aus: Bericht über die
Tätigkeit der österreichischen Friedensdelegation in
St-Germain-en-Laye, Band 1 und Band 2.
Deutschösterreichische Staatsdruckerei Wien 1919.
Kommentar
Der Bericht zeigt, wie das
französische Diktat von Clémenceau an der
"Friedenskonferenz" von Paris bezüglich den Deutschen
der einstigen k.u.k.-Monarchie reihenweise das
Völkerrecht verletzt. Millionen Deutsch-Österreicher
werden ab 1919 gegen ihren Willen unter die Regentschaft
von Italien, von Jugoslawien, Ungarn und der "CSSR"
gezwungen, mit der Erpressung von Blockierung von
Kohlelieferung und mit Finanz- und Hungererpressung
durch Abschneiden der Versorgungsgebiete Wiens. Der
"Friedensvertrag" von St-Germain ist somit keiner,
sondern zielt darauf ab, Österreich klein zu halten,
falls doch ein Anschluss zustande käme.
Der offizielle Bericht
verschweigt gleichzeitig die geheimen diplomatischen
Bemühungen zur Vorbereitung eines Anschlusses an
Deutschland. Österreich hat mit seinen geheimen
Anschlussbemühungen den Frieden somit schon 1919
verraten, und Frankreichs Staatsführung und die
französische öffentliche Meinung haben das Völkerrecht
bereits 1919 abgeschafft.
Michael Palomino 1998 /
2005
Chronologie
2.5.1919
Einladung an Dr. Bauer
nach St-Germain
Der französische
Botschafter in Wien, Heinrich Allizé, gibt die
Einladung an den österreichischen Staatssekretär für
Äusseres, Dr. Bauer, dass am 12. Mai
eine mit gehörigen Vollmachten versehenen Delegation
nach St-Germain komme (Bd.1, S.3-7).
5.5.1919
Bauer bestätigt den
Eingang des Angebots von Allizé
(Bd.1, S.3-7)
8.5.1919
Beschluss der Reise
einer deutschösterreichischen Delegation
Beschluss der
österreichischen Nationalversammlung: Dr. Renner
soll als Bevollmächtigter der deutschösterreichischen
Republik mit Abgeordneten Dr.Gürtler und Dr.Schönbauer
nach St-Germain reisen (Bd.1, S.3-7).
9.5.1919
Mitteilung der Zusage an
Allizé
Eventuell wird die
Delegation falls nötig mit neuen Mitgliedern ergänzt
werden (Bd.1, S.3-7).
12.5.1919
Abreise (Bd.1, S.3-7).
13.5.1919 ?
Ankunft der
österreichischen Delegation in St-Germain
(Bd.1, S.3-7)
Die österreichischen
Vertreter sind in Villen innerhalb eines für die
Öffentlichkeit abgesperrten Rayons untergebracht:
-- Staatskanzler Dr.Karl
Renner als Bevollmächtigter
--
"Universitätsprofessoren" und Mitglieder der
Nationalversammlung Dr.Alfred Gürtler und Dr.Ernst
Schönbauer als politischer Berater
-- 4 Funktionäre des
Staatsamtes für Äusseres als Generalkommissäre
oo Stellvertreter
des
Staatssekretärs für Äusseres und Uniprofessor Dr.Franz Klein
oo Sektionschef
Franz Peter
oo Sektionschef
Johann Andreas Eichhoff
oo Sektionschef
Dr.Richard Schüller
-- Hilfskräfte aus dem
Staatsamt für Äusseres, für Heerwesen, für Finanzen, für
Verkehrswesen
-- sachverständige
Vertreter der Regierung, des Militärs und der Banken
(meist "Uniprofessoren")
-- Vertreter der besetzten
und bedrohten Gebiete
oo für
Deutsch-Böhmen
oo für
das Sudetenland
oo für
den Böhmerwaldgau
oo für
den Kreis Znaim und das deutsche Gebiet um Neu-Bistritz
oo für
Deutsch-Westungarn
oo für
die Steiermark
oo für
Kärnten
oo für
Tirol
oo für
Vorarlberg
-- Pressevertreter und
deren Hilfspersonal.
Zwischen der
österreichischen Delegation und der "Friedenskonferenz"
trägt der Kommandant der französischen Militärmission
jeweils die Botschaften und Akten hin und her (Bd.1,
S.3-7).
ab 14.5.1919
Vorbereitung von einheitlichen Antworten auf
voraussehbare Fragestellungen
in der Kommission durch
Referate zu wirtschaftlichen Fragen, finanziellen
Fragen, Gebietsfragen.
Bildung von Subkomitees für
die Sudetenländer, für Westungarn, für die Steiermark,
Kärnten und Tirol.
15.5.1919
St-Germain: Erster
Kontakt
Die politischen Referenzen
der österreichischen Delegation besuchen den
Kommandanten der französischen Militärmission in
St-Germain.
Kommandant: zunächst müsse
eine Mitteilung des Obersten Rates der all. Mächte
abgewartet werden, worin die deutschösterreichische
Friedensdelegation zur Vorlage ihrer Vollmachten
eingeladen werde.
17.5.1919
Hunger und Lebensmittel
Beginn von Verhandlungen
mit der interalliierten Finanzkommission wegen der
Finanzierung der Lebensmittelsendungen (Bd.1, S.3-7).
19.5.1919
Die "Friedenskonferenz" will die Vollmachten der
Deutschösterreicher sehen
Clémenceau, Präsident der
Friedenskonferenz, lädt den Staatskanzler für Montag
19. Mai, 15 Uhr, nach St-Germain vor, um die
Vollmachten zur Verifizierung an den Präsidenten des
Komitees zu übergeben:
-- Jules Cambon und
Henry White (Vertreter der "USA")
-- Lord Hardidge
(GB)
-- de Martino
(Italien)
-- Matsui (Japan).
Die Kommission übergibt
ihre Vollmachten an die österreichischen Delegation.
In der Folge erhält die
österreichischen Delegation die Vollmachten von allen
Staaten,
-- die mit Ö-Ungarn im
Kriegszustand waren
-- die mit Ö-Ungarn die
diplomatischen Beziehungen abgebrochen haben, ausser
Russland und Montenegro
-- plus Vollmachten des
tschechoslowakischen Staates, von Polen und Nicaragua
-- die serbische Vollmacht:
lautet auf die Vertretung des Königreiches der Serben,
Kroaten und Slowenen (Bd.1, S.3-7).
19.5.1919
Jugoslawische Truppen in Kärnten
Angriffe von jugoslawischer
Artillerie auf Kärnten.
->> Verfassen einer
ersten Note wegen der Ereignisse an der südslawischen
Front (Bd.1, S.21).
22.5.1919
Österreichs Note an Clémenceau, dass alle
Vollmachten in Ordnung seien
Panamas Vollmacht lautet
als einzige auch auf Verhandlungen mit den
k.u.k.-Nachfolgestaaten.
Im folgenden Verlauf werden
-- Berichte verabschiedet
-- Regelungen zum Schutz
nationaler Minderheiten für Deutsche in
nichtösterreichischen Staaten und für Nichtdeutsche in
Deutschösterreich erarbeitet
-- Erarbeitung von
Regelungen zur Durchführung von Volksabstimmungen
-- Erarbeitung von
Regelungen zur Zusammenarbeit mit der Völkerbund
-- Erarbeitung von
Regelungen für das Finanzwesen (Bd.1, S.22).
22.5.1919
Die Jugoslawen
greifen während der "Friedenskonferenz" weiter
Österreich an
Meldung durch eine
Verbalnote an das Sekretariat der Friedenskonferenz:
Ausbruch von Kämpfen zwischen südslawischen Truppen und
der Territorialmiliz. Bombardierung der Stadt
Unterbrauburg und ihrer Umgebung.
->> die
Verbalnote stellt Antrag an
das Sekretariat der Friedenskonferenz in Paris, mit der
Bitte um Zusammenkunft des Staatskanzlers und zwei
Mitgliedern der österreichischen Delegation mit
Vertretern der Grossmächte (Bd.1, S.22).
24.5.1919
Urgenznote: Mahnung von Renner an Clémenceau
gegen Zeitverzögerung
-- gegen Verschleppung von
Friedensverhandlungen
-- auf Vorlage des Entwurfs
zum Friedensvertrag
-- auf Verifizierung von
Vollmachten
denn die Verzögerungen
provozieren in Österreich Unruhen und hohe
Delegationskosten, und Österreich wartet auf die
Rückgabe der Kriegsgefangenen (Bd.1, S.23).
26.5.1919
Die Jugos kämpfen weiter in Kärnten und in
der Steiermark
[mit dem Ziel der
Vernichtung Österreichs zur Vereinigung mit der "CSSR"].
->> die
deutschösterreichische Delegation schreibt eine zweite
Note wegen der Ereignisse an der "südslawischen Front"
(Bd.1, S.25)
->> und gibt eine
Verbalnote ab an das Sekretariat der Friedenskonferenz
(Bd.1, S.25). Meldung über Kämpfe in Kärnten und
Ausbruch von Kämpfen auch in der Süd-Steiermark
-- Bitte um Intervention,
weil die Höfe und der Ackerbau dringendst gegen die
Hungersnot gebraucht werden
-- weil willkürliche
Gefangennahmen stattfinden
-- weil willkürliche
Beschlagnahmungen von Vieh stattfindet
-- weil Höfe und Felder
verwüstet werden (Bd.1, S.25).
27.5.1919
Antwort von Clémenceau
auf die Urgenznote vom 24.5.1919
Einladung zur Entgegennahme der
Friedensbedingungen
Voraussichtliche Übergabe
des Vertrages soll der 30.5.1919 sein, mit Vorbehalt
folgender Themen:
1. Stärke der
österreichischen Militärkräfte
2. Frage der
Wiedergutmachung
3. Frage der Staatsschuld.
Grund der Verzögerungen ist
die Überprüfung der Wirkungen innerhalb der
Nachfolgestaaten (Bd.1, S.26).
28.5.1919
Renner bestätigt die Note
vom 27. Mai und die Versicherung des Erscheinens am
30. Mai mit 4 Generalkommissären und 4 Sekretären
(Bd.1, S.30).
29.5.1919
Aufschub der Übergabe um
2 Tage
Eintreffen der Nachricht,
dass bei slawischen Kriegsgefangenen Dumdumgeschosse
gefunden worden waren .
Meldung einer slowenisch-serbischen Invasion
(Bd.1, S.30).
[Ergänzung:
Ziel der jugoslawischen
Invasion ist die Besetzung des gesamten Österreich
zwischen Jugoslawien und der "CSSR" zur Verwirklichung
eines "slawischen" Imperialismus, als Vollendung der
Slawisierung in Deutschösterreich, die schon unter dem
Kaiser seit 1906 begonnen wurde mit Einsetzung
slawischer Pfarrer in deutschsprechenden Städten mit
entsprechendem Nachzug etc.
Für das "slawische" Gefühl
der Zeit um 1919-1920 ist Österreich und sind alle
Deutschösterreicher eigentlich völlig überflüssig, weil
Wien als Nachfolgemacht zur Türkei z.T. über 100 Jahre
lang den Balkan beherrscht hat und den Nationalismus auf
dem Balkan unterdrückt hat. Ausserdem wurde Serbien nie
als Kraft auf dem Balkan anerkannt. Serbien hätte 1871
auch gerne die Herrschaft über Bosnien-Herzegowina oder
Kolonien zugesprochen erhalten, was durch die Blockade
durch die internationalen Konferenzen der Kolonialmächte
- darunter Österreich auf dem Balkan mit Regelung durch
Bismarck - bisher nie möglich gewesen ist.
Insofern erfolgt hier ein
tschechischer und jugoslawischer Rachefeldzug mit
angestautem Nationalismus gegen Deutschland und
Deutschösterreich, der durch Frankreich z.T. auch
gebilligt wird. Die nationalistische
Kolonialismus-Energie für ein Gross-Serbien hält dann
überraschenderweise bis zu Milosevic an und bleibt
weiterhin Staatsprogramm].
30.5.1919
Dritte Note wegen der
Ereignisse an der südslawischen Front
(Bd.1, S.31-32)
"Die slowenischen Truppen
haben durch mehrere serbische Divisionen verstärkt, die
Offensive ergriffen, indem sie die Drau überschritten,
und bedrohen nun die Stadt Klagenfurt mit einer
Invasion. Die beiliegenden Geschosse, die von
südslawischen Infanteriegewehren herrühren und bei
Gefangenen gefunden wurden, legen Zeugnis ab von der
jedem Völkerrecht hohnsprechenden Brutalität, mit der
diese ebenso grausamen wie überflüssigen Kämpfe geführt
werden." (Bd.1, S.31-32)
30.5.1919
Note zur Anerkennung Deutschösterreichs:
Namensverbot für "Deutschösterreich"
Cambon von der
Verifizierungskommission erlässt die Note, dass
"Deutschösterreich" nicht mehr "Deutschösterreich"
heissen dürfe, sondern dass Renner nunmehr im Namen der
"Republik Österreich" auftreten müsse (Bd.1, S.30).
Lebensmittelsendungen
und Kredite der Alliierten für Lebensmittel
Frankreich verlangt die
Verarmung der Deutsch-Österreicher und die Verpfändung
von Betrieben, und Renner soll auch noch "Sicherheiten"
für Lebensmittel bieten.
->> Renner bietet am
30.5.1919 ein "Angebot wegen Sicherstellung der
Lebensmittelkredite" (Bd.1, S.33-34) an den Präsidenten
des Obersten Wirtschaftsrates der Friedenskonferenz:
1. Gold und Silber in
Deutschösterreich soll eingezogen werden:
"Ertrag des Gold- und
Silbergeldes, welches physischen und juristischen
Personen deutschösterreichischer Nationalität gehört und
welches vermöge eines der Genehmigung der
Nationalversammlung unterliegenden Gesetzes zu diesem
Zwecke requiriert wird;"
2. Übergabe der
deutschösterreichischen Wertpapiere:
"Übergabe der
deutschösterreichischen Staatsangehörigen gehörenden
ausländischen Wertpapiere laut einer Liste, welche die
kreditgebenden Regierungen aufstellen werden, sobald
diese Wertpapiere durch ein Gesetz, welches die
deutsch-österreichische Regierung der
Nationalversammlung vorzulegen hat, requiriert sind;"
3. Übergabe aller Guthaben,
aus dem Holzexport sowie Aufnahme von Hypotheken auf
alle Wälder von mehr als 500 Hektaren
4. Übergabe der Reinerlöse
aus den österreichischen Salinen sowie Aufnahme von
Hypotheken auf die Salinen, auf die dazugehörigen
Maschinen und Betriebsanlagen
5. Übergabe der Reinerträge
des bebauten und des nichtbebauten Immobiliarbesitzes
aller Städte über 50'000 Einwohner (Bd.1, S.34).
Renner willigt in eine spätere Regelung über
die Bezahlung der Kredite ein
"Ein besonderes
Übereinkommen wird die Bedingungen für die Bezahlung und
für die Leistungen sowie für die Bestellung der
geforderten Garantien festsetzen, wobei sich die
deutschösterreichischen Regierung verpflichtet, alle zu
diesem Zwecke notwendigen Formalitäten auf ihre Kosten
und in entsprechender Weise durchzuführen.
Die derart ausgelieferten
Pfänder werden befreit und die bestellten Hypotheken
werden gelöscht nach Massgabe der Teilzahlungen, welche
die deutsch-österreichischen Regierung à conto der
Bezahlung des ihr gewährten Ernährungskredites leisten
wird." (Bd.1, S.34)
31.5.1919
Clémenceau verweigert mündliche Verhandlungen
Clémenceau teilt Renner
mit, dass keine mündlichen, sondern nur schriftliche
Verhandlungen zugelassen sind und somit keine
Zusammenkunft möglich sei. Der schriftliche Austausch
werde vertraulich erfolgen (Bd.1, S.34).
31.5.1919
Paris fordert den jugoslawischen Rückzug
Die südslawische Regierung
wird vom Generalsekretariat der Konferenz in Paris
aufgefordert, alle Feindseligkeiten einzustellen und die
Truppen beider Seiten sofort hinter eine von der
Konferenz festgestellte Grenze zurückzuziehen (Bd.1,
S.34).
1.6.1919
Mitteilung
der
Aufforderung an die südslawische Regierung auch an die
österreichische Delegation
(Bd.1, S.34).
1.6.1919
Clémenceau-Antwort auf die
Kreditfinanzierungsvorschläge von Renner vom 30.5.1919
(Bd.1, S.11)
Note an Renner "Antwort
wegen Sicherstellung der Lebensmittelkredite" (Bd.1,
S.85-86) mit Vorschlägen der Abwicklung:
-- Gold und beschlagnahmte
österreichische Wertpapiere sollen der Bank von Italien
in Venedig abgeliefert werden
-- die abgelieferten
Beträge in Venedig sollen der italienischen
Finanzverwaltung und dem französischen und britischen
Botschafter zur gemeinsamen Verfügung gehalten werden
-- die Verzinsung soll
5 % betragen, die Zinsen mit österreichischen
Schuldzinsen verrechnet werden
-- die Kredite sollen am
30.6.1921 rückzahlbar sein, falls keine Erstreckung der
Frist eintritt
-- die Umrechnungen der
Kredite von F und GB soll auf dem Marktpreis vom
1.6.1919 der Londoner Börse basieren; die Umrechnungen
der Kredite mit Italien sollen auf der Basis der
Mailänder Börse, mit den "USA" auf der Basis der New
Yorker Börsebasieren
-- auf alle Umrechnungen
wird eine Marge von 20 % zugeschlagen
-- das Gesetz zur
Beschlagnahme des Goldes und der Wertpapiere [WPs] solle
verabschiedet und die Beschlagnahmungen und
Ablieferungen nach Venedig bis zum 30.6.1919
durchgeführt werden
-- Listen der fraglichen
WPs sollen an die Finanzsektion des Obersten
Wirtschaftsrates gehen, mit ungefährer Wertangabe für
die Wertpapiere und das Gold
-- Holzverkäufe zur Deckung
der Kredite werden, wenn der Wert der Wertpapiere nicht
ausreicht, befürwortet
-- Aufstellung der
voraussichtlichen Werte der Holzverkäufe.
Der Pressedienst
informiert die
deutschösterreichische Öffentlichkeit von den
Ereignissen der Friedenskonferenz:
-- Konferenzen
-- Noten
-- Denkschriften
-- informiert die
deutschösterreichische Öffentlichkeit über die
öffentliche Meinung in den Ententeländern über
Deutschösterreich und die Vorgänge
-- informiert die
Delegation über Vorgänge in Deutschösterreich, in den
Ententeländern, im übrigen Ausland, v.a. aus der
französischen, englischen, italienischen und schweizer
Presse (Bd.1, S.20).
2.6.1919
Ein Teil der
"Friedensbedingungen" wird überreicht
Übergabe durch
Bevollmächtigte der Alliierten, mit Ansprache des
Präsidenten der Friedenskonferenz Clémenceau, an die
Vertreter der deutschösterreichischen Delegation: an den
Staatskanzler, seine beiden politischen Berater, die
vier Generalkommissäre, vier Beamte des Staatsamtes für
Äusseres und sämtliche Pressevertreter.
Inhalt der Rede
Clémenceaus
(Bd.1, S.39)
-- Übergabe der
fertiggestellten Teile
-- mündliche Erörterungen
finden nicht statt
-- schriftliche
Einsprachefrist von einem Tag, ebenso sei es möglich,
Erläuterungen zu verlangen
-- die fertigen Teile sind:
Einleitung -
Völkerbundstatut - Grenzen Österreichs - politische
Bestimmungen - der serbisch-kroatisch-slowenische Staat
- der tschechoslowakische Staat [eigentlich ein
tschecho-slowakisch-deutsch-ungarisch-ukrainischer
Staat] - politische Bestimmungen betreffend gewissen
europäischen Staaten - der Schutz der Minoritäten und
allgemeine Bestimmungen - Aussereuropäische Interessen
Österreichs - Bestimmungen über See- und
Luftstreitkräfte - Kriegsgefangene und Grabstätten -
Strafbestimmungen - wirtschaftliche Bestimmungen -
Luftschifffahrt - Häfen, Wasserwege und Eisenbahnen -
Arbeitsrecht - verschiedene Bestimmungen
-- später überreicht werden
Teile über politische Bestimmungen bezüglich Italien,
finanzielle Bestimmungen - Bestimmungen betreffend der
Wiedergutmachung - militärische Bestimmungen.
Nach der 14-Tage-Frist wird
der Oberste Rat der Konferenz von Paris der
österreichischen Delegation eine Frist für die
endgültige Gesamtantwort bezeichnen.
Die Rede von
Staatskanzler Renner
(Bd.1, S.40)
-- aus der Doppelmonarchie
Ö-Ungarn sind acht Nationen hervorgegangen
-- die neue "Republik
Österreich" könne ebensowenig wie die anderen Staaten
als Nachfolger der Monarchie bezeichnet werden und habe
"niemals einen Krieg geführt" und hat noch "im
Kriegszustand mit den Nationalstaaten gelebt" (Bd.1,
S.40)
-- das ganze ehemalige
Gebiet und die ganze ehemalige Bevölkerung der Monarchie
trügen die Verantwortung für die Folgen des Krieges
-- auf all den 8 Staaten
laste "das Erbe des Krieges, das Erbe der Erschöpfung,
das Erbe der schwersten wirtschaftlichen
Verpflichtungen"
-- Renner gibt die
Herrschaftsgelüste der einstigen Monarchie und die
"furchtbare Schuld von 1914" zu, "die die Schuld der
früheren Machthaber, nicht die Schuld der Völker gewesen
ist"
-- in Wien haben sich die
Nachfolgestaaten in Kommissionen zusammengesetzt, um den
Nachlass der k.u.k.-Monarchie unter sich aufzuteilen
-- hier in Frankreich sei
die Rolle der Nachfolgestaaten eine andere und so hoffe
man auf die Feststellung dieses Widerspruchs auf diesem
Friedenskongress (S.41)
-- Renner appelliert an die
Vernunft der Welt, gegen den wirtschaftlichen Untergang
und die Zerstörung der gemeinsamen Wirtschaftsgebiete
-- Renner dankt für den
Beschluss der Hoover-Kommission, der Österreich vor dem
buchstäblichen Hungertod gerettet habe
-- im Volk habe sich
Selbstzucht, Geduld und Einsicht eingestellt
-- Österreich habe auch
nach der Besetzung von 2/5 seiner Gebiete auf
militärische Abwehraktionen verzichtet im Vertrauen auf
den Kongress in Paris
-- Österreich sei eine
Stütze friedlicher und organischer sozialer Entwicklung
im Zentrum Europas, das seine Revolution nicht mit Blut
befleckt habe (Bd.1, S.42).
Die
"Friedensbedingungen"
Einleitung
Völkerbunsatzung Definition
bis auf ein Verb "s'efforce" statt "s'élève"
Grenzen Österreichs:
Protest
Politische Bestimmungen:
-- mit Italien: noch nicht
fertig
-- mit dem
serbo-kroatisch-slowenischen Staat: nicht fertig
-- mit der "CSSR":
teilweise Protest
-- betreffend gewissen
europäischen Staaten: Belgien, Lux, Schleswig, Türkei
und Bulgarien fertig und angenommen; bei Rumänien
Protest, bei Russland und den russischen Staaten
teilweise Protest
Minoritätenschutz:
teilweise Protest
Allgemeine Bestimmungen zur
Anerkennung der Grenzen von anderen Staaten: teilweise
Protest
Aussereuropäische
Interessen Österreichs: teilweiser Protest
Bestimmungen über
Land-, See- und Luftstreitkräfte: teilweise
Protest
Kriegsgefangene und Gräber:
nur kleine Änderung
Strafbestimmungen: nur
kleine Änderungen
Wiedergutmachung: noch
nicht fertig
Finanzielle Bestimmungen:
noch nicht fertig
Wirtschaftliche
Bestimmungen:
-- Handelsbeziehungen: nur
kleine Änderungen
-- Verträge: teilweise
Protest
-- Schulden: teilweise
Protest
-- Eigentum, Rechte und
Interessen: teilweise Protest
-- Verträge, Verjährung,
Urteile: nur kleine Änderungen
-- gemischtes
Schiedsgericht: nur kleine Änderungen
-- gewerbliches Eigentum:
Protest
-- Sonderbestimmungen für
abgetretene Gebiete: teilweise Protest
Luftschifffahrt: Definition
Häfen, Wasserwege und
Eisenbahnen: teilweise Protest
Arbeit: nur kleine
Änderungen
Verschiedene Bestimmungen:
kleine Änderungen.
3.6.1919
Reise der Österreicher
nach Feldkirch
Renner und Sektionschef Schüller
reisen nach Feldkirch ab, während der Minister a.D.,
Dr. Franz Klein, Renners Stellvertreter
wird. Mitteilung an die Konferenz (Bd.1, S.73).
Es erfolgt sofort die
Erarbeitung von Stellungnahmen und neuen Gutachten
(Bd.1, S.20).
Feldkirch: Es herrscht die Meinung:
[Rumpf-]Österreich ist "nicht lebensfähig"
Vorsitz der Sitzungen in
Feldkirch führt Präsident Seitz. Weiter anwesend
sind Vizekanzler Fink und Staatssekretär Dr. Bauer.
Es herrscht die einheitliche Meinung, Deutschösterreich
sei unter den gestellten Bedingungen nicht lebensfähig.
->> Plan von Noten,
um die Aufmerksamkeit auf die wichtigsten Punkte zu
lenken
->> Plan von
Gegenvorschlägen.
Geplante Noten:
-- allgemeine Note
-- Note über
Territorialfragen
-- besondere Note über die
deutschen Gebiete in Böhmen, Mähren und Schlesien
-- Note über die
Rechtsstellung des Landes
-- Note über die
Verantwortung der einzelnen Nationalitäten der Monarchie
für den Krieg mit Nachweis der Unmöglichkeit der
Rechtsnachfolge Deutschösterreichs für die gesamte
Monarchie
-- Note über
wirtschaftliche Fragen gegen die Liquidation des
deutsch-österreichischen Vermögens mit der Feststellung,
dass die Grundsätze des Verhältnisses zwischen
Deutschland und Frankreich nicht auf Deutschösterreich
angewendet werden könnten.
6.6.1919
Renner ist wieder in Frankreich - 5. Note
wegen der Jugo-Invasion in Österreich
Meldung, dass die
südslawischen Kommandanten den Befehl zur
Invasionseinstellung nicht befolgen.
->> Österreichs
Delegation appelliert erneut an den Obersten Rat der
Konferenz in Paris: "Fünfte Note wegen der Ereignisse an
der südslawischen Front":
"Die jugoslawischen Truppen
haben im Gegenteil ihre blutige Offensive nicht zum
Stillstand gebracht, ihr Einfall in die Stadt Klagenfurt
scheint unmittelbar bevorstehend." (Bd.1, S.73)
----
10.6.1919
Erste allgemeine Antwortnote "Erste
Beantwortung der Friedensbedingungen vom 2.Juni"
-- das
deutschösterreichischen Volk wäre durch die Bedingungen
der unentbehrlichen Mittel zur Erhaltung des
Wirtschaftslebens beraubt
-- das
deutschösterreichischen Volk wäre durch die Bedingungen
der unentbehrlichen Mittel zur Aufrechterhaltung der
staatlichen und bürgerlichen Ordnung beraubt
-- mehr als 4 von 10
Mio. Deutschösterreichern müssten einer
volksfremden und dem deutschösterreichischen Volkstum
feindlichen Herrschaft unterworfen sein
-- davon betroffen sind:
Deutschböhmen, Deutschschlesien, deutsche Gegenden
Mährens, Böhmerwaldgau, Neubistritz, Znaimer Kreis,
Zuckerraffinerie, Eisenbahnknotenpunkte fallen an die an
"Tschechoslowakei"
-- Niederösterreich:
Ein Antrag auf eine Volksabstimmung wurde von der
"Friedenskonferenz" nicht beachtet
-- Südtirol ist
gegen jedes Völkerrecht weiterhin in italienischen
Händen
-- Teile in der Steiermark
und des Kärntner Beckens sollen ans aggressive
Jugoland gehen
-- die Nachbarn werden
reich durch Raub, Deutschösterreich soll erdrückt werden
-- das neue
Deutschösterreich könnte nur 1/4 der notwendigen Lebensmittel
selbst erzeugen, wenn es so klein bleiben würde wie
geplant
-- jährlich wären 12 Mio.
Tonnen Kohleimporte notwendig bei eigener
Förderung von kaum 2 Mio. Tonnen
-- fast alle Exportindustrien
sollen Deutschösterreich entrissen werden, denn diese
stehen in Böhmen, Mähren und Schlesien
oo Braunkohlelager
oo Baumwollwebereien
-- Schafwollwebereien
-- Leinenwebereien
-- Glasfabriken
-- Porzellanfabriken
-- Zuckerfabriken
-- chemische Fabriken
-- wenn Österreich so klein
bleibe wie von der "Friedenskonferenz" geplant, würden Eisenbahnlinien
zerschnitten, da die meisten Ausgangspunkte nun im
"Ausland" liegen
-- Verlust der deutsch-böhmischen
Bäder und der Bäder Südtirols und somit
auch Verlust der ausländischen Zahlungsmittel des
Fremdenverkehrs
-- für den Handel fehle die
Meistbegünstigung durch Nachbarstaaten.
Somit wäre eine Bezahlung
von Importware kaum mehr möglich, und insgesamt
wird die Volkswirtschaft
Deutschösterreichs vernichtet.
-- Schulden: Der
Umrechnungsschlüssel ist um das Doppelte zu hoch
angesetzt
-- aller österreichische
Besitz in den neuen Nachfolgestaaten kann gemäss
"Friedensbedingungen" beschlagnahmt und liquidiert
werden
-- Österreich fordert normale
Vertragsverhältnisse mit den Nachfolgestaaten, so
wie sie zwischen den Nacchfolgestaaten und Frankreich
bestehen
[Diese Forderung ist für
Frankreichs Politiker in Paris eine Blasphemie, denn
Frankreich hat mit Rumänien und der "CSSR" neue
politische Verbindungen geknüpft, um im Sinne Napoleons
ganz Europa zu beherrschen, Armeen in der "CSSR" und in
Rumänien aufgebaut. Das heisst: Frankreich hat die
nationalistischen Energien dieser Länder für sich
ausgenutzt, und dabei soll Österreich völlig auf der
Strecke bleiben].
Die Schlussfolgerungen
für das [Rumpf-]Österreich sind fatal
-- bei einer
Beschlagnahmung des Eigentums in den Nachfolgestaaten
erfolgt der Zusammenbruch der österreichischen
Kreditinstitute, der Versicherungsgesellschaften, der
Sparkassen, aller privater Unternehmungen
-- Österreich wird ein
sozialer und politischer Krankheitsherd, was nicht dem
europäischen Interesse und dem Interesse der Alliierten
entsprechen kann: Untergang jeder staatlichen Autorität,
Auflösung des Staates in seine Teile mit politischem und
sozialem Chaos mit Wirkungen auf die Nachbarn.
Vorschlag:
Sonderkommission für die neuen Beziehungen
Die österreichische
Delegation schlägt vor
-- eine Sonderkommission zu
bilden über die Entwirrung der wirtschaftlichen
Beziehungen zwischen Österreich und den Nachfolgestaaten
-- diese Sonderkommission
soll auch alle anderen Beziehungen neu regeln.
Schlusssatz
Die deutschösterreichische
Republik ist nicht in der Lage, "für die Folgen solcher
Friedensbedingungen eine Verantwortung zu übernehmen."
[Das heisst: Frankreich
werde daran die Schuld tragen, wenn Österreich in den
Kommunismus fällt oder ein Guerillakrieg ausartet].
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10.6.1919
Kriegsgefangene
An der Sitzung der
Kriegsgefangenenkommission sind Vertreter der fünf
Grossmächte und General Rudolf Slatin
von Deutschösterreich beteiligt. Slatins möchte v.a.
verhindern, dass die Gefangenen in Sibirien einen
russischen Winter durchmachen müssen. Anträge Slatins:
1. Bitte um Heimschaffung
der Kriegsgefangenen ohne unnötige Verzögerung
2. Bitte um sofortigen
Beginn der Tätigkeit der Kriegsgefangenenkommission und
der Unterkommissionen
3. Bitte, kleine
österreichische Delegationen zu den Gefangenen
zuzulassen.
Präsident der Kommission George
Cahen (F):
-- die Kommission sei nicht
berechtigt, zu beraten und zu verhandeln, sondern nur
die Vorschläge entgegenzunehmen
-- Slatin solle seine
Bitten näher ausführen.
Die Ausführungen Slatins:
-- es handle sich auch um
österreichisch-ungarische Gefangene, sowie um
Zivilinternierte und nicht nur um Kriegsgefangene
-- die Entsendung von
österreichischen Delegationen sei notwendig, v.a. nach
Sibirien, wo die Tätigkeit der österreichischen
Delegierten auch politische Wichtigkeit erlangen kann
-- die Rückführung von
Gefangenen soll sich auf alle Kriegsgefangenen in
Sibirien, Turkestan und alle anderen Gebiete erstrecken,
die nicht im Artikel des Abschnitts über die
Kriegsgefangenen des Vertrags genannt sind
-- Deutschösterreich sei
nicht in der Lage, die Transportkosten selbst zu
übernehmen (Artikel 4), sondern es stelle Antrag, dass
die einzelnen Regierungen die Gefangenen bis an die
Grenze befördern, v.a. die Transporte aus Sibirien seien
unbezahlbar
-- die Frist der Amnestie
für Strafhandlungen der Gefangenen sei vom 1. Mai
auf den 1. oder 15. Juni 1919 zu verlängern,
da sich die Friedensverhandlungen verzögert hätten
-- wenn Österreich dem
Kriegsgegner Zugang zu den Gefangenenlagern gestatte,
und Rücktransport garantiere, so sei von der Gegenseite
ebensolches zu erwarten. Ebensolche Gegenseitigkeit
sollte für Dritte gelten, die Ausländer der Gegenseite
für die Aushändigung von fremden Gütern versteckt
halten.
Die Meinung von Cahen
(F) (Bd.1, S.10):
-- er könne nur Meldungen
entgegennehmen
-- die Rückführung der
Kriegsgefangenen werde ab der Unterzeichnung des
Vertrages anlaufen können
-- gemeinsame
französisch-österreichische Kommissionsarbeiten werden
ab der Unterzeichnung des Vertrages entstehen können
-- die Mitglieder der
einzelnen Subkommissionen werden bereits vor der
Unterzeichnung bestimmt werden können
-- es sei unmöglich,
österreichische Delegierte vor der Unterzeichnung nach
F, It. und Serbien zu entsenden, da sich die Länder mit
Österreich theoretisch immer noch im Kriegszustand
befinden
[Das ist von Frankreich
absolut gelogen: Der Krieg war gegen die Monarchie
gerichtet. Der Nachfolgestaat "Republik Österreich" kann
nicht im Kriegszustand stehen, weil es die Republik im
Jahre 1914 noch nicht gab. Wohl aber hat das
"Herrenvolk" der deutschen "Rasse" die Verantwortung für
die Handlungen der Monarchie zu übernehmen, deren
Handlungen in Wien befohlen wurden].
-- österreichische
Delegierte können nach Sibirien reisen, man werde sich
erkundigen
-- die Rücktransporte
werden nach der Unterzeichnung von der Kommission in
Angriff genommen, auch die Transporte aus Sibirien; um
Finanzierung werde sich die Kommission wohlwollend
kümmern.
Die Stellungnahme von
General Mac Kintry ("USA") (Bd.1, S.10)
-- in Österreich würden
noch Kriegsgefangene der Alliierten oder assoziierten
Staaten gegen ihren Willen zurückgehalten
-- die Alliierten hätten
nach dem Vertrag das Recht, österreichischen Gefangene
zurückzuhalten, solange Österreich Gefangene zurückhält.
Slatin (Ö) (Bd.1, S.10):
-- seines Wissens sind
keine alliierte Gefangenen oder Leute assoziierter
Staaten mehr in Ö in Gefangenschaft
-- die alliierten und
assoziierten Mächte unterhalten in Wien
Militärmissionen, deren Mitglieder überall Zutritt
haben.
Cahen (F) (Bd.1, S.10):
-- Slatin solle die
Vorbedingung der Rückschaffung für Gefangene der all.
und ass. Mächte als Warnung betrachten
-- alle Verbliebenen seien
bis zur Unterzeichnung rückzuschaffen.
Oberst Scimecca
(Bd.1, S.10):
schlägt einen
Zeitungsaufruf vor, so dass alle Zurückgehaltenen in Ö
sich zu melden hätten.
Gen. Slatin (Bd.1,
S.10)
sagt zu, den italienischen
Vorschlag gleich seiner Regierung zu unterbreiten.
Schliessung der Sitzung.
Aufruf in österreichischen Zeitungen, dass
Kriegsgefangene in Österreich sich melden sollen
(Bd.1, S.11)
->> keiner meldet
sich
->> Mitteilung an
Cahen, dass sich keine Kriegsgefangene mehr in
Österreich befänden
->> Österreicher,
z.T. invalide Kriegsgefangene aus Serbien, die in Lyon
gesammelt sind, werden einige Tage danach
zurücktransportiert.
Veröffentlichung des Notenwechsels
(Bd.1, S.11, 81)
Die österreichischen
Delegation schlägt die Veröffentlichung gewisser Noten
vor. Die Note vom 10.5.1919 wurde bereits
veröffentlicht. Damit verletzt Österreich eigenmächtig
die Konvention über die Vertragsverhandlung. Die
österreichische Seite schlägt Frankreich vor, ebenso die
Noten zu veröffentlichen.
----
Verbalnote gegen die Beschlagnahme von
österreichischem Vermögen vor der Unterzeichnung des
Vertrags
"Verwahrung gegen die
Vermögensbeschlagnahme in den Nationalstaaten" (Bd.1,
S.83-84).
-- Protest gegen
Beschlagnahme, Sequestrierung und Liquidierung von
deutsch-österreichischem Besitz ohne rechtliche
Begründung in der Tschechoslowakei, in Jugoslawien und
in Polen sowie in den italienisch und rumänisch
besetzten Gebieten der ehemaligen Monarchie
-- diese Beschlagnahmungen
und Liquidierungen seien Kriegsmassnahmen gegen
Deutschösterreich
-- zwischen den
Nachfolgestaaten und Deutschösterreich habe nie
irgendein Kriegszustand bestanden
-- das wirtschaftliche
Leben von Deutschösterreich sei schwer bedroht und die
Regierungen in den Nachfolgestaaten seien somit
gewalttätig
-- Deutschösterreich habe
nicht das Interesse, einen Wirtschaftskrieg zu führen
und habe sich bisher auf allfällige Vergeltung
beschränkt
-- die österreichische
Delegation bittet um Vermittlung des Generalsekretariats
der Konferenz und um Vorbringen der Thematik beim
Obersten Rat
-- die österreichische
Delegation bittet den Obersten Rat, die Anwendung von
Zwangsmassregeln verbieten zu lassen und um Aufschub von
betreffenden Handlungen, die schon im Gange sind.
----
11.6.1919
Note wegen Eisenbahnlinien
"Note über das
Verkehrswesen" (Bd.1, S.361-365)
-- bei Verwirklichung der
Grenzen gemäss der "Friedenskonferenz" werden die
östlichen und nördlichen Eisenbahnlinien verstümmelt
-- die Erträge der kleinen
Strecken stehen in keinem Verhältnis mehr zu dem Aufwand
der Kopfstationen in Wien
-- es soll zum Thema der
Eisenbahnlinien eine spezielle Kommission gegründet
werden (Bd.1, S.361)
-- die nächste Station von
Wien aus ist in 4 von 6 Fällen im Ausland, so dass
grosse Hürden und Umstände für die Bevölkerung entstehen
(Bd.1, S.362)
-- die Regelung der Grenz-
und Verkehrsfragen soll mit den Kriegsgegnern im Vertrag
geregelt sein, soll mit den Nachfolgestaaten der
k.u.k.-Monarchie aber mit einer
eigenen Kommission passieren (Bd.1, S.365).
14.6.1919
Erneuter Protest gegen die Invasion der
Jugo-Armee
(Bd.1, S.11): "Sechste Note
wegen der Ereignisse an der südslawischen Front" (Bd.1,
S.87)
-- die jugoslawischen
militärischen Befehlshaber fügen sich der Anordnung des
Obersten Rates nicht, das Becken von Klagenfurt zu
räumen
-- die jugoslawischen
Truppen bedrohen die Städte Villach und St.Veit weiter
-- die jugoslawischen
Truppen unterbinden weiterhin allen Verkehr zwischen dem
besetzten und dem nicht besetzten Teil Kärntens
-- Bitte um Vollzug der
Anordnung des Rückzugs durch erneutes Anordnen durch den
Obersten Rat
-- es verbreitet sich
deswegen weiterhin Unruhe im Land.
ab 15.6.1919 ca.
-- Jugos weisen massenweise
Deutschösterreicher aus besetzten Gebieten der
Steiermark aus
-- die Jugos verfügen
Gewaltmassregeln an der deutschsprechenden Bevölkerung
-- die Jugos führen
Einschüchterungsmassnahmen durch gegen allfällige
Volksbefragungen über die Gebietszugehörigkeit (Bd.1,
S.13).
----
15.6.1919
Denkschrift gegen die "CSSR" gegen die
Einverleibung des Sudetenlands und des Ostrauer
Kohlebeckens - Appell gegen die Kohleblockade gegen
Wien
Die Verfasser sind
"Experten": Dr.Rudolf Lodgman-Auen, Dr.Robert
Freissler, Josef Seliger, Hieronymus Oldafredi, Adolf
Klement.
Beilage 27:
"Note über Deutschböhmen,
Sudetenland und die Neutralisation des Beckens von
Ostrau" (Bd.1, S.88-92)
-- 3 1/2 Mio.
Deutschösterreicher werden zu Unrecht bedroht [oder sind
schon besetzt]
-- das tschechoslowakische
Volk wird durch die Alliierten und assoziierten Mächte
"zu einer abenteuerlichen und äusserst gefährlichen
Politik" verleitet (Bd.1, S.88)
-- der Friedensschluss sei
eine Möglichkeit, "den Kampf zwischen dem deutschen und
dem tschechischen Volke zu beendigen und dabei jedem der
beiden das Recht zu gewähren, in voller Freiheit sein
nationales Leben zu führen" (Bd.1, S.88)
-- auch bei Beschränkung
auf die von Tschechen und Slowaken bewohnten Gebiete
werde die Tschechoslowakei eines der reichsten Länder
Europas mit Bodenschätzen, grossen Wäldern und grossen
Industrien in Prag, Pilsen, Königgrätz sowie über das
ganze Land verteilten Textilfabriken und
Spiritusbrennereien sein
-- Österreich und die
"CSSR" werden immer im Streite liegen, wenn man gegen
den Willen der Bevölkerung deutsche Gebiete der "CSSR"
angliedert: Sudetenland, Deutschböhmen, den
Böhmerwaldgau und den Znaimerkreis; so werde im Herzen
Europas ein Herd des Bürgerkrieges geschaffen,
gefährlicher als früher auf dem Balkan: Es werde ein
zweites Elsass/Lothringen geschaffen werden
-- es sei das politische
Todesurteil für eine Bevölkerung, wobei die betroffene
Bevölkerung grösser sei als diejenige von Norwegen oder
Dänemark
-- die Deutschen in Böhmen,
Mähren und Schlesien sollen von Tschechen und Slowaken
unterworfen werden
-- das Vorgehen sei grausam
und unerhört
-- 3 1/2 Mio.
Deutschösterreicher werden 6 1/2 Mio. Tschechen und
Slowaken bekämpfen und umgekehrt, ohne jede Andere
Möglichkeit zur Kompensation, somit wird der Zustand
noch schlechter sein als vor dem Kriege
-- die Ideen der
Siegermächte von "Freiheit" und "Demokratie" sind von
diesen Mächten Frankreic, England und "USA" selbst
torpediert und die Länder tschechisch-slowakisch besetzt
-- am Parlament in Prag
nimmt kein Deutscher teil, und die Vertretung der
deutschösterreichischen Länder wird durch
Polizeimassnahmen geknebelt
-- die
deutschösterreichische Bevölkerung dieser Länder wurde
ohne vorhergehende Befragung an Fremde ausgeliefert und
die Besetzung nachträglich durch die Friedensbedingungen
sanktioniert
-- die Handelsbeziehungen
der tschechisch besetzten Länder zu Deutschösterreich
sind unterbrochen
-- Folge der Blockade sei
in Österreich der Hunger, weil in den tschechisch
besetzten Ländern die wichtigsten Industrien für
Lebensmittel und Heizmaterial liegen
-- es entwickelt sich Hass
in Österreich gegen die "CSSR"
-- die sich entwickelnde
Not ist Beweis dafür, dass Deutschösterreich unfähig
ist, aus eigener Kraft zu leben.
Forderungen:
-- freie Abstimmungen in
Deutschböhmen und in den Sudetenländern
-- Zulassung von gewählten
Landtagen in diesen Ländern
-- Wiederaufnahme der
Beratungen über die Frage der deutschen Gebiete in
Böhmen und den Sudetenländern.
Anträge im Fall Ostrau:
-- die Einwohner teilen
sich in 3 Nationalitäten: Deutsche, Polen, Tschechen
-- Vorschlag der
Neutralisierung und Internationalisierung der Stadt
unter der Aufsicht des Völkerbunds.
Beigefügtes Memorandum:
"Memorandum der Vertreter der deutschen
Sudetenländer in Erwiderung auf die
Friedensbedingungen der alliierten und assoziierten
Mächte"
(Bd.1, S.93-102)
-- Verfasser sind die
Vertreter von Nordböhmen, Mähren und Schlesiens der
deutsch-österreichischen Nationalversammlung ab 1911
(Bd.1, S.95)
-- die "CSSR" wird mit
48 % Tschechen, 28 % Deutschen, 14 %
Slowaken, 7 % Ungarn, 3 % Ruthenen und
eventuell auch mit polnischer Bevölkerung ein
"schlechtes Abbild des ehemaligen Österreich mit allen
jenen Mängeln abgeben, die man endgültig beseitigt
glaubte" (Bd.1, S.101).
-- diese Vertreter
proklamieren die Provinzen Deutschböhmen und Sudetenland
und erklären sie zu Teilen von Deutschösterreich, mit
Übernahme der Gesetze und Einsetzung von
Provinzialregierungen
plus: Forderung der
Vereinigung des Böhmerwaldgau mit dem angrenzenden
Oberösterreich
plus: Forderung der
Vereinigung von Südmähren, Bezirk Neubistritz und des
deutschen Teils des Bezirks Neuhaus mit dem angrenzenden
Niederösterreich
plus: Forderung des
Anschluss der Sprachinsel von Iglau-Stecken an
Niederösterreich (Bd.1, S.95)
-- am 12. und
22. November 1918 beschrieb die neue Verfassung
Deutschösterreichs das Staatsgebiet in diesem Umfang
-- durch eine Volkszählung
von 1910 seien deutschsprachige Gebiete klar definiert
(Bd.1, S.96)
-- 1907 wurden deutsche und
tschechische Wahlbezirke durch Vertreter der
österreichischen und tschechischen Nation klar
festgelegt (Bd.1, S.96)
-- die Tschechen behaupten,
die Deutschen Böhmens und Mährens und Schlesiens seien
tschechischer Rasse, was durch die Klarheit der Grenzen
widerlegt ist, denn wenn Germanisierungsmassnahmen
stattgefunden hätten, dann wären die Grenzen nicht so
deutlich (Bd.1, S.96-97)
-- die tschechische
Regierung bestreitet [bei ihren imperialen Bemühungen
zusammen mit Frankreich] sogar den Wert der
Volkszählungsresultate mit Angabe der Umgangssprache
(Bd.1, S.97)
-- der statistische
Kongress in Pressburg / Bratislava 1873 u.a. haben
festgelegt, dass die Umgangssprache und nicht das
Nationalgefühl oder die ethnische Abstammung für eine
Zuordnung entscheidend sein sollen, ausserdem sei die
Abweichung nur minimal (Bd.1, S.97)
-- die Tschechen behaupten,
die Volkszählung sei deutsch beeinflusst gewesen, dabei
war die österreichischen Regierung der damaligen Zeit
keineswegs geneigt, deutsche Einflüsse zu begünstigen
-- die tschechische
Überprüfung der Volkszählung hat nachweislich kein
anderes Resultat ergeben (Bd.1, S.97)
-- die neue österreichische
Regierung von 1919 versucht eine Politik, die sich nach
Volksentscheiden richtet (S.97).
Die Besiedelung der
Gebiete erfolgte im 14. Jh.
-- die tschechische Politik
behauptet, die deutschen Gebiete Böhmen, Mähren und
Schlesien hätten im Laufe der Jahrhunderte ihren
ursprünglich slawischen Charakter durch Germanisation
eingebüsst
-- Tatsache [gemäss
österreichischer Auslegung] ist aber, dass die Germanen
als Nachfolger der Kelten lange vor den Slawen das Land
besiedelten, und zwar friedlich (Bd.1, S.97)
-- von gewaltsamen
Germanisierungsmassnahmen kann keine Rede sein, denn die
Gebiete sind jahrhundertelang deutsches Besitztum und
die kleinen tschechischen Anteile sind im Zuge des
industriellen Aufschwungs [aus dem Osten] neu
hinzugekommen (Bd.1, S.98).
Die tschechische Armee betreibt seit 1918
Expansion gegen Österreich
-- die tschechische
Regierung hat nach dem Waffenstillstand den Krieg
weitergeführt und deutsche Gebiete mit Waffengewalt
unterjocht (Bd.1, S.98)
-- die
deutschösterreichischen Regierung sieht die Besetzung
nur als provisorisch an bis zur Entscheidung an der
Konferenz (Bd.1, S.98-99)
-- die tschechische
Regierung vertritt Gebiete, von denen sie gar keine
Vertreter hat (Bd.1, S.99)
-- die tschechische
Besatzung im Sudetenland wurde Ende 1918 gewaltsam
vollzogen:
oo Wiedereinführung der
Zensur
oo Wiedereinführung der
Körperstrafen für Männer und sogar für Frauen
oo Gegendemonstrationen und
Bitten um neutrale Kommissionen der Ententemächte sind
Beweis, dass die tschechische Besetzung in der
deutsch-sprechenden Bevölkerung nicht akzeptiert wird
(Bd.1, S.99)
-- die österreichischen
Vertreter fordern unparteiische Volksabstimmungen (Bd.1,
S.99-100).
Die kriminelle
tschechische Regierung
-- die Vorgangswiese der
"CSSR"-Regierung ist entgegen den Grundsätzen, die von
der Entente in Paris aufgestellt wurden
-- die Vorgangsweise der
"CSSR"-Regierung ist weder mit den Grundsätzen der
Demokratie noch mit dem Nationalitätenprinzip vereinbar,
sondern eine Fremdherrschaft
-- die tschechische
Regierung macht wegen des materiellen Vorteils die
Deutschen zum Spielball der Politik
-- die tschechische
Regierung besetzte 1918 unter dem Deckmantel des
Waffenstillstandes das deutsche Gebiet und unterstellte
es ihrer Souveränität gegen alle Grundsätze des
Völkerrechts
-- die tschechische
Regierung beseitigte die bestehenden Behörden und setzte
neue ein
-- die tschechische
Regierung presste den öffentlichen Beamten den Amtseid
ab mit Bedrohung des Entzugs der materiellen Existenz,
auch mit der Drohung von Vertreibung oder Gefangenschaft
-- die tschechische
Regierung vergiftet die Beziehungen zwischen den Staaten
in Europa und zerstört die Hoffnungen auf eine
friedliche Verständigung (Bd.1, S.100)
Die "CSSR" ist reich
genug
-- der tschechische Staat
bedarf zu seiner gesicherten Existenz keine fremden
Besitztümer
-- Deutschösterreich kann
bei Raub all der von der "CSSR" besetzten Bodenschätze
auf deutschem Boden so nicht existieren
-- weitere statistische und
wirtschaftliche Angaben zum Beweis dieser Tatsachen sind
verfügbar (Bd.1, S.101)
-- der Vertragsentwurf
steht in vollem Gegensatz zum souveränen Willen der
Sudetendeutschen
-- Vorschlag:
Volksabstimmung unter neutraler Kontrolle in Abwesenheit
tschechischer Truppen (Bd.1, S.102).
Die Perversion des
Vorwurfs der Germanisierung
Der Anteil der deutschen
Bevölkerung hat gemäss den Volkszählungen kaum
zugenommen, sondern hat z.T. sogar abgenommen:
|
Böhmen |
Mähren |
Schlesien |
Prag |
1880 |
63,3% tschech |
36,7% dt. |
29,4% dt. |
48,9% dt. |
18,43% dt. |
1910 |
63,9% tschech |
36,1% dt. |
27,6% dt. |
43,9% dt. |
9% dt. |
Fast überall
hat der deutsche Anteil abgenommen. Es hat also
nachweislich keine "Germanisierung" stattgefunden (Bd.1,
S.109-110).
Warum hat keine grosse
tschechische Zunahme in Böhmen und Mähren stattgefunden?
Wegen der notorischen Auswanderung nach "Amerika" (Bd.1,
S.111).
Die tschechischen Gelehrten
wie z.B. Dr. Zdenko Tobolka haben diese Resultate
bestätigt (Bd.1, S.111-112).
Ostrau: Vorschlag: Neutralisierung des Ostrauer
Beckens
-- Versorgung mit Ostrauer
Kohle muss für die verschiedenen Bevölkerungen gesichert
sein
-- Tschechen und Polen
streiten sich um das Gebiet, und die deutsche
Bevölkerung ist darin gewerbefleissig
-- die österreichischen
Kommission schlägt einen Vertrag für eine neutrale
Verwaltung für Ostrau vor (Bd.1, S.123).
----
16.6.1919
Zweite Note betreffs des
Vertragsentwurfs
(Bd.1, S.11): "Note über
die Grenzen Deutschösterreichs", Beilage 28 (Bd.1,
S.128-134)
Unmögliche Grenzziehung
zur "CSSR"
-- wenn kein Anschluss an
Deutschland möglich ist, so soll wenigstens eine
Vereinigung mit dem deutschen Teil von Südböhmen und
Südmähren möglich sein (Bd.1, S.129)
-- die Grenze zur "CSSR"
soll der Fluss March sein
-- wenn der Fluss March
ganz tschechisch wird mit dem Westufer als Grenze, so
wäre das Willkür gegen die Freiheit des Welthandels, und
Österreich wäre ausgeschlossen (Bd.1, S.130).
Grenze zu Ungarn: Der
Fluss Leitha
(Bd.1, S.130-131)
-- der Fluss Leitha war in
der Monarchie nur eine rein administrative Grenzlinie
-- der Fluss Leitha hatte
keine politisch, militärische oder wirtschaftliche
Bedeutung
-- der Fluss Leitha ist nur
48 km von Wien entfernt und nur einen Tagesmarsch von
Graz entfernt
-- Ödenburg, Eisenburg und
Wieselburg waren seit je her das Versorgungsgebiet von
Wien für Gemüse, Milch und Fleisch
-- Graz bezog die
Lebensmittel aus dem westlichen Ungarn
-- in der Wiener
Neustadt-Industrie sind hauptsächlich ungarische
Arbeiter beschäftigt
-- wenn die Leitha
politische und wirtschaftliche Grenze wird, verlieren
die 3 wichtigsten Industriezentren Deutschösterreichs
ihre Versorgungsgebiete und rücken gleichzeitig in den
Bereich der gegnerischen Artillerie
-- Budapest braucht die
Erzeugnisse der Region Ödenburg, Eisenburg und
Wieselburg nicht, weil Budapest solche Produkte aus der
Tiefebene [des Flusses Theiss / Tissa] bezieht
->> Deutschösterreich
fordert in diesem Sinn, dass in den Gebieten Ödenburg,
Eisenburg und Wieselburg eine Volksabstimmung
durchgeführt wird (Bd.1, S.130-131).
Grenze zu Jugoslawien
und Italien
(Bd.1, S.131-133)
-- die Sprachgrenze ist
verworren, die Rassen sind vermischt (Bd.1, S.131)
-- Deutschösterreich stellt
Anspruch auf die Gebiete, die mehrheitlich deutsch
bewohnt sind und mehrere 100'000 Einwohner haben:
oo im
italienischen Trentino
oo in
der Krain
oo im
Küstenlande
oo im
deutschen Teil der Gottschee (Bd.1, S.131-132)
-- diese ladinischen und
jugoslawischen Minoritäten haben ihren Anschlusswillen
an Deutschösterreich bekundet. Vorschlag einer
Volksabstimmung (Bd.1, S.132)
-- die Regionen Mals,
Meran, Bozen, Brixen, Klagenfurt und Marburg sind
mindestens 90 % deutsch und ein Zuschlag an Italien
oder Jugoslawien verstösst absolut gegen jegliches
Völkerrecht
-- wenn die Grenze gemäss
dem Entwurf der "Friedenskonferenz" gezogen wird, wird
die Eisenbahnlinie über den Ofenpass verstümmelt, weil
sie dann durch 6 Länder führt: Schweiz- Österreich -
Italien - Österreich - Jugoslawien - Ungarn: So wäre
keine sachgemässe Verwaltung der Linie mehr möglich
(Bd.1, S.132-133)
-- Deutschösterreich stellt
den Antrag auf eine Volksabstimmung im ganzen Tal bis zu
den Karawanken (Bd.1, S.133)
Zusammenfassung
6 Mio. Deutschösterreicher
wären von mehreren Mio. Deutschösterreichern umgeben,
die unter fremder Herrschaft stehen, so dass Hass und
Konflikte vorprogrammiert wären (Bd.1, S.133).
Steiermark und die Stadt
Marburg
(Bd.1, S.153-155)
-- weitere Gebiete sind
nach Sprache und Rasse gemischt
-- Arbeit,
Solidaritätsgefühlt und Lokalpatriotismus verbindet die
Steyerer auch in gemischtrassigen Gebieten (Bd.1, S.153)
-- vorherrschende Rolle hat
die deutsche Sprache durch die Wichtigkeit der Stadt
Marburg mit seiner Umgebung mit fast 35 %
Deutschen, Marburg sei ein "Bollwerk" der deutschen
Zivilisation
-- eine behauptete
Germanisierung ist durch slawische Gelehrte selbst
widerlegt, denn diese bestätigen, dass die letzten 50-60
Jahre nur geringe ethnographische Schwankungen
stattgefunden haben
-- Auswirkungen bei
Verwirklichung der von der "Friedenskonferenz"
vorgeschlagenen Grenzziehung:
oo das
wirtschaftliche Leben und die Handelsbeziehungen wären
schwer beeinträchtigt
oo die
Grenze durch das Murbecken wäre ein Akt der reinen
Willkür und würde die Einheit der Mittelsteiermark
zerreissen
oo es
wären Unruhen zu befürchten
oo der
Steiermark würde jeder militärische Schutz fehlen und
die Situation würde so investitionshemmend wirken
oo Graz
und die Industriebezirke der Nordsteiermark werden von
ihren Versorgungsgebieten des Meer- und Drautales und
der Ebene von Pettau abgeschnitten (Bd.1, S.153-154)
-- ein grosser Teil des
Landes und mit wenigen Ausnahmen der gesamte Grundbesitz
in den Städten befinden sich in Händen von
Deutsch-Steirern
-- 2/3 des Steueraufkommens
kommt von Deutschösterreichern
-- Handel und Industrie
sind fast ganz in deutscher Hand: Niederlassungen in
Marburg und im Drautal
-- die Hauptverkehrsader,
die Eisenbahnlinie Bruck-Villach-Marburg würde
zerschnitten, und so würde ein
Verkehr mit Italien und den Seehäfen unmöglich und die
Lebensfähigkeit vernichtet werden
-- 4000 Beamte und Arbeiter
der Südbahngesellschaft in Marburg wären durch neue
Arbeitslosigkeit zur Auswanderung gezwungen: mit
Familien insgesamt 15'000 Leute
-- der Bezug von
Wasserkraft an der Drau wird verunmöglicht, Wien soll
also nicht nur auf die Kohle von Ostrau verzichten,
sondern auch auf 300'000 PS Wasserkraft von der Drau
-- die Bevölkerung wünscht
sich eine freie Volksabstimmung (Bd.1, S.153-154).
Kärnten
(Bd.1, S.156-158)
mit Klagenfurt und Villach,
Klagenfurt als Sitz der Landesregierung. Der Entwurf der
"Friedenskonferenz" sieht die Abtrennung der beiden
Städte vor. Auswirkungen:
-- die übrigen Täler wären
dem Untergang geweiht, da keine Verbindung mehr
untereinander vorhanden wäre (Bd.1, S.157)
-- es wären neue Kämpfe
nötig bis zur Wiederherstellung des Landes
-- zwei Verkehrshauptachsen
in Mitteleuropa wären unterbunden: Udine - Villach -
Wien und Franzensfeste - Klagenfurt - Marburg - Ungarn
(Bd.1, S.158)
-- am 30.5.1917 fand eine
Kundgebung statt:
oo 240
Gemeinden erklärten sich gegen eine Vereinigung mit
einem Jugostaat
oo nur
9 Gemeinden erklärten sich für eine Vereinigung mit
einem Jugostaat
oo 14
Gemeinden waren ohne Erklärung verblieben (Bd.1, S.158)
-- eine Abstimmung im März
1919 ergab ein noch eindeutigeres Resultat: 8,6 %
für Verbleib bei Österreich, nur 0,8 % für die
Vereinigung mit einem Jugostaat, und 1,6 % ohne
Votum (Bd.1, S.158).
Südtirol
(Bd.1, S.159-162)
-- ist seit Jahrhunderten
rein deutsch.
-- Vorschlag: ganz
Deutschtirol zu neutralisieren (S.159): "Konvention über
die Neutralität Tirols" (Bd.1, S.163):
oo jegliche
militärische
Operation in Deutschtirol soll verboten werden
oo jegliche
Erhaltung
von Befestigungen, Munitionsfabriken und Munitionslage
soll verboten werden (Bd.1, S.160)
-- eine militärische
Bedrohung wäre bei einer Entmilitarisierung vom
Vintschgau und der Umgebung von Bozen keine mehr
vorhanden, denn nur dort könnte man Truppen versammeln
(Bd.1, S.159)
-- die letzte öffentliche
Volkszählung ergab in Deutschtirol 221'266 Deutsche,
6661 Italiener und 12'290 Ladiner
-- die Behauptung Italiens,
im Trentino würden 420'000 Italiener und 180'000
Deutsche leben, ist absolut gelogen [und "US"-Präsident
Wilson geht selber nicht hin, um das zu kontrollieren]
-- die Linie der
sprachlichen Trennung ist klar (Bd.1, S.160)
-- die Gegend südlich des
Brenners bis Bozen ist seit dem 11. Jh. deutsch.
Wenn sie unter Rom fällt, können Spanien oder GB in
derselben lügnerischen Weise auch neue Ansprüche auf
europäische Gebiete erheben
-- verbindende Elemente
dies- und jenseits des Brenners sind der Handel,
Verkehr, Rohstoffaustausch, gemeinsame Ernte von
Kastanien, Mais, Obst, Wein, Milch, Fett (Bd.1, S.161)
-- der Brenner war in der
Monarchie nicht einmal eine administrative Grenze!
-- Dorfgestaltung und
Kultur scheidet das Tirol vom Trentino
-- die Eisenbahnlinie
Innsbruck - Klagenfurt - Balkan würde durch Italien
unterbrochen
-- die Bevölkerung weist
eine Unterwerfung unter die Römer-Regierung ab:
oo es herrscht eine
unerschütterliche Brüderlichkeit der Bewohner in ihren
Sitten, im Denken, in der Härte des Lebens
oo die
Bevölkerung hat ein gemeinsames Bewusstsein durch
gemeinsame Sagen, Volkslieder und Erinnerungen (Bd.1,
S.162).
[Bis heute, Mai 2005, lässt
die italienische Regierung in Süd-Tirol nicht einmal die
deutschen Namen auf den Landkarten zu!]
----
16.6.1919
Note von Renner an
Clémenceau gegen die Behauptung, Deutschösterreich sei
völkerrechtlicher Nachfolger der Monarchie
(Bd.1, S.11): "Note über
die internationale Rechtspersönlichkeit
Deutschösterreichs", Beilage 29 (Bd.1, S.16-169)
-- die
deutschösterreichische Republik wurde erst nach dem
Waffenstillstand gegründet und hat mit den
Kriegshandlungen nichts zu tun
-- im Text des
Vertragsentwurfs der "Friedenskonferenz" wird behauptet,
der Regierung von Ö-Ungarn sei eine
republikanische Regierung nachgefolgt
-- es sind aber 6
verschiedene Regierungen als Nachfolge
hervorgegangen
-- Ö-Ungarn hat
diplomatisch immer "Die im Reichsrate vertretenen
Königreiche und Länder" geheissen (Bd.1, S.165)
[und wurde ab 1906 ab der
Einführung des gleichgewichtigen Stimmrechts "slawisch"
beherrscht]
-- Deutschösterreich
fordert die Freiheit seines eigenen Staatsgebietes
(Bd.1, S.166)
-- Deutschösterreich kann
keine Verpflichtungen des untergegangenen Kaiserreiches
übernehmen
[der Ex-Kaiser ist in der
Schweiz und hat alle seine Vermögen mitgenommen, die
schweizer Bankiers danken es ihm, und ein Antrag auf
Rückfliessen der Kaiser-Gelder wird nie gestellt!]
-- Deutschösterreich kann
nicht für Schäden aufkommen, die Mitglieder anderer
Staaten verursacht haben (Bd.1, S.165).
Alle Nachfolgestaaten sind Erben der
Monarchie
(Bd.1, S.167)
-- alle Nachfolgestaaten
wollen von der ehemaligekn k.u.k.-Monarchie Erbschaften
antreten, aber Deutschösterreich kann nicht allein alle
Schulden der Monarchie übernehmen, wenn es nicht auch
Alleinerbe wird (Bd.1, S.167).
Das neue
Deutschösterreich
-- der Name
"Deutschösterreich" ist deshalb gewählt, um sich
gegenüber der Monarchie abzugrenzen
-- Deutschösterreich bildet
den unbedeutendsten Staat der Nachfolgestaaten
-- die grosse
Reichshauptstadt Wien im nun kleinen Deutschösterreich
bereitet grosse Schwierigkeiten
-- verschiedene Publizisten
betonen, die Tapferkeit der deutschösterreichischen
Soldaten solle bestraft werden, aber andere Völker sind
auch tapfer, und die Publizisten wollen nur einen
Sündenbock finden, was ein schwerer Fehler sei
-- die "Friedenskonferenz"
behauptet, etliche führende Männer der gegenwärtigen
Republik hätten zum Wohle der Monarchie gearbeitet.
Klarstellung:
o die
Aussenminister waren oft in Ungarn
o die
Botschafter waren oft in Ungarn
o ab
1907 waren die Deutschen im Abgeordnetenhaus in der
Minderheit (Bd.1, S.168).
[nicht erwähnt:
Gleichzeitig planen die deutschösterreichische und die
Berliner Diplomatie aber schon Anschlusspläne.
Dieser
Faktor dürfte grundlegend zur missliebigen Stimmung in
Frankreich gegen Österreich beigetragen haben].
Antrag:
-- alle Bestimmungen
streichen, die von der Identifizierung
Deutschösterreichs mit der alten
österreichischen-ungarischen Monarchie ausgehen
-- Antrag, die
Deutschösterreicher "vor jenen unheilvollen Folgen zu
bewahren, die sich aus solchen Gedankengängen ergeben"
-- "Mit vollem Vertrauen
appelliert Deutschösterreich an die Gerechtigkeit des
Friedenskongresses" (Bd.1, S.169).
----
Juni 1919
Österreichs Regierung
verhandelt weiter um Lebensmittel
(Bd.1, S.12)
Entwurf von Gesetzen zur
Requisition von Goldmünzen und ausländischen Werten und
zur Verpfändung des Grosswaldbesitzes an die Alliierten
(Bd.1, S.12).
[Die Methode, bei
Kriegsniederlagen Wald an die Sieger zu verpfänden, wird
auch in Deutschland angewandt. Die Alliierten dürfen
dann nach freiem Ermessen Bäume in deutschen und
österreichischen Wäldern fällen. Dies wird auch noch
nach dem 2. Weltkrieg so praktiziert...]
20.6.1919
Italien: Rücktritt der Sonnino-Regierung
wegen des Vertrags von Versailles - Italien rafft
sich Südtirol
Nachdem der endgültige
Beschluss gefällt wird, dass die Stadt Fiume / Rijeka an
Jugoslawien fällt, gibt die Regierung Sonnino den
Rücktritt ein.
->> neues Kabinett
Nitti-Tittoni
->> Tittoni hält an
der Landesvertretung in Versailles fest und fährt eine
harte Linie gegen Österreich, um wenigstens Süd-Tirol
als Kriegsbeute zu behalten
->> Bauer hat beim
italienischen Gesandten in Wien, Borghese, in Sachen
Tirol keinen Erfolg (Bd.1, S.2).
----
22.6.1919
Note gegen Terror zur Beeinflussung von
Volksabstimmungen
Note des Staatsamtes für
Äusseres an die Vertreter der "USA", F, GB und Italien
in Wien
-- Schilderung der
Drangsalierungen in der Steiermark durch die
jugoslawischen Behörden, um eine allfällige
Volksabstimmung zu beeinflussen
-- Abhilfe könnte
geschaffen werden durch Besetzung der Gebiete durch eine
Grossmacht oder durch eine interalliierte Überwachung
(Bd.1, S.13).
----
23.6.1919
Völkerbundnote Beilage 30
(Bd.1, S.170-185)
-- Deutschösterreich soll
erst nach Erfüllen gewisser Bedingungen Mitglied des
Völkerbundes werden, die anderen Nachfolgestaaten sollen
aber sofort Mitglied des Völkerbundes werden (Bd.1,
S.172)
-- einige der
Nachfolgestaaten der k.u.k.-Monarchie erweisen sich als
überaus kriegslustig (Bd.1, S.173): Die "CSSR",
Jugoslawien und Ungarn haben zu den Waffen gegriffen
(Bd.1, S.174), Deutschösterreich dagegen verhält sich
still (Bd.1, S.173)
-- um Probleme mit den
anderen k.u.k.-Nachfolgestaaten zu lösen, sollte
Deutschösterreich Mitglied des Völkerbundes sein, sonst
entsteht für Deutschösterreich eine unerträgliche Lage,
wenn Deutschösterreich kein Stimmrecht hat (Bd.1,
S.173).
Antrag:
-- sofortige Aufnahme in
den Völkerbund mit der Unterzeichnung des Vertrags
(Bd.1, S.174-175)
-- wenn keine Aufnahme in
den Völkerbund erfolgt, so ist Punkt 3 der Wilson-Punkte
verletzt (Bd.1, S.174)
[Die
deutschösterreichischen und die deutschen diplomatischen
Bemühungen für einen Anschluss bleiben weiter
unerwähnt].
----
23.6.1919
"Note gegen die Beschlagnahme und Liquidation
deutschösterreichischer Vermögenswerte in den
Nationalstaaten", Beilage 31
(Bd.1, S.186-191)
-- von der Frage der
Beschlagnahmungen hängt die Durchführbarkeit des
Friedensvertrages ab
-- Artikel 49 des
Vertragsentwurfs besagt, dass die anderen
Nachfolgestaaten alles Vermögen der
deutschösterreichischen Staatsbürger und Gesellschaften,
das sich auf ihrem Gebiet befindet, zurückbehalten und
liquidieren dürfen
-- das Vermögen der
Deutschösterreicher ist naturgemäss über die ganze
Monarchie verteilt, denn die Gebiete waren
jahrhundertelang bis November 1918 in der
österreichischen-ungarischen Monarchie vereinigt (Bd.1,
S.186)
-- eine Liquidierung würde
den Verlust fast des gesamten Privatvermögens bedeutet
-- alles, was sich jenseits
der nur wenige Kilometer von Wien verlaufenden Grenze
befindet, würde liquidiert werden
-- es wäre der Ruin der
Hauptstadt, es wäre der Ruin des deutschösterreichischen
Staates mitsamt allen Kreditinstituten und der meisten
Privatunternehmungen
-- die Bewilligung zur
Beschlagnahmung und Liquidierung ist eine Vergewaltigung
von Privatrechten:
"Das, was ein
Deutschösterreicher in deutschen Gebieten Österreichs,
zum Beispiel in Deutschböhmen, besass, soll liquidiert
werden dürfen. Noch niemals sind Privatrechte in so
flagranter Weise vergewaltigt worden; es gibt keine
Regierung, die das Recht oder die Macht hätte, solche
Bestimmungen anzunehmen." (Bd.1, S.187)
-- das Verhältnis der
Sieger gegenüber Deutschland kann nicht auf das
Verhältnis von Österreich auf die anderen
Nachfolgestaaten der Monarchie übertragen werden, weil
die Nachfolgestaaten ja gar nicht gegeneinander
gekämpft haben (Bd.1, S.187-188)
-- der Staat kann für den
Vermögensverlust keine Entschädigung bezahlen, wie es
der Vertrag vorschlägt, denn die Finanzen sind bereits
höchst angespannt (Bd.1, S.188).
Antrag:
-- Artikel 49 fallenlassen
-- das Eigentum der Bürger
Deutschösterreichs soll in allen Teilen des einstigen
Österreich-Ungarn respektiert werden (Bd.1, S.189).
Schuldenregelung
(S.189-190)
-- die Schulden zwischen
den Ländern der Donaumonarchie waren immer rückzahlbar,
deutsche Verhältnisse sind nicht auf die
k.u.k.-Monarchie nicht übertragbar
-- das in Artikel 31
vorgesehene Kompensationsabkommen ist undurchführbar, da
der gesamte Kreditverkehr der Monarchie davon betroffen
wäre
-- z.T. haben die Währungen
der Nachfolgestaaten noch gar keine kotierbare Währung
(Bd.1, S.190)
Antrag:
Artikel 49 fallenlassen
(Bd.1, S.191).
----
24.6.1919
Depesche der Pariser
Konferenz
Die "Friedenskonferenz" befiehlt den
Truppenrückzug der Invasionsstaaten in Österreich
hinter bestimmte Demarkationslinien im Becken von
Klagenfurt
-- die Depesche hat aber
keine Unterschrift, was eine Nachfrage notwendig macht
-- es ergeben sich
Differenzen zu den Anordnungen des italienischen
Kommandanten und andere Mängel
-- Deutschösterreich muss
wiederum Antrag auf eine baldige Räumung des Beckens von
Klagenfurt von den Jugo-Truppen stellen (Bd.1,
S.205-206).
25.6.1919
Gegenvorschläge für die Gebiete
Note "Gegenvorschläge über
die Gebietsabgrenzung" Beilage 32 von Renner an
Clémenceau
-- Renner verlangt
Volksabstimmungen (Bd.1, S.192)
-- dem "Glanz der
Gerechtigkeit" soll zum Durchbruch verholfen werden
(Bd.1, S.192)
-- Volksabstimmungen werden
verlangt für die deutschen Ortschaften in
oo Deutsch-Nordböhmen
(Bd.1,
S.193)
oo die
deutschen Sudetenländer (Bd.1, S.194)
oo Deutsch-Südböhmen
(Bd.1,
S.195)
oo Deutsch-Südmähren
(Bd.1,
S.196)
-- Volksabstimmungen werden
verlangt für die Bezirke in Niederösterreich Teldsberg,
Gemeinden Bischofswarth, Oberthemenau, Unterethemenau
(Bd.1, S.196)
-- Volksabstimmungen werden
verlangt für die deutschen oder z.T. gemischten
Ortschaften
oo in
Deutsch-Westungarn
oo in
der Steiermark
oo in
Kärnten (Bd.1, S.197)
oo in
Tirol (Bd.1, S.197-198)
-- Vorschlag des
Vollzugsverfahrens (Bd.1, S.198-200).
----
25.6.1919
Handelspolitische Note von Renner an
Clémenceau (S.201-203) wegen der Meistbegünstigung
-- Deutschösterreich muss
gemäss Vertragsvorschlag den Vertragspartnern die
Meistbegünstigung gewähren
-- Deutschösterreich soll
die Meistbegünstigung aber selber nicht erhalten und
somit soll deutschösterreichische Ware von den Märkten
ausgeschlossen sein (Bd.1, S.201)
-- man wird sowieso
Schwierigkeiten haben, die Wirtschaft wieder in Gang zu
bringen (Bd.1, S.201-202)
-- ohne Ausfuhr können die
Kredite nicht bezahlt werden
-- der Holzhandel würde
blockiert
-- die Gewährung der
Meistbegünstigung wäre für niemanden ein Opfer
-- man kann nicht
Konzessionen unterschreiben, ohne andere zu erhalten
(Bd.1, S.202).
Antrag auf Zusatz:
Ergänzung von Artikel 4 zur
gegenseitigen Gewährung gleicher Rechte (Bd.1, S.203).
----
26.6.1919
Note wegen der unvollständigen Depesche zur
Räumung des Klagenfurter Beckens
"Siebente Note wegen der
Ereignisse an der südslawischen Front" (Bd.1, S.207-209)
-- Anfrage, ob die Depesche
offiziell sei
-- Anfrage, ob das Kommando
der königlich-italienischen Truppen Kenntnis hat von der
Depesche, da den Kommandanturen zur Depesche mehrere
wesentliche Unterschiede in den Auffassungen bestehen
-- die jugoslawische
Demarkationslinie gestattet den aggressiven
Jugo-Truppen, sich bis auf mehrere Kilometer Villach und
Klagenfurt zu nähern, was eine fortwährende Bedrohung
darstellt (Bd.1, S.208)
-- die Versorgung von
Klagenfurt wird durch Absperrung der Versorgungsgebiete
fast unmöglich
-- ebenso trennt die
Demarkationslinie Klagenfurt von seinem E-Werk und dem
Wasserreservoir, so dass die Gefahr besteht, dass
Klagenfurt ohne Strom bleibt (Bd.1, S.208-209)
-- das Tal der Lavant ist
durch die neue Demarkationslinie faktisch und rechtlich
abgeschnitten (Bd.1, S.208).
Antrag:
Räumung des Beckens so bald
als möglich zur Aufrechterhaltung von Ordnung, Ruhe und
Kontrolle (Bd.1, S.209).
----
28.6.1919
Meldungen die hoch-kriminellen Jugos in
Deutschösterreich
"Achte Note wegen der
Ereignisse an der südslawischen Front"
Es herrscht in den
jugoslawisch besetzten, deutschösterreichischen Gebieten
ein entsetzlicher Terrorismus. In der Bevölkerung gärt
Verzweiflung:
-- Einkerkerung von Bürgern
und Bauern sind an der Tagesordnung
-- manche laufen zu den
Jugos über, deren Frauen vergewaltigt werden [damit
nicht noch die Töchter vergewaltigt werden]
-- Plünderungen,
Viehdiebstahl, Maschinendiebstahl
-- Zerstörungen von
Wohnungen
-- Rohheitsakte gegen
Greise, Frauen und Kinder
-- wer deutsch redet, wird
unerbittlich bestraft
-- wer nicht Sympathie
heuchelt, wird ärgsten Bedrückungen ausgesetzt.
Antrag:
-- dem Zustand ein Ende
machen
-- Entschädigungen für
seelisches Leid, Raub und Schäden
-- Schutz für das
Elektrizitätswerk und die Wasserleitung für Klagenfurt
(Bd.1, S.210-211).
Die Jugos machen keine
Anstalten, sich zurückzuziehen (Bd.1, S.12).
Eine Antwort der
"Friedenskonferenz" auf die Note vom 26.Juni bleibt aus
(Bd.1, S.12), aber immerhin wird die Depesche mit dem
Rückzugsbefehl durch den Obersten Rat wiederholt (Bd.1,
S.121).
----
Erneute Note gegen
kriminelle Jugos: "Neunte Note wegen der Ereignisse an
der südslawischen Front"
(Bd.1, S.12,212-213)
-- die Jugos machen keine
Anstalten, sich zur Demarkationslinie gemäss der
Depesche zurückzuziehen
-- Bitte um Bekanntgabe,
wann die deutschösterreichischen Truppen ihre
Demarkationslinie beziehen können, die derzeit von Jugos
besetzt ist (Bd.1, S.212)
-- es steht eine
wirtschaftliche Katastrophe bevor, wenn die
jugoslawische Besetzung nicht in den ersten Tagen des
Juli zu Ende geht, da die Löhne am ersten des Monats
fällig werden und der Geldtransport nicht sicher ist
-- Lohn wird fehlen, und
die Gärung in der Bevölkerung wird steigen
-- Klagenfurt hat noch
Vorräte an Lebensmittel und Kohle bis zum 6.Juli 1919
-- Kranke von den nicht
besetzten Gebieten können wegen der Jugo-Besetzung nicht
mehr nach Klagenfurt gebracht werden (Bd.1, S.213).
Anträge:
-- Heimkehr für geflüchtete
Bewohner ermöglichen und körperliche Unversehrtheit bei
der Erntearbeit garantieren
-- Zutrittserschwerungen
für die besetzten Gebiete aufheben
-- Wiederaufnahme der
Postverbindungen (Bd.1, S.213).
1.7.1919
Erneute Note gegen Jugo-Terror zur
Beeinflussung von Volksabstimmungen
"Zehnte Note wegen der
Ereignisse an der südslawischen Front" (Bd.1, S.13)
-- Einschüchterungen und
Schwächungen
-- zahlreiche Ausweisungen
und andere Gewaltakte
-- Beeinflussung der
Volksabstimmungen
-- bei den
Deutschösterreichern gärt es dermassen, dass diese bald
zu den Waffen greifen werden
-- Rekrutierungen haben zur
Folge, dass die Deutschösterreicher ihr Land verlassen,
weil sie vom Krieg genug haben
[das ist das Ziel der
kriminellen Jugos: dass die Österreicher das Land
verlassen...]
-- es vermehrt sich die
Zahl der Arbeitslosen, und gleichzeitig hat die
Landwirtschaft in den jugo-besetzten Gebieten grössten
Bedarf (Bd.1, S.215).
Antrag:
-- Marburg soll von den
Truppen einer Grossmacht besetzt werden
-- oder Marburg soll durch
eine interalliierte Kommissionen überwacht werden zur
Verhinderung des Missbrauchs des jugoslawischen
Übergewichts in den Behörden (Bd.1, S.215).
----
2.7.1919
Note gegen die Alleinschuldzuweisung an
Deutschösterreich
(Bd.1, S.13): "Note und
Denkschrift über das Eintreten der Völker Österreichs
für den Staat vor dem Kriege und während des Krieges"
(Bd.1, S.216-217)
Die Argumentation gegen
eine Alleinschuld am Krieg:
-- Ungarn haben gegen
Serben gekämpft
-- Polen haben gegen die
Erbfeinde, die Russen, gekämpft, dem Hauptbeteiligten an
der Teilung Polens
-- Ukrainer haben auch
gegen die Russen gekämpft
-- Kroaten und Slowenen
haben gegen die Erbfeinde Italien gekämpft etc.
->> Es ist eine
absolute Lüge, Deutschösterreich eine Alleinschuld am
Krieg zuzuweisen (Bd.1, S.216-217).
Renner lädt Dutasta
(Generalsekretär der Friedenskonferenz) ein: wegen der
Verzögerung des Vertrags und dessen negativen Folgen
(Bd.1, S.13).
3.7.1919
Gespräch Staatskanzler Renner - Dutasta
in der von Staatskanzler
Renner bewohnten Villa Reinach in St-Germain-en-Laye.
Dutasta wird von zwei Sekretären und dem Chef der
französischen Militärmission begleitet, Major
Bourgeois.
Renner:
-- betont, dass
Deutschösterreich unter der Verzögerung leidet
-- dass seit dem
Waffenstillstand 8 Monate vergangen sind
-- dass die österreichische
Delegation bereits 8 Wochen in St-Germain weile
-- Antrag auf baldigen
Abschluss.
Dutasta bedauert, dass die
Verhandlungen mit Deutschland und die übrigen Fragen so
viel Zeit in Anspruch genommen haben.
Dutasta versichert,
-- dass die Situation
Österreichs wohl gewürdigt werde
-- dass die
"Friedenskonferenz" entschlossen sei, die Verhandlungen
so rasch wie möglich zum Abschluss zu führen
-- dass die noch fehlenden
Teile nahezu fertiggestellt seien und in den nächsten
Tagen übergeben würden
-- dass die Konferenz
eifrig an den von Deutschösterreich eingereichten Noten
arbeite und dass schon einige Änderungen am
ursprünglichen Friedensentwurf vorgenommen worden seien.
Renner
-- sagt schnelle Antwort
auf den Entwurf der finanziellen Bedingungen zu
-- regt an, dass die
Konferenz die österreichischen Noten einzeln beantworten
solle und nicht gemeinsam in der Art eines Ultimatums,
so dass das Verfahren beschleunigt werde: Die Konferenz
könne ja nicht alles über die
verwickelten Verhältnisse Deutschösterreichs wissen.
Dutasta versichert, er
werde diesen Vorschlag vorbringen und Renner über die
Antwort berichten.
Renner schlägt eine
spezielle Kommission für die Lösung der finanziellen und
ökonomischen Fragen der Nachfolgestaaten der
Donaumonarchie untereinander vor, so könne die Konferenz
beschleunigt und entlastet werden.
Dutasta berichtet, der
Oberste Rat würde dies auch schon z.T. in Erwägung
ziehen.
Renner betont noch einmal
die schwierige Ernährungslage, Finanzlage und die hohe
Arbeitslosigkeit in Deutschösterreich. Dutasta solle dem
Obersten Rat davon Mitteilung machen (Bd.1, S.13-14).
7.7.1919
Gegenvorschläge zu den wirtschaftlichen
Bestimmungen des Entwurfs vom 2.6.1919
"Beantwortung der
wirtschaftlichen Friedensbedingungen"
"Note mit Denkschrift und
Gegenvorschlägen über die wirtschaftlichen Bestimmungen
der Friedensbedingungen" Beilage 41 (Bd.1, S.247-311)
Renner an Clémenceau:
Wirtschaftliche
Kriegsmassregeln während des Krieges
-- Österreich-Ungarn ist
mit grösster Mässigung vorgegangen
-- Österreichs Regierung
begnügte sich mit der Überwachung des Eigentums
feindlicher Staatsangehöriger
-- Österreichs Regierung
verzichtete auf Liquiditätsmassregeln und Zwangsverkäufe
-- Österreichs Regierung
hat nach Möglichkeit die Interessen von fremden
Staatsangehörigen berücksichtigt (Bd.1, S.247)
Wirtschaftliche
Kriegsmassregeln nach dem Krieg
Die deutschösterreichische
Regierung
-- hat bisher keine
Kriegsmassregeln wirtschaftlicher Natur getroffen
-- hat die bestehenden
Kriegsmassregeln eingeschränkt
-- Beweise und Zeugen über
die Gangbarkeit für wohlwollende, sachliche und
versöhnende Behandlung der Bevölkerung sind verfügbar
(Bd.1, S.247).
Der Entwurf der
"Friedenskonferenz" über die wirtschaftlichen
Bestimmungen überrascht negativ
Den Deutschösterreichern
sollen auf dem Gebiet der verbündeten und assoziierten
Mächte alle Guthaben weggenommen werden: zurückgehalten
oder liquidiert werden (Bd.1, S.247-248).
Delegierte und Kommissionen
stellten Österreichs kritische Lage bereits fest:
-- die
deutschösterreichische, landwirtschaftliche Erzeugung
entspricht kaum 1/4 des Bedarfs
-- die
deutschösterreichische Kohleproduktion entspricht nur
1/10 des Bedarfs
-- Deutschösterreich
besitzt nicht die erforderlichen Rohstoffe für die
Wiederaufnahme der Arbeit
-- die Mittel zur
Finanzierung der Einfuhr der notwendigen Waren sind
nicht vorhanden
-- Lebensmittellieferungen
haben auf Kredit stattgefunden, wodurch die
Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung möglich ist, was
durch Verpfändung aller Auslandswerte möglich wurde
(Bd.1, S.248).
Die Bedingungen des
Entwurfes sind unmöglich
Die Bedingungen des
Entwurfs
-- würden Österreich der
Grundlagen für alle Garantien zur Kreditbeschaffung im
Ausland berauben
-- würden verursachen, dass
die Verpflegung der Bevölkerung und der Einkauf von
Kohle und Rohstoffen für die Wiederaufrichtung der
Produktion unmöglich würde
-- würde die
Wiederherstellung des Wirtschaftslebens und die
allmähliche Gesundung des Geldwesens unmöglich machen
und die gesellschaftliche Ordnung gefährden und
Deutschösterreich vernichten (Bd.1, S.248).
Anträge:
-- Deutschösterreich ist
auf weitere Kredite angewiesen
-- die Konfiszierungspraxis
zwischen Deutschland und Frankreich kann nicht auf die
Monarchieländer übertragen werden
-- deutschösterreichische
Werte können auf den Gebieten der Nachfolgestaaten nicht
konfisziert werden, weil es keinen Krieg
zwischen Deutschösterreich und den anderen
Nachfolgestaaten der Donaumonarchie gegeben hat
-- die Konfiszierungen
wären einerseits ungerechtfertigte Bereicherung,
andererseits die wirtschaftliche Vernichtung
Deutschösterreichs (Bd.1, S.249).
[Ergänzung:
Da gleichzeitig Absprachen
zwischen Wien und Berlin über einen Anschluss am Laufen
sind, hat diese Argumentation bei Frankreich kaum einen
Meinungsumschwung zur Folge].
7.7.1919
Detailbestimmungen zu
den Demarkationslinien in Kärnten
Die Demarkationslinien
werden im Beisein der interalliierten Mission vom
Landesbefehlshaber in Kärnten und dem jugoslawischen
Generalstabschef auf einer Karte eingezeichnet und
unterschrieben.
->> heftiger
Widerstand der jugoslawischen Bevollmächtigten
->> das Staatsamt für
Äusseres ersucht die Friedensdelegation, die erfolgte
Einigung über die Demarkationslinie der
Friedenskonferenz zu notifizieren (Bd.1, S.316).
----
Note: Forderung zur Verwirklichung der
Vereinbarung über die Demarkationslinien in Kärnten
"11.Note
wegen der Ereignisse an der südslawischen Front",
Beilage 44 (Bd.1, S.316-317)
-- für das wohlwollende
Einschreiten der verbündeten und assoziierten
Hauptmächte wird gedankt
-- es hagelt Einsprüche der
südslawischen Vertreter, die das Resultat der
Verhandlungen bestreiten
-- die grossen Mächte
sollen ihre ganze Autorität gegen die kriminellen Jugos
in die Waagschale werfen, damit die Vereinbarung
beachtet wird.
Antrag:
Österreich stellt Antrag
auf einen unverzüglichen Befehl der grossen Mächte zur
Einhaltung der Vereinbarung an beide Seiten
-- zum Rückzug hinter die
Demarkationslinie
-- und zu deren Achtung
nach dem Rückzug (S.316-317).
8.7.1919
Die Nationalversammlung in Wien nimmt die neuen
Gesetze zur Sicherstellung der Kredite für
Lebensmittel an
Die Durchführung beginnt am
selben Tag.
----
8.7.1919
Antwort der Alliierten auf die Anliegen der
Wirtschaftsvorschläge
"Antwort
der alliierten und assoziierten Mächte über
wirtschaftliche Bestimmungen" (Bd.1, S.320-323).
Die "Friedenskonferenz"
entspricht der österreichischen Note vom 23. Juni,
denn die Einwendungen seien von Bedeutung. Artikel 49
wird gestrichen und ersetzt:
-- es wird keine
Zurückbehaltung oder Liquidation von Gütern, Rechten und
Interessen der österreichischen Staatsangehörigen oder
der von ihnen kontrollierten Gesellschaften in den
Gebieten geben, die zur vormaligen
österreichisch-ungarischen Monarchie gehörten
-- die Wiedergutmachung
über Kriegsschäden an Schiffen gilt weiterhin (8.Teil,
Abschnitt I, Beilage 3)
-- die Meistbegünstigung
wird auch für Österreich gelten:
oo Österreich
wird
mit Artikel 6 besondere Zollabkommen mit der "CSSR" und
Ungarn treffen können, aber erst nach Unterzeichnung des
Vertrags, so werden die Handelsbeziehungen
"CSSR"-Österreich und Ungarn-Österreich völlig intakt
sein
oo die
Verbündeten und assoziierten Mächte wünschen angemessene
Handelsbedingungen mit Österreich auf beiden Seiten, nur
wegen der Umstände sei noch keine Meistbegünstigung
möglich
-- nach einer Frist von 3
Jahren kann sodann die Meistbegünstigung gewährt werden
auf Entscheid des Völkerbundes hin (Bd.1, S.320-323).
9.7.1919
Mitteilung der Beschlüsse vom 8.7.1919 an den
Obersten Wirtschaftsrat in Paris
mit gleichzeitiger Bitte um vorläufige
Fortsetzung der Lebensmittelsendungen
Renner an Wirtschaftsrat /
an Dr.Hoover (Bd.1, S.313-314, 315):
"Mitteilung
über
die Annahme der Gesetze zur Sicherstellung der
Lebensmittelkredite", Beilage 43
-- ausländische Werte und
Goldmünzen der Privaten werden requiriert
-- eine Liste der
requirierten Werte wird so rasch wie möglich dem
Obersten Wirtschaftsrat vorgelegt
-- Ablieferung der
Holzexportgewinne an die Devisenzentrale und Überweisung
an eine noch zu bezeichnende Stelle
-- die bisherigen Kredite
gehen bald zu Ende: In Aussicht stehen noch Lieferungen
von Getreide und Mehl. Nicht mehr geliefert werden
Fleisch, Fett, Reis und Kondensmilch. Die
Ernährungssituation ist somit erneut kritisch
-- im August wird der
Kredit für Getreide und Mehl erschöpft sein und es
besteht in Wien und in den Industriebezirken
Verhungerungsgefahr, da die neue Ernte nur 1/4 des
Bedarfs deckt.
Anträge (Bd.1, S.314):
-- dringender Bedarf an
Fleisch, Fett, Reis und Kondensmilch. Wenn keine
Lieferung erfolgt, ist eine Hungersnot die Folge, und
niemand kann die Ordnung mehr garantieren
-- aus den ehemaligen
Staaten der Monarchie sind keine regelmässigen Zuschüsse
möglich
[das Geld des Kaisers ist
in der Schweiz!]
-- Bitte um weitere
provisorische Kredite mindestens für August und
September
-- bis August und September
werden die Requisitionen ausländischer Werte
durchgeführt sein (Bd.1, S.313-314).
Brief von Renner an Hoover
-- Dank für bisherige
Lebensmittel:
"... und unsere dankbare
Bevölkerung wird dies nie vergessen."
-- Bitte um Fortsetzung der
Lieferungen für eine kurze Zeit nach der neuen Ernte
(Bd.1, S.315).
----
9.7.1919
Eintreffen der Antwort der Konferenz vom
8.7.1919 auf die Völkerbundnote
Beilage
45: "Antwort der alliierten und assoziierten Mächte über
den Völkerbund" (Bd.1, S.318-319)
-- sobald Österreich eine
verantwortliche Regierung besitzt, und sobald diese
Regierung zeigt, dass sie den internationalen
Verpflichtungen nachkommt, dann werden die verbündeten
und assoziierten Hauptmächte eine Kandidatur Österreichs
für den Völkerbund unterstützen
-- der Vorschlag von Dr. Lammasch
für einen internationalen Gerichtshof wird dem Rate des
Völkerbunds zur Prüfung überwiesen
-- die derzeitigen
wirtschaftlichen Abkommen behalten ihre Gültigkeit
-- die Gleichbehandlung
Österreichs wird nach Vertragsabschluss von den
Völkerbundmitgliedern in Betracht gezogen werden (Bd.1,
S.318-319).
10.7.1919
Vorschläge der österreichischen Delegation zu
politischen Fragen
Beilage
47 (Bd.1, S.324-360): "Gegenvorschläge über die
politischen Fragen"
Bekräftigungen und
Ergänzungen:
Name
-- der deutsche
Nachfolgestaat der Donaumonarchie soll "Republik
Deutschösterreich" heissen (Bd.1, S.326)
Schulden
-- Deutschösterreich kann
nicht allein die Passiven der ehemaligen Donaumonarchie
übernehmen, dies wäre Willkür, denn von der
k.u.k.-Monarchie sind die Erben:
-- Deutschösterreich
-- Italien
-- Polen
-- Rumänien
--
serbisch-kroatischer-slowenischer Staat
-- "CSSR"
-- Ukraine (Bd.1, S.327)
Für die Passiven wird eine
eigene Verwaltung vorgeschlagen mit Liquidierung der
Restschulden unter die Nachfolgestaaten,
oder es soll ein
Spezialvertrag mit jedem einzelnen Nachfolgestaat
abgeschlossen werden, mit einer Quotenregelung zur
jeweilien Schuld-Verpflichtung (Bd.1, S.328).
Staatsgebiet
-- Deutschösterreich soll
alle von Deutschen bewohnten ehemaligen Gebiete der
Donaumonarchie umfassen und "Republik Deutschösterreich"
heissen dürfen
-- ein Kriegszustand mit
Deutschösterreich hat nie bestanden und kann somit auch
kein Ende nehmen (Bd.1, S.327).
Selbstbestimmungsrecht
-- für alle
Deutschsprechenden soll Selbstbestimmung gelten
-- aus den Abstimmungen
werden sich die neuen Grenzen ergeben und
Fremdherrschaft verhindert (Bd.1, S.329)
-- der Rat der
"Friedenskonferenz" soll die Grenze gemäss dem
Abstimmungsergebnis bestimmen und die betroffenen
Staaten durch Notifikation in Kenntnis setzen
-- die neuen Grenzen sollen
binnen eines Monats in Kraft gesetzt werden
-- die fraglichen
Abstimmungsgebiete sollen militärisch geräumt und von
Truppen einer dritten Macht besetzt werden, jedoch nicht
von Truppen eines angrenzenden Staates der zwei
betroffenen Staaten. Zeitraum des ganzen Vorgangs: eine
Woche nach Vertrags Unterzeichnung (Bd.1, S.332)
-- für die
Staatsangehörigkeiten sollen die Wünsche der Einzelnen
nach deren Muttersprache berücksichtigt werden. Bei Wahl
fremder Staatsangehörigkeiten hat der Wohnsitzwechsel in
das betreffende Land innert eines Monats zu erfolgen,
wobei bewegliches Vermögen gebührenfrei mitgenommen,
unbewegliches Vermögen im ehemaligen Land behalten
werden darf (Bd.1, S.333)
-- nach der Volksabstimmung
entfallen für die "CSSR" die Gründe zur Einsetzung einer
Kommission (Bd.1, S.335)
-- fast 4 Mio. Deutsche
werden nach den vorliegenden Plänen der "CSSR"
einverleibt (Bd.1, S.336)
-- Antrag auf Konzessionen
an die Deutschen der "CSSR", wenn keine freie
Staatsangehörigkeit möglich ist. Vorschlag eines
Kantonalsystems für die "CSSR" (Bd.1, S.336,338-341):
oo Anerkennung
der
Gleichheit der 3 [eigentlich 6!] Nationalitäten
oo alle
3 Sprachen sollen als Umgangssprachen und als
Amtssprachen anerkannt werden
oo Schulsystem
kantonal
regeln
oo Verwaltungsautonomie
gewähren
oo Fürsorge
getrennt
nach Nationalitäten regeln
oo die
deutsche Minderheit soll gemäss ihrem Bevölkerungsanteil
eine Vertretung an der Staatsgesetzgebung erhalten, mit
Vetorecht, im Streitfall soll der Völkerbund als
Schiedsgericht zuständig sein
oo Minderheiten
sollen
in den Kantonen der "CSSR" alle denselben Schutz haben
mit nationalem Beschwerderecht und beim Völkerbund
oo die
Stadt Pressburg / Bratislava soll einen besonderen
Kanton bilden mit Gleichberechtigung der Sprachen
tschechisch, slowakisch, deutsch und ungarisch
oo der
Donauhafen von Pressburg / Bratislava soll
internationalisiert und zum Freihafen erklärt werden
oo die
Zugehörigkeit der Kantone zu Nationalitäten soll durch
neutral überwachte Volksabstimmungen entschieden werden
Eine andere Lösung wäre die
Gewährung nationaler Autonomien (Bd.1, S.341).
Minderheitenschutz
-- Deutschösterreich stimmt
allen Vorschlägen zu, um so mehr, als die Donaumonarchie
ein Vielvölkerstaat gewesen ist
-- Deutschösterreich
erwartet auch denselben Minderheitenschutz bei anderen
Staaten (Bd.1, S.342)
-- Österreich schlägt vor,
den Minderheitenschutz im Völkerbundsvertrag oder in
anderen Bestimmungen zu verankern, die für alle Staaten
bindend gelten (Bd.1, S.343)
-- Österreich schlägt einen
Obersten Verwaltungsgerichtshofs vor
-- Österreich schlägt die
Überwachung der Gesetze durch den Völkerbund vor (Bd.1,
S.344)
-- Zustimmung zu
Religionsfreiheit und Gleichberechtigung nach Geburt,
Nationalität, Sprache und Rasse. Religionen konnten
bisher nicht frei ausgeübt werden (Bd.1, S.344-345)
-- Versammlungen sind in
Sprachen zu halten, die den Behörden und dem Publikum
verständlich sind (Bd.1, S.345).
Flugwesen
-- bisher besteht nur in
Österreich militärische Luftfahrt
-- eine Liquidierung der
militärischen Luftfahrt würde jedes Flugwesen in
Österreich vernichten und die Arbeitslosigkeit erhöhen,
ausserdem würde die Luftfahrt zudem als Transportmittel
ausfallen (Bd.1, S.351).
Arbeitswesen
-- die soziale Fürsorge ist
bereits in Deutschösterreich weit fortentwickelt (S.352)
-- die Regierung erklärt
sich bei Eintritt in den Völkerbund bereit, die
Bedingungen anzunehmen (Bd.1, S.354).
Staatsangehörigkeit
-- Deutschösterreicher mit
Wohnsitz in der "CSSR" sollen die
"CSSR"-Staatsbürgerschaft annehmen: Dies ist nicht
vereinbar mit dem allgemeinen Recht (Bd.1, S.356)
-- ein Deutschösterreicher
kann in einfacher Weise Tscheche oder Italiener werden
und sich so den österreichischen Steuern entziehen
-- es ist auch Missbrauch
durch Umziehen von Staat zu Staat für Wahlen möglich
(Bd.1, S.359)
-- die Fürsorge ist nicht
geregelt, wenn Österreicher sich im Ausland befinden
(Bd.1, S.359-360).
10.7.1919
"Ergänzung der Gegenvorschläge"
Beilage 49 (Bd.1,
S.366-418)
Ergänzungsvorschläge über politische Bestimmungen
-- Antrag auf Annullierung
vom 3.Teil der politischen Bestimmungen 4. Abschnitt
Artikel 4 (Bd.1, S.368)
-- Artikel, die die
Erwähnung Russlands finden, sind unnötig, denn
Deutschösterreich kann nicht Nachfolger der Verträge der
Monarchie mit Russland sein (Bd.1, S.368-369).
Antrag:
Es kann zwischen
Deutschösterreich und Russland keine Wiedergutmachung
geben, dies ist juristisch unmöglich (Bd.1, S.369).
[Gleichzeitig hält die
österreichische Diplomatie mit Berlin
Anschlussgespräche...].
Ergänzungsvorschläge zu den Auslandsbeziehungen
-- Güter im Ausland sollen
nicht einfach ohne Entschädigung liquidierbar sein,
sondern man solle Österreich so behandeln, wie die
anderen Nachfolgestaaten auch behandelt werden (Bd.1,
S.370-371)
-- der Besitz des Hauses
Habsburg-Lothringen soll als Privateigentum behandelt
werden (Bd.1, S.370)
-- die Beschlagnahme von
Gütern würde mit dem Prinzip des Völkerrechts im
Widerspruch stehen
-- konsularische Wohnungen
oder Amtsräume sollen mit ihrem Inventar von der
Enteignung ausgenommen werden: in Siam, China, Ägypten
und Marokko
-- die Staatsangehörigen
von Deutschösterreich in diesen Staaten sollen nicht
schlechter behandelt werden als die Angehörigen anderer
Staaten, die im Völkerbund sind (Bd.1, S.371)
-- internierte
Deutschösterreicher sind frei zu lassen, sonst wird
Wiedergutmachung gefordert werden (Bd.1, S.371-372)
-- die Nichtigkeit aller
internationalen Verträge der Monarchie wird akzeptiert,
die Verträge müssen je nachdem ersetzt werden (Bd.1,
S.372-373)
-- Deutschösterreich stellt
Antrag auf Entschädigung oder Unversehrtheit von
deutsch-österreichischen Gütern in Marokko, da Marokko
keine grossen Kriegsschäden hat (Bd.1, S.374).
Antrag:
-- diplomatische und
konsularische Wohnungen in Ägypten gegen Entschädigung
(Bd.1, S.375)
-- privater Besitz und
privates Recht von Deutschösterreichern soll respektiert
werden (Bd.1, S.375)
-- diplomatische und
konsularische Wohnungen in Siam gegen Entschädigung
-- privater Besitz und
privates Recht von Deutschösterreichern soll respektiert
werden
-- Entschädigung für
Internierungen bleibt in direkten Verhandlungen
abzuklären
-- alle Vorrechte in China
vom Vertrag von 1901 sollen abgegeben werden (Bd.1,
S.376)
-- Entschädigung - wie im
Protokoll von 1901 vorgesehen - bleibt in direkten
Verhandlungen abzuklären (Bd.1, .376-377)
-- Privatbesitz und
Privatrechte sollen respektiert werden (Bd.1, S.378).
Ergänzungsvorschläge zur Strafverfolgung
Antrag:
-- Deutschösterreicher
sollen nur durch österreichischen Militärgerichte
verurteilt werden können, nicht durch fremde (Bd.1,
S.379)
-- es soll der Grundsatz
gelten: Eigene Staatsangehörige können nicht an andere
Militärgerichte ausgeliefert werden (Bd.1, S.380)
-- Die Bestrafungspraxis
aller Nationalitäten der Donau-Monarchie soll gleich
sein; diese Regelung ist nötig, da alle Heere gemischt
waren (Bd.1, S.382)
Ergänzungsvorschläge zu den wirtschaftlichen
Bestimmungen
-- Deutschösterreich kann
nicht Verträge der Donau-Monarchie übernehmen (Bd.1,
S.385-386)
-- alle Verträge müssen neu
abgeschlossen werden (Bd.1, S.386-395).
Ergänzungsvorschläge zur Amnestie
-- Vorschlag von Amnestie
und Versöhnung ausser für Handlungen gegen die
Kriegsordnung (Bd.1, S.399-400).
Ergänzungsvorschläge zu Häfen, Wasserwegen und
Eisenbahnen
-- die "Friedenskonferenz"
sieht gegen Deutschösterreich noch schärfere
Bestimmungen vor als gegen das Deutsche Reich, weil
Frankreich scheinbar gewisse österreichische
Nachbarstaaten bevorzugen will, dies wäre tödlich für
Deutschösterreich
-- der österreichische
Staat muss die teuren Alpenbahnen erhalten, was eine
schwere Last ist, weil das Staatsgebiet nun so klein
ist, aber die Transitreisenden wollen transportiert
werden
-- Österreich wird sich
immer für eine Internationalisierung der Verkehrswege
einsetzen, da es nun Kleinstaat ist (Bd.1, S.401)
-- eine einseitige
Meistbegünstigung zu Wasser, Lande und Schiene kann
nicht gewährt werden
-- Deutschösterreich wird
sich kaum retablieren können, ist bereits von 3/4 seiner
Versorgungsgebiete abgeschnitten
-- ein Servitut für die
"CSSR"-Bahn, die ihre eigenen Züge bis Triest führen
will, kann nicht in Frage kommen (Bd.1, S.402).
[und gleichzeitig führt
Wien Anschlussgespräche...]
13.7.1919
Bauer stellt bei
Renner seinen Rücktritt wegen Tirol in Aussicht.
Die ökonomischen Vertreter
der Entente-Mächte überarbeiten für Wien den Vertrag
aufgrund der österreichischen Noten. An den Südbahnen
haben auch Italien und Frankreich ein Interesse, dass
sie erhalten werden (Bd.2, S.2).
15.7.1919
Renner an Clémenceau: Nochmalige Bitte um
Lebensmittel
die auszugehen drohen:
"Bitte um Fortsetzung der Lebensmittelsendungen",
Beilage 50 (Bd.1, S.419, 20).
16.7.1919
Renner an Clémenceau: Note mit Betonung der
Reziprozität
"Note
über die Reziprozität in den Handelsbeziehungen im
ehemaligen Österreich-Ungarn" (Bd.1, S.421-424)
-- Rennter dankt für
Streichung des Artikels 49
-- Renner dankt dafür, dass
das deutschösterreichische Vermögen in den ehemaligen
Donaustaaten nicht eingezogen wird
-- Renner nimmt zur
Kenntnis, dass die einseitige Meistbegünstigung von 5
auf 3 Jahre herabgesetzt werden soll (Bd.1, S.421).
Antrag:
-- es gibt keinen Grund,
die deutsch-österreichischen Produktionszweige
schlechter zu behandeln als die viel stärkeren
Produktionszweige in Böhmen (Bd.1, S.421)
-- wenn Deutschösterreich
den Markt für Waren der Nachbarstaaten mit
Meistbegünstigung erlauben soll, so soll für
deutschösterreichische Waren in den Nachbarstaaten
dasselbe gelten, denn ein Sondervertrag mit den
Nachbarstaaten wird keine Meistbegünstigung bringen,
wenn sie nicht gewährt werden muss (Bd.1, S.422)
-- Deutschösterreich ist
daran, Kompensationsverträge abzuschliessen: mit Polen,
Rumänien, Jugoslawien, aber gerechte Verträge sind nicht
möglich, wenn der Vertrag von St-Germain einseitige
Regelungen zulässt (Bd.1, S.423).
16.7.1919
Österreichische Delegation an Clémenceau:
"Gegenvorschläge zu den militärischen Schifffahrts-
und Luftschiffahrtsbestimmungen"
Beilage 52 (Bd.1, S.15;
425-436)
Seestreitkräfte
-- Deutschösterreich soll
Patrouillenboote auf der Donau zum Zweck der
Flusspolizei unterhalten dürfen
-- das Kriegsmaterial der
Donaumonarchie, das in Gebieten der verbündeten und
assoziierten Mächte liegt, soll nach Quote den einzelnen
Nachfolgestaaten gutgeschrieben werden (Bd.1, S.426).
Heer- und Seeflugwesen
Österreich sollte nicht
einseitig abrüsten müssen, während andere Staaten der
Ex-Monarchie sich aggressiv verhalten (Bd.1, S.428).
Allgemeine Bestimmungen
-- Antrag, dass alle
Donaustaaten für die Einhaltung der Verträge sorgen
(Bd.1, S.433)
-- viele
deutschösterreichische Offiziere sprechen mehrere
Sprachen und sind arbeitslos.
Österreich stellt Antrag,
dass diese Offiziere auch für die Grossmächte arbeiten
dürfen (Bd.1, S.436).
17.7.1919
Antwort von Clémenceau: Lebensmittel gegen
Waffen, Beilage 53
-- Lebensmittellieferungen
werden kommen
-- Deutschösterreich wird
verpflichtet, gegen tschechische Kohle Waffen zu liefern
->> die
Waffenlieferungen werden entscheidend für die
Lebensmittellieferungen (Bd.1, S.437).
17.7.1919 ca.
Die uneinigen Mächte verzögern die Übergabe
des 2.Teils der "Friedensbedingungen"
-- wegen Uneinigkeit in der
Grenzziehung zwischen Deutschösterreich mit Italien und
Jugoland
-- wegen Streit zwischen
Italien und Jugoland um Fiume
-- Italien möchte möglichst
weit nach Osten an die österreichische Grenze
anschliessen
-- und für das aggressive
Jugoland wäre auch der gesamte Balkan noch nicht gross
genug.
->> Italien
unterstützt Österreichs Anliegen, dass die Jugoarmee aus
Kärnten verschwindet
->> Italien will eine
jugofreie Eisenbahnlinie nach Ungarn zur Kornkammer
haben
->> Italien will
Marburg an Österreich zuteilen (Bd.2,
S.1)
-- die Brennergrenze ist
mit dem Londoner Vertrag mit GB und F abgesichert [auch
am Ende der Konferenz korrigiert Wilson seinen Entscheid
zum Brenner nicht]
-- Otto Bauer appelliert
für direkte österreichisch-italienische Gespräche wegen
dem Brenner
-- die italienische Seite
ist z.T. bereit dazu (Bd.1, S.2).
20.7.1919
Übergabe des 2.Teils der
"Friedensbedingungen"
Beilage 56:
"Friedensbedingungen vom 20.Juli" (S.10-50)
->> ein Teil der
Vertreter der besetzten und bedrohten Gebiete, die schon
abgereist waren, kehren nach St-Germain zurück
->> Fortsetzung der
Arbeiten (Bd.2, S.20).
10 Tage Frist
für schriftliche Gegenbemerkungen
(Bd.2, S.2)
mit
Beilage 55: "Begleitnote zu den Friedensbedingungen vom
20.Juli" (Bd.2, S.9).
Strittige Punkte sind:
-- alle Österreicher in den
italienisch besetzten Gebieten sollen Italiener werden
(Bd.2, S.12).
-- die nach dem 24. Mai
1915 Zugezogenen und nur dort Arbeitenden müssen
spezielle Bewilligungen bekommen, um Italiener zu werden
-- die Einwohner in
Süd-Tirol haben das Optionsrecht je mit Folge, dass
diese ihren Wohnsitz innert 12 Monaten in das
betreffende Land verlegen müssen, bewegliches Gut kann
mitgenommen werden, der Besitz an unbeweglichen Gütern
bleibt erhalten, alles ohne Gebühren (Bd.2, S.12)
-- es sind Sonderabkommen
zwischen Italien und Österreich geplant betreffs der an
Italien gehenden Gebiete hinsichtlich:
oo bürgerliche
Rechte
oo Handelsverkehr
oo Gewerbeausübung
oo Österreich
muss
die Nationalitätenwechsel anerkennen
oo Österreich
muss
diejenigen aufnehmen, die neu ins Land kommen (Bd.2,
S.13-14)
-- dieselben Vorschriften
gelten für Jugoslawien, als Zeitlimite für Zugezogene
gilt der 1. Januar 1910 (Bd.2, S.14-15)
-- dieselben Vorschriften
gelten für die "CSSR" und Rumänien, mit einer
Zugezogenen-Grenze am 1. Januar 1910 (Bd.2, S.16-17)
-- Minderheitenschutz:
Deutschösterreich soll den Minderheitenschutz gemäss
Völkerbund einführen, soll eigene Schulen und spezielle
Zuwendungsstellen schaffen, Deutsch kann für
obligatorisch erklärt werden, Aufnahme der Bestimmungen
ins Grundgesetz, Änderungen müssen vom Rat des
Völkerbunds bewilligt werden (Bd.2, S.19)
-- Wiedergutmachungen:
Österreich soll bezahlen, bevor die Summe bestimmt ist
(Bd.2, S.22)
-- Österreich soll auch die
Archive, Register, Urkunden, Pläne und Titel aller Art
der abgetretenen Gebiete abgeben, dasselbe sollen auch
die Nachfolgestaaten zugunsten Österreichs tun
(Bd.2,S.23).
Finanzen
-- Österreich soll die
Verträge von Zürich vom 10.11.1859 und Artikel XV.
(Verpflichtungen gegenüber Italien" einhalten (Bd.2,
S.23)
-- Österreich soll auch den
Art. XVIII. des Vertreters von Wien vom 3.10.1866 und
das Abkommen von Florenz vom 14.7.1868 übernehmen
-- Schuldenübernahme: Jeder
neue Staat soll anteilmässig die Schulden vom Stand vom
28.7.1914 übernehmen bei den Eisenbahnen, Salzbergwerken
oder ähnliches (Bd.2, S.24-25)
-- die Schulden sollen
verrechnet werden, unter den ehemaligen Donaustaaten
auch mit Land- und Besitzübernahme von
deutschösterreichischen Besitz (Bd.2, S.24-25)
-- Bosnien und Herzegowina
wird von den Schuldaufrechnungen ausgenommen (Bd.2,
S.25)
-- die Republik Österreich
soll für alle Schulden nach dem 28.7.1914 aufkommen, die
nicht durch Rententitel, Gutscheine, Obligationen,
Wertpapiere und Noten repräsentiert werden
-- die Schulden der
österreich-ungarischen Bank werden der österreichischen
Regierung nicht belastet (Bd.2, S.25)
-- die einzuziehenden
Wertpapiere sind speziell abzustempeln und einzuziehen,
die Nummern festzustellen und der
Wiedergutmachungskommission zu übergeben (Bd.2, S.26)
-- die Republik Österreich
soll die alleinige Kriegsschuld übernehmen (Bd.2, S.26)
-- die Währungsumstellung
zur jeweiligen Landeswährung soll innert 12 Monaten nach
Unterzeichnung erfolgen: alte Geldnoten abstempeln,
diese alten Noten sollen dem Wiedergutmachungsausschuss
übergeben werden (Bd.2, S.27)
-- die Liquidierung der
österreichisch-ungarischen Bank soll durch Kommissäre
der Wiedergutmachungskommission durchgeführt werden
-- die nach dem 27.10.1918
ausgegebenen Noten stehen für die österreichischen und
ungarischen Schulden, aber nicht für den Besitz der
österreichischen-ung. Bank
-- bei Notenabgabe sollen
für alle Nachfolgestaaten die Schuldverschreibungen
annulliert werden (Bd.2, S.28)
-- die Inhaber der Noten
der österreichischen-ungarischen Bank haben für
Verluste, die sie bei der Bank erleiden, keinen Anspruch
gegen die Regierung, egal in welchem Staat (Bd.2, S.29).
Verfügung über österreichischen Besitz
Die Nachfolgestaaten sollen
vom österreichischen Besitz erhalten:
-- vom Vermögen des
ehemaligen Kaiserreichs
-- den Anteil dieses Reichs
an dem gemeinsamen Besitz der
österreichischen-ungarischen Monarchie
-- alle Krongüter
-- das Privatvermögen der
ehemaligen österreichisch-ungarischen
Herrscherfamillien, das, was in den jeweiligen
Nachfolgestaaten jeweils vorhanden ist: Die Werte der
übernommenen Vermögen werden den Staaten belastet und
Deutschösterreich gutgeschrieben (Bd.2, S.30)
-- für die Übernahme von
Bosnien-Herzegowina hat die österreichisch-ungarische
Monarchie 2 1/2 Mio. türkische Pfund an die ottomanische
Regierung gezahlt (Abkommen 26.2.1909).
Deutschösterreich wird ein anteilmässiger Betrag
gutgeschrieben (Bd.2, S.30-31).
Wirtschaftliche
Bestimmungen:
Gewerbliches, literarisches
und künstlerisches Eigentum kann vom abgetrennten
Deutschösterreich behalten werden (Bd.2, S.41).
beigelegt:
"Memorandum zu den Friedensbedingungen vom
20.Juli", Beilage 27
(S.3/51-54)
Das Memorandum ist eine
Zusammenfassung der Änderungen, die Deutschland gewährt
wurden, z.T. auch auf österreichische Noten hin.
beigelegt:
Entwurf zur Grenzsperre zwischen Österreich und
Ungarn bis
zum Abschluss des Vertrags der Alliierten mit Ungarn
[Vertrag von Trianon] (S.3,
54).
Zweite Reise nach
Feldkirch
Österreichische Delegierte
reisen mit den neuen Bedingungen von Paris nach
Feldkirch. Stellvertreter Renners in Paris ist Dr.
Franz Klein (S.3).
----
21.7.1919
Beschlüsse in Feldkirch und Mitteilung der
Stellvertretung an den Generalsekretär der
"Friedenskonferenz"
(Bd.2, S.3, 55):
-- Antrag auf eine
Verlängerung der Frist
-- bei den Einsprachen
beschränkt sich die Delegation auf die Hauptpunkte:
oo noch
einmal wird die Forderung erhoben, für zusammenhängende
Gebiete in der Steiermark, in Kärnten und in Südtirol zu
sorgen
oo finanzielle
Bestimmungen:
Die Entente hat den Nationalstaaten schon Zusagen
gemacht, dass österreichischen Geld verteilt werde
->> Österreich drängt
noch einmal darauf, dass die Wiedergutmachungskommission
und nicht die Konferenz entscheide
oo Österreich
drängt
auf eine rationelle Regelung der Frage der
Staatsbürgerschaft
oo Österreich
beantragt
eine möglichst rasche Beendigung der Besetzung
oo Österreich
verlangt
die Aufrechterhaltung der Munitions- und Waffenfabriken
oo der
Rücktritt von Otto Bauer wegen Südtirol wird besprochen
und nach einer Lösung "danach" gesucht
->> Die Feldkircher
Beschlüsse werden den Parteien und dem Parlament
vorgelegt (Bd.2, S.3).
21.7.1919
Note wegen Jugoland,
dessen Armeen sich nicht zurückziehen
"12.Note
wegen der Ereignisse an der südslawischen Front" (Bd.2,
S.3,4,56-57)
[Die kriminell operierenden
Jugos träumen weiter davon, Österreich im Moment seiner
grössten Schwächung zu vernichten].
-- die Besetzung von Teilen
Deutschösterreichs durch Serben, Kroaten und Slowenen
wird unter nichtigsten Vorwänden fortgeführt (Bd.2,
S.56)
-- das Vertrauen in die
"Friedenskonferenz" ist bei der betroffenen Bevölkerung
erschüttert und die Angst vor dem Jugostaat wächst
-- die Erntearbeitern in
den besetzten Gebieten werden verunmöglicht, Hunger wird
extra geschürt
-- Lebensmittel und
Viehfutter werden in den besetzten Gebieten requiriert
und damit der Hunger noch mehr geschürt
-- 1000e Landbewohner sind
aus den besetzten Gebieten geflohen und müssen auf der
österreichischen Seite der Demarkationslinie in
Eisenbahnwagen logieren mit Hungersnot und Elend
-- Renner bittet um
Information, ob der Völkerbund eingreifen werde oder
nicht (S.57).
[Die kriminellen Jugos
meinen, sie hätten einen ersten Schritt zur Zerstörung
des übriggebliebenen Rumpf-Österreich erreicht].
26.7.1919
Renner trifft wieder in
St-Germain ein
(Bd.2, S.3).
26.7.1919
Note wegen Kriegsgefangenen: "Note über die
Kriegsgefangenen"
(Bd.2, S.4, 58-60)
Feststellungen:
-- es wurde von der
Konferenz nichts zugunsten der Kriegsgefangenen
unternommen
-- das Gespräch von General
Slatin hat nichts gebracht (Bd.2, S.58)
Antrag: Österreich stellt
Antrag, dass die Alliierten und die assimilierten Mächte
Transportmittel zur Verfügung stellen, da Österreich die
finanziellen Mittel nicht hat (Bd.2, S.58-59).
27.7.1919
"Gesuch
um Friestverlängerung" für Einsprachen um mindestens
eine Woche (Bd.2, S.4,61-62).
gleicher Tag:
"Ersuchen wegen der Lieferungen von Kohle"
(Bd.2, S.4, 63-65)
-- Polen und die "CSSR"
sollen sofort Kohle an Österreich liefern
-- Deutschland soll 15'000
Tonnen Kohle dazuliefern (Bd.2, S.4)
-- die österreichische
Bevölkerung hat nicht mehr den Brennstoff, um sich die
Nahrung zu kochen (Bd.2, S.63), auch Spitäler nicht, und
auch das Gas ist eingeschränkt (Bd.2, S.64).
->> in Österreich
finden Demonstrationen statt
->> man muss auf
Vorräte der Bahn zurückgreifen
->> die industriellen
Betriebe können schon seit Monaten wegen Kohlemangels
nicht mehr arbeiten
->> es besteht ein
Katastrophenwinter bevor, wenn nichts passiert (Bd.2,
S.64)
-- Deutschland muss
Frankreich Kohle liefern (Bd.2, S.64) und braucht jetzt
die schlesische Kohle selbst, die früher Wien bezogen
hat (Bd.2, S.65).
Antrag:
-- Polen und die "CSSR"
sollen sofort Kohle an Österreich liefern
-- Deutschland soll die
Lieferung von 15'000 Tonnen Kohle an Frankreich erlassen
werden und diese Kohle an Wien geliefert werden (Bd.2,
S.65).
30.7.1919
Friestverlängerung für
Einsprachen auf 6. August 1919
(Bd.2, S.4, S.71)
----
3.8.1919
Protest gegen Zerstörungen durch Jugos und
Protest gegen Jugo-Terror
"13.Note
wegen der Ereignisse an der südslawischen Front",
Beilage 67, (Bd.2, S.44,76-77)
-- die Höhe der
Schadensumme beträgt inzwischen über 12 Mio. Kronen
-- es handelt sich meist
nicht um militärische Schäden, sondern um Gewaltakte der
Jugo-Soldaten
-- viele Plünderungen
-- was die Plünderer nicht
fortschleppen können, verwüsten sie (Bd.2, S.76).
-- Antrag auf Stop des
Jugo-Terrors (Bd.2, S.4, 76-77)
-- Antrag auf Entschädigung
(Bd.2, S.4, 76-77).
4.8.1919
General Slatin bekommt die Erlaubnis zum Besuch
des Kriegsgefangenenlagers in Amiens
(S.4).
5.8.1919
General Slatin besucht
Amiens mit 500 österreichischen und 500 ungarischen
Kriegsgefangenen, die in relativ guter Verfassung sind.
Slatin behält schriftlichen Kontakt zu anderen Lagern
zwecks Vorbereitung der Rücktransporte (Bd.2, S.4).
----
6.8.1919
"Antwort auf die Friedensbedingungen vom 20.Juli", Beilage 68
(S.4,5)
-- Einleitungsschreiben
(Bd.2, S.78-91)
-- Bemerkungen (Bd.2,
S.92-253)
-- Gegenvorschläge: (Bd.2,
S.254-295)
daraus:
-- erneute Grenzvorschläge
(Bd.2, S.256-262)
-- Staatsangehörigkeit:
Nach Volksabstimmungen soll jeder für oder gegen den
jeweiligen Staat optieren können, die Frist für
Wohnsitzwechsel soll 6 Monate sein (Bd.2, S.263).
Gegenvorschläge zu den politischen
Bestimmungen
Italien
-- Vorschlag des Plebiszits
für Tirol (Bd.2, S.265)
-- innert 15 Tagen nach
Vertragsabschluss soll für die endgültige
Grenzfestlegung zwischen Österreich und Italien eine
Kommission gegründet werden, mit 5 Mitgliedern, davon: 1
von italienischer Seite, 1 von österreichischen Seite, 3
von den übrigen assoziierten oder verbündeten Mächten
(Bd.2, S.265), Entscheidung nach Stimmenmehrheit (Bd.2,
S.266)
-- Italien behält das
besetzte "Palazzo Venezia" und leistet dafür
Entschädigung, die auf die Ex-Monarchiestaaten verteilt
wird (Bd.2, S.266)
-- die östlichen
Elektrizitätswerke für die neu italienisch besetzten
Gebiete liefern weiter für 10 Jahre Strom an Österreich
(Bd.2, S.266-267)
-- Italien soll vom
Kaibesee und vom Korinitzabecken Wasser beziehen können,
wenn es die entsprechende Gegenmenge Strom liefert
(Bd.2, S.267)
Jugoland
-- die Unabhängigkeit von
Jugoland wird von Österreich garantiert
-- Antrag auf
Volksabstimmungen in den besetzten Gebieten
-- Vorschlag einer
Kommission innert 15 Tagen nach Vertragsabschluss für
die endgültige Grenzfestlegung zwischen Österreich und
Jugoslawien mit 5 Mitgliedern: 1 von jugoslawischer
Seite, 1 von österreichischen Seite, 3 von den übrigen
assoziierten oder verbündeten Mächten (S.265), mit
Entscheidung nach Stimmenmehrheit (Bd.2, S.267)
-- Abstimmungen in
Klagenfurt, Marburg und Radkersburg (Bd.2, S.268).
"CSSR"
-- die Unabhängigkeit der
"CSSR" wird von Österreich anerkannt (Bd.2, S.270-271)
-- Antrag auf Grenzziehung
nach vorhergehender Beschreibung (Bd.2, S.256-262)
-- wenn nötig sollen
Abstimmungen möglich sein
-- die "CSSR" soll sich
verpflichten, auf dem rechten Ufer der Donau südlich von
Pressburg / Bratislava keine militärischen Werke zu
errichten
-- Eisenbahnlinien sollen
unter den Schutz des Völkerbunds gestellt werden:
oo Gmünd-Budweis
oo Gmünd-Wittingau
oo Nikosburg-Lundenburg
oo Pressburg-Csorna
verwaltet von
tschechoslowakischen Beamten (Bd.2, S.271).
Rumänien
-- soll anerkannt werden,
wie es der Völkerbund festlegt (Bd.2, S.272).
Gegenvorschläge zur Minderheitenpolitik
-- Einrichtungen sollen den
Minderheiten - falls notwendig - angepasst werden
-- Überwachung durch
Völkerbund
-- volle Glaubens- oder
Religions- oder Bekenntnisfreiheit
-- keine
Sprachbeschränkungen, angemessene Erleichterungen vor
Gericht bei fremdsprachigen Österreichern (Bd.2, S.273)
-- eigene Schulgründungen
möglich
-- eigene Geldeintreibungen
möglich (Bd.2, S.274).
[Solche grosszügigen
Minderheitenrechte führen in den nächsten 20 Jahren in
Österreich zu keinen Spannungen, aber in anderen neu
"gegründeten" Staaten, z.B. in Polen, wo die grosse
jüdische Minderheit den Polen zu stark wird, mit der
Reaktion einer Diktatur].
Neutralität Tirols
-- Tirol soll als neutrales
Gebiet angesehen werden
-- Vorbild soll die
Neutralität der Schweiz (Bd.2, S.275) [wenn die
wüssten!]
-- die Befestigungen Tirols
sollen innert 6 Monaten geschleift werden
-- bei Spannungen sollen
Italien oder Österreich verlangen können, dass eine
dritte Macht das Gebiet besetzt, wobei der Gesuchstaat
die Kosten zu übernehmen hat (Bd.2, S.276).
Abstimmungen
-- die Abstimmungen sollen
unter Kontrolle einer dritten okkupierenden Macht
erfolgen, die nicht Nachbar der betreffenden Staaten
sein darf, um die Neutralität der Abstimmung zu
garantieren (Bd.2, S.276-277)
-- mit Kommissionen aus dem
Völkerbund (Bd.2, S.279-280)
-- es soll niemand wegen
seines Bekenntnisses bedroht werden dürfen, und wenn
Rechte verletzt werden, so sollen Entschädigungen
bezahlt werden (Bd.2, S.281)
-- für Gewalt oder Betrug
vor und während einer Abstimmung sollen
Strafbestimmungen gelten (Bd.2, S.282-283)
-- der Völkerbund
notifiziert die Abstimmungsresultate
-- neue Grenzen sollen in
einem Monat nach der Abstimmung vollzogen werden (Bd.2,
S.284).
Aussereuropäische Interessen Österreichs
-- Deutschösterreich
verzichtet durch die Generalakte von Algeciras auf alle
Rechte ausserhalb Europas
-- private Rechte und Werte
sollen respektiert werden
oo im
Scherifischen Reich
oo in
Siam
oo in
China
-- Deutschösterreich
verzichtet auf die Abkommen und auf das Vorrecht mit
China vom 7.9.1901 (Bd.2, S.285-289).
Vorschläge: Land-, See- und Luftstreitkräfte
-- 6 Monate Wehrpflicht
-- Gendarmen, Zollwächter,
Fortwächter, Orts- und Gemeindepolizisten oder
Eisenbahnbeamte sollen an keinen militärischen Übungen
beteiligt werden (Bd.2, S.290)
-- Offiziere sollen bis 40
dienen dürfen
-- Beschränkung der
Munitionsvorräte (Bd.2, S.291)
-- Beschränkung der
Waffenerzeugung für Österreichs Heer (Bd.2, S.292)
-- überzählige Waffen
sollen den alliierten und assimilierten Hauptmächten
ausgeliefert werden (Bd.2, S.292-293)
[Waffenvernichtung gab es
damals noch nicht]
-- Kriegsmaterialimporte
sind untersagt
-- alle Kriegsschiffe der
Monarchie gehen an die verbündeten und assimilierten
Hauptmächte ausser 3 Patrouillenboote (Bd.2, S.293)
-- Österreich ist die
Luftfahrt untersagt ausser Luftpolizei (Bd.2, S.294)
-- Österreich soll
keine Luftfahrtbeobachter in andere Länder entsenden
dürfen (Bd.2, S.295).
Dies sind Beschlüsse der
Nationalversammlung vom 8.8.1919.
----
9.8.1919
Vorschlag von Ordnungstruppen für Westungarn
- die Korrekturen der "Friedenskonferenz" gehen
nicht weit genug
"Mitteilung
der
Beschlüsse des Hauptausschusses", Beilage 69 (Bd.2, S.5,
296-298)
-- wegen Gefahr von Unruhen
in Westungarn gegen Deutsch-Westungarn wird Antrag
gestellt, dass Deutschösterreich Sicherheitskräfte für
Ruhe und Ordnung mobilisieren darf, bis dann die
Volksabstimmung stattfindet (Bd.2, S.296)
-- die neuen Bedingungen
vom 20.Juli 1919 sind, obschon sie die gute Absicht der
Konferenz erkennen lassen, politisch, wirtschaftlich und
finanzielle nicht realisierbar
oo die
Kosten werden die Privatwirtschaften ruinieren
oo die
Gesetze werden bei einem Zusammenbruch des Staates
nichts nutzen
-- die beantragten
Zugeständnisse sind das Mindeste, was nötig ist
-- die Behauptung, dass
zwischen den Donaustaaten ein Kriegszustand bestanden
hat, kann niemals akzeptiert werden, denn etwas, was
sich nie ereignet hat, kann nicht Tatsache sein (Bd.2,
S.297)
-- die Tatsache, dass sich
künftig Auseinandersetzungen zwischen Österreich und
Ungarn anbahnen, kann nicht auf die
österreichisch-ungarische Monarchie bezogen werden
(Bd.2, S.297-298)
-- der Friedensvertrag
sollte die Art und Weise der Auseinandersetzung zwischen
Ungarn und Österreich regeln, sonst ist der Vertrag
eigentlich nicht vollständig
-- Vorschlag einer
Kommission für Ungarn, die die Rechtsverhältnisse
zwischen Österreich und Ungarn klären soll (Bd.2,
S.298).
10.8.1919
"Erster Nachtrag zur
Antwort auf die Friedensbedingungen vom 20.Juli"
kleine
Verbesserungsvorschläge
11.8.1919
"Zweiter Nachtrag zur
Antwort auf die Friedensbedingungen vom 20. Juli"
-- über das Komitat
Wieselburg und dessen zukünftige Teilung zwischen
Österreich und Ungarn (S.305)
-- Wieselburg als
Versorgungsgebiet für Wien (Bd.2, S.305-306)
-- Direktion und 9/10 des
Bodens liegen auf zukünftigem ungarischen Boden
-- die Region könnte die
Hungersnot in Wien entscheidend lindern (Bd.2, S.306).
Zusammenbruch der
ungarischen Räteregierung Kun - Anschlussbewegung in
Deutschwestungarn
->> Es droht eine
erneute ungarische Besetzung Deutschwestungarns (Bd.2,
S.5).
12.8.1919
Ankunft Renners in
St-Germain
----
14.8.1919
Bitte an die Konferenz um Entsendung
deutschösterreichischer Truppen nach
Deutschwestungarn
(Bd.2,
S.5): "Bitte um Ermächtigung zur Herstellung der Ordnung
in Deutschwestungarn"
-- versammelte ungarische
Truppen in Szombathély sollen Deutschwestungarn
besetzen und für Ordnung sorgen: in den Komitaten
Eisenburg, Ödenburg und Wieselburg
-- die Region ist schon von
den kommunistischen Truppen heimgesucht worden: Alle
Lebensmittelvorräte wurden weggeschafft, die nicht
eingescharrt waren
-- auf die Ankündigung der
erneuten Besetzung durch ungarische Truppen sind auch
die Nachbarn der östlichen Steiermark in Aufruhr geraten
-- auf einer Versammlung in
Fürstenfeld verlangten Landbewohner den wirksamen
Schutz und die Besetzung der fraglichen Gebiete durch
Deutschösterreich (Bd.2, S.307)
-- die ländliche
Bevölkerung der Steiermark hat die Bereitschaft zum
Aufstand und die Hilfe mit Waffengewalt gegen die
ungarischen Wilderer erklärt (Bd.2, S.307-308)
-- die Ungarn sind gemäss
ihrer Art wie gemäss ihrer Sprache Fremde dort
-- die rumänische
Presseagentur kündigt die Besetzung der fraglichen
Gebiete durch rumänische Truppen an
-- die spärlichen Vorräte,
die jetzt noch vorhanden sind und die Hungersnot in Wien
lindern könnten, würden dann von den Truppen aufgezehrt
(Bd.2, S.308).
Antrag:
-- keine Besetzung durch
verwilderte Ungarn oder Rumänen
-- die Besetzung durch
deutschösterreichische Truppen zulassen, um jegliche
Plünderung zu verhindern, "um dieses menschenfreundliche
Werk zu sichern..." (Bd.2, S.308).
[Naivität vorspielen ist
auch eine Taktik, wenn parallel mit der deutschen
Diplomatie schon der Anschluss an Deutschland
abgesprochen wird, aber Frankreich hatte wohl auch seine
Geheimdienste...].
2.9.1919
Übergabe des
"Friedensvertrags": Der Friedensvertrag von St-Germain
"Begleitworte
zur
Antwort der alliierten und assoziierten Mächte an den
Präsidenten der österreichischen Delegation" (Bd.2,
S.310-317)
Schuldfrage: Wien und das österreichische
Volk sind Schuld am Kriegsausbruch
Feststellungen:
-- die Monarchie ist
gestorben, das Volk aber blieb dasselbe (Bd.2, S.310)
-- der Krieg wurde durch
ein Ultimatum ausgelöst, und Serbiens Regierung hat alle
Forderungen erfüllt bis auf das, seine Souveränität
aufzugeben (Bd.2, S.310-311)
-- statt das
Versöhnungsangebot zu diskutieren, hat die
österreichische Regierung den Krieg gegen Serbien
eröffnet
-- der Krieg war mit dem
Nachbarn Deutschland von langer Hand vorbereitet [zur
Germanisierung von ganz Mitteleuropa inklusive halb
England, mit Hoffnung auf die Kolonien...]
-- österreichische Kanonen
standen bei Lüttich und Namur, was die Zusammenarbeit
mit Deutschland beweist
-- die österreichische
Regierung war aber die Regierung des Volkes
-- das österreichische Volk
hat den Krieg bejubelt, statt Militarismus und
Herrschsucht zu bekämpfen und zu erdrücken
-- das österreichische Volk
muss folglich gezwungen werden, "seinen vollen Anteil an
der Verantwortlichkeit für das Verbrechen, das über die
Welt ein solches Unheil gebracht hat, auf sich zu
nehmen." (Bd.2, S.311)
[Bei Österreich ist aber
z.B. nie von Zahlungen für die verursachten
Invaliditätsfälle in Frankreich die Rede, wie dies
gegenüber Deutschland der Fall ist].
Die deutsch-ungarische Vorherrschaft in der
k.u.k.-Monarchie
Dank der Einwohner
Österreichs und Ungarns hat sich gemäss den Alliierten
die Hegemonie über die Mehrheit der Einwohner der
Monarchie erhalten:
-- politische und
wirtschaftliche Herrschaft wurde gesichert
-- militärische Tradition
wurde erhalten
-- das System der
Herrschaft und Bedrückung wurde erhalten
-- das System, das den
einen Volksstamm zum anderen in Widerspruch gebracht
hat, ist vom österreichischen Volk unterstützt worden.
Diese Diskriminierungen
sind gemäss den Alliierten Ursachen des Krieges, denn
-- dadurch erwuchsen
irredentistische Bewegungen an den Grenzen der Monarchie
-- dadurch kam es zur
zunehmenden Abhängigkeit von Deutschland und zur
Unterordnung der österreichisch-ungarischen Politik
unter die alldeutschen Herrschaftspläne
-- dadurch versperrte Wien
Serbien und Serbiens Freiheitsgedanken den Weg nach
Konstantinopel / Istanbul (Bd.2, S.312).
[Hier wird der Traum von
einem "Gross-Serbien" bis Istanbul offiziell
angesprochen, wie ihn Milosevic noch verwirklichen
wollte, als universitäres und militärisches Programm
Serbiens...]
Schlussfolgerung der
Alliierten im "Friedensvertrag":
"Das österreichische Volk
ist und bleibt bis zur Unterfertigung des Friedens ein
feindliches Volk."
(Bd.2, S.312)
Über die Schwäche des neuen Österreich
Die jetzige Schwäche
Österreichs ist nicht die Folge des Vertrages, sondern
die Folge "der Politik der Vorherrschaft, die das
österreichische Volk in der Vergangenheit eingehalten
hat" (Bd.2, S.312-313).
Auf Militärdienstverweigerung stand die
Todesstrafe
"Man sah Millionen von
Menschen, die jenen Völkern angehören, die
Österreich-Ungarn unterworfen waren, unter Todesstrafe
gezwungen, gegen ihren Willen in den Reihen einer Armee
zu kämpfen, die gleichzeitig den Zweck verfolgte, ihre
eigene Knechtschaft zu einem dauernden Zustande zu
machen und das Werk zu vollenden" (Bd.2, S.313).
-- die Völker erduldeten
Konfiskationen von Gütern, Gefangenschaft und Tod
-- viele Soldaten dieser
Völker haben in alliierten Armeen gedient und gegen
Deutschland und Österreich selbst gekämpft (Bd.2,
S.313).
Die Isolation Wiens sei die Folge der
Vorherrschaft vor 1918
-- Wien als Mittelpunkt des
Reichs ist eine künstliche Konzentration
-- Wien habe das Umland für
sich in Anspruch genommen: "Man hat die Provinzen ihres
Blutes beraubt"
-- Wien habe Regionen
isoliert, um sich selbst grösser zu entwickeln: "Man hat
die Eisenbahnen lahmgelegt, um die Hauptstadt blühender
zu gestalten
->> die schweren
Schläge gegen den österreichischen Staat und Wien sind
nur das unmittelbare Ergebnis der Politik der
Vorherrschaft, für die das österreichische Volk selbst
hauptsächlich die Verantwortung trägt (Bd.2, S.313).
Ziel der Konferenz/des
Vertrags:
-- Österreich soll sich der
neuen Lage anpassen
-- Österreich soll zu neuer
Wohlfahrt gelangen, ohne den neuen Staaten zu schaden
(Bd.2, S.313).
[Diese allgemeinen
Formulierungen sind insofern unwahr, als
Deutschösterreich zum grossen Teil schon ab 1871 nach
einem Anschluss an Deutschland strebte, der aber vom
Kaiser in Wien torpediert wurde, weil der Kaiser von
Wien sich dann dem Kaiser in Berlin hätte unterwerfen
müssen...]
Die gebilligten Änderungen
-- die Güter der
österreichischen Staatsbürger in den jetzt von
alliierten Mächten regierten Gebieten werden ihren
Eigentümern zurückgestellt werden
-- Verträge zwischen
Österreichern und solchen, die eine alliierte
Staatsbürgerschaft annehmen, sollen intakt bleiben, ohne
Recht auf Auflösung
-- Wien wird die Lieferung
von Kohle aus der "CSSR" und Polen gesichert
-- für offene Fragen, die
österreichische Staatsbürger und seine Nachbarn
betreffen, werden abgesonderte Vereinbarungen getroffen,
Österreich soll dabei gleichberechtigter
Verhandlungspartner sein
-- die
Reparationskommission wird "die Lebensinteressen der
Gesamtheit berücksichtigen müssen und jede Milderung
gewähren, die sie als ein Erfordernis der
Lebensmittellage Österreichs betrachten kann" (Bd.2,
S.314).
Keine wesentlichen Änderungen in
Territorialfragen - Dauerfriede erwartet
"Diese Entschliessungen
sind nach monatelangen gründlichen Studien gefasst
worden und in den von der österreichischen Delegation
vorgebrachten Bemerkungen wurde kein Argument gefunden,
das nicht schon von den Kommissionen, die die
betreffenden Berichte erstattet hatten, geprüft worden
wäre." (Bd.2, S.314)
Das ist eine faustdicke
Lüge, vor allem in der Frage von Süd-Tirol, aber Italien
muss eine Kriegsbeute bekommen. Die alliierten und
assoziierten Mächte glauben sogar, mit diesen Grenzen
einen dauerhaften Frieden zu garantieren:
"Im Allgemeinen haben sich
die alliierten und assoziierten Mächte nach Kräften
bemüht, die Grenzen der Staaten der einstmaligen
österreichischen-ungarischen Monarchie in einer billigen
Weise und derart zu bestimmen, dass in Mitteleuropa ein
dauernder Frieden herbeigeführt werde." (Bd.2,
S.314-315).
[Ergänzung:
Wenn die geheimen
Verhandlungen um einen Anschluss Österreichs an
Deutschland mit berücksichtigt werden, ist es
verständlich, dass Österreich so klein wie möglich
gehalten wird].
Weitere Vorschriften:
-- der Vertrag enthält
Vorschriften, wonach grosse Staaten kleine Staaten nicht
mehr bedrohen dürfen
-- der Zugang zum Meer ist
durch die Vorschriften gesichert
-- die Arbeitsgesetzgebung
wird die Bedingungen der Arbeiterbevölkerung verbessern
-- die Minderheiten sind
geschützt und die Vorschriften können angepasst werden
(Bd.2, S.315).
Der jetzige Text des
2. September ist "endgültig", kann nur angenommen
oder abgelehnt werden. Frist zur Erklärung ist 5 Tage.
Vorbehalten sind die Entscheidungen der
Reparationskommission, die sich regelmässig in Wien
treffen soll (Bd.2, S.316-7).
gleichzeitig:
Die Alliierten beharren fast gänzlich auf
ihrer Gebietseinteilung, Beilage 74
(Bd.2,
S.318-373): "Antwort der alliierten und assoziierten
Mächte zu den Bemerkungen der österreichischen
Delegation über die Friedensbedingungen"
Die Grenzen werden nur in
einem Punkt abgeändert (Bd.2, S.319).
"CSSR" bekommt noch mehr
Gebiet
-- das Gebiet der CSSR
musste im Laufe der letzten 100 Jahre ein Regime der
Unterordnung akzeptieren [was nicht stimmt, denn in den
letzten 50 Jahren wurde sogar eine "Tschechisierung"
vorangetrieben]
-- die tschechische Nation
musste ihre Selbständigkeit gegen die
Germanisierungsbestrebungen wahren [das ist für die
letzten 50 Jahre absolut gelogen]
-- die alliierten und
assoziierten Mächte möchten die "CSSR" wieder in ihre
vollen Rechte einsetzen
oo es
soll die historische Grenze der tschechischen Provinzen
gelten [historisch ist immer relativ]
oo deutsche
Minderheiten
sollen "an der Entwicklung der nationalen Einheit der
"CSSR" mitarbeiten, deren solidarische Glieder sie kraft
der Geschichte sind" (Bd.2, S.319)
oo die
"CSSR" soll zu einer wirtschaftlichen Einheit werden und
noch zusätzlich zwei Randgebiete erhalten: im
Thayagebiet und im Gebiet um Gmünd (Bd.2, S.319-320).
Ungarn: Zugeständnis an
Österreich
-- Gebiete mit
geschlossener deutschen Bevölkerung in Westungarn sind
Österreich zugeteilt und die Grenzlinie vom
20. Juli folgt sehr nahe der Sprachgrenze
-- nur um Pressburg /
Bratislava wurde Ungarn Gebiet zugeschlagen, um
Pressburg den Zugang zum Adriatischen Meer zu sichern.
Somit kann Wieselburg nicht an Österreich gehen (Bd.2,
S.320).
Slowenien
Österreich hat
-- in Slowenien die Bildung
eines Nationalbewusstseins verhindert
-- Österreich hat in
Slowenien fremde Beamte eingesetzt und so auf das
Volkstum Druck ausgeübt
-- Österreich hat die
slowenischen Schulen geschlossen
-- Österreich hat Slowenien
mit eingewanderten Beamten und Arbeitern überflutet
(Bd.2, S.321).
Zugeständnis:
-- die Bergkette des
Bachern wird als Grenze anerkannt
-- Marburg: ist
eine Stadt mit deutschem Charakter, aber auf dem Land
herrscht das slowenische Element
vor, weil dort die österreichischen Behörden noch nichts
wirksam werden konnten (Bd.2, S.321).
Zugeständnis:
-- Radkersburg soll an
Österreich gehen
-- Kärnten und das
Klagenfurter Becken sollen als Einheit bestehen bleiben
und mit der Bergkette der Karawaken abgeschlossen sein
(Bd.2, S.322)
-- die ethnische
Demarkation durch Gurk, Glan, Glanfurth und Wörthsee
lässt östlich und südlich das slowenische Element
vorherrschen
-- die wirtschaftliche
Orientierung dieser Gegend ist aber gegen Norden
ausgerichtet
Zugeständnis:
-- Volksabstimmung wird
gewährt
Zugeständnis:
-- die Wasserversorgung von
Klagenfurt wird mit einem neuen Artikel gesichert (Bd.2,
S.323).
Italien
-- keine Änderung der
Grenzverläufe
-- die liberale Politik der
italienischen Seite ist zugesichert (Bd.2, S.323).
[Diese liberale Politik
wird aber schon 1922 mit Mussolini beendet sein, und ab
dann sind deutsche Namen verboten etc...].
Politische Klauseln
Der Palast in Venezien ist
ohne Entschädigung zurückzugeben, denn die Übergabe
hätte schon dort erfolgen müssen, als Venetien dem
Königreich Italien einverleibt wurde (Bd.2, S.323).
Staatsbürgerschaft
Neu soll unterschieden
werden in "österreichische Staatsangehörige" und
"Angehörige des alten österreichischen Reiches" (Bd.2,
S.325).
Die Bedingungen für das
Optionsrecht sind aber schärfer gefasst als vorher:
"Die neuen Staaten haben
überdies keinerlei Interesse, die Zahl ihrer Angehörigen
zu vermehren, welche ihrer Staatsbürgerschaft weder
durch ihre Rasse noch durch ein wirkliches
Zugehörigkeitsgefühl angehören." (Bd.2, S.326)
Allgemeine Bestimmungen
Befehl zur Unabhängigkeit Österreichs
-- die Unabhängigkeit
Österreichs ist unveräusserlich und kann nur mit dem
Völkerbund geändert werden (Bd.2, S.327)
Österreich kann nicht Güter der Monarchie im
Ausland beanspruchen
-- Österreich betrachtet
sich als neuer Staat, wenn es um Schulden der Monarchie
geht, aber betrachtet sich als Anspruchsberechtigter,
wenn es etwas im Ausland von der Monarchie zu erben
gibt, das geht nicht! (Bd.2, S.327-328)
-- die Abtretungen an die
Regierung in Marokko, Ägypten, Siam und China sind das
Befolgen eines Grundsatzes des internationalen Rechts,
da die Monarchie ein feindlicher Staat war (S.328)
-- die direkten
Übereinkommen zwischen Österreich und Siam bzw. China
können keine Geltung mehr haben (Bd.2, S.329).
Landstreitkräfte: keine Dienstpflicht,
Waffenproduktion nur in einer Fabrik, Jagdwaffen
-- die Demobilisierung muss
innert 3 Monate erfolgen
-- eine allgemeine
Dienstpflicht ist nicht hinnehmbar (Bd.2, S.330)
-- die Waffen sollen in 3
Monaten abgeliefert werden bis auf die Bewaffnung von
1000 Mann (Bd.2, S.330,443)
-- Entschädigung für die
Waffen kann nicht gegeben werden, da die Waffen
Staatseigentum sind
-- Österreich wird keine
Waffen ausführen dürfen, und Waffenproduktion ist nur in
einer Fabrik erlaubt
-- die Jagdwaffenproduktion
ist erlaubt, wenn der Kaliber nicht dem einer
Kriegswaffe einer europäischen Armee entspricht (Bd.2,
S.331).
Schifffahrt
3 Aufklärungsboote für die
Donau werden bewilligt, die Schiffe werden jedoch von
der Kommission ausgesucht (Bd.2, S.331).
Flugwesen
-- um "dauerhaften und
gerechten Frieden zu schaffen", wird Österreich - wie
Deutschland vorher - das Heeres- und Marineflugwesen
verboten
-- die baldige Aufnahme in
den Völkerbund soll Österreich die Angst vor einem
Angriff nehmen (Bd.2, S.332)
-- die Ausübung der
Polizeigewalt kann ohne Flugzeuge geschehen
-- Österreich hat das
Umrüsten auf zivile Güter im Luftbereich bisher
verpasst, das Personal ist aber sehr gut ausgebildet
(Bd.2, S.333)
-- Deutschland könnte sich
bei österreichischer Produktion ohne Einschränkung auf
Österreich verlassen und erneut mit dem Kriegspartner
Österreich kollaborieren, deswegen das Produktionsverbot
für Luftschiffe
-- Österreich soll eine
Friedensindustrie aufbauen, wie sie bereits in
Frankreich und GB existiert (Bd.2, S.334).
[Hier klingt die Kenntnis
durch, dass diplomatische Bemühungen bereits den
Anschluss für die "Zeit danach" vorbereiten].
Forderung der Gesetzesanpassung
Österreich muss innert
dreier Monate seine Gesetze dem Vertrag anpassen. Die
Abänderungsfrist von 9 Monaten wird Österreich nicht
zugestanden (Bd.2, S.335).
Kriegsgefangene
-- da in Russland derzeit
keine reguläre Regierung besteht [kommunistische
Regierungen sind keine "regulären Regierungen"], können
keine Verhandlungen über Kriegsgefangene geführt werden
(Bd.2, S.336)
-- Österreicher, die wegen
des Krieges alliiertes Gebiet verlassen mussten, werden
nicht automatisch wieder in diesem Land aufgenommen, es
kann keine Pflicht bestehen (Bd.2, S.337).
Strafbestimmungen
-- es gibt keinen Grund für
eine Abänderung der "Friedensbedingungen"
-- die "verschiedenen
Völkerschaften" der Monarchie haben ihren
Unabhängigkeitswillen im Krieg bekräftigt, z.B. durch
Aufstellen von Freiwilligenlegionen
-- diese Staaten leihen den
Ansprüchen der Entente ihre Hilfe und ihre Zustimmung
-- diese Staaten sind als
Mitkriegsführende anerkannt
-- der
Behandlungsunterschied zwischen der österreichischen
Republik und den anderen neuen Staaten ist
gerechtfertigt (Bd.2, S.338)
-- die österreichischen
Kriegsverbrecher werden ausgeliefert werden müssen
(Bd.2, S.339).
Wiedergutmachungen
-- Österreich war
hauptverantwortlich für die Taten der
österreichisch-ungarischen Monarchie während des Krieges
-- die Reparationen sind
von der Reparationskommission nach gewissen Kriterien
festzulegen:
oo die
Gebietsabgrenzung
oo die
verminderte Zahlungsfähigkeit (Bd.2, S.340).
Milch und Rückgabe von Gegenständen
-- Milchlieferungen:
Milchmangel herrscht auch in den alliierten Ländern,
z.T., weil Kinder aus sicheren Gebieten wieder
zurückkehren durften in Gebiete, die österreichisch
besetzt waren (Bd.2, S.341)
-- Objekte: Auch über
Gegenstände, die aus Furcht vor Zerstörung aus
Österreich in alliierte Gebiete geschafft wurden,
entscheidet die Reparationskommission (Bd.2, S.343).
Finanzielle Klauseln
-- die Republik Österreich
wird als Rechtsnachfolgerin der Monarchie angesehen
-- die Staaten, denen ein
österreichisches Territorium zugesprochen wird oder die
durch den Zerfall von Österreich entstanden sind, zählen
jetzt tatsächlich zu den Alliierten, und der Krieg hat
ihnen auch wirklich Opfer und Leiden auferlegt
->> den übrigen
Nachfolgestaaten können keine Kriegsschulden auferlegt
werden (Bd.2, S.344)
->> die Staaten mit
österreichischen Territorien erhalten
Spezialbestimmungen (Bd.2, S.344-345)
-- in Bezug auf die
Vorkriegsschulden der Monarchie werden die Vertreter der
Republik Österreich von der Reparationskommission
angehört werden (Bd.2, S.346)
-- Sinn der Vorschriften
ist es nicht, dass Österreich bankrott geht
-- die
Österreichisch-ungarische Bank muss ersetzt werden,
Österreich soll sofort die notwendigen Massnahmen
ergreifen (Bd.2, S.348).
Wirtschaftliche Bestimmungen
-- es wird in einem
Spezialvertrag ein Abkommen mit der "CSSR"
zustandekommen auch ohne Meistbegünstigung, dieselbe
Bestimmung wird auch Ungarn erhalten (Bd.2, S.349)
-- Österreich soll Kredite
für Rohmateriallieferungen von Polen und der "CSSR"
erhalten dürfen. Die "CSSR" und Polen sollen dabei keine
höheren Zölle für Kohle auferlegen als einem anderen
Staat (Bd.2, S.350)
-- die alliierten und
assoziierten Mächte werden Österreich keine freie
Ernennung von Konsuln gewähren können (Bd.2, S.352).
Verträge
-- müssen z.T. übernommen
werden (Bd.2, S.352-353)
-- die Wechselkurse
zwischen Österreich, der "CSSR" und Ungarn sind im
Zweifelsfall von der Reparationskommission geregelt
(Bd.2, S.355)
-- es müssen
Schuldenausgleichsämter gebildet werden (Bd.2, S.355)
-- das Verfahren im Falle
des Bestreitens einer Schuld wird im Schuldnerstaat
durchgeführt (Bd.2, S.356)
-- persönliche Gegenstände
oder Andenken sollen nicht liquidiert werden
-- die neue Kapitalsteuer
betrifft in Österreich auch Bürger anderer Staaten
(Bd.2, S.357)
-- österreichische
Kriegsanleihen können nicht als Barwert des Feindes in
die Schuldverrechnung eingebracht werden (S.359)
Zugeständnis:
-- beschlagnahmte Güter in
fremd besetzten Gebieten werden zurückerstattet (Bd.2,
S.361)
-- für Verträge zwischen
Österreichern und Angehörigen eines abgetretenen
Gebietes sollen in gewissen Fällen alliierte und
assoziierte Gerichte zum Einsatz kommen (Bd.2,
S.362-363)
-- die Zuständigkeit des
gemischten Schiedsgerichtes kann nicht erweitert werden
-- Gewährung von Auskünften
für jeweilige Verfahren wird zugesichert (Bd.2, S.363)
-- der Schutz von Eigentum
von Österreichern in abgetretenen Gebieten ist
zugesichert (S Bd.2, .364)
-- die Beschränkung von
österreichischen Rechten an gewerblichem, literarischem
oder künstlerischem Eigentum
oo ist
möglich, wenn die assoziierten und alliierten Mächte das
für die Landesverteidigung oder im öffentlichen
Interesse für notwendig erachten
oo ist
Mittel als Pfand für die Erfüllung der Verpflichtungen
Österreichs und für die Wiedergutmachung der Schäden
(Bd.2, S.365)
oo weiter
gilt
die Datumsgrenze des 28. Juli 1914 als Grenze für
Transaktionen, die Rechtsgültigkeit besitzen (Bd.2,
S.366).
Häfen, Wasserwege, Eisenbahnen
Zugeständnis:
-- die Frist für einseitige
Verpflichtungen Österreichs wird von 5 wird auf 3 Jahre
herabgesetzt
Zugeständnis:
-- diese Frist ist nicht
verlängerbar (Bd.2, S.367).
Weitere Bestimmungen:
-- Österreich erhält volles
Handelsrecht ohne Nachteile mit den Nachfolgestaaten
(Bd.2, S.367)
-- österreichische
Vertreter werden an die künftige Konferenz über das
Regime über die Donau zugelassen (Bd.2, S.368)
-- Österreich soll für eine
Übergangszeit Werkstätten der Bahn zur Verfügung
stellen, damit die Nachfolgestaaten Zeit haben, ihre
eigenen Werkstätten zu errichten (Bd.2, S.369-370)
-- Österreich erhält keinen
Zugang zur Rhein-, Oder- oder Elbekommission, weil kein
Zusammenhang besteht (Bd.2, S.370) [?]
-- Flussschiffe auf der
Donau werden von der Kommission unter Führung der "USA"
verteilt (Bd.2, S.371)
-- Österreich wird freie
Fahrt auf dem zukünftigen Donau-Oder-Kanal erhalten
(Bd.2, S.371-372).
Zugeständnis:
Auf Antrag der
Anliegerstaaten ist die Internationalisierung von
Flüssen ausbaubar (Bd.2, S.372).
Arbeitsrecht
Der Vertrag muss beschränkt
werden und weitere Details sind auf anderen Foren zu
besprechen (Bd.2, S.373).
6.9.1919
Der Protest der Nationalversammlung in Wien
gegen den Vertrag von St-Germain (Bd.2, S.628-631)
-- der Vertrag verweigert
Selbstbestimmungsrechte des deutschösterreichischen
Volkes
-- der Vertrag verweigert
den Herzenswunsch, die wirtschaftliche, kulturelle und
politische Lebensnotwendigkeit: die Vereinigung mit dem
deutschen "Mutterlande"
-- Hoffen auf Gewährung der
Vereinigung, dem Recht auf Einheit und Freiheit der
Nation, nach Überwindung des Geistes der nationalen
Gehässigkeit und Feindschaft (Bd.2,
S.628)
-- 3 1/2 Mio.
Sudetendeutsche werden von den Alpendeutschen getrennt
und mit Fremdherrschaft belegt (Bd.2, S.628), weitere
Fremdherrschaft über Alpendeutsche herrscht in Gebieten
von Kärnten, in der Steiermark und in Niederösterreich
(Bd.2, S.631)
-- die Fremdherrschaft wird
von der "CSSR" geführt, die sich im Vertrag als Feind
Österreichs bekennt
-- die Verantwortung für
die zukünftigen Wirren durch diesen Vertrag liegen bei
dem Gewissen jener Mächte, die trotz ernstesten
Warnungen den Vertrag vollziehen wollen
-- es wird Klage und
Protest erhoben gegen die Teilung Tirols und gegen das
Abtrennen übriger Alpenlande (Bd.2, S.628)
[dann hätte Italien aber
keine Kriegsbeute mehr...]
-- man dankt für die
Zuteilung von Gebieten Deutschwestungarns (Bd.2, S.629)
-- ein grosser Teil der
wirtschaftlichen und finanziellen Bedingungen ist
undurchführbar
-- der Vertrag ist
politisch verhängnisvoll, national ungerecht und
wirtschaftlich undurchführbar
-- die Zwangssituation für
Österreich ergibt sich durch die Abhängigkeit von
Versorgung mit Kohle, Nahrungsmitteln und industriellen
Rohstoffen [Hungererpressung, wie bei Deutschland auch]
-- ohne Vertrag wird auch
keine Wiederherstellung des Kredits und der Währung
möglich [finanzielle Erpressung]
-- das Recht auf
Selbstbestimmung in den besetzten Gebieten ist von den
alliierten und assoziierten Mächten vergewaltigt (Bd.2,
S.630)
[nicht erwähnt:
Wenn Österreich und
Deutschland sich wieder vereinen und dabei Österreich zu
gross wäre, dann würde ein riesiges
Germanien-Deutschland wieder Frankreich vergewaltigen,
als erste die Tschechen. Und so kam es dann auch...].
10.9.1919
Vertragsunterzeichnung: Ansprache von Clémenceau
Clémenceau behauptet das
Einvernehmen zwischen den alliierten, den assoziierten
Mächten und Österreich (Bd.2, S.637).