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Österreichs Deutsche - "Slawen" - Börse - Juden -
und der Kaiser 1850-1920


Der Vierkampf in der k.u.k.-Monarchie Österreich-Ungarn -- weltweite Spekulation und Börsencrash an der neuen Börse 1873 -- jüdische Einwanderung, Spekulationsgewinne und Landkäufe -- Verarmung ohne Hilfemassnahmen -- der Propagandakampf des Deutschtums in Deutschösterreich gegen Slawisierungen mit dem Populisten Georg Ritter von Schönerer -- die Presse-Propaganda gegen ihn -- der Kaiser will die Deutschösterreicher nicht mehr, denn er will den Anschluss um jeden Preis verhindern, um seinen Sessel zu retten -- Berlin will einen grossen Bündnispartner -- Unregierbarkeit der k.u.k.-Monarchie durch gleiches Stimmrecht für Analphabeten -- Hitler steckt mitten drin --  1918 müssen beide Kaiserhäuser verschwinden -- die NSDAP schreibt aus Österreich ab

von Michael Palomino  (1999)


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Quellen waren:

Dr. Heinrich Schnee: Georg Ritter von Schönerer: Ein Kämpfer für Alldeutschland. Sudetendeutscher Verlag Franz Kraus, Reichenberg, Sudetenland, 1941; zugeeignet den volksdeutschen Kämpfern Rudolf Jung und Hans Krebs.

Elmar Vinibert von Rudolf (eigentlich: Rudolf von Emayer-Vertenbrugg): Georg Ritter von Schönerer. Der Vater des politischen Antisemitismus. Von einem, der ihn selbst erlebt hat; Verlag Franz Eher Nachfolger, München 1942.


Kommentar

Diese Chronologie gibt Einsicht in die Welt der Österreichisch-ungarischen Monarchie im Zusammenhang mit Deutschland 1933-1945. Der alldeutsche "Kämpfer"
Georg Ritter von Schönerer führt den Kampf gegen den Kaiser in Wien, für den die Deutschösterreicher überflüssig sind, weil diese bei einem Anschluss an Deutschland seinen Thron gefährden. In diesem Sinn lässt der Kaiser in Wien eine schleichende Slawisierung zu und missbraucht die Kirche und die Demokratie für seine Zwecke. Die Börse mit einigen erfolgreich international operierenden Juden - und der Börsencrash 1873 - werden zu einem weiteren propagandistichen Dauerthema.

Schönerer ist zusammen mit dem gemässigteren Lueger das grosse Vorbild für den jungen Adolf Hitler, dessen Vater bei der Schönerer-Bewegung in Deutschösterreich Mitglied ist.

Mit all diesen Feindbildern wird mit Gefühlen "Politik" gemacht, aber kein einziges Problem gelöst. Im Gegenteil: Die Hetze endet in der grossen Niederlage 1918. Gleich beide Kaiser in Berlin und Wien müssen abdanken, und die Slawisierung wird nun auch militärisch sanktioniert. In Deutschland erfolgt ab 1919 eine österreichisch-deutsche Propaganda, die man nur noch abzuschreiben braucht. Die Details sind ein Lehrstück der Geschichte und sollten sich 1945 noch schlimmer wiederholen...

Michael Palomino
1998 / 2005


Chronologie

1348

Gründung der Universität Prag
Schnee: die "älteste Hochschule auf volksdeutschem Boden" (Schnee, S.13).

[und Tschechen sollen zweitklassige Menschen sein...]

1807
Der Vater Matthias Schönerer: Eisenbahningenieur
Geburt von Matthias Schönerer (1807-1881), Vater von Georg Schönerer. Matthias Schönerer wird neben Franz Xaver Riepl (Steir) und Franz Anton Ritter von Gerstner (Sudetenland) einer der grossen Eisenbahningenieure. Als Gerstner nach Russland geht, leitet Matthias Schönerer selber den Bau der Eisenbahnlinien
-- Budweis - Linz
-- Linz - Gmunden.

Vater Matthias Schönerer erstellt Gutachten für die zu bauende Strecke Pressburg-Tyrnau. Er Schönerer steht auch an der Spitze der technischen Abteilung für den Bau der Linie Wien-Raab (ung. Györ).

Der Triumph von Matthias Schönerer ist der Import der "amerikanischen" Lokomotive "Philadelphia" aus den "USA" nach Wien.

Auslandreisen bringen ihm zusätzlich neue Erfahrungen für die Strecke Wien-Gloggnitz, mit neu angewandten langen Steigungsstrecken von 1 zu 130. Bei Gumpoldskirchen lässt er den ersten Eisenbahntunnel Österreichs bauen (Schnee, S.4-5).

ab 1815

Antisemitismus nach den Freiheitskriegen gegen Napoleon: Studentenschaften
Wiener Studentenschaften sind schon seit den Befreiungskriegen zu einem grossen Teil bewusst antisemitisch ausgerichtet, später mit engem Bezug zu Schönerer (Schnee, S.23).

4.3. 1836

Bau der Nordbahn
Das jüdische Haus Rothschild erhält mit Hilfe von Metternich die Konzession zum Bau und Vertrieb der "Nordbahn" / "Kaiser-Ferdinand-Bahn", die Wien mit den "Ostprovinzen" verbindet. Matthias Schönerer ist mitbeteiligt.

Ab der Eröffnung der Bahn 1836 kassiert Rothschild ungeheure Gewinne. Das Privileg wird ihm für 50 Jahre gewährt (Schnee, S.20-21)

[und entsprechend wächst der Neid in der durchschnittlichen deutschen Bevölkerung: Rothschild dient als Zielscheibe für pauschale antisemitische Reden].

1840

Antisemitismus bei Komponist Dingelstedt
Dingelstedt komponiert die "Lieder eines kosmopolitischen Nachtwächters", die von allen alldeutschen Parteien später gern zitiert werden, und die konsequent pauschal gegen das Judentum hetzen, indem Judenviertel und "Chritenviertel" unterschieden werden und Juden als das "Lieblingsvolk" des "Herrn" dargestellt werden (Schnee, S.23).

1842

Geburt von Georg Schönerer (Tod 1921)
(Schnee, S.3).

1848
Gründung des "Deutschland von Frankfurt"
(Rudolf, S.26)
-- mit Einführung des Liberalismus
-- der Liberalismus ist vor allem in Österreich mit dem Judentum verbunden und deren Emanzipation
-- dieser "Liberalismus" heisst auch Börsenspekulation in Verbindung mit Korruption, vor allem in Wien (Schnee, S.9).

Die antisemitischen Bewegungen nach der Judenemanzipation werden in Österreich und später im Zweiten Reich sehr stark (Schnee, S.9?).

[Aber:
-- die beiden Kaiserhöfe sind nicht bereit, sich mit dem Antisemitismus und seinen Ursachen auseinanderzusetzen
-- die Kaiserhöfe sind auch nicht bereit, den Antisemitismus der Kirchen und in der Bibel zu verbieten].

ab 1848

Liberalismus in Wien: Neue jüdische Zeitungen

Ab 1848 erfolgen in Wien zahlreiche neue Zeitungsgründungen von eingewanderten Juden. Sofort entsteht das Wort "Judenpresse". Schnee beklagt, dass an "nahezu allen Zeitungen seit 1848" Juden "in ganz hervorragender Weise beteiligt" waren (Schnee, S.31).

[Der Kaiser spielt eine wesentliche Rolle bei seinen Manövern gegen die Deutschösterreicher, wie später noch ersichtlich wird].

1848/49
Das Revolutionsjahr
Matthias Schönerer leitet im Revolutionsjahr 1848/49 die grossen Militärtransporte nach Ungarn und Italien und ist dem Staat somit für sein Überleben behilflich. Sein Sohn Georg sollte später aber gegen den Staat agieren (Schnee, S.5).

1849

Die Kindheit von Georg Schönerer (ab 1860 trägt die Familie einen "Ritter"-Titel)

-- Schule in Wien 1849-56
-- dann Handelsausbildung im "Zweiten Reich"
oo  auf der Lehranstalt von Dr. Kraus in Dresden
oo  auf der Handelslehranstalt in Dresden

-- Ausbildung zum Landwirt:
oo  Praxis in Tübingen
oo  Studium 1861-63 auf der landwirtschaftlichen Hochschule in Hohenheim bei Stuttgart.

Diese Zeit ist die Zeit der Grundsteinlegung von Georg Schönerers alldeutscher Gesinnung (Schnee, S.6).

[Die genauen Vorkommnisse bleiben im Dunkeln].

1850

Richard Wagner: Schrift "Über das Judentum in der Musik"

Wagner weist pauschalisierend auf eine angeblich rassisch bedingte Andersartigkeit des jüdischen musikalischen Empfindens und Gestaltens hin (Schnee, S.23).

[Es ist nicht verständlich, wieso Richard Wagner bis heute nicht verboten ist, wenn man auch die späteren Geschehnisse betrachtet...]

1850 ca.

Orden für Vater Matthias Schönerer

-- Matthias Schönerer beteiligt sich weiter am Bau von Eisenbahnstrecken: Wien-Gmünd-Prag
-- Matthias Schönerer erhält den "hohen Orden der Eisernen Krone." (Schnee, S.5)


1859

Weitere Judenemanzipation
Die Juden erreichen in der k.u.k.-Monarchie die Aufhebung des Verbots, christliche Dienstboten halten zu dürfen (Schnee, S.24).


Österreichisch-preussischer Krieg
Erste Schlacht um die Vorherrschaft zwischen Österreich und Preussen.
(Rudolf, S.26)


1860

Ritterstand für Matthias Schönerer

Am 21. November 1860 wird Matthias Schönerer mit seiner Familie in den erblichen Ritterstand erhoben und arbeitet im Verwaltungsrat der kaiserlichen Elisabethen-Bahn.

Matthias Schönerer wird vermögend und kann Schloss und Gut Rosenau im niederösterreichischen Waldviertel erwerben, kann sich auch das Leben eines adeligen Gutsherrn leisten (Schnee, S.5).

1861
Heinrich Nordmann: Schrift "Die Juden und der deutsche Staat"
Nordmann schildert eine "politische Gefahr" der Judenemanzipation (Schnee, S.23).

[Dabei erwähnt Nordmann nicht, dass es der Kaiser in Wien ist, der die Manöver gegen die Deutschösterreicher steuert].

1862

Juden in der österreichischen Armee
In der Armee dienen bereits 600 jüdische Offiziere und Ärzte (Schnee, S.24).

1863-65

Schönerer in Ungarn

Georg Schönerer führt seine Ausbildung in Ungarisch-Altenburg weiter. Er entwickelt eine Abneigung gegen die ungarische Mentalität, macht Erfahrung mit "rücksichtslos unterdrückendem Magyarentum" (Schnee, S.6).

[Nähere Umstände bleiben im Dunkeln].

1865-67

Schönerer in Böhmen und Mähren

Schönerer arbeitet als praktischer Landwirt auf Grossgütern in Böhmen und Mähren. Dabei erlebt er die entscheidende kriegerische Auseinandersetzung in Königgrätz zwischen der preussischen und der österreichischen Armee:

-- er erlebt direkt das preussische Offizierskorps
-- er sieht im preussischen Offizierskorps die Verkörperung des Preussentums und Deutschtums zugleich

--  das Erlebte hinterlässt eine nachhaltige Wirkung, Schönerer entwickelt eine Vorliebe für das Preussentum, was ihm später als "Preussenseuchelei" vorgehalten und gebrandmarkt wird (Schnee, S.7).

1866

Krieg zwischen Preussen und Österreich und Schlacht bei Königgrätz
Es ist die zweite Schlacht um die Vorherrschaft zwischen Österreich und Preussen im Deutschland von Frankfurt 1848. Die habsburgischen Bestrebungen, die Vorherrschaft in Deutschland zu behaupten, finden ein jähes Ende.

Auch das bisher allmächtige feudal-klerikale Staatssystem dankt ab (Rudolf, S.26).

ab 1866

Liberalismus in Österreich-Ungarn
In der Monarchie wird der "Liberalismus" mit seinen "jüdisch-freisinnig-manchesterlich eingestellten Grundsätzen" erlaubt.

Die Deutschnationalen in Österreich fühlen sich bedroht und hetzen fortan pauschal gegen das Judentum und dessen "ungezügelte Freiheit", ohne zu bedenken, dass die Kirche die Juden seit ca. 350 n.Chr. konsequent verfolgt und vertrieben hat. Statt eines Mittelwegs baut sich eine gegenseitige Hetze auf.

Auch die "jüdische Presse" in Wien baut ihre Propaganda gegen die Deutschösterreicher auf:

-- Bismarckhass gehört zum guten Ton

-- "volksdeutsche Gesinnung" gilt als "Preussenheuchelei" und als "Hochverrat"

-- nationale Bewegungen werden von der Krone, der Regierung und von den neuen jüdischen Institutionen (Banken, Börse und Pressewesen) mit allen Mitteln bekämpft und so gut es geht verboten (Rudolf, S.26,35).

[Der Kaiser findet keinen Mittelweg, geschweige denn eine Lösung in dieser Situation. Er hat jetzt schon Angst vor den Deutschösterreichern, die sich mit Deutschland immer mehr und mehr verbunden fühlen].

Starke jüdische Zuwanderung aus Osteuropa
Aus Galizien, der Bukowina und aus Ungarn strömen  Juden und jüdische Familien  in die deutschen Bundesländer Österreichs, v.a. nach Wien, weil hier ja "Liberalismus" herrscht, der in Galizien, in der Bukowina und in Ungarn scheinbar nicht vorhanden ist.

Statt diesen Mangel zu monieren, meint Schnee pauschal, "die Juden" würden in Wien einwandern,

"... um sich zur Herrschaft über die arische Bevölkerung aufzuschwingen." (Schnee, S.22,24).

[Scheinbar ist es dem Kaiser aber egal, dass in Galizien, in der Bukowina und in Ungarn die Juden nicht dieselben Rechte wie in Wien haben...].

ab 1866

Österreich-Ungarn: Antisemitismus und Parteienstreit gegen die Börsenspekulation

Die Deutschösterreicher bekämpfen mit Propaganda die Börse und das emanzipierte Judentum in Deutschösterreich (Schnee, S.25).

Dabei polarisiert die Situation bereits jetzt in Schlagworte, die völlig absurd sind, und die Situation wird keineswegs besser, sondern wird immer aufgereizter. Von "jüdischem Betrug", "Judenherrschaft" und "Volkssaussaugung" durchc Profite ist da die Rede (Schnee, S.25).

[Dass der Kaiser das eigentliche Problem ist, der den Nationalismus bekämpft, wird vor allem ab 1871 klar...]

1867-69
Schönerer unternimmt Reisen, um Welt und Menschen kennenzulernen
(Schnee, S.7).



1870

"Gründerzeit" mit Börse -- und Verarmung
Das Volk beginnt zu verarmen. Unter der Regierung des "liberalen Doktoren-Ministeriums"
Giskra - Herbst - Verstl - Hasner - Berger beginnt die "Gründerzeit". Die Regierungsmitglieder sind selbst Börsenbeteiligte, die "für Schwindeldienste Trinkgelder kassieren". Die Nationalen behaupten "Juden und Judensprossen" würden mit Orden ausgezeichnet (Rudolf, S.26).

[Und dem Kaiser ist die Situation scheinbar egal...]


Schönerer und Lueger (Lueger wird später Bürgermeister von Wien) beginnen gleichzeitig um 1870 ihre politische Laufbahn und scheiden ungefähr zur selben Zeit aus dem öffentlichen Leben:
-- Schönerer bei der Wahlrechtsreform Ende 1906, durchgeführt 1907
-- Lueger stirbt als Amtsträger 1910 (Schnee, S.3).

[Die Hetze gegen Juden ist der falsche Ansatzpunkt. Die Vetternwirtschaft ist die Ursache der Misere. Und der Kaiser, der nur auf seinem Sessel sitzt, ist der weitere wichtige versagende Faktor. Aber diese Misere verschärft sich noch, und die wenigen Juden, die wirklich reich sind, unterschätzen die Lage.

Es kann auch sein, dass die wenigen reichen Juden in Europa meinen, solange kein Israel existiere, werden sie in Not geratenen Christen keine Hilfe leisten. Die Sachlage liegt im Dunkeln].



ab 1870



Antisemitismus von Pfarrer Josef Deckert in Wien

Deckert vertritt ein typisch "christliche" Haltung in einer polarisierten Situation. Für ihn bleibt auch ein getaufter "Jude" ein "Jude". Er fordert die Rücknahme der Judenemanzipation und die Stellung der Juden unter Fremdenrecht. Er verbreitet die Parole:  "Kauft nur bei Christen!" Er behauptet, Juden seien "schädlich" (Schnee, S.26).

[Diese "christliche" Einstellung ist z.T. heute noch bei den Kirchenvertretern vorhanden...].

Zeitschrift "Vaterland" von Freiherr von Vogelsang aus Mecklenburg
Ab den 1870-er Jahren lehrt Vogelsang mit seiner Zeitung einen antisemitisch angehauchten christlichen Sozialismus (Schnee, S.25).


Historiker Heinrich von Treitschke redet von "Überfremdung"

Er führt einen leidenschaftlichen Kampf gegen die "Überfremdung". Weitere Personen, die gegen "Überfremdung" kämpfen, sind:
-- Paul de Lagarde
--
Eduard von Hartmann
-- Wilhelm Marr.

Marr gibt gleich eine Schrift heraus "Der Sieg des Judentums über das Germanentum" (1879). Solcher Schwachsinn kann sich scheinbar zu dieser Zeit sehr gut verbreiten. Die bisherigen Ausrottungsversuche an den Juden werden nicht erwähnt... (Schnee, S.23-24)

Es kommt zu Petitionen zum Ausschluss der "Juden" aus staatlichen Ämtern (Schnee, S.24).

[Mit Entlassungen wäre aber die Vetternwirtschaft an der Börse nicht beseitigt. Es ist der falsche Ansatz...].



D: Antisemitismus in Berlin
Hofprediger Adolf Stoecker in Berlin und die Berliner antisemitische Bewegung behaupten, die Juden  seien pauschal "Feinde des deutschen Volkes" (Schnee, S.24).

[Dabei wird jeweils verkannt, dass viele Juden gar nicht reich sind, gar nicht an der Börse sind, und auch kaum internationale Verbindungen haben].


1870-1880 ca.

Schönerer als Landwirt auf der Rosenau
Schönerer ist sehr aktiv:
-- er macht aus der Rosenau eine Musterwirtschaft
-- er organisiert Weiterbildung für Bauern
-- er gründet die "Land- und forstwirtschaftliche Gesellschaft in Zwettl" und ist 15 Jahre deren Vorsitzender
-- er hält zahlreiche Vorträge, ist Gründer vieler Volksbüchereien und ruft im Waldviertel zahlreiche freiwillige Feuerwehren ins Leben.

Schönerer verehrt - als "Wesensverwandten" - Kaiser Joseph II. (1765-1790), denn Joseph II. war ein "deutschgesinnter" und bauernfreundlicher Herrscher. Schönerer bezeichnet ihn als "Volkskaiser" und errichtet für ihn Gedenktafeln mit dem "Volkskaiser" am Pfluge (Schnee, S.7).

Schönerer wird im Waldviertel zur sehr beliebten Persönlichkeit und wird Ehrenbürger von Zwettl. Seine Gegner nennen ihn spöttisch den "Herrgott von Zwettl" (Schnee, S.8).



1871



Antisemitismus von "Professor" August Rohling: Schrift: "Der Talmudjude"

Rohling ist ein aus Westfalen stammender Prager Universitäts-"Professor" und schildert:
-- der Geist des Judentums sei erfüllt vom tödlichen Hass gegen das Christentum
-- man solle die Juden aus dem politischen und bürgerlichen Leben verbannen
-- wenn das nicht gelinge, so soll man sie aus dem Land verbannen, denn das Land solle den Nachkommen überlassen werden und nicht den "Juden" in die Hände fallen, den "Piraten des Menschengeschlechts".

Die propagandamässige Situation steigert sich also auf beiden Seiten hoch. Rohlings "Talmudjude" wird die erfolgreichste antisemitische Kampfschrift mit einer Auflage von 200'000 Stück mit Übersetzung in viele andere Sprachen (Schnee, S.25-26).

Handelsminister
Dr. Schäffle beklagt sich über Vorfälle im Wirtschaftsleben in Österreich: Es gäbe "Diebe, die auch noch belohnt werden" (Rudolf, S.26).

[Der Kaiser scheint im Hintergrund gewisse "Fäden" zu ziehen, ohne dass gegen den Kaiser direkt vorgegangen wird...]

Und nun kommt ein entscheidendes Ereignis für die seelische Konstitution der Deutschösterreicher:

1871

[Deutscher Sieg gegen Frankreich - Anschlusswille und Blockade des Kaisers in Wien
Ab diesem Sieg und ab der Gründung des Zweiten Deutschen Kaiserreiches werden die Anschlussbemühungen in Deutschösterreich immer stärker. Der Kaiser in Wien ist aber gegen jeden Anschluss, weil er sich dem Kaiser von Berlin unterwerfen müsste. Die Situation eskaliert derart, dass 1918 gleich beide Kaiser verschwinden müssen und jeweils auch keine konstitutionelle Monarchie mehr geduldet wird...

Solche tragisch-tollpatschigen Konstellationen kommen in der Geschichte leider immer wieder vor...].

Zwei Jahre später kommrt die Konsequenz aus der Vetternwirtschaft:


9.5.1873

Börsencrash: Schwarzer Freitag in Wien 9.Mai 1873

Nach überrissener weltweiter Spekulation kommt es zum Börsenzusammenbruch in Wien, dann auf der ganzen Welt. Hunderte "der Betrogenen" in der k.u.k.-Monarchie begehen Selbstmord, 10'000e Existenzen werden vernichtet. Gewinner des Börsencrashs sind nach Rudolf:

"die Börsianer, die korrupten jüdischen Börsianer, die Abgeordneten, die Herrenhausmitglieder, die Aristokraten, die Erzherzoge, die sich alle am Volk bereicherten." (Rudolf, S.27)

[Die Vetternwirtschaft hat gewonnen. Unter den Verlierern dürften aber auch viele Juden gewesen sein. Die Propaganda kümmert das aber nicht].

Die Propaganda behauptet, das Ministerium der Wiener Regierung sei mit drei "Vollblutjuden" besetzt. Der jüdische Justizminister
Glaser untersagt den Staatsanwaltschaften ausdrücklich, gegen "die Betrüger" der Vetternwirtschaft vorzugehen oder zu klagen (Rudolf, S.27).

[Hier bleibt nun die Vetternwirtschaft absolut unter sich].

In Wien entwickelt sich nach dem Börsencrash ein pauschaler Hass gegen das "Judentum", in der Stadt wie auf dem Land. Die Propaganda unterscheidet ein "jüdisches Wesen" gegenüber einem deutschen "gesunden, bodenständigen Volk".

[Dass die Kirche die Hauptträgerin von Antisemitismus ist, wird dabei übersehen...].

Auch ein liberaler Kommentar hat antisemitische Tendenzen, wenn der erzliberale Feuilletonist Ferdinand Kürnberger schreibt:

"Nie hat ein schöneres Gewitter eine verpestete Luft gereinigt." (Schnee, S.25)

[Nur: Eine Lösung der Situation gibt auch dieser Ausspruch nicht...]


ab 9.5.1873

Banksanierungen nach dem Crash - keine Hilfe für das Volk
Für Banken, die Opfer ihrer eigenen Spekulation und der Vetternwirtschaft geworden sind, werden aus Staatsmitteln 80 Millionen Gulden zur Verfügung gestellt, um so rasch wie möglich den "Korruptionssumpf" zu kaschieren. Das Volk aber geht leer aus und bekommt für seine erlittenen Verluste keine Hilfe (Rudolf, S.27).

[Hier wäre schon die Gelegenheit, das "christliche" Kaiserhaus zu stürzen. Dieser Sturz bleibt aber aus!]

14.10.1873

Auftreten und Wahl Schönerers als Reaktion auf den Börsencrash
Als Folge des Börsenkrachs wird Schönerer aus dem Waldviertel in Niederösterreich als freiheitlich gesinnter Abgeordneter des Landgemeindebezirks Zwettl ohne Partei nach Wien ins Parlament (Reichsrat) gewählt, als "einziger nationaler Führer Österreichs."

Motto Schönerers: Die ehrliche Arbeit soll dem mobilen Kapital und der Herrschaft der "semitischen Phrase" entgegengestellt werden. 100'000e von Deutschösterreichern preisen und ehren ihn "wie einen Erlöser aus tiefster Not, wie einen Erwecker zum besseren Leben".

[und der Kaiser in Wien tut immer noch nichts; gleichzeitig muss festgestellt werden, dass Schönerer eigentlich kaum etwas erreicht. Die Börse spekuliert einfach weiter, und die jüdisch geleitete Presse -- und wahrscheinlich auch die nicht-jüdisch geleitete Presse -- schiessen sich auf ihn ein].



Schönerer im Wiener Parlament
Er schliesst sich zuerst den Liberalen an, die bis 1879 beherrschenden Einfluss in der österreichischen Reichshälfte ausüben (Schnee, S.8).

Untergruppen der Liberalen:
-- die "Verfassungstreuen" mit dem liberalen Prinzip im Vordergrund
-- der "Fortschrittsklub": 57 jüngere, aktivere Abgeordnete (Schnee, S.8).

Schönerer im "Fortschrittsklub" - die Nationalitätenfrage

-- er behandelt v.a. landwirtschaftliche Fragen
-- Schönerer fühlt bald, dass er woanders hingehört

-- das liberale Programm geht auf Vereinigung verschiedener Nationalitäten aus, was dem Nationalismus der anderen Staaten innerhalb der Monarchie widerspricht und so dauernden Nationalitätenkonflikt im Parlament verursacht:. Die Politik in Österreich widerspricht sich selbst (Schnee, S.9).

[Mit dieser Verweigerung der nationalen Identitätsfindung haben auch alle anderen Bevölkerungen zu kämpfen: Tschechen, Ungarn, Slowaken, Polen etc., die alle gegen den Kaiser politisieren].

Schlagworte Schönerers
-- alles "Deutschfeindliche" werde "begönnert"
-- die "Schwarze Internationale" sei eine geschichtliche Stütze des Staates
-- die "Rote Internationale" sei ein vom Staat gelegentlich gefördertes Element
-- und die "jüdischen Banken" seien die "goldene Juden-Internationale" (Rudolf, S.29).

[und die Monarchie von Österreich-Ungarn lässt solche destruktiven Formulierungen in der Öffentlichkeit zu. Vielleicht, weil die Vetternwirtschaft dadurch nicht gefährdet wird?].

Schmähungen gegen Schönerer
Die Gegner Schönerers verlachen und verschmähen ihn, verleumden und verfolgen ihn. Gleichzeitig wird er mit Schmeicheleien und Versprechungen geködert. Schönerer jedoch bleibt sich selbst treu und geht seinen geraden Weg, denn er sieht den Staat Österreich seinem selbst geschaufelten Grab entgegenwanken (Rudolf, S.27-28).

[Nur sind Schlagwörter kein Mittel zur Behebung des Problems].


Ziele von Schönerer
-- das Deutschbewusstsein im deutschen Ostmarkvolk soll gestärkt werden, "das unter den Auswirkungen von 1866 so gut wie erstorben war"

-- das Deutschbewusstsein soll zur "heiligen Flamme" angefacht werden

-- dem deutschfeindlichen schwarz-gelben "Österreichertum" soll entgegengetreten werden

-- Österreich soll mit dem Deutschen Reich vereint werden:

"Das uns Deutschösterreichern vorgesteckte Ziel ist die endliche Vereinigung mit Deutschland." (Rudolf, S.30)


1873-1876

Schönerer als Volkstribun nach der Wahl von 1873
-- Schönerer hält Versammlungen in Städten und auf dem Land ab: "Kein Dorf war ihm zu klein oder zu abgelegen"

-- Schönerer ist gemäss Rudolf ein "Volksredner von Gottes Gnaden"

-- Schönerer bezeichnet die liberale Partei als "parlamentarische Verderbnis"

-- Schönerer regt sich über die Vetternwirtschaft der Wiener Staatsregierung auf: Dies sei politisches Zuhältertum im "Hohen Hause"

-- Schönerer bezeichnet das Parlament als "Diätenvertilgungsmaschine" (Rudolf, S.30).

[Es ist offensichtlich, dass der Sturz des Kaisers in Wien von allen Volksgruppen gewünscht wird. Aber der aktive Sturz zur Lösung deer Situation wird nie in Angriff genommen...].



1877

Januar 1877 / "Anfang des Jahres"

Schönerers Mandatsniederlegung
Schönerer legt sein Mandat in Wien nieder, weil er die Korruption in Wien nicht mehr mit ansehen kann. Er wird aber bald als unabhängiger Abgeordneter wiedergewählt (Schnee, S.9).

Schönerer appelliert immer wieder, in das stammesverwandte Deutsche Reich hinauszublicken (Schnee, S.10).

[Scheinbar herrscht dort weniger Korruption und Vetternwirtschaft? Dafür herrscht dort der Preussendrill].


Wiederwahl Schönerers in Zwettl für das Parlament in Wien

Schönerer wird von seinen Waldviertler Wählern mit überwältigender Mehrheit wiedergewählt, was vom einstigen Innenminister und Ministerpräsidenten Taaffe als "ein höchst bedauerlicher Skandal" bezeichnet wird. Schönerer nimmt den Kampf gegen "Verwahrlosung und Verderbnis" erneut auf mit dem Schlachtruf:

"National sein heisst, sein Stammesvolk lieben über alles in der Welt!" (Rudolf, S.32)

[Hier ist ein Grundübel der k.u.k.-Monarchie zu sehen: Die Bevölkerungen fühlen sich vom Kaiser nicht geliebt, weil er nur noch versucht, mit Manövern sich auf dem Sessel zu halten...].

Schönerer kämpft gegen "alle Schädlinge" des deutschösterreichischen Volkes zugleich:
-- gegen die Krone
-- gegen die Regierung
-- gegen das korrupte Parlament
-- gegen "Gesetzesbruch und Vergewaltigung"
-- gegen "die Klerikalen"
-- gegen "das Geldjudentum als Träger der Spekulation und Korruption"
-- und gegen "die jüdische Presse" in Wien, die er als so genannte "Siebte Grossmacht" bezeichnet (Rudolf, S.32)

[Schönerer übernimmt sich dabei völlig, denn er kommt nur noch mehr unter Beschuss, aber die Bevölkerung in Deutschösterreich hält in grossen Teilen zu ihm als "Hoffnungsträger"].

Die geistige Verirrung in Deutschösterreich
Schönerer meint, mit "Nationalem Antisemitismus" sei die "Bewahrung des Volkstums" möglich. Dabei gebraucht er alle möglichen Schimpfworte wie "Presse", "Unterwühler", "Rasseneigentümlichkeit".

Antisemitismus ist bei Schönerer der Ausdruck des "Nationalgefühls":

"Unser nationaler Antisemitismus ist nicht das Erzeugnis konfessioneller Unduldsamkeit, vielmehr ein unzweideutiger Ausdruck eines im Selbstgefühl erstarkenden Volkes, eines sich kräftig äussernden Nationalgefühls."

[Schönerer meint also irrtümlich, Antisemitismus sei ein Ausdruck von Nationalismus...].

Schönerers  behauptet eine "Verjudung" und prophezeit eine Rache an den Juden voraus und ist nicht imstande, den Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen.  Reden von ihm enden z.B. so:

 "Unser Wahlspruch lautet daher:

Nicht liberal, nicht klerikal, sondern national!" (Rudolf, S.32-33)

Schönerer:

"Wir Nationalen betrachten den Antisemitismus als einen Grundpfeiler des nationalen Gedankens..." (Rudolf, S.34)

[und solche Worte waren in der Monarchie Österreich-Ungarn erlaubt. Wie ist da die Lebenseinstellung des Kaisers zu beurteilen?]



1878

Gründung der Zeitung "Bote aus dem Waldviertel"

ist Schönerers Zeitung, erscheint 2 mal monatlich, bis zu seinem Tod 1922 (Schnee, S.45).

18.12.1878
Appell Schönerers im Parlament in Wien für den "Anschluss"
"Immer mehr und mehr, immer lauter und lauter hört man in den deutschen Kronländern Österreichs den Ruf: Wenn wir nur schon zum Deutschen Reich gehören würden! Denn im Staate Österreichs ist nun mehr schon beinahe alles faul!" (Schnee, S.10, Rudolf, S.40)


1879

Zweikaiserbündnis Deutsches Reich - Österreich

Es kommt zu Bündnisverhandlungen zwischen Bismarck und dem österreichischen Aussenminister Graf
Julius Andrassy. Bismarck schlägt ein öffentliches, verfassungsmässiges Bündnis vor, das durch Mitwirkung aller konstitutionellen Faktoren zustandekommen soll: durch Zustimmung aller Kammern im Reich und in Österreich.

Die ungarischen (Aussenminister Andrassy) und die tschechischen Vertreter lassen die Pläne von Schönerer und Bismarck jedoch nicht zu.

Die von ungarischen Juden angeblich gesteuerte Wiener Presse fürchtet beim Bündnis mit dem Reich zudem um Einflussrückgang [gegenüber Berlin].

Schnee über das Verhältnis der Nationen in Wien: Lueger und Schönerer bekämpften die "Judäo-Magyaren, wo sie nur konnten" (Schnee, S.15)

[und umgekehrt bekämpfte die Presse die Deutschösterreicher wahrscheinlich ebenfalls, und dem Kaiser scheint es recht zu sein].

ab 1879

Schönerers eigenes Programm
Schönerer entwickelt sein eigenes nationalistisches Programm:
-- gegen das bewegliche Kapital
-- gegen die reichen Juden [das sind einige wenige]
-- für die ehrliche Arbeit.

Schönerer ist überzeugt, dass "die Deutschen in Österreich" vom Kaiserhaus der Habsburger keine Hilfe mehr zu erwarten haben (Schnee, S.10-11, 39).

1879-1885

Die "Zweimännerpartei" Schönerer - Fürnkranz

Schönerer bildet mit seinem Parteigenossen Fürnkranz (Abgeordneter des Bezirks Krems-Horn) die "Zweimännerpartei" im Parlament in Wien. Schönerer gilt als "bewusst deutscher Politiker".

Schönerer unterscheidet sich von anderen Politikern: Er denkt nicht in Wahlperioden, sondern in Generationen. Im Charakter ist er unerbittlich gegen Untreue. Er verlangt dabei von seinen Parteimitgliedern
-- Reinhaltung der Grundsätze
-- persönlich reine Hände (Schnee, S.11; Rudolf, S.107, 110).

1879-1893

Ministerpräsident Graf Taaffe: "Slawisierung" und die Repressionen gegen die "Nationalen"


Eduard Graf von Taaffe wird für 14 Jahre Ministerpräsident in Wien. Er stammt aus irischem Geschlecht und ist ein Jugendfreund von Kaiser Franz-Joseph. 14 Jahre lang sollte er "zum Schaden Deutsch Österreichs regieren und die Völkerschaften gegeneinander ausspielen" (Rudolf).

[Eine solch unverantwortliche Politik wird mit Frustreaktionen ihre Folgen haben, nicht nur gegen Juden, sondern auch Tschechen gegen Deutschösterreicher, Deutschösterreicher gegen Jugoslawen etc. Es bleiben alle nationalen Anliegen weitere 40 Jahre lang ungelöst...].

Diese Zeit mit Taaffe als Ministerpräsident wird auch  Periode des "Eisernen Rings" genannt: Mit Slawen und Deutsch-Klerikalen macht die Regierung Taaffe in Wien Politik gegen "die Deutschen", gemäss Rudolf die "Schöpfer und Träger des Habsburgerstaates".
-- Taaffe betreibt die Annäherung an Frankreich und Russland
-- Taaffe betreibt die Abwendung vom Bündnis mit Deutschland
-- und er betreibt den radikalen Abbau des deutschen Einflusses in Österreich.


Es ist der Beginn der "Slawisierung". Die Liberalen gehen am Ende zusammen mit den "nationalbewussten deutschen Abgeordneten" in die Opposition.

Taaffe schöpft alle Möglichkeiten des Staates gegen die "Nationalen" in Österreich aus:
-- jegliche Presse-, Vereins- und Versammlungsfreiheit wird eingeschränkt
-- Taaffe führt eine "Knebelungspolitik", um den nationalen Gedanken [und den Gedanken an einen "Anschluss] "niederzustampfen" (Rudolf).

Die Positionen sind völlig polarisiert. Taaffe meint, den Nationalismus durch Zwangsbündnisse unterdrücken zu können.

Die Gegenwehr der Nationalen und die "Aktionen" des Staatsapparates unter Taaffe werden geschildert im Buch von Eduard Pichl: "Georg Schönerer und die Entwicklung des Alldeutschtums in der Ostmark":

-- schon beim blossen Verdacht von Äusserungen gegen die Regierung werden Verhaftungen und Anklagen vorgenommen

-- Schriften und Telegramme werden beschlagnahmt und zensiert

-- Feste von Vereinen, die Juden ausschliessen, werden verboten

-- Fahnen (preussisch: schwarz-weiss-rot, deutsch: schwarz-rot-gold) und Lieder ("Heil dir im Siegeskranz", "Wacht am Rhein") und Statuen (der Germania, Bismarcks, des Niederwald-Denkmals) werden verboten

-- Nationale und Antisemiten werden als Kriminelle verfolgt

-- nationale Zeitungen werden zensiert

-- nationale Symbole wie Kornblume, das Heben der Hände, Schönerer-Bilder oder Gedichtbesitz werden verfolgt und mit Geld- bis Kerkerstrafe gebüsst

-- bei Wachebeleidigung wird exemplarisch bestraft
-- Verfolgungen an Schülern bis zu Schulausschlüssen [da ist Adolf Hitler darunter]

-- die Kirche schildert die Ziele von Schönerer als "verderblich"

-- Gemeindevorstehern wird vom Bezirkshauptmann mit Nachteilen gedroht, falls sie noch einmal Schönerer wählen würden

-- Gewerbetreibenden, die im Verdacht stehen, Schönerer zu wählen, werden öffentliche Lieferungen entzogen und sonstige Kunden abwegig gemacht [auch wenn keine Beweise vorliegen...]

-- Angehörige von freien Berufen werden eingeschüchtert

-- die Briefzensur blüht und Detektive werden eingesetzt wie zur "absolutistischen Zeit Metternichs und Sedlnitzkys" (Schnee, S.10, Rudolf, S.35-36, 38-39 64-65).

[Es wird alles verboten, was in Richtung eines nationalen Anschlusses an Deutschland hinzeigen würde. Das Protestpotential wird gleichzeitig unerbittlich und richtet sich dabei auch sündenbockmässig gegen "die Juden". Die Psychologie weiss von diesen Zusammenhängen, v.a. Machiavelli hat genau geschrieben, wie man eine Macht behält. Ob der Kaiser nach Machiavelli gehandelt hat, liegt im Dunkeln].

ab 1879

Deutschösterreich: Antisemitismus wird zur "nationalen Aufgabe"

Beispiele:
-- die Gauleitung der Turnvereine empfiehlt, bei der Aufnahme von Mitgliedern, auf echte deutsche Stammeszugehörigkeit streng Rücksicht zu nehmen

-- es werden antisemitische Schriften gedruckt

-- Schönerer erfindet immer neue Losungen gegen das "Judentum" und beklagt eine "Judentyrannei", ohne seinen eigenen Terror zu bemerken... (Rudolf, S.36).


Schönerer wird von seinen Anhängern zum "St. Georg" auf dem Pferd hochstilisiert. Die Jüdische Presse spottet über Schönerer als ein "St. Georg von Zwettl" (Rudolf, S.40).

[Es erscheint fragwürdig, wieso der Kaiser nicht gestürzt wird, wenn so viele Völkergruppen - nicht nur die Deutschösterreicher - gegen ihn eingestellt sind].


Werbung für Schönerer und Antisemitismus in der Jugend

Auch in Schulen wird nationale Propaganda gemacht. Der Jugend wird Mut zugesprochen, sich zur eigenen Nation zu bekennen und Schulausschlüsse in Kauf zu nehmen.

Rudolf:
"Man suchte also vor allem der für Schönerers ideale Ziele begeisterten Jugend nachdrücklich klarzumachen, dass das Bekenntnis für ihn mit dem Wunsche nach einer gesicherten Lebensstellung unvereinbar sei." (Rudolf, S.39)

[In einer solchen Schule, wo die nationale Propaganda verbreitet wurde, war Adolf Hitler. Hier findet Hitlers Prägung statt...].



1880

Eugen Dühring: Schrift: "Die Judenfrage als Rassen-, Sitten- und Kulturfrage"
(Schnee, S.23)


Gesellschaftsgründung der "Gesellschaft zum Schutze des Handwerks"

-- Gründung von Karl von Zerboni
-- antisemitisch argumentierend
-- nach wenigen Jahren erfolgt die Umwandlung in den "Österreichischen Reformverein".

Schönerer ist Mitglied. Später geht der Verein in das Lager von Lueger (Schnee, S.27).



ab 1880



Karl von Zerboni, ein Ex-Offizier", gründet das antisemitische Kampfblatt des antisemitischen Reformvereins "Österreichischer Volksfreund" (Schnee, S.26). Schönerer wird Leiter der deutschen und antisemitischen "Einheitsbewegung" in Deutschösterreich. u.a. mit dem Argument "Reinheit" (Schnee, S.VIII).

Innerhalb der Parteien entwickeln sich Lueger und Schönerer unterschiedlich. Lueger trennt sich von den Liberalen, weil diese ihm nicht sozial genug handeln und gründet später die Christlichsoziale Partei. Schönerer trennt sich ebenfalls von den Liberalen, weil die Liberalen ihm nicht national genug erscheinen. Er wird zum deutschnationalen, später zum alldeutschen Parteiführer (Schnee, S.9).


Schönerer sieht in seinen Reden Ende 70-er/Anfangs 80-er Jahre das deutsche Volk als "Einheit" und appelliert daran, "sich als Deutsche und nicht als Österreicher zu fühlen". Mit seinen Appellen erntet er den Hass der liberal-jüdischen Presse in Wien, jedoch das Lob von Studenten (Schnee, S.12).


Die Industrie für nationale Symbole
Auf die Produktion von nationalen Symbolen und antisemitischen Agitationsgegenständen baut sich in Österreich für die nationalen Parteien nach und nach eine ganze Industrie auf. Es werden hergestellt:
-- Siegelmarken mit entsprechenden Aufschriften
-- Klebstreifen
-- Handzettel
-- Zigarrenspitzen (Rudolf, S.61).


Antisemitismus auch in Bismarcks Deutschland

Zur gleichen Zeit der Volksbewegung in Österreich beginnt Liebermann von Sonnenberg in Deutschland mit der Gründung "Deutsch-sozialer Vereine" als Kampforganisation gegen "das Judentum" (Schnee, S.24).

[Dabei gibt es viele Juden, denen es nicht viel besser geht als den Deutschösterreichern oder den Deutschen. Jegliche Hetze geht an den Problemen vorbei...].

"Slawisierung" im Klerus - "Los-von-Rom-Bewegung"
(Schnee, S.60-62)

Die Formel "Los von Rom" ist ein alter Ruf der Revolutionstage von 1848. Mit demselben Ruf beginnen sich Leute in Deutschösterreich zusammenzufinden, um gegen slawische Seelsorger in deutsch-österreichischen Gemeinden zu protestieren:

Die Zustände kommen aber nicht von Ungefähr. Die "Slawisierung" im Klerus findet statt, weil

-- die deutsche Bevölkerung der k.u.k.-Monarchie nicht mehr genügend Nachwuchs für den geistlichen Stand stellt

-- bei den Deutschösterreichern der Geburtenüberschuss geringer ist als bei den anderen Völkern der Monarchie

--  die höchsten kirchlichen Stellen werden in Deutschösterreich noch vielfach vom Adel besetzt, womit noch weniger deutsche Besetzungen möglich werden.

[Es wären also auch Umstrukturierungen beim gesamten Klerus in Deutschösterreich nötig].

Die Umstände begünstigen den slawischen Nachwuchs in jeder Weise, denn viele Slawen drängen in den geistlichen Stand, weil sie dadurch auf einen gesellschaftlichen Aufstieg hoffen. Somit kommen slawische Seelsorger wie auch polnische und windische (=slowenische) Priester in rein deutschsprachige Gebiete und betätigen sich dort ihrerseits als Nationalisten.

Die Geistlichen ziehen Familien und Angestellte nach, und so kommt es zur "Slawisierung" deutschsprachiger Ortschaften, ohne dass die Regierungen bzw. der Kaiser etwas an diesen Zuständen ändern würden.

[Die "slawischen" Staaten der Tschechen, Slowaken und Slowenen beginnen gleichzeitig von einer Vernichtung der Deutschösterreicher zu träumen, von einer Landbrücke zwischen den "slawischen" Staaten].


19.4.1880

Sprachenverordnung von Ministerpräsident Taaffe - der Unterrichtsminister Dr. von Stremayr für Böhmen

Deutsch wird als "Verbindungssprache" der Behörden aufgehoben. Es ergeht die Verpflichtung an die staatlichen Behörden, "alle Erledigungen in jener Landessprache auszufertigen, in der das mündliche oder schriftliche Ersuchen der Partei eingebracht war".

Folgen:
Mit der "Sprachenpflicht können sich auch die slawischen Sprachen behaupten. Es kommt aber noch schlimmer für die Deutschösterreicher:

Viele zweisprachige tschechische Beamte kommen in deutsche Städte und "erschüttern die bisher ausschliessliche Geltung des Deutschen als innere Amtssprache".

Die Gegenreaktion in deutschnationalen Bewegungen lässt nicht auf sich warten (Schnee, S.13).

[Und trotz aller Konflikte hällt der Kaiser an seiner unmöglichen "Monarchie" fest...]

2.7.1880


1880 gründen besorgte Deutschösterreicher in Wien gegen die Slawisierung den "Deutschen Schulverein" mit einem Anfangsbestand von 3000 Mitgliedern. 1884 sind es bereits 90'000 Mitglieder. Schönerer arbeitet im Aufsichtsrat des Schulvereins entscheidend mit, gibt auch finanzielle Unterstützung (Schnee, S.11).

Schönerer leistet auch immer wieder Hilfen an andere nationale Organisationen (Schnee, S.12).

[In der heutigen einseitigen Geschichtsschreibung wird die Slawisierung meistens unterschlagen und die Gründung nationaler Schulvereine meist als Akt gegen das Judentum dargestellt.

Und: Scheinbar haben aber die nationalen Organisationen der verschiedenen Länder miteinander keinen Kontakt aufgenommen, um zusammen den Kaiser in Wien zu stürzen, um eigene Staatengründungen zuzulassen. Insgesamt hat nur eine Eskalation, und keine Lösung der Probleme stattgefunden...].


1880-1890

Die "jüdische Studentenschaft" (auch mit getauften Juden)

-- Durchschnitt an jüdischen Studenten in Jura 1880-1890:  ca. 25 %
-- Durchschnitt an jüdischen StudentInnen in Medizin 1880-1890:  ca. 50 % (Schnee, S.28-30).

1880 ca.
Südtirol: Nationale behaupten, Tirol sei von der "Verwelschung" [Italienisierung] bedroht
Der Tiroler Pfarrer Franz Xaver Mitterer begründet die "deutsche Schutzarbeit". Mitterer ist der "Vater der deutschen Volkstumsarbeit" und lenkt in Wien die Aufmerksamkeit auf das ringende Deutschtum an den Grenzen (Schnee, S.11).

[Das Thema Südtirol ist bis heute offiziell Tabu. Die Situation für Südtirol wird 1919 absolut tragisch werden...]



1881



Tod von Vater Matthias Schönerer: Testament

Das Testament des Vaters Matthias Schönerer nach seinem Tod 31.10.1881: Er spendet für wohltätige Zwecke:
-- 100'000 Gulden an die Stiftung für Eisenbahnbedienstete
-- 12'000 Gulden für einen Krankenhausbau in Rosenau
-- 1000 Gulden für den "Deutschen Schulverein" (Schnee, S.5).

Berlin: Antrag gegen jüdische Einwanderung im Berliner Reichstag
Der Schwager von Nietzsche, Bernhard Förster, macht 1881 den Antrag im deutschen Reichstag gegen Einwanderung von ausländischen Juden aus dem Osten. (Schnee, S.24).

Schönerer folgt dem Beispiel Försters und macht denselben Antrag gegen Einwanderung von ausländischen Juden aus dem Osten in Wien (Schnee, S.24,31).

[Wieso in Russland Juden vertrieben werden, nach dem wird scheinbar nie gefragt...]


Österreich: Gründung der Zeitschrift "Deutsche Worte"

zur Unterstützung der deutsch-nationalen Bewegung in Österreich im Sprachenstreit (Schnee, S.13).


Schönerers Hilfe für verarmte Familien

Schönerer lässt auf seine Kosten Millionen von Flugschriften verteilen, um zur Hilfe und zur Unterstützung von nationalen Gesinnungsgenossen und für verarmte Familien aufzurufen. Auf diese Weise kann durch Schönerers Initiative hunderten von bedrängten Familien geholfen werden, so dass ihm bei Auftritten immer unzählige dankbare Arbeiterherzen zujubeln [weil sie keine andere Perspektive sehen...] (Rudolf, S.49).



1882



Breslau: Österreichisch-deutsche Antisemitenfeier mit Besuch aus Berlin

mit Schönerer, mit dem Berliner Führer der antisemitischen Bewegung, Hofprediger Stoecker, im Breslauer Schützensaal. Beide betreiben antisemitische Propaganda (Schnee, S.30).

[und alles ist scheinbar erlaubt, auch im Reich von Bismarck. Das eigentliche Problem der jüdischen Wanderungen und Vertreibungen aus Russland wird aber scheinbar nie angegangen. Die orthodoxe russische Kirche ist dabei Haupttäterin].


Österreich: Slawisierung im Klerus und nationalistische Umtriebe der tschechischen Geistlichen
(Schnee, S.62-63)

Dechant W. Weber von Hohenelbe, Mitglied des Deutschen Schulvereins, schildert 1882:

-- deutsche Geistliche seien z.T. eingeschüchtert und würden ihre eigenen Gemeinden nicht mehr besuchen

-- deutsche Pfarrgemeinden werden in Böhmen und Mähren, in Kärnten und Krain mit slawischen Priestern besetzt.

"Slawisierung": Das Vorgehen eines tschechischen Priesters in einer deutschen Gemeinde
-- er bestellt einen tschechischen Messner und einen tschechischen Postbeamten
-- viele tschechische Handwerker ziehen nach

-- so kann der tschechische Priester tschechische Schulen fordern und ruft tschechische Vereine ins Leben
-- er wirkt selbst im nationalen Sinn als Vorstand der slawischen Organisationen.

Auf diese Weise wird Budweis [später: Ceské Budejovice] durch Bischof Jan Valerian Jirsik bis hin zu einem tschechischen Gymnasium tschechisiert, später auch Brünn [später: Brno] und Olmütz [später: Olomouc].

Folge der Sprachenverordnung:
-- die Universität Prag wird in eine deutsche und eine tschechische Hochschule geteilt
-- Gründung zahlreicher höherer nur für Tschechen (Schnee, S.13).

[Da fragt es sich, wieso es höhere tschechische Schulen nicht schon vorher gab...]

Österreich: Linzer Programm der Deutschnationalen Partei um Schönerer für den "Anschluss"
Hauptpunkte sind die Loslösung von Gebieten, damit diese eine eigene nationale Entwicklung vollziehen dürfen:

-- Forderung nach einer Sonderstellung von Galizien
-- Lostrennung der Bukowina
-- Lostrennung von Dalmatien
-- Lostrennung von Bosnien und der Herzegowina

-- Schaffung eines überwiegend deutschen Österreich mit Deutsch als Staatssprache im engsten Anschluss an das Reich Bismarcks

-- Ersetzen des Dualismus Österreich-Ungarn durch eine Personalunion

-- wirtschaftliche Reformen, um Arbeiter vom Kommunismus abzuhalten in Anlehnung an das Reformwerk Bismarcks

-- Projekt eines Staatsvertrages der Länder des ehemaligen Deutschen Bundes mit dem Deutschen Reich, so wie Bismarcks Ziel es bei den Bündnisverhandlungen von 1879 war (Schnee, S.14/15).

(Deutschnationale Versammlungen werden sofort verboten, so dass die Verbreitung des Linzer Programms unter der Hand erfolgen muss, dabei jedoch begeisterte Aufnahme in den Alpen- und Sudetenländern findet. Anfangs sind auch Juden in der nationalen Bewegung dabei, z.B. der jüdische Historiker Heinrich Friedjung, der innerhalb der Bewegung aber immer mehr herabgestuft wirdSchnee, S.17).


Österreich: "Volksdeutsche Feste"

Schönerer gibt in Wien Feste ("Kommerse") für den Ausdruck des "volksdeutschen Bewusstseins". Dies macht Eindruck bei den Studenten. Die Staatsmacht steht diesen  Veranstaltungen feindlich gegenüber. Es gründen sich durch diese Frontstellung antisemitische Burschenschaften, z.B. "Albia", mit Mitglied Hermann Bahr. (Schnee, S.18).


Schönerer als Verehrer von R. Wagner und Bismarck
Schönerer tritt ab 1882 für die "grossen Männer" des Reiches ein, v.a. für Richard Wagner und Bismarck. Bismarck habe sich "geschichtliche Verdienste durch die Reichsgründung" erworben. Schönerer sieht Richard Wagner für dessen "nationale Art" als Genie und misst seiner Dichtung und seiner Musik hohe Bedeutung zu.

Schnee verehrt Wagner als "antisemitischen Kämpfer [als einer derjenigen Männer] welche die Judenfrage als Rassenfrage erkannten." (Schnee, S.17; Rudolf, S.54)

[Anders gesagt: Schönerer und Wagner sind beide total verirrt und meinen, dass Rassismus Probleme lösen würde. Diese Ansicht wurde bis in die 1950-er Jahre z.T. sogar an Universitäten gelehrt].

11.5.1882

Rede von Schönerer gegen Einwanderung der Ostjuden

Schönerer gibt an, bereits seien 12'000 Juden aus dem Osten in Deutschösterreich eingewandert. Schönerer überreicht eine Bittschrift gegen die Niederlassung dieser Ostjuden. In seiner Rede argumentiert er:

-- Ungarn habe auch bereits ein Siedlungsverbot für die vor Pogromen in Russland flüchtenden russischen Juden erlassen

-- es gäbe bereits genug Arbeitslose in der Monarchie

-- die Zahl der Juden habe sich in Österreich in den letzten 20 Jahren verdoppelt, in Wien verdreifacht

-- erneuter Zuzug werde zur "Gefahr für den Charakter des Staatswesens selbst"
-- der Kaiser und der Staat seien eine christliche, und keine jüdische Institution
-- zu viele Juden brächten "unheilvolle Folgen"
-- jüdische Einwanderung sei ein "drohendes Übel".

Die "jüdische Presse" verleumdet Schönerer in der Gegenreaktion scharf (Schnee, S.199-201).

[und wieder wurde nur auf beiden Seiten gehetzt, und das Problem in Russland nicht gelöst].

2.6.1882

Gründung des "Deutschnationalen Vereins"

unter Schönerer (Schnee, S.13).

7.6.1882

Schönerer fordert eine Zollunion mit dem Deutschen Reich

um eine grossdeutsche Wirtschaftseinheit im Sinne Friedrich Lists zu schaffen (Schnee, S.13-14).



1883

Schönerer "erkennt" immer mehr, dass die Juden den "Ariern" nach Abstammung und Charakter völlig fern ständen. Somit darf Historiker Heinrich Friedjung 1883 im "Volkstumskampf" der Schönerer-Vereine nur noch als Soldat und nicht mehr in leitender Stellung mitwirken (Schnee, S.30-31).


Schönerers Antrag an den Kaiser von 1 Million Gulden pro Jahr für soziale Zwecke - Schönerers soziale Vorstösse

Schönerer stellt den Antrag, der Kaiser solle 1 Million Gulden pro Jahr für eine Arbeiter-, Invaliden- und Alters-Versorgungskasse spenden, was ein verhältnismässig kleines Opfer sei, denn Kaiser Franz Joseph gehöre mit dem russischen Zaren zu den reichsten Männern Europas.

Das Parlament reagiert mit "Pfui! Unerhört! Wort entziehen!" und bewahrt Stillschweigen über den Antrag gegenüber der Öffentlichkeit.

Schönerer verlangt im Parlament weiter soziale Gesetze über
-- Arbeitszeit (12-13-Stunden-Tag)
-- Sonntagsruhe
-- Mindestlohn
-- sanitäre Ordnung in Fabriken
-- Altersversorgung und Krankenunterstützung
-- ländliche Wohlfahrtspflege
-- Genossenschaften.

Aus Unverstand oder Opposition werden die Anträge abgelehnt, nach Jahren jedoch von der Regierung als eigene Vorhaben verabschiedet... (Rudolf, S.47-48).

5.3.1883
Wien: Todesfeier für Richard Wagner
Die Todesfeier gerät zur nationalen Demonstration für Deutschland. Man singt das Lied "Wacht am Rhein". Die Wachen wollen gewaltsam den Saal räumen, was ihnen aber nicht gelingt (Schnee, S.18).

Richard Wagner prägte das pauschale Wort über Juden: "Der Jude ist der plastische Dämon des Verfalles der Menschheit." (Rudolf, S.63)

[und die Musik eines solchen Antisemiten wird nicht verboten...]

1.7.1883
Zeitschrift: "Deutsche Worte" - "Unverfälschte Deutsche Worte"
Schönerer trennt sich von der Zeitschrift "Deutsche Worte" wegen der ungenauen Position in der "Judenfrage" und gründet am 1.Juli 1883 sein Sprachrohr "Unverfälschte Deutsche Worte", das bis 1887 von Anton Langgassner geleitet wird (Schnee, S.13).

[Schönerer scheint es für nötig zu finden, sich in seinem Feindbild festzubeissen und dies auch noch schriftlich auszudrücken. Der Kaiser hockt weiter still auf seinem Sessel...]


1884

Schönerer bekennt sich zur Auffassung von Dühring: Die "Judenfrage" sei eine Rassen-, Sitten- und Kulturfrage, keine konfessionelle Frage (Schnee, S.31).


Kampf gegen das jüdische Bankhaus Rothschild und die Nordbahnprivilegien
(Schnee, S.20/21; Rudolf, S.43,46)

Rothschild (mit seiner Bank mit grossem Einfluss in Wien und Paris) möchte sein Konzessionsprivileg der Nordbahn verlängern lassen und reicht schon 1884 beim Parlament die Vorlage auf Verlängerung der Konzession für weitere 80 Jahre ein, mit Recht auf Einlösung ab 1905.

Inzwischen hat Bismarck in Preussen die Bahnen verstaatlichen lassen. Schönerer und Lueger streben auch in Österreich die Verstaatlichung an, z.B. für die Nordbahn. Schönerer gibt am 2.April 1884 40'000 Unterschriften für die Verstaatlichung der Nordbahn ab.

Am 21.April 1884 verlangen Lueger und Schönerer im Wiener Rathaus vor versammelter Menge die Verstaatlichung der Nordbahn. Schönerer wettert zugleich pauschal und dumm gegen "die Juden". Die Nationalen bezeichnen die "Nordbahnjuden" als "fetteste Geldjuden", an deren Gesellschaft auch der Kaiser und Erzherzog Albrecht mit grossen Aktienpaketen beteiligt seien.

Am 2. Mai 1884 hält Schönerer seine erste grosse "Nordbahnrede" gegen das Haus Rothschild. Er bezeichnet es als eine Ehre, von der "jüdischen Presse" angegriffen zu werden. Kein Berg der deutsch-österreichischen Alpenländer sei gross genug, um die Grösse der Verachtung zu erreichen, die er gegen die "volksfeindlichen, korrupten Zeitungsschreiber" empfinde. 2675 Gemeinden hätten gegen die Wiedererteilung der Konzession an Rothschild unterschrieben. Rufe im Volk lauten: "Nieder mit den Nordbahnjuden! Hoch Schönerer!"

Die "jüdische Presse" lässt an Schönerers Rede kein gutes Haar. Schönerer und Lueger gelingt jedoch eine kleine, wenn auch für sie unbefriedigende Abänderung der Vorlage: Der Staat erhebt fortan eine Abgabe auf Rothschilds Eisenbahngewinn. Verstaatlicht wird aber nicht.

[Wie die gesamte Situation für Rothschild selbst aussieht, bleibt im Dunkeln, wäre aber eine Untersuchung wert].


1885

Lueger und seine Christlichsoziale Partei betreiben einen konfessionell-wirtschaftlichen Antisemitismus, Schönerer dagegen eine alldeutsche und rassenantisemitische Bewegung (Schnee, S.3). Schönerer ist überzeugter rassischer Antisemit geworden und ergänzt das Linzer Programm mit der Forderung, dass jeder jüdische Einfluss im deutschen Volk Österreichs beseitigt werden müsse:

"Zur Durchführung der angestrebten Reformen ist die Beseitigung des jüdischen Einflusses auf allen Gebieten unerlässlich." (Schnee, S.16,31; Rudolf, S.56)

[Der kleine Hitler, der als Schulbub diese Parolen in sich aufnimmt, wird später genau nach diesen Parolen handeln. Und der für die grosse Mehrheit überflüssige Kaiser in Wien bleibt weiter auf seinem Sessel...].

Schönerer schliesst ab 1885 auch Parteigenossen aus, die aus Loyalität an Kundgebungen für den Kaiser in Wien teilnehmen. Dafür verehrt Schönerer den deutschen Kaiser Wilhelm I. mit Kommersen und Veranstaltungen (Schnee, S.20).

Am 13.2.1885 redet Schönerer im Sophiensaal in Wien gegen die Presse mit Bemerkungen wie "Pestbeule", "Fremdlingen" etc. Schönerer fordert die Zuhörer auf, die "volksfeindlichen Nattern" zu zertreten, der journalistischen "Giftmischerei" und der "jüdischen Journaille" ein Ende zu bereiten (Schnee, S.31, 205-206, 262).

[Solche Formulierungen sind zum Teil bis heute in der Bibel gegen Andersgläubige gerichtet... und Hitler wird sich diese Aussagen wohl gemerkt haben, und die Bibel ist bis heute von den rassistischen Formulierungen nicht gereinigt...].


1.4.1885
Bismarckfeier zu Bismarcks 70. Geburtstag - Bismarcktürme - Festnummern - Wallfahrt

In Wien wird im Sophiensaal der 70. Geburtstag von Bismarck gefeiert. Die Veranstaltung wird zur Kundgebung für "Alldeutschland". Ab diesem Zeitpunkt wird jedes Jahr eine Bismarckfeier veranstaltet. Schönerer lässt in Rosenau, Asch und Eger Bismarcktürme bauen (Schnee, S.19). In Schönerers "Alldeutschem Tagblatt" wird jeden 1. April eine Festnummer zu Ehren Bismarcks herausgegeben und der 1. April zum Festtag erklärt. Bismarck wird jedes Jahr durch eine Wallfahrt geehrt (Schnee, S.93).

Mai 1885
Sudetenland: Deutsche Arbeiterbewegung: Gründung des "Deutschen Gesellenverein"
Wegen Einwanderung von "tschechischen Lohndrückern" in die sudetendeutschen Industriegebiete und der darauf folgenden nationalpolitischen Erhebung kommt es im Mai 1885 in Budweis zur Gründung des "Deutschen Gesellenvereins". Am 15.12.1885 wird in Reichenberg der "Deutsche Gehilfenverein" gegründet (Schnee, S.85).

1885-1891
Schönerer-Lueger-Vorstösse
Bis 1891 bringen Schönerer und Lueger im Wiener Parlament gemeinsame Vorstösse ein, z.B. 1888 innerhalb der "antiliberalen Liga" (Schnee, S.30).


1886

Schönerer tritt aus dem "Deutschen Schulverein" aus, da der Verein dafür eintritt, dass der Schulverein auch Schulen für jüdische Kinder unterhält (Schnee, S.34).

[Schönerers Feindbild beginnt, ihn selbst von einigen Bühnen auszuschliessen].

Am 9.2.1886 gibt Schönerer eine Massenpetition für Zollunion mit dem Bismarck-Reich ab (Schnee, S.35).

[Das ist dem Wiener Kaiser doch egal...]

20.3.1886
"Erster deutscher Bauerntag": Forderung nach neuem Bodenrecht gegen Kapitalisten

Am "Ersten deutschen Bauerntag" fordert Schönerer im Sophiensaal in Wien ein neues Bodenrecht und die Wiederherstellung des alldeutschen Familienrechts, die "Wiederherstellung geschlossener bäuerlicher Familiengüter" sowie die "Unverschuldbarkeit". Der Hauptvorwurf: "Jüdische Kaufleute" kaufen verschuldete Höfe auf und stossen so die Bauern ins Proletariat. Das Feindbild gegen Juden formuliert Schönerer mit dem Satz:

"Und unser Grund und Boden soll auch weiter im Besitz der Deutschen bleiben und nicht in das Eigentum nomadisierender Völkerschaften übergehen!"

Schönerer wettert gegen die "jüdischen Kaufleute" und Grundbesitzer und spricht am Ende von einem neuen "Zehrstand":

"Europa gehört dem arischen Volke, und dieses Eigentumsrecht darf nicht verletzt und unser vaterländischer Grund und Boden nicht zum Tummelplatz für herrschsüchtige, feindliche, volksvergiftende, nomadische und semitische Elemente werden [�]

In früheren Zeiten sprach man, und zwar damals mit Recht, von drei Hauptständen, vom Lehrstand, vom Nährstand und vom Wehrstand. Heute ist noch ein vierter Stand hinzugekommen: der Zehrstand; nämlich jener, der nicht säet, aber doch reichlich erntet, - und dessen Hauptvertreter ist immer und überall der Jude!" (Schnee, S.35, Rudolf, S.49-52)

[Mit solchen Sätzen ist Adolf Hitler aufgewachsen� und der Kaiser und die Regierung taten scheinbar nichts dagegen...].

1886 ca.
Gedicht über Juden, die verschuldeten Bauern den Hof abkaufen (Rudolf)
Das Gedicht beklagt pauschal, dass Juden an der Armut von Deutschösterreichern schuld seien, und endet mit der Zeile: "O schütze deine Söhne, Vaterland!" (Rudolf, S.53)

1886 ca.
Einführung des "Deutschen Brauchtums"
(Rudolf, S.54-55)

Die Schönerer-Bewegung führt alte "germanische" Feste und "Sitten" wieder ein, um sich selbst vor Slawisierung und dem Judentum abzugrenzen:
-- Ostara-Fest
-- Sonnenwendfeier
-- Julzeit
-- Förderung des Naturglaubens
-- deutsch denken, deutsch schreiben, deutsch reden
-- die Wendungen "Prosit" und "Servus" werden durch "Heil" ersetzt.

[Diese Praktiken sollten im Dritten Reich staatliche Wirklichkeit werden...].

Schönerer lässt auch schwarz-weiss-rot geränderte Karten drucken mit deutschen Sprüchen drucken, in dem alles "Deutsche" betont wird, mit jüdischem Feindbild.

Schönerer formuliert auch eine Aufopferungspflicht:
"Wer für sein Volk nicht lebt und stirbt,
ist wert, dass er in Schmach verdirbt!"

[Hitler hat solche Sprüche als Bub in seinem Kopf verankert und hat das Feindbild einfach übernommen...].

Schönerer legt mit seiner Propaganda den Grund zu einer "wahrhaft deutschen Lebensauffassung".

Schönerer wirbt nicht nur vor "Schnickschnack" und "Zivilisationsquark", sondern behauptet auch: "Deutschland ist mein Vaterland - Österreich mein Mutterland!"

[Und der Kaiser lebt weiter in Wien und lässt Walzer tanzen...].

5.7.1886
"Schulverein für Deutsche"
Schönerer gründet den "Schulverein für Deutsche", dem er wiederum als Aufsichtsrat angehört, und
-- der 1889 bereits 20'000 Mitglieder zählt
-- der aber 1889 nach Schönerers Verurteilung von der Regierung aufgelöst wird (Schnee, S.35).


1887

Die "Illustrierte Wiener Volkszeitung" der Christlichsozialen Lueger-Gruppe

Sie ist vor allem gegen die wirtschaftliche Tätigkeit von Juden in Deutschösterreich gerichtet. Im Untertitel bezeichnet sie sich selbst als "Organ der Antisemiten". Träger ist Lueger mit seinem antisemitischen Flügel der christlichsozialen Partei (Schnee, S.27).

[Das verdummende Feindbild gegen Juden verankert sich nun sogar in einer Volkszeitung...].


Die Abgeordneten um Schönerer in Wien sind Türk, Fiegl, Fürnkranz, Ursin, Kaiser (Schnee, S.11). Auch Dr. Otto Boeckel aus Marburg wird als Vertreter des Rassenantisemitismus in den Reichstag  in Wien gewählt (Schnee, S.24).

Am 21.3.1887 feiert Deutschland den 90. Geburtstag von Kaiser Wilhelm I. Schönerer gibt einen Kommers für Kaiser Wilhelm I. in Wien. Er verehrt dann auch Wilhelm II. (Schnee, S.20).

Am 3.4.1887 schliesst der "Erste Wiener Turnverein" (gegr. 1861) ca. 500 Juden aus. Am Kreisturnfest 1887 kommt es zu judenfeindlichen Äusserungen (Schnee, S.33).

Schönerer protestiert am 28. April 1887 gegen den jüdischen Einfluss in Arbeiterkreisen. Er präsentiert gleichzeitig ein alternatives Reformprogramm für die Arbeiter in Österreich (Schnee, S.32).

Am 27.5.1887 hält Schönerer eine Rede gegen die Einwanderung und die Niederlassung ausländischer Juden und beantragt ein "Antisemitengesetz" mit der Begründung, die "USA" hätten auch eine "Anti-Chinesen-Bill" gegen chinesische Einwanderung. Die "Presse" in Wien schildert Schönerers Antrag als "verwerfliche Kundgebung". Schönerer wird als "Judenfresser" dargestellt (Schnee, S.32,36213-214,).

[Wer frisst hier wen? Es scheinen mehrere Verantwortliche sich an den Machiavellismus zu halten: Zum Machterhalt muss man über Leichen gehen...].

Schönerer schlägt gegen die Darstellung als "Judenfresser" zurück und bezeichnet die "Presse"in Wien im Gegenzug als "entartet", und
-- fordert die Einschränkung des Hausier-, Noten- und Ratenhandels
-- fordert deutsche Lehrer für deutsche Kinder
-- fordert eine hohe Besteuerung der Börsengeschäfte, die Beschränkung der "Güterschlächterei" und eine Reform im Pressewesen.

Trotz heftiger Gegenwehr beginnt der Börsen-Liberalismus durch die nationalen Bewegungen langsam aber sicher zu bröckeln.

Schönerer wird nun noch extremer. Er prägt rassistische Sprüche, um sich gegenüber getauften Juden und den gemässigt antisemitischen Politikern um Lueger abzugrenzen. Die Flut antisemitischer Zeitungen, Lieder und Gedichte ist dabei nicht mehr aufzuhalten. Schönerer agitiert weiter in Reden, übersteigert sich in seinem Feindbild und meint, dies sei "nationale Politik": (Rudolf, S.58-61,63)..

[Diese Sprüche schreiben wir lieber nicht, das muss jeder selbst nachlesen].

Schönerer argumentiert u.a., schon Goethe habe gesagt:

"Und dieses schlaue Volk sieht einen Weg nur offen:
 solang die Ordnung steht, solang hat's nichts zu hoffen!" (Rudolf, S.63)

[Ist Goethe auch unter die verdummten Antisemiten zu zählen? Scheinbar ja!]


Dr. Theodor Billroth unterstützt Schönerers Gedanken, dass alle Juden eine eigene Nation darstellen und diese sicher nicht Österreicher werden könnten, wie es die Regierung anstrebt (Rudolf, S.63).

[Sogar Leute mit "Doktor"-Titel glauben solchen Schwachsinn...]

Weitere pauschale Verurteilungen kommen z.B. von Andreas Sutor, der Juden pauschal mit  Mäusen auf dem Getreideboden oder mit Motten in Kleidern vergeicht. Der "Dichter" Viktor von Scheffel definiert eine angeborene Abneigung germanischer Völker gegen die Semiten aufgrund der Abstammung (Rudolf, S.63). Der Jude Karl Marx (eigentlich: Mardochai) gibt selbst über seine "Rasse" an, dass das Judentum nur "Eigennutz" im Sinn habe und dass das "Geld" der Gott der Juden sei (Rudolf, S.63).

[Hitler wird als Bub diese Aussprüche nicht überhört haben, und der Kaiser in Wien bleibt weiter auf seinem Sessel...].

1887
"Germanenfeier" von Schönerer
zum 2000-jährigen Auftreten der "Germanen" in der Weltgeschichte (Schnee, S.45-46).

Am 27.11.1887 - nach der "Germanenfeier" - gründet sich unter Langassner in Salzburg der "Germanenbund". Langassner ist ein getreuer Gefolgsmann Schönerers (Schnee, S.46).


1888

Turnvereine: Der niederösterreichische Turngau beschliesst, nur noch Vereine aufzunehmen, die keine Juden als Mitglieder haben (Schnee, S.33).

Gründung des "Deutschen Volksblatts" von Ernst Vergani
Ernst Vergani, "deutschblütig" aus Galizien, wird 1888 zum Obmann des Ausschusses der Bewegung Schönerers gewählt, der die Gründung einer Tageszeitung veranlassen soll. Vergani gründet ohne Abmachung mit Schönerer das "Deutsche Volksblatt" als Organ der Antisemiten in Österreich und hat damit Erfolg. Das Blatt wird die bekannteste antisemitische Zeitung. Mitarbeiter sind u.a. der Prager Burschenschaftler Julius Patzelt und der Schönerianer Karl Hermann Wolf (Schnee, S.41-42).

[Jetzt sind es also schon zwei Volkszeitungen, die mit der antisemitischen Krankheit argumentieren...]

8.3.1888
Der Skandal: Der zu früh gemeldete Tod des Kaisers Wilhelm I. - Schönerer dringt beim "Neuen Wiener Tageblatt" ein - die Hetze gegen Schönerer
Das jüdische "Neue Wiener Tagblatt" meldet in einer Sonderausgabe voreilig den Tod von Kaiser Wilhelm I. Am selben Tag meldet ein neues Extrablatt desselben "Neuen Wiener Tagblatt", dass der Kaiser Wilhelm I. noch lebe. Die Volksmenge wittert Geschäftemacherei. Schönerer dringt am Abend empört in die Redaktionsräume des "Neuen Wiener Tagblattes" ein und greift die Redakteure verbal und tätlich an (Schnee, S.36).

Die gesamte jüdische Presse in Wien beginnt am 9.3.1888 eine Kampagne gegen Schönerer wegen dessen Tätlichkeiten, um ihn politisch zu vernichten. Das Vorkommnis wird zu einem "Skandal" hochstilisiert. Falschmeldungen berichten von "Mordbrennerbanden", "Judenverfolgungen", einem "brutalen Überfall", "fluchwürdiges Verbrechen", und es kommt die Forderung nach "Pazifizierung von Wien" auf. Die Regierung hat nur darauf gewartet, Schönerer kaltstellen zu können. Schönerer wird "öffentliche Gewalttätigkeit" vorgehalten.

Schönerer wirft der Regierung vor, "die Juden" würden das einheimische christliche Volk in Österreich betrügen, die "Judengefahr" sei da, und wenn die christlich-germanische Bevölkerung Österreichs es erkennt, dann würden drei Viertel von ihnen "zu seinen Fahnen stossen". Die Juden seien "schandbare Pressebestien".

Im Parlament stellen die Regierungsparteien Antrag auf Auslieferung Schönerers an das Gericht. Schönerers Verbündete, darunter Lueger,  können sich nicht durchsetzen. Das Parlament beschliesst, die Immunität über Schönerer aufzuheben und ihn ans Landesgericht auszuliefern (Schnee, S.36-37; Rudolf, S.9-11).


April / Mai 1888
Das gelenkte Verfahren gegen Schönerer

Von der Regierung wird ein "Erkenntnissenat" gestellt. Die Anklage lautet auf "schweren Hausfriedensbruch". Entlastungszeugen werden gegen jede Regel nicht zugelassen. Die Zeitung des "Neuen Wiener Tageblatt" und die Redakteure behaupten, Schönerer habe von "unserem Kaiser Wilhelm" gesprochen. Nach Gesetz ist diese Äusserung Hochverrat und Schönerer müsste vor ein Geschworenengericht. Für das Verbrechen fehlen den Belastungszeugen jedoch die Beweise.

Vor einem allfälligen Geschworenengericht jedoch hätte Schönerer nach Meinung von Rudolf alle Chancen zu einem Freispruch gehabt, denn:

"... ein solches (Geschworenengericht) hätte ihn bei der fast durchweg nationalen und antisemitischen Stimmung in der Wiener Bevölkerung mit grosser Wahrscheinlichkeit freigesprochen." (Rudolf, S.12)

4.-5.5.1888

Das Verfahren ist ein "politischer Tendenzprozess", der Vorbild für weitere politische Prozesse ist:
-- alle Entlastungszeugen werden zum Eid nicht zugelassen
-- Schönerer dagegen wird u.a. von 9 "Juden" belastet
-- Schönerer wird zu vier Monaten Kerkerstrafe / Zuchthaus verurteilt
-- er verliert den Adelstitel und seine bürgerlichen Ehrenrechte für fünf Jahre (Schnee, S.37-38).

Schönerers Verteidigungsrede bringt vor allem die Botschaft, er sei nicht so ein Lügner wie die andern, der das Volk in die Armut stürze.

Schönerer wirft der Regierung vor, dass sich diese Regierung in die Lehren des Talmud "drängen lasse" und bezeichnet die Presse in Wien als "jüdische Korruptionspresse".

Gleichzeitig beklagt er, die Presse hätte ihn als "Landesverräter" und "Preussenheuchler" verleumdet. Er fordert: "Majestät, macht frei das Volk vom Joch der Judenpresse!" (Rudolf, S.15-16)

[Der Kaiser sieht nur schmunzelnd zu und sitzt auf seinem Stuhl, solange er nicht runterfällt...]

Der Gerichtsvorsitzende von Holzinger muss sich nach dem Prozess vor der erregten Volksmenge schützen und das Gerichtsgebäude durch ein Seitentor verlassen. Die Menge lässt Schönerer beim Verlassen des Gerichtsgebäudes hochleben, spannt seinem Wagen das Pferd aus und zieht den Wagen von Hand. Schönerer steigt aus dem Wagen und läuft mit der Menge zu Fuss, bis zu seiner Wohnung. Die Menge versichert Schönerer "deutsche Treue" und wünscht seinen Kindern alles Gute (Schnee, S.37-38).

[Dieses Vorkommnis wird sich nicht nur bei Hitler wohl zu einem Schlüsselerlebnis hochstilisiert haben, sondern dürfte auch in Deutschland bekannt geworden sein...]

Schönerer verliert für für fünf Jahre seine bürgerlichen Rechte (Rudolf, S.17).


Deutschösterreicher sammeln Unterschriften für Schönerer

Deutschnationale und Antisemitengruppen treffen sich am 12.5.1888 vor Schönerers Wiener Wohnung und erweisen ihm grosse Huldigung. Für Schönerer werden Bittschriften mit insgesamt 45'000 Unterschriften eingereicht. Schönerer legt Berufung gegen das Urteil ein (Schnee, S.38).

oder:

In Deutschösterreich werden über 50'000 Unterschriften für eine Strafmilderung des Urteils gegen Schönerer gesammelt. Der tschechische Justizminister mit einem besonderen Hass auf Schönerer würdigt die Eingaben nicht (Rudolf, S.18).


Volkswiderstand und kaiserliche Terrormassnahmen

Widerstand im Volk äussert sich durch Plakate mit Aufschriften für Schönerer und gegen Juden, wild angebracht in ganz Deutschösterreich.

Der Kaiser erlässt Massnahmen:
-- das Grüssen Schönerers ist verboten
-- Zettelkleben wird verboten
-- Winken ist verboten
-- deutschnationale Lieder wie "Wacht am Rhein" werden verboten
-- Polizisten sollen für die Überführung von Tätern gegen die Vorschriften mit 10 Gulden Prämie extra belohnt werden.

Es kommt also zu einer Kopfgeldjagd gegen Deutschösterreicher.

In Österreich herrschen somit Zustände "wie zur Zeit des Absolutismus." (Rudolf, S.19)

[Konkret: Der Kaiser will einfach auf seinem Thron sitzen bleiben, um mehr geht es ihm nicht...].


Lob und neue Forderungen der jüdischen Wiener Presse an den Kaiser nach dem Prozess

-- die "jüdische Presse" lobt Österreich als "ersten Rechtsstaat der Erde"
-- die Presse behauptet, mit der Haft von Schönerer sei auch der "Sturz des Antisemitismus" verbunden

[das stimmt eben nicht: Die Hetze geht nur in eine "nächste Runde"]

-- die "jüdische Presse" stellt die Forderung an die Direktoren aller grossen Gesellschaften, alle angestellten Antisemiten ausnahmslos und sofort zu entlassen (Rudolf, S.20).


Schönerer hat Einspruch erhoben. Am 23.5.1888 fordert er  erneut eine Zollunion mit dem Zweiten Reich mit einer Massenpetition von 47'648 Unterschriften (Schnee, S.36).

[Das ist dem Kaiser doch egal...]

27.6.1888
Ablehnung von Schönerers Nichtigkeitsbeschwerde

Der Kassationssenat des Obersten Gerichtshofs mit dem 83-jährigen Präsidenten Dr. von Schmerling, Mitglied des "Vereins zur Abwehr des Antisemitismus", lehnt Schönerers Beschwerde ab. Seine Beisitzer werden nach dem Entscheid befördert. Gnade vor dem Kaiser lehnt Schönerer seinerseits ab (Schnee, S.38; Rudolf, S.21).

Deutsche Treue: 100e Leute wollen für Scnönerer ins Gefängnis
Schönerer hat viele Freunde aus allen Berufständen (Rudolf: "viele hundert deutsche Männer"), die sich bereit erklären, die Haft für Schönerer anzutreten (Rudolf, S.24). Vor dem Haftantritt wird "Deutsche Treue" beschworen (Rudolf, S.22).

Schönerer sitzt vom 20.8.1888 bis zum 20. Dezember im Wiener Landgericht seine Strafe in Zelle 17 ab (Schnee, S.38; Rudolf, S.24). Die Schönerer-Partei verliert aber trotzdem Anhänger, die ab 20.8.1888 in die Christlichsoziale Partei unter Lueger wechseln. Lueger betreibt seinen Antisemitismus klerikal-konfessionell und spricht sich gegen die Bekämpfung des Kaiserhofes aus. Er hat damit grossen Erfolg (Schnee, S.40; Rudolf, S.22).

Sudetenland: "Gehilfentag"
Die Sudetenländer sind nun immer mehr durch Tschechisierung bedroht. Am 4.11.1888 hält die dortige Arbeiterbewegung einen ersten "Deutschen Gehilfentag" in Reichenberg für Böhmen und Mähren ab (Schnee, S.85).




1889



Schönerer hält nun massenweise Vorträge über das Deutschtum. Er glaubt an den "gesunden Sinn" des Volkes und hält dessen sittliche Wiedergeburt für möglich. Sein Kampf gegen Ministerpräsident Taaffe ist nur um so schärfer (Rudolf, S.64). [Es findet also wieder eine Eskalation statt eine Problemlösung statt...]

Im selben Jahr wird der antisemitische "Turnerbund" gegründet mit dem Wahlspruch:
"Durch Reinheit zur Einheit!" (Schnee, S.33)



Auch in der Deutschsozialen Partei sollen im neuen Programm von 1889 die Juden unter Fremdenrecht gestellt werden (Schnee, S.32).

Die Regierung selbst löst den "Schulverein für Deutsche" auf
(Schnee, S.35).



Bruch zwischen Vergani und Schönerer wegen dem "Deutschen Volksblatt"

Schönerer hält Vergani nicht für den richtigen Mann zur Leitung des alldeutschen "Deutschen Volksblattes". Vergani vertritt die Linie von Lueger und bekämpft den Kaiserhof nicht. Vergani kann das "Deutsche Volksblatt" aber bis zu seinem Tod Anfang des 20. Jh. weiterführen (Schnee, S.41-42).

Südtirol: Ab 1889 profiliert sich ein "völkischer Dichter" Arthur von Wallpach  für die
rassische Idee, für die Einheit des Blutes, für das "nordrassische Empfinden".
Wallpach schreibt Kampflieder und Gedichte, die von den Behörden beschlagnahmt werden. Dafür werden sie dann im Parlament vorgelesen... [durch Immunität möglich].
Wallpach ( führt auch eine "völkische" Zeitung, den "Scherer"Schnee, S.48-49).

16.9.1889

Auflösung des "Deutschnationalen Vereins"
durch die Behörden. Schönerer hält seine politische Tätigkeit für abgeschlossen. Er hätte sich mit den "Werten" "Volk und Rasse" zum "Volksführer" aufschwingen können, aber er ist nicht der Mensch, der die Massen manipulieren kann. Er erkennt die Bedeutung der Massenpropaganda nicht  (Schnee, S.40,42).



1890

Schönerer veranstaltet 1890 in Wien zu Ehren des "grossen" Strategen Moltke, dem Sieger von Königgrätz, eine Feier mit der Betonung, dass Leute wie Moltke und Bismarck von "volksdeutscher Bedeutung" seien (Schnee, S.42).



Jüngere Unterführer drängen Schönerer weiter zur Zusammenarbeit mit Lueger, so dass Lueger und Schönerer 1890 in den Gemeinderatswahlen zusammengehen, mit der Wahlparole: "Hoch Lueger! Hoch Schönerer!" (Schnee, S.44)

Der "Deutsche Volksverein" wird am 18.1.1890 die Nachfolgevereinigung vom "Deutschnationalen Verein" mit Schönerer im Vorsitz
(Schnee, S.42).

[Der k.u.k.-Staat dreht sich in der Politik in Deutschösterreich offensichtlich im Kreis...].


Ab 6. April 1890 erscheint als neue Zeitung der deutsch-nationalen Bewegung die "Ostdeutsche Rundschau", zuerst wöchentlich, dann täglich. Herausgeber ist Karl Hermann Wolf, mit einer freundlichen Haltung gegenüber Lueger (Schnee, S.45).



1891



Endgültige Spaltung der Antisemiten in Deutschösterreich

(Schnee, S.27-28, 30)

1891 spalten sich die Antisemiten in Deutschösterreich endgültig in konfessionell-dynastietreu-wirtschaftlich denkende Antisemiten der Christlichsozialen unter Lueger und in deutschnationale antidynastische Antisemiten der Deutschnationalen unter Schönerer mit starker Anhängerschaft in der Studentenschaft.

Auch der Gelehrte und Mediziner Theodor Billroth postuliert, die Juden seien eine eigene Nation. Die Burschenschaft "Libertas" anerkennt schon im WS 1878/79 getaufte Juden nicht mehr an. Schönerer hält an der Reinheit der Ideen fest und arrangiert sich nicht mit andersdenkenden Partnern.



1892



"Slawisierung": 1892 wird Bischof Dr. Kohn zum Erzbischof von Olmütz gewählt. Er begünstigt die Slawisierungspolitik durch mangelndes soziales Verständnis. Schönerer und die Deutsch-Nationalen stellen sich fortan gegen ihn (Schnee, S.47-48).


Schönerer hält nach zweijähriger Pause am 5.7.1892 wieder einen Parteitag ab und übernimmt die Losung des Turnerbundes von 1889: "Durch Reinheit zur Einheit." (Schnee, S.42)

[Hitler ist 3 Jahre alt, und die Welt seiner Familie ist eine pauschal wertende, antisemitische Welt in Österreich. Der Vater ist Zollbeamter, schliesslich ein Alkoholiker, eine denkbar schlechte Voraussetzung für Adolf, ein "guter Demokrat" zu werden...].

Gründung des "Zeitweiser" (bis 1914), eine Zeitschrift von Karl Iro. Die Zeitschrift vertritt v.a. Schönerers Ideen und den Antisemitismus. Sie besteht bis 1914 (Schnee, S.46-47) [und Hitler wird alle diese Gedanken in sich aufnehmen...]


Schönerers Forderungen gegen die Juden

[Dies sind Forderungen, die von Hitlers NS-Regime im Dritten Reich später umgesetzt werden]:

1. ein Gesetz gegen die weitere Einwanderung fremder Juden

2. das Verbot der Judentaufe und der Abänderung jüdischer Namen

3. Gemeinden sollen das Recht haben, die Niederlassung von Angehörigen jüdischer Rasse zu untersagen

4. Heimats- und Bürgerrechte an Juden sollen verboten werden
5. Juden sollen keinen Grundbesitz mehr erwerben dürfen

6. höhere Besteuerung aller Objekte, die sich in den Händen von Juden befinden

7. ausgiebige Besteuerung der Börsen als der Sammelpunkte des jüdischen Spekulantentums

8. Schönerer fordert eine Mediatisierung (dem Landesrecht unterwerfen) der jüdischen Finanzfürsten und der jüdischen Finanzinstitute zugunsten des Staates. Da man einst die Kirchen- und Klostergüter im Interesse des Staates eingezogen hat, brauche man jetzt vor den riesigen jüdischen Vermögen nicht ängstlich Halt zu machen. Diese Forderung müsste von allen Völkern gleichzeitig durchgeführt werden

9. Schönerer fordert ein Gesetz, das bestimmt, dass nur Deutsche über Deutsche (beziehungsweise Arier über Arier) zu Gericht sitzen dürfen. Juden können weder Richter noch Staatsanwalt werden, auch nicht die Stelle von Geschworenen einnehmen, es sei denn, dass sie ihre nichtjüdische Abstammung für drei Generationen nachweisen können

10. Juden sollen keine öffentlichen Ämter bekleiden dürfen; das passive und aktive Wahlrecht ist ihnen abzusprechen

11. Juden sollen nur nach ihrem Prozentanteil in der Bevölkerung am Unterricht in höheren Schulen teilnehmen können, an deutschen Schulen dürfen nur deutsche Lehrer unterrichten

12. Ausschaltung der Rassejuden aus der Presse. Kein Jude darf Eigentümer einer Zeitung sein oder ihrem Redaktionspersonal angehören

13. Verbot der Mischehen zwischen Deutschen und Juden
14. Ausschaltung der Juden aus sämtlichen Vereinen
15. Deutsche sollen bei ihren Volksgenossen kaufen

Gleichzeitig hofft Schönerer, dass in anderen Ländern in gleicher Weise Forderungen gegen die Juden gestellt werden (Schnee, S.46-47).

[Hitler muss sie später nur noch abschreiben...]



1893



"Arierparagraphen" in Burschenschaften der Studenten
-- in Wien: "Albia", "Allemannia", "Bruna-Sudetia", "Libertas", "Moldavia", "Olympia", "Silesia"
-- in Czernowitz: "Arminia"
-- in Graz: "Allemannia", "Arminia"
-- in Innsbruck: "Pappenheimer", "Suevia"
-- in Prag: "Albia", "Carolina", "Ghibellinia", "Teutonia" (Schnee, S.32-33).


1893-1895
Kabinett von Fürst Windischgrätz
Windischgrätz regiert mit einem völlig aristokratisch-adligen Kabinett, das in Deutschösterreich verhasst ist (Rudolf, S.65).

1893 arbeiten Schönerer und Lueger im Wahlkampf zusammen, vor allem auf Betreiben von Karl Hermann Wolf. Schönerer hält sich jedoch immer mehr von Luegers Anhängerschaft fern und bleibt ausserhalb des antisemitischen "Bürgerklubs" (gemischt zwischen christlichsozial und deutschnational) (Schnee, S.44).

29.6.1893

Gründung der Arbeiterbewegung in den Sudetenländern: "Deutschnationaler Arbeiterbund"

zur Verbreitung des "völkischen Gedankens" in der Arbeiterschaft von Schönerer gegründet. Obmann ist Aichinger, dann der Mechanikergehilfe Franz Stein aus Wien. Die deutschnationale Arbeiterbewegung führt ihre eigene Zeitung: "Der Hammer" (Schnee, S.45,85).



1894



Zweiter "Deutscher Bauerntag"

unter Langassner, der Germanenbund-Mitbegründer aus Salzburg (Schnee, S.46).

8.12.1894
Schönerer gründet den "Bund deutscher Landwirte in der Ostmark"
(Schnee, S.44)



1895



Schönerer beschwört einen zweiten Bismarck

Schönerer ruft in "Unverfälschte Deutsche Worte" zu Alldeutschland und einem Bismarck der Zukunft auf, der ein Alldeutsches Reich gründen werde: "Heil Alldeutschland! Heil dem Bismarck der Zukunft!" (Schnee, S.50)


Ab Mitte 1895 bezeichnet sich die Bewegung von Schönerer als "Alldeutsche" (vorher: von "Zweimännerpartei" zu "deutschnational", "deutschvölkisch" oder auch "deutschradikal") (Schnee, S.75-76).


Wien: Das Kabinett Badeni

Graf Badeni, ein Tscheche, wird österreichischer Ministerpräsident. Im Kabinett sind
-- ein polnischer Finanzminister
-- ein polnischer Innenminister
-- ein galizischer Landsmannminister sowie
-- der polnische Aussenminister Graf Goluchowski (Schnee, S.50).

[Wo sind denn da noch Deutsche?]

15.4.1895

Slawisierung: Schönerer wird Gegner des Staates und sogar Gegner Bismarcks


Schönerer wird während der "Slawisierungsversuche" von Ministerpräsident Badeni zum Gegner des Habsburgerstaates überhaupt. Seiner Meinung nach hat der Kaiserhof in Wien nichts mehr zu suchen.

Schönerer  schreitet dabei weit über Bismarck hinaus. Bismarck lehnt gleichzeitig die revolutionären Pläne Schönerers ab. Am Treffen mit Bismarck am 15.April 1895 verpflichtet dieser die Huldigungsabordnung Deutschösterreichs, zur Dynastie gute Beziehungen zu pflegen. Bismarck kann auch später den Kampf gegen Badeni nicht mehr verstehen und verurteilt den Widerstand der Deutschnationalen.

Für Schönerer stösst Bismarck an die Grenze seines Staatsdenkens. Bismarck schützt immer die Dynastie und mahnt immer zur Treue zum Staat: Man solle sich unentbehrlich machen. Schönerer gerät mit seiner starren politischen Haltung selbst mehr und mehr in die Minderheit (Schnee, S.49-50).

16.6.1895

Rücktritte Schönerers
Schönerer legt die Führung der Deutschnationalen nieder und tritt aus dem "Deutschen Volksverein" aus (Schnee, S.44).



1896

Arbeiterbewegung in den Sudetenländern

Der deutsche Gehilfentag strebt nach der Gründung eines grossen Verbandes gegen die schleichende "Slawisierung" (Schnee, S.85).



1897



Das Sturmjahr / das "Badenijahr" der versuchten beschleunigten Tschechisierung

1897 ist der "Höhepunkt des Kampfes zwischen Deutschen und Tschechen" (Schnee, S.50). Das Badenijahr gibt der Arbeiterbewegung in den Sudetenländern neuen Auftrieb (Schnee, S.85).

[und der Kaiser amüsiert sich dabei und sitzt weiter untätig auf seinem Stuhl].

Die Geschehnisse des "Badenijahrs"
Der ehemals deutsche, nun tschechische Fürst Schwarzenberg entreisst den Deutschen den Wahlkreis Budweis. Schönerer brandmarkt Schwarzenberg als "Renegaten" / Abtrünningen. Schönerer fordert im Parlament deutsche Seelsorger für deutsche Gemeinden (Schnee, S.64).


Badenis Sprachenverordnung und die Gegenwehr

Am 5. und 22.4.1897 stellt Ministerpräsident Badeni im Parlament eine neue "Sprachverordnung" vor.
Neu sollen in Böhmen und Mähren im äusseren und inneren Dienstverkehr der Behörden die deutsche und die tschechische Sprache gleichgestellt sein. So können die tschechischen Behörden tschechische Beamte in deutsche Gebiete entsenden und die dortigen Deutschen zum Tschechisch zwingen. Ab 1.Juli 1901 sollen nur noch zweisprachige Beamte in diesen Gebieten angestellt werden dürfen, und dies werden alles Tschechen sein, weil die Deutschösterreicher kein Tschechisch können.

Es ist dies für die deutschnationalen Abgeordneten eine "Tschechisierung" durch Ministerialerlass, ohne Mehrheit in der Volksvertretung und ohne Gesetz:

-- Böhmen und Mähren verfügen über rein deutsche Gegenden
-- es seien Deutsche, "die den Staat gegründet, die ihn aufgebaut hatten"
-- es seien Deutsche Österreichs, "welche die grössten Opfer an Gut und Blut brachten"
-- diesen Deutschen drohe nun eine Zurückversetzung.

Tschechisch lernen soll Pflicht werden, was als "Vergewaltigung" (Schnee) empfunden wird. Durch das deutsche Volk Österreichs geht ein einziger Aufschrei.

Als Reaktion hat die Volkstümlichkeit in Deutschösterreich und den Sudetenländern erneut einen Gegenaufschwung. Die Sprachenverordnung sei ein "Attentat auf das deutsche Volk" (Schnee, S.50-51; Rudolf, S.66).



In Salzburg hält Iro eine Versammlung des "Deutschen Volksvereins" ab. Iro verlangt eine Erweiterung des Linzer Programms mit der Relegation des Wiener Kaisers unter den Kaiserhof von Berlin: Der österreichische Kaiser soll als deutscher Bundesfürst mit seinen einstmals deutschen Bundesländern dem Staatenbund "Deutsches Reich" beitreten. Die Versammlung skandiert den neuen Ruf: "Nieder mit Badeni!" und auch: "Los von Rom!" (Schnee, S.60).

Schönerer nimmt den Gedanken der Relegation des Wiener Kaisers als Bundesfürst von Deutschösterreich 1901 in sein "Alldeutsches Grundprogramm" auf.

[Genau das will der Kaiser in Wien nicht: zum deutschen Bundesfürsten degradiert werden...].

Rom wird ab jetzt zu einem weiteren Feind der Schönerer-Bewegung, weil die Slawisierungen mit dem Segen Roms vor sich gehen (Schnee, S.60).

Der Sprachenstreit wird in Berlin mitverfolgt. Die Zentrumspartei nimmt für die Klerikalen und Christlichsozialen Stellung, alle anderen für die Deutschnationalen (Rudolf, S.86).

[Der Kaiser in Wien aber spielt weiter mit seinen Bevölkerungen...].

Dresden: Am 9.5.1897 wird ein "Deutscher Volkstag" gegen die Sprachverordnung von Badeni abgehalten (Schnee, S.52).

Am 2.7.1897 redet Schönerer in Hamburg gegen Badenis Sprachverordnung (Schnee, S.52).

Am 11.7.1897 erfolgt am verbotenen Volkstag in Eger der "Schwur von Eger", im Kampf gegen das Sprachengesetz von Badeni nicht zu wanken. 54 deutsche Volksgenossen werden von der tschechischen Polizeisoldateska verletzt. Die Verletzten werden im "Alldeutschen Tagblatt" als "Blutopfer für den deutschen Charakter von Eger" gefeiert.

In den Alpenländern Österreichs finden für Deutsch-Böhmen Sympathie-Kundgebungen statt, ebenso im Zweiten Reich. Es kommt nun auch im Reich zu einer "völkischen Begeisterung" (Schnee, S.53).

[Das heisst: Die Eskalation wird nun staatspolitisch eine gesamtdeutsche Angelegenheit, und die Kaiserhäuser lassen diese Eskalation zu...].

Am 25.9.1897 wird Badeni in einem Duell mit Karl Hermann Wolf verwundet.
Karl Hermann Wolf wird dabei zum "Held des Tages" und zum "Abgott der Sudetendeutschen". In diplomatischen Berichten der Deutschen Botschaft in Wien wird Wolf mehrfach als "Führer der Alldeutschen" hervorgehoben (Schnee, S.77-78).

Am 21.10.1897 setzt sich auch Historiker Theodor Mommsen  in einem Brief in der "Neuen Freien Presse" für die "Völkischen" ein: "Seid hart! Vernunft nimmt der Schädel der Tschechen nicht an, aber für Schläge ist auch er zugänglich." (Schnee, S.53)

[Eine schlimmere Eskalation ist kaum vorstellbar...]


In der Folge kommt es zur einheitlichen Front gegen das Sprachengesetz  (Rudolf, S.68-71). Die Schönerianer aus den Sudetenländern blasen am 28.-29.10.1897 zum Kampf und wenden alle Regeln des Widerstandes an, um das Gesetz im Parlament zu bekämpfen. Dazu wird die Demokratie in eklatanter Weise missbraucht, so wie der Kaiser die Staatsform für seine Zwecke stets benutzte.

Beteiligte sind Schönerer (Landsgemeindebezirk Eger), Karl Iro (Landsgemeindebezirk Plan), Franz Kittel (Landsgemeindebezirk Saaz), Karl Türk (Troppau) und Karl Hermann Wolf (Städtebezirk Hohenelbe).


Die überlange Sitzung über das Sprachengesetz von Badeni - der erzwungene Abbruch der Sitzung ohne Beschluss

Die Nationalen wenden nun einen Trick an, um die Verabschiedung des Gesetzes zu verunmöglichen. Die Sitzung wird zur längsten Plenarsitzung Europas. Die bis dahin längste 32-stündige europäische Rekordsitzung in England, wo Gladstone die Durchführung der irischen Zwangs-Bill durchdrückte, wird übertroffen. Dr. Lecher hält eine 12-stündige "Dauerrede", von 9 Uhr abends bis 9 Uhr morgens, währenddessen die slawisch-klerikale-polnischen Abgeordneten sich am Buffet verpflegen und in Vorräumen ihr Nachtlager aufschlagen. Der Konsum der Nacht beträgt 14 hl Bier und 1 hl Wein (Rudolf). Lechers Rede wird später in Buchform publiziert.

Die durch weitere oppositionelle Redner auf 33 Stunden ausgedehnte Sitzung muss schliesslich vor Erreichen einer Abstimmung abgebrochen werden. Das Gesetz ist vorerst verhindert und die Kampfentschlossenheit der Deutschnationalen bewiesen.

Während der Auseinandersetzung um das neue Gesetz und danach blicken die Sudetendeutschen sehnsüchtiger denn je ins Deutsche Kaiserreich. Das Zweite Reich wird für sie nun erst recht zum deutschen Vaterland. Neues Schlagwort von Wolf: "Germania irredenta".

Im Sprachenkampf der Sudeten gegen die Tschechen verschwinden nun die Klassenunterschiede und die politischen Unterschiede zwischen den Leuten. Es wird der planmässige Kampf gegen die Sprachverordnung organisiert, auch in Deutschland.

[Hier ist der Ursprung der Begeisterung im Sudeten-Anschluss zu suchen. Dieser Anschluss wird später noch mehr Energie erhalten, als der "Friedensvertrag" mit Österreich von 1919 die Sudetenländer der "CSSR" einverleibt].


24.11.1897

Badenis Gegenwehr mit ungesetzlichem Abbruch der Sitzung


Ministerpräsident Badenis Ziel in der jetzigen Situation ist es, dem Parlament eine ihm genehme, aber gesetzeswidrige Geschäftsordnung aufzuzwingen. Es sind 84 Petitionen gegen das Sprachengesetz eingegangen, über die je zweimal namentlich abgestimmt werden muss. Dies verpflichtet das Parlament zu je 168 Abstimmungen zu je einer halben Stunde, was der Präsident und seine Regierung verhindern wollen.

Schönerer ist der erste, der unter Beifall der deutsch-nationalen Abgeordneten auf die Bühne springt und die Regierung mit Pfuirufen überschüttet. Badeni kann auch mit einem kalten Lächeln und taktischen Manövern wie dem Verlassen des Saales die aufgebrachte Opposition nicht vom Recht auf Abstimmung abbringen. Es entwickelt sich ein Streit um das Präsidentenglöckchen, der zu einer Keilerei ausartet. Badeni schliesst die Sitzung (Rudolf, S.72-75).


25.11.1897

Das Gesetz zum Ausschluss gewisser Parlamentarier: "Lex Falkenhayn"


Auf Antrag des klerikalen Abgeordneten Graf Falkenhayn hin beschliesst die Mehrheit des Parlaments die "Lex Falkenhayn":

Missliebigen Abgeordneten

-- soll das Wort entzogen werden können
-- soll ein Verweis vom Parlament bis zu 30 Tagen erteilt werden können
-- soll bei Verweigerung des Befehls die Polizeigewalt zum Vollzug aufgezwungen werden können.

Das Parlament beschliesst mit Mehrheit, das neue Gesetz ohne Debatte anzunehmen. Die deutsch-nationale Minderheit fühlt sich dabei wieder "vergewaltigt" (Rudolf) und belagert die Ministerbank. Schönerer weist Badeni die Tür, worauf die ganze Regierung unter deutsch-nationalen Flüchen den Saal verlässt. Hauptsache, sie hat die "Lex Falkenhayn" durchgebracht (Rudolf, S.75-76).


26.11.1897

Entscheidung über Badeni und seine Regierung: Die Schlacht mit der Polizei im "Hohen Haus" (Schnee, S.55; Rudolf, S.77-81)

Gleich am Anfang der Sitzung um 11 Uhr ruft die deutsch-nationale Abordnung zur Regierung "Hinaus!"

Der Lärmpegel steigert sich, und zusammen ersteigen die deutsch-nationalen Abgeordneten die Präsidententribüne und werfen alle Unterlagen des Präsidenten inklusive Tintenzeug und Glocke zu Boden. Die Parlamentsdiener können nicht eingreifen, Badeni wird bedrängt. Dieser will flüchten, wird jedoch geschnappt und verprügelt wie auch die beiden Vizepräsidenten.

Wachleute erscheinen mit gezücktem Säbel, von Polizeiräten und Detektiven begleitet, besetzen die Tribüne und räumen die Galerie. Badeni erscheint wieder, verschanzt sich hinter 100 Wachleuten, worauf ihm von den Deutsch-Nationalen mit Vergeltung gedroht wird. Karl Hermann Wolf wird auf seinen Ruf gegen Badeni "Sie gehören ins Kriminal, Sie Hochverräter!" als erster von der Polizei hinausgetragen und für drei Sitzungen gesperrt.

Der Tumult sprengt nun alle Grenzen. Die Deutschnationalen fordern, dass gleich alle von ihnen ausgeschlossen werden. Badeni wird als "Moskowiter", als "russischer Polizeiminister" beschimpft. Papierballen und Tintenfässer fliegen, der Lärm wird mit Kindermusikinstrumenten auch von der Galerie her verstärkt. Schönerer fordert die ganze Regierung "an den Laternenpfahl".

Die Polizei formiert sich unter dem Beifall der Klerikalen und Christlichsozialen. Der Tumult eskaliert. Schönerer wirft Badeni seine Glocke an den Kopf. Massenweise fliegen Bücher, Pultdeckel, Tintenfässer und Akten gegen die Polizei. Jeder der Deutschnationalen wird im Verhältnis 8:1 mit Gewalt hinausgeschleppt, währenddessen die Galerie für die Deutschnationalen Stimmung macht. Die Feuerwehr greift ein und räumt die Galerie, darunter auch der "amerikanische" Journalist und Humorist Mark Twain. Badeni schliesst die Sitzung.


26.-27.11.  1897

Demonstrationen für Schönerer - Gewalt von Polizei und Militär

(Rudolf, S.82-84; Schnee, S.55)

Die Erregung in der Bevölkerung steigert sich. Am Abend des 26. November demonstriert die nationale Studentenschaft für Schönerer vor dem Parlament, vor dem Rathaus und vor dem Innenministerium. Auch die nicht von der Sprachverordnung betroffenen Länder Deutsch-Österreichs geraten in Aufruhr.

Bei Demonstrationen wird der Ausnahmezustand verhängt, der meist durch nichtdeutsches Militär [aus den "slawischen Ländern"] durchgesetzt wird. Die Deutsch-Österreicher werden zu Fremden im eigenen Land. Die Arbeiterschaft in Wien schliesst sich den Demonstrationen an.

Man ruft: "Nieder mit Badeni!"

Die Polizei und das nichtdeutsche ["slawische"] Militär gehen rücksichtslos und brutal auch gegen Frauen und Kinder vor. Es kommt zur höchsten Erbitterung in der deutschösterreichischen Bevölkerung. Die Wache dringt in die Universität ein, was nicht einmal bei der Revolution von 1848 der Fall gewesen war. In Wien zählt man am Abend 61 Verhaftungen.

In Graz, einer fest Schönerer-treuen Stadt, der zweitgrössten Stadt Deutsch-Österreichs, geht das Volk in Massen auf die Strasse mit nationalen Liedern, Reden und Huldigungen. Nach Veröffentlichungen der Geschehnisse im "Tagblatt" kommt es zu Demonstrationen mit dem "Bismarcklied", der "Wacht am Rhein", Pfuirufen auf Badeni und seine "moskowitische Herrschaft".

Nach der Zerstörung des Lokals des klerikalen "Volksblatt" durch die Masse greift slowenisches Militär und bosnische Infanterie ein mit dem Ruf:

"Haut's die Hunde nieder! Haut's die deutschen Hunde nieder!"

Eine Salve hinterlässt zwei Tote und "eine Menge Schwer- und Leichtverletzte" (Rudolf). Die Masse kann durch nationale Führer nur mit Mühe vor der Rache am fremdsprachigen Militär zurückgehalten werden, das sich zurückzieht.
(Rudolf, S.82-84; Schnee, S.55)

[Der Kaiser in Wien hat damit den völkerrechtswidrigen Grenzen der "CSSR" von 1918 Tür und Tor geöffnet...].


Der Empfang der chcristlichsozialen Abgeordneten am 27.11.1897 in Salzburg nach der Badeni-Sitzung wird
zur nationalen Demonstration vor der Landesregierung mit Gesängen "Wacht am Rhein" und anderen nationalen Liedern und Rufen wie: "Nieder Badeni!" - "Nieder mit der Regierung!" - "Nieder mit den Pfaffen!" - "Tod den Juden!" - "Heil Schönerer!" Schliesslich wird die Landesregierung in demonstrativer Weise ausgepfiffen. Die deutsch-nationalen Abgeordneten, die einen Zug später gefahren sind, werden jubelnd empfangen (Schnee, S.85).

28.11.1897

Die Entlassung von Badeni am 28.November 1897


Schnee:
"Am 28.November, einem Sonntag, glich Wien einem Heerlager. Die Ringstrasse ist mit Menschen übersät; die Massen schrien immer wieder: 'Nieder mit Badeni!' "

Dr. Lueger in Wien muss dem Kaiser erklären, dass er für die Ruhe in der Hauptstadt nicht mehr bürgen könne. Erst jetzt wird Badeni entlassen. In ganz Deutschösterreich werden Freudenfeste und Demonstrationen für Schönerer und seine Getreuen veranstaltet (Schnee, S.55; Rudolf, S.86).


29.11.1897

Beerdigung der Opfer von Graz - Bestrafungen für Beteiligte - der Konflikt schwelt im Untergrund


Die Bestattung der Todesopfer der Demonstrationen in Graz findet unter grosser Beteiligung statt. Die Beteiligung für Mittelschüler und Studenten an den Trauerfeierlichkeiten wird verboten. Zur Strafe für die Beteiligung wollen die Behörden die betroffenen Schüler und Studenten relegieren. Da sich plötzlich alle Schüler und Studenten als Beteiligte melden, werden jedoch nur Rügen oder Körperstrafen ausgesprochen.

Dafür werden beteiligte Reserveoffiziere degradiert. Diese verlieren ihren Offiziersgrad. Auch 1914 bei Ausbruch des Weltkrieges wird die Degradierung nicht rückgängig gemacht (Rudolf, S.85).

[Die Diktatur des Kaisers, der nur noch an seinem Sessel klebt und eigentlich völlig überflüssig ist, schreitet fort, und die Eskalation auch...].

Am 7.12.1897 wird zu Ehren Schönerers in Eger ein Fackelzug veranstaltet (Schnee, S.59). Am 10.12.1897 demonstrieren Studenten in Wien gegen Rom und für eine protestantische Kirche und eine nationale Erziehung (Schnee, S.65). Bei einer erneuten Studentendemonstration in Wien erklärt am 12.12.1897 Theodor Rakus:  "Gott verlässt keinen Deutschen. Daran wollen wir festhalten." (Schnee, S.65)

Am selben 12.12.1897 kommen an einem "Deutschen Volkstag" in Wien unter Vorsitz von Karl Hermann Wolf über 6000 Leute aller Parteien zusammen, um die deutsche Staatssprache zu verteidigen. Schönerer wird als "der Retter und Schützer, als der aufrechte Mann" gefeiert (Schnee, S.59; Rudolf, S.86).

Am 14.- 16.12.1897 sind der Sturz Badenis und sein Sprachengesetz Thema im Reichstag in Berlin durch die Abgeordneten Hasse, Zimmermann, Förster und Liebermann von Sonnenberg.  Liebermann zweifelt an der Stärke des Bundesgenossen Österreich, wenn es slawisch geführt wird.

Im Zweiten Reich finden auch wieder Solidaritätskundgebungen für das Deutschtum in Österreich-Ungarn statt. Dabei verbieten die Berliner Behörden allerdings die Einreise von österreichischen Rednern.

Der "Allgemeine Deutsche Schulverein" des Zweiten Reichs organisiert Solidaritätskundgebungen. Historiker Wattenbach "rechtfertigt" die Einmischung mit einer "tiefen Schädigung" des deutschen Volkstums in Österreich durch "fanatische Führer eines fremden Stammes".

Ab dem Sturz Badenis gehen Aussen- und Innenpolitik in Deutschösterreich extrem entgegengesetzte Wege. Viele Reichsdeutsche erkennen das Problem aber kaum, dafür jedoch Engländer und Franzosen (Schnee, S.56-58).

Ab 1897 weitet sich der Kampf um Badenis Sprachprogramm weitet unterschwellig aus, so dass am Ende alle nichtdeutschen Völker der Monarchie in Stimmung gegen alles Deutsche gebracht werden (Rudolf, S.87).
Die deutsch-slawischen Konflikte übertragen sich auf andere Gebiete. Die Regierung in Wien muss immer mehr mit dem Notstandsparagraph 14 regieren, denn die Staatsgrundgesetze können schon von den Bedingungen her nicht mehr eingehalten werden. Das Parlament ist "feige, servil, gekauft und bestochen". Schönerer kämpft vergeblich für seine Ansicht und seine Visionen der Lösung der Lage (Rudolf, S.90).

[aber der Kaiser in Wien will doch kein Bundesfürst werden...]



Ab 1897 entfaltet Karl Hermann Wolf rege Werbetätigkeit in Böhmen für die Alldeutsche Bewegung. In der von Wolf selbst geleiteten "Ostdeutschen Rundschau" wagt es Wolf gegenüber Schönerer oft, eigene Meinungen zu vertreten. Schönerer sieht Wolf nicht ohne Eifersucht zu (Schnee, S.78).



Schönerer selbst hofft fortan, dass Deutschösterreich protestantisch werde und dass Deutschland ein protestantisches Deutschösterreich eher annektieren werde oder wenigstens eher eingreifen werde, als wenn Österreich katholisch ist (Schnee, S.66).

[Ein protestantisches Berlin hat kein grosses Interesse an einem katholischen Österreich. Auch dies scheint ein grosser Faktor im Spiel der Mächte zu sein].

Innerhalb der Los-von-Rom-Bewegung gegen den Katholizismus kommt es in Deutschösterreich 1897-1907 zu ca. 50'000 Kirchenaustritten, v.a. mit Anschluss an die evangelische Kirche. Bis 1914 sind es ca. 100'000 Austritte, davon 75'222 Austritte zur evangelischen Kirche, die anderen werden altkatholisch oder konfessionslos (Schnee, S.68).

1897-1910 läuft die
"Tschechisierung" aber weiter. Bis 1910 steigt durch Zuzüge der Anteil der tschechischen Landesbeamten in Böhmen auf 95 %. Zudem sind Bestrebungen der Tschechen im Gang, das Kronland Niederösterreich zweisprachig zu machen. Dagegen profilieren sich die Schönerianer immer mehr, vor allem durch  Wolf, Türk und Iro. Türk meint gar, die Deutschen müssten ihr Recht ausserhalb Österreichs suchen und ihre letzte Hoffnung auf auswärtige Ereignisse setzen, wenn ihnen in Österreich keine Gerechtigkeit zuteil würde (Schnee, S.59).



1898

Der Buchdruckergehilfe Ferdinand Burschoffsky gründet im April 1898 den Mährisch-Trübauer "Verband deutscher Gehilfen- und Arbeitervereinigungen Österreichs" (Schnee, S.85).

Am 7.6.1898 wird die Sprachenverordnung Badenis aufgehoben, unterstützt mit einer Schönerer-Petition mit 51'674 Unterschriften (Schnee, S.59; Rudolf, S.87).

Am 10.7.1898 spricht Schönerer in Eger vor 3000 Männern an einer deutschen Volksversammlung (Schnee, S.59)

Am 30. Juli 1898 stirbt Bismarck. Schönerer führt die Pilgerfahrten an sein Grab im Sachsenwald bei Hamburg ein
(Schnee, S.19).

[Bismarck hat einen grossen Fehler gemacht: Er hat keinen Nachfolger aufgebaut...].



1899



Schönerer will die Los-von-Rom-Bewegung im Parteiprogramm der "Alldeutschen" sehen
(Schnee, S.78). Damit schafft sich Schönerer aber viele Gegner, z.B.
Alban Schachleiter in Prag. Der am 20. Januar 1861 in Mainz geborene Abt von St. Emaus in Prag, Alban Schachleiter, hat das Hauptverdienst, die Massen der Bevölkerung Deutschösterreichs der katholischen Kirche erhalten zu haben. Ab 1892 ist er im Stift Emaus in Prag tätig, das von Kaiser Karl IV. als ein "Bollwerk" des Deutschtums in Böhmen gegründet wurde. Schachleiter gilt bald als Repräsentant der Deutschen inmitten der Tschechen. Gleichzeitig verfolgen die Tschechen Schachleiter in Prag mit "tödlichem Hass". Er macht trotzdem weiter seine Laufbahn (Schnee, S.71).

[Die Situation eskaliert, statt dass sie reguliert wird...].

Der "Bund deutscher Landwirte in der Ostmark" wird behördlich aufgelöst (Schnee, S.44).

Franz Stein gründet den "Bund deutscher Arbeiter Germania" (Schnee, S.85).


15.1.1899

Schönerer tritt der Los-von-Rom-Bewegung bei - Solidarität in Berlin verboten


Die Führung der Los-von-Rom-Bewegung haben Dr. Eisenkolb (Rechtsanwalt in Karbiss) und Dr. Rakus (Arzt in Salzburg) inne. An einer grossen Los-von-Rom-Versammlung vor 800 Delegierten der Kronländer tritt Schönerer der Bewegung bei und fordert die Hörer zum Kirchenaustritt und Kirchenübertritt zur evangelischen oder altkatholischen Kirche auf. Er selber werde in die evangelische Kirche wechseln, wenn 10'000 Leute mit ihm wechseln würden. Schönerer klopft dabei Sprüche, wo "Germaniens Dom" beschworen wird.

Die Kirchen in Berlin wollen es mit der Kirche in Wien nicht verderben und verbieten der Bevölkerung, für die "Los-von-Rom-Bewegung" Kirchengelder zu spenden. Die Bewegung wird aber durch verschiedene Verlage im Zweiten Reich unterstützt, z.B. durch den Münchner Verleger J.Fr. Lehmann. und seiner Zeitschrift "Wartburg" (Schnee, S.66-67, 70; Rudolf, S.87).

[Es stellt sich die Frage, wieso sich die katholische Kirche die Slawisierung gewähren liess. Auch dem Papst geht es scheinbar nur um seinen Sessel...].


1899 ca.

Christlichsoziale Partei gegen deutschen Klerus

Die christlichsozialen Politiker unter Lueger sprechen von einer "Gefahr eines deutschgesinnten Klerus". Die Forderung Schönerers nach deutschen Priestern für deutsche Gemeinden" wird als "mut- und böswilliger Eingriff in die kirchliche Sphäre" abgewiesen (Rudolf, S.88).


20.5.1899

Die "Gemeinbürgschaft" stellt ihr "Pfingstprogramm" vor

Beteiligt sind
-- die "Deutschfortschrittlichen"
-- die "Freie Deutsche Vereinigung"
-- der "Verfassungstreue Grossgrundbesitz"
-- die "Deutsche Volkspartei"
-- "Christlichsozialen".

Gefordert wird, Deutsch als Vermittlungssprache festzulegen. Dies ist Schönerer aber zu wenig (Schnee, S.59-60).



1900

Dieses Jahr ist der Höhepunkt von Luegers und Schönerers Politik und Einfluss (Schnee, S.3). Schönerer gründet neu den "Deutschen Landwirte-Bund" (Schnee, S.45). Die "Alldeutschen" organisieren sich im
"Deutschnationalen Verein für Österreich", geführt von Karl Hermann Wolf. Schönerer ist Ehrenmitglied.

Abgeordnete der Alldeutschen in Wien sind Hauck (für den 4. und 10.Bezirk in Wien) und Dötz (für Zwettl und Niederösterreich) (Schnee, S.45).

Am 15.1.1900
wechselt Schönerer in die evangelische Kirche, auch ohne dass schon 10'000 Übertritte zustandegekommen sind. Schönerer verfasst auch Werbeschriften gegen Rom.

Andere führende Mitglieder der Alldeutschen Bewegung wie Karl Türk machen beim Kirchenaustritt jedoch nicht mit. Somit wird die Sache für die Masse unglaubwürdig und die Bewegung "Los-von-Rom" kommt nicht zum Durchbruch: Das Vorhaben, die Bevölkerung Deutschösterreichs in der protestantischen Kirche zu einigen, gelingt nicht.  Trotzdem verhilft die Bewegung der evangelischen Kirche und dem Protestantismus in Österreich zu einer gesicherten Macht. Die Klerikalen wagen es fortan nicht mehr, die protestantische Kirche des "Volksverrats" zu bezichtigen (Schnee, S.66,71; Rudolf, S.90).

Am 16.7.1900 postuliert Karl Hermann Wolf an der "Alldeutschen Tagung" in Eger, dass die religiösen Angelegenheiten im Parteigrpgramm nichts zu suchen hätten mit der Begründung:  "Politik ist vergänglich, das Evangelium ist ewig." (Schnee, S.78)




1901



An einer Versammlung lehnen 8 Deutschradikale, darunter die Protestanten Rudolf Berger, Dr. Eisenkolb und Karl Hermann Wolf, die Verbindung der Alldeutschen Bewegung mit der Los-von-Rom-Bewegung ab. Schönerer ist weiter entschieden dafür, dass der Ruf "Los-von-Rom" mit ins Programm aufgenommen wird (Schnee, S.78).

Prag mit dem Stift Emaus erreicht deutschen Priesternachwuchs: 1901 erhält Prag den deutschen Weihbischof Dr. Frind (Schnee, S.72).


1901 verlegt Franz Stein den Sitz seines sudetendeutschen Arbeiterbundes "Germania" nach Wien (Schnee, S.85).


Wahlen 1901: 21 Alldeutsche Abgeordnete

Im Jahr 1901 werden 21 alldeutsche Abgeordnete ins Parlament gewählt, von denen ausser einem alle aus dem Sudetenraum bestimmt sind. Schönerer nennt seine Partei nach den Wahlen öffentlich "Alldeutsche Vereinigung". "Deutschradikal" wird Sammelbegriff für diejenigen, die nicht liberal oder klerikal sind, oder der Deutschen Volkspartei angehören (Schnee, S.73-74, 76).


Arierparagraph

Der gesamte österreichische Turnkreis nimmt 1901 mit 120:15 Stimmen den Arierparagraphen an:
"Verbandsvereine können nur solche sein, welche Deutsche arischer Abstammung als Mitglieder aufnehmen."

Schönerer wird Schirmherr der antisemitischen Turnvereine, später Ehrenmitglied von über 60 antisemitischen Turnvereinen (Schnee, S.34).

[Dem Kaiser ist das alles egal, er will nur seinen Sessel retten...]


Das neue Programm des "Alldeutschen Verbandes"


Es basiert auf dem Linzer Programm von 1882, zusätzlich mit der Forderung des Anschlusses an das Zweite Reich als Bundesland:

-- Vereinigung in einem gemeinsamen Reich

-- Kampf gegen spaltende Mächte

-- unerbittlicher Kampf gegen Judentum, Klassen- und Priesterherrschaft

-- alle Lebensfragen sollen nach deutsch-völkischen Gesichtspunkten geregelt werden

-- Forderung nach der Sicherstellung der deutschen Sprache als Amtssprache

-- Forderung nach Deutsch als Parlamentssprache

-- Forderung nach einem Verbot des Terminhandels: hat Erfolg im Parlament

-- Forderung nach Einschränkung des Getreidewuchers: hat Erfolg im Parlament (Schnee, S.16,74-76,83).


Im "Alldeutschen Verband" regt sich aber Widerstand gegen das neue Programm, denn dem "Alldeutschen Verband" gehören Mitglieder von verschiedenen Parteien an. Vorsitzender Prof. Dr. Hasse setzt sich in Leipzig im Gesamtvorstand für eine öffentliche Kundgebung gegen Schönerer ein. Auf Antrag der österreichischen Mitglieder wird eine öffentliche Erklärung im Interesse des "ringenden Deutschtums" unterlassen. Es kommt zur Spaltung zwischen Schönerer und Karl Hermann Wolf, denn Wolf akzeptiert den Staat (Schnee, S.76-77).

Ab 1901 hofft Schönerer, dass die Tschechen sich zu Deutschen wandeln...
(Schnee, S.75)

[Dem Kaiser in Wien ist dies egal...].





Rothschild wird "hoffähig"

Der jüdische Milliardär Baron Rothschild wird im Januar / Februar 1901 in den Kreis der "hoffähigen Familien" aufgenommen. So protestiert Schönerer am 12.2.1901 in einer Rede für das einfache Volk, dessen Meinung nie gehört werde. Er beklagt eine "Verjudung" im Staatsapparat.

Man solle dem Beispiel des preussischen Justizministers Schönstedt folgen, der klar gemacht habe, dass nicht jeder "Jude" eine Stelle erhalten könne, auch wenn er eine Prüfung abgelegt und diese bestanden habe, sondern "dass für ihn in erster Stelle das Interesse der Bevölkerung massgebend sei". (Schnee, S.218-219)

[Der Kaiser spielt weiter eine Volksgruppe gegen die andere aus...]

Schönerer äussert am 18.4.1901 im Abgeordnetenhaus in Wien seine Hoffnung auf Auflösung des Staates: "... dass mit der Auflösung eines Staates die Erlösung eines Volkes" verbunden sein könnte". (Schnee, S.74)


Und am 16.12.1901 redet Schönerer gegen den Milliardär Baron Rothschild und die "Nordbahnjuden" und für ein neues Einkommensgesetz:


-- die Junibilanz des Wiener Hauses Rothschild im "Deutschen Volksblatt" besage, dass sich der Aktivsaldo des Hauses Rothschild auf 11'116'594'672 Kronen und 12 Heller belaufe

-- bei einem angenommenen Zinssatz von 4 % verdiene der Baron 52'000 Kronen pro Stunde

-- gegenüber der Not und dem Elend in weiten Bevölkerungskreisen sei dieser Zustand nicht mehr hinnehmbar

-- der Staat werde so unaufhaltsam seinem Untergange entgegengebracht, denn gegen solch grosse Kapitalien könne der Staat keinen Widerstand mehr leisten

-- der Baron betrüge den Staat auch um die bis jetzt geltende Einkommensteuer von 5 % für höchste Vermögen, denn er gäbe sein Vermögen nicht voll an

Schönerer
-- fordert eine Entlastung der Einkommen der Arbeiter
-- fordert, dass die Bedürfnisse des Staates v.a. von den Besitzern der grossen Einkommen gedeckt werden (Schnee, S.220-222).



1902


Sudetenland: Der 1898 gegründete "Verband deutscher Gehilfen- und Arbeitervereinigungen Österreichs" unter Leitung von Ferdinand Burschoffsky zählt 1902 bereits 136 Vereine mit 17'000 Mitgliedern (Schnee, S.85).

Nach dem Tod von Ernst Vergani kann das "Deutsche Volksblatt" nach zwischenzeitlichem Nichterscheinen erst wieder während des Weltkriegs von Prof. Dr. Hugelmann weitergeführt werden (Schnee, S.41-42).

Professor Dr. Hilgenreiner wagt in Prag in Broschürenform das öffentliche Auftreten für deutsche Bistümer in Böhmen gegen die Tschechen (Schnee, S.72).

Bei einem Prozess zwischen Karl Hermann Wolf und Schönerer spaltet sich die Alldeutsche Vereinigung in der Auseinandersetzung um "Tugenden". Die Wolf-Gruppe heisst zuerst "Freialldeutsch", dann "Deutschradikal" (Schnee, S.78-82). Das Blatt "Ostdeutsche Rundschau" wird das Parteiblatt der Anhänger Wolfs. Auch der "Deutschnationale Arbeiterbund" mit der Zeitung "Der Hammer" geht nach der Spaltung  eigene Wege (Schnee, S.45). Schönerer bleiben die Zeitungen "Bote aus dem Waldviertel" (2mal monatlich, 1878 - 1922), und "Bezirksbote für Favoriten und Wieden", herausgegeben von W. Philipp Hauck (Schnee, S.45).

Wolf ist für die Teilung Böhmens (im Gegensatz dazu will Schönerer eine Auflösung der tschechischen Identität anstreben). Wolf stellt sich gegen die Forderung, Deutsch als Amtssprache abzusichern, und er ist für eine Annäherung an die "Deutsche Volkspartei". Wolf und seine Anhänger lassen das Recht auf Tschechisch als Amtssprache zu, oder sie unterlassen wenigstens die Unterstützung für Schönerer. Die Arbeit im Parlament verliert sich bei beiden Gruppen in Nebensächlichkeiten (Schnee, S.75,83).



Schönerer teilt am 16.1.1902 in Eger das Zerwürfnis zwischen ihm und Karl Hermann Wolf mit.  Im selben Jahr legt er die Ehrenmitgliedschaft des "Vereines der Deutschnationalen in Österreich" nieder. Er erhält in seiner Anschauung Unterstützung durch den neu gegründeten "Alldeutschen Verein für die Ostmark". (Schnee, S.78-79)



Die deutsch-nationale Arbeiterschaft in Böhmen neigt mehr zu Wolf, findet dann aber eine eigene Richtung (Zeitung: "Der Hammer").  Am 20. April 1902 beschliessen 158 Vertrauensmänner eine unabhängige Reichsorganisation der deutsch-nationalen Arbeiterschaft (Schnee, S.86).

8.12.1902

Arbeiterbewegung in den Sudetenländern: Beschluss zur "Deutschen Arbeiterpartei" DAP


An der Tagung der deutsch-nationalen Arbeiterschaft in Reichenberg mit 30'000 organisierten Arbeitern  wird der Beschluss gefasst, die selbständige "Deutsche Arbeiterpartei" zu gründen (Schnee, S.86).

[Da ist es also passiert: Die Politik beginnt der Oberschicht nun völlig aus den Händen zu gleiten...].



1903

Iro übernimmt die Zeitschrift "Unverfälschte Deutsche Worte" in seinen Besitz. Er setzt sich Schönerer-treu für ein "unverfälschtes Deutschtum" und gegen alle überstaatlichen Mächte ein (Schnee, S.93).



Schönerer begreift den Sozialismus der DAP nicht, ist gegen hohe Wehrvorlagen, die steuerliche Belastungen mit sich bringen, befürwortet gleichzeitigt den in Südafrika, denn die Buren seien stammesverwandt und Burenland müsse deutsch werden.

Schönerer bleibt stur am Rassismus hängen und prophezeit den Zerfall der Monarchie. Er hämmert der Bevölkerung immer ein, deutsch zu fühlen und deutsch zu bekennen, denn Polen und Tschechen bezeichneten sich nie als Österreicher [!]. Schönerer wirkt auch im Zweiten Reich und stellt dort den Staatsgedanken dem Volksbegriff gegenüber, hat dort aber kaum Erfolg.

Schönerer ist Vorkämpfer der Bodenpolitik in Österreich in Anlehnung an das Deutsche Reich. Er erkennt mit Bismarck, dass wirtschaftliche Unsicherheit die Arbeiter in den Kommunismus treibt. Somit kämpft Schönerer für die Sozialziele nach Vorbild von Bismarck und ist für eine nationale Arbeiterbewegung in Österreich (Schnee, S.105-107).


Erste "deutsche Weltanschauung"
(Schnee, S.93-95)

Ab Anfang des 20. Jh. wird von den Alldeutschen der Versuch der Vermittlung einer "deutschen Weltanschauung" gemacht
-- mit Aufsätzen in der Zeitung "Alldeutsches Tagblatt"
-- und mit Aufsätzen in der Zeitung "Unverfälschte Deutsche Worte"
-- mit Angaben gegen jüdische Dichter und Komponisten wie Gustav Maler
-- mit "deutschbewussten" Dichtern wie Robert Hamerling, Joseph Viktor, Adolf Pichler, Felix Dahn, Ottokar Kernstock, Moeller van den Bruck  Ernst von Wildenbruch und den Komponisten Josef Reiter.

Die Grundlagen des "Deutschtums" sind gemäss Schönerer:
-- das Germanentum [eine Erfindung der Renaissance]
-- Edda als heiligstes Buch der Germanen
-- die Forderung nach deutschen Monatsnamen
-- die Forderung nach deutsch-germanischen Kindernamen
-- der Ausdruck "Sonnabend" statt "Samstag"

-- "alle Kultur sei rassisch bedingt, denn Kultur liege im Blut und wandere nicht wie eine Fackel von einem Volk zum andern"

-- Schönerer hat erste Gedanken an eine "Rassenveredelung"
-- die Wirtschaft müsse dem Volke dienen und nicht umgekehrt

-- die Kalenderzählung soll ab 113 v.Chr. von der Schlacht der Germanen von Noreja an beginnen, mit neuen Abkürzungen v.N. / n.N.

So könne eine neue "geistige und seelische Erneuerung" stattfinden

[Es ist erstaunlich: Hitler und seine NS-Schergen müssen ab 1933 dieses "germanische" Programm nur abschreiben...]


15.11.1903

Gründung der "Deutschen Arbeiterpartei DAP" in Aussig (heute Ustí n.L.) durch die Arbeiterbewegung in den Sudetenländern
-- für Volkstum
-- für Freiheit
-- für soziale Gerechtigkeit.

Führer der DAP ist Hans Knirsch. Die Führer sind Wilhelm Prediger, Hans Krebs, Ferdinand Burschoffsky, Walter Gattermayer, Hans Knirsch, Dr. Walter Riehl, Rudolf Jung (treibende Kraft). Die DAP wird unmittelbare Vorläuferin der "Nationalsozialistischen Arbeiterpartei NSAP" in Österreich, Vorläufer der späteren "Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei NSDAP" (Schnee, S.86).



1904



Abdankung des slawenfreundlichen Erzbischofs Dr. Kohn von Olmütz (Schnee, S.48).

Wien: Das "Alldeutsche Tageblatt" wendet sich 1904 gegen die Wahl des getauften Juden Dr. Porzer zum zweiten Vizebürgermeister von Wien (Schnee, S.48).

Ab 1904 wirken in Brünn und Olmütz tschechische Bischöfe, die aus ursprünglich deutschen Familien stammen: in Brünn Bischof Graf Huyn, in Olmütz Dr. Bauer. Auch diese "Überläufer" brandmarkt Schönerer im "Alldeutschen Tageblatt" als "Renegaten" / Abtrünnige (Schnee, S.63-64).

Am 17.1.1904 wird die "Deutsche Arbeiterzeitung" mit Sitz in Aussig gegründet (Schnee, S.86).

Am 3.4.1904 weiht Schönerer in Zwettl eine von ihm gestiftete evangelische Kapelle ein (Schnee, S.66).



1905



Schönerer stellt wiederholt erfolglose Anträge für eine Personalunion zwischen Österreich und Ungarn. Der Lehrer Joseph Patry, begeistert von der Idee, gibt einen Mahnruf heraus: Man solle ja nicht die Deutschen im westlichen Ungarn vergessen (Schnee, S.90).



1906



Ungarn: Das "Alldeutsche Tagblatt" startet einen "Weckruf" wegen den Deutschen in Ungarn mit der Forderung: "Westungarn zu Deutschösterreich!" Die Zeitung fordert, dass Pressburg (Bratislava), Raab (Györ), Komorn, Ödenburg (Sopron) und St. Gotthard an Deutschösterreich fallen sollen.  Im selben Jahr gründet der Lehrer Josef Patry einen "Verein zur Erhaltung des Deutschtums in Ungarn" (Schnee, S.90).



Wien: Die Wahlrechtsreform
der Regierung Beck
gegen Deutschösterreich

Ministerpräsident Beck und seine Regierung legen dem Parlament in Wien das Gesetz für eine "Wahlrechtsreform" vor. Jeder Einwohner der Monarchie soll das volle Stimmrecht erhalten.  Damit sind Deutsche und Nicht-Deutsche auf eine Stufe gestellt, was den Anhängern der Rassisten gar nicht passt (Schnee, S.87-88).

[Gleichberechtigung bedeutet aber in dem speziellen Fall der k.u.k.-Monarchie effektiv die Entrechtung der Deutschösterreicher gegen eine massive slawische Mehrheit...]


Schönerers Argumente gegen die Wahlrechtsreform ist der Analphabetismus (Schnee, S.88-89; Rudolf, S.95-100). Schönerer [und mit ihm andere] bekämpfen die Wahlrechtsreform, die auch den Analphabeten der Ostprovinzen gleiche Stimmrechte einräumt. Er zeigt die Statistik von 1895/96 vor. Demnach beträgt die Analphabetenquote
-- in den deutschen Bundesländern Deutschösterreich und Sudetenländer 3-4%
-- in Dalmatien 58 %
-- in Galizien 60 %
-- in der Bukowina 70 %.

Weitere Argumente Schönerers gegen Gleichberechtigung:

-- die deutschen Bundesländer erbrächten 3/4 des Steuereinkommen pro Kopf für die ganze Monarchie

-- "gleiches Recht" für Analphabeten und Grundbesitzer sei "ungleich"

-- schon Schiller habe sich gegen ein Mehrheitssystem gewandt: "Was ist Mehrheit? Mehrheit ist Unsinn! Verstand ist stets bei wenigen gewesen!"

und noch viele andere Sprüche gegen die "Masse".

Nach einer Diskussion mit Karl Hermann Wolf ist Schönerer bereit, der Wahlreform zuzustimmen, wenn Galizien einen Sonderstatus erhält.

[Adolf Hitler kann die Parlamentsvorgänge in Wien dieser Zeit direkt mit eigenen Augen mitverfolgen und verurteilt die Demokratie ebenfalls, statt sich andere Demokratien anzusehen...].

Schönerer sagt eine slawische Unterdrückung voraus und schlägt sarkastisch einen "Orden für Volksverräter" vor:

"So möchte ich ihnen den Rat geben, sie möchten alleruntertänigst in alleruntertänigster Form bei Seiner Majestät dem Kaiser in einer alleruntertänigsten Eingabe alleruntertänigst beantragen, dass aus Anlass des Beschliessens der Wahlreform alleruntertänigst ein Orden geschaffen werde, welcher nur an deutsche Volksverräter verliehen wird!"

Deutschösterreich wird nach Schönerer nur im Deutschen Reich Gleichberechtigung finden:

"Unser armer, schnöde verlassener deutscher Volksstamm in der Ostmark kann nur mehr im Deutschen Reiche Schutz und Schirm seines Volkstums finden. Vollberechtigt ist also der Ruf, mit dem ich schliesse: Heil dem Hort unserer Zukunft, Heil deutschem Hohenzollernreich!"

[und Schönerer sollte Recht behalten. Der Kaiser hat damit die Deutschösterreicher faktisch entrechtet, um sich selber weiter im Kaisersessel zu halten, um nicht vor dem deutschen Kaiser degradiert zu werden...].


Schönerer wird im Zweiten Reich weiterhin nicht von allen akzeptiert, denn die Bündnistreuen wollen von der Abspaltung Deutschösterreichs nichts wissen. Militärisch-strategisch gesehen ist die Monarchie in ihrem jetzigen Bestand günstiger für die Planung taktischer deutscher Spielereien (Rudolf, S.100).


Die Regierung Beck in Wien bewilligt mit Unterstützung der Tschechen, Polen, aber auch der deutschen Sozialisten, Christlichsozialen und den Klerikalen, das "allgemeine, gleiche und direkte Wahlrecht". Die Christlichsozialen bezeichnen die Schönerer-Sympathisanten als "Barbaren". In den Augen der Alldeutschen sind die Sozialdemokraten die willkommene Stütze für jüdische Interessen: Das Kabinett sei bestochen.

Der Kaiser schafft mit der Billigung der Wahlrechtsreform die Unmöglichkeit der deutschen Mitbestimmung im Land: Fortan sind Polen, Tschechen, Slowenen und Kroaten im Parlament in der Mehrheit gegenüber den deutschen Abgeordneten. Im selben Jahr zieht sich Schönerer aus der Politik zurück (Schnee, S.3; Rudolf, S.90,92, 94-95). Zwei Abgeordnete der DAP sind inzwischen im mährischen Landtag (Schnee, S.87).


Die letzte Zeit erlebt Schönerer in seiner parlamentarischen Arbeit nur noch in Verbitterung. Die letzten Monate, die er im Reichsrat erlebt, zeigen die "Korruption in vollster Blüte" und einen "ekelerregenden Eigennutz". Schönerer muss dem "Niedergang" des Volkes Deutsch-Österreich zusehen [und Hitler sitzt auf der Tribüne]. An der letzten Rede Schönerers ist der Saal bis auf den letzten Platz gefüllt.

Schönerer prophezeit:
"Gestatten Sie mir, meine Herren Kollegen von rechts und links, Ihnen zum Schluss noch folgendes zu sagen:

Nicht um alle Würden, die Habsburgs Krone zu vergeben hat, möchte ich vor euch
so dastehen, wie ihr jetzt in dieser Stunde vor mir!" (Rudolf, S.104, 107)

1906 erfolgt die Verstaatlichung der Nordbahn.
Am 17.Juli 1906 stellt der Abgeordnete Steinwender fest, dass der Staat von Rothschild 200 Millionen (Kronen?) an Abgaben eingenommen habe (Schnee, S.22).

[Das Gesamtvermögen von Rothschild fehlt in den Angaben...].


Am 23.9.1906 wird das neue Wahlrecht parlamentarisch verabschiedet.
Schönerer präsentiert daraufhin das neue "Zukunftsprogramm der Alldeutschen":

-- totale Feindschaft gegen den Habsburger-Staat
-- Kampf gegen das jetzt bestehende Zweikaiserbündnis zwischen Wien und Berlin
-- Arbeits- und Erziehungsprogramm für den Anschluss (Schnee, S.89-90).



1907



Die Wahlrechtsreform wird schon bei diesen Wahlen Realität (Schnee, S.3). Die Gruppe und Karl Hermann Wolf siegt in den Sudetenländern endgültig gegen Schönerers verbliebene Anhänger. Schönerer in seinem Wahlbezirk Eger  noch 909 Stimmen, der Sozialdemokrat Albin Dötz dagegen 4830 Stimmen. Die Gruppe um Wolf, die treu zur Monarchie steht, erreicht dagegen 14 Mandate. Alldeutsche Abgeordnete im Parlament in Wien sind Karl Iro, Vinzenz Malik und Dr. Jäger  (Schnee, S.91).

Bis 1907 sind 50'000 Kirchenaustritte in Österreich zu verzeichnen, v.a. mit Anschluss an die evangelische Kirche (Schnee, S.68).

Schönerer zieht sich aus der Politik zurück, tritt nur noch bei nationalen Feiertagen als Redner auf, wobei die Reden meist im Voraus handschriftlich veröffentlicht werden (Schnee, S.92).


[Insgesamt hat er die politische Linie des Hauses Habsburg und der Börse überhaupt nicht verändern können, und alle Hetzerei hat nichts gebracht, ausser für die Zukunft ein riesiges, destruktives Potential. Die Machtpolitik des Kaisers nach Machiavelli hat funktioniert...].

21.6.1907

Konstituierung des "Verbands der deutschen antisemitischen Reichsratsberichterstatter"

dabei:
-- der Schriftleiter des "Alldeutschen Tagblatts" Lischka
-- Berichterstatter Blaschek für das "Vaterland"
-- Berichterstatter Prummler für die "Reichspost" (Schnee, S.92).



1908



Keine Hilfe mehr aus München für Los-von-Rom-Bewegung

Der Verleger Lehmann in München verlegt bis 1908 die Zeitung "Wartburg", gibt dann die evangelische Abteilung seines Verlages wieder auf, denn die religiöse Rechthaberei findet bald keinen Absatz mehr.

Schönerer macht auch nach seinem Rückzug aus der Politik in "Unverfälschte Deutsche Worte" und seinem "Tagblatt" Werbung für die Los-von-Rom-Bewegung (Schnee, S.69-70).


Schachleiter im Stift St. Emaus in Prag wird Abt des Stifts. Schachleiter ist ein scharfer Antisemit wie Schönerer und glühender Nationalist, steht jedoch zum Vatikan gegen die Los-von-Rom-Bewegung. Er bekämpft Schönerer wegen religiöser Fragen weiter aufs Schärfste und gewinnt dabei Millionenauflagen.

Im selben Jahr 1908 kehren 1100 Übergetretene zur katholischen Kirche zurück [wahrscheinich wegen Schönerers Rückzug aus der Politik] (Schnee, S.71).


18.10.1908

Neue "alldeutsche" Parole: "Ein Volk, ein Reich,..."

Der alldeutsche Abgeordnete Dr. Jäger  gibt bei der Bismarckfeier in Eger die Parole heraus:
"Ein Volk, ein Reich, ein Alldeutschland unter dem Panier Bismarcks!"

[Auch diesen Ausspruch muss Goebbels später nur noch variieren. Es ist nicht seine Erfindung...}



1909



Feiern zum 30-jährigen Bestehen des Zweibunds zwischen Berlin und Wien. Das "Alldeutsche Tagblatt" lehnt das Bündnis zwischen Berlin und Wien in der jetzigen Form scharf ab, denn es habe sich nur zum Schaden des Deutschtums ausgewirkt (Schnee, S.90).



1910

Tod Luegers
Führer der Christlichsozialen Partei, 15 Jahre Bürgermeister Wiens  (Schnee, S.3).

[Lueger hat in Wien z.T. hervorragende Arbeit geleistet, um die Wohnungsnot und die hygienischen Verhältnisse in den Griff zu bekommen].



In Iglau wird beschlossen, die "Nationale Arbeiterjugend" in einem "Reichsverband deutscher Arbeiterjugend" zusammenzufassen. Betreuer des Reichsverbandes werden Rudolf Jung und Hans Krebs (Schnee, S.86).



1911 ca.



Einweihung des Jahn-Denkmals in Eger - das Bild vom Hengst ohne Reiter


Dem Schöpfer der Turnbewegung in Deutschland und Österreich, Friedrich Ludwig Jahn, wird in Eger ein Denkmal errichtet, zu dessen Eröffnung Schönerer die Worte prägt:

"
Luther sagt: 'Deutschland ist ein schöner weidlicher Hengst, der Futter und alles genug hat, was er bedarf, - es fehlt ihm aber an einem Reiter'.

So wie nun Jahn in stetem völkischen Pflichtbewusstsein ein deutsches Charaktervorbild war und ist, und später Bismarck sich als musterhafter germanischer Reiter erwiesen hat, so wollen wir hoffen, dass nunmehr Alldeutschlands Reiter sich finden möge, der dann, mit seinem Rosse verwachsen wie ein Fels, alles Anstürmende zum Scheitern bringen wird." (Rudolf, S.114-115)

1911

Wahlen zum Parlament in Wien

Aus den Sudetenländern werden gewählt:
-- 4 Alldeutsche: Iro, Malik, Dr. Jäger und Wüst
-- 22 Deutschradikale der Gruppe um Karl Hermann Wolf
-- 3 DAP-Mitglieder: Fahrner, Ferdinand Seidl, Hans Knirsch (Schnee, S.87,91).


Gründung des "Deutscher Nationalverbands"

Die Deutschfreiheitlichen, die Deutschradikalen und die DAP-Abgeordneten bilden den "Deutschen Nationalverband". Die 3 alldeutschen Abgeordneten bleiben auf Befehl von Schönerer dem "Nationalverband" fern und auf Schönerers Linie (Schnee, S.91).



1912



70. Geburtstag von Schönerer

Rede von Karl Iro:
-- Forderung nach deutscher Volkspolitik statt "Slawisierungspolitik"
-- Forderung zur Verweigerung der Gefolgschaft von Parteien, die die "Slawisierung" zulassen
-- Forderung nach Befreiung des Staates vor der "slawischen Hochflut"

-- man warte auf den nächsten Krieg, dann werde das Nationalitätenprinzip nach Bismarck vollendet werden

[die Kaiserhäuser Berlin und Wien meinen, im nächsten Krieg würden sie gewinnen...]

-- die deutschen Gaue seien zur Zeit Zahlstelle für die "Slawisierungspolitik" geworden

-- Ziel sei, dass an Schönerers 100stem Geburtstag das ganze deutsche Volk jubeln könne:

"Heil dem Erwecker der alldeutschen Idee in Österreich!
 Heil dem Pionier unserer alldeutschen Zukunft!
 Heil Schönerer!" (Schnee, S.95-98)

[Im selben Jahr kommt es zu ersten Kriegen auf dem Balkan mit Zurückdrängen der Türkei aus Bulgarien. Es "donnert" bereits. Da der Krieg auf dem Balkan relativ kurz ist, nehmen die Propagandisten vielleicht an, dass auch ein "Gewitter" in Mitteleuropa nur von kurzer Dauer wird. Da haben sie sich aber getäuscht...].



1913

1913 sind 3 Abgeordnete der DAP im mährischen Landtag, darunter der Eisenbahningenieur Rudolf Jung (Schnee, S.87).

Parteitag der DAP in Iglau: Die Partei nimmt die nationale Zweiteilung Böhmens ins Parteiprogramm auf und schliesst Koalitionen und Bündnisse ab (Schnee, S.87).



Iro stellt das Ziel, die deutsch-österreichische Einheit im Rahmen der Gesamt-Monarchie zu vollziehen. Schönerer kann die Dynastie nicht akzeptieren. So trennen sich Iro und Schönerer (Schnee, S.99).



Auf der Rückfahrt von der Pilgerreise zum Bismarck-Grab nach Aumühle bei Hamburg im April 1903 verstirbt Schönerers Frau nach kurzer Krankheit in Dresden, wo sie begraben wird (Schnee, S.104; Rudolf, S.118).

18.10.1913

Letzte öffentliche Rede Schönerers: These eines Bismarcks II.

anlässlich der Festveranstaltung eingedenk der "Völkerschlacht bei Leipzig vor 100 Jahren":
Schönerer ruft auf zum Gesamtwiderstand gegen das slawisierende System auf. Er meint, dass die "österreichische Frage" bald auf der europäischen Tagesordnung stehen werde. [Das stimmt dann auch]. Er prophezeit die Wiedervereinigung des deutschen Volkes und mahnt wieder:

"Durch Reinheit zur Einheit!", und er beschwört wieder "Germaniens Dom", ohne Juden und ohne Rom...

[Die Nazis müssen später nur abschreiben...].

Zuletzt prophezeit Schönerer einen zweiten Bismarck mit vielen Heil-Rufen einen zweiten Bismarck (Schnee, S.98; Rudolf, S.115).



1914



Los-von-Rom: Kirchenaustritte

Bis 1914 sind in Deutschösterreich 100'000 Kirchenaustritte zu verzeichnen, 75'222 zur evangelischen Kirche, die anderen zur altkatholischen Kirche, oder sie werden konfessionslos. Austritte finden v.a. in Böhmen statt, im Alpenraum nur wenige.

Schönerer erreicht somit sein Ziel nicht, den Habsburgern die wichtigste Stütze, die katholische Kirche, zu entziehen (Schnee, S.68-69).


Die Zeitung "Zeitweiser" geht 1914 ein (Schnee, S.46).


[Ausbruch des Ersten Weltkrieges
Die Beteiligten meinen, sie seien an Weihnachten wieder zu Hause, und es werde ein schneller Krieg wie 1871. Es bleibt aber nicht bei einem "Gewitter", sondern es wird ein "Dauerregen".

Woher die Kriegsfinanzierung kommt, bleibt eine andere Frage. Meistens sind die reichsten Financiers aus "Amerika" beteiligt, mit dem Bestreben, den europäischen Adel auszurotten. Und das gelingt ihnen auch teilweise. Man finanziert einfach gleich beide Kriegsparteien gleichzeitig. So wird "Konkurrenz" ausgeschaltet, und "Amerikas" Logenbrüder (gegen die Kirche gerichtete Illuminaten, Freimaurer) gelangen Schritt für Schritt an die Weltherrschaft...].

1914-1918

Wiederaufnahme des "Deutschen Volksblattes", geleitet vom grossdeutschen Professor Dr. Hugelmann (Schnee, S.42).

1914-1918

Schönerers Haltung während des Weltkriegs
->> Einigkeitspropaganda das "Alldeutschen Tagblatts"
->> Vergötterung der deutschen Militärführung und des "deutschen Soldaten" (Schnee, S.98-99).



Das "Alldeutsche Tageblatt" macht zwischen 1914 und 1919 mit Aufsätzen intensiv Propaganda für eine Angliederung Deutsch-Westungarn an Deutsch-Österreich (Schnee, S.91).



1915



Denkschrift von Iro: "Österreich nach dem Kriege"


Plan:
-- das Linzer Programm verwirklichen
-- Österreich mit Istrien und Triest zusammenschliessen

-- aus den restlichen Ländern drei weitere Bundesstaaten bilden:
oo  Kroatien, Slawonien, Bosnien, Herzegowina, Dalmatien und Serbien
oo  Ostgalizien und die Bukowina
oo  Ungarn
oo  Westgalizien mit Russisch- und Preussisch-Polen vereinigen (Schnee, S.99).


Schönerer bleibt starr und allein - Diskussion um "Lebensfähigkeit"

Auch Jäger, Malik und Hauck schliessen sich gegen den Willen von Schönerer dem "Deutschen Nationalverband" an, denn nach den ersten Kriegserfolgen glauben sie wieder an den Bestand der Monarchie.

Schönerer selbst aber behauptet im "Alldeutschen Tagblatt" weiter, dass der Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn "nicht lebensfähig" sei (Schnee, S.100).

[Das Schlagwort "lebensfähig" und "Lebensfähigkeit" ist nicht erst 1918 nach dem Kriegsende in aller Munde...]


Juli 1915

Schluss mit "Unverfälschte Deutsche Worte"

Iro muss die Zeitschrift im Juli 1915 aufgeben, weil er zu tolerant geworden ist: Er hat zuletzt wohlwollend Werke der Juden Stefan Zweig und Ludwig Fulda besprochen (Schnee, S.99-100).



1917

Schönerers bekommt seinen Adelstitel wieder
Am 75.Geburtstag erhält Schönerer seinen Adelstitel vom letzten Habsburger Kaiser Karl wieder zurück (Schnee 104; Rudolf, S.118). Schönerer in einem Brief an die Freundin des Hauses, Frau Marie Wall, über die Kriegslage und sein Befinden:

"Meine Menschenscheu nimmt stetig zu. Der Ehrliche hat das Lachen verlernt - die Kriegsgewinnler aber lachen Tag und Nacht!" (Rudolf, S.118)

[Schönerer hat scheinbar keine Ahnung, welchen Einfluss die Financiers aus "Amerika" auf die Finanzierung der Kriege in Europa haben].


1918

Tod von Schönerers Sohn und der Schwiegertochter
Beide werden durch eine tückische Krankheit dahingerafft. Schönerer verbleibt mit der Enkelin allein auf Schloss Rosenau (Schnee, S.104; Rudolf, S.124).


Zusammenbruch der Monarchie - Aktivität von Schönerer: neues Programm

Schönerer wird nach dem Zusammenbruch der Monarchie wieder aktiv. Mit Dr. Ursin, dem Obmann des "Alldeutschen Vereins für die Ostmark", verfasst er einen Vorschlag für ein gemeinsames deutschen Programm, vorerst mit Beschränkung auf das Territorium Deutsch-Österreich (Schnee, S.101).

[und dann mit Germanisierung Europas...]

Rudolf Jung gestaltet das Programm der DAP/DNSAP (S.87).

Mai 1918
DAP-Reichsparteitag in Wien: Wandlung zur DNSAP
Das Trautenauer Programm von 1904 wird umgestaltet und eine neue Namengebung auf Antrag von Gattermayer, Jung und Krebs beschlossen: "Deutsche nationalsozialistische Arbeiterpartei DNSAP" (Schnee, S.87).

4.11.1918
Schönerer veröffentlicht sein "Letztes Wort in letzter Stunde"
-- Angliederung der deutschen Randgebiete an das Reich
-- Hoffnung, dass "die Deutschen Österreichs" ihre "Pflicht" erfüllen werden (Schnee, S.102).

Ende 1918  ca.
Christlichsoziale Niederlagen
Die Sozialisten übernehmen gegen die Christlichsozialen die Mehrheit, sogar im Wiener Gemeinderat, von wo die Christlichsozialen ihren Ausgang genommen hatten (Rudolf, S.94).

Der Rassenantisemitismus bleibt im Volk Deutschösterreichs als das Werk Schönerers verhaftet. Die "Juden", als "Kriegsgewinnler" tituliert, werden in grossen Teilen des Volkes nie akzeptiert (Rudolf, S.94).

Die Slawen besetzen Teile von Deutschösterreich - Schönerer behält recht
Die Voraussage Schönerers, dass Tschechen, Slowenen und Kroaten die Deutschen mit "Slawisierungspolitik" in Österreich schlussendlich vernichten wollten, findet seine Berechtigung in den gewaltsamen slawischen Besetzungen in deutschsprachigen Gebieten von Deutschösterreich. Erst jetzt wird der grossen Mehrheit der Parteien in Österreich der Weitblick von Schönerer bewusst (Rudolf, S.100).

8.12.1918
Aufruf Schönerers im "Alldeutschen Tagblatt"
für "Grossdeutschland!" (Schnee, S.102)

1918-1920
Abt Schachleiter vom Stift Emaus in Prag wird mehrmals von der tschechischen Polizei verhaftet (Schnee, S.71).


1919

Der Adelstitel Schönerer geht wieder verloren - "nationaler Sozialismus" - "Erniedrigung für Deutschland" - deutscher Antisemitismus

Schönerer verliert in der neuen Republik seinen Adelstitel endgültig: Alle Adelstitel werden in der neuen Republik Deutschösterreich, später Republik Österreich, ungültig (Schnee, S.104).

Rudolf Jung veröffentlicht sein Werk "Der nationale Sozialismus" (Schnee, S.87).

Es herrscht die Zeit "tiefster deutscher Erniedrigung" und völliger Hoffnungslosigkeit für die Alldeutschen und Schönerer. Viele  seiner Voraussagen sollten sich bewahrheiten (Schnee, S.3).

Österreichs Antisemitismus wird nun breites Vorbild in Deutschland. Der österreichische Antisemitismus wirkt auf die nationalen Bewegungen in Deutschland als Vorbild. Der antisemitische Deutsche Turnerbund wird neu gegründet (Schnee, S.34).


März 1919
Schönerer bekommt Augenprobleme
In seinem letzten Lebensabschnitt erblindet Schönerer ab März 1919 mehr und mehr und kann weder lesen noch selbständig schreiben. Alle Korrespondenz muss er sich vorlesen lassen. Die eigenen Briefe kann er nur diktieren (Rudolf, S.124).

1.4.1919
Bismarckfeier 1919
Schönerer ruft einmal mehr auf zur Gestaltung Grossdeutschlands (Schnee, S.103).

2.9.1919
Die Verträge von Versailles und St-Germain
Schönerer ist nach der Unterzeichnung der Verträge im Innersten getroffen (Schnee, S.103).


1920

18.4.1920
Schönerers Hoffen auf Auferstehung der "völkischen Parteien"
Schönerers Kommentar zur Bismarckfeier im "Alldeutschen Tagblatt":

-- Bismarck würde auswandern, wenn er die jetzigen Zustände in Deutschland sähe

-- dem deutschen Volke stehen schwarze innere und äussere Feinde gegenüber und täten ihm Schmach an

-- entgegen dem von Bismarck stark betonten Grundsatz seien jetzt tatsächlich zahlreiche "Juden" mit hohen obrigkeitlichen Stellen betraut

[weil der Adel im Krieg z.T. gestorben ist, wie dies die Financiers der Kriege vorauskalkuliert haben]

-- Schönerer gibt die Hoffnung auf eine bessere deutsche Zukunft nicht auf: "Heil also völkischer Auferstehung!" (Schnee, S.222-223)

[Die neuen "Grenzen" von Jugoslawien und der "CSSR"
Der slawische Staat Jugoslawien vertreibt in Slowenien viele Deutschösterreicher, und die "CSSR" hat mit Hilfe neuer - aus Frankreich finanzierten - Truppen ganz Böhmen, Mähren und Sudetenland besetzt. Diese "Grenze" der "CSSR" wird in einem "Friedensvertrag" in St-Germain auch noch diktiert.

Das heisst: Die Tschechisierung dieser Gebiete, wo vorher noch nie Tschechen gelebt haben, ist nun auch militärisch vollzogen, und die Alliierten merken es selbst nicht einmal, denn sie werfen Österreich sogar die Germanisierung der Tschechen vor...]

[Süd-Tirol wird als Kriegsbeute für Italien italienisch besetzt, weil sonst Italien ohne Kriegsbeute dastehen würde. Diese Beute ist in einem Geheimvertrag zwischen Italien und London so ausgemacht, sonst wäre Italien gar nicht in den Krieg eingetreten. Die Stadt Fiume / Rijeka geht an die Jugos. Weil Fiume nicht an Italien geht, tritt die italienische Regierung zurück].

[Hitler will jetzt schon ganz Deutschland "retten"
Hitler macht inzwischen in der deutschen Rest-Armee deutsche Propaganda, die aus Österreich stammt. Bei den Vertragsbedingungen für Deutschland kommt es vielen Deutschen so vor, als hätten sie die letzten 50 Jahre doch auch etwas "deutscher" leben sollen, und so wird die Propaganda der NSDAP - die auf österreichischem Boden gewachsen ist - auf fruchtbaren Boden fallen. Man braucht ja nur noch aus Österreich abzuschreiben].

[Provokationen von aussen, die das Deutschtum in Deutschland selbst fördern
-- sind nicht nur der Verlust von Gebieten an Frankreich und Polen mit z.T. schwerstens manipulierten Volksabstimmungen, sondern auch schwarze, französische Soldaten im Rheinland, so dass "braune" deutsche Kinder entstehen, was der Philosophie des Rassismus-Darwinismus diametral widerspricht

-- eine weitere Provokation für das Deutschtum in Deutschland ist 1923 die französische Ruhrgebietsbesetzung und die von den deutschen Industriellen speziell geförderte Inflation

-- und ab dem nächsten Börsencrash 1929 mit der nachfolgenden Massenarbeitslosigkeit sind dann Millionen in Deutschland "deutsch gesinnt". Das Feindbild gegen die Börse mit ihren weltweiten mafiösen Verbindungen breitet sich auf ganz Europa aus, und den mafiösen Financiers, Finanzbossen und Regierungen ist es egal, wie arm die Menschen werden, oder ob sie sogar verhungern].

[Die Abschrift aus Österreich
Insgesamt sind die Gründe für das Kippen in den Nationalsozialismus bis heute gut ergründet, aber dass man nur aus Österreich abzuschreiben brauchte, dies ist bis heute noch nicht sehr bekannt. Die Situation wiederholt sich:

-- der Kaiser in Wien findet seine deutschen "Untertanen" überflüssig, um sich auf dem Sessel zu halten

-- Frankreich und England finden alle Deutschen in Europa überflüssig, weil die deutsche Militärführung die Germanisierung halb Europas im Sinn hat, ja, später die Germanisierung der ganzen Welt.

Es ergeben sich zwei Situationen der Bedrängung, die beide mit "Deutschtum" bekämpft werden, und beide Male ist das Resultat eine Niederlage...].


Chronologie Fortsetzung

Am 6.6.1920 stellt das "Alldeutsche Tagblatt" stellt das Erscheinen ein (Schnee, S.103).

Am 25.6.1920 wird Abt Schachleiter vom Stift Emaus aus Prag ausgewiesen. Die "Ostdeutsche Rundschau" von Karl Hermann Wolf wird am selben Tag eingestellt und durch die "Deutsch-Österreichische Tageszeitung" ersetzt (Schnee, S.71-72, 103).

Schachleiter schliesst sich in Prag Hitlers nationalsozialistischer Bewegung an (Schnee, S.72).


1921

Schönerer stiftet als sein letztes Werk vor seinem Tod einen Bismarck-Gedenkstein für Bismarcks Grab in Aumühle bei Hamburg
Sein Gesundheitszustand lässt seine Anwesenheit bei der Enthüllung nicht mehr zu (Rudolf, S.126). Schönerers letzter Wille ist es, bei Bismarck im selben Sachsenwald bei Hamburg begraben zu werden (Schnee, S.19; Rudolf, S.108).

Am 14.8.1921 stirbt Schönerer auf Schloss Rosenau
Beisetzung am 20. August 1921 (Schnee, S.104)


1922

Am 1.4.1922 wird Schönerer in Aumühle bei Hamburg im Sachsenwald in der Nàhe von Bismarcks Grab beigesetzt, mit dem Spruch auf seinem Stein: "Ein Kämpfer für Alldeutschland."

Pfarrer Giesecke, der die Rede hält, bezeichnet ihn als "der mutigste Kämpfer für Alldeutschland." (Schnee, S.VII, 104; Rudolf, S.132)

[Nur gebracht hat der Kampf nicht viel...]

Der "Bote" wird nach Schönerers Beisetzung in Aumühle bei Hamburg 1922 eingestellt (Schnee, S.45).

[1923
Frankreich besetzt das Ruhrgebiet - Streik und hohe Inflation]

[1929
Weltweiter Börsencrash
mit neuer Massenverarmung und Massenarbeitslosigkeit. Die Politik hat keine Rezepte, die Spekulation an der Börse einzudämmen. Die nationalen Parteien werden in den Verliererstaaten des Zweiten Weltkriegs für erhebliche Teile der Bevölkerung zu einem Fluchtpunkt und Stalin lacht den Kapitalismus aus, der immer wieder in Krisen falle].

1930 ca. wird Hans Knirsch Führer der NSDAP in der CSSR (SChnee, S.91).

1932 hat der antisemitische Deutsche Turnerbund 120'000 Mitglieder, davon in Österreich 100'000, im Reich 20'000. Später wird er umbenannt in "Reichsbund für Leibesübungen" (Schnee, S.34).

1933
Hans Knirsch verstirbt in Dux (heute: Duchcov)
(Schnee, S.86)

[Hitler übernimmt von Hindenburg die Regierung in Deutschland
Die gesamte Ideologie des NS-Staates ist von Schönerer schon geschrieben. Börse wird verboten, Juden werden eingeschränkt, die Rüstung wird hochgefahren, und Hitler merkt nicht, dass ihn "Amerikas" Finanzhaie finanzieren, oder er will es nicht merken...]

1936
[Hitler kann "germanische Olympische Spiele" abhalten, und das weiss-rassistische "Amerika" ist begeistert...]

[1941
Russlandfeldzug
Die gesamte westliche Welt erwartet einen Sieg der NS-Armeen in 8 bis 12 Wochen, denn die Rote Armee hat ja sogar gegen Finnland nur ein Patt erreicht. Die NS-Soldaten und halb Europa denkt, sie seien an Weihnachten wieder zu Hause.

Auch hier ist die Parallele offensichtlich: Schon 1914 wurde gedacht, man sei "an Weihnachten" wieder "zu Hause".

Viele Beteiligte denken aber auch von Anfang an - nicht erst nach Stalingrad! - dass Napoleon in Russland auch schon verloren habe...]


1941

Das Buch von Dr. Heinrich Schnee über Georg Ritter von Schönerer kommt heraus

im grössten Jubel nach 10 Siegen der NS-Armeen in Europa.

Das Buch ist von der ältesten Tochter von Schönerer, Frau Oberst Marianne Zborowski, geb. von Schönerer, durchgesehen und bewilligt:

"Schönerers älteste Tochter, Frau Oberst Marianne Zborowski, geb. von Schönerer, auf Schloss Rosenau N/D, hatte die Liebenswürdigkeit, den biographischen Teil des Manuskripts einer Durchsicht zu unterziehen; sie bestätigte dem Verfasser die Richtigkeit des von ihm gezeichneten Gesamtbildes." (Schnee, S.VIII)

Dr. Heinrich Schnee schreibt im Siegeswahn über Schönerer:

"Mit Richard Wagner und Otto Boeckel gehört er zu den wenigen deutschen Männern, die vor dem Weltkriege den Antisemitismus als Rassenfrage erkannten und Massnahmen beantragten, die das Grossdeutsche Reich durchgeführt hat."

und:
"Der leidenschaftliche und stets kämpferische Nationalist und Antisemit Schönerer gehört zu den grossen Erziehern der deutschen Nation."

und:
"Nationalismus und Rassenantisemitismus machen Schönerer zu einem Vorkämpfer deutscher Einheit und deutscher Reinheit."

und:
"Schönerers immer gültiges Vermächtnis an uns Deutsche ist die Forderung, stets Kämpfer für deutsche Einheit und deutsche Reinheit zu sein." (Schnee, S.107-109)

Dr. phil. Heinrich Schnee über die Weltlage
1941 befinde man sich "im Jahr der Vollendung des Grossdeutschen Reiches", es entstehe das "Reich der Deutschen" (IX)...

[und gemäss "Mein Kampf" soll alles "Minderwertige" keine Kinder mehr bekommen, und dann würde eine Menschheit ohne Krankheiten entstehen. Die Krankheit des Rassismus selbst wird nicht erkannt...]


Die Enkel von Schönerer kämpfen für das "Reich der Deutschen"

Schnee:
"All ihre Söhne und Schwiegersöhne kämpfen heute in der Wehrmacht für das von ihrem Grossvater so heiss ersehnte Volk und Reich der Deutschen." (Schnee, S.IX)


[und der Absturz folgt sogleich...]
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