca.
Einweihung des Jahn-Denkmals in Eger - das Bild vom
Hengst ohne Reiter
Dem Schöpfer der Turnbewegung in Deutschland und
Österreich, Friedrich Ludwig Jahn, wird in Eger
ein Denkmal errichtet, zu dessen Eröffnung Schönerer die
Worte prägt:
"
Luther sagt: 'Deutschland ist ein schöner weidlicher
Hengst, der Futter und alles genug hat, was er bedarf, -
es fehlt ihm aber an einem Reiter'.
So wie nun Jahn in stetem völkischen Pflichtbewusstsein
ein deutsches Charaktervorbild war und ist, und später
Bismarck sich als musterhafter germanischer Reiter
erwiesen hat, so wollen wir hoffen, dass nunmehr
Alldeutschlands Reiter sich finden möge, der dann, mit
seinem Rosse verwachsen wie ein Fels, alles Anstürmende
zum Scheitern bringen wird." (Rudolf, S.114-115)
1911
Wahlen zum Parlament in Wien
Aus den Sudetenländern werden gewählt:
-- 4 Alldeutsche: Iro, Malik, Dr. Jäger und Wüst
-- 22 Deutschradikale der Gruppe um Karl Hermann Wolf
-- 3 DAP-Mitglieder: Fahrner, Ferdinand Seidl, Hans
Knirsch (Schnee, S.87,91).
Gründung des "Deutscher Nationalverbands"
Die Deutschfreiheitlichen, die
Deutschradikalen und die DAP-Abgeordneten bilden den
"Deutschen Nationalverband". Die 3 alldeutschen
Abgeordneten bleiben auf Befehl von Schönerer dem
"Nationalverband" fern und auf Schönerers Linie (Schnee,
S.91).
1912
70. Geburtstag von Schönerer
Rede von Karl Iro:
-- Forderung nach deutscher Volkspolitik statt
"Slawisierungspolitik"
-- Forderung zur Verweigerung der Gefolgschaft von
Parteien, die die "Slawisierung" zulassen
-- Forderung nach Befreiung des Staates vor der
"slawischen Hochflut"
-- man warte auf den nächsten Krieg, dann werde das
Nationalitätenprinzip nach Bismarck vollendet werden
[die Kaiserhäuser Berlin und Wien meinen, im nächsten
Krieg würden sie gewinnen...]
-- die deutschen Gaue seien zur Zeit Zahlstelle für die
"Slawisierungspolitik" geworden
-- Ziel sei, dass an Schönerers 100stem Geburtstag das
ganze deutsche Volk jubeln könne:
"Heil dem Erwecker der alldeutschen Idee in Österreich!
Heil dem Pionier unserer alldeutschen Zukunft!
Heil Schönerer!" (Schnee, S.95-98)
[Im selben Jahr kommt es zu ersten Kriegen auf dem Balkan
mit Zurückdrängen der Türkei aus Bulgarien. Es "donnert"
bereits. Da der Krieg auf dem Balkan relativ kurz ist,
nehmen die Propagandisten vielleicht an, dass auch ein
"Gewitter" in Mitteleuropa nur von kurzer Dauer wird. Da
haben sie sich aber getäuscht...].
1913
1913 sind 3 Abgeordnete der DAP im mährischen Landtag,
darunter der Eisenbahningenieur Rudolf Jung
(Schnee, S.87).
Parteitag der DAP in Iglau: Die Partei nimmt die nationale
Zweiteilung Böhmens ins Parteiprogramm auf und schliesst
Koalitionen und Bündnisse ab (Schnee, S.87).
Iro stellt das Ziel, die
deutsch-österreichische Einheit im Rahmen der
Gesamt-Monarchie zu vollziehen. Schönerer kann die
Dynastie nicht akzeptieren. So trennen sich Iro und
Schönerer (Schnee, S.99).
Auf der Rückfahrt
von der Pilgerreise zum Bismarck-Grab nach Aumühle
bei Hamburg im April 1903 verstirbt Schönerers
Frau nach kurzer Krankheit in Dresden, wo sie
begraben wird (Schnee, S.104; Rudolf, S.118).
18.10.1913
Letzte öffentliche Rede Schönerers: These eines Bismarcks
II.
anlässlich der
Festveranstaltung eingedenk der "Völkerschlacht bei
Leipzig vor 100 Jahren":
Schönerer ruft auf
zum Gesamtwiderstand gegen das slawisierende System auf.
Er meint, dass die "österreichische Frage" bald auf der
europäischen Tagesordnung stehen werde. [Das stimmt dann
auch]. Er prophezeit die Wiedervereinigung des deutschen
Volkes und mahnt wieder:
"Durch
Reinheit zur Einheit!", und er beschwört wieder
"Germaniens Dom", ohne Juden und ohne Rom...
[Die Nazis müssen
später nur abschreiben...].
Zuletzt prophezeit
Schönerer einen zweiten Bismarck mit vielen Heil-Rufen
einen zweiten Bismarck (Schnee, S.98;
Rudolf, S.115).
1914
Los-von-Rom: Kirchenaustritte
Bis 1914 sind in
Deutschösterreich 100'000 Kirchenaustritte zu
verzeichnen, 75'222 zur evangelischen Kirche, die
anderen zur altkatholischen Kirche, oder sie werden
konfessionslos. Austritte finden v.a. in Böhmen statt,
im Alpenraum nur wenige.
Schönerer erreicht
somit sein Ziel nicht, den Habsburgern die wichtigste
Stütze, die katholische Kirche, zu entziehen (Schnee, S.68-69).
Die Zeitung
"Zeitweiser" geht 1914 ein (Schnee, S.46).
[Ausbruch des Ersten Weltkrieges
Die Beteiligten meinen, sie seien an Weihnachten wieder zu
Hause, und es werde ein schneller Krieg wie 1871. Es
bleibt aber nicht bei einem "Gewitter", sondern es wird
ein "Dauerregen".
Woher die Kriegsfinanzierung kommt, bleibt eine andere
Frage. Meistens sind die reichsten Financiers aus
"Amerika" beteiligt, mit dem Bestreben, den europäischen
Adel auszurotten. Und das gelingt ihnen auch teilweise.
Man finanziert einfach gleich beide Kriegsparteien
gleichzeitig. So wird "Konkurrenz" ausgeschaltet, und
"Amerikas" Logenbrüder (gegen die Kirche gerichtete
Illuminaten, Freimaurer) gelangen Schritt für Schritt an
die Weltherrschaft...].
1914-1918
Wiederaufnahme des
"Deutschen Volksblattes", geleitet vom grossdeutschen
Professor Dr. Hugelmann (Schnee, S.42).
1914-1918
Schönerers Haltung während des Weltkriegs
->>
Einigkeitspropaganda das "Alldeutschen Tagblatts"
->>
Vergötterung der deutschen Militärführung und des
"deutschen Soldaten" (Schnee, S.98-99).
Das "Alldeutsche
Tageblatt" macht zwischen 1914 und 1919 mit Aufsätzen
intensiv Propaganda für eine Angliederung
Deutsch-Westungarn an Deutsch-Österreich (Schnee, S.91).
1915
Denkschrift von Iro: "Österreich nach dem Kriege"
Plan:
-- das Linzer Programm
verwirklichen
-- Österreich mit Istrien
und Triest zusammenschliessen
-- aus den restlichen
Ländern drei weitere Bundesstaaten bilden:
oo Kroatien,
Slawonien, Bosnien, Herzegowina, Dalmatien und Serbien
oo Ostgalizien
und die Bukowina
oo Ungarn
oo Westgalizien
mit Russisch- und Preussisch-Polen vereinigen (Schnee, S.99).
Schönerer bleibt starr und allein - Diskussion um
"Lebensfähigkeit"
Auch Jäger, Malik
und Hauck schliessen sich gegen den Willen von Schönerer
dem "Deutschen Nationalverband" an, denn nach den ersten
Kriegserfolgen glauben sie wieder an den Bestand der
Monarchie.
Schönerer selbst
aber behauptet im "Alldeutschen Tagblatt" weiter, dass
der Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn "nicht lebensfähig"
sei (Schnee, S.100).
[Das Schlagwort "lebensfähig" und "Lebensfähigkeit" ist
nicht erst 1918 nach dem Kriegsende in aller Munde...]
Juli 1915
Schluss mit "Unverfälschte Deutsche Worte"
Iro muss die
Zeitschrift im Juli 1915 aufgeben, weil er zu tolerant
geworden ist: Er hat zuletzt wohlwollend Werke der Juden
Stefan Zweig und Ludwig Fulda besprochen
(Schnee, S.99-100).
1917
Schönerers bekommt seinen Adelstitel wieder
Am 75.Geburtstag erhält Schönerer seinen Adelstitel vom
letzten Habsburger Kaiser Karl wieder zurück
(Schnee 104; Rudolf, S.118). Schönerer in einem Brief an
die Freundin des Hauses, Frau Marie Wall, über die
Kriegslage und sein Befinden:
"Meine Menschenscheu nimmt stetig zu. Der Ehrliche hat das
Lachen verlernt - die Kriegsgewinnler aber lachen Tag und
Nacht!" (Rudolf, S.118)
[Schönerer hat scheinbar keine Ahnung, welchen Einfluss
die Financiers aus "Amerika" auf die Finanzierung der
Kriege in Europa haben].
1918
Tod von Schönerers Sohn und der Schwiegertochter
Beide werden durch eine tückische Krankheit dahingerafft.
Schönerer verbleibt mit der Enkelin allein auf Schloss
Rosenau (Schnee, S.104; Rudolf, S.124).
Zusammenbruch der Monarchie - Aktivität von Schönerer:
neues Programm
Schönerer wird nach dem Zusammenbruch der Monarchie wieder
aktiv. Mit Dr. Ursin, dem Obmann des "Alldeutschen
Vereins für die Ostmark", verfasst er einen Vorschlag für
ein gemeinsames deutschen Programm, vorerst mit
Beschränkung auf das Territorium Deutsch-Österreich
(Schnee, S.101).
[und dann mit Germanisierung Europas...]
Rudolf Jung gestaltet das Programm der DAP/DNSAP
(S.87).
Mai 1918
DAP-Reichsparteitag in Wien: Wandlung zur DNSAP
Das Trautenauer Programm von 1904 wird umgestaltet
und eine neue Namengebung auf Antrag von Gattermayer,
Jung und Krebs beschlossen: "Deutsche
nationalsozialistische Arbeiterpartei DNSAP" (Schnee,
S.87).
4.11.1918
Schönerer
veröffentlicht sein "Letztes Wort in letzter Stunde"
-- Angliederung der deutschen Randgebiete an
das Reich
-- Hoffnung, dass "die Deutschen Österreichs" ihre
"Pflicht" erfüllen werden (Schnee, S.102).
Ende 1918 ca.
Christlichsoziale Niederlagen
Die Sozialisten
übernehmen gegen die Christlichsozialen die Mehrheit,
sogar im Wiener Gemeinderat, von wo die
Christlichsozialen ihren Ausgang genommen hatten (Rudolf,
S.94).
Der Rassenantisemitismus bleibt im Volk Deutschösterreichs
als das Werk Schönerers verhaftet. Die "Juden", als
"Kriegsgewinnler" tituliert, werden in grossen Teilen des
Volkes nie akzeptiert (Rudolf, S.94).
Die Slawen besetzen Teile von Deutschösterreich -
Schönerer behält recht
Die Voraussage Schönerers, dass Tschechen, Slowenen und
Kroaten die Deutschen mit "Slawisierungspolitik" in
Österreich schlussendlich vernichten wollten, findet seine
Berechtigung in den gewaltsamen slawischen Besetzungen in
deutschsprachigen Gebieten von Deutschösterreich. Erst
jetzt wird der grossen Mehrheit der Parteien in Österreich
der Weitblick von Schönerer bewusst (Rudolf, S.100).
8.12.1918
Aufruf Schönerers im "Alldeutschen Tagblatt"
für "Grossdeutschland!" (Schnee, S.102)
1918-1920
Abt Schachleiter vom Stift Emaus in Prag wird mehrmals von
der tschechischen Polizei verhaftet (Schnee, S.71).
1919
Der Adelstitel Schönerer geht wieder verloren -
"nationaler Sozialismus" - "Erniedrigung für
Deutschland" - deutscher Antisemitismus
Schönerer verliert in der neuen Republik seinen
Adelstitel endgültig: Alle Adelstitel werden in der neuen
Republik Deutschösterreich, später Republik Österreich,
ungültig (Schnee, S.104).
Rudolf Jung veröffentlicht sein Werk "Der nationale
Sozialismus" (Schnee, S.87).
Es herrscht die Zeit "tiefster deutscher Erniedrigung" und
völliger Hoffnungslosigkeit für die Alldeutschen und
Schönerer. Viele seiner Voraussagen
sollten sich bewahrheiten (Schnee, S.3).
Österreichs Antisemitismus wird nun breites Vorbild
in Deutschland. Der österreichische
Antisemitismus wirkt auf die nationalen Bewegungen in
Deutschland als Vorbild. Der antisemitische Deutsche
Turnerbund wird neu gegründet (Schnee, S.34).
März 1919
Schönerer bekommt Augenprobleme
In seinem letzten Lebensabschnitt erblindet Schönerer ab
März 1919 mehr und mehr und kann weder lesen noch
selbständig schreiben. Alle Korrespondenz muss er sich
vorlesen lassen. Die eigenen Briefe kann er nur diktieren
(Rudolf, S.124).
1.4.1919
Bismarckfeier 1919
Schönerer ruft einmal mehr auf zur Gestaltung
Grossdeutschlands (Schnee, S.103).
2.9.1919
Die Verträge von Versailles und St-Germain
Schönerer ist nach der Unterzeichnung der Verträge im
Innersten getroffen (Schnee, S.103).
1920
18.4.1920
Schönerers Hoffen auf
Auferstehung der "völkischen Parteien"
Schönerers Kommentar zur Bismarckfeier im "Alldeutschen
Tagblatt":
-- Bismarck würde auswandern, wenn er die jetzigen
Zustände in Deutschland sähe
-- dem deutschen Volke stehen schwarze innere und äussere
Feinde gegenüber und täten ihm Schmach an
-- entgegen dem von Bismarck stark betonten Grundsatz
seien jetzt tatsächlich zahlreiche "Juden" mit hohen
obrigkeitlichen Stellen betraut
[weil der Adel im Krieg z.T. gestorben ist, wie dies die
Financiers der Kriege vorauskalkuliert haben]
-- Schönerer gibt die Hoffnung auf eine bessere deutsche
Zukunft nicht auf: "Heil also völkischer Auferstehung!"
(Schnee, S.222-223)
[Die neuen
"Grenzen" von Jugoslawien und der "CSSR"
Der slawische Staat Jugoslawien vertreibt in
Slowenien viele Deutschösterreicher, und die "CSSR" hat
mit Hilfe neuer - aus Frankreich finanzierten - Truppen
ganz Böhmen, Mähren und Sudetenland besetzt. Diese
"Grenze" der "CSSR" wird in einem "Friedensvertrag" in
St-Germain auch noch diktiert.
Das heisst: Die Tschechisierung dieser Gebiete, wo
vorher noch nie Tschechen gelebt haben, ist nun auch militärisch
vollzogen, und die Alliierten merken es selbst nicht
einmal, denn sie werfen Österreich sogar die
Germanisierung der Tschechen vor...]
[Süd-Tirol wird als Kriegsbeute für Italien
italienisch besetzt, weil sonst Italien ohne Kriegsbeute
dastehen würde. Diese Beute ist in einem Geheimvertrag
zwischen Italien und London so ausgemacht, sonst wäre
Italien gar nicht in den Krieg eingetreten. Die Stadt Fiume
/ Rijeka geht an die Jugos. Weil Fiume nicht an
Italien geht, tritt die italienische Regierung zurück].
[Hitler will jetzt
schon ganz Deutschland "retten"
Hitler macht inzwischen in der deutschen
Rest-Armee deutsche Propaganda, die aus Österreich stammt.
Bei den Vertragsbedingungen für Deutschland kommt es
vielen Deutschen so vor, als hätten sie die letzten 50
Jahre doch auch etwas "deutscher" leben sollen, und so
wird die Propaganda der NSDAP - die auf österreichischem
Boden gewachsen ist - auf fruchtbaren Boden fallen. Man
braucht ja nur noch aus Österreich abzuschreiben].
[Provokationen von
aussen, die das Deutschtum in Deutschland selbst
fördern
-- sind nicht nur der Verlust von Gebieten an
Frankreich und Polen mit z.T. schwerstens manipulierten
Volksabstimmungen, sondern auch schwarze, französische
Soldaten im Rheinland, so dass "braune" deutsche Kinder
entstehen, was der Philosophie des Rassismus-Darwinismus
diametral widerspricht
-- eine weitere Provokation für das Deutschtum in
Deutschland ist 1923 die französische Ruhrgebietsbesetzung
und die von den deutschen Industriellen speziell
geförderte Inflation
-- und ab dem nächsten Börsencrash 1929 mit der
nachfolgenden Massenarbeitslosigkeit sind dann Millionen
in Deutschland "deutsch gesinnt". Das Feindbild gegen die
Börse mit ihren weltweiten mafiösen Verbindungen breitet
sich auf ganz Europa aus, und den mafiösen Financiers,
Finanzbossen und Regierungen ist es egal, wie arm die
Menschen werden, oder ob sie sogar verhungern].
[Die Abschrift aus Österreich
Insgesamt sind die Gründe für das Kippen in den
Nationalsozialismus bis heute gut ergründet, aber dass man
nur aus Österreich abzuschreiben brauchte, dies ist bis
heute noch nicht sehr bekannt. Die Situation wiederholt
sich:
-- der Kaiser in Wien findet seine deutschen "Untertanen"
überflüssig, um sich auf dem Sessel zu halten
-- Frankreich und England finden alle Deutschen in Europa
überflüssig, weil die deutsche Militärführung die
Germanisierung halb Europas im Sinn hat, ja, später die
Germanisierung der ganzen Welt.
Es ergeben sich zwei Situationen der Bedrängung, die beide
mit "Deutschtum" bekämpft werden, und beide Male ist das
Resultat eine Niederlage...].
Chronologie Fortsetzung
Am 6.6.1920 stellt das "Alldeutsche Tagblatt" stellt das
Erscheinen ein (Schnee, S.103).
Am 25.6.1920 wird Abt Schachleiter vom Stift Emaus aus Prag ausgewiesen. Die
"Ostdeutsche Rundschau"
von Karl Hermann Wolf wird am selben Tag eingestellt und
durch die "Deutsch-Österreichische
Tageszeitung" ersetzt (Schnee, S.71-72, 103).
Schachleiter schliesst sich in Prag Hitlers
nationalsozialistischer Bewegung an (Schnee, S.72).
1921
Schönerer stiftet als
sein letztes Werk vor seinem Tod einen
Bismarck-Gedenkstein für Bismarcks Grab in Aumühle bei Hamburg
Sein Gesundheitszustand lässt seine Anwesenheit bei der
Enthüllung nicht mehr zu (Rudolf, S.126). Schönerers
letzter Wille ist es, bei Bismarck im selben Sachsenwald
bei Hamburg begraben zu werden (Schnee, S.19; Rudolf,
S.108).
Am 14.8.1921 stirbt
Schönerer auf
Schloss Rosenau
Beisetzung am 20. August 1921 (Schnee, S.104)
1922
Am 1.4.1922 wird Schönerer in Aumühle bei Hamburg im
Sachsenwald in der Nàhe von Bismarcks Grab beigesetzt, mit
dem Spruch auf seinem Stein: "Ein Kämpfer für Alldeutschland."
Pfarrer Giesecke, der die Rede hält, bezeichnet ihn als
"der mutigste Kämpfer für Alldeutschland." (Schnee, S.VII,
104; Rudolf, S.132)
[Nur gebracht hat der Kampf nicht viel...]
Der "Bote" wird nach Schönerers Beisetzung in Aumühle bei
Hamburg 1922 eingestellt (Schnee, S.45).
[1923
Frankreich besetzt
das Ruhrgebiet - Streik und hohe Inflation]
[1929
Weltweiter
Börsencrash
mit neuer Massenverarmung und
Massenarbeitslosigkeit. Die Politik hat keine Rezepte, die
Spekulation an der Börse einzudämmen. Die nationalen
Parteien werden in den Verliererstaaten des Zweiten
Weltkriegs für erhebliche Teile der Bevölkerung zu einem
Fluchtpunkt und Stalin lacht den Kapitalismus aus, der
immer wieder in Krisen falle].
1930 ca. wird Hans Knirsch Führer der NSDAP in der CSSR
(SChnee, S.91).
1932 hat der antisemitische Deutsche Turnerbund 120'000
Mitglieder, davon in Österreich 100'000, im Reich 20'000.
Später wird er umbenannt in "Reichsbund für Leibesübungen"
(Schnee, S.34).
1933
Hans Knirsch verstirbt in Dux (heute: Duchcov)
(Schnee, S.86)
[Hitler übernimmt von Hindenburg die Regierung in
Deutschland
Die gesamte Ideologie des NS-Staates ist von Schönerer
schon geschrieben. Börse wird verboten, Juden werden
eingeschränkt, die Rüstung wird hochgefahren, und Hitler
merkt nicht, dass ihn "Amerikas" Finanzhaie finanzieren,
oder er will es nicht merken...]
1936
[Hitler kann "germanische Olympische Spiele" abhalten,
und das weiss-rassistische "Amerika" ist begeistert...]
[1941
Russlandfeldzug
Die gesamte westliche Welt erwartet einen Sieg der
NS-Armeen in 8 bis 12 Wochen, denn die Rote Armee
hat ja sogar gegen Finnland nur ein Patt erreicht.
Die NS-Soldaten und halb Europa denkt, sie seien an
Weihnachten wieder zu Hause.
Auch hier ist die Parallele offensichtlich: Schon 1914
wurde gedacht, man sei "an Weihnachten" wieder "zu Hause".
Viele Beteiligte denken aber auch von Anfang an - nicht
erst nach Stalingrad! - dass Napoleon in Russland auch
schon verloren habe...]
1941
Das Buch von Dr. Heinrich Schnee über Georg Ritter von
Schönerer kommt heraus
im grössten Jubel nach 10 Siegen der NS-Armeen in Europa.
Das Buch ist von der ältesten Tochter von Schönerer, Frau
Oberst Marianne Zborowski, geb. von Schönerer,
durchgesehen und bewilligt:
"Schönerers älteste Tochter, Frau Oberst Marianne
Zborowski, geb. von Schönerer, auf Schloss Rosenau N/D,
hatte die Liebenswürdigkeit, den biographischen Teil des
Manuskripts einer Durchsicht zu unterziehen; sie
bestätigte dem Verfasser die Richtigkeit des von ihm
gezeichneten Gesamtbildes." (Schnee, S.VIII)
Dr. Heinrich Schnee schreibt im Siegeswahn über Schönerer:
"Mit Richard Wagner und Otto Boeckel
gehört er zu den wenigen deutschen Männern, die vor dem
Weltkriege den Antisemitismus als Rassenfrage erkannten
und Massnahmen beantragten, die das Grossdeutsche Reich
durchgeführt hat."
und:
"Der leidenschaftliche und stets kämpferische Nationalist
und Antisemit Schönerer gehört zu den grossen Erziehern
der deutschen Nation."
und:
"Nationalismus und Rassenantisemitismus machen Schönerer
zu einem Vorkämpfer deutscher Einheit und deutscher
Reinheit."
und:
"Schönerers immer gültiges Vermächtnis an uns Deutsche ist
die Forderung, stets Kämpfer für deutsche Einheit und
deutsche Reinheit zu sein." (Schnee, S.107-109)
Dr. phil. Heinrich Schnee über die Weltlage
1941 befinde man sich "im Jahr der Vollendung des
Grossdeutschen Reiches", es entstehe das "Reich der
Deutschen" (IX)...
[und gemäss "Mein Kampf" soll alles "Minderwertige" keine
Kinder mehr bekommen, und dann würde eine Menschheit ohne
Krankheiten entstehen. Die Krankheit des Rassismus selbst
wird nicht erkannt...]
Die Enkel von Schönerer kämpfen für das "Reich der
Deutschen"
Schnee:
"All ihre Söhne und Schwiegersöhne kämpfen heute in der
Wehrmacht für das von ihrem Grossvater so heiss ersehnte
Volk und Reich der Deutschen." (Schnee, S.IX)
[und der Absturz folgt sogleich...]