Das Hormon Testosteron schränkt kooperatives Verhalten ein
und lässt Menschen egoistischer handeln. Dies fanden
Forscher um Nicholas Wright vom University College London
bei Tests heraus. Soziales Verhalten werde dynamisch mit
Hilfe biologischer Faktoren kontrolliert, schreiben sie in
den "Proceedings B" der britischen Royal Society.
Forschern ist bereits seit Längerem bekannt, dass es
Faktoren gibt, die Menschen kooperativer machen, zum
Beispiel das auch "Kuschelhormon" genannte Oxytocin. Wright und
seine Mitarbeiter wollten nun herausfinden, ob es auch
Faktoren gibt, die gegenteilig wirken, also kooperatives
Verhalten schmälern. Sie wählten als Testkandidaten das
Hormon Testosteron, weil dieses früheren Untersuchungen
zufolge anti-soziales Verhalten begünstigt und Aggressionen
steigert – und es somit auch das Kooperationsverhalten
beeinflussen könnte.
Vaterschaft senkt nachweislich den Testosteronspiegel bei
Männern.
Die Forscher setzten jeweils Paare aus zwei Frauen vor einen
Computermonitor, auf dem nacheinander zwei Bilder
auftauchten. In einem der Bilder verbarg sich ein gesuchtes
Motiv und die Frauen sollten jeweils entscheiden, in welchem
der beiden Bilder es aufgetaucht war. Entschieden sich beide
Frauen für das selbe Bild, ging es weiter zum nächsten Test.
Wann immer beide Kandidatinnen aber ein unterschiedliches
Bild wählten, baten die Forscher sie, miteinander zu
diskutieren und zu einer einvernehmlichen Entscheidung zu
kommen. Diesen Versuch absolvierten die Frauen im Abstand
von etwa einer Woche zwei Mal. Der Clou dabei: Einmal
bekamen sie zuvor eine Dosis Testosteron verabreicht, beim
anderen Mal ein Placebo.
Die Auswertung des Tests zeigte, dass die Frauen ohne
Testosteron ihr Gesamtergebnis durch Kooperation
verbesserten. Sie erzielten eine viel bessere Trefferquote,
als wenn sie allein entschieden. Hatten sie einen erhöhten
Testosteron-Spiegel, verhielten sie sich viel weniger
kooperativ und beharrten häufiger auf ihrer eigenen Meinung.
Dadurch nahm die Trefferquote des Teams insgesamt ab,
berichten die Forscher.
Kooperation sei in sozialen Zusammenhängen unverzichtbar.
Sie trage dazu bei, die Fähigkeiten sowie den jeweiligen
Kenntnisstand einzelner Personen zu berücksichtigen und
somit die Leistungen oder Entscheidungen einer Gruppe im
Sinne einer "kollektiven Intelligenz" zu verbessern. Zu viel
Kooperation könne hingegen für den Einzelnen auch nachteilig
sein, wenn er seine eigenen Interessen dabei zu sehr
vernachlässigen müsse, schreiben die Wissenschaftler. Auch
die Gruppe als Ganze profitiere nicht immer von Kooperation
– wenn sich bei zu viel Kooperation eine Meinung durchsetze,
die für alle Mitglieder schlecht ist.
Das soziale Verhalten werde durch ein feines Zusammenspiel
biologischer Faktoren geregelt. Testosteron macht uns dabei
egoistischer, so Wright in einer Pressemitteilung des
Wellcome Trust Centre for Neuroimaging. Meistens helfe das
dabei, die beste Lösung für ein Problem zu finden. Aber zu
viel Testosteron könne uns auch blind machen gegenüber der
Meinung anderer. Dies könne sehr wichtig sein, wenn etwa
eine dominante Person versuche, ihre Meinung in einer
Gruppe, zum Beispiel einer Jury, durchzusetzen.
<Wer als "ganzer Kerl" gilt, hat viel
Testosteron im Blut – aber nur in Industrienationen. Im
Regenwald ist zu viel von diesem Hormon nachteilig.
Männer mit viel
Testosteron sind weniger hart als sie glauben: Denn im
echten Überlebenskampf bringt ihnen das Männlichkeitshormon
keine Vorteile. Dann gilt eher: Weniger ist mehr. Das zeigt
eine Studie US-amerikanischer Forscher am Volk der Tsimane
in Bolivien.
Die Männer dieses
Regenwald-Stammes von Jägern und Sammlern sind alles andere
als Weichlinge: Geplagt von Parasiten und Krankheiten müssen
sie hart körperlich arbeiten, um genügend Nahrung zu finden
und ihre Familien zu ernähren. Doch statt wie erwartet viel
Testosteron, haben sie nur ein Drittel so viel im Blut wie
Männer in den Industrieländern. Das berichten die
Wissenschaftler im Fachmagazin „Proceedings of the Royal
Society B“.
Auf den ersten
Blick scheint der niedrigere Testosterongehalt ein Nachteil
für die Tsimane-Männer zu sein, verleiht ihnen dies doch
weniger Muskelmasse und damit Stärke.
Doch genau das
Umgekehrte ist der Fall: „Mehr Muskelmasse zu produzieren,
kostet Energie – und hohe Testosteronwerte verringern zudem
die Leistung des Immunsystems“, schreiben Benjamin Trumble
von der University of Washington in Seattle und seine
Kollegen. Wenn man in einer Umwelt mit vielen Parasiten und
Krankheiten lebe, sei es biologisch sinnvoller, den
Testosteronwert niedrig zu halten.
Die hohen
Testosteronwerte der Männer in den Industrieländern seien
evolutionär gesehen eine neue Erfindung, meinen die
Forscher. Möglich wurden sie erst durch den
Nahrungsüberfluss und die gute medizinische Versorgung.
Parasiten und Krankheiten seien in unserer Gesellschaft eher
die Ausnahme.
„Unser Lebensstil
ist eine Anomalie, eine Abweichung von der Jahrtausende
alten Lebensweise unserer Art als Jäger und Sammler“, sagt
Michael Gurven, einer der Leiter der Studie von der
University of California in Santa Barbara. Das Streben nach
möglichst hohen Testosteronwerten, beispielsweise durch
Hormonpflaster oder sonstige Präparate, hat demnach mit
ursprünglicher Männlichkeit oder gar altem Jägererbe wenig
zu tun.
Und noch einen
Unterschied stellten die Forscher bei den Tsimane fest: Ihr
Testosteronspiegel bleibt das ganze Leben hindurch gleich
hoch. Bei Männern in den Industrieländern nimmt der Gehalt
des Hormons mit dem Alter allmählich ab.
„Diese für uns
typische Kurve entspricht nicht dem ursprünglichen Verlauf
in Jäger-und-Sammler-Gemeinschaften“, konstatieren die
Forscher. Bei den Tsimane gebe es mit dem insgesamt
niedrigeren, aber dafür stabileren Testosteronwert wenig
Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder andere Alterskrankheiten.
Eine Gemeinsamkeit
mit Männern in den Industrieländern haben die Tsimane
allerdings: Wenn ein Wettkampf ansteht, steigt auch bei
ihnen der Testosteronspiegel deutlich an. Das zeigte sich,
als die Forscher ein Fußballturnier im Regenwald
veranstalteten und dabei die Hormonspiegel der Spieler
maßen. Unmittelbar nach dem Spiel stiegen die
Testosteronwerte der Männer um 30 Prozent an.
„Trotz ihrer
krankmachenden Umgebung ist es auch für die Tsimane wichtig,
Testosteron für kurzzeitige Wettkämpfe und große
Kraftanstrengungen freizusetzen“, sagt Gurven. Ähnliche
Hormonspitzen gebe es auch bei Männern in den
Industrieländern in Wettbewerbssituationen. Das zeige, dass
diese Hormonspitzen ein fundamentaler Aspekt der
menschlichen Biologie seien. Sie blieben selbst dann
erhalten, wenn dies bedeute, kurzzeitig das Immunsystem zu
schwächen und eine Infektion zu riskieren.
dapd/cl>
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22.4.2012: Sex-Nasenspray mit "Kuschelhormon"
Oxytocin bewirkt Dauererektion und mehr Bedarf nach
Zärtlichkeit - Forschung an verbesserter Viagra-Pille -
Ziegenkaut wirkt wie Viagra - oder täglich Pistazien
essen
aus: Welt online: Potenzmittel: Besser als Viagra - das
Sex-Spray für die Nase;
http://www.welt.de/gesundheit/article106206804/Besser-als-Viagra-das-Sex-Spray-fuer-die-Nase.html
weiter lesen:
http://www.gmx.net/themen/gesundheit/sex/167uk04-weichmacher-in-vibratoren#.A1000146
<Eine
neue US-Studie zeigt, wie's künftig besser klappen
könnte mit dem Sex: Ein Nasenspray könnte Potenzpillen
wie Viagra ablösen – es wirkt rascher, und es hat
geringere Nebenwirkungen.
Von Jörg Zittlau
Schon der Name
ist ein Irrtum. Die Substanz, die gute Chancen hat, der
Nachfolger von Viagra zu werden, und die das erste und
berühmteste Potenzmittel der Welt in seiner Wirkung sogar
noch überstrahlen könnte, wird weltweit als "Kuschelhormon"
bezeichnet.
Oxytocin, so
seine wissenschaftliche Bezeichnung, gilt eigentlich als
typisch weibliches Hormon. Es wird vor allem bei Frauen
ausgeschüttet, nämlich nach dem Sex und der Geburt eines
Kindes. Oxytocin fördert das Vertrauen, stärkt
zwischenmenschliche Bindungen, schafft Nähe. Auch bei
Männern entfaltet das Hypothalamus-Hormon diese Wirkung.
Doch eine aktuelle Studie zeigt: Es gibt da noch eine
interessante Nebenwirkung.
Schon im Sommer
2007 brachten Wissenschaftler der University of
Wisconsin-Madison einen möglichen Zusammenhang zwischen
Oxytocin und der Erektion ins Gespräch. An männlichen
Laborratten hatten sie nämlich nachweisen können, dass
Viagra die Ausschüttung des Kuschelhormons um bis das
Dreifache steigern kann.
Ausgelöst wird
dieser Effekt dadurch, dass das Potenzmittel in der
Hirnanhangsdrüse wirkt, wo Oxytocin vor seinem konkreten
Einsatz im Körper zwischengelagert wird. Dort arbeitet ein
Enzym als Bremser, das die Freisetzung des Hormons
reglementiert – und genau dieses Enzym wird durch Viagra,
Cialis und ihnen artverwandte Medikamente blockiert.
Potenzmittel als Gefühlstrigger
Sie fördern
also, so das Resümee der amerikanischen Forscher, nicht
nur die Durchblutung im Penis des Mannes. Über ihre
Wirkung auf Hypophyse und Oxytocinpegel lösen sie bei ihm
auch das Bedürfnis nach Zärtlichkeit und körperlicher Nähe
aus. Aus dem reinen Potenzmittel, das bloß die
mechanischen Grundlagen für den Sex schaffen soll, war ein
herzwärmender Gefühlstrigger geworden.
Eine aktuelle
Studie der University of California zeigt jedoch, dass
diese Schlussfolgerung vermutlich zu kurz greift.
Richtiger wäre, dass nicht nur Viagra, sondern auch
Oxytocin in doppelter Funktion als Zärtlichkeitsförderer
und Potenzmittel unterwegs ist – und man sich daher die
berühmte Arznei sparen kann, indem man das körpereigene
Hormon an seine Stelle setzt.
Die Forscher
unter Leitung des Psychiaters Kai MacDonald beschreiben im
Journal of Sexuale Medicine den Fall eines verheirateten
Familienvaters von drei Kindern, der sich an der
Universität in San Diego wegen seiner
Aufmerksamkeitsstörung behandeln ließ, die ihn sozial
isoliert und auch seiner Frau körperlich entfremdet hatte.
Die Ärzte rieten
ihm zu einer Therapie mit einem oxytocinhaltigen
Nasenspray, zweimal pro Tag. Diese Anwendung hatte sich
schon vielfach bei Frauen bewährt, um ihre Geburtswehen
einzuleiten oder den Milchfluss der Brüste anzuregen. Im
Nebeneffekt war es dabei aber auch oft zu den typischen
"Kuscheleffekten" des Hormons gekommen, die Frauen
entwickelten ein deutlich größeres Bindungsbedürfnis als
vorher.
"Wir
beschlossen daher, das Mittel auch bei unserem
bindungsunfähigen Patienten zu versuchen", erklärt
Studienleiter Kai MacDonald. Für diese Anwendung sprach
auch, dass oxytocinhaltige Nasensprays im Unterschied zu
den üblichen Psychopharmaka ausgesprochen nebenwirkungsarm
sind. Man konnte das Risiko also getrost eingehen.
Liebesleben verbesserte sich dramatisch
Das Ergebnis
war jedoch anders, als man erwartet hatte. Denn die
Kontaktängste besserten sich fast gar nicht. Doch dafür
besserte sich das Liebesleben des Mannes umso
dramatischer. Seine Libido schätzte er nach der Behandlung
als "ziemlich stark" ein, vorher hatte er auf dem
entsprechenden Fragebogen sein Kreuz noch bei "schwer
schwach" gesetzt.
Der Sex wurde
im Verlauf der Behandlung immer besser, die
Erektionsprobleme verschwanden. Eine Einschätzung, die
seine ebenfalls befragte Ehefrau teilte. Sie gab außerdem
an, dass das Spray ihren Mann zärtlicher machte und ihn
mehr körperliche Nähe suchen ließ.
"Die Wirkungen
des Sprays waren durchaus vergleichbar mit denen von
Viagra", betont MacDonald. Man sollte auf jeden Fall den
nächsten Entwicklungsschritt gehen und es in klinischen
Studien an potenzschwachen Männern austesten.
Dies sieht auch
Mike Wyllie so, der in den 90ern Viagra für den
Pharmakonzern Pfizer zur Marktreife brachte.
Oxytocinhaltige Medikamente hätten, so seine Einschätzung,
"durchaus ein Blockbuster-Potenzial".
Nicht zuletzt
deshalb, weil sie gleichsam schneller und nachhaltiger
wirken und weniger Nebenwirkungen haben als Viagra, das in
immerhin jedem zehnten Fall zu Kopfschmerzen und bei drei
Prozent der Patienten zu Sehstörungen wie etwa blauen
Schleiern im Gesichtsfeld führt. Andererseits ist auch
Oxytocin nicht ganz frei von Nebenwirkungen.
Erfahrungen mit befremdlichen
Sozialverhalten
So berichtet
MacDonald, dass sein Patient während der Behandlung einen
Arbeitskollegen auf eine Art geherzt hätte, die rundum als
"sehr befremdlich" aufgefasst wurde. Oxytocin wirkt eben
nach allen Seiten als Kuschelhormon. Doch möglicherweise
kann man ja diese Nebenwirkung durch eine chemische
Modifikation des Medikaments unter Kontrolle bringen.
[Forschung an besserer
Viagra-Pille]
Unterdessen
testen die Pharmakologen auch neue chemische Varianten des
Klassikers Viagra. Das Mittel soll vor allem verträglicher
werden – und prompter wirken. Mediziner bemängeln schon
länger, dass bei seiner üblichen oralen Einnahme etwa 70
Prozent des Arzneistoffs in der Leber zerstört werden,
sodass seine Wirkung erst recht spät eintritt und relativ
schnell wieder verpufft.
Die Forschung
beschäftigt sich daher schon länger damit, das
Potenzmittel als Hautcreme zum Einsatz zu bringen, denn
dies würde die Verwertbarkeit deutlich steigern. Doch
bisherige Versuche scheiterten an der schwachen Wasser-
und Fettlöslichkeit des Viagra-Wirkstoffes Sildenafil.
Ägyptische
Pharmakologen und Nano-Techniker haben daher eine Emulsion
entwickelt, in der das Potenzmittel in molekularen
Winzlingen, sogenannten Nano-Carriers verpackt wird, mit
denen zusammen es dann die Hautbarriere durchdringen kann.
Noch fehlen jedoch klinische Studien, die diesen Effekt
auch in der konkreten Anwendung am Menschen belegen.
[Erektionskraut]: Das Ziegenkraut wird
seinem Ruf gerecht
Diese
Einschränkung gilt auch für das Ziegenkraut, einer
Heilpflanze aus der Traditionellen Chinesischen Medizin.
Schon sein englischer Name "Horny Goat Weed" zeigt, dass
es in der Volksmedizin schon länger zur Potenz- und
Libidosteigerung eingesetzt wird.
Ein Ruf, den es
wohl, wie nun italienische Wissenschaftler im Laborversuch
herausfanden, zu Recht genießt. Denn es wirkt auf ähnliche
Weise wie Sildenafil, nämlich über eine Hemmung des
gefäßverengenden Enzyms Phosphodiesterase (PDE5).
Mario Dell'Agli
und sein Team nahmen auch andere Pflanzen unter die Lupe,
doch nur Ziegenkraut stellte sich als echte Alternative zu
Viagra heraus. Wobei es sogar das Problemenzym gezielter
ansteuert als der Potenzmittel-Klassiker. "Es dürfte daher
weniger Nebenwirkungen haben", vermutet Dell'Agli.
100 Gramm Pistazien pro Tag
Aus einer
gänzlich unerwarteten Ecke kommt schließlich eine
Viagra-Alternative, die man am Atatürk Teaching and
Research Hospital in Ankara untersuchte. Die türkischen
Forscher verabreichten 17 Männern drei Wochen lang 100
Gramm Pistazien pro Tag. Die Testpersonen waren im Alter
von 38 bis 59 Jahren und litten seit mindestens einem Jahr
unter erektiler Dysfunktion.
Kein einziger
Patient brach die Studie ab, was für eine gute
Verträglichkeit der Diät spricht. Das Gewicht der
Probanden blieb ebenfalls konstant, obwohl 100 Gramm
Pistazien immerhin 570 Kcal und damit ungefähr ein Fünftel
des täglichen Energiebedarfs liefern.
Umso deutlicher
waren dafür die Effekte auf den International Index of
Erectile Function (IIEF)-Score, der sich aus der
Auswertung eines 15-teiligen Fragebogens ergibt, mit denen
die sexuellen Aktivitäten der Patienten abgefragt werden.
Er lag vor Studienbeginn bei einem Wert von 36, nach der
Diät hingegen bei 54,2. Das entspricht einer Verbesserung
um etwa 50 Prozent.>
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15.11.2012: <Ernährungsberaterin: "Der
richtige Sex bringt mehr Erleuchtung als Yoga"> -
befreiende Momente im Sexclub, Befreiung von Druck,
weniger Depression und Herzinfarkte
aus: Welt online;
15.11.2012;
http://www.welt.de/lifestyle/article111027507/Der-richtige-Sex-bringt-mehr-Erleuchtung-als-Yoga.html
Literaturempfehlung: Gesundgevögelt"
von Susanne Wendel erschien am 12. November im Atto
Verlag und kostet 20 Euro
<Die
Ernährungsberaterin Susanne Wendel schreibt in ihrem
Sex-Buch über die dunkle Seite der Sexualität,
Fetischpartys, Gruppensex, und warum Menschen, die in
Sexklubs gehen, seltener depressiv sind. Von Patricia
Wiede
Grünwald und Gruppensex hatten wir bislang nicht
zusammengedacht. Doch Susanne Wendel wohnt in eben jener
reichen heilen Welt bei München – und spricht in ihrem
Wohnzimmer, in dem nichts auf ihr Hobby schließen lässt,
über Themen, die sonst gern RTL2 überlassen werden: SM,
Pornodrehs, Prostitution aus Leidenschaft.
All das legt sie
in ihrem neuen Buch "Gesundgevögelt" Menschen ans Herz,
die sich wahrhaft um ihr leibliches Wohl sorgen. Und damit
kennt sich Susanne Wendel aus: Als Ernährungsberaterin hat
sie bislang etliche Bücher zum Thema gesundes Essen
verfasst. Nachdem sie ihre ganz private sexuelle
Revolution erlebte, erfüllt sie eine neue Mission:
besserer Sex für alle.
Die
Welt: Sie behaupten, Leute, die in Sexklubs
gehen, hätten seltener Depressionen und erlitten weniger
Herzinfarkte. Woher nehmen Sie die Gewissheit?
Susanne
Wendel: Das ist weniger eine Gewissheit als
mehr eine Erfahrung: Wenn wir Sex unterdrücken, dann
entsteht Druck. Und Druck macht krank. Sexklubs und SM
sind nicht so, wie sich die meisten das vorstellen. Das
ist eine faszinierende, appetitliche, kreative Welt.
Speziell Sadomaso verdeutlicht das eigentliche Wesen von
Sexualität: das Spiel mit Dominanz und Passivität,
Hingabe, totales Loslassen. Ich glaube: Der richtige Sex
bringt einen leichter der Erleuchtung näher als Yoga oder
Meditation.
Die
Welt: Wie sah Ihre Erleuchtung aus?
Wendel:
Ich hatte schon als junge Frau Fantasien, die
viele als pervers bezeichnen würden, beispielsweise vom
Gefesseltwerden. Aber mir war das peinlich, ich dachte,
ich tick’ nicht richtig. Dann war ich acht Jahre
verheiratet, treu, normaler Sex. Aber irgendwie
langweilig. Wir sind auseinandergegangen. Und danach habe
ich mich auf Entdeckungsreise begeben. Online habe ich
einen Mann kennengelernt, mit dem ich mich in einem
Swingerklub verabredet habe. Klar hat eine moralische
Stimme in meinem Kopf da auch noch gesagt: Susanne, was
tust du hier? Aber es fühlte sich so gut an. Ich hatte
endlich das erlebt, was ich im Buch "life-changing sex"
nenne, Sex, der das Leben verändert. Eine unglaubliche
Erleichterung. Dann ging ich den Weg weiter, neugierig,
getrieben. In der Folge habe ich Sadomaso entdeckt,
Bondage, Gruppensex, Tantra, alles Mögliche.
Die
Welt: Aber was für Frau Wendel funktioniert,
muss nicht für jeden taugen.
Wendel:
Natürlich muss es nicht für jeden Swingen oder SM
sein. Aber ich glaube, dass die meisten von etwas
Ungewöhnlichem träumen. Alfred Kinsey hat bereits in den
60er-Jahren in seinem Sex-Report in Amerika festgestellt,
dass viel mehr Menschen als angenommen von der Norm
abweichende sexuelle Vorlieben haben. Nur: Die wenigsten
trauen sich, darüber zu reden oder sie auszuleben. Ich
will die Menschen ermuntern, ihre Bedürfnisse zu
erforschen und sich dabei auch zu wagen, die dunkleren
Seiten der eigenen Sexualität aufzuspüren. Ich sage: Finde
heraus, welcher Sex zu dir passt, und stehe dazu! Teile es
deinem Partner mit und probiere es aus!
Die
Welt: Sie selbst haben sich allerdings während
ihrer sechs Jahre währenden Experimentierphase sehr nach
einer neuen festen Beziehung gesehnt, nach Geborgenheit,
Familie. War das der Preis für das aufregende Leben?
Wendel:
Sexforschung und wechselnde Partner bedeuten
auch, dass man zwischendurch ziemlich allein ist. Es kann
immer passieren, dass man sich verliebt, die Liebe aber
nicht erwidert wird. In der Szene ist es sicher
tendenziell etwas unverbindlicher als im normalen Leben.
Rein beziehungstechnisch habe ich da viele halbgare
Geschichten erlebt, war oft auch unglücklich, aber ich
bereue nichts.
Die
Welt: Sie sind wieder in einer festen
Beziehung und hochschwanger. Wie passt das zu Ihren neuen
Erkenntnissen?
Wendel:
Wunderbar! Im August war ich noch auf einer
Fetischparty. Das Wilde und das Brave sind zwei Seiten von
mir, die ich beide auslebe.
Die
Welt: Und Ihr Verlobter, der uns gerade so
nett Cappuccino und Kekse serviert hat, ist damit
einverstanden?
Wendel:
Mein Lebensgefährte und ich sind in manchen
Dingen etwas verrückt, in anderen ganz normal. Wir
probieren gern Neues aus und leben das Leben in vollen
Zügen. Trotzdem bedeutet das eben gerade nicht, dass wir
Sex wie Sport machen. Was ich beim Sex anstrebe, ist ein
höherer emotionaler Zustand: den Kopf ausschalten, mich
körperlich, seelisch und geistig zutiefst verbinden.
Die
Welt: Und das wird nicht fad?
Wendel:
Nein. Wenn die Neugier groß ist und man den oder
die richtigen Partner gefunden hat, dann wird Sex nie
langweilig. Das ist wie beim Kochen: Wenn jemand gern
kocht, dann tut er das für immer gern, und er wird immer
wieder neue Rezepte ausprobieren. Der Spaß hört da nie
auf.
Die
Welt: Können Sie Ihr Wissen über Ernährung als
Sexexpertin nutzen?
Wendel:
Bei beidem gilt doch: Lasst euch nicht
einschränken! Ich war immer schon ein Feind von Diäten.
Wer sich kasteit, hat nicht begriffen, worum es bei einer
guten, gesunden Ernährung geht. Und beim Sex gilt: Wer
immer nur die Missionarsstellung macht, ernährt sich
sexuell zu einseitig.
Die
Welt: Haben Sie ein paar Tipps für Essen, das
der Erotik dient?
Wendel:
Ich könnte jetzt aphrodisierende Lebensmittel wie
Austern oder Spargel nennen. Aber ich möchte doch lieber
Essen generell als Mittel vorschlagen, um Sinnlichkeit zu
entdecken. Leiten Sie zum Beispiel eine erotische Nacht
mit einem schönen, feierlich inszenierten Abendessen ein.
Und füttern Sie sich gegenseitig. Das kann ein wunderbares
Vorspiel sein.
Die
Welt: Das ist für viele sicher leichter, als
eine SM-Party zu besuchen.
Wendel:
Man soll sich eingangs nicht überfordern. Mein
Tipp für Einsteiger: ein gemeinsamer Massageworkshop. Da
muss es gar nicht um Sex gehen. Oder auch ein
Tantra-Seminar, wenn man sich schon ein bisschen mehr
traut. Tantra ist sanft, es geht hier aber wie bei SM auch
um totale Hingabe zum anderen.
Die
Welt: Und wenn man keinen Partner hat!?
Wendel:
Dann ist eine Kuschelparty eine Idee. So etwas
gibt es heute in allen größeren Städten. Das findet man im
Internet. Wichtig ist, dass man mit anderen Menschen in
Kontakt kommt, das Anfassen lernt, Ängste verliert. Yoga
und dergleichen macht man ja auch allein. Und
Gesprächstherapien finden nur im Kopf statt. Das bringt
alles nichts. Wie gesagt, es geht um Berührung.
Die
Welt: Das klingt ja jetzt doch wieder alles
ziemlich bieder!
Wendel:
Ich finde Kuschelpartys nicht bieder. Sexualität
hat eben viele Facetten. Genau das will ich meinen Lesern
vermitteln. Und vor allem: Lernt wieder, euch wirklich auf
einen anderen Menschen einzulassen. Rafft euch gezielt zum
Sex auf, aktiviert eure sexuelle Energie. An dieser Stelle
zu arbeiten bringt viel mehr als alles andere. Denn der
Sex gibt dir Power für alles andere im Leben.>
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