|
|
Teilen / share: |
Facebook |
|
Twitter
|
|
|
aus:
Er war als Künstler tätig und vermittelte den Juden ein höheres Selbstbewusstsein [web03].
-- Jewish Magazine [web01]
-- Wikipedia [web02]
-- holocaustresearchproject [web03]
Dr. Alfred Nossig war ein brillianter, jüdischer Intellektueller aus Polen, kreativ und arbeitete wie wild für das soziale Wohl [web01]. Geboren am 18. April 1864 in Lemberg studierte er in mehreren Bereichen und war Schriftsteller, Publizist, Künstler und Statistiker, auch Portraitbildhauer, Monograph [web02]. Sein Wissen was derart bereichernd, dass er sogar in der Zevreiskaya Entsiklopediya einen Eintrag erhielt (1913). Er hatte den Dr.-Titel und schrieb auch Theaterstücke, Gedichte, philosophische Essays, und war auch als Politökonom und Soziologe, Künstler und zionistischer Theoretiker bekannt. Beispiele seiner Werke sind Artikel über die Ethik von Spinoza, vier Statistikstudien über die jüdische Geschichte, sieben Essays über zionistische Themen, und sogar Bildhauereien über biblische Themen [web01]. Seine Ansichten und politische Ausrichtungen konnten dabei immer wieder schwanken [web03].
1880 mit 16 Jahren war er noch nationalistisch eingestellt [web01], war Mitherausgeber polnischsprachiger Blätter [web02] und wollte Pole werden. Da musste er einsehen, dass die Polen keine konvertierten Juden wollten. Als Reaktion darauf ging Nossig zu den Zionisten und wurde bald Zionistenführer in Galizien.
In Lemberg (Lvov) studierte Nossig Recht und Naturwissenschaften [web01]. Schon 1887 postulierte er auf einem Flugblatt über die "Jüdische Frage", es müsse in Palästina ein Judenstaat gegründet werden [web03].
Dann studierte er Philosophie in Zürich und Medizin in Wien [web01] (in Wien 1892-1894 [web03]). 1894 zog er nach Paris [web03]. Dort organisierte er eine ab 10. Januar 1894 stattfindende mehrtägige Konferenz der Vertreter von Vereinen für Palästinakolonisation (Teilnehmer u. a. Willy Bambus, Ruben Brainin, Oppenheimer, Elim d'Avigdor, Albert Goldsmid, Joseph Prag, Adam Rosenberg, Zadoc Kahn, M. Halévy, Sergei Voronoff, Narcisse Leven; Nathan Birnbaum wurde nicht eingeladen, obwohl auf der Konferenz auch über die finanzielle Unterstützung der "Jüdischen Volkszeitung" – Birnbaum arbeitete an ihr maßgeblich mit und war nominell Chefredakteur –, des Nachfolgeblattes der eingegangenen "Selbst-Emancipation", beschlossen werden sollte) [web02].
Alfred Nossig war Teilnehmer des 1. Zionistenkongresses(Basel 1897), bald aber Gegner Herzls [web02] bzw. gehörte der demokratisch Fraktion der Zionistenbewegung an, die gegen Herzl stand und wo Chaim Weizmann eine führende Rolle spielte [web03].
ab 1900: Berlin und erfolglose Werbung für eine jüdische Kolonisation im Nahen Osten ohne Palästina
1900 zog Albert Nossig nach Berlin [web03].
1902 Gründung des "Vereins für Statistik der Juden" in Berlin. Nossig war auch Mitherausgeber der Zeitschrift "Palästina" (1902-1938) [web02]. Nossig war auch Mitglied einer politischen Gruppe, die jüdische Hochschulen verlangte [web03].
1903 organisierte er in Berlin die Gesellschaft für jüdische Statistikstudien ("Jewish Statistical Studies") [web01], das Jüdische Büro für Statistik, zusammen mit Arthur Ruppin und Jacob Thon und wurde 1904 dessen Leiter [web03], und im Jahre 1906 die Jüdische Kunstfördergesellschaft ("Society for Encouraging Jewish Art") [web01].
1908 verliess Nossig die Zionistenbewegung und gründete seine Organisationen, im selben Jahr die "Allgemeine Jüdische Kolonisationsgesellschaft" in Berlin (zur "Förderung jüdischer landwirtschaftlicher Kolonisation in Palästina, Syrien und der Sinai-Halbinsel"; mit reger Tätigkeit bis Ende des ersten Weltkriegs) [web02], mit Lobby-Arbeit bei Staatschefs im Nahen Osten etc. [web03]. Das war seine Lösung der "Judenfrage". Juden sollten überall im Nahen Osten siedeln könnten, aber nicht in Palästina [web01].
1909 war Nossig am 9. Zionistenkongress, wo vom Präsidenten zur zionistischen Einheit aufgerufen wurde. Nossigs Ideen wurden blockiert und Nossig als nicht autorisierter jüdischer Abenteurer bezeichnet. Die traditionellen Zionisten sahen Nossig nun als Gefahr, weil Nossig von der allgemeinen Kampflinie abwich [web01].
1911 gründete er eine weitere Gesellschaft, die Gesellschaft für Ostkolonisation ("Orient Colonization Company") in London, ebenfalls mit der Vorstellung, dass Juden im Nahen Osten siedeln könnten, aber nicht in Palästina [web01].
Die Allgemeine deutsch-jüdische Kolonisationsgesellschaft hatte dabei einen Plan ausgearbeitet, Juden sowohl in Palästina wie in Mesopotamien anzusiedeln, sowie in der Ost-Türkei im heutigen Irak, bis zum Golf, ebenso am Euphrat und in einem grossen Teil Syriens. Nach der Jungtürkenrevolution von 1908-1909 reiste Nossig nach Konstantinopel und präsentierte dieses Projekt. Nun bekamen Vertreter Grossbritanniens von diesem Plan etwas mit und meinten, Nossig sei ein deutscher Agent, der eine Allianz mit der Türkei schmieden wolle, um im Nahen Osten einen grossen, pro-deutschen Staat zu errichten mit der Vermutung, Nossig und seine Kolonisationsgesellschaft wollten die britische Position in der arabischen Welt unterminieren wollen [web01].
Während des Ersten Weltkriegs verfolgte er sein Ziel in Deutschland weiter und versuchte, von den Zentralmächten und der Türkei die Anerkennung für jüdische Siedlungsrechte im Osmanischen Reich zu erhalten. Diese Anstrengungen hatten keinen Erfolg. Die Zionisten betrachteten Nossigs Tätigkeiten zudem als schädlich für deren Judenstaat-Vorhaben [web03].
ab 1919: Vermittlertätigkeiten und "Friedensbund"
Nach dem Ersten Weltkrieg war Nossig in pazifistischen Tätigkeiten beschäftigt [web01]. In den frühen 1920er Jahren war Nossig in Polen eingeladen und vermittelte zwischen den Führungen der verschiedenen jüdischen Organisationen und der neuen Polnischen Republik. Die Juden betrachteten ihn wie einen jüdischen Aussenminister, und so dachten auch die Polen. Die Vermittlungsversuche Nossigs zwischen Polen und Juden hatten aber keine greifbaren Resultate [web03].
1928 gründete Nossig den jüdischen Zweig des Friedensbundes der Religionen ("Jewish branch of the Peace Federation of the Religions") [web01].
Gestapo-Tätigkeit ab 1933 oder ab 1939
Gemäss der jüdischen Untergrundkampforganisation ZOB, die Nossig 1943 erschoss, fand man bei ihm eine Identitätskarte von 1933, oder vielleicht auch eine Kennkarte der "Abwehr" [web01]. [Wann Nossigs Gestapo-Tätigkeit begann, ist nicht genau feststellbar].
1939: Als sich in Deutschland der Nazismus durchsetzte (oder erst bei Beginn des Polenfeldzugs September 1939 [web03]) kehrte Nossig nach Polen zurück [web01] bzw. gelangte über Prag nach Warschau [web03]. Nossig war nun 75 Jahre alt und wurde noch einmal in Sachen Auswanderung der Juden tätig, nun aus einem deutsch besetzten Polen heraus, wahrscheinlich auf Empfehlung deutscher Amtsstellen [web03].
Der Vorsitzende des Warschauer Judenrats, Adam Tscherniakow (Czerniakow) notierte am 17. Oktober 1939 in sein Tagebuch, dass der Tausendkünstler Alfred Nossig bei ihm auf Besuch war. Am 9. Dezember 1939 beschreibt ein weiterer Tagebucheintrag Tscherniakows, dass er angewiesen worden sei, Dr. Nossig innerhalb der Gemeinde eine Arbeit zuzuteilen, und Vorschriften zur Auswanderung würden im folgenden Januar folgen. Später wurde Nossig Direktor der Abteilung für Kultur und Kunst im Warschauer Judenrat. Ein weiterer Tagebucheintrag Tscherniakows vom 11. April 1940 besagt, dass "Nossig weiterhin unnötige Briefe an die Behörden schreibt. Ich habe ihn dafür getadelt." [web03].
Nossig unterhielt zu den Deutschen spezielle Verbindungen und genoss ihren Schutz. Eine Frau, die während der letzen Monate des Warschauer Ghettos im selben Haus wie Nossig wohnte, war kein Mitglied des Untergrunds oder der Kampforganisation. Sie schrieb in ihren Memoiren: "Es war kein Geheimnis, dass er der Gestapo angehörte und für die Deutschen arbeitete", und die Verbindung mit der deutschen Seite war sogar an seiner Wohnungstür angeschrieben. Scheinbar schrieb Nossig in regelmässigen Abständen seine Berichte über die Geschehnisse im Ghetto. Einige der in seinem Besitz befindlichen Dokumente wurden von der ZOB (Jüdische Kampforganisation) konfisziert, während der Rest von der Gestapo beschlagnahmt wurde [web03].
Ob Nossig diese Zusammenarbeit mit der Gestapo freiwillig übernahm, oder ob er dazu gezwungen wurde, ist nicht geklärt [web01].
Stanislaw Adler bestätigte in seinen Memoiren, dass Alfred Nossig für die Gestapo arbeitete:
"Die Gestapo hatte vertrauliche Informationen über jene, die in die politischen Aktivitäten involviert waren. Brandt hatte den bejahrten Bildhauer und Journalisten A. Nossig beauftragt, schriftliche Berichte über die politische Stimmung im jüdischen Quartier abzugeben.
Seine Sekretärin sagte mir, dass er von der Gestapo beauftragt worden sei zu informieren, ob das Warschauer Judentum die Gerüchte über die Todeslager in Belzec und Chelmno glaubte oder nicht. Die Gemeinde glaubte diese Gerüchte im Grossen und Ganzen nicht, denn wie hätte denn ein normaler Mensch diese Gerüchte glauben können?"
Nossig war für der Auslese der Juden aus dem Warschauer Ghetto zuständig, die nach Palästina reisen durften. Somit leistet Nossig direkte, zionistische Dienste. Allgemein sollte das polnisch-jiddische Judentum jedoch vernichtet werden.
Zitat Pinkus:
"Während des Krieges diente Dr. Nossig, prominenter Repräsentant des Zionismus, als Gestapo-Berater und diente Hitler, den kannibalistischen Plan der physischen Vernichtung der polnischen Juden und anderer durch die Nazis besetzter Länder auszuführen (S.253). Er wurde durch Juden zum Tod verurteilt und 1944 exekutiert, kurz vor dem heroischen Aufstand im Warschauer Ghetto. Auf dem Höhepunkt der faschistischen Herrschaft kooperierten die Zionisten aktiv mit den Nazi-Führern und waren in einer Anzahl von Fällen ihre direkten Komplizen."
(Benjamin Pinkus: The Soviet Government and the Jews 1948-1967. A documented study, S.254)
(orig.:
"During the war, the prominent representative of Zionism, Dr Nossig, served as an advisor of the Gestapo implementing Hitlers cannibalistic plan for the physical annihilation of the Jews in Poland an other countries seized (S.253) by the Fascists. He was sentenced to death and executed by the Jews themselves in 1944, shortly before the heroic insurrection in the Warsaw Ghetto. In the years of Fascism's heyday, the Zionists actively cooperated with the Nazi leaders and were their direct accomplices in a number of cases."
(Benjamin Pinkus: The Soviet Government and the Jews 1948-1967. A documented study, p.254)
Dr. Alfred Nossig, Zionistenführer, ist auch als Schleuser tätig: Er versucht, [von ihm ausgewählte] Juden aus den von Hitler-Truppen besetzten Gebieten herauszubekommen und sie nach Israel zu schleusen. In Warschau wird er Mitglied des Judenrates im Warschauer Ghetto (S.523, Anm. Nr.91).
Zionisten und Hitler-Faschisten kooperieren und finden einen gemeinsamen Sprachgebrauch zur Ausrottung der übriggebliebenen Ost-Juden (S.253).
[Im Klartext: Die rassistischen Zionisten wollen keine Ostjuden in Israel haben und lassen sie von der NS-Macht vernichten, denn Israel soll nicht jiddisch werden].
1943: Nossig fliegt auf und wird erschossen
Nossig ist im Januar 1943 immer noch Mitglied des Warschauer Judenrats [web02] [aber das nützt ihm nun nichts mehr]. Nossigs Gestapo-Verbindung und seine Funktion als deutscher Spion wird vom polnischen Untergrund an die jüdische Untergrund-Kampforganisation ZOB im Warschauer Ghetto verraten. Die ZOB [web01], greift ihn auf (Ende Januar oder Februar 1943 [web03]), verurteilt ihn zum Tode [web02] und erschiesst ihn am 22. Februar 1943. Gemäss den Leuten des Exekutionskommandos trug Nossig einen deutschen Identifikationsausweis von 1933 auf sich. Andere Quellen besagen, es sei eine Kennkarte der "Abwehr" des deutschen Oberkommandos für Spionage, Gegenspionage und Sabotage im Zweiten Weltkrieg gewesen. Dr. Nossig hatte ein 6-seitiges Dokument über die jüdische Widerstandsbewegung vorbereitet, mit einer Skizze der Tunnels und Bunkers im Ghetto, und er war auf dem Weg gewesen, dieses Dokument der Gestapo zu übergeben [web01]. Diese Skizze stand im Zusammenhang mit der "Aktion" von Januar 1943 [web03].
---
Dr. Alfred Nossig hat trotz seiner hohen Intellektualität genau dasjenige Volk verraten, für das er eigentlich immer gearbeitet hatte. Er war nie zu Kompromissen fähig, war nie zur Zusammenarbeit mit denjenigen fähig, die nicht genau seine Meinung vertraten. Seine Grundwerte waren nicht jüdische Ideen, sondern weltliche und nicht-jüdische, und dies scheint ihn von anderen Juden zu unterscheiden. Er meinte, er stünde über allen Juden und sei ein höheres Wesen, und ein Verbündeter der Deutschen zu sein war nur ein weiterer Faktor seines Selbstbildes [web01].
Was können wir daraus lernen? Vielleichct, dass jüdische Führer jüdische Werte brauchen. Geistige Fähigkeiten und Eifer genügen nicht, denn ohne jüdische Identität kann Führer auch zum Gegner werden [web01].
Schriften (Auswahl)
Dramen (Auswahl)
- Proba rozwiazania kwestji zydowskiej("Versuch zur Lösung der jüdischen Frage"), 1887 (die erste zionistische Schrift in Polen)
- Materialien zur Statistik des jüdischen Stammes, 1887
- Sozialhygiene der Juden, 1894
- Revision des Sozialismus, 1900
- Die moderne Agrarfrage, 1902
- Politik des Weltfriedens, 1902
- Jüdische Statistik, 1903
- Das jüdische Kolonisationsprogramm, 1904
- Die Entwicklung des Zionismus, 1905
- Jüdische Realpolitik, 1907
- Jüdische Landpolitik, 1907
- Integrales Judentum, 1921
- Bolschewismus und Juden, 1921
- Zionismus und Judenheit, 1928
- Monographie über Padarewski
- Libretto für Padarewskis Oper "Manru", das auf der Novelle "Chata za wsia" von Józef Ignacy Kraszewski beruht (1901)
Plastiken (Auswahl)
- Tragödie des Gedankens (polnisch, 1885)
- Der König von Zion, 1887
- Göttliche Liebe, 1899
- Abarbanell, 1907
- Der ewige Jude
- Der Makkabäer
- Nordau
- König Salomo [web02]
Teilen / share: |
Facebook |
|
Twitter
|
|
|
Quellen
[web01] Jewish Magazine: http://www.jewishmag.com/133mag/alfred_nossig/alfred_nossig.htm
[web02] http://de.wikipedia.org/wiki/Alfred_Nossig
[web03] http://www.holocaustresearchproject.org/ghettos/nossig.html