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Polizeiaktivitäten in Weissrussland (Weissruthenien) 1941-1944

Denunzierungen, Rekrutierungen und Exekutierungen.

Weissrussische, polnische, lettische, litauische und

ukrainische Kollaboration mit der deutschen Besatzungsmacht

von Michael Palomino (2001 / 2007)

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aus: Bernhard Chiari: Alltag hinter der Front. Besatzung, Kollaboration und Widerstand in Weissrussland 1941-1944. Droste Verlag Düsseldorf, 1998.


Zusammenfassung

Im Weissrussland von Juli 1941 sind alle kommunistischen russischen und weissrussischen Kräfte mit der Roten Armee nach Russland abgezogen, um gegen den Faschismus zu kämpfen. Die zurückgebliebene weissrussische Bevölkerung hat sich entschieden, auf ein besseres Leben unter dem Hitler-Regime zu warten und kollaboriert deswegen willig.

Die hier vorliegende Chronologie der zusammengetragenen Daten zeigt eindeutig, dass die Judenverfolgung in Weissrussland ohne die bereitwillige Kollaboration der Bevölkerung nicht möglich gewesen wäre. Aber auch Polen und Balten kooperieren in Übereinstimmung der deutschen Befehle, und zum Teil auch ohne deutsche Befehle, gegen die jüdische Bevölkerung.

Erste Opfer sind im Juli 1941 die Reste der jüdischen Oberschicht, die durch die weissrussische und polnische Bevölkerung denunziert werden. Nach der Ghettoisierung sind die Juden in der Zwangslage, für die deutsche wie für die russische Seite der Partisanen Spionagedienste ausführen zu müssen. Nur jüdische Partisanen retten gezielt Juden aus den Ghettos. Polnische Partisaneneinheiten werden den Juden ebenso gefährlich wie russische oder deutsche Kräfte. In weiteren zwei Exekutionswellen von Oktober bis Dezember 1941 und im Sommer 1942 wird ein ansehnlicher Teil der jüdischen Bevölkerung exekutiert. Die einheimische Polizei kommt in einen zum Teil perpetuell berauschten und brutalisierten Zustand und begeht sogar Greuel gegen die Bevölkerung ohne jeden deutschen Befehl. Die "Judensachen" und jüdische Häuser zu beerben ist in der Not des Krieges eine willkommene Bereicherung.

Gleichzeitig beginnen jedoch auch andere Kreisläufe der Gewalt.  Erste Waldgruppen überfallen Dörfer, was die Bildung einheimischer Polizei nach sich zieht. Diese einheimische Polizei wird gemischt-national oder getrennt eingeteilt, wobei die Weissrussen meist Bauern oder sogar Analphabeten sind. Partisanen und Polizei  reiben und wachsen aneinander hoch, so dass ab 1943 grosse Teile des Landes völlig brutalisiert werden und jede Schamgrenze zu Todschlag und Mord fällt. Einheimische Wärter leben in Gefängnissen an den Gefangenen ihren Rassismus aus.

Willig kooperiert die einheimische Polizei auch in "Straf- und Vergeltungsaktionen", obwohl die Niederlage der Hitler-Truppen sich schon lange abzeichnet. Bis zuletzt sind die einheimischen Polizisten von ihrer Macht besessen und erschiessen noch kurz vor dem Eintreffen der Roten Armee "Verdächtige". Zu der Zeit finden auch letzte Frontwechsel statt. Die Polizisten oder Partisanen müssen sich entscheiden, ob sie mit der Wehrmacht ins Reich ziehen oder unter der kommunistischen Herrschaft vielleicht wegen Kollaboration erschossen werden. Viele zeigen dann unter der von ihnen ausgewählten Herrschaft noch einmal letzten Einsatz, um ihre "Zuverlässigkeit" zu beweisen. In Deutschland läuft für die Mitgezogenen eine Ausbildung zur Spionage heran mit dem Ziel der "Rückeroberung der Ostgebiete".

Nach der deutschen Niederlage im Mai 1945 versuchen sich die einheimischen Täter in NKWD-Prozessen herauszureden, rechtfertigen ihre Greueltaten an Juden und an der Bevölkerung mit Alkohol oder fremden Befehlen, werden jedoch meist zu 15-20 Jahren Straflager verurteilt. Darunter sind auch jene, die sich zuletzt in der Roten Armee noch "Tapferkeitsauszeichnungen" geholt haben. Währenddessen schiebt die russische Propaganda "den Deutschen" alle Schuld in die Schuhe und simplifiziert so das Geschichtsbild für die halbe europäische Bevölkerung.






Chronologie der Polizeiaktivitäten in Weissrussland/Weissruthenien 1941-1944

1941

ab Juli 1941
BSSR: Hoffnungen in Teilen der Bevölkerung auf ein unabhängiges Weissrussland
mittels des Bildes vom "eisernen deutschen Soldaten" und deutscher Propaganda in Russisch (S.129) gegen den Weltfeind "Bolschewismus" (S.130) mit der allgemeinen Hoffnung auf Vernichtung der "gottlosen Sowjets" (S.129).

BSSR: Dorfälteste glauben an den Endsieg - penible Vorschriften
Viele Dorfälteste unterstützen bis Ende 1942 aktiv das Hitler-Regime. Deutsche Zivilstellen überhäufen die Dörfer mit zum Teil peniblen Vorschriften (S.141), wie z.B. die Hundevorschrift, dass nicht angekettete Hunde erschossen werden sollen (S.142).

-- die Ausgangssperre muss streng befolgt werden
-- es gilt die Grussvorschrift, wer wen zuerst grüssen muss
-- es gelten Viehhaltungsvorschriften, wie man die Tiere anbindet bzw. dass Pferden die Füsse verbunden werden sollen
(telefonische Information von Bernhard Chiari, 12.12.2000)

BSSR: Betriebe laufen für die Wehrmacht
Die wenigen noch laufenden Betriebe laufen für den Endsieg für die Wehrmacht. Den Betrieben werden andauernd anmassende Deutsche als Vorgesetzte eingesetzt (S.132); Bildung von Gesinnungsfraktionen in den Betrieben, dauernde Verunsicherung und Angst (S.133).

BSSR: Bürgermeister und "Verpflichtungserklärung"
Die Bürgermeister leben fortan am exponiertesten, weil sie eine "Verpflichtungserklärung" unterschreiben müssen, alle Anweisungen der deutschen Verwaltung auszuführen (S.128).

BSSR: Viele kriegsgefangene Rotarmisten kollaborieren mit der deutschen Seite
(S. 148)

BSSR: Die Rolle der Bürgermeister
(S. 142) müssen eine "Verpflichtungserklärung" leisten
-- sind zum Teil weissrussische Analphabeten (S. 143)
-- sollen Landwirtschaftssteuern festlegen

-- zählen die Bevölkerung und denunzieren Juden, Zigeuner, Rotarmisten (S. 142), die "Verdächtigen" oder auch die früheren Helfer der Sowjetisierung (S. 143)

-- besorgen das Müllwesen, die Desinfektionsvorsorge und das Bauwesen
-- setzen das Jagdverbot durch (S. 142)
-- verteilen deutsche Propaganda, die zum Teil aber von ihnen selbst aufgrund von Papiermangel als Briefbogen benutzt wird (S. 143).

BSSR: Die Rolle der Agronomen / Leiter der landwirtschaftlichen Grossbetriebe
-- haben grosse Machtfülle und Autonomie, solange die Abgaben an die deutschen Besatzer stimmen, müssen wie die Bürgermeister eine "Verpflichtungserklärung" unterschreiben, alle Partisanengruppen zu melden

-- in der West-BSSR werden zum Teil polnische Agronomen als Leiter der ehemaligen Kolchosen und Sowchosen eingesetzt, was die weissrussischen Bauern zur Weissglut bringt: Arbeitsverweigerung, Brandstiftung und Plünderungen sind die Folge (S.144).

[Weder die Polen noch die deutsche Besatzung findet hier scheinbar Lösungen].

Agronomen als Denunzianten, Personalbeschaffer und Steuereintreiber
-- Agronomen geben der deutschen Verwaltung Listen mit Partisanenverdächtigen und liefern diese damit meist der Erschiessung aus
-- Agronomen suchen für die deutschen Stellen Kandidaten für Polizei und Gendarmerie (S.144)
-- Agronomen treiben zum Teil die Requirierungen und Steuern selber ein
-- Agronomen werden zum Teil als "Volksdeutsche" anerkannt, was ihre "Position" stärkt (S.145).

ab Juli 1941
BSSR: Vor allem Verlierer der Sowjetisierung werden nun zu Kollaborateuren des Hitler-Regimes
-- Bürgermeister werden als Steuereintreiber Herren in den Dörfern
-- die Kollaborateure glauben an den Endsieg, der in Kürze eintreten wird
-- die neuen Kollaborateure verprügeln zum Teil Bauern, die nicht sofort gehorchen
-- Bauern, die bei der Sowjetisierung enteignet worden waren, hoffen auf die Wiederzuteilung von Land (S.145)
-- ehemalige Kriegsgefangene, die in ihre Dörfer zurückkehren, müssen gemäss Anweisungen der Bürgermeister zum Teil hungern

Die deutsche Besatzungsmacht verspielt den Goodwill von Anfang an:
-- sie verlangt von den Bauern höhere Abgaben als das Stalin-Regime
-- sie führt bei den landwirtschaftlichen Abgaben mit der Lupe Kontrollen nach Milben durch, was bei den Bauern Hass provoziert
-- die Prämien bei erfüllter Ablieferung sind zu gering, als dass sie einen Ansporn bilden würden
-- die deutschen Soldaten leisten sich vereinzelt Vergewaltigungen, was das Vertrauen ganzer Dörfer zerstört (S.146).

BSSR: Organisation der Polizei unter Einschluss einheimischer Kräfte
wird von der SS nur als Notlösung akzeptiert aus Mangel an deutschen Polizisten. Die SS plant ein flächendeckendes Netz von deutschen SS- und Polizeistützpunkten zur Überwachung der besetzten Ostgebiete, die eine "Schlüsselfunktion" bei der Eindeutschung übernehmen sollen im Sinne einer "Ostkolonisation". Deutsche Polizeistützupunkte sollen Diensträume, Freizeiträume und auch ein Untersuchungszimmer für "rassische Musterungen" haben  (S.160).

BSSR: Einheimische Polizei als Erfüllungsgehilfe für Requirierungen, Rekrutierungen und Exekutionen

Chiari:
"Einheimische Polizisten zählten zu den wichtigsten Erfüllungsgehilfen der neuen Ordnung. Sie waren nicht nur massgeblich an der ökonomischen Ausbeutung der besetzten Gebiete beteiligt, sondern wurden auch in die Ermordung der jüdischen Bevölkerung und die Rekrutierung von Zwangsarbeitern einbezogen." (S. 162)

Die neuen Polizisten müssen eine "Verpflichtungserklärung" unterschreiben, einen Diensteid leisten und sich so formal an das nationalsozialistische System binden (S. 171) mit "Eid auf den deutschen Führer", auf die Nation Weissruthenien, auf Treue im Dienst, auf Abwehren aller Angriffe auf das Land.
(telefonische Information von Bernhard Chiari, 12.12.2000)

Die einheimische Polizei erfüllt als erstes auch Propagandafunktion. Deutsche Kräfte sind auf dem Land kaum präsent (S. 163).

Baranovitschi: Propaganda gegen die national gemischte Polizei
Der Leiter der Propagandaabteilung in Baranovitschi fordert wiederholt die "Säuberung" der Polizei vom "Feind", vom "Schutzmänner-Polen" oder "verpolten Weissrussen". Er verlangt die Rekrutierung gebildeter weissrussischer Polizisten wie junge Lehrer und Angehörige des Jugendwerks, um die Belorussifizierung voranzutreiben (S.173).

BSSR: Viehwirtschaft sinkt durch rücksichtslose Requirierungen dramatisch
Die Viehwirtschaft sinkt dramatisch durch rücksichtslose Requirierungen der neu gegründeten Polizei. Die Requirierungen sind willkürlich (141) und rücksichtslos im Sinn des erhofften bevorstehenden Sieges in Moskau (S.140).

BSSR: Zulauf zur einheimischen Polizei aus polnischen Widerstandsgruppen gegen Partisanen
(S. 173)

Moskau: sowjetische Propaganda, dass die Polizei in der BSSR nur ein "Gesindel" sei
(S. 175)

Juli/Aug 1941
BSSR: Willkürliche Requirierungen der Polizei und Verkauf der Güter auf eigene Rechnung
Davon betroffen sind polnische Militärausrüstungen, Vieh und Nahrungsmittel (S.178).

ab Aug 1941 ca.
BSSR: Beginn der Partisanenüberfälle
Kleine Wald-Gruppen beginnen, kleine Dörfer zu überfallen und nehmen zu ihrer Nahrungsmittelbeschaffung Requirierungen vor. Die Dorfältesten beginnen, Polizeikräfte zu organisieren, beginnen, die Einheimischen aufzufordern, sich zur Polizei zu melden. Dabei sind kaum Uniformen und Gewehre vorhanden (S.163).

ab Sep 1941
BSSR: Schaffen von Polizeistrukturen gegen Partisanenüberfälle auf dem Land

Deutsche Postenführer
Deutsche Postenführer führen einheimische Gruppen. Die Postenführer sind meist Unteroffiziere der Gendarmerie, um die 40 Jahre alt, mit Persönlichkeit und Familienerfahrung, weder nationalsozialistische Fanatiker noch untaugliche "Ostnieten". Sie befehligen und kontrollieren viele der einheimischen Polizeistützpunkte, die durchschnittlich 30 Polizisten umfassen. Die Sprachbarriere ergibt einen grossen Abstand.

Manche prügeln und schikanieren die einheimischen Untergebenen oder betteln bei einheimischen Bauern um Schnaps, was bei Entdeckung bis in den Sommer 1944 streng geahndet wird. Die Strafe ist aber nur die Versetzung (S.167).

Die Polizeistellen in den Ostgebieten sind bei Deutschen beliebt, denn die "Ostverwendung" gilt als Karriereabschnitt, um den Kampf gegen die Partisanen zu führen und zum Teil sogar Karriereabschnitte zu überspringen und eine Offizierslaufbahn einzuschlagen. Die deutschen Postenführer handeln mit viel Einsatz und ohne Kompromisse. Deutsche aktive Polizisten und Unterführer holen sich im "Bandenkampf" "Tapferkeitsauszeichnungen", Vorgesetzte loben bei ihren deutschen Untergebenen vor allem "Kameradschaft" und "Draufgängertum". Einsatzunfreudige deutsche Polizisten werden am Posten belassen und erfahren keine Beförderung (S.168).

Motivation: Rache an Sowjets - Karrierechance für Analphabeten und Bauern
Viele Einheimische, die in Sowjetisierungen Verwandte oder Höfe verloren haben, treten der neuen Polizei bei, um Rache an Sowjetrussen zu nehmen. Ebenso werden viele ehemals sowjetische politische Gefangene in die Polizei eingegliedert, fanatische Antikommunisten, die auch ohne deutschen Befehl in deren Sinn handeln würden (S.171).

Weitere Motivation ist aber neben der Sucht, etwas zu "erleben", auch das Angebot von Karrierelaufbahnen, denn viele Bauern und Analphabeten wollen die Chance zur Laufbahn und zu einer Ausbildung nutzen. Alle glauben an den "Blitzsieg" und dass das deutsche Regime noch lange halten werde (312).  Insgesamt herrscht in der Polizei immer Personalmangel, so dass einzelne Nationalitäten in den kleinen Einheiten zweitrangig sind (S.172-173).

Weiterbildung und Hoffnung auf den Blitzsieg
Die neu entstehenden Polizeikorps arbeiten mit grossem Engagement und Weiterbildung. Sie setzen alle auf die deutsche Ordnung und hoffen auf den deutschen Blitzsieg gegen Moskau. Die Uniformen sind gemäss Chiari ein "Sammelsurium von Kleidungsstücken unterschiedlicher Herkunft", manche Polizisten wagen sogar das Tragen deutscher Kragenspiegel und Dienstabzeichen (S.170).

Freiräume für die einheimische Polizei - Bezeichnung "Hilfsvölker"
Die einheimische Polizei hat zum Teil erhebliche Freiräume. Rein deutsche Abteilungen existieren nur in Smolevitschi und in Rudensk zu  ca. 20 Mann. In allen anderen Polizeistützpunkten dienen ausschliesslich Einheimische in Gruppen zwischen 30-120  Mann, je nach Region mehrheitlich Russen, Weissrussen (S.166) oder Polen (S.273).

Leitlinien
-- die einheimische Polizei wird vom Reichsführer-SS als "Hilfsvölker" bezeichnet
-- allgemeiner gilt der Tenor: Kampf gegen die "sowjetische Unterwanderung"
-- es gilt Grusspflicht der einheimischen Polizisten gegenüber den deutschen Polizisten und Dienststellen
-- "enge Zusammenarbeit" mit den deutschen Stellen
-- Dienstvergehen wie Übergriffe und Bereicherung werden geahndet und die Strafmasse erhöht (S.166).

Die Praxis: die Volksgemeinschaft wird durch Gewalt und Neid zerrissen
-- der Fanatismus steigert sich in eine "Partisanenjagd" und eine Jagd gegen die pauschal als Bolschewisten verurteilten jüdische Bevölkerung

-- der SS- und Polizeiführer lässt die Polizisten zum Teil weit von ihrem Heimatort wegversetzen, um eine "Leistungssteigerung" zu erzielen, so dass die Polizisten durch verwandtschaftliche Beziehungen nicht gebremst werden (S. 171)

-- Polizeidienst hat materielle Anreize wie Verpflegung gemäss Verpflegungssätzen der Wehrmacht, freie medizinische Betreuung, 45 Tage Sterbegeld an die Hinterbliebenen im Todesfall (S. 172)

-- Rücksichtslosigkeit und Verlässlichkeit bringt Prämien und Aussicht auf Beförderung, Weiterbildung und Aufstieg
-- zum Teil werden Zivilisten von Polizisten verprügelt, weil sie falsch oder nicht grüssen (S. 170)

-- baltische und ukrainische Polizisten bekommen 3 bis 4 mal so viel Sold wie weissrussische Polizisten (S. 172), bei den Balten aus rassischen Gründen, weil sie "höher entwickelt" seien und einen hohen Anteil arischen Blutes besitzen , bei den Ukrainern wegen deren starker nationalistischer Gesinnung gegen die Sowjetunion, obwohl sie den "Slawen" zugerechnet werden. Weissrussische Polizisten gelten als "slawisch" ohne grosses Nationalbewusstsein und bekommen deswegen weniger Sold.
(Auskunft von Bernhard Chiari, 12.12.2000)

Die weissrussischen Polizisten kompensieren den Soldunterschied zum Teil mit "Eigeninitiative", und deutsche Vorgesetzte stellen den weissrussischen Polizisten für gute Leistungen Prämien in Form von Grundstücken, Möbeln usw. in Aussicht, die aber oft nicht eingehalten wird (S. 172).

Durch die Polizeipraxis der weissrussischen, polnischen, baltischen und ukrainischen Polizisten werden gewachsene Bindungen im Volk zerrissen und zerstört (S. 171),

[nur um die Bevölkerung zu "disziplinieren". Die Partisanen bekommen durch den NS-Terror Zulauf aus der Bevölkerung und organisieren die Gegenwehr].

Baranovitschi: Heranbildung einer Polizei: Rekrutierung von über 70 % Bauern
sind genau die, die von den Partisanen am meisten beraubt werden, wovon 50 % zwischen 18 und 22 Jahre alt sind (S.165).

BSSR: einheimische Polizei unterstützt wesentlich den Terror
-- einheimische Polizei bewacht Verwaltungseinrichtungen, Sägewerke, Mühlen etc.
-- einheimische Polizei führt Verhaftungen denunzierter Personen durch und führen diese damit meist in den Tod
-- einheimische Polizisten transportieren Häftlinge in Lastwagen zu Exekutionen
-- einheimische Polizei macht bis 1942 v.a. auch Jagd auf entlaufene Kriegsgefangene, liefert sie den deutschen Stellen aus oder erschiesst diese sofort in Selbstjustiz (S.182)
-- Familien, die Flüchtende aufgenommen haben, werden von der Polizei gleich selbst samt den Flüchtenden erschossen (S.183).

BSSR: Widerstand gegen Exekutionen innerhalb der Polizei ist möglich
Wer Mut hat, bekommt eine Versetzung.

Chiari:
"Allerdings war es, ähnlich wie in deutschen Polizeibataillonen, auch weissrussischen Schutzleuten möglich, die Beteiligung an Erschiessungen aus unterschiedlichen Gründen abzulehnen. Der polnische Schutzmann P. erklärte, er sei physisch nicht in der Lage, eine Erschiessung durchzuführen, und verliere in dieser Situation das Bewusstsein. P. wurde nicht einmal disziplinarisch gemassregelt, sondern verliess bereits nach einigen Monaten als 'ungeeignet' den Polizeidienst." (S. 184)

BSSR: sehr unterschiedliche Entwicklung der Polizei je nach Region und Führer
Je nach Region entwickelt sich die Polizei sehr unterschiedlich, ist bis 1944 eine "Ordnungsmacht", wie in Grodno, oder driftet schon 1941 in Willkür, Mord und Verbrechen ab, bis zu organisierten Plünderungen. Die einheimische Polizei wird zum Teil völlig unberechenbar.

Deutsche Stellen versuchen solchen Aktivismus zu unterbinden und die Gruppen zu Aktionen gegen Partisanen zu motivieren, die Energie "umzuwandeln" (S.184).

Grosse Polizeiposten bergen die Gefahr für die Bevölkerung, von Partisanen eher zum Angriffsziel zu werden.

Die Bevölkerung fürchtet in der Folge die sowjetische Partisanen und die einheimische Polizei zum Teil viel mehr als die deutsche Okkupationsbehörden (S.185).

BSSR: Polizei inszeniert Partisanenüberfälle, um deutsche Einrichtungsgegenstände zu entwenden
(S. 178)

BSSR: Alkoholproblem in der Polizei - "Heldentaten" werden gerächt
Partiell kommt es zu Alkoholexzessen und Übergriffen im Rausch bis zu Totschlag an Polizistenkollegen oder Zivilisten (S. 178-179).

"Heldentaten" gegen Partisanen bezahlen einheimische Polizisten oft mit dem Tod ihrer ganzen Familie durch die Rache der Partisanen (S. 179).

BSSR: Gründung von Bürgerwehren gegen Partisanen
(S. 175)

BSSR: Doppelte Bestrafung für Beraubte - erfundener Raub zum Schutz des Gutes (!)
Die Polizei bestraft die Beraubten gleich noch einmal, weil diese etwas nicht genug versteckt hätten. Bauern verstecken zum Teil ihr Gut und geben an, es sei geraubt worden, um es vor Requirierungen zu schützen.
(S. 177)

ab Sep 1941 ca.
BSSR: Ausbildung zum Partisanen und Spion auf deutscher wie auf russischer Seite
Russische und weissrussische Kriegsgefangene erhalten in russischen Partisanengruppen eine Partisanenausbildung zur Spionage, um die Kommandeure zu erschiessen und dann wieder auf die Seite der Polizei zu flüchten. Für solche Aktionen winken jeweils Prämien (S.181)
-- oder der Betroffene kann dadurch eine Strafe für eine eigenes Delikt kompensieren
-- oder es droht die Ermordung der Angehörigen.

Ebenso werden Sträflinge auf russischer Seite ausgebildet, die solche Missionen gegen die deutsche Besatzungsmacht zu erfüllen haben (S.182).

Weissruthenien / Mir: Der jüdische Übersetzer Rufeisen bei der Polizei
Schuldiener Oswald Rufeisen wird Sekretär und Übersetzer bei der Polizei, bleibt als Jude lange unerkannt (S.169), weil er sich als Halbpole und Halbdeutscher ausgibt.
(aus: Tec: Bewaffneter Widerstand, S.8)

und rettet so vielen Juden und ein ganzes Dorf vor der Vernichtung, weil er die Macht über die Kommunikation ausnützt (S.170).

30.10.1941
"Wanderungsbewegung": Deutsche Meldung jüdischer, wandernder Gruppen
Meldung der 1.Kompanie an das 1.Bataillon/Inf.Rgt.354, RH 26-286/4.

Zitat:
"Auch stimmt die Tatsache, dass sich nicht nur im Rayon Dribin, sondern wohl auch im weitesten Umkreis flüchtige Juden herumtreiben, stehlen und die Bevölkerung belästigen. Die Wanderung ortsfremder Elemente, die keinerlei Ausweise besitzen, wird allenthalben festgestellt." (aus: Gerlach 1999: S.603, Anm.588)

Okt 1941-Dez 1941
BSSR: Erste Exekutionswelle gegen Juden: Weissrussen denunzieren, v.a. Litauer und Deutsche schiessen
Weissrussische Polizisten denunzieren den deutschen Besatzern die jüdischen Häuser, treiben die Juden zusammen und führen diese an die Gruben. Die Exekutionen nehmen meist Litauer und Deutsche vor. Manchmal führt die einheimische Polizei die Exekution sogar  selber durch, ohne deutschen Befehl (S.183-184).

Nov 1941
"Wanderungsbewegung": Massenflucht von Juden
Wehrmachtberichte sprechen von Massenbewegungen im gesamten weissrussischen Raum, in denen sich Juden der Verhaftung entziehen wollen (254-255). Plündernde Gruppen jüdischer Flüchtlinge (256).
[keine Angabe von Anzahl und Richtung].

ab Dez 1941
Gescheiterter Blitzsieg: Zurückstufung der Siedlungspläne - Gesamtorganisation der Ortspolizei in den besetzten "Ostgebieten" mit Einheimischen
Die Siedlungspläne der Rassenideologen werden in der Priorität zurückgestuft.

Chiari:
"Mit dem Scheitern des deutschen Vormarsches vor Moskau verloren die Siedlungspläne der Rassenideologen an Dynamik." (S.160).

Priorität gewinnt neu die militärische Sicherung des "deutschen Hinterlandes" durch die Gründung einheimischer Polizeieinheiten, benannt als "Ordnungsdienst", "Schutzmannschaft" oder Ordnungspolizei".
mit Weissrussen, Ukrainern, Letten, Litauern, in gemischten oder sortierten Gruppen (160), in polnisch besiedelten Gebieten auch mit Polen (S.273). Oft werden auch Kriegsgefangene als neue Polizisten rekrutiert (S.160-161). Die einheimischen Polizeigruppen bleiben den deutschen Polizeibefehlshabern immer untergeordnet (S.161).

Karrieremöglichkeiten für Einheimische in der Polizei
Gleichzeitig ergibt sich aber für die Einheimischen die Möglichkeit zur Karriere durch die Gründung von Polizeischulen in Minsk und Vilejka, z.B. mit der Ausbildung zum Polizeioffizier, ein dreimonatiger Ausbildungskurs. Dadurch wird ein Grundstock höherer Polizei für allfällige spätere weissrussische militärische Verbände aufgebaut. Wesentlicher Organisator ist Francischek Kuschel (S.161).

ab Dez 1941 ca.
BSSR: Bürgermeister requirieren  Winterkleider für die Wehrmacht
(S. 143)

Winter 1941/1942
BSSR: Partisanen und Rotarmisten in den Wäldern hungern und überleben in Erdlöchern
(S. 148)




1942

BSSR: Ghettowärter oder Polizisten werden Bürgermeister - "Verpflichtungserklärung"
Sie leisten dafür eine "Verpflichtungserklärung" und bekommen dafür die Garantie, das eigene Land weiter bewirtschaften zu können oder sogar eine kleine Wirtschaft zu betreiben als Kompensation für die Sowjetisierung (S.143).

ab Anfang 1942
BSSR: Die Partisanen bekommen Zulauf
weil die deutschen Vorgesetzten sich dauernd anmassend verhalten (S.132).

BSSR: deutsche Propaganda gegen den Bolschewismus
-- Vergleich mit einer "Spinne", die das "weissruthenische Blut [...] aussaugen wolle, bis das Volk als solches ausgelöscht ist"
-- der Bolschewismus sei eine "jüdische Pest"

-- einheimische, von deutscher Seite ausgebildete Propagandisten - ehemalige russische Kriegsgefangene, die die Seite gewechselt haben - verdammen u.a. die "sowjetische Liederlichkeit" (S.131)

-- den Propagandisten fehlt die Verbindung zur antisowjetischen Intelligenz, und sie haben z.T. Sprachschwierigkeiten mit Deutsch und Weissrussisch (S.130), da sie meist Russen sind (S.132).

ab Anfang 1942 ca.
BSSR: Umwandlung einiger Kolchosen in Dörfer
(S. 136)

BSSR: Hetze der "Weissruthenischen Selbsthilfe" gegen Polen und Juden
(S. 156)

BSSR: Die Partisanen führen ebenfalls "Verpflichtungserklärungen" ein
(S. 183)

Frühjahr 1942
Berlin: Auswärtiges Amt: Die Partisanentätigkeit wird bereits jetzt als "dramatisch" eingeschätzt
(S. 138

ab Frühjahr 1942 ca.
BSSR: Requirierungen durch Partisanen - Partisanengruppen
Partisanengruppen verschaffen sich mit Lügen Zutritt bei Höfen und berauben die Höfe (S. 148):
-- "rote" Partisanen: sabotieren deutsche Einrichtungen zum Teil mit Zusehen der einheimischen Polizei
-- "weisse" Partisanen: weichen dem Konflikt oder der Deportation ins Reich aus
-- jüdische und polnische Partisanen (S. 149).

April/Mai 1942 ca.
BSSR: Einführen von Prämien für "besondere Tapferkeit"  im Kampf gegen die Partisanen
(S. 150
BSSR: Jagd auf entlaufene Kriegsgefangene - Denunziationen
organisiert von Agronomen und Bürgermeistern, zusätzlich werden die Angehörigen der Entlaufenen denunziert (S. 150).

Das Denunziantentum

Die Dorfältesten denunzieren z.T. mehr, als nötig wäre
(S. 151) auch auf deutschen Druck hin, denn sie werden für jeden Schaden an Strasse und Schiene verantwortlich gemacht (S. 152).

Dorfälteste
-- denunzieren russische Partisanen
-- liefern polnische Flüchtlinge aus
-- fertigen Listen für Zwangsarbeiter an
-- verweigern kommunistischen Erschossenen die Bestattung auf dem Dorffriedhof (S.(S. 151).

Bürgermeister bereichern sich und buchen das geraubte Gut als "Partisanenverluste" ab (S.153).

Die Rache der Partisanen gegen Denunzianten
In der Folge ist die Rache an den Dorfältesten, Bürgermeistern und Agronomen vorprogrammiert (S.151),
ebenso Rache an Lehrern und Funktionären (S.152).

Plünderung von Funktionärswohnungen und Verwaltungen mit Entwendung von Dienstsiegeln (S.153).

Willkürliche Reaktion der deutschen Besatzung auf die Partisanen
Die deutsche Besatzung reagiert willkürlich, so dass ein Misstrauen zwischen Dorfältesten und deutscher Besatzungsmacht entsteht. Die Bevölkerung steht zwischen den deutschen Machthabern und den Partisanen (S.153).

April-Juli 1942
BSSR: hohe einheimische Opfer in der Polizei
Der Chef der Sicherheitspolizei registriert 16 tote oder verwundete Deutsche in Ordnungspolizei und Gendarmerie gegenüber 155 einheimischen toten oder verwundeten einheimischen Polizisten (S.187).

29.5.1942
Region Borisov / Mstiz: Partisanen sprengen ein Steinhaus, das zur Polizeistation vorgesehen war
(S. 187)

Juni 1942
BSSR: sowjetische Schätzung von 17.000 sowjetischen Partisanen
in den Regionen Minsk, Bialystok, Brest, Pinsk, Vitebsk, Mogilev, Gomel [weissrussisch: Homel] und Mozyr [weissrussisch: Masyr], davon 4 Partisanenbrigaden, die auf Minsk konzentriert sind (S. 176).

ab Mai 1942 ca.
BSSR / Polizei: kaum Mittel für Weiterbildung oder Ausstattung - politischer Widerspruch
-- Weiterbildungskurse finden oft nur auf dem Papier statt
-- spartanisch eingerichtete Polizeistationen
-- politische Schulung im Sinn einer "weissruthenischen Nation" widerspricht der Praxis der gemischten Polizeikorps (S.172).

6.6.1942
Borisov: Systematische Ermordung von denunzierten Partisanenhelfern durch eine Polizeiaktion
beteiligt sind: 25 deutsche Gendarmen, 40 deutsche Soldaten, 85 einheimische Polizisten. Auch die Denunziantin wird getötet, weil sie die Namen nur unter Folter preisgegeben hat und bei ihr eine "Verpflichtungserklärung" für die Partisanen gefunden wurde (S.183).

Sommer 1942
BSSR: Massnahme gegen die Bereicherung der Bürgermeister: deutscher Druck und Kontrolle
Auf deutschen Druck hin müssen die Rayonverwaltungen
-- den gesamten Schriftverkehr sammeln
-- die Steuern durchsetzen

-- pauschale Strafzahlungen durchsetzen, wobei die deutsche Besatzungsmacht droht, bei Nichtbezahlen gruppenweise Dorfbewohner als Geisel zu nehmen, bis bezahlt sei (S.154)

-- zusätzlich müssen die Dorfältesten ein Netz gegen die russischen Partisanen aufbauen
-- Organisation der Jagd auf "unzuverlässige Elemente" (S.155)
-- Dorfälteste berauben Wohnungen von Denunzierten (S.157)
-- Einführen der Sippenhaft gegen "partisanenverseuchte Dörfer" (S.155).

In der Folge pressen die Dorfältesten nun alles aus der Bevölkerung heraus. Freiraum bietet nur noch die Kirche (S.154).

BSSR/Polizei: weissrussische Denkschrift zum "Schulterschluss" mit dem deutschen Blut
Denkschriften der Polizei beschwören die Blutsverwandtschaft in der Polizei, den Schulterschluss zwischen Weissrussen und Deutschen gegen die Partisanen.

Zitat:
"Unsere Söhne, unsere Brüder wurden als Fallschirmsoldaten auf bolschewistischen Bialystok geworfen. Unsere Jugend dient in weissruthenischen SS Einheiten, in der Ordnungspolizei. Sie kämpfen, Schulter neben Schulter, mit den Deutschen gegen Partisanen, und das zusammengegossene Blut gibt den kräftigsten Zement zwischen diesen 2 Völkern." (S.171)

BSSR: zweite Exekutionswelle gegen Juden: Weissrussen denunzieren, v.a. Litauer und Deutsche schiessen
Weissrussische Polizisten denunzieren den deutschen Besatzern die jüdischen Häuser, treiben die Juden zusammen und führen diese an die Gruben. Die Exekutionen nehmen meist Litauer und Deutsche vor. Manchmal führt die einheimische Polizei die Exekution sogar  selber durch, ohne deutschen Befehl (S.184).

Novogródek / Novaja Mysch: 600 Juden aus Novogródek und den umliegenden Dörfern ermordet
und nach der grossen Erschiessung werden von der einheimischen Polizei weiter alle Juden erschossen, die sich versteckt gehalten hatten.

Chiari:
"Typisch ist ein Fall in Novaja Mysch (Novogrudok), wo im Rahmen der zweiten grossen Welle von Exekutionen im Sommer 1942 600 Juden aus dem Ort und den umliegenden Dörfern ermordet wurden. Dabei zwang die weissrussische Polizei Bewohner von Novaja Mysch, ein Massengrab auszuheben. Die Nachbarn der Opfer mussten sich 50 Meter von dieser Grube entfernt auf den Boden legen, während die Erschiessung kleiner Gruppen von fünf bis sechs Personen vor sich ging. Im Anschluss schütteten die Zivilisten das Massengrab zu.

Die weissrussische Polizei durchsuchte den Ort Novaja Mysch noch Tage nach der Katastrophe systematisch nach versteckten Juden. Erwachsene und Kinder, die in den Häusern aufgegriffen wurden, wurden entweder sofort auf der Strasse erschossen oder ebenfalls zum Hinrichtungsort geführt." (S.184)

ab Mitte 1942
BSSR: Rabiate Polizeihetze gegen Juden
Die einheimische Polizei wird zum Teil rabiat in der Verhetzung gegen Juden und Denunziationen, plündert auch den Besitz ermordeter Juden (S.173)

BSSR: Decknamen für polnische Polizisten
Polen in der weissrussischen Polizei erhalten zum Teil Decknamen. Oft sind sie aber insgeheim Mitglied der "Armia Krajowa" und werden dann vom SD entlarvt (S.174).

BSSR: Mitgliedschaft bei der Polizei schützt die Familienmitglieder nicht. Sie werden z.T. Opfer von Polizeiaktionen
(S. 175)

BSSR: Beförderung in der Polizei zum Korporal / Gruppenführer verpflichtet zu Denunziationen
(S. 180)

Zivilisten bitten um Zwangsaufnahme zur Umgehung des Vorwurfs der Desertion
Viele Zivilisten bitten um ihre zwangsweise Einberufung zur Polizei, um nicht als Deserteur dazustehen und so ihre Familien zu gefährden.
Wenn die Aufstockung der Polizeibestände nicht zustandekommt, so bestimmt der Bürgermeister an Versammlungen willkürlich junge Männer zum Polizeidienst, wie zu Zarenzeiten die Soldaten ausgesucht worden waren (S.180).

BSSR: Die einheimischen Kampfverluste sind v.a. bei der einheimischen Polizei
Die Zivilverwaltung und die einheimische Selbstverwaltung haben praktisch keine Verluste (S.187).

BSSR: Deutsche Soldaten und Polizisten jagen "Phantome"
Deutsche Soldaten und Polizisten haben zum Teil das Gefühl, in den Wäldern und Sümpfen ungreifbaren Phantomen hinterherzujagen, z.T. tagelange Einsätze gegen Partisanen, ohne diese anzutreffen (S.187).

BSSR: "Befriedung" und "Vergeltung" organisiert die SS
ohne Informationen an die einheimische Polizei, z.T. nicht einmal an den deutschen Polizeiführer (S.189).

BSSR: Prekäre Lage der Bürgermeister- deutsche Kontrolle über Eisenbahnen
-- die Bürgermeister werden zu Zielen der Partisanen (S.128)
-- Bürgermeister sollen ohne Waffen Zivilisten gegen Partisanen schützen (S.142)
-- die Partisanen rächen sich an den Bürgermeistern für deren Denunziationen und Kollaboration mit der Ermordung von Angehörigen oder  sie ermorden die Bürgermeister selber (S.144).

Sogar Gleisreparaturen werden durch deutsche Aufseher überwacht (S.128).

BSSR: Laufende Verstärkung der Polizei und Ausführen von Kampfaufträgen
gegen Partisanengruppen und zu "Straf- und Vernichtungsaktionen" (S.160) und Aufstellen einer weissrussischen SS-Freiwilligenkompanie (S.161).

BSSR: Verdoppelung der Polizei gegen die Partisanen
mit grosser Mehrheit aus einheimischen Bauern, gegen die stärker werdenden Partisanen gerichtet (S.165).

BSSR: Polizei trägt zur Eskalation der Gewalt bei
leistet Mithilfe bei den Rekrutierungen von Zwangsarbeitern und bei Exekutionen.
Die Rache durch die Partisanen lässt nicht lange auf sich warten.

Chiari:
"Schutzleute trugen zur Eskalierung der Gewalt bei und waren selbst herausragende Ziele sowjetischer oder polnischer Racheaktionen. Die Polizei verkörperte für alle sichtbar die Okkupationsmacht, denn anders als die Einrichtungen der deutschen Zivilverwaltung war sie vor Ort präsent." (S.162)

ab Mitte 1942 ca.
BSSR: Dauernde Partisanenüberfälle auf die Höfe - zum Teil Beherrschen der Höfe und der Produktionen
(S. 137)

BSSR/Polizei: Die Polizei eignet sich Gerichtskompetenz an und erschiesst gleich selber - Eigendynamik, Gewalt und Gräuel durch die Polizei
-- die Polizei beginnt, an allen Gerichtsinstanzen vorbei zu bestrafen und zu urteilen
-- Disziplinlosigkeit und Plünderung nehmen zu
-- weissrussische und polnische Polizei werden wegen Raub und Vergewaltigung verhaftet und bestraft
-- Polizeikommandos gegen Raub als Requirierung im Namen der Wehrmacht aus (S.167).

Chiari:
"Im Laufe des Krieges wurden, unter Umgehung der formellen Instanzen (etwa der Gerichte), immer öfter Beschuldigte von den Polizeibataillonen selbst abgeurteilt. Trotz rigider Bestimmungen waren Disziplinlosigkeit und Plünderungen keine Seltenheit. In zahlreichen Fällen wurden weissrussische und polnische Schutzleute von der deutschen Polizei wegen Raub und Vergewaltigung verhaftet und bestraft. Bei Diebstählen behaupteten die Führer von Polizeikommandos immer wieder, es handele sich um Requirierungen im Auftrag der Wehrmacht." (S.167)

BSSR: Brutales Verhalten wird mit Beförderungen in SD-Bataillone belohnt
(S. 194)

Aug 1942
Minsk: Versammlung der Gemeindebürgermeister, nur einer fehlt - Hoffnung auf eine bessere Zeit nach einem deutschen Sieg
-- die Partisanen haben noch keine blockierende Macht
-- in den Rayons herrscht keine Panik wegen der Partisanen (S. 128)

-- die Abgabelasten empfinden die Bauern als "drückend, aber nicht unzumutbar"
-- mehrheitlich wird immer noch ein Sieg der deutschen Seite gegen den Bolschewismus erwartet.

Chiari:
"Viele Menschen rechneten 1942 nicht mit der Rückkehr der Roten Armee. Sie hofften vielmehr auf ein baldiges Kriegsende, um ein neues und besseres Leben zu beginnen." (S.129)

-- Feststellung, dass es den Dörfern an Militärschutz mangelt (S. 129)
-- die Repräsentanten der Selbstverwaltung haben selbst keinen Überblick, wo sich welcher Widerstand befindet (S. 129-130)

-- v.a. aber die polnischen Partisanen nehmen stetig zu, v.a. in den polnischen Zentren Lida und Slonim
-- die Partisanen haben gegen die deutschen Truppen regelmässig sehr hohe Verluste
-- Hauptleidtragende der Auseinandersetzungen sind Bauern und Dorfrepräsentanten (S. 130).

28.8.1942
BSSR/Polizei: Anweisung an die deutsche Polizei, "voyeuristische" Befragungen bei Frauen zu vermeiden
"Verdächtige" Frauen sollen "ritterlich" befragt werden, bevor sie dann meist erschossen werden... (S.167)

ab Herbst 1942
BSSR: Sowjetische Partisanen bauen Stellungen aus
(S. 175)

ab Okt 1942 ca.
BSSR: Bürgermeister und deutsche Offiziere rekrutieren Zwangsarbeiter - zivile Gegenwehr
Die Verschickung zur Zwangsarbeit wird für den Bürgermeister  zum Dauerdruckmittel. Die Bürgermeister "organisieren" zusammen mit Polizei und Gendarmerie die "Verschickungen" ins Reich (S. 147), wobei die einheimische Polizei wesentlich zur Gewalteskalation beiträgt (S. 159).

Deutsche Offiziere ziehen aus Kirchen und Schulen arbeitstaugliche Männer und Frauen heraus, greifen sogar bei Exekutionen ein, um die "Verschwendung von Menschenmaterial" zu reduzieren und lassen Arbeitstaugliche ins Reich verschicken.

Die Gegenwehr:
-- Bestechung der Bürgermeister, um Angehörige vor der Deportation zu retten
-- Dorfälteste können ärztliche Zeugnisse manipulieren
-- Fluchtgelegenheit auf Verladebahnhöfen (S. 147).

Nov 1942
Region Kliniki/Smolevitschi: "Vergeltungsaktion" der Waffen-SS: Vertreibung der Bevölkerung
Der deutsche Polizeiführer erfährt nur zufällig im Nachhinein von der Aktion  (S.189):

-- die SS hat die Bevölkerung vertrieben, "Verdächtige" erschossen, alle Häuser durchsucht
-- nach der SS haben sich auch andere Gruppen an den Plünderungen beteiligt
-- die Ernte erfriert zum grössten Teil in den beschädigten Häusern und Scheunen (S. 190).

20.11.1942
BSSR / Polizei: Anweisung an die deutsche Polizei, den Gebrauch der Schusswaffe zu vermeiden
(S. 166), denn man solle nur Einheimische schiessen lassen (S. 167).

Ende 1942
BSSR: 2/3 der weissrussischen Höfe sind unter Partisanenherrschaft
(S. 137)

Slonim: Deutsche Erfolge gegen Partisanen im Verhältnis 6:1
Gebietskommissar Ehrenleitner meldet ein Verlustverhältnis der Partisanen zu den Deutschen von 6:1 (S. 130).

Riga: Erfassung der Verluste an Landwirtschaftsmaschinen an die Partisanen
Die Landbewirtschaftunsgesellschaft Ostland meldet an Verlusten von Landwirtschaftsmaschinen an die Partisanen:
-- 48 % der Traktoren
-- 42 % der Dreschmaschinen
-- 18 % der Mähmaschinen
-- 49 % aller Lastkraftwagen
-- 31 % der Molkereien (S.139).




1943

BSSR: Antibolschewistische Propaganda in neu geschaffenen Berufsverbänden
Schaffung von weissrussischen Berufsverbänden, die mit einheimischen Propagandisten gegen den Bolschewismus Propaganda betreiben
-- der Bolschewismus sei das "Judenjoch"
-- Verherrlichung der "weissrussischen SS-Bataillone" (S.131)
-- Verherrlichung des "Bundes der weissruthenischen Jugend" (S.131-132)
-- Beschwörung des Schulterschlusses gegen "den Feind" (S.132).

Dolginovo, Region Mir: Erschiessung von Polen zur Belorussifizierung
Erschiessung eines polnischen Agronoms und des polnischen Gemeindebürgermeisters, Einsetzen weissrussischer Funktionäre, um den weissrussischen Bauern gerecht zu werden (S.144).

BSSR: es entsteht "Niemandsland"
Durch Vergeltungs- und Rekrutierungsaktionen werden ganze Regionen zu "Niemandsland", z.B. die Region Staryna. Aus den Trümmern bauen sich Polizeitrupps unter deutscher Leitung Stützpunkte als Ausgangspunkt zum Kampf gegen die Partisanen. Immer wieder werden "Unerschrockenheit" und "Draufgängertum" gelobt und ausgezeichnet (S.169).

ab Anfang 1943
BSSR: Die total zerrissene Gesellschaft
-- Häufung der direkten Konfrontation zwischen Polizei, sowjetischen Partisanen und dem Untergrund der Krajowa-Armee

-- Spaltung auch innerhalb der Familien, so dass Polizisten den partisanenfreundlichen Familienmitgliedern dienen und ihnen Informationen, Munitions- und Lebensmittellieferungen beschaffen

-- dauernde Versuche von sowjetischen Partisanen und der polnischen Krajowa-Armee, deutsche Polizeiposten zu infiltrieren (S.180

-- Versuche der deutschen Seite und der einheimischen Polizei, Spione in sowjetische Partisanentrupps einzuschleusen (S.181).

BSSR: Das Land in Partisanenhand - einheimische Polizei als "Jagdzüge" im "Bandenkampf" - Evakuation von Polizistenfamilien in die Städte
Die deutschen Besetzer herrschen nur noch in den Städten. Die Partisanen berichten in Briefen stolz über den deutschen Machtverlust (S.186).

Die einheimische Polizei wird in den "Bandenkampf" miteinbezogen, zunächst als mobile Einsatzkommandos der deutschen Gendarmierie.

Gleichzeitig Heranbildung der einheimischen Polizei zu "Jagdzügen" mit hohem Ausbildungsstand und beachtlicher Kampfkraft, die auch von deutscher Seite anerkannt wird.

Durch die Eskalation werden immer mehr Polizistenfamilien in den Dörfern gefährdet. Sie werden in die Gebietsstädte evakuiert, damit diese vor Partisanenüberfällen geschützter sind (S.187).

Sie erhalten oftmals ehemals jüdische Wohnungen (S.183-184).

BSSR: Einführen von Kampfeinsätzen auch für einheimische Polizei gegen Partisanen - Radikalisierung bis zur Vernichtung ganzer Dörfer
Die willige  einheimische Polizei wird für Kampfeinsätze gegen die Partisanen geschult (S.185).

Der Kampf konzentriert sich auf verkehrsstrategische Punkte. Zum Teil sind die Partisanen mit Artillerie und Panzerabwehrkanonen ausgerüstet.

Die Radikalisierung erfolgt auch auf der Seite der Polizei. Dazu dienst v.a. das Ausnützen des Überraschungsmoments. Häuser werden ohne Warnungen mit Handgranaten in Brand gesteckt und angezündet, zum Teil ganze Dörfer vernichtet (S.186).

BSSR: Totale Willkür und Gewalt durch alle Seiten
Das Risiko zwischen Partisanen, der Polizei und der deutschen Besatzungsmacht  wird unkalkulierbar. Beide Seiten starten willkürliche Angriffe. Gewinner und Verlierer sind immer auf beiden Seiten (S.181).

BSSR: Barbarisierung der einheimischen Polizei in "Straf-, Requirierungs- und Vernichtungsaktionen"
Die einheimische Polizei
-- tötet zum Teil selbst
-- prügelt brutal, um die zusammengeschlagenen Opfer dann an der Hinrichtungsstätte zu erschiessen
-- zerschlagen auch Frauen die Gesichter und den Körper, so dass mehrwöchige Krankheit die Folge ist
Verführung zur Verleumdung:

Jeder hat plötzlich die Gelegenheit, "Schicksal" zu spielen, auch mit verstümmelten Informationen oder Erfindungen Leute oder Nachbarn zu verleumden etc. Die Stimmung ist extrem kriminell (S.190).

Folgen:
-- es entsteht Sadismus
-- Gefangene machen Selbstmord aus Angst vor Folter und zum Schutz der Partisanen
-- auch eigenen Leute werden Opfer von Sadismus

-- Rassismus gegen Gefangene, wenn sie bestimmten Volksgruppen angehören, z.B. Polen (S.191)
-- Sadismus auch im Lager Koldytschevo: Sadismus mittels Wachhunden, die nicht nur von Deutschen, sondern auch von Einheimischen auf Häftlinge gehetzt werden (S.192)

-- enthemmtes Vorgehen einheimischer Polizisten durch Alkohol an inhaftierten Frauen, Vergewaltigungen und Demütigungen vor dem Erschiessen

-- Folter durch weissrussische Gefängnisaufseher, z.T. werden die Gefangenen krankenhausreif geschlagen, Fusstritte, Gewehrschläge (S.193)
-- Knüppelschläge (S.194)

-- Bedrohung von Überlebenden von Partisanenüberfällen, weil diese als Überlebende nun als "verdächtig" gelten. Nur die Versetzung ist ein Ausweg (S.193)

- willkürliche Erschiessungen auf freiem Feld, um Fahrzeuge zu rauben (S.194).

Jan 1943
Minsk: Stop der Durchführung der neuen Agrarordnung wegen Undurchführbarkeit - Prämien für deutschtreue Bauern
Die Agrarordnung wird angehalten. Generalkommissar Kube ordnet an, dass alle Bauern, die ihre Abgabepflicht zu 100% erfüllen, registriert werden, um ihnen Boden als Privateigentum zurückzugeben. De facto ist aber gar kein Land mehr zu vergeben (S.139).

ab Anfang 1943
BSSR: Versuchte Fehlerkorrektur in der Landwirtschaft ohne Chance - Hunger
Deutsche Zivilverwalter versuchen, die Fehler der ersten Besatzungsmonate zu korrigieren, ist aber kaum noch möglich. Es breitet sich Hunger aus, in gewissen Regionen bei über 70 % der Bevölkerung. Zum Teil ernähren sich die Menschen von Gras. Für Einheimische ist der Zukauf von Lebensmitteln aufgrund der hohen Preise für Einheimische unmöglich. Überall kommt es zu Hungerödemen. Allgemeiner Salzmangel (S.140).

ab Anfang 1943 ca.
BSSR: Zwangsdeportationen werden von der einheimischen Polizei wesentlich mitunterstützt
-- die Polizei holt jeden einzelnen Zwangsarbeiter von zu hause ab
-- Zusammentreiben der Zwangsarbeiter
-- Eskortieren der Kolonnen zu den Verladebahnhöfen (S.182).

In der Folge setzt die Bevölkerung die Zwangsverschickungen mit den Deportationen unter Stalin 1939-1941 gleich.

Die einheimische Polizei überwacht auch die Paketpost, dass keine Nahrungsmittel ins Reich zu den Zwangsarbeitern geschickt werden, um "Abschiebungen" von Nahrungsmitteln zu verhindern (S.182).

BSSR: zum Teil Deutschkurse für einheimische Polizisten
(S. 177)

BSSR: Bau von Wehrdörfern
(S. 148)
gegen die Partisanen und die Rote Armee gerichtet. Errichten eines Netzes von Festungen, das über das ganze Land verteilt ist.
(telefonische Information von Bernhard Chiari, 12.12.2000)

BSSR: Absage nationalsozialistischer Feiertage in der Provinz - Feste vor Ruinen in Minsk
In der Provinz fallen die nationalsozialistischen Feiertage aus wegen Mangels an Lebensmitteln und Getränken. In Minsk werden Mai- und Muttertagsfeiern vor Ruinen abgehalten und in deutschen Reden der Sieg und der Wiederaufbau beschworen (S.130).

Feb 1943
Region Vilejka / Volozin: Ermordung des Polizeichefs durch Partisanen - seine Kriminalität
-- er hatte selbst mit anderen Polizisten in Zivil die Dörfer der Umgebung beraubt
-- der Hass der Bevölkerung gegen die Polizei steigt (S.178).

März 1943
Slonim: Zwei deutsche Aktionen gegen Partisanen
(S. 130)

ab März 1943
Region Slonim: "Mehrere 1000 Partisanen unbekannter Nationalität" beherrschen in der Region Gebiete
so dass die Zivilverwaltung keinen Zugang mehr hat (S.130).

ab Frühjahr 1943
BSSR: Sowjetische Propaganda für Partisanen gegen die Zwangsverschickung
Sowjetische Aktivisten berufen Treffen ein und sammeln Überläufer, deren Familien von Deportationen ins Reich betroffen sind. Sie fühlen sich bei den Partisanen vor Deportationen sicher (S.182).

ab April 1943
BSSR: Einführen von Prämien für die Abgabe von Waffen
aus alten polnischen oder sowjetischen Beständen (S.142).

Mai 1943
Ost-BSSR: Zaslavl: "Befriedungsaktion" der Polizei: 1419 Tote
Abbrennen von 13 Dörfern mit 317 Höfen und Abbrennen von 2190 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche (S.128).

ab Mai 1943 ca.
BSSR: Sowjetische Partisanen werden dreist
treten z.T. in deutschen Uniformen auf, Überfälle auf ganze Kolonnen (S.187).

Juni 1943
Ivenec: sowjetische Partisanen besetzten den deutschen Polizeiposten - Eskalation
Polnische und weissrussische Polizei schliesst sich den russischen Partisanen an. Schliesslich werden alle Besetzer durch einen deutschen Angriff in die Wälder vertrieben (S.180).

3.6.1943
Ost-BSSR: Einführung des bäuerlichen Eigentums für die Ost-BSSR
obwohl de facto kein Boden mehr zu vergeben ist (S.139).

Sommer 1943
BSSR: Deutsches Fahndungsblatt mit fast 10.000 Namen - einheimische Polizei provoziert gegen Partisanen
Die deutsche Besatzung lässt auf einem Fahndungsblatt fast 10.000 Leute namentlich ausschreiben: Partisanen, Helfer, flüchtige Ordnungsdienst-Männer, Kriegsgefangene, "Hilfswillige". Die inoffiziell Flüchtigen sind nirgends aufgeführt.

Die Polizeitrupps tragen zur Eskalation bei, indem sie sich als Zivilisten verkleiden und provozieren, rauben und morden, um Stimmung gegen die sowjetischen Partisanen zu machen (S.181).

BSSR: Einheimische Polizei muss die Dorfbevölkerung z.T. auf den Feldern schützen
damit diese bei der Ernte nicht von Partisanen aus dem Wald heraus überfallen wird, z.B. in der Region Gancevitschi (S.183).

BSSR/Minsk: Errichtung von Grundbuchämtern
mit Geld für Vermessungswesen. Der Schritt kommt 2 Jahre zu spät, denn nun beherrschen bereits die Partisanen das Feld (S.136).

BSSR/Polizei: Verbot des Handels mit der Zivilbevölkerung
Der Höhere SS- und Polizeiführer (HSSPF) verbietet der Polizei bei Todesstrafe den Handel mit der Zivilbevölkerung (S.167).

ab Mitte 1943
BSSR: Waffenausgabe an Betriebsmeister gegen Partisanen
(S. 142)

BSSR: Entwicklung einer riesigen Zukunftsangst in der Bevölkerung
Die Bevölkerung entwickelt die Angst vor Sippenhaft im Falle, dass die Rote Armee die Macht übernimmt.
Die Partisanen führen "Schwarze Listen" mit den Namen von Funktionären, die denunziert haben. Situation:
-- die Bevölkerung verzweifelt
-- die deutsche Besatzung kann nur noch willkürlich reagieren
-- beim Überlaufen zu den Partisanen reagiert die deutsch geleitete Polizei mit Sippenhaft gegen die Angehörigen (S.155).

30.7.1943
West-BSSR: Einführung des bäuerlichen Eigentums für die ganze BSSR
Dabei hat die Zivilverwaltung keine Kontrolle mehr und die Bauern bewirtschaften zum Teil ohne Rücksprache mit der Zivilverwaltung brachliegende Flächen (S.139).

Der Plan, einen deutschen "Privatisierungsbeamten" einzusetzen, wird zudem verschleppt (S.140).

ab Sommer 1943
BSSR: Denunziantengesetz
Die deutsche Besatzung verpflichtet Agronomen und Dorfälteste, jeden "Verdächtigen" zu melden (S.145).

BSSR: steigende Nervosität und Aggression der Polizei
Die Nervosität und Angst der einheimischen Polizei entlädt sich mit Drohungen gegen Partisanen und gegen die einheimische Bevölkerung:

-- mit Zerstörung "verdächtiger Dörfer" mit Erschiessungskommandos gegen Zivilisten, auch Eltern und Kinder
-- mit Alkohol als Mittel zur Einsatzbereitschaft (S.188).

BSSR: "Befriedungsaktionen"
(S. 188-189)
-- brutale SD und SS
-- mit grossen Aufgeboten zusammengezogener einheimischer Polizei
-- mit kurzfristigen Befehlen für eng begrenzte Angriffsziele
-- mit Sicherungsaufgaben

-- oft bleiben die einheimischen Einheiten ohne Verpflegung, müssen sich Lebensmittel bei der Bevölkerung requirieren
-- oft kommt es zu "irrtümlichen Gefechten" zwischen deutschen und einheimischen Gruppen
-- oft müssen Spione im gegnerischen Lager auf die eigenen Leute schiessen (S.189).

ab Mitte 1943 ca.
BSSR: Anwachsende Zahl der Denunziationen - aufkommende Verdächtigungen wegen "polnischer Agitation"
In der Folge wird das gesellschaftliche Klima total gereizt. Bei neuen Verleumdungen flüchten ganze Dorfbevölkerungen in die Felder, um sich vor der kollektiven Strafe zu retten (S.177).

Aug 1943
BSSR: 3/4 der weissrussischen Höfe sind unter Partisanenherrschaft und gelten als "verloren"
(S. 137)

Beispiel Sluck: Von 20 Staatsgütern kann die deutsche Verwaltung nur noch eines erreichen (S. 138).

Die von Partisanen besetzten Höfe werden als "verloren" aufgeführt und zum Teil unter Partisanenbefehl weiter bewirtschaftet. Von den "verlorenen Höfen" sind nur ein Drittel von deutscher Stelle abgebrannt, um die Existenz der Partisanen zu erschweren (S. 138-139).

Sep 1943
Vitebsk: "Partisanenaktion" mit deutscher, lettischer und ukrainischer Polizei
(S. 162)

Herbst 1943
BSSR: Sowjetische Partisanenverbände künden die flächendeckende Herrschaft an
wenn die Rote Armee gekommen sein wird.
In der Folge ergibt sich eine stillschweigende Kollaboration der Dorfältesten mit den Partisanen. Die Marionettenregierung "Weissrussischer Zentralrat" kann an den Zuständen nichts ändern (S.156).

BSSR: Ganze Gruppen von Polizisten laufen zu den sowjetischen Partisanen über
(S. 184-185)

Dez 1943
Ukraine/Brest: Beispiel der ukrinisch dominierten Polizei
Von insgesamt 274 Polizisten sind
-- 190 Ukrainer (70 %)
-- 59 Polen (22 %)
-- 15 Weissrussen (5,47 %)
-- und 10 Russen (3,65 %) (S.164).

BSSR: Baranovitschi: Beispiel weissrussisch dominierten Polizei
Von insgesamt 78 Polizisten sind
-- 62 Weissrussen (77,6 %)
-- 15 Polen (21,2 %)
-- und 1 Tatare (1,2 %).

Bei den Unterführern aber ist das Verhältnis etwa ausgeglichen, 4 Weissrussen und 3 Polen (S.165).




1944

Anfang 1944
Brest: Wird Weissruthenien zugeschlagen
(S. 164), weil die russische Front in der Ukraine so weit fortgeschritten ist, dass der deutsch besetzte Rest durch Minsk verwaltet wird.
(telefonische Information von Bernhard Chiari, 12.12.2000)

Frühjahr 1944
BSSR: Aufstellung der "Weissruthenischen Heimatwehr" / "Belaruskaja kraeraja abarona"
durch den "Weissrussischen Zentralrat" als Kern einer weissrussischen Armee, hat aber kaum noch Einfluss (S.161).

Mai 1944
BSSR: die nationalen Polizeieinheiten und -brigaden
Dem Höheren SS- und Polizeiführer HSSPF unterstehen
-- 3 litauische Polizeibataillone
-- 1 lettisches Polizeibataillon
-- 4 ukrainische, 6 weissrussische, 2 kaukasische  Schutzmannschaft-Bataillone
-- 1 Kosakenbrigade.

Es sind gemischte Polizeiregimenter, motorisierte Gendarmerie und Artillerie (S.160).

Juni 1944
Lager Koldytschevo: Räumung des Lagers und Erschiessung der Mehrzahl der 600 Häftlinge durch einheimische Aufseher
(S. 192)

Juli 1944
BSSR: bis zuletzt Erschiessung von "Verdächtigen" durch Einheimische
Nationalistische, einheimische Polizisten erschiessen bis zuletzt "verdächtige" einheimische Polizisten-Kollegen, die nicht z.B. nicht mit der Wehrmacht ins Reich ziehen wollen, oder die der Kollaboration mit den sowjetischen Partisanen verdächtigt werden. Deutsche Soldaten sind an diesen Aktionen nicht beteiligt (S.181).

ab Juli 1944
BSSR: Rückkehr von Partisanen an ihre Höfe
bekommen zum Teil Vieh und Hausrat zugeteilt (S.149)
[oder beerben weissrussische Bauern, die mit der Wehrmacht ins Reich ziehen].


Aug 1944
Baranovitschi: 104 von 341 Schutzpolizisten ziehen mit der Wehrmacht nach Westen
also mehr als 1/4. 75 bleiben in der BSSR, 34 bekommen von russischer Seite einen Prozess gemacht.
BSSR: Desertionen auf beiden Seiten: von russischen Partisanen in die deutsche Polizei und von deutscher Polizei zu den Partisanen (S.174).

ab Aug 1944
3.Reich: Vorbereitung der "Wiedereroberung der Ostgebiete" mit einheimischen Spionen
Einheimische, die mit der Wehrmacht ins Reich ziehen, bekommen dort eine Spionageausbildung zur "Wiedereroberung der Ostgebiete" (S.194).

BSSR: einheimische Polizisten retten ihr Leben: Eintritt in die Rote Armee oder Wegzug ins Reich und Rückkehr als Partisan
-- manche polnische Polizisten treten von der deutschen Polizei in die Rote Armee ein, erhalten "Tapferkeismedaillen" im Namen des Bolschewismus und meinen, sie seien somit jeder Verfolgung entkommen

-- andere ziehen mit der deutschen Wehrmacht ins Reich und werden zum Partisan für Sabotage und Diversion im sowjetischen Hinterland ausgebildet (S.173)

-- dann gehen sie als Gegenpartisan gefahrlos in russisch besetztes Gebiet und haben so ihr Leben und das der Familie geschützt (S.174)
-- andere werden in die "Russische Befreiungsarmee" ROA eingezogen (S.173).


1945

ab 1945
NKWD-Prozesse gegen einheimische Polizisten und Dorfälteste: Die Ausreden
Die einheimischen Polizisten wollen ihre Brutalitäten dadurch rechtfertigen, dass sie zur Tatzeit jeweils betrunken gewesen seien (S.193)

oder sie hätten auf Befehl von lettischen Offizieren gehandelt (S.194).

Den einheimischen Polizisten und Dorfältesten werden die Opfer gegenübergestellt, so dass die Taten der einheimischen ans Licht kommen (S.190).

Zahlreiche einheimische Polizisten 1941-1944 behaupten, im Auftrag der Partisanen in die Polizei hineingeschleust worden zu sein (S.189 ).

Verurteilungen einstiger Polizisten und Partisanen für deutsche Kollaboration
Polizisten, die in unter deutscher Herrschaft in die einheimische Polizei eingetreten sind und die sich dann in der Roten Armee gegen die Wehrmacht ausgezeichnet haben, werden trotzdem zu 15-20 Jahren Gefängnis verurteilt.

Sogar "verdiente sowjetische Partisanenkämpfer" müssen sich für "weisse Flecken" in ihrer Biographie rechtfertigen (S.173).

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