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Der Vertrag von St-Germain: Die Vorgänge in St-Germain über Österreich 1919 - das Clémenceau-Diktat gegen Österreich 1919

Der Notenwechsel zwischen Wien und Paris - jugoslawische Invasion in Österreich - Namensverbot - Fremdherrschaft über Deutschösterreicher durch den Vielvölkerstaat "CSSR" - Frankreichs Völkerrechtssverletzungen - Österreichs Anschluss-Diplomatie

von Michael Palomino (1998)

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aus: Bericht  über die Tätigkeit der österreichischen Friedensdelegation in St-Germain-en-Laye, Band 1 und Band 2. Deutschösterreichische Staatsdruckerei Wien 1919.


Kommentar
Der Bericht zeigt, wie das französische Diktat von Clémenceau an der "Friedenskonferenz" von Paris bezüglich den Deutschen der einstigen k.u.k.-Monarchie reihenweise das Völkerrecht verletzt. Millionen Deutsch-Österreicher werden ab 1919 gegen ihren Willen unter die Regentschaft von Italien, von Jugoslawien, Ungarn und der "CSSR" gezwungen, mit der Erpressung von Blockierung von Kohlelieferung und mit Finanz- und Hungererpressung durch Abschneiden der Versorgungsgebiete Wiens. Der "Friedensvertrag" von St-Germain ist somit keiner, sondern zielt darauf ab, Österreich klein zu halten, falls doch ein Anschluss zustande käme.

Der offizielle Bericht verschweigt gleichzeitig die geheimen diplomatischen Bemühungen zur Vorbereitung eines Anschlusses an Deutschland. Österreich hat mit seinen geheimen Anschlussbemühungen den Frieden somit schon 1919 verraten, und Frankreichs Staatsführung und die französische öffentliche Meinung haben das Völkerrecht bereits 1919 abgeschafft.

Michael Palomino 1998 / 2005


Chronologie

2.5.1919
Einladung an Dr. Bauer nach St-Germain
Der französische Botschafter in Wien, Heinrich Allizé, gibt die Einladung an den österreichischen Staatssekretär für Äusseres, Dr. Bauer, dass am 12. Mai eine mit gehörigen Vollmachten versehenen Delegation nach St-Germain komme (Bd.1, S.3-7).

5.5.1919
Bauer bestätigt den Eingang des Angebots von Allizé
(Bd.1, S.3-7)

8.5.1919
Beschluss der Reise einer deutschösterreichischen Delegation
Beschluss der österreichischen Nationalversammlung: Dr. Renner soll als Bevollmächtigter der deutschösterreichischen Republik mit Abgeordneten Dr.Gürtler und Dr.Schönbauer nach St-Germain reisen (Bd.1, S.3-7).

9.5.1919
Mitteilung der Zusage an Allizé
Eventuell wird die Delegation falls nötig mit neuen Mitgliedern ergänzt werden (Bd.1, S.3-7).

12.5.1919
Abreise (Bd.1, S.3-7).

13.5.1919 ?
Ankunft der österreichischen Delegation in St-Germain
(Bd.1, S.3-7)

Die österreichischen Vertreter sind in Villen innerhalb eines für die Öffentlichkeit abgesperrten Rayons untergebracht:

-- Staatskanzler Dr.Karl Renner als Bevollmächtigter

-- "Universitätsprofessoren" und Mitglieder der Nationalversammlung Dr.Alfred Gürtler und Dr.Ernst Schönbauer als politischer Berater

-- 4 Funktionäre des Staatsamtes für Äusseres als Generalkommissäre
oo  Stellvertreter des Staatssekretärs für Äusseres und Uniprofessor Dr.Franz Klein
oo  Sektionschef Franz Peter
oo  Sektionschef Johann Andreas Eichhoff
oo  Sektionschef Dr.Richard Schüller

-- Hilfskräfte aus dem Staatsamt für Äusseres, für Heerwesen, für Finanzen, für Verkehrswesen

-- sachverständige Vertreter der Regierung, des Militärs und der Banken (meist "Uniprofessoren")

-- Vertreter der besetzten und bedrohten Gebiete

oo  für Deutsch-Böhmen
oo  für das Sudetenland
oo  für den Böhmerwaldgau
oo  für den Kreis Znaim und das deutsche Gebiet um Neu-Bistritz
oo  für Deutsch-Westungarn
oo  für die Steiermark
oo  für Kärnten
oo  für Tirol
oo  für Vorarlberg

-- Pressevertreter und deren Hilfspersonal.

Zwischen der österreichischen Delegation und der "Friedenskonferenz" trägt der Kommandant der französischen Militärmission jeweils die Botschaften und Akten hin und her (Bd.1, S.3-7).


ab 14.5.1919
Vorbereitung von einheitlichen Antworten auf voraussehbare Fragestellungen
in der Kommission durch Referate zu wirtschaftlichen Fragen, finanziellen Fragen, Gebietsfragen.

Bildung von Subkomitees für die Sudetenländer, für Westungarn, für die Steiermark, Kärnten und Tirol.

15.5.1919
St-Germain: Erster Kontakt
Die politischen Referenzen der österreichischen Delegation besuchen den Kommandanten der französischen Militärmission in St-Germain.
Kommandant: zunächst müsse eine Mitteilung des Obersten Rates der all. Mächte abgewartet werden, worin die deutschösterreichische Friedensdelegation zur Vorlage ihrer Vollmachten eingeladen werde.

17.5.1919
Hunger und Lebensmittel
Beginn von Verhandlungen mit der interalliierten Finanzkommission wegen der Finanzierung der Lebensmittelsendungen (Bd.1, S.3-7).

19.5.1919
Die "Friedenskonferenz" will die Vollmachten der Deutschösterreicher sehen
Clémenceau, Präsident der Friedenskonferenz, lädt den Staatskanzler für Montag 19. Mai, 15 Uhr, nach St-Germain vor, um die Vollmachten zur Verifizierung an den Präsidenten des Komitees zu übergeben:
-- Jules Cambon und Henry White (Vertreter der "USA")
-- Lord Hardidge (GB)
-- de Martino (Italien)
-- Matsui (Japan).

Die Kommission übergibt ihre Vollmachten an die österreichischen Delegation.

In der Folge erhält die österreichischen Delegation die Vollmachten von allen Staaten,
-- die mit Ö-Ungarn im Kriegszustand waren
-- die mit Ö-Ungarn die diplomatischen Beziehungen abgebrochen haben, ausser Russland und Montenegro
-- plus Vollmachten des tschechoslowakischen Staates, von Polen und Nicaragua
-- die serbische Vollmacht: lautet auf die Vertretung des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen (Bd.1, S.3-7).

19.5.1919
Jugoslawische Truppen in Kärnten
Angriffe von jugoslawischer Artillerie auf Kärnten.
->> Verfassen einer ersten Note wegen der Ereignisse an der südslawischen Front (Bd.1, S.21).

22.5.1919
Österreichs Note an Clémenceau, dass alle Vollmachten in Ordnung seien
Panamas Vollmacht lautet als einzige auch auf Verhandlungen mit den k.u.k.-Nachfolgestaaten.

Im folgenden Verlauf werden
-- Berichte verabschiedet
-- Regelungen zum Schutz nationaler Minderheiten für Deutsche in nichtösterreichischen Staaten und für Nichtdeutsche in Deutschösterreich erarbeitet

-- Erarbeitung von Regelungen zur Durchführung von Volksabstimmungen
-- Erarbeitung von Regelungen zur Zusammenarbeit mit der Völkerbund
-- Erarbeitung von Regelungen für das Finanzwesen (Bd.1, S.22).

22.5.1919
Die Jugoslawen greifen während der "Friedenskonferenz" weiter Österreich an
Meldung durch eine Verbalnote an das Sekretariat der Friedenskonferenz: Ausbruch von Kämpfen zwischen südslawischen Truppen und der Territorialmiliz. Bombardierung der Stadt Unterbrauburg und ihrer Umgebung.
->> die Verbalnote stellt Antrag an das Sekretariat der Friedenskonferenz in Paris, mit der Bitte um Zusammenkunft des Staatskanzlers und zwei Mitgliedern der österreichischen Delegation mit Vertretern der Grossmächte (Bd.1, S.22).

24.5.1919
Urgenznote: Mahnung von Renner an Clémenceau gegen Zeitverzögerung
-- gegen Verschleppung von Friedensverhandlungen
-- auf Vorlage des Entwurfs zum Friedensvertrag
-- auf Verifizierung von Vollmachten

denn die Verzögerungen provozieren in Österreich Unruhen und hohe Delegationskosten, und Österreich wartet auf die Rückgabe der Kriegsgefangenen (Bd.1, S.23).

26.5.1919
Die Jugos kämpfen weiter in Kärnten und in der Steiermark
[mit dem Ziel der Vernichtung Österreichs zur Vereinigung mit der "CSSR"].

->> die deutschösterreichische Delegation schreibt eine zweite Note wegen der Ereignisse an der "südslawischen Front" (Bd.1, S.25)

->> und gibt eine Verbalnote ab an das Sekretariat der Friedenskonferenz (Bd.1, S.25). Meldung über Kämpfe in Kärnten und Ausbruch von Kämpfen auch in der Süd-Steiermark

-- Bitte um Intervention, weil die Höfe und der Ackerbau dringendst gegen die Hungersnot gebraucht werden
-- weil willkürliche Gefangennahmen stattfinden
-- weil willkürliche Beschlagnahmungen von Vieh stattfindet
-- weil Höfe und Felder verwüstet werden (Bd.1, S.25).

27.5.1919
Antwort von Clémenceau  auf die Urgenznote vom 24.5.1919
Einladung zur Entgegennahme der Friedensbedingungen
Voraussichtliche Übergabe des Vertrages soll der 30.5.1919 sein, mit Vorbehalt folgender Themen:
1. Stärke der österreichischen Militärkräfte
2. Frage der Wiedergutmachung
3. Frage der Staatsschuld.

Grund der Verzögerungen ist die Überprüfung der Wirkungen innerhalb der Nachfolgestaaten (Bd.1, S.26).

28.5.1919
Renner bestätigt die Note vom 27. Mai und die Versicherung des Erscheinens am 30. Mai mit 4 Generalkommissären und 4 Sekretären (Bd.1, S.30).

29.5.1919
Aufschub der Übergabe um 2 Tage
Eintreffen der Nachricht, dass bei slawischen Kriegsgefangenen Dumdumgeschosse gefunden worden waren .

Meldung einer slowenisch-serbischen Invasion
(Bd.1, S.30).

[Ergänzung:
Ziel der jugoslawischen Invasion ist die Besetzung des gesamten Österreich zwischen Jugoslawien und der "CSSR" zur Verwirklichung eines "slawischen" Imperialismus, als Vollendung der Slawisierung in Deutschösterreich, die schon unter dem Kaiser seit 1906 begonnen wurde mit Einsetzung slawischer Pfarrer in deutschsprechenden Städten mit entsprechendem Nachzug etc.

Für das "slawische" Gefühl der Zeit um 1919-1920 ist Österreich und sind alle Deutschösterreicher eigentlich völlig überflüssig, weil Wien als Nachfolgemacht zur Türkei z.T. über 100 Jahre lang den Balkan beherrscht hat und den Nationalismus auf dem Balkan unterdrückt hat. Ausserdem wurde Serbien nie als Kraft auf dem Balkan anerkannt. Serbien hätte 1871 auch gerne die Herrschaft über Bosnien-Herzegowina oder Kolonien zugesprochen erhalten, was durch die Blockade durch die internationalen Konferenzen der Kolonialmächte - darunter Österreich auf dem Balkan mit Regelung durch Bismarck - bisher nie möglich gewesen ist.

Insofern erfolgt hier ein tschechischer und jugoslawischer Rachefeldzug mit angestautem Nationalismus gegen Deutschland und Deutschösterreich, der durch Frankreich z.T. auch gebilligt wird. Die nationalistische Kolonialismus-Energie für ein Gross-Serbien hält dann überraschenderweise bis zu Milosevic an und bleibt weiterhin Staatsprogramm].

30.5.1919
Dritte Note wegen der Ereignisse an der südslawischen Front
(Bd.1, S.31-32)

"Die slowenischen Truppen haben durch mehrere serbische Divisionen verstärkt, die Offensive ergriffen, indem sie die Drau überschritten, und bedrohen nun die Stadt Klagenfurt mit einer Invasion. Die beiliegenden Geschosse, die von südslawischen Infanteriegewehren herrühren und bei Gefangenen gefunden wurden, legen Zeugnis ab von der jedem Völkerrecht hohnsprechenden Brutalität, mit der diese ebenso grausamen wie überflüssigen Kämpfe geführt werden." (Bd.1, S.31-32)

30.5.1919
Note zur Anerkennung Deutschösterreichs: Namensverbot für "Deutschösterreich"
Cambon von der Verifizierungskommission erlässt die Note, dass "Deutschösterreich" nicht mehr "Deutschösterreich" heissen dürfe, sondern dass Renner nunmehr im Namen der "Republik Österreich" auftreten müsse (Bd.1, S.30).

Lebensmittelsendungen und Kredite der Alliierten für Lebensmittel

Frankreich verlangt die Verarmung der Deutsch-Österreicher und die Verpfändung von Betrieben, und Renner soll auch noch "Sicherheiten" für Lebensmittel bieten.

->> Renner bietet am 30.5.1919 ein "Angebot wegen Sicherstellung der Lebensmittelkredite" (Bd.1, S.33-34) an den Präsidenten des Obersten Wirtschaftsrates der Friedenskonferenz:

1. Gold und Silber in Deutschösterreich soll eingezogen werden:
"Ertrag des Gold- und Silbergeldes, welches physischen und juristischen Personen deutschösterreichischer Nationalität gehört und welches vermöge eines der Genehmigung der Nationalversammlung unterliegenden Gesetzes zu diesem Zwecke requiriert wird;"

2. Übergabe der deutschösterreichischen Wertpapiere:
"Übergabe der deutschösterreichischen Staatsangehörigen gehörenden ausländischen Wertpapiere laut einer Liste, welche die kreditgebenden Regierungen aufstellen werden, sobald diese Wertpapiere durch ein Gesetz, welches die deutsch-österreichische Regierung der Nationalversammlung vorzulegen hat, requiriert sind;"

3. Übergabe aller Guthaben, aus dem Holzexport sowie Aufnahme von Hypotheken auf alle Wälder von mehr als 500 Hektaren

4. Übergabe der Reinerlöse aus den österreichischen Salinen sowie Aufnahme von Hypotheken auf die Salinen, auf die dazugehörigen Maschinen und Betriebsanlagen

5. Übergabe der Reinerträge des bebauten und des nichtbebauten Immobiliarbesitzes aller Städte über 50'000 Einwohner (Bd.1, S.34).

Renner willigt in eine spätere Regelung über die Bezahlung der Kredite ein
"Ein besonderes Übereinkommen wird die Bedingungen für die Bezahlung und für die Leistungen sowie für die Bestellung der geforderten Garantien festsetzen, wobei sich die deutschösterreichischen Regierung verpflichtet, alle zu diesem Zwecke notwendigen Formalitäten auf ihre Kosten und in entsprechender Weise durchzuführen.

Die derart ausgelieferten Pfänder werden befreit und die bestellten Hypotheken werden gelöscht nach Massgabe der Teilzahlungen, welche die deutsch-österreichischen Regierung à conto der Bezahlung des ihr gewährten Ernährungskredites leisten wird." (Bd.1, S.34)

31.5.1919
Clémenceau verweigert mündliche Verhandlungen
Clémenceau teilt Renner mit, dass keine mündlichen, sondern nur schriftliche Verhandlungen zugelassen sind und somit keine Zusammenkunft möglich sei. Der schriftliche Austausch werde vertraulich erfolgen (Bd.1, S.34).

31.5.1919
Paris fordert den jugoslawischen Rückzug
Die südslawische Regierung wird vom Generalsekretariat der Konferenz in Paris aufgefordert, alle Feindseligkeiten einzustellen und die Truppen beider Seiten sofort hinter eine von der Konferenz festgestellte Grenze zurückzuziehen (Bd.1, S.34).


1.6.1919
Mitteilung der Aufforderung an die südslawische Regierung auch an die österreichische Delegation
(Bd.1, S.34).

1.6.1919
Clémenceau-Antwort auf die Kreditfinanzierungsvorschläge von Renner vom 30.5.1919
(Bd.1, S.11)

Note an Renner "Antwort wegen Sicherstellung der Lebensmittelkredite" (Bd.1, S.85-86) mit Vorschlägen der Abwicklung:

-- Gold und beschlagnahmte österreichische Wertpapiere sollen der Bank von Italien in Venedig abgeliefert werden

-- die abgelieferten Beträge in Venedig sollen der italienischen Finanzverwaltung und dem französischen und britischen Botschafter zur gemeinsamen Verfügung gehalten werden

-- die Verzinsung soll 5 % betragen, die Zinsen mit österreichischen Schuldzinsen verrechnet werden

-- die Kredite sollen am 30.6.1921 rückzahlbar sein, falls keine Erstreckung der Frist eintritt

-- die Umrechnungen der Kredite von F und GB soll auf dem Marktpreis vom 1.6.1919 der Londoner Börse basieren; die Umrechnungen der Kredite mit Italien sollen auf der Basis der Mailänder Börse, mit den "USA" auf der Basis der New Yorker Börsebasieren

-- auf alle Umrechnungen wird eine Marge von 20 % zugeschlagen

-- das Gesetz zur Beschlagnahme des Goldes und der Wertpapiere [WPs] solle verabschiedet und die Beschlagnahmungen und Ablieferungen nach Venedig bis zum 30.6.1919 durchgeführt werden

-- Listen der fraglichen WPs sollen an die Finanzsektion des Obersten Wirtschaftsrates gehen, mit ungefährer Wertangabe für die Wertpapiere und das Gold

-- Holzverkäufe zur Deckung der Kredite werden, wenn der Wert der Wertpapiere nicht ausreicht, befürwortet

-- Aufstellung der voraussichtlichen Werte der Holzverkäufe.


Der Pressedienst
informiert die deutschösterreichische Öffentlichkeit von den Ereignissen der Friedenskonferenz:
-- Konferenzen
-- Noten
-- Denkschriften

-- informiert die deutschösterreichische Öffentlichkeit über die öffentliche Meinung in den Ententeländern über Deutschösterreich und die Vorgänge

-- informiert die Delegation über Vorgänge in Deutschösterreich, in den Ententeländern, im übrigen Ausland, v.a. aus der französischen, englischen, italienischen und schweizer Presse (Bd.1, S.20).


2.6.1919
Ein Teil der "Friedensbedingungen" wird überreicht

Übergabe durch Bevollmächtigte der Alliierten, mit Ansprache des Präsidenten der Friedenskonferenz Clémenceau, an die Vertreter der deutschösterreichischen Delegation: an den Staatskanzler, seine beiden politischen Berater, die vier Generalkommissäre, vier Beamte des Staatsamtes für Äusseres und sämtliche Pressevertreter.

Inhalt der Rede Clémenceaus
(Bd.1, S.39)
-- Übergabe der fertiggestellten Teile
-- mündliche Erörterungen finden nicht statt
-- schriftliche Einsprachefrist von einem Tag, ebenso sei es möglich, Erläuterungen zu verlangen

-- die fertigen Teile sind:

Einleitung - Völkerbundstatut - Grenzen Österreichs - politische Bestimmungen - der serbisch-kroatisch-slowenische Staat - der tschechoslowakische Staat [eigentlich ein tschecho-slowakisch-deutsch-ungarisch-ukrainischer Staat] - politische Bestimmungen betreffend gewissen europäischen Staaten - der Schutz der Minoritäten und allgemeine Bestimmungen - Aussereuropäische Interessen Österreichs - Bestimmungen über See- und Luftstreitkräfte - Kriegsgefangene und Grabstätten - Strafbestimmungen - wirtschaftliche Bestimmungen - Luftschifffahrt - Häfen, Wasserwege und Eisenbahnen - Arbeitsrecht - verschiedene Bestimmungen

-- später überreicht werden Teile über politische Bestimmungen bezüglich Italien, finanzielle Bestimmungen - Bestimmungen betreffend der Wiedergutmachung - militärische Bestimmungen.

Nach der 14-Tage-Frist wird der Oberste Rat der Konferenz von Paris der österreichischen Delegation eine Frist für die endgültige Gesamtantwort bezeichnen.

Die Rede von Staatskanzler Renner
(Bd.1, S.40)

-- aus der Doppelmonarchie Ö-Ungarn sind acht Nationen hervorgegangen

-- die neue "Republik Österreich" könne ebensowenig wie die anderen Staaten als Nachfolger der Monarchie bezeichnet werden und habe "niemals einen Krieg geführt" und hat noch "im Kriegszustand mit den Nationalstaaten gelebt" (Bd.1, S.40)

-- das ganze ehemalige Gebiet und die ganze ehemalige Bevölkerung der Monarchie trügen die Verantwortung für die Folgen des Krieges

-- auf all den 8 Staaten laste "das Erbe des Krieges, das Erbe der Erschöpfung, das Erbe der schwersten wirtschaftlichen Verpflichtungen"

-- Renner gibt die Herrschaftsgelüste der einstigen Monarchie und die "furchtbare Schuld von 1914" zu, "die die Schuld der früheren Machthaber, nicht die Schuld der Völker gewesen ist"

-- in Wien haben sich die Nachfolgestaaten in Kommissionen zusammengesetzt, um den Nachlass der k.u.k.-Monarchie unter sich aufzuteilen

-- hier in Frankreich sei die Rolle der Nachfolgestaaten eine andere und so hoffe man auf die Feststellung dieses Widerspruchs auf diesem Friedenskongress (S.41)

-- Renner appelliert an die Vernunft der Welt, gegen den wirtschaftlichen Untergang und die Zerstörung der gemeinsamen Wirtschaftsgebiete

-- Renner dankt für den Beschluss der Hoover-Kommission, der Österreich vor dem buchstäblichen Hungertod gerettet habe

-- im Volk habe sich Selbstzucht, Geduld und Einsicht eingestellt

-- Österreich habe auch nach der Besetzung von 2/5 seiner Gebiete auf militärische Abwehraktionen verzichtet im Vertrauen auf den Kongress in Paris

-- Österreich sei eine Stütze friedlicher und organischer sozialer Entwicklung im Zentrum Europas, das seine Revolution nicht mit Blut befleckt habe (Bd.1, S.42).

Die "Friedensbedingungen"
Einleitung

Völkerbunsatzung Definition bis auf ein Verb "s'efforce" statt "s'élève"

Grenzen Österreichs: Protest

Politische Bestimmungen:
-- mit Italien: noch nicht fertig
-- mit dem serbo-kroatisch-slowenischen Staat: nicht fertig
-- mit der "CSSR": teilweise Protest
-- betreffend gewissen europäischen Staaten: Belgien, Lux, Schleswig, Türkei und Bulgarien fertig und angenommen; bei Rumänien Protest, bei Russland und den russischen Staaten teilweise Protest

Minoritätenschutz: teilweise Protest

Allgemeine Bestimmungen zur Anerkennung der Grenzen von anderen Staaten: teilweise Protest

Aussereuropäische Interessen Österreichs: teilweiser Protest

Bestimmungen über  Land-, See- und Luftstreitkräfte: teilweise Protest

Kriegsgefangene und Gräber: nur kleine Änderung

Strafbestimmungen: nur kleine Änderungen

Wiedergutmachung: noch nicht fertig

Finanzielle Bestimmungen: noch nicht fertig

Wirtschaftliche Bestimmungen:
-- Handelsbeziehungen: nur kleine Änderungen
-- Verträge: teilweise Protest
-- Schulden: teilweise Protest
-- Eigentum, Rechte und Interessen: teilweise Protest
-- Verträge, Verjährung, Urteile: nur kleine Änderungen
-- gemischtes Schiedsgericht: nur kleine Änderungen
-- gewerbliches Eigentum: Protest
-- Sonderbestimmungen für abgetretene Gebiete: teilweise Protest

Luftschifffahrt: Definition

Häfen, Wasserwege und Eisenbahnen: teilweise Protest

Arbeit: nur kleine Änderungen

Verschiedene Bestimmungen: kleine Änderungen.

3.6.1919
Reise der Österreicher nach Feldkirch
Renner und Sektionschef Schüller reisen nach Feldkirch ab, während der Minister a.D., Dr. Franz Klein, Renners Stellvertreter wird. Mitteilung an die Konferenz (Bd.1, S.73).

Es erfolgt sofort die Erarbeitung von Stellungnahmen und neuen Gutachten (Bd.1, S.20).

Feldkirch: Es herrscht die Meinung: [Rumpf-]Österreich ist "nicht lebensfähig"
Vorsitz der Sitzungen in Feldkirch führt Präsident Seitz. Weiter anwesend sind Vizekanzler Fink und Staatssekretär Dr. Bauer. Es herrscht die einheitliche Meinung, Deutschösterreich sei unter den gestellten Bedingungen nicht lebensfähig.

->> Plan von Noten, um die Aufmerksamkeit auf die wichtigsten Punkte zu lenken
->> Plan von Gegenvorschlägen.

Geplante Noten:
-- allgemeine Note
-- Note über Territorialfragen
-- besondere Note über die deutschen Gebiete in Böhmen, Mähren und Schlesien
-- Note über die Rechtsstellung des Landes

-- Note über die Verantwortung der einzelnen Nationalitäten der Monarchie für den Krieg mit Nachweis der Unmöglichkeit der Rechtsnachfolge Deutschösterreichs für die gesamte Monarchie

-- Note über wirtschaftliche Fragen gegen die Liquidation des deutsch-österreichischen Vermögens mit der Feststellung, dass die Grundsätze des Verhältnisses zwischen Deutschland und Frankreich nicht auf Deutschösterreich angewendet werden könnten.

6.6.1919
Renner ist wieder in Frankreich - 5. Note wegen der Jugo-Invasion in Österreich
Meldung, dass die südslawischen Kommandanten den Befehl zur Invasionseinstellung nicht befolgen.

->> Österreichs Delegation appelliert erneut an den Obersten Rat der Konferenz in Paris: "Fünfte Note wegen der Ereignisse an der südslawischen Front":

"Die jugoslawischen Truppen haben im Gegenteil ihre blutige Offensive nicht zum Stillstand gebracht, ihr Einfall in die Stadt Klagenfurt scheint unmittelbar bevorstehend." (Bd.1, S.73)


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10.6.1919
Erste allgemeine Antwortnote "Erste Beantwortung der Friedensbedingungen vom 2.Juni"

-- das deutschösterreichischen Volk wäre durch die Bedingungen der unentbehrlichen Mittel zur Erhaltung des Wirtschaftslebens beraubt

-- das deutschösterreichischen Volk wäre durch die Bedingungen der unentbehrlichen Mittel zur Aufrechterhaltung der staatlichen und bürgerlichen Ordnung beraubt

-- mehr als 4 von 10 Mio. Deutschösterreichern müssten einer volksfremden und dem deutschösterreichischen Volkstum feindlichen Herrschaft unterworfen sein

-- davon betroffen sind: Deutschböhmen, Deutschschlesien, deutsche Gegenden Mährens, Böhmerwaldgau, Neubistritz, Znaimer Kreis, Zuckerraffinerie, Eisenbahnknotenpunkte fallen an die an "Tschechoslowakei"

-- Niederösterreich: Ein Antrag auf eine Volksabstimmung wurde von der "Friedenskonferenz" nicht beachtet

-- Südtirol ist gegen jedes Völkerrecht weiterhin in italienischen Händen

-- Teile in der Steiermark und des Kärntner Beckens sollen ans aggressive Jugoland gehen

-- die Nachbarn werden reich durch Raub, Deutschösterreich soll erdrückt werden

-- das neue Deutschösterreich könnte nur 1/4 der notwendigen Lebensmittel selbst erzeugen, wenn es so klein bleiben würde wie geplant

-- jährlich wären 12 Mio. Tonnen Kohleimporte notwendig bei eigener Förderung von kaum 2 Mio. Tonnen

-- fast alle Exportindustrien sollen Deutschösterreich entrissen werden, denn diese stehen in Böhmen, Mähren und Schlesien
oo  Braunkohlelager
oo  Baumwollwebereien

-- Schafwollwebereien
-- Leinenwebereien
-- Glasfabriken
-- Porzellanfabriken
-- Zuckerfabriken
-- chemische Fabriken

-- wenn Österreich so klein bleibe wie von der "Friedenskonferenz" geplant, würden Eisenbahnlinien zerschnitten, da die meisten Ausgangspunkte nun im "Ausland" liegen

-- Verlust der deutsch-böhmischen Bäder und der Bäder Südtirols und somit auch Verlust der ausländischen Zahlungsmittel des Fremdenverkehrs

-- für den Handel fehle die Meistbegünstigung durch Nachbarstaaten.

Somit wäre eine Bezahlung von Importware kaum mehr möglich, und insgesamt wird die  Volkswirtschaft Deutschösterreichs vernichtet.

-- Schulden: Der Umrechnungsschlüssel ist um das Doppelte zu hoch angesetzt

-- aller österreichische Besitz in den neuen Nachfolgestaaten kann gemäss "Friedensbedingungen" beschlagnahmt und liquidiert werden

-- Österreich fordert normale Vertragsverhältnisse mit den Nachfolgestaaten, so wie sie zwischen den Nacchfolgestaaten und Frankreich bestehen

[Diese Forderung ist für Frankreichs Politiker in Paris eine Blasphemie, denn Frankreich hat mit Rumänien und der "CSSR" neue politische Verbindungen geknüpft, um im Sinne Napoleons ganz Europa zu beherrschen, Armeen in der "CSSR" und in Rumänien aufgebaut. Das heisst: Frankreich hat die nationalistischen Energien dieser Länder für sich ausgenutzt, und dabei soll Österreich völlig auf der Strecke bleiben].

Die Schlussfolgerungen für das [Rumpf-]Österreich sind fatal

-- bei einer Beschlagnahmung des Eigentums in den Nachfolgestaaten erfolgt der Zusammenbruch der österreichischen Kreditinstitute, der Versicherungsgesellschaften, der Sparkassen, aller privater Unternehmungen

-- Österreich wird ein sozialer und politischer Krankheitsherd, was nicht dem europäischen Interesse und dem Interesse der Alliierten entsprechen kann: Untergang jeder staatlichen Autorität, Auflösung des Staates in seine Teile mit politischem und sozialem Chaos mit Wirkungen auf die Nachbarn.

Vorschlag: Sonderkommission für die neuen Beziehungen
Die österreichische Delegation schlägt vor
-- eine Sonderkommission zu bilden über die Entwirrung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Österreich und den Nachfolgestaaten
-- diese Sonderkommission soll auch alle anderen Beziehungen neu regeln.

Schlusssatz
Die deutschösterreichische Republik ist nicht in der Lage, "für die Folgen solcher Friedensbedingungen eine Verantwortung zu übernehmen."

[Das heisst: Frankreich werde daran die Schuld tragen, wenn Österreich in den Kommunismus fällt oder ein Guerillakrieg ausartet].


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10.6.1919
Kriegsgefangene
An der Sitzung der Kriegsgefangenenkommission sind Vertreter der fünf Grossmächte und General Rudolf Slatin von Deutschösterreich beteiligt. Slatins möchte v.a. verhindern, dass die Gefangenen in Sibirien einen russischen Winter durchmachen müssen. Anträge Slatins:

1. Bitte um Heimschaffung der Kriegsgefangenen ohne unnötige Verzögerung

2. Bitte um sofortigen Beginn der Tätigkeit der Kriegsgefangenenkommission und der Unterkommissionen

3. Bitte, kleine österreichische Delegationen zu den Gefangenen zuzulassen.

Präsident der Kommission George Cahen (F):
-- die Kommission sei nicht berechtigt, zu beraten und zu verhandeln, sondern nur die Vorschläge entgegenzunehmen
-- Slatin solle seine Bitten näher ausführen.

Die Ausführungen Slatins:
-- es handle sich auch um österreichisch-ungarische Gefangene, sowie um Zivilinternierte und nicht nur um Kriegsgefangene

-- die Entsendung von österreichischen Delegationen sei notwendig, v.a. nach Sibirien, wo die Tätigkeit der österreichischen Delegierten auch politische Wichtigkeit erlangen kann

-- die Rückführung von Gefangenen soll sich auf alle Kriegsgefangenen in Sibirien, Turkestan und alle anderen Gebiete erstrecken, die nicht im Artikel des Abschnitts über die Kriegsgefangenen des Vertrags genannt sind

-- Deutschösterreich sei nicht in der Lage, die Transportkosten selbst zu übernehmen (Artikel 4), sondern es stelle Antrag, dass die einzelnen Regierungen die Gefangenen bis an die Grenze befördern, v.a. die Transporte aus Sibirien seien unbezahlbar

-- die Frist der Amnestie für Strafhandlungen der Gefangenen sei vom 1. Mai auf den 1. oder 15. Juni 1919 zu verlängern, da sich die Friedensverhandlungen verzögert hätten

-- wenn Österreich dem Kriegsgegner Zugang zu den Gefangenenlagern gestatte, und Rücktransport garantiere, so sei von der Gegenseite ebensolches zu erwarten. Ebensolche Gegenseitigkeit sollte für Dritte gelten, die Ausländer der Gegenseite für die Aushändigung von fremden Gütern versteckt halten.

Die Meinung von Cahen (F) (Bd.1, S.10):
-- er könne nur Meldungen entgegennehmen

-- die Rückführung der Kriegsgefangenen werde ab der Unterzeichnung des Vertrages anlaufen können

-- gemeinsame französisch-österreichische Kommissionsarbeiten werden ab der Unterzeichnung des Vertrages entstehen können

-- die Mitglieder der einzelnen Subkommissionen werden bereits vor der Unterzeichnung bestimmt werden können

-- es sei unmöglich, österreichische Delegierte vor der Unterzeichnung nach F, It. und Serbien zu entsenden, da sich die Länder mit Österreich theoretisch immer noch im Kriegszustand befinden

[Das ist von Frankreich absolut gelogen: Der Krieg war gegen die Monarchie gerichtet. Der Nachfolgestaat "Republik Österreich" kann nicht im Kriegszustand stehen, weil es die Republik im Jahre 1914 noch nicht gab. Wohl aber hat das "Herrenvolk" der deutschen "Rasse" die Verantwortung für die Handlungen der Monarchie zu übernehmen, deren Handlungen in Wien befohlen wurden].

-- österreichische Delegierte können nach Sibirien reisen, man werde sich erkundigen
-- die Rücktransporte werden nach der Unterzeichnung von der Kommission in Angriff genommen, auch die Transporte aus Sibirien; um Finanzierung werde sich die Kommission wohlwollend kümmern.


Die Stellungnahme von General Mac Kintry ("USA") (Bd.1, S.10)
-- in Österreich würden noch Kriegsgefangene der Alliierten oder assoziierten Staaten gegen ihren Willen zurückgehalten

-- die Alliierten hätten nach dem Vertrag das Recht, österreichischen Gefangene zurückzuhalten, solange Österreich Gefangene zurückhält.


Slatin (Ö) (Bd.1, S.10):
-- seines Wissens sind keine alliierte Gefangenen oder Leute assoziierter Staaten mehr in Ö in Gefangenschaft

-- die alliierten und assoziierten Mächte unterhalten in Wien Militärmissionen, deren Mitglieder überall Zutritt haben.


Cahen (F) (Bd.1, S.10):
-- Slatin solle die Vorbedingung der Rückschaffung für Gefangene der all. und ass. Mächte als Warnung betrachten

-- alle Verbliebenen seien bis zur Unterzeichnung rückzuschaffen.


Oberst Scimecca (Bd.1, S.10):
schlägt einen Zeitungsaufruf vor, so dass alle Zurückgehaltenen in Ö sich zu melden hätten.

Gen. Slatin (Bd.1, S.10)
sagt zu, den italienischen Vorschlag gleich seiner Regierung zu unterbreiten.

Schliessung der Sitzung.


Aufruf in österreichischen Zeitungen, dass Kriegsgefangene in Österreich sich melden sollen
(Bd.1, S.11)
->> keiner meldet sich
->> Mitteilung an Cahen, dass sich keine Kriegsgefangene mehr in Österreich befänden

->> Österreicher, z.T. invalide Kriegsgefangene aus Serbien, die in Lyon gesammelt sind, werden einige Tage danach zurücktransportiert.


Veröffentlichung des Notenwechsels
(Bd.1, S.11, 81)

Die österreichischen Delegation schlägt die Veröffentlichung gewisser Noten vor. Die Note vom 10.5.1919 wurde bereits veröffentlicht. Damit verletzt Österreich eigenmächtig die Konvention über die Vertragsverhandlung. Die österreichische Seite schlägt Frankreich vor, ebenso die Noten zu veröffentlichen.


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Verbalnote gegen die Beschlagnahme von österreichischem Vermögen vor der Unterzeichnung des Vertrags

"Verwahrung gegen die Vermögensbeschlagnahme in den Nationalstaaten" (Bd.1, S.83-84).

-- Protest gegen Beschlagnahme, Sequestrierung und Liquidierung von deutsch-österreichischem Besitz ohne rechtliche Begründung in der Tschechoslowakei, in Jugoslawien und in Polen sowie in den italienisch und rumänisch besetzten Gebieten der ehemaligen Monarchie

-- diese Beschlagnahmungen und Liquidierungen seien Kriegsmassnahmen gegen Deutschösterreich

-- zwischen den Nachfolgestaaten und Deutschösterreich habe nie irgendein Kriegszustand bestanden

-- das wirtschaftliche Leben von Deutschösterreich sei schwer bedroht und die Regierungen in den Nachfolgestaaten seien somit gewalttätig

-- Deutschösterreich habe nicht das Interesse, einen Wirtschaftskrieg zu führen und habe sich bisher auf allfällige Vergeltung beschränkt

-- die österreichische Delegation bittet um Vermittlung des Generalsekretariats der Konferenz und um Vorbringen der Thematik beim Obersten Rat

-- die österreichische Delegation bittet den Obersten Rat, die Anwendung von Zwangsmassregeln verbieten zu lassen und um Aufschub von betreffenden Handlungen, die schon im Gange sind.


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11.6.1919
Note wegen Eisenbahnlinien
"Note über das Verkehrswesen" (Bd.1, S.361-365)

-- bei Verwirklichung der Grenzen gemäss der "Friedenskonferenz" werden die östlichen und nördlichen Eisenbahnlinien verstümmelt

-- die Erträge der kleinen Strecken stehen in keinem Verhältnis mehr zu dem Aufwand der Kopfstationen in Wien

-- es soll zum Thema der Eisenbahnlinien eine spezielle Kommission gegründet werden (Bd.1, S.361)

-- die nächste Station von Wien aus ist in 4 von 6 Fällen im Ausland, so dass grosse Hürden und Umstände für die Bevölkerung entstehen (Bd.1, S.362)

-- die Regelung der Grenz- und Verkehrsfragen soll mit den Kriegsgegnern im Vertrag geregelt sein, soll mit den Nachfolgestaaten der k.u.k.-Monarchie aber mit  einer eigenen Kommission passieren (Bd.1, S.365).


14.6.1919
Erneuter Protest gegen die Invasion der Jugo-Armee
(Bd.1, S.11): "Sechste Note wegen der Ereignisse an der südslawischen Front" (Bd.1, S.87)

-- die jugoslawischen militärischen Befehlshaber fügen sich der Anordnung des Obersten Rates nicht, das Becken von Klagenfurt zu räumen

-- die jugoslawischen Truppen bedrohen die Städte Villach und St.Veit weiter

-- die jugoslawischen Truppen unterbinden weiterhin allen Verkehr zwischen dem besetzten und dem nicht besetzten Teil Kärntens

-- Bitte um Vollzug der Anordnung des Rückzugs durch erneutes Anordnen durch den Obersten Rat

-- es verbreitet sich deswegen weiterhin Unruhe im Land.


ab 15.6.1919 ca.
-- Jugos weisen massenweise Deutschösterreicher aus besetzten Gebieten der Steiermark aus
-- die Jugos verfügen Gewaltmassregeln an der deutschsprechenden Bevölkerung
-- die Jugos führen Einschüchterungsmassnahmen durch gegen allfällige Volksbefragungen über die Gebietszugehörigkeit (Bd.1, S.13).


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15.6.1919
Denkschrift gegen die "CSSR" gegen die Einverleibung des Sudetenlands und des Ostrauer Kohlebeckens - Appell gegen die Kohleblockade gegen Wien

Die Verfasser sind "Experten": Dr.Rudolf Lodgman-Auen, Dr.Robert Freissler, Josef Seliger, Hieronymus Oldafredi, Adolf Klement.

Beilage 27:
"Note über Deutschböhmen, Sudetenland und die Neutralisation des Beckens von Ostrau" (Bd.1, S.88-92)

-- 3 1/2 Mio. Deutschösterreicher werden zu Unrecht bedroht [oder sind schon besetzt]

-- das tschechoslowakische Volk wird durch die Alliierten und assoziierten Mächte "zu einer abenteuerlichen und äusserst gefährlichen Politik" verleitet (Bd.1, S.88)

-- der Friedensschluss sei eine Möglichkeit, "den Kampf zwischen dem deutschen und dem tschechischen Volke zu beendigen und dabei jedem der beiden das Recht zu gewähren, in voller Freiheit sein nationales Leben zu führen" (Bd.1, S.88)

-- auch bei Beschränkung auf die von Tschechen und Slowaken bewohnten Gebiete werde die Tschechoslowakei eines der reichsten Länder Europas mit Bodenschätzen, grossen Wäldern und grossen Industrien in Prag, Pilsen, Königgrätz sowie über das ganze Land verteilten Textilfabriken und Spiritusbrennereien sein

-- Österreich und die "CSSR" werden immer im Streite liegen, wenn man gegen den Willen der Bevölkerung deutsche Gebiete der "CSSR" angliedert: Sudetenland, Deutschböhmen, den Böhmerwaldgau und den Znaimerkreis; so werde im Herzen Europas ein Herd des Bürgerkrieges geschaffen, gefährlicher als früher auf dem Balkan: Es werde ein zweites Elsass/Lothringen geschaffen werden

-- es sei das politische Todesurteil für eine Bevölkerung, wobei die betroffene Bevölkerung grösser sei als diejenige von Norwegen oder Dänemark

-- die Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien sollen von Tschechen und Slowaken unterworfen werden

-- das Vorgehen sei grausam und unerhört

-- 3 1/2 Mio. Deutschösterreicher werden 6 1/2 Mio. Tschechen und Slowaken bekämpfen und umgekehrt, ohne jede Andere Möglichkeit zur Kompensation, somit wird der Zustand noch schlechter sein als vor dem Kriege

-- die Ideen der Siegermächte von "Freiheit" und "Demokratie" sind von diesen Mächten Frankreic, England und "USA" selbst torpediert und die Länder tschechisch-slowakisch besetzt

-- am Parlament in Prag nimmt kein Deutscher teil, und die Vertretung der deutschösterreichischen Länder wird durch Polizeimassnahmen geknebelt

-- die deutschösterreichische Bevölkerung dieser Länder wurde ohne vorhergehende Befragung an Fremde ausgeliefert und die Besetzung nachträglich durch die Friedensbedingungen sanktioniert

-- die Handelsbeziehungen der tschechisch besetzten Länder zu Deutschösterreich sind unterbrochen

-- Folge der Blockade sei in Österreich der Hunger, weil in den tschechisch besetzten Ländern die wichtigsten Industrien für Lebensmittel und Heizmaterial liegen

-- es entwickelt sich Hass in Österreich gegen die "CSSR"

-- die sich entwickelnde Not ist Beweis dafür, dass Deutschösterreich unfähig ist, aus eigener Kraft zu leben.

Forderungen:
-- freie Abstimmungen in Deutschböhmen und in den Sudetenländern
-- Zulassung von gewählten Landtagen in diesen Ländern
-- Wiederaufnahme der Beratungen über die Frage der deutschen Gebiete in Böhmen und den Sudetenländern.

Anträge im Fall Ostrau:
-- die Einwohner teilen sich in 3 Nationalitäten: Deutsche, Polen, Tschechen
-- Vorschlag der Neutralisierung und Internationalisierung der Stadt unter der Aufsicht des Völkerbunds.


Beigefügtes Memorandum:
"Memorandum der Vertreter der deutschen Sudetenländer in Erwiderung auf die Friedensbedingungen der alliierten und assoziierten Mächte"
(Bd.1, S.93-102)

-- Verfasser sind die Vertreter von Nordböhmen, Mähren und Schlesiens der deutsch-österreichischen Nationalversammlung ab 1911 (Bd.1, S.95)

-- die "CSSR" wird mit 48 % Tschechen, 28 % Deutschen, 14 % Slowaken, 7 % Ungarn, 3 % Ruthenen und eventuell auch mit polnischer Bevölkerung ein "schlechtes Abbild des ehemaligen Österreich mit allen jenen Mängeln abgeben, die man endgültig beseitigt glaubte" (Bd.1, S.101).

-- diese Vertreter proklamieren die Provinzen Deutschböhmen und Sudetenland und erklären sie zu Teilen von Deutschösterreich, mit Übernahme der Gesetze und Einsetzung von Provinzialregierungen

plus: Forderung der Vereinigung des Böhmerwaldgau mit dem angrenzenden Oberösterreich

plus: Forderung der Vereinigung von Südmähren, Bezirk Neubistritz und des deutschen Teils des Bezirks Neuhaus mit dem angrenzenden Niederösterreich

plus: Forderung des Anschluss der Sprachinsel von Iglau-Stecken an Niederösterreich (Bd.1, S.95)

-- am 12. und 22. November 1918 beschrieb die neue Verfassung Deutschösterreichs das Staatsgebiet in diesem Umfang

-- durch eine Volkszählung von 1910 seien deutschsprachige Gebiete klar definiert (Bd.1, S.96)

-- 1907 wurden deutsche und tschechische Wahlbezirke durch Vertreter der österreichischen und tschechischen Nation klar festgelegt (Bd.1, S.96)

-- die Tschechen behaupten, die Deutschen Böhmens und Mährens und Schlesiens seien tschechischer Rasse, was durch die Klarheit der Grenzen widerlegt ist, denn wenn  Germanisierungsmassnahmen stattgefunden hätten, dann wären die Grenzen nicht so deutlich (Bd.1, S.96-97)

-- die tschechische Regierung bestreitet [bei ihren imperialen Bemühungen zusammen mit Frankreich] sogar den Wert der Volkszählungsresultate mit Angabe der Umgangssprache (Bd.1, S.97)

-- der statistische Kongress in Pressburg / Bratislava 1873 u.a. haben festgelegt, dass die Umgangssprache und nicht das Nationalgefühl oder die ethnische Abstammung für eine Zuordnung entscheidend sein sollen, ausserdem sei die Abweichung nur minimal (Bd.1, S.97)

-- die Tschechen behaupten, die Volkszählung sei deutsch beeinflusst gewesen, dabei war die österreichischen Regierung der damaligen Zeit keineswegs geneigt, deutsche Einflüsse zu begünstigen

-- die tschechische Überprüfung der Volkszählung hat nachweislich kein anderes Resultat ergeben (Bd.1, S.97)

-- die neue österreichische Regierung von 1919 versucht eine Politik, die sich nach Volksentscheiden richtet (S.97).


Die Besiedelung der Gebiete erfolgte im 14. Jh.
-- die tschechische Politik behauptet, die deutschen Gebiete Böhmen, Mähren und Schlesien hätten im Laufe der Jahrhunderte ihren ursprünglich slawischen Charakter durch Germanisation eingebüsst

-- Tatsache [gemäss österreichischer Auslegung] ist aber, dass die Germanen als Nachfolger der Kelten lange vor den Slawen das Land besiedelten, und zwar friedlich (Bd.1, S.97)

-- von gewaltsamen Germanisierungsmassnahmen kann keine Rede sein, denn die Gebiete sind jahrhundertelang deutsches Besitztum und die kleinen tschechischen Anteile sind im Zuge des industriellen Aufschwungs [aus dem Osten] neu hinzugekommen (Bd.1, S.98).


Die tschechische Armee betreibt seit 1918 Expansion gegen Österreich
-- die tschechische Regierung hat nach dem Waffenstillstand den Krieg weitergeführt und deutsche Gebiete mit Waffengewalt unterjocht (Bd.1, S.98)

-- die deutschösterreichischen Regierung sieht die Besetzung nur als provisorisch an bis zur Entscheidung an der Konferenz (Bd.1, S.98-99)

-- die tschechische Regierung vertritt Gebiete, von denen sie gar keine Vertreter hat (Bd.1, S.99)

-- die tschechische Besatzung im Sudetenland wurde Ende 1918 gewaltsam vollzogen:
oo Wiedereinführung der Zensur
oo Wiedereinführung der Körperstrafen für Männer und sogar für Frauen
oo Gegendemonstrationen und Bitten um neutrale Kommissionen der Ententemächte sind Beweis, dass die tschechische Besetzung in der deutsch-sprechenden Bevölkerung nicht akzeptiert wird (Bd.1, S.99)

-- die österreichischen Vertreter fordern unparteiische Volksabstimmungen (Bd.1, S.99-100).


Die kriminelle tschechische Regierung
-- die Vorgangswiese der "CSSR"-Regierung ist entgegen den Grundsätzen, die von der Entente in Paris aufgestellt wurden

-- die Vorgangsweise der "CSSR"-Regierung ist weder mit den Grundsätzen der Demokratie noch mit dem Nationalitätenprinzip vereinbar, sondern eine Fremdherrschaft

-- die tschechische Regierung macht wegen des materiellen Vorteils die Deutschen zum Spielball der Politik

-- die tschechische Regierung besetzte 1918 unter dem Deckmantel des Waffenstillstandes das deutsche Gebiet und unterstellte es ihrer Souveränität gegen alle Grundsätze des Völkerrechts

-- die tschechische Regierung beseitigte die bestehenden Behörden und setzte neue ein

-- die tschechische Regierung presste den öffentlichen Beamten den Amtseid ab mit Bedrohung des Entzugs der materiellen Existenz, auch mit der Drohung von Vertreibung oder Gefangenschaft

-- die tschechische Regierung vergiftet die Beziehungen zwischen den Staaten in Europa und zerstört die Hoffnungen auf eine friedliche Verständigung (Bd.1, S.100)


Die "CSSR" ist reich genug
-- der tschechische Staat bedarf zu seiner gesicherten Existenz keine fremden Besitztümer

-- Deutschösterreich kann bei Raub all der von der "CSSR" besetzten Bodenschätze auf deutschem Boden so nicht existieren

-- weitere statistische und wirtschaftliche Angaben zum Beweis dieser Tatsachen sind verfügbar (Bd.1, S.101)

-- der Vertragsentwurf steht in vollem Gegensatz zum souveränen Willen der Sudetendeutschen

-- Vorschlag: Volksabstimmung unter neutraler Kontrolle in Abwesenheit tschechischer Truppen (Bd.1, S.102).

Die Perversion des Vorwurfs der Germanisierung
Der Anteil der deutschen Bevölkerung hat gemäss den Volkszählungen kaum zugenommen, sondern hat z.T. sogar abgenommen:


Böhmen Mähren Schlesien Prag
1880 63,3% tschech 36,7% dt. 29,4% dt. 48,9% dt. 18,43% dt.
1910 63,9% tschech 36,1% dt. 27,6% dt. 43,9% dt. 9% dt.

Fast überall hat der deutsche Anteil abgenommen. Es hat also nachweislich keine "Germanisierung" stattgefunden (Bd.1, S.109-110).

Warum hat keine grosse tschechische Zunahme in Böhmen und Mähren stattgefunden? Wegen der notorischen Auswanderung nach "Amerika" (Bd.1, S.111).

Die tschechischen Gelehrten wie z.B. Dr. Zdenko Tobolka haben diese Resultate bestätigt (Bd.1, S.111-112).

Ostrau: Vorschlag: Neutralisierung des Ostrauer Beckens
-- Versorgung mit Ostrauer Kohle muss für die verschiedenen Bevölkerungen gesichert sein

-- Tschechen und Polen streiten sich um das Gebiet, und die deutsche Bevölkerung ist darin gewerbefleissig

-- die österreichischen Kommission schlägt einen Vertrag für eine neutrale Verwaltung für Ostrau vor (Bd.1, S.123).


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16.6.1919
Zweite Note betreffs des Vertragsentwurfs
(Bd.1, S.11): "Note über die Grenzen Deutschösterreichs", Beilage 28 (Bd.1, S.128-134)

Unmögliche Grenzziehung zur "CSSR"
-- wenn kein Anschluss an Deutschland möglich ist, so soll wenigstens eine Vereinigung mit dem deutschen Teil von Südböhmen und Südmähren möglich sein (Bd.1, S.129)

-- die Grenze zur "CSSR" soll der Fluss March sein

-- wenn der Fluss March ganz tschechisch wird mit dem Westufer als Grenze, so wäre das Willkür gegen die Freiheit des Welthandels, und Österreich wäre ausgeschlossen (Bd.1, S.130).

Grenze zu Ungarn: Der Fluss Leitha
(Bd.1, S.130-131)
-- der Fluss Leitha war in der Monarchie nur eine rein administrative Grenzlinie
-- der Fluss Leitha hatte keine politisch, militärische oder wirtschaftliche Bedeutung
-- der Fluss Leitha ist nur 48 km von Wien entfernt und nur einen Tagesmarsch von Graz entfernt

-- Ödenburg, Eisenburg und Wieselburg waren seit je her das Versorgungsgebiet von Wien für Gemüse, Milch und Fleisch

-- Graz bezog die Lebensmittel aus dem westlichen Ungarn

-- in der Wiener Neustadt-Industrie sind hauptsächlich ungarische Arbeiter beschäftigt

-- wenn die Leitha politische und wirtschaftliche Grenze wird, verlieren die 3 wichtigsten Industriezentren Deutschösterreichs ihre Versorgungsgebiete und rücken gleichzeitig in den Bereich der gegnerischen Artillerie

-- Budapest braucht die Erzeugnisse der Region Ödenburg, Eisenburg und Wieselburg nicht, weil Budapest solche Produkte aus der Tiefebene [des Flusses Theiss / Tissa] bezieht

->> Deutschösterreich fordert in diesem Sinn, dass in den Gebieten Ödenburg, Eisenburg und Wieselburg eine Volksabstimmung durchgeführt wird (Bd.1, S.130-131).

Grenze zu Jugoslawien und Italien
(Bd.1, S.131-133)
-- die Sprachgrenze ist verworren, die Rassen sind vermischt (Bd.1, S.131)

-- Deutschösterreich stellt Anspruch auf die Gebiete, die mehrheitlich deutsch bewohnt sind und mehrere 100'000 Einwohner haben:

oo  im italienischen Trentino
oo  in der Krain
oo  im Küstenlande
oo  im deutschen Teil der Gottschee (Bd.1, S.131-132)

-- diese ladinischen und jugoslawischen Minoritäten haben ihren Anschlusswillen an Deutschösterreich bekundet. Vorschlag einer Volksabstimmung (Bd.1, S.132)

-- die Regionen Mals, Meran, Bozen, Brixen, Klagenfurt und Marburg sind mindestens 90 % deutsch und ein Zuschlag an Italien oder Jugoslawien verstösst absolut gegen jegliches Völkerrecht

-- wenn die Grenze gemäss dem Entwurf der "Friedenskonferenz" gezogen wird, wird die Eisenbahnlinie über den Ofenpass verstümmelt, weil sie dann durch 6 Länder führt: Schweiz- Österreich - Italien - Österreich - Jugoslawien - Ungarn: So wäre keine sachgemässe Verwaltung der Linie mehr möglich (Bd.1, S.132-133)

-- Deutschösterreich stellt den Antrag auf eine Volksabstimmung im ganzen Tal bis zu den Karawanken (Bd.1, S.133)

Zusammenfassung
6 Mio. Deutschösterreicher wären von mehreren Mio. Deutschösterreichern umgeben, die unter fremder Herrschaft stehen, so dass Hass und Konflikte vorprogrammiert wären (Bd.1, S.133).

Steiermark und die Stadt Marburg
(Bd.1, S.153-155)
-- weitere Gebiete sind nach Sprache und Rasse gemischt
-- Arbeit, Solidaritätsgefühlt und Lokalpatriotismus verbindet die Steyerer auch in gemischtrassigen Gebieten (Bd.1, S.153)

-- vorherrschende Rolle hat die deutsche Sprache durch die Wichtigkeit der Stadt Marburg mit seiner Umgebung mit fast 35 % Deutschen, Marburg sei ein "Bollwerk" der deutschen Zivilisation

-- eine behauptete Germanisierung ist durch slawische Gelehrte selbst widerlegt, denn diese bestätigen, dass die letzten 50-60 Jahre nur geringe ethnographische Schwankungen stattgefunden haben

-- Auswirkungen bei Verwirklichung der von der "Friedenskonferenz" vorgeschlagenen Grenzziehung:

oo  das wirtschaftliche Leben und die Handelsbeziehungen wären schwer beeinträchtigt
oo  die Grenze durch das Murbecken wäre ein Akt der reinen Willkür und würde die Einheit der Mittelsteiermark zerreissen
oo  es wären Unruhen zu befürchten
oo  der Steiermark würde jeder militärische Schutz fehlen und die Situation würde so investitionshemmend wirken
oo  Graz und die Industriebezirke der Nordsteiermark werden von ihren Versorgungsgebieten des Meer- und Drautales und der Ebene von Pettau abgeschnitten (Bd.1, S.153-154)

-- ein grosser Teil des Landes und mit wenigen Ausnahmen der gesamte Grundbesitz in den Städten befinden sich in Händen von Deutsch-Steirern

-- 2/3 des Steueraufkommens kommt von Deutschösterreichern

-- Handel und Industrie sind fast ganz in deutscher Hand: Niederlassungen in Marburg und im Drautal

-- die Hauptverkehrsader, die Eisenbahnlinie Bruck-Villach-Marburg würde zerschnitten,  und so würde ein Verkehr mit Italien und den Seehäfen unmöglich und die Lebensfähigkeit vernichtet werden

-- 4000 Beamte und Arbeiter der Südbahngesellschaft in Marburg wären durch neue Arbeitslosigkeit zur Auswanderung gezwungen: mit Familien insgesamt 15'000 Leute

-- der Bezug von Wasserkraft an der Drau wird verunmöglicht, Wien soll also nicht nur auf die Kohle von Ostrau verzichten, sondern auch auf 300'000 PS Wasserkraft von der Drau

-- die Bevölkerung wünscht sich eine freie Volksabstimmung (Bd.1, S.153-154).

Kärnten
(Bd.1, S.156-158)
mit Klagenfurt und Villach, Klagenfurt als Sitz der Landesregierung. Der Entwurf der "Friedenskonferenz" sieht die Abtrennung der beiden Städte vor. Auswirkungen:

-- die übrigen Täler wären dem Untergang geweiht, da keine Verbindung mehr untereinander vorhanden wäre (Bd.1, S.157)

-- es wären neue Kämpfe nötig bis zur Wiederherstellung des Landes

-- zwei Verkehrshauptachsen in Mitteleuropa wären unterbunden: Udine - Villach - Wien und Franzensfeste - Klagenfurt - Marburg - Ungarn (Bd.1, S.158)

-- am 30.5.1917 fand eine Kundgebung statt:
oo  240 Gemeinden erklärten sich gegen eine Vereinigung mit einem Jugostaat
oo  nur 9 Gemeinden erklärten sich für eine Vereinigung mit einem Jugostaat
oo  14 Gemeinden waren ohne Erklärung verblieben (Bd.1, S.158)

-- eine Abstimmung im März 1919 ergab ein noch eindeutigeres Resultat: 8,6 % für Verbleib bei Österreich, nur 0,8 % für die Vereinigung mit einem Jugostaat, und 1,6 % ohne Votum (Bd.1, S.158).

Südtirol
(Bd.1, S.159-162)
-- ist seit Jahrhunderten rein deutsch.
-- Vorschlag: ganz Deutschtirol zu neutralisieren (S.159): "Konvention über die Neutralität Tirols" (Bd.1, S.163):

oo  jegliche militärische Operation in Deutschtirol soll verboten werden
oo  jegliche Erhaltung von Befestigungen, Munitionsfabriken und Munitionslage soll verboten werden (Bd.1, S.160)

-- eine militärische Bedrohung wäre bei einer Entmilitarisierung vom Vintschgau und der Umgebung von Bozen keine mehr vorhanden, denn nur dort könnte man Truppen versammeln (Bd.1, S.159)

-- die letzte öffentliche Volkszählung ergab in Deutschtirol 221'266 Deutsche, 6661 Italiener und 12'290 Ladiner

-- die Behauptung Italiens, im Trentino würden 420'000 Italiener und 180'000 Deutsche leben, ist absolut gelogen [und "US"-Präsident Wilson geht selber nicht hin, um das zu kontrollieren]

-- die Linie der sprachlichen Trennung ist klar (Bd.1, S.160)

-- die Gegend südlich des Brenners bis Bozen ist seit dem 11. Jh. deutsch. Wenn sie unter Rom fällt, können Spanien oder GB in derselben lügnerischen Weise auch neue Ansprüche auf europäische Gebiete erheben

-- verbindende Elemente dies- und jenseits des Brenners sind der Handel, Verkehr, Rohstoffaustausch, gemeinsame Ernte von Kastanien, Mais, Obst, Wein, Milch, Fett (Bd.1, S.161)

-- der Brenner war in der Monarchie nicht einmal eine administrative Grenze!

-- Dorfgestaltung und Kultur scheidet das Tirol vom Trentino

-- die Eisenbahnlinie Innsbruck - Klagenfurt - Balkan würde durch Italien unterbrochen

-- die Bevölkerung weist eine Unterwerfung unter die Römer-Regierung ab:

oo es herrscht eine unerschütterliche Brüderlichkeit der Bewohner in ihren Sitten, im Denken, in der Härte des Lebens
oo  die Bevölkerung hat ein gemeinsames Bewusstsein durch gemeinsame Sagen, Volkslieder und Erinnerungen (Bd.1, S.162).

[Bis heute, Mai 2005, lässt die italienische Regierung in Süd-Tirol nicht einmal die deutschen Namen auf den Landkarten zu!]


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16.6.1919
Note von Renner an Clémenceau gegen die Behauptung, Deutschösterreich sei völkerrechtlicher Nachfolger der Monarchie
(Bd.1, S.11): "Note über die internationale Rechtspersönlichkeit Deutschösterreichs", Beilage 29 (Bd.1, S.16-169)

-- die deutschösterreichische Republik wurde erst nach dem Waffenstillstand gegründet und hat mit den Kriegshandlungen nichts zu tun

-- im Text des Vertragsentwurfs der "Friedenskonferenz" wird behauptet, der Regierung von Ö-Ungarn sei eine republikanische Regierung nachgefolgt

-- es sind aber 6 verschiedene Regierungen als Nachfolge hervorgegangen

-- Ö-Ungarn hat diplomatisch immer "Die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder" geheissen (Bd.1, S.165)

[und wurde ab 1906 ab der Einführung des gleichgewichtigen Stimmrechts "slawisch" beherrscht]

-- Deutschösterreich fordert die Freiheit seines eigenen Staatsgebietes (Bd.1, S.166)

-- Deutschösterreich kann keine Verpflichtungen des untergegangenen Kaiserreiches übernehmen
[der Ex-Kaiser ist in der Schweiz und hat alle seine Vermögen mitgenommen, die schweizer Bankiers danken es ihm, und ein Antrag auf Rückfliessen der Kaiser-Gelder wird nie gestellt!]

-- Deutschösterreich kann nicht für Schäden aufkommen, die Mitglieder anderer Staaten verursacht haben (Bd.1, S.165).

Alle Nachfolgestaaten sind Erben der Monarchie
(Bd.1, S.167)
-- alle Nachfolgestaaten wollen von der ehemaligekn k.u.k.-Monarchie Erbschaften antreten, aber Deutschösterreich kann nicht allein alle Schulden der Monarchie übernehmen, wenn es nicht auch Alleinerbe wird (Bd.1, S.167).

Das neue Deutschösterreich

-- der Name "Deutschösterreich" ist deshalb gewählt, um sich gegenüber der Monarchie abzugrenzen

-- Deutschösterreich bildet den unbedeutendsten Staat der Nachfolgestaaten

-- die grosse Reichshauptstadt Wien im nun kleinen Deutschösterreich bereitet grosse Schwierigkeiten

-- verschiedene Publizisten betonen, die Tapferkeit der deutschösterreichischen Soldaten solle bestraft werden, aber andere Völker sind auch tapfer, und die Publizisten wollen nur einen Sündenbock finden, was ein schwerer Fehler sei

-- die "Friedenskonferenz" behauptet, etliche führende Männer der gegenwärtigen Republik hätten zum Wohle der Monarchie gearbeitet.

Klarstellung:
o  die Aussenminister waren oft in Ungarn
o  die Botschafter waren oft in Ungarn
o  ab 1907 waren die Deutschen im Abgeordnetenhaus in der Minderheit (Bd.1, S.168).

[nicht erwähnt: Gleichzeitig planen die deutschösterreichische und die Berliner Diplomatie aber schon  Anschlusspläne. Dieser Faktor dürfte grundlegend zur missliebigen Stimmung in Frankreich gegen Österreich beigetragen haben].

Antrag:
-- alle Bestimmungen streichen, die von der Identifizierung Deutschösterreichs mit der alten österreichischen-ungarischen Monarchie ausgehen

-- Antrag, die Deutschösterreicher "vor jenen unheilvollen Folgen zu bewahren, die sich aus solchen Gedankengängen ergeben"

-- "Mit vollem Vertrauen appelliert Deutschösterreich an die Gerechtigkeit des Friedenskongresses" (Bd.1, S.169).


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Juni 1919
Österreichs Regierung verhandelt weiter um Lebensmittel
(Bd.1, S.12)

Entwurf von Gesetzen zur Requisition von Goldmünzen und ausländischen Werten und zur Verpfändung des Grosswaldbesitzes an die Alliierten (Bd.1, S.12).

[Die Methode, bei Kriegsniederlagen Wald an die Sieger zu verpfänden, wird auch in Deutschland angewandt. Die Alliierten dürfen dann nach freiem Ermessen Bäume in deutschen und österreichischen Wäldern fällen. Dies wird auch noch nach dem 2. Weltkrieg so praktiziert...]


20.6.1919
Italien: Rücktritt der Sonnino-Regierung wegen des Vertrags von Versailles - Italien rafft sich Südtirol
Nachdem der endgültige Beschluss gefällt wird, dass die Stadt Fiume / Rijeka an Jugoslawien fällt, gibt die Regierung Sonnino den Rücktritt ein.

->> neues Kabinett Nitti-Tittoni

->> Tittoni hält an der Landesvertretung in Versailles fest und fährt eine harte Linie gegen Österreich, um wenigstens Süd-Tirol als Kriegsbeute zu behalten

->> Bauer hat beim italienischen Gesandten in Wien, Borghese, in Sachen Tirol keinen Erfolg (Bd.1, S.2).


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22.6.1919
Note gegen Terror zur Beeinflussung von Volksabstimmungen
Note des Staatsamtes für Äusseres an die Vertreter der "USA", F, GB und Italien in Wien

-- Schilderung der Drangsalierungen in der Steiermark durch die jugoslawischen Behörden, um eine allfällige Volksabstimmung zu beeinflussen

-- Abhilfe könnte geschaffen werden durch Besetzung der Gebiete durch eine Grossmacht oder durch eine interalliierte Überwachung (Bd.1, S.13).


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23.6.1919
Völkerbundnote Beilage 30
(Bd.1, S.170-185)

-- Deutschösterreich soll erst nach Erfüllen gewisser Bedingungen Mitglied des Völkerbundes werden, die anderen Nachfolgestaaten sollen aber sofort Mitglied des Völkerbundes werden (Bd.1, S.172)

-- einige der Nachfolgestaaten der k.u.k.-Monarchie erweisen sich als überaus kriegslustig (Bd.1, S.173): Die "CSSR", Jugoslawien und Ungarn haben zu den Waffen gegriffen (Bd.1, S.174), Deutschösterreich dagegen verhält sich still (Bd.1, S.173)

-- um Probleme mit den anderen k.u.k.-Nachfolgestaaten zu lösen, sollte Deutschösterreich Mitglied des Völkerbundes sein, sonst entsteht für Deutschösterreich eine unerträgliche Lage, wenn Deutschösterreich kein Stimmrecht hat (Bd.1, S.173).

Antrag:
-- sofortige Aufnahme in den Völkerbund mit der Unterzeichnung des Vertrags (Bd.1, S.174-175)

-- wenn keine Aufnahme in den Völkerbund erfolgt, so ist Punkt 3 der Wilson-Punkte verletzt (Bd.1, S.174)

[Die deutschösterreichischen und die deutschen diplomatischen Bemühungen für einen Anschluss bleiben weiter unerwähnt].


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23.6.1919
"Note gegen die Beschlagnahme und Liquidation deutschösterreichischer Vermögenswerte in den Nationalstaaten", Beilage 31
(Bd.1, S.186-191)

-- von der Frage der Beschlagnahmungen hängt die Durchführbarkeit des Friedensvertrages ab

-- Artikel 49 des Vertragsentwurfs besagt, dass die anderen Nachfolgestaaten alles Vermögen der deutschösterreichischen Staatsbürger und Gesellschaften, das sich auf ihrem Gebiet befindet, zurückbehalten und liquidieren dürfen

-- das Vermögen der Deutschösterreicher ist naturgemäss über die ganze Monarchie verteilt, denn die Gebiete waren jahrhundertelang bis November 1918 in der österreichischen-ungarischen Monarchie vereinigt (Bd.1, S.186)

-- eine Liquidierung würde den Verlust fast des gesamten Privatvermögens bedeutet

-- alles, was sich jenseits der nur wenige Kilometer von Wien verlaufenden Grenze befindet, würde liquidiert werden

-- es wäre der Ruin der Hauptstadt, es wäre der Ruin des deutschösterreichischen Staates mitsamt allen Kreditinstituten und der meisten Privatunternehmungen

-- die Bewilligung zur Beschlagnahmung und Liquidierung ist eine Vergewaltigung von Privatrechten:

"Das, was ein Deutschösterreicher in deutschen Gebieten Österreichs, zum Beispiel in Deutschböhmen, besass, soll liquidiert werden dürfen. Noch niemals sind Privatrechte in so flagranter Weise vergewaltigt worden; es gibt keine Regierung, die das Recht oder die Macht hätte, solche Bestimmungen anzunehmen." (Bd.1, S.187)

-- das Verhältnis der Sieger gegenüber Deutschland kann nicht auf das Verhältnis von Österreich auf die anderen Nachfolgestaaten der Monarchie übertragen werden, weil die Nachfolgestaaten ja gar nicht gegeneinander gekämpft haben (Bd.1, S.187-188)

-- der Staat kann für den Vermögensverlust keine Entschädigung bezahlen, wie es der Vertrag vorschlägt, denn die Finanzen sind bereits höchst angespannt (Bd.1, S.188).

Antrag:
-- Artikel 49 fallenlassen
-- das Eigentum der Bürger Deutschösterreichs soll in allen Teilen des einstigen Österreich-Ungarn respektiert werden (Bd.1, S.189).

Schuldenregelung
(S.189-190)

-- die Schulden zwischen den Ländern der Donaumonarchie waren immer rückzahlbar, deutsche Verhältnisse sind nicht auf die k.u.k.-Monarchie nicht übertragbar

-- das in Artikel 31 vorgesehene Kompensationsabkommen ist undurchführbar, da der gesamte Kreditverkehr der Monarchie davon betroffen wäre

-- z.T. haben die Währungen der Nachfolgestaaten noch gar keine kotierbare Währung (Bd.1, S.190)

Antrag:
Artikel 49 fallenlassen (Bd.1, S.191).


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24.6.1919
Depesche der Pariser Konferenz
Die "Friedenskonferenz" befiehlt den Truppenrückzug der Invasionsstaaten in Österreich hinter bestimmte Demarkationslinien im Becken von Klagenfurt

-- die Depesche hat aber keine Unterschrift, was eine Nachfrage notwendig macht

-- es ergeben sich Differenzen zu den Anordnungen des italienischen Kommandanten und andere Mängel

-- Deutschösterreich muss wiederum Antrag auf eine baldige Räumung des Beckens von Klagenfurt von den Jugo-Truppen stellen (Bd.1, S.205-206).


25.6.1919
Gegenvorschläge für die Gebiete
Note "Gegenvorschläge über die Gebietsabgrenzung" Beilage 32 von Renner an Clémenceau

-- Renner verlangt Volksabstimmungen (Bd.1, S.192)

-- dem "Glanz der Gerechtigkeit" soll zum Durchbruch verholfen werden (Bd.1, S.192)

-- Volksabstimmungen werden verlangt für die deutschen Ortschaften in

oo  Deutsch-Nordböhmen (Bd.1, S.193)
oo  die deutschen Sudetenländer (Bd.1, S.194)
oo  Deutsch-Südböhmen (Bd.1, S.195)
oo  Deutsch-Südmähren (Bd.1, S.196)

-- Volksabstimmungen werden verlangt für die Bezirke in Niederösterreich Teldsberg, Gemeinden Bischofswarth, Oberthemenau, Unterethemenau (Bd.1, S.196)

-- Volksabstimmungen werden verlangt für die deutschen oder z.T. gemischten Ortschaften
oo  in Deutsch-Westungarn
oo  in der Steiermark
oo  in Kärnten (Bd.1, S.197)
oo  in Tirol (Bd.1, S.197-198)

-- Vorschlag des Vollzugsverfahrens (Bd.1, S.198-200).


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25.6.1919
Handelspolitische Note von Renner an Clémenceau (S.201-203) wegen der Meistbegünstigung

-- Deutschösterreich muss gemäss Vertragsvorschlag den Vertragspartnern die Meistbegünstigung gewähren

-- Deutschösterreich soll die Meistbegünstigung aber selber nicht erhalten und somit soll deutschösterreichische Ware von den Märkten ausgeschlossen sein (Bd.1, S.201)

-- man wird sowieso Schwierigkeiten haben, die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen (Bd.1, S.201-202)

-- ohne Ausfuhr können die Kredite nicht bezahlt werden

-- der Holzhandel würde blockiert

-- die Gewährung der Meistbegünstigung wäre für niemanden ein Opfer

-- man kann nicht Konzessionen unterschreiben, ohne andere zu erhalten (Bd.1, S.202).

Antrag auf Zusatz:
Ergänzung von Artikel 4 zur gegenseitigen Gewährung gleicher Rechte (Bd.1, S.203).


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26.6.1919
Note wegen der unvollständigen Depesche zur Räumung des Klagenfurter Beckens
"Siebente Note wegen der Ereignisse an der südslawischen Front" (Bd.1, S.207-209)

-- Anfrage, ob die Depesche offiziell sei

-- Anfrage, ob das Kommando der königlich-italienischen Truppen Kenntnis hat von der Depesche, da den Kommandanturen zur Depesche mehrere wesentliche Unterschiede in den Auffassungen bestehen

-- die jugoslawische Demarkationslinie gestattet den aggressiven Jugo-Truppen, sich bis auf mehrere Kilometer Villach und Klagenfurt zu nähern, was eine fortwährende Bedrohung darstellt (Bd.1, S.208)

-- die Versorgung von Klagenfurt wird durch Absperrung der Versorgungsgebiete fast unmöglich

-- ebenso trennt die Demarkationslinie Klagenfurt von seinem E-Werk und dem Wasserreservoir, so dass die Gefahr besteht, dass Klagenfurt ohne Strom bleibt (Bd.1, S.208-209)

-- das Tal der Lavant ist durch die neue Demarkationslinie faktisch und rechtlich abgeschnitten (Bd.1, S.208).

Antrag:
Räumung des Beckens so bald als möglich zur Aufrechterhaltung von Ordnung, Ruhe und Kontrolle (Bd.1, S.209).


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28.6.1919
Meldungen die hoch-kriminellen Jugos in Deutschösterreich
"Achte Note wegen der Ereignisse an der südslawischen Front"

Es herrscht in den jugoslawisch besetzten, deutschösterreichischen Gebieten ein entsetzlicher Terrorismus. In der Bevölkerung gärt Verzweiflung:

-- Einkerkerung von Bürgern und Bauern sind an der Tagesordnung
-- manche laufen zu den Jugos über, deren Frauen vergewaltigt werden [damit nicht noch die Töchter vergewaltigt werden]

-- Plünderungen, Viehdiebstahl, Maschinendiebstahl
-- Zerstörungen von Wohnungen

-- Rohheitsakte gegen Greise, Frauen und Kinder
-- wer deutsch redet, wird unerbittlich bestraft
-- wer nicht Sympathie heuchelt, wird ärgsten Bedrückungen ausgesetzt.

Antrag:
-- dem Zustand ein Ende machen
-- Entschädigungen für seelisches Leid, Raub und Schäden
-- Schutz für das Elektrizitätswerk und die Wasserleitung für Klagenfurt (Bd.1, S.210-211).

Die Jugos machen keine Anstalten, sich zurückzuziehen (Bd.1, S.12).

Eine Antwort der "Friedenskonferenz" auf die Note vom 26.Juni bleibt aus (Bd.1, S.12), aber immerhin wird die Depesche mit dem Rückzugsbefehl durch den Obersten Rat wiederholt (Bd.1, S.121).


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Erneute Note gegen kriminelle Jugos: "Neunte Note wegen der Ereignisse an der südslawischen Front"
(Bd.1, S.12,212-213)

-- die Jugos machen keine Anstalten, sich zur Demarkationslinie gemäss der Depesche zurückzuziehen

-- Bitte um Bekanntgabe, wann die deutschösterreichischen Truppen ihre Demarkationslinie beziehen können, die derzeit von Jugos besetzt ist (Bd.1, S.212)

-- es steht eine wirtschaftliche Katastrophe bevor, wenn die jugoslawische Besetzung nicht in den ersten Tagen des Juli zu Ende geht, da die Löhne am ersten des Monats fällig werden und der Geldtransport nicht sicher ist

-- Lohn wird fehlen, und die Gärung in der Bevölkerung wird steigen

-- Klagenfurt hat noch Vorräte an Lebensmittel und Kohle bis zum 6.Juli 1919

-- Kranke von den nicht besetzten Gebieten können wegen der Jugo-Besetzung nicht mehr nach Klagenfurt gebracht werden (Bd.1, S.213).

Anträge:
-- Heimkehr für geflüchtete Bewohner ermöglichen und körperliche Unversehrtheit bei der Erntearbeit garantieren
-- Zutrittserschwerungen für die besetzten Gebiete aufheben
-- Wiederaufnahme der Postverbindungen (Bd.1, S.213).



1.7.1919
Erneute Note gegen Jugo-Terror zur Beeinflussung von Volksabstimmungen
"Zehnte Note wegen der Ereignisse an der südslawischen Front" (Bd.1, S.13)

-- Einschüchterungen und Schwächungen
-- zahlreiche Ausweisungen und andere Gewaltakte

-- Beeinflussung der Volksabstimmungen
-- bei den Deutschösterreichern gärt es dermassen, dass diese bald zu den Waffen greifen werden

-- Rekrutierungen haben zur Folge, dass die Deutschösterreicher ihr Land verlassen, weil sie vom Krieg genug haben

[das ist das Ziel der kriminellen Jugos: dass die Österreicher das Land verlassen...]

-- es vermehrt sich die Zahl der Arbeitslosen, und gleichzeitig hat die Landwirtschaft in den jugo-besetzten Gebieten grössten Bedarf (Bd.1, S.215).

Antrag:
-- Marburg soll von den Truppen einer Grossmacht besetzt werden

-- oder Marburg soll durch eine interalliierte Kommissionen überwacht werden zur Verhinderung des Missbrauchs des jugoslawischen Übergewichts in den Behörden (Bd.1, S.215).


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2.7.1919
Note gegen die Alleinschuldzuweisung an Deutschösterreich
(Bd.1, S.13): "Note und Denkschrift über das Eintreten der Völker Österreichs für den Staat vor dem Kriege und während des Krieges" (Bd.1, S.216-217)

Die Argumentation gegen eine Alleinschuld am Krieg:
-- Ungarn haben gegen Serben gekämpft
-- Polen haben gegen die Erbfeinde, die Russen, gekämpft, dem Hauptbeteiligten an der Teilung Polens
-- Ukrainer haben auch gegen die Russen gekämpft
-- Kroaten und Slowenen haben gegen die Erbfeinde Italien gekämpft etc.

->> Es ist eine absolute Lüge, Deutschösterreich eine Alleinschuld am Krieg zuzuweisen (Bd.1, S.216-217).

Renner lädt Dutasta (Generalsekretär der Friedenskonferenz) ein: wegen der Verzögerung des Vertrags und dessen negativen Folgen (Bd.1, S.13).


3.7.1919
Gespräch Staatskanzler Renner - Dutasta
in der von Staatskanzler Renner bewohnten Villa Reinach in St-Germain-en-Laye. Dutasta wird von zwei Sekretären und dem Chef der französischen Militärmission begleitet, Major Bourgeois.

Renner:
-- betont, dass Deutschösterreich unter der Verzögerung leidet
-- dass seit dem Waffenstillstand 8 Monate vergangen sind
-- dass die österreichische Delegation bereits 8 Wochen in St-Germain weile
-- Antrag auf baldigen Abschluss.

Dutasta bedauert, dass die Verhandlungen mit Deutschland und die übrigen Fragen so viel Zeit in Anspruch genommen haben.

Dutasta versichert,
-- dass die Situation Österreichs wohl gewürdigt werde
-- dass die "Friedenskonferenz" entschlossen sei, die Verhandlungen so rasch wie möglich zum Abschluss zu führen

-- dass die noch fehlenden Teile nahezu fertiggestellt seien und in den nächsten Tagen übergeben würden
-- dass die Konferenz eifrig an den von Deutschösterreich eingereichten Noten arbeite und dass schon einige Änderungen am ursprünglichen Friedensentwurf vorgenommen worden seien.

Renner
-- sagt schnelle Antwort auf den Entwurf der finanziellen Bedingungen zu

-- regt an, dass die Konferenz die österreichischen Noten einzeln beantworten solle und nicht gemeinsam in der Art eines Ultimatums, so dass das Verfahren beschleunigt werde: Die Konferenz könne  ja nicht alles über die verwickelten Verhältnisse Deutschösterreichs wissen.

Dutasta versichert, er werde diesen Vorschlag vorbringen und Renner über die Antwort berichten.

Renner schlägt eine spezielle Kommission für die Lösung der finanziellen und ökonomischen Fragen der Nachfolgestaaten der Donaumonarchie untereinander vor, so könne die Konferenz beschleunigt und entlastet werden.

Dutasta berichtet, der Oberste Rat würde dies auch schon z.T. in Erwägung ziehen.

Renner betont noch einmal die schwierige Ernährungslage, Finanzlage und die hohe Arbeitslosigkeit in Deutschösterreich. Dutasta solle dem Obersten Rat davon Mitteilung machen (Bd.1, S.13-14).


7.7.1919
Gegenvorschläge zu den wirtschaftlichen Bestimmungen des Entwurfs vom 2.6.1919
"Beantwortung der wirtschaftlichen Friedensbedingungen"

"Note mit Denkschrift und Gegenvorschlägen über die wirtschaftlichen Bestimmungen der Friedensbedingungen" Beilage 41 (Bd.1, S.247-311)

Renner an Clémenceau:

Wirtschaftliche Kriegsmassregeln während des Krieges
-- Österreich-Ungarn ist mit grösster Mässigung vorgegangen
-- Österreichs Regierung begnügte sich mit der Überwachung des Eigentums feindlicher Staatsangehöriger
-- Österreichs Regierung verzichtete auf Liquiditätsmassregeln und Zwangsverkäufe
-- Österreichs Regierung hat nach Möglichkeit die Interessen von fremden Staatsangehörigen berücksichtigt (Bd.1, S.247)

Wirtschaftliche Kriegsmassregeln nach dem Krieg
Die deutschösterreichische Regierung
-- hat bisher keine Kriegsmassregeln wirtschaftlicher Natur getroffen
-- hat die bestehenden Kriegsmassregeln eingeschränkt
-- Beweise und Zeugen über die Gangbarkeit für wohlwollende, sachliche und versöhnende Behandlung der Bevölkerung sind verfügbar (Bd.1, S.247).

Der Entwurf der "Friedenskonferenz" über die wirtschaftlichen Bestimmungen überrascht negativ

Den Deutschösterreichern sollen auf dem Gebiet der verbündeten und assoziierten Mächte alle Guthaben weggenommen werden: zurückgehalten oder liquidiert werden (Bd.1, S.247-248).

Delegierte und Kommissionen stellten Österreichs kritische Lage bereits fest:

-- die deutschösterreichische, landwirtschaftliche Erzeugung entspricht kaum 1/4 des Bedarfs
-- die deutschösterreichische Kohleproduktion entspricht nur 1/10 des Bedarfs
-- Deutschösterreich besitzt nicht die erforderlichen Rohstoffe für die Wiederaufnahme der Arbeit

-- die Mittel zur Finanzierung der Einfuhr der notwendigen Waren sind nicht vorhanden
-- Lebensmittellieferungen haben auf Kredit stattgefunden, wodurch die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung möglich ist, was durch Verpfändung aller Auslandswerte möglich wurde (Bd.1, S.248).

Die Bedingungen des Entwurfes sind unmöglich
Die Bedingungen des Entwurfs

-- würden Österreich der Grundlagen für alle Garantien zur Kreditbeschaffung im Ausland berauben

-- würden verursachen, dass die Verpflegung der Bevölkerung und der Einkauf von Kohle und Rohstoffen für die Wiederaufrichtung der Produktion unmöglich würde

-- würde die Wiederherstellung des Wirtschaftslebens und die allmähliche Gesundung des Geldwesens unmöglich machen und die gesellschaftliche Ordnung gefährden und Deutschösterreich vernichten (Bd.1, S.248).

Anträge:
-- Deutschösterreich ist auf weitere Kredite angewiesen

-- die Konfiszierungspraxis zwischen Deutschland und Frankreich kann nicht auf die Monarchieländer übertragen werden

-- deutschösterreichische Werte können auf den Gebieten der Nachfolgestaaten nicht konfisziert werden, weil es keinen Krieg zwischen Deutschösterreich und den anderen Nachfolgestaaten der Donaumonarchie gegeben hat

-- die Konfiszierungen wären einerseits ungerechtfertigte Bereicherung, andererseits die wirtschaftliche Vernichtung Deutschösterreichs (Bd.1, S.249).

[Ergänzung:
Da gleichzeitig Absprachen zwischen Wien und Berlin über einen Anschluss am Laufen sind, hat diese Argumentation bei Frankreich kaum einen Meinungsumschwung zur Folge].


7.7.1919
Detailbestimmungen zu den Demarkationslinien in Kärnten
Die Demarkationslinien werden im Beisein der interalliierten Mission vom Landesbefehlshaber in Kärnten und dem jugoslawischen Generalstabschef auf einer Karte eingezeichnet und unterschrieben.

->> heftiger Widerstand der jugoslawischen Bevollmächtigten
->> das Staatsamt für Äusseres ersucht die Friedensdelegation, die erfolgte Einigung über die Demarkationslinie der Friedenskonferenz zu notifizieren (Bd.1, S.316).


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Note: Forderung zur Verwirklichung der Vereinbarung über die Demarkationslinien in Kärnten
"11.Note wegen der Ereignisse an der südslawischen Front", Beilage 44 (Bd.1, S.316-317)

-- für das wohlwollende Einschreiten der verbündeten und assoziierten Hauptmächte wird gedankt
-- es hagelt Einsprüche der südslawischen Vertreter, die das Resultat der Verhandlungen bestreiten
-- die grossen Mächte sollen ihre ganze Autorität gegen die kriminellen Jugos in die Waagschale werfen, damit die Vereinbarung beachtet wird.

Antrag:
Österreich stellt Antrag auf einen unverzüglichen Befehl der grossen Mächte zur Einhaltung der Vereinbarung an beide Seiten
-- zum Rückzug hinter die Demarkationslinie
-- und zu deren Achtung nach dem Rückzug (S.316-317).


8.7.1919
Die Nationalversammlung in Wien nimmt die neuen Gesetze zur Sicherstellung der Kredite für Lebensmittel an
Die Durchführung beginnt am selben Tag.


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8.7.1919
Antwort der Alliierten auf die Anliegen der Wirtschaftsvorschläge
"Antwort der alliierten und assoziierten Mächte über wirtschaftliche Bestimmungen" (Bd.1, S.320-323).

Die "Friedenskonferenz" entspricht der österreichischen Note vom 23. Juni, denn die Einwendungen seien von Bedeutung. Artikel 49 wird gestrichen und ersetzt:

-- es wird keine Zurückbehaltung oder Liquidation von Gütern, Rechten und Interessen der österreichischen Staatsangehörigen oder der von ihnen kontrollierten Gesellschaften in den Gebieten geben, die zur vormaligen österreichisch-ungarischen Monarchie gehörten

-- die Wiedergutmachung über Kriegsschäden an Schiffen gilt weiterhin (8.Teil, Abschnitt I, Beilage 3)

-- die Meistbegünstigung wird auch für Österreich gelten:

oo  Österreich wird mit Artikel 6 besondere Zollabkommen mit der "CSSR" und Ungarn treffen können, aber erst nach Unterzeichnung des Vertrags, so werden die Handelsbeziehungen "CSSR"-Österreich und Ungarn-Österreich völlig intakt sein

oo  die Verbündeten und assoziierten Mächte wünschen angemessene Handelsbedingungen mit Österreich auf beiden Seiten, nur wegen der Umstände sei noch keine Meistbegünstigung möglich

-- nach einer Frist von 3 Jahren kann sodann die Meistbegünstigung gewährt werden auf Entscheid des Völkerbundes hin (Bd.1, S.320-323).


9.7.1919
Mitteilung der Beschlüsse vom 8.7.1919 an den Obersten Wirtschaftsrat in Paris
mit gleichzeitiger Bitte um vorläufige Fortsetzung der Lebensmittelsendungen

Renner an Wirtschaftsrat / an Dr.Hoover (Bd.1, S.313-314, 315):
"Mitteilung über die Annahme der Gesetze zur Sicherstellung der Lebensmittelkredite", Beilage 43

-- ausländische Werte und Goldmünzen der Privaten werden requiriert
-- eine Liste der requirierten Werte wird so rasch wie möglich dem Obersten Wirtschaftsrat vorgelegt
-- Ablieferung der Holzexportgewinne an die Devisenzentrale und Überweisung an eine noch zu bezeichnende Stelle

-- die bisherigen Kredite gehen bald zu Ende: In Aussicht stehen noch Lieferungen von Getreide und Mehl. Nicht mehr geliefert werden Fleisch, Fett, Reis und Kondensmilch. Die Ernährungssituation ist somit erneut kritisch

-- im August wird der Kredit für Getreide und Mehl erschöpft sein und es besteht in Wien und in den Industriebezirken Verhungerungsgefahr, da die neue Ernte nur 1/4 des Bedarfs deckt.

Anträge (Bd.1, S.314):
-- dringender Bedarf an Fleisch, Fett, Reis und Kondensmilch. Wenn keine Lieferung erfolgt, ist eine Hungersnot die Folge, und niemand kann die Ordnung mehr garantieren

-- aus den ehemaligen Staaten der Monarchie sind keine regelmässigen Zuschüsse möglich

[das Geld des Kaisers ist in der Schweiz!]

-- Bitte um weitere provisorische Kredite mindestens für August und September

-- bis August und September werden die Requisitionen ausländischer Werte durchgeführt sein (Bd.1, S.313-314).

Brief von Renner an Hoover

-- Dank für bisherige Lebensmittel:
"... und unsere dankbare Bevölkerung wird dies nie vergessen."

-- Bitte um Fortsetzung der Lieferungen für eine kurze Zeit nach der neuen Ernte (Bd.1, S.315).


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9.7.1919
Eintreffen der Antwort der Konferenz vom 8.7.1919 auf die Völkerbundnote
Beilage 45: "Antwort der alliierten und assoziierten Mächte über den Völkerbund" (Bd.1, S.318-319)

-- sobald Österreich eine verantwortliche Regierung besitzt, und sobald diese Regierung zeigt, dass sie den internationalen Verpflichtungen nachkommt, dann werden die verbündeten und assoziierten Hauptmächte eine Kandidatur Österreichs für den Völkerbund unterstützen

-- der Vorschlag von Dr. Lammasch für einen internationalen Gerichtshof wird dem Rate des Völkerbunds zur Prüfung überwiesen

-- die derzeitigen wirtschaftlichen Abkommen behalten ihre Gültigkeit

-- die Gleichbehandlung Österreichs wird nach Vertragsabschluss von den Völkerbundmitgliedern in Betracht gezogen werden (Bd.1, S.318-319).


10.7.1919
Vorschläge der österreichischen Delegation zu politischen Fragen
Beilage 47 (Bd.1, S.324-360): "Gegenvorschläge über die politischen Fragen"

Bekräftigungen und Ergänzungen:

Name
-- der deutsche Nachfolgestaat der Donaumonarchie soll "Republik Deutschösterreich" heissen (Bd.1, S.326)

Schulden
-- Deutschösterreich kann nicht allein die Passiven der ehemaligen Donaumonarchie übernehmen, dies wäre Willkür, denn von der k.u.k.-Monarchie sind die Erben:
-- Deutschösterreich
-- Italien
-- Polen
-- Rumänien
-- serbisch-kroatischer-slowenischer Staat
-- "CSSR"
-- Ukraine (Bd.1, S.327)

Für die Passiven wird eine eigene Verwaltung vorgeschlagen mit Liquidierung der Restschulden unter die Nachfolgestaaten,

oder es soll ein Spezialvertrag mit jedem einzelnen Nachfolgestaat abgeschlossen werden, mit einer Quotenregelung zur jeweilien Schuld-Verpflichtung (Bd.1, S.328).

Staatsgebiet
-- Deutschösterreich soll alle von Deutschen bewohnten ehemaligen Gebiete der Donaumonarchie umfassen und "Republik Deutschösterreich" heissen dürfen

-- ein Kriegszustand mit Deutschösterreich hat nie bestanden und kann somit auch kein Ende nehmen (Bd.1, S.327).

Selbstbestimmungsrecht

-- für alle Deutschsprechenden soll Selbstbestimmung gelten

-- aus den Abstimmungen werden sich die neuen Grenzen ergeben und Fremdherrschaft verhindert (Bd.1, S.329)

-- der Rat der "Friedenskonferenz" soll die Grenze gemäss dem Abstimmungsergebnis bestimmen und die betroffenen Staaten durch Notifikation in Kenntnis setzen

-- die neuen Grenzen sollen binnen eines Monats in Kraft gesetzt werden

-- die fraglichen Abstimmungsgebiete sollen militärisch geräumt und von Truppen einer dritten Macht besetzt werden, jedoch nicht von Truppen eines angrenzenden Staates der zwei betroffenen Staaten. Zeitraum des ganzen Vorgangs: eine Woche nach Vertrags Unterzeichnung (Bd.1, S.332)

-- für die Staatsangehörigkeiten sollen die Wünsche der Einzelnen nach deren Muttersprache berücksichtigt werden. Bei Wahl fremder Staatsangehörigkeiten hat der Wohnsitzwechsel in das betreffende Land innert eines Monats zu erfolgen, wobei bewegliches Vermögen gebührenfrei mitgenommen, unbewegliches Vermögen im ehemaligen Land behalten werden darf (Bd.1, S.333)

-- nach der Volksabstimmung entfallen für die "CSSR" die Gründe zur Einsetzung einer Kommission (Bd.1, S.335)

-- fast 4 Mio. Deutsche werden nach den vorliegenden Plänen der "CSSR" einverleibt (Bd.1, S.336)

-- Antrag auf Konzessionen an die Deutschen der "CSSR", wenn keine freie Staatsangehörigkeit möglich ist. Vorschlag eines Kantonalsystems für die "CSSR" (Bd.1, S.336,338-341):

oo  Anerkennung der Gleichheit der 3 [eigentlich 6!] Nationalitäten
oo  alle 3 Sprachen sollen als Umgangssprachen und als Amtssprachen anerkannt werden
oo  Schulsystem kantonal regeln
oo  Verwaltungsautonomie gewähren
oo  Fürsorge getrennt nach Nationalitäten regeln
oo  die deutsche Minderheit soll gemäss ihrem Bevölkerungsanteil eine Vertretung an der Staatsgesetzgebung erhalten, mit Vetorecht, im Streitfall soll der Völkerbund als Schiedsgericht zuständig sein

oo  Minderheiten sollen in den Kantonen der "CSSR" alle denselben Schutz haben mit nationalem Beschwerderecht und beim Völkerbund

oo  die Stadt Pressburg / Bratislava soll einen besonderen Kanton bilden mit Gleichberechtigung der Sprachen tschechisch, slowakisch, deutsch und ungarisch

oo  der Donauhafen von Pressburg / Bratislava soll internationalisiert und zum Freihafen erklärt werden

oo  die Zugehörigkeit der Kantone zu Nationalitäten soll durch neutral überwachte Volksabstimmungen entschieden werden

Eine andere Lösung wäre die Gewährung nationaler Autonomien (Bd.1, S.341).


Minderheitenschutz
-- Deutschösterreich stimmt allen Vorschlägen zu, um so mehr, als die Donaumonarchie ein Vielvölkerstaat gewesen ist

-- Deutschösterreich erwartet auch denselben Minderheitenschutz bei anderen Staaten (Bd.1, S.342)

-- Österreich schlägt vor, den Minderheitenschutz im Völkerbundsvertrag oder in anderen Bestimmungen zu verankern, die für alle Staaten bindend gelten (Bd.1, S.343)

-- Österreich schlägt einen Obersten Verwaltungsgerichtshofs vor

-- Österreich schlägt die Überwachung der Gesetze durch den Völkerbund vor (Bd.1, S.344)

-- Zustimmung zu Religionsfreiheit und Gleichberechtigung nach Geburt, Nationalität, Sprache und Rasse. Religionen konnten bisher nicht frei ausgeübt werden (Bd.1, S.344-345)

-- Versammlungen sind in Sprachen zu halten, die den Behörden und dem Publikum verständlich sind (Bd.1, S.345).

Flugwesen
-- bisher besteht nur in Österreich militärische Luftfahrt
-- eine Liquidierung der militärischen Luftfahrt würde jedes Flugwesen in Österreich vernichten und die Arbeitslosigkeit erhöhen, ausserdem würde die Luftfahrt zudem als Transportmittel ausfallen (Bd.1, S.351).

Arbeitswesen
-- die soziale Fürsorge ist bereits in Deutschösterreich weit fortentwickelt (S.352)
-- die Regierung erklärt sich bei Eintritt in den Völkerbund bereit, die Bedingungen anzunehmen (Bd.1, S.354).

Staatsangehörigkeit
-- Deutschösterreicher mit Wohnsitz in der "CSSR" sollen die "CSSR"-Staatsbürgerschaft annehmen: Dies ist nicht vereinbar mit dem allgemeinen Recht (Bd.1, S.356)

-- ein Deutschösterreicher kann in einfacher Weise Tscheche oder Italiener werden und sich so den österreichischen Steuern entziehen

-- es ist auch Missbrauch durch Umziehen von Staat zu Staat für Wahlen möglich (Bd.1, S.359)

-- die Fürsorge ist nicht geregelt, wenn Österreicher sich im Ausland befinden (Bd.1, S.359-360).


10.7.1919
"Ergänzung der Gegenvorschläge"
Beilage 49 (Bd.1, S.366-418)

Ergänzungsvorschläge über politische Bestimmungen
-- Antrag auf Annullierung vom 3.Teil der politischen Bestimmungen 4. Abschnitt Artikel 4 (Bd.1, S.368)
-- Artikel, die die Erwähnung Russlands finden, sind unnötig, denn Deutschösterreich kann nicht Nachfolger der Verträge der Monarchie mit Russland sein (Bd.1, S.368-369).

Antrag:
Es kann zwischen Deutschösterreich und Russland keine Wiedergutmachung geben, dies ist juristisch unmöglich (Bd.1, S.369).

[Gleichzeitig hält die österreichische Diplomatie mit Berlin Anschlussgespräche...].


Ergänzungsvorschläge zu den Auslandsbeziehungen

-- Güter im Ausland sollen nicht einfach ohne Entschädigung liquidierbar sein, sondern man solle Österreich so behandeln, wie die anderen Nachfolgestaaten auch behandelt werden (Bd.1, S.370-371)

-- der Besitz des Hauses Habsburg-Lothringen soll als Privateigentum behandelt werden (Bd.1, S.370)

-- die Beschlagnahme von Gütern würde mit dem Prinzip des Völkerrechts im Widerspruch stehen

-- konsularische Wohnungen oder Amtsräume sollen mit ihrem Inventar von der Enteignung ausgenommen werden: in Siam, China, Ägypten und Marokko

-- die Staatsangehörigen von Deutschösterreich in diesen Staaten sollen nicht schlechter behandelt werden als die Angehörigen anderer Staaten, die im Völkerbund sind (Bd.1, S.371)

-- internierte Deutschösterreicher sind frei zu lassen, sonst wird Wiedergutmachung gefordert werden (Bd.1, S.371-372)

-- die Nichtigkeit aller internationalen Verträge der Monarchie wird akzeptiert, die Verträge müssen je nachdem ersetzt werden (Bd.1, S.372-373)

-- Deutschösterreich stellt Antrag auf Entschädigung oder Unversehrtheit von deutsch-österreichischen Gütern in Marokko, da Marokko keine grossen Kriegsschäden hat (Bd.1, S.374).

Antrag:
-- diplomatische und konsularische Wohnungen in Ägypten gegen Entschädigung (Bd.1, S.375)
-- privater Besitz und privates Recht von Deutschösterreichern soll respektiert werden (Bd.1, S.375)
-- diplomatische und konsularische Wohnungen in Siam gegen Entschädigung
-- privater Besitz und privates Recht von Deutschösterreichern soll respektiert werden
-- Entschädigung für Internierungen bleibt in direkten Verhandlungen abzuklären
-- alle Vorrechte in China vom Vertrag von 1901 sollen abgegeben werden (Bd.1, S.376)
-- Entschädigung - wie im Protokoll von 1901 vorgesehen - bleibt in direkten Verhandlungen abzuklären (Bd.1, .376-377)
-- Privatbesitz und Privatrechte sollen respektiert werden (Bd.1, S.378).

Ergänzungsvorschläge zur Strafverfolgung

Antrag:
-- Deutschösterreicher sollen nur durch österreichischen Militärgerichte verurteilt werden können, nicht durch fremde (Bd.1, S.379)

-- es soll der Grundsatz gelten: Eigene Staatsangehörige können nicht an andere Militärgerichte ausgeliefert werden (Bd.1, S.380)

-- Die Bestrafungspraxis aller Nationalitäten der Donau-Monarchie soll gleich sein; diese Regelung ist nötig, da alle Heere gemischt waren (Bd.1, S.382)

Ergänzungsvorschläge zu den wirtschaftlichen Bestimmungen
-- Deutschösterreich kann nicht Verträge der Donau-Monarchie übernehmen (Bd.1, S.385-386)
-- alle Verträge müssen neu abgeschlossen werden (Bd.1, S.386-395).

Ergänzungsvorschläge zur Amnestie
-- Vorschlag von Amnestie und Versöhnung ausser für Handlungen gegen die Kriegsordnung (Bd.1, S.399-400).

Ergänzungsvorschläge zu Häfen, Wasserwegen und Eisenbahnen

-- die "Friedenskonferenz" sieht gegen Deutschösterreich noch schärfere Bestimmungen vor als gegen das Deutsche Reich, weil Frankreich scheinbar gewisse österreichische Nachbarstaaten bevorzugen will, dies wäre tödlich für Deutschösterreich

-- der österreichische Staat muss die teuren Alpenbahnen erhalten, was eine schwere Last ist, weil das Staatsgebiet nun so klein ist, aber die Transitreisenden wollen transportiert werden

-- Österreich wird sich immer für eine Internationalisierung der Verkehrswege einsetzen, da es nun Kleinstaat ist (Bd.1, S.401)

-- eine einseitige Meistbegünstigung zu Wasser, Lande und Schiene kann nicht gewährt werden

-- Deutschösterreich wird sich kaum retablieren können, ist bereits von 3/4 seiner Versorgungsgebiete abgeschnitten

-- ein Servitut für die "CSSR"-Bahn, die ihre eigenen Züge bis Triest führen will, kann nicht in Frage kommen (Bd.1, S.402).

[und gleichzeitig führt Wien Anschlussgespräche...]


13.7.1919
Bauer stellt bei Renner seinen Rücktritt wegen Tirol in Aussicht.

Die ökonomischen Vertreter der Entente-Mächte überarbeiten für Wien den Vertrag aufgrund der österreichischen Noten. An den Südbahnen haben auch Italien und Frankreich ein Interesse, dass sie erhalten werden (Bd.2, S.2).


15.7.1919
Renner an Clémenceau: Nochmalige Bitte um Lebensmittel
die auszugehen drohen: "Bitte um Fortsetzung der Lebensmittelsendungen", Beilage 50 (Bd.1, S.419, 20).


16.7.1919
Renner an Clémenceau: Note mit Betonung der Reziprozität
"Note über die Reziprozität in den Handelsbeziehungen im ehemaligen Österreich-Ungarn" (Bd.1, S.421-424)

-- Rennter dankt für Streichung des Artikels 49
-- Renner dankt dafür, dass das deutschösterreichische Vermögen in den ehemaligen Donaustaaten nicht eingezogen wird
-- Renner nimmt zur Kenntnis, dass die einseitige Meistbegünstigung von 5 auf 3 Jahre herabgesetzt werden soll (Bd.1, S.421).

Antrag:

-- es gibt keinen Grund, die deutsch-österreichischen Produktionszweige schlechter zu behandeln als die viel stärkeren Produktionszweige in Böhmen (Bd.1, S.421)

-- wenn Deutschösterreich den Markt für Waren der Nachbarstaaten mit Meistbegünstigung erlauben soll, so soll für deutschösterreichische Waren in den Nachbarstaaten dasselbe gelten, denn ein Sondervertrag mit den Nachbarstaaten wird keine Meistbegünstigung bringen, wenn sie nicht gewährt werden muss (Bd.1, S.422)

-- Deutschösterreich ist daran, Kompensationsverträge abzuschliessen: mit Polen, Rumänien, Jugoslawien, aber gerechte Verträge sind nicht möglich, wenn der Vertrag von St-Germain einseitige Regelungen zulässt (Bd.1, S.423).


16.7.1919
Österreichische Delegation an Clémenceau: "Gegenvorschläge zu den militärischen Schifffahrts- und Luftschiffahrtsbestimmungen"
Beilage 52 (Bd.1, S.15; 425-436)

Seestreitkräfte
-- Deutschösterreich soll Patrouillenboote auf der Donau zum Zweck der Flusspolizei unterhalten dürfen

-- das Kriegsmaterial der Donaumonarchie, das in Gebieten der verbündeten und assoziierten Mächte liegt, soll nach Quote den einzelnen Nachfolgestaaten gutgeschrieben werden (Bd.1, S.426).

Heer- und Seeflugwesen
Österreich sollte nicht einseitig abrüsten müssen, während andere Staaten der Ex-Monarchie sich aggressiv verhalten (Bd.1, S.428).

Allgemeine Bestimmungen
-- Antrag, dass alle Donaustaaten für die Einhaltung der Verträge sorgen (Bd.1, S.433)
-- viele deutschösterreichische Offiziere sprechen mehrere Sprachen und sind arbeitslos.

Österreich stellt Antrag, dass diese Offiziere auch für die Grossmächte arbeiten dürfen (Bd.1, S.436).


17.7.1919
Antwort von Clémenceau: Lebensmittel gegen Waffen, Beilage 53
-- Lebensmittellieferungen werden kommen
-- Deutschösterreich wird verpflichtet, gegen tschechische Kohle Waffen zu liefern

->> die Waffenlieferungen werden entscheidend für die Lebensmittellieferungen (Bd.1, S.437).


17.7.1919 ca.
Die uneinigen Mächte verzögern die Übergabe des 2.Teils der "Friedensbedingungen"
-- wegen Uneinigkeit in der Grenzziehung zwischen Deutschösterreich mit Italien und Jugoland
-- wegen Streit zwischen Italien und Jugoland um Fiume
-- Italien möchte möglichst weit nach Osten an die österreichische Grenze anschliessen
-- und für das aggressive Jugoland wäre auch der gesamte Balkan noch nicht gross genug.

->> Italien unterstützt Österreichs Anliegen, dass die Jugoarmee aus Kärnten verschwindet
->> Italien will eine jugofreie Eisenbahnlinie nach Ungarn zur Kornkammer haben
->> Italien will Marburg an Österreich zuteilen  (Bd.2, S.1)

-- die Brennergrenze ist mit dem Londoner Vertrag mit GB und F abgesichert [auch am Ende der Konferenz korrigiert Wilson seinen Entscheid zum Brenner nicht]

-- Otto Bauer appelliert für direkte österreichisch-italienische Gespräche wegen dem Brenner
-- die italienische Seite ist z.T. bereit dazu (Bd.1, S.2).



20.7.1919
Übergabe des 2.Teils der "Friedensbedingungen"
Beilage 56: "Friedensbedingungen vom 20.Juli" (S.10-50)

->> ein Teil der Vertreter der besetzten und bedrohten Gebiete, die schon abgereist waren, kehren nach St-Germain zurück
->> Fortsetzung der Arbeiten (Bd.2, S.20).

10 Tage Frist für schriftliche Gegenbemerkungen
(Bd.2, S.2)
mit Beilage 55: "Begleitnote zu den Friedensbedingungen vom 20.Juli" (Bd.2, S.9).

Strittige Punkte sind:

-- alle Österreicher in den italienisch besetzten Gebieten sollen Italiener werden (Bd.2, S.12).

-- die nach dem 24. Mai 1915 Zugezogenen und nur dort Arbeitenden müssen spezielle Bewilligungen bekommen, um Italiener zu werden

-- die Einwohner in Süd-Tirol haben das Optionsrecht je mit Folge, dass diese ihren Wohnsitz innert 12 Monaten in das betreffende Land verlegen müssen, bewegliches Gut kann mitgenommen werden, der Besitz an unbeweglichen Gütern bleibt erhalten, alles ohne Gebühren (Bd.2, S.12)

-- es sind Sonderabkommen zwischen Italien und Österreich geplant betreffs der an Italien gehenden Gebiete hinsichtlich:
oo  bürgerliche Rechte
oo  Handelsverkehr
oo  Gewerbeausübung
oo  Österreich muss die Nationalitätenwechsel anerkennen
oo  Österreich muss diejenigen aufnehmen, die neu ins Land kommen (Bd.2, S.13-14)

-- dieselben Vorschriften gelten für Jugoslawien, als Zeitlimite für Zugezogene gilt der 1. Januar 1910 (Bd.2, S.14-15)

-- dieselben Vorschriften gelten für die "CSSR" und Rumänien, mit einer Zugezogenen-Grenze am 1. Januar 1910 (Bd.2, S.16-17)

-- Minderheitenschutz: Deutschösterreich soll den Minderheitenschutz gemäss Völkerbund einführen, soll eigene Schulen und spezielle Zuwendungsstellen schaffen, Deutsch kann für obligatorisch erklärt werden, Aufnahme der Bestimmungen ins Grundgesetz, Änderungen müssen vom Rat des Völkerbunds bewilligt werden (Bd.2, S.19)

-- Wiedergutmachungen: Österreich soll bezahlen, bevor die Summe bestimmt ist (Bd.2, S.22)

-- Österreich soll auch die Archive, Register, Urkunden, Pläne und Titel aller Art der abgetretenen Gebiete abgeben, dasselbe sollen auch die Nachfolgestaaten zugunsten Österreichs tun (Bd.2,S.23).

Finanzen
-- Österreich soll die Verträge von Zürich vom 10.11.1859 und Artikel XV. (Verpflichtungen gegenüber Italien" einhalten (Bd.2, S.23)

-- Österreich soll auch den Art. XVIII. des Vertreters von Wien vom 3.10.1866 und das Abkommen von Florenz vom 14.7.1868 übernehmen

-- Schuldenübernahme: Jeder neue Staat soll anteilmässig die Schulden vom Stand vom 28.7.1914 übernehmen bei den Eisenbahnen, Salzbergwerken oder ähnliches (Bd.2, S.24-25)

-- die Schulden sollen verrechnet werden, unter den ehemaligen Donaustaaten auch mit Land- und Besitzübernahme von deutschösterreichischen Besitz (Bd.2, S.24-25)

-- Bosnien und Herzegowina wird von den Schuldaufrechnungen ausgenommen (Bd.2, S.25)

-- die Republik Österreich soll für alle Schulden nach dem 28.7.1914 aufkommen, die nicht durch Rententitel, Gutscheine, Obligationen, Wertpapiere und Noten repräsentiert werden

-- die Schulden der österreich-ungarischen Bank werden der österreichischen Regierung nicht belastet (Bd.2, S.25)

-- die einzuziehenden Wertpapiere sind speziell abzustempeln und einzuziehen, die Nummern festzustellen und der Wiedergutmachungskommission zu übergeben (Bd.2, S.26)

-- die Republik Österreich soll die alleinige Kriegsschuld übernehmen (Bd.2, S.26)

-- die Währungsumstellung zur jeweiligen Landeswährung soll innert 12 Monaten nach Unterzeichnung erfolgen: alte Geldnoten abstempeln, diese alten Noten sollen dem Wiedergutmachungsausschuss übergeben werden (Bd.2, S.27)

-- die Liquidierung der österreichisch-ungarischen Bank soll durch Kommissäre der Wiedergutmachungskommission durchgeführt werden

-- die nach dem 27.10.1918 ausgegebenen Noten stehen für die österreichischen und ungarischen Schulden, aber nicht für den Besitz der österreichischen-ung. Bank

-- bei Notenabgabe sollen für alle Nachfolgestaaten die Schuldverschreibungen annulliert werden (Bd.2, S.28)

-- die Inhaber der Noten der österreichischen-ungarischen Bank haben für Verluste, die sie bei der Bank erleiden, keinen Anspruch gegen die Regierung, egal in welchem Staat (Bd.2, S.29).

Verfügung über österreichischen Besitz
Die Nachfolgestaaten sollen vom österreichischen Besitz erhalten:

-- vom Vermögen des ehemaligen Kaiserreichs

-- den Anteil dieses Reichs an dem gemeinsamen Besitz der österreichischen-ungarischen Monarchie

-- alle Krongüter

-- das Privatvermögen der ehemaligen österreichisch-ungarischen Herrscherfamillien, das, was in den jeweiligen Nachfolgestaaten jeweils vorhanden ist: Die Werte der übernommenen Vermögen werden den Staaten belastet und Deutschösterreich gutgeschrieben (Bd.2, S.30)

-- für die Übernahme von Bosnien-Herzegowina hat die österreichisch-ungarische Monarchie 2 1/2 Mio. türkische Pfund an die ottomanische Regierung gezahlt (Abkommen 26.2.1909). Deutschösterreich wird ein anteilmässiger Betrag gutgeschrieben (Bd.2, S.30-31).

Wirtschaftliche Bestimmungen:
Gewerbliches, literarisches und künstlerisches Eigentum kann vom abgetrennten Deutschösterreich behalten werden (Bd.2, S.41).

beigelegt:
"Memorandum zu den Friedensbedingungen vom 20.Juli", Beilage 27
(S.3/51-54)
Das Memorandum ist eine Zusammenfassung der Änderungen, die Deutschland gewährt wurden, z.T. auch auf österreichische Noten hin.

beigelegt:
Entwurf zur Grenzsperre zwischen Österreich und Ungarn bis zum Abschluss des Vertrags der Alliierten mit Ungarn
[Vertrag von Trianon] (S.3, 54).

Zweite Reise nach Feldkirch
Österreichische Delegierte reisen mit den neuen Bedingungen von Paris nach Feldkirch. Stellvertreter Renners in Paris ist Dr. Franz Klein (S.3).


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21.7.1919
Beschlüsse in Feldkirch und Mitteilung der Stellvertretung an den Generalsekretär der "Friedenskonferenz"
(Bd.2, S.3, 55):

-- Antrag auf eine Verlängerung der Frist

-- bei den Einsprachen beschränkt sich die Delegation auf die Hauptpunkte:

oo  noch einmal wird die Forderung erhoben, für zusammenhängende Gebiete in der Steiermark, in Kärnten und in Südtirol zu sorgen

oo  finanzielle Bestimmungen: Die Entente hat den Nationalstaaten schon Zusagen gemacht, dass österreichischen Geld verteilt werde
->> Österreich drängt noch einmal darauf, dass die Wiedergutmachungskommission und nicht die Konferenz entscheide

oo  Österreich drängt auf eine rationelle Regelung der Frage der Staatsbürgerschaft

oo  Österreich beantragt eine möglichst rasche Beendigung der Besetzung

oo  Österreich verlangt die Aufrechterhaltung der Munitions- und Waffenfabriken

oo  der Rücktritt von Otto Bauer wegen Südtirol wird besprochen und nach einer Lösung "danach" gesucht

->> Die Feldkircher Beschlüsse werden den Parteien und dem Parlament vorgelegt (Bd.2, S.3).


21.7.1919
Note wegen Jugoland, dessen Armeen sich nicht zurückziehen
"12.Note wegen der Ereignisse an der südslawischen Front" (Bd.2, S.3,4,56-57)

[Die kriminell operierenden Jugos träumen weiter davon, Österreich im Moment seiner grössten Schwächung zu vernichten].

-- die Besetzung von Teilen Deutschösterreichs durch Serben, Kroaten und Slowenen wird unter nichtigsten Vorwänden fortgeführt (Bd.2, S.56)

-- das Vertrauen in die "Friedenskonferenz" ist bei der betroffenen Bevölkerung erschüttert und die Angst vor dem Jugostaat wächst

-- die Erntearbeitern in den besetzten Gebieten werden verunmöglicht, Hunger wird extra geschürt

-- Lebensmittel und Viehfutter werden in den besetzten Gebieten requiriert und damit der Hunger noch mehr geschürt

-- 1000e Landbewohner sind aus den besetzten Gebieten geflohen und müssen auf der österreichischen Seite der Demarkationslinie in Eisenbahnwagen logieren mit Hungersnot und Elend

-- Renner bittet um Information, ob der Völkerbund eingreifen werde oder nicht (S.57).

[Die kriminellen Jugos meinen, sie hätten einen ersten Schritt zur Zerstörung des übriggebliebenen Rumpf-Österreich erreicht].


26.7.1919
Renner trifft wieder in St-Germain ein
(Bd.2, S.3).


26.7.1919
Note wegen Kriegsgefangenen: "Note über die Kriegsgefangenen"
(Bd.2, S.4, 58-60)

Feststellungen:
-- es wurde von der Konferenz nichts zugunsten der Kriegsgefangenen unternommen
-- das Gespräch von General Slatin hat nichts gebracht (Bd.2, S.58)

Antrag: Österreich stellt Antrag, dass die Alliierten und die assimilierten Mächte Transportmittel zur Verfügung stellen, da Österreich die finanziellen Mittel nicht hat (Bd.2, S.58-59).


27.7.1919
"Gesuch um Friestverlängerung" für Einsprachen um mindestens eine Woche (Bd.2, S.4,61-62).

gleicher Tag:
"Ersuchen wegen der Lieferungen von Kohle"
(Bd.2, S.4, 63-65)
-- Polen und die "CSSR" sollen sofort Kohle an Österreich liefern
-- Deutschland soll 15'000 Tonnen Kohle dazuliefern (Bd.2, S.4)
-- die österreichische Bevölkerung hat nicht mehr den Brennstoff, um sich die Nahrung zu kochen (Bd.2, S.63), auch Spitäler nicht, und auch das Gas ist eingeschränkt (Bd.2, S.64).

->> in Österreich finden Demonstrationen statt
->> man muss auf Vorräte der Bahn zurückgreifen
->> die industriellen Betriebe können schon seit Monaten wegen Kohlemangels nicht mehr arbeiten
->> es besteht ein Katastrophenwinter bevor, wenn nichts passiert (Bd.2, S.64)

-- Deutschland muss Frankreich Kohle liefern (Bd.2, S.64) und braucht jetzt die schlesische Kohle selbst, die früher Wien bezogen hat (Bd.2, S.65).

Antrag:
-- Polen und die "CSSR" sollen sofort Kohle an Österreich liefern
-- Deutschland soll die Lieferung von 15'000 Tonnen Kohle an Frankreich erlassen werden und diese Kohle an Wien geliefert werden (Bd.2, S.65).


30.7.1919
Friestverlängerung für Einsprachen auf 6. August 1919
(Bd.2, S.4, S.71)


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3.8.1919
Protest gegen Zerstörungen durch Jugos und Protest gegen Jugo-Terror
"13.Note wegen der Ereignisse an der südslawischen Front", Beilage 67, (Bd.2, S.44,76-77)

-- die Höhe der Schadensumme beträgt inzwischen über 12 Mio. Kronen
-- es handelt sich meist nicht um militärische Schäden, sondern um Gewaltakte der Jugo-Soldaten
-- viele Plünderungen
-- was die Plünderer nicht fortschleppen können, verwüsten sie (Bd.2, S.76).

-- Antrag auf Stop des Jugo-Terrors (Bd.2, S.4, 76-77)
-- Antrag auf Entschädigung (Bd.2, S.4, 76-77).


4.8.1919
General Slatin bekommt die Erlaubnis zum Besuch des Kriegsgefangenenlagers in Amiens
(S.4).


5.8.1919
General Slatin besucht Amiens mit 500 österreichischen und 500 ungarischen Kriegsgefangenen, die in relativ guter Verfassung sind. Slatin behält schriftlichen Kontakt zu anderen Lagern zwecks Vorbereitung der Rücktransporte (Bd.2, S.4).


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6.8.1919
"Antwort auf die Friedensbedingungen vom 20.Juli", Beilage 68
(S.4,5)
-- Einleitungsschreiben (Bd.2, S.78-91)
-- Bemerkungen (Bd.2, S.92-253)
-- Gegenvorschläge: (Bd.2, S.254-295)
daraus:
-- erneute Grenzvorschläge (Bd.2, S.256-262)
-- Staatsangehörigkeit: Nach Volksabstimmungen soll jeder für oder gegen den jeweiligen Staat optieren können, die Frist für Wohnsitzwechsel soll 6 Monate sein (Bd.2, S.263).


Gegenvorschläge zu den politischen Bestimmungen

Italien
-- Vorschlag des Plebiszits für Tirol (Bd.2, S.265)

-- innert 15 Tagen nach Vertragsabschluss soll für die endgültige Grenzfestlegung zwischen Österreich und Italien eine Kommission gegründet werden, mit 5 Mitgliedern, davon: 1 von italienischer Seite, 1 von österreichischen Seite, 3 von den übrigen assoziierten oder verbündeten Mächten (Bd.2, S.265), Entscheidung nach Stimmenmehrheit (Bd.2, S.266)

-- Italien behält das besetzte "Palazzo Venezia" und leistet dafür Entschädigung, die auf die Ex-Monarchiestaaten verteilt wird (Bd.2, S.266)

-- die östlichen Elektrizitätswerke für die neu italienisch besetzten Gebiete liefern weiter für 10 Jahre Strom an Österreich (Bd.2, S.266-267)

-- Italien soll vom Kaibesee und vom Korinitzabecken Wasser beziehen können, wenn es die entsprechende Gegenmenge Strom liefert (Bd.2, S.267)

Jugoland
-- die Unabhängigkeit von Jugoland wird von Österreich garantiert

-- Antrag auf Volksabstimmungen in den besetzten Gebieten

-- Vorschlag einer Kommission innert 15 Tagen nach Vertragsabschluss für die endgültige Grenzfestlegung zwischen Österreich und Jugoslawien mit 5 Mitgliedern: 1 von jugoslawischer Seite, 1 von österreichischen Seite, 3 von den übrigen assoziierten oder verbündeten Mächten (S.265), mit Entscheidung nach Stimmenmehrheit (Bd.2, S.267)

-- Abstimmungen in Klagenfurt, Marburg und Radkersburg (Bd.2, S.268).

"CSSR"
-- die Unabhängigkeit der "CSSR" wird von Österreich anerkannt (Bd.2, S.270-271)
-- Antrag auf Grenzziehung nach vorhergehender Beschreibung (Bd.2, S.256-262)
-- wenn nötig sollen Abstimmungen möglich sein

-- die "CSSR" soll sich verpflichten, auf dem rechten Ufer der Donau südlich von Pressburg / Bratislava keine militärischen Werke zu errichten

-- Eisenbahnlinien sollen unter den Schutz des Völkerbunds gestellt werden:
oo  Gmünd-Budweis
oo  Gmünd-Wittingau
oo  Nikosburg-Lundenburg
oo  Pressburg-Csorna

verwaltet von tschechoslowakischen Beamten (Bd.2, S.271).

Rumänien
-- soll anerkannt werden, wie es der Völkerbund festlegt (Bd.2, S.272).


Gegenvorschläge zur Minderheitenpolitik

-- Einrichtungen sollen den Minderheiten - falls notwendig - angepasst werden
-- Überwachung durch Völkerbund
-- volle Glaubens- oder Religions- oder Bekenntnisfreiheit

-- keine Sprachbeschränkungen, angemessene Erleichterungen vor Gericht bei fremdsprachigen Österreichern (Bd.2, S.273)

-- eigene Schulgründungen möglich
-- eigene Geldeintreibungen möglich (Bd.2, S.274).

[Solche grosszügigen Minderheitenrechte führen in den nächsten 20 Jahren in Österreich zu keinen Spannungen, aber in anderen neu "gegründeten" Staaten, z.B. in Polen, wo die grosse jüdische Minderheit den Polen zu stark wird, mit der Reaktion einer Diktatur].


Neutralität Tirols
-- Tirol soll als neutrales Gebiet angesehen werden
-- Vorbild soll die Neutralität der Schweiz (Bd.2, S.275) [wenn die wüssten!]

-- die Befestigungen Tirols sollen innert 6 Monaten geschleift werden
-- bei Spannungen sollen Italien oder Österreich verlangen können, dass eine dritte Macht das Gebiet besetzt, wobei der Gesuchstaat die Kosten zu übernehmen hat (Bd.2, S.276).


Abstimmungen
-- die Abstimmungen sollen unter Kontrolle einer dritten okkupierenden Macht erfolgen, die nicht Nachbar der betreffenden Staaten sein darf, um die Neutralität der Abstimmung zu garantieren (Bd.2, S.276-277)

-- mit Kommissionen aus dem Völkerbund (Bd.2, S.279-280)

-- es soll niemand wegen seines Bekenntnisses bedroht werden dürfen, und wenn Rechte verletzt werden, so sollen Entschädigungen bezahlt werden (Bd.2, S.281)

-- für Gewalt oder Betrug vor und während einer Abstimmung sollen Strafbestimmungen gelten (Bd.2, S.282-283)

-- der Völkerbund notifiziert die Abstimmungsresultate

-- neue Grenzen sollen in einem Monat nach der Abstimmung vollzogen werden (Bd.2, S.284).


Aussereuropäische Interessen Österreichs
-- Deutschösterreich verzichtet durch die Generalakte von Algeciras auf alle Rechte ausserhalb Europas

-- private Rechte und Werte sollen respektiert werden
oo  im Scherifischen Reich
oo  in Siam
oo  in China

-- Deutschösterreich verzichtet auf die Abkommen und auf das Vorrecht mit China vom 7.9.1901 (Bd.2, S.285-289).


Vorschläge: Land-, See- und Luftstreitkräfte

-- 6 Monate Wehrpflicht

-- Gendarmen, Zollwächter, Fortwächter, Orts- und Gemeindepolizisten oder Eisenbahnbeamte sollen an keinen militärischen Übungen beteiligt werden (Bd.2, S.290)

-- Offiziere sollen bis 40 dienen dürfen

-- Beschränkung der Munitionsvorräte (Bd.2, S.291)

-- Beschränkung der Waffenerzeugung für Österreichs Heer (Bd.2, S.292)

-- überzählige Waffen sollen den alliierten und assimilierten Hauptmächten ausgeliefert werden (Bd.2, S.292-293)

[Waffenvernichtung gab es damals noch nicht]

-- Kriegsmaterialimporte sind untersagt

-- alle Kriegsschiffe der Monarchie gehen an die verbündeten und assimilierten Hauptmächte ausser 3 Patrouillenboote (Bd.2, S.293)

-- Österreich ist die Luftfahrt untersagt ausser Luftpolizei (Bd.2, S.294)

-- Österreich  soll keine Luftfahrtbeobachter in andere Länder entsenden dürfen (Bd.2, S.295).

Dies sind Beschlüsse der Nationalversammlung vom 8.8.1919.


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9.8.1919

Vorschlag von Ordnungstruppen für Westungarn - die Korrekturen der "Friedenskonferenz" gehen nicht weit genug
"Mitteilung der Beschlüsse des Hauptausschusses", Beilage 69 (Bd.2, S.5, 296-298)

-- wegen Gefahr von Unruhen in Westungarn gegen Deutsch-Westungarn wird Antrag gestellt, dass Deutschösterreich Sicherheitskräfte für Ruhe und Ordnung mobilisieren darf, bis dann die Volksabstimmung stattfindet (Bd.2, S.296)

-- die neuen Bedingungen vom 20.Juli 1919 sind, obschon sie die gute Absicht der Konferenz erkennen lassen, politisch, wirtschaftlich und finanzielle nicht realisierbar

oo  die Kosten werden die Privatwirtschaften ruinieren
oo  die Gesetze werden bei einem Zusammenbruch des Staates nichts nutzen

-- die beantragten Zugeständnisse sind das Mindeste, was nötig ist

-- die Behauptung, dass zwischen den Donaustaaten ein Kriegszustand bestanden hat, kann niemals akzeptiert werden, denn etwas, was sich nie ereignet hat, kann nicht Tatsache sein (Bd.2, S.297)

-- die Tatsache, dass sich künftig Auseinandersetzungen zwischen Österreich und Ungarn anbahnen, kann nicht auf die österreichisch-ungarische Monarchie bezogen werden (Bd.2, S.297-298)

-- der Friedensvertrag sollte die Art und Weise der Auseinandersetzung zwischen Ungarn und Österreich regeln, sonst ist der Vertrag eigentlich nicht vollständig

-- Vorschlag einer Kommission für Ungarn, die die Rechtsverhältnisse zwischen Österreich und Ungarn klären soll (Bd.2, S.298).


10.8.1919
"Erster Nachtrag zur Antwort auf die Friedensbedingungen vom 20.Juli"
kleine Verbesserungsvorschläge


11.8.1919
"Zweiter Nachtrag zur Antwort auf die Friedensbedingungen vom 20. Juli"

-- über das Komitat Wieselburg und dessen zukünftige Teilung zwischen Österreich und Ungarn (S.305)

-- Wieselburg als Versorgungsgebiet für Wien (Bd.2, S.305-306)

-- Direktion und 9/10 des Bodens liegen auf zukünftigem ungarischen Boden

-- die Region könnte die Hungersnot in Wien entscheidend lindern (Bd.2, S.306).


Zusammenbruch der ungarischen Räteregierung Kun - Anschlussbewegung in Deutschwestungarn

->> Es droht eine erneute ungarische Besetzung Deutschwestungarns (Bd.2, S.5).


12.8.1919
Ankunft Renners in St-Germain


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14.8.1919
Bitte an die Konferenz um Entsendung deutschösterreichischer Truppen nach Deutschwestungarn
(Bd.2, S.5): "Bitte um Ermächtigung zur Herstellung der Ordnung in Deutschwestungarn"

-- versammelte ungarische Truppen in Szombathély sollen Deutschwestungarn besetzen und für Ordnung sorgen: in den Komitaten Eisenburg, Ödenburg und Wieselburg

-- die Region ist schon von den kommunistischen Truppen heimgesucht worden: Alle Lebensmittelvorräte wurden weggeschafft, die nicht eingescharrt waren

-- auf die Ankündigung der erneuten Besetzung durch ungarische Truppen sind auch die Nachbarn der östlichen Steiermark in Aufruhr geraten

-- auf einer Versammlung in Fürstenfeld verlangten Landbewohner den wirksamen Schutz und die Besetzung der fraglichen Gebiete durch Deutschösterreich (Bd.2, S.307)

-- die ländliche Bevölkerung der Steiermark hat die Bereitschaft zum Aufstand und die Hilfe mit Waffengewalt gegen die ungarischen Wilderer erklärt (Bd.2, S.307-308)

-- die Ungarn sind gemäss ihrer Art wie gemäss ihrer Sprache Fremde dort

-- die rumänische Presseagentur kündigt die Besetzung der fraglichen Gebiete durch rumänische Truppen an

-- die spärlichen Vorräte, die jetzt noch vorhanden sind und die Hungersnot in Wien lindern könnten, würden dann von den Truppen aufgezehrt (Bd.2, S.308).

Antrag:
-- keine Besetzung durch verwilderte Ungarn oder Rumänen
-- die Besetzung durch deutschösterreichische Truppen zulassen, um jegliche Plünderung zu verhindern, "um dieses menschenfreundliche Werk zu sichern..." (Bd.2, S.308).

[Naivität vorspielen ist auch eine Taktik, wenn parallel mit der deutschen Diplomatie schon der Anschluss an Deutschland abgesprochen wird, aber Frankreich hatte wohl auch seine Geheimdienste...].



2.9.1919
Übergabe des "Friedensvertrags": Der Friedensvertrag von St-Germain

"Begleitworte zur Antwort der alliierten und assoziierten Mächte an den Präsidenten der österreichischen Delegation" (Bd.2, S.310-317)

Schuldfrage: Wien und das österreichische Volk sind Schuld am Kriegsausbruch


Feststellungen:

-- die Monarchie ist gestorben, das Volk aber blieb dasselbe (Bd.2, S.310)

-- der Krieg wurde durch ein Ultimatum ausgelöst, und Serbiens Regierung hat alle Forderungen erfüllt bis auf das, seine Souveränität aufzugeben (Bd.2, S.310-311)

-- statt das Versöhnungsangebot zu diskutieren, hat die österreichische Regierung den Krieg gegen Serbien eröffnet

-- der Krieg war mit dem Nachbarn Deutschland von langer Hand vorbereitet [zur Germanisierung von ganz Mitteleuropa inklusive halb England, mit Hoffnung auf die Kolonien...]

-- österreichische Kanonen standen bei Lüttich und Namur, was die Zusammenarbeit mit Deutschland beweist

-- die österreichische Regierung war aber die Regierung des Volkes

-- das österreichische Volk hat den Krieg bejubelt, statt Militarismus und Herrschsucht zu bekämpfen und zu erdrücken

-- das österreichische Volk muss folglich gezwungen werden, "seinen vollen Anteil an der Verantwortlichkeit für das Verbrechen, das über die Welt ein solches Unheil gebracht hat, auf sich zu nehmen." (Bd.2, S.311)

[Bei Österreich ist aber z.B. nie von Zahlungen für die verursachten Invaliditätsfälle in Frankreich die Rede, wie dies gegenüber Deutschland der Fall ist].


Die deutsch-ungarische Vorherrschaft in der k.u.k.-Monarchie

Dank der Einwohner Österreichs und Ungarns hat sich gemäss den Alliierten die Hegemonie über die Mehrheit der Einwohner der Monarchie erhalten:
-- politische und wirtschaftliche Herrschaft wurde gesichert
-- militärische Tradition wurde erhalten
-- das System der Herrschaft und Bedrückung wurde erhalten
-- das System, das den einen Volksstamm zum anderen in Widerspruch gebracht hat, ist vom österreichischen Volk unterstützt worden.

Diese Diskriminierungen sind gemäss den Alliierten Ursachen des Krieges, denn
-- dadurch erwuchsen irredentistische Bewegungen an den Grenzen der Monarchie

-- dadurch kam es zur zunehmenden Abhängigkeit von Deutschland und zur Unterordnung der österreichisch-ungarischen Politik unter die alldeutschen Herrschaftspläne

-- dadurch versperrte Wien Serbien und Serbiens Freiheitsgedanken den Weg nach Konstantinopel / Istanbul (Bd.2, S.312).

[Hier wird der Traum von einem "Gross-Serbien" bis Istanbul offiziell angesprochen, wie ihn Milosevic noch verwirklichen wollte, als universitäres und militärisches Programm Serbiens...]

Schlussfolgerung der Alliierten im "Friedensvertrag":
"Das österreichische Volk ist und bleibt bis zur Unterfertigung des Friedens ein feindliches Volk."
(Bd.2, S.312)

Über die Schwäche des neuen Österreich
Die jetzige Schwäche Österreichs ist nicht die Folge des Vertrages, sondern die Folge "der Politik der Vorherrschaft, die das österreichische Volk in der Vergangenheit eingehalten hat" (Bd.2, S.312-313).

Auf Militärdienstverweigerung stand die Todesstrafe
"Man sah Millionen von Menschen, die jenen Völkern angehören, die Österreich-Ungarn unterworfen waren, unter Todesstrafe gezwungen, gegen ihren Willen in den Reihen einer Armee zu kämpfen, die gleichzeitig den Zweck verfolgte, ihre eigene Knechtschaft zu einem dauernden Zustande zu machen und das Werk zu vollenden" (Bd.2, S.313).

-- die Völker erduldeten Konfiskationen von Gütern, Gefangenschaft und Tod
-- viele Soldaten dieser Völker haben in alliierten Armeen gedient und gegen Deutschland und Österreich selbst gekämpft (Bd.2, S.313).

Die Isolation Wiens sei die Folge der Vorherrschaft vor 1918
-- Wien als Mittelpunkt des Reichs ist eine künstliche Konzentration

-- Wien habe das Umland für sich in Anspruch genommen: "Man hat die Provinzen ihres Blutes beraubt"

-- Wien habe Regionen isoliert, um sich selbst grösser zu entwickeln: "Man hat die Eisenbahnen lahmgelegt, um die Hauptstadt blühender zu gestalten

->> die schweren Schläge gegen den österreichischen Staat und Wien sind nur das unmittelbare Ergebnis der Politik der Vorherrschaft, für die das österreichische Volk selbst hauptsächlich die Verantwortung trägt (Bd.2, S.313).

Ziel der Konferenz/des Vertrags:
-- Österreich soll sich der neuen Lage anpassen
-- Österreich soll zu neuer Wohlfahrt gelangen, ohne den neuen Staaten zu schaden (Bd.2, S.313).

[Diese allgemeinen Formulierungen sind insofern unwahr, als Deutschösterreich zum grossen Teil schon ab 1871 nach einem Anschluss an Deutschland strebte, der aber vom Kaiser in Wien torpediert wurde, weil der Kaiser von Wien sich dann dem Kaiser in Berlin hätte unterwerfen müssen...]


Die gebilligten Änderungen
-- die Güter der österreichischen Staatsbürger in den jetzt von alliierten Mächten regierten Gebieten werden ihren Eigentümern zurückgestellt werden

-- Verträge zwischen Österreichern und solchen, die eine alliierte Staatsbürgerschaft annehmen, sollen intakt bleiben, ohne Recht auf Auflösung

-- Wien wird die Lieferung von Kohle aus der "CSSR" und Polen gesichert

-- für offene Fragen, die österreichische Staatsbürger und seine Nachbarn betreffen, werden abgesonderte Vereinbarungen getroffen, Österreich soll dabei gleichberechtigter Verhandlungspartner sein

-- die Reparationskommission wird "die Lebensinteressen der Gesamtheit berücksichtigen müssen und jede Milderung gewähren, die sie als ein Erfordernis der Lebensmittellage Österreichs betrachten kann" (Bd.2, S.314).


Keine wesentlichen Änderungen in Territorialfragen - Dauerfriede erwartet
"Diese Entschliessungen sind nach monatelangen gründlichen Studien gefasst worden und in den von der österreichischen Delegation vorgebrachten Bemerkungen wurde kein Argument gefunden, das nicht schon von den Kommissionen, die die betreffenden Berichte erstattet hatten, geprüft worden wäre." (Bd.2, S.314)

Das ist eine faustdicke Lüge, vor allem in der Frage von Süd-Tirol, aber Italien muss eine Kriegsbeute bekommen. Die alliierten und assoziierten Mächte glauben sogar, mit diesen Grenzen einen dauerhaften Frieden zu garantieren:

"Im Allgemeinen haben sich die alliierten und assoziierten Mächte nach Kräften bemüht, die Grenzen der Staaten der einstmaligen österreichischen-ungarischen Monarchie in einer billigen Weise und derart zu bestimmen, dass in Mitteleuropa ein dauernder Frieden herbeigeführt werde." (Bd.2, S.314-315).

[Ergänzung:
Wenn die geheimen Verhandlungen um einen Anschluss Österreichs an Deutschland mit berücksichtigt werden, ist es verständlich, dass Österreich so klein wie möglich gehalten wird].

Weitere Vorschriften:
-- der Vertrag enthält Vorschriften, wonach grosse Staaten kleine Staaten nicht mehr bedrohen dürfen
-- der Zugang zum Meer ist durch die Vorschriften gesichert
-- die Arbeitsgesetzgebung wird die Bedingungen der Arbeiterbevölkerung verbessern
-- die Minderheiten sind geschützt und die Vorschriften können angepasst werden (Bd.2, S.315).

Der jetzige Text des 2. September ist "endgültig", kann nur angenommen oder abgelehnt werden. Frist zur Erklärung ist 5 Tage. Vorbehalten sind die Entscheidungen der Reparationskommission, die sich regelmässig in Wien treffen soll (Bd.2, S.316-7).


gleichzeitig:
Die Alliierten beharren fast gänzlich auf ihrer Gebietseinteilung, Beilage 74
(Bd.2, S.318-373): "Antwort der alliierten und assoziierten Mächte zu den Bemerkungen der österreichischen Delegation über die Friedensbedingungen"

Die Grenzen werden nur in einem Punkt abgeändert (Bd.2, S.319).

"CSSR" bekommt noch mehr Gebiet
-- das Gebiet der CSSR musste im Laufe der letzten 100 Jahre ein Regime der Unterordnung akzeptieren [was nicht stimmt, denn in den letzten 50 Jahren wurde sogar eine "Tschechisierung" vorangetrieben]

-- die tschechische Nation musste ihre Selbständigkeit gegen die Germanisierungsbestrebungen wahren [das ist für die letzten 50 Jahre absolut gelogen]

-- die alliierten und assoziierten Mächte möchten die "CSSR" wieder in ihre vollen Rechte einsetzen

oo  es soll die historische Grenze der tschechischen Provinzen gelten [historisch ist immer relativ]

oo  deutsche Minderheiten sollen "an der Entwicklung der nationalen Einheit der "CSSR" mitarbeiten, deren solidarische Glieder sie kraft der Geschichte sind" (Bd.2, S.319)

oo  die "CSSR" soll zu einer wirtschaftlichen Einheit werden und noch zusätzlich zwei Randgebiete erhalten: im Thayagebiet und im Gebiet um Gmünd (Bd.2, S.319-320).

Ungarn: Zugeständnis an Österreich
-- Gebiete mit geschlossener deutschen Bevölkerung in Westungarn sind Österreich zugeteilt und die Grenzlinie vom 20. Juli folgt sehr nahe der Sprachgrenze

-- nur um Pressburg / Bratislava wurde Ungarn Gebiet zugeschlagen, um Pressburg den Zugang zum Adriatischen Meer zu sichern. Somit kann Wieselburg nicht an Österreich gehen (Bd.2, S.320).

Slowenien
Österreich hat
-- in Slowenien die Bildung eines Nationalbewusstseins verhindert
-- Österreich hat in Slowenien fremde Beamte eingesetzt und so auf das Volkstum Druck ausgeübt
-- Österreich hat die slowenischen Schulen geschlossen
-- Österreich hat Slowenien mit eingewanderten Beamten und Arbeitern überflutet (Bd.2, S.321).

Zugeständnis:
-- die Bergkette des Bachern wird als Grenze anerkannt

-- Marburg:  ist eine Stadt mit deutschem Charakter, aber auf dem Land herrscht das slowenische  Element vor, weil dort die österreichischen Behörden noch nichts wirksam werden konnten (Bd.2, S.321).

Zugeständnis:
-- Radkersburg soll an Österreich gehen
-- Kärnten und das Klagenfurter Becken sollen als Einheit bestehen bleiben und mit der Bergkette der Karawaken abgeschlossen sein (Bd.2, S.322)

-- die ethnische Demarkation durch Gurk, Glan, Glanfurth und Wörthsee lässt östlich und südlich das slowenische Element vorherrschen

-- die wirtschaftliche Orientierung dieser Gegend ist aber gegen Norden ausgerichtet

Zugeständnis:
-- Volksabstimmung wird gewährt

Zugeständnis:
-- die Wasserversorgung von Klagenfurt wird mit einem neuen Artikel gesichert (Bd.2, S.323).

Italien
-- keine Änderung der Grenzverläufe
-- die liberale Politik der italienischen Seite ist zugesichert (Bd.2, S.323).

[Diese liberale Politik wird aber schon 1922 mit Mussolini beendet sein, und ab dann sind deutsche Namen verboten etc...].

Politische Klauseln
Der Palast in Venezien ist ohne Entschädigung zurückzugeben, denn die Übergabe hätte schon dort erfolgen müssen, als Venetien dem Königreich Italien einverleibt wurde (Bd.2, S.323).

Staatsbürgerschaft
Neu soll unterschieden werden in "österreichische Staatsangehörige" und "Angehörige des alten österreichischen Reiches" (Bd.2, S.325).

Die Bedingungen für das Optionsrecht sind aber schärfer gefasst als vorher:

"Die neuen Staaten haben überdies keinerlei Interesse, die Zahl ihrer Angehörigen zu vermehren, welche ihrer Staatsbürgerschaft weder durch ihre Rasse noch durch ein wirkliches Zugehörigkeitsgefühl angehören." (Bd.2, S.326)


Allgemeine Bestimmungen

Befehl zur Unabhängigkeit Österreichs
-- die Unabhängigkeit Österreichs ist unveräusserlich und kann nur mit dem Völkerbund geändert werden (Bd.2, S.327)

Österreich kann nicht Güter der Monarchie im Ausland beanspruchen
-- Österreich betrachtet sich als neuer Staat, wenn es um Schulden der Monarchie geht, aber betrachtet sich als Anspruchsberechtigter, wenn es etwas im Ausland von der Monarchie zu erben gibt, das geht nicht! (Bd.2, S.327-328)

-- die Abtretungen an die Regierung in Marokko, Ägypten, Siam und China sind das Befolgen eines Grundsatzes des internationalen Rechts, da die Monarchie ein feindlicher Staat war (S.328)

-- die direkten Übereinkommen zwischen Österreich und Siam bzw. China können keine Geltung mehr haben (Bd.2, S.329).

Landstreitkräfte: keine Dienstpflicht, Waffenproduktion nur in einer Fabrik, Jagdwaffen
-- die Demobilisierung muss innert 3 Monate erfolgen
-- eine allgemeine Dienstpflicht ist nicht hinnehmbar (Bd.2, S.330)
-- die Waffen sollen in 3 Monaten abgeliefert werden bis auf die Bewaffnung von 1000 Mann (Bd.2, S.330,443)

-- Entschädigung für die Waffen kann nicht gegeben werden, da die Waffen Staatseigentum sind

-- Österreich wird keine Waffen ausführen dürfen, und Waffenproduktion ist nur in einer Fabrik erlaubt

-- die Jagdwaffenproduktion ist erlaubt, wenn der Kaliber nicht dem einer Kriegswaffe einer europäischen Armee entspricht (Bd.2, S.331).

Schifffahrt
3 Aufklärungsboote für die Donau werden bewilligt, die Schiffe werden jedoch von der Kommission ausgesucht (Bd.2, S.331).

Flugwesen
-- um "dauerhaften und gerechten Frieden zu schaffen", wird Österreich - wie Deutschland vorher - das Heeres- und Marineflugwesen verboten

-- die baldige Aufnahme in den Völkerbund soll Österreich die Angst vor einem Angriff nehmen (Bd.2, S.332)

-- die Ausübung der Polizeigewalt kann ohne Flugzeuge geschehen

-- Österreich hat das Umrüsten auf zivile Güter im Luftbereich bisher verpasst, das Personal ist aber sehr gut ausgebildet (Bd.2, S.333)

-- Deutschland könnte sich bei österreichischer Produktion ohne Einschränkung auf Österreich verlassen und erneut mit dem Kriegspartner Österreich kollaborieren, deswegen das Produktionsverbot für Luftschiffe

-- Österreich soll eine Friedensindustrie aufbauen, wie sie bereits in Frankreich und GB existiert (Bd.2, S.334).

[Hier klingt die Kenntnis durch, dass diplomatische Bemühungen bereits den Anschluss für die "Zeit danach" vorbereiten].

Forderung der Gesetzesanpassung
Österreich muss innert dreier Monate seine Gesetze dem Vertrag anpassen. Die Abänderungsfrist von 9 Monaten wird Österreich nicht zugestanden (Bd.2, S.335).

Kriegsgefangene
-- da in Russland derzeit keine reguläre Regierung besteht [kommunistische Regierungen sind keine "regulären Regierungen"], können keine Verhandlungen über Kriegsgefangene geführt werden (Bd.2, S.336)

-- Österreicher, die wegen des Krieges alliiertes Gebiet verlassen mussten, werden nicht automatisch wieder in diesem Land aufgenommen, es kann keine Pflicht bestehen (Bd.2, S.337).

Strafbestimmungen
-- es gibt keinen Grund für eine Abänderung der "Friedensbedingungen"

-- die "verschiedenen Völkerschaften" der Monarchie haben ihren Unabhängigkeitswillen im Krieg bekräftigt, z.B. durch Aufstellen von Freiwilligenlegionen

-- diese Staaten leihen den Ansprüchen der Entente ihre Hilfe und ihre Zustimmung

-- diese Staaten sind als Mitkriegsführende anerkannt

-- der Behandlungsunterschied zwischen der österreichischen Republik und den anderen neuen Staaten ist gerechtfertigt (Bd.2, S.338)

-- die österreichischen Kriegsverbrecher werden ausgeliefert werden müssen (Bd.2, S.339).

Wiedergutmachungen
-- Österreich war hauptverantwortlich für die Taten der österreichisch-ungarischen Monarchie während des Krieges

-- die Reparationen sind von der Reparationskommission nach gewissen Kriterien festzulegen:
oo  die Gebietsabgrenzung
oo  die verminderte Zahlungsfähigkeit (Bd.2, S.340).

Milch und Rückgabe von Gegenständen
-- Milchlieferungen: Milchmangel herrscht auch in den alliierten Ländern, z.T., weil Kinder aus sicheren Gebieten wieder zurückkehren durften in Gebiete, die österreichisch besetzt waren (Bd.2, S.341)

-- Objekte: Auch über Gegenstände, die aus Furcht vor Zerstörung aus Österreich in alliierte Gebiete geschafft wurden, entscheidet die Reparationskommission (Bd.2, S.343).

Finanzielle Klauseln
-- die Republik Österreich wird als Rechtsnachfolgerin der Monarchie angesehen

-- die Staaten, denen ein österreichisches Territorium zugesprochen wird oder die durch den Zerfall von Österreich entstanden sind, zählen jetzt tatsächlich zu den Alliierten, und der Krieg hat ihnen auch wirklich Opfer und Leiden auferlegt

->> den übrigen Nachfolgestaaten können keine Kriegsschulden auferlegt werden (Bd.2, S.344)
->> die Staaten mit österreichischen Territorien erhalten Spezialbestimmungen (Bd.2, S.344-345)

-- in Bezug auf die Vorkriegsschulden der Monarchie werden die Vertreter der Republik Österreich von der Reparationskommission angehört werden (Bd.2, S.346)

-- Sinn der Vorschriften ist es nicht, dass Österreich bankrott geht

-- die Österreichisch-ungarische Bank muss ersetzt werden, Österreich soll sofort die notwendigen Massnahmen ergreifen (Bd.2, S.348).

Wirtschaftliche Bestimmungen
-- es wird in einem Spezialvertrag ein Abkommen mit der "CSSR" zustandekommen auch ohne Meistbegünstigung, dieselbe Bestimmung wird auch Ungarn erhalten (Bd.2, S.349)

-- Österreich soll Kredite für Rohmateriallieferungen von Polen und der "CSSR" erhalten dürfen. Die "CSSR" und Polen sollen dabei keine höheren Zölle für Kohle auferlegen als einem anderen Staat (Bd.2, S.350)

-- die alliierten und assoziierten Mächte werden Österreich keine freie Ernennung von Konsuln gewähren können (Bd.2, S.352).

Verträge
-- müssen z.T. übernommen werden (Bd.2, S.352-353)

-- die Wechselkurse zwischen Österreich, der "CSSR" und Ungarn sind im Zweifelsfall von der Reparationskommission geregelt (Bd.2, S.355)

-- es müssen Schuldenausgleichsämter gebildet werden (Bd.2, S.355)

-- das Verfahren im Falle des Bestreitens einer Schuld wird im Schuldnerstaat durchgeführt (Bd.2, S.356)

-- persönliche Gegenstände oder Andenken sollen nicht liquidiert werden

-- die neue Kapitalsteuer betrifft in Österreich auch Bürger anderer Staaten (Bd.2, S.357)

-- österreichische Kriegsanleihen können nicht als Barwert des Feindes in die Schuldverrechnung eingebracht werden (S.359)


Zugeständnis:
-- beschlagnahmte Güter in fremd besetzten Gebieten werden zurückerstattet (Bd.2, S.361)

-- für Verträge zwischen Österreichern und Angehörigen eines abgetretenen Gebietes sollen in gewissen Fällen alliierte und assoziierte Gerichte zum Einsatz kommen (Bd.2, S.362-363)

-- die Zuständigkeit des gemischten Schiedsgerichtes kann nicht erweitert werden

-- Gewährung von Auskünften für jeweilige Verfahren wird zugesichert (Bd.2, S.363)

-- der Schutz von Eigentum von Österreichern in abgetretenen Gebieten ist zugesichert (S Bd.2, .364)

-- die Beschränkung von österreichischen Rechten an gewerblichem, literarischem oder künstlerischem Eigentum

oo  ist möglich, wenn die assoziierten und alliierten Mächte das für die Landesverteidigung oder im öffentlichen Interesse für notwendig erachten

oo  ist Mittel als Pfand für die Erfüllung der Verpflichtungen Österreichs und für die Wiedergutmachung der Schäden (Bd.2, S.365)

oo  weiter gilt die Datumsgrenze des 28. Juli 1914 als Grenze für Transaktionen, die Rechtsgültigkeit besitzen (Bd.2, S.366).

Häfen, Wasserwege, Eisenbahnen

Zugeständnis:
-- die Frist für einseitige Verpflichtungen Österreichs wird von 5 wird auf 3 Jahre herabgesetzt

Zugeständnis:
-- diese Frist ist nicht verlängerbar (Bd.2, S.367).

Weitere Bestimmungen:
-- Österreich erhält volles Handelsrecht ohne Nachteile mit den Nachfolgestaaten (Bd.2, S.367)

-- österreichische Vertreter werden an die künftige Konferenz über das Regime über die Donau zugelassen (Bd.2, S.368)

-- Österreich soll für eine Übergangszeit Werkstätten der Bahn zur Verfügung stellen, damit die Nachfolgestaaten Zeit haben, ihre eigenen Werkstätten zu errichten (Bd.2, S.369-370)

-- Österreich erhält keinen Zugang zur Rhein-, Oder- oder Elbekommission, weil kein Zusammenhang besteht (Bd.2, S.370) [?]

-- Flussschiffe auf der Donau werden von der Kommission unter Führung der "USA" verteilt (Bd.2, S.371)

-- Österreich wird freie Fahrt auf dem zukünftigen Donau-Oder-Kanal erhalten (Bd.2, S.371-372).

Zugeständnis:
Auf Antrag der Anliegerstaaten ist die Internationalisierung von Flüssen ausbaubar (Bd.2, S.372).

Arbeitsrecht
Der Vertrag muss beschränkt werden und weitere Details sind auf anderen Foren zu besprechen (Bd.2, S.373).


6.9.1919
Der Protest der Nationalversammlung in Wien gegen den Vertrag von St-Germain (Bd.2, S.628-631)
-- der Vertrag verweigert Selbstbestimmungsrechte des deutschösterreichischen Volkes

-- der Vertrag verweigert den Herzenswunsch, die wirtschaftliche, kulturelle und politische Lebensnotwendigkeit: die Vereinigung mit dem deutschen "Mutterlande"

-- Hoffen auf Gewährung der Vereinigung, dem Recht auf Einheit und Freiheit der Nation, nach Überwindung des Geistes der nationalen Gehässigkeit und Feindschaft  (Bd.2, S.628)

-- 3 1/2 Mio. Sudetendeutsche werden von den Alpendeutschen getrennt und mit Fremdherrschaft belegt (Bd.2, S.628), weitere Fremdherrschaft über Alpendeutsche herrscht in Gebieten von Kärnten, in der Steiermark und in Niederösterreich (Bd.2, S.631)

-- die Fremdherrschaft wird von der "CSSR" geführt, die sich im Vertrag als Feind Österreichs bekennt

-- die Verantwortung für die zukünftigen Wirren durch diesen Vertrag liegen bei dem Gewissen jener Mächte, die trotz ernstesten Warnungen den Vertrag vollziehen wollen

-- es wird Klage und Protest erhoben gegen die Teilung Tirols und gegen das Abtrennen übriger Alpenlande (Bd.2, S.628)

[dann hätte Italien aber keine Kriegsbeute mehr...]

-- man dankt für die Zuteilung von Gebieten Deutschwestungarns (Bd.2, S.629)

-- ein grosser Teil der wirtschaftlichen und finanziellen Bedingungen ist undurchführbar

-- der Vertrag ist politisch verhängnisvoll, national ungerecht und wirtschaftlich undurchführbar

-- die Zwangssituation für Österreich ergibt sich durch die Abhängigkeit von Versorgung mit Kohle, Nahrungsmitteln und industriellen Rohstoffen [Hungererpressung, wie bei Deutschland auch]

-- ohne Vertrag wird auch keine Wiederherstellung des Kredits und der Währung möglich [finanzielle Erpressung]

-- das Recht auf Selbstbestimmung in den besetzten Gebieten ist von den alliierten und assoziierten Mächten vergewaltigt (Bd.2, S.630)

[nicht erwähnt:
Wenn Österreich und Deutschland sich wieder vereinen und dabei Österreich zu gross wäre, dann würde ein riesiges Germanien-Deutschland wieder Frankreich vergewaltigen, als erste die Tschechen. Und so kam es dann auch...].

10.9.1919
Vertragsunterzeichnung: Ansprache von Clémenceau
Clémenceau behauptet das Einvernehmen zwischen den alliierten, den assoziierten Mächten und Österreich (Bd.2, S.637).

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