Das
große Bilderberg-Finale: »Es war ein
sehr interessantes Treffen!«
http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/geostrategie/andreas-von-r-tyi/das-grosse-bilderberg-finale-es-war-ein-sehr-interessantes-treffen-.html
<Andreas von Rétyi
Die diesjährige
Bilderberger-Konferenz endete am
Sonntag, die Teilnehmer sind
mittlerweile abgereist. Über die
Gespräche sickert kaum etwas durch,
immerhin gibt es einige Hinweise. Noch
wird es eine Weile dauern, bis im
Interalpen Hotel Tyrol wieder Normalität
einkehrt und bis auch die Region zur
Ruhe kommt. Doch viele Anwohner atmen
erleichtert auf, dass der ganze Zirkus
nun endlich vorüber ist. Derweil haben
Aktivisten und alternative Journalisten
die Gunst der letzten Stunden noch
weidlich genutzt, um einige
Schnappschüsse der Teilnehmer
einzufangen und etliche Bilderberger in
Gespräche zu verwickeln.
Die alternativen Reporter bemühten sich
darum, einige Bilderberger vor die Kamera
zu bekommen und ihnen zumindest kurze
Fragen zu Konferenzinhalten zu stellen,
worauf wohl niemand ernstlich konkrete
Auskünfte erwartete. Und in alter Manier
gaben sich die Teilnehmer zumeist so, als
ob sie gar nicht verstehen würden, was
diese nonkonformen Journalisten wirklich
wissen wollten.
Immerhin gelang es unter anderem
Aktivisten des amerikanischen InfoWars-Formats,
einige der Konferenzgäste am Innsbrucker
Flughafen und auch am Bahnhof abzupassen
und mit schlichten, aber augenscheinlich
doch sehr unangenehmen Fragen zu
konfrontieren. Dabei fällt auf, wie
abstrus, wie paradox es doch ist, wenn
einerseits extrem kostspielige
Sicherheitsvorkehrungen rund um das Hotel
getroffen werden und andererseits diverse
Teilnehmer am Flughafen und sogar am
Bahnhof direkt abgefangen werden können.
Zwar tummelten sich auch hier zahlreiche
Beamte, doch verhinderte dies keinesfalls
eine direkte Kontaktaufnahme.
Von effektiver Abschirmung konnte nicht
mehr die Rede sein. Wo blieb nun die große
Sorge vor Anschlägen und Terrorattacken,
die doch nur allzu gerne ins Feld geführt
werden, sobald Geheimhaltung, Abschottung
und Überwachung ins Spiel kommen? Der
Steuerzahler wird schmerzlich zur Kasse
gebeten. Und dann so etwas.
Wenn der Großeinsatz rund ums Hotel nicht
mehr als ein beeindruckender Mummenschanz
gewesen sein soll, dann galt er wohl
keineswegs vorrangig den Teilnehmern
selbst, wobei die ganz bedeutenden von
ihnen kaum oder gar nicht in Erscheinung
traten. Sofern nicht noch
außergewöhnliches Material bekannt wird,
entschwanden jene Größen ungesehen.
Immerhin, Mitglieder des
Lenkungsausschusses von Bilderberg
mischten sich unters Volk. So der in
Südtirol geborene Franco Bernabè,
ursprünglich Professor für Volkswirtschaft
und Politik sowie Ökonom bei der
Organisation für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).
Seit 1978 hielt er wesentliche
Führungspositionen in der Wirtschaft inne
und gründete schließlich die Franco
Bernabè Group,
stand der Telecom Italia SpA vor
und wurde außerdem bereits 2005
stellvertretender Vorsitzender von Rothschild
Europe. Eine Auseinandersetzung mit
wesentlichen Teilhabern der italienischen
Telecom führte dazu, dass er seinen Posten
dort aufgab, sein Einfluss aber ist
ungebrochen. 2012 war er zudem in den
Lenkungsausschuss von Bilderberg
aufgenommen worden.
Der junge deutsche Alternativreporter
Tilman Knechtel fing Bernabè ab, um ihn
unter anderem zu fragen, warum er nicht
befugt sei, über die Konferenz zu
sprechen. »Chatham Rules«, so antwortete
der Manager und bezog sich damit auf einst
im britischen »Chatham House« festgelegte
Regeln. Chatham House, gelegen am 10 St.
James's Square in London, wurde 1920
gegründet und wurde bis zum Jahr 2004 auch
als Royal Institute of International
Affairs (RIIA) angesprochen, der
europäische Ableger des
berühmt-berüchtigten Council on
Foreign Relations (CFR). Am 7. Mai
1946 hielt der eigentliche Begründer der
Bilderberg-Gruppe, Józef Hieronim
Retinger, eine Rede in Chatham House, um
seine Konzepte einer europäischen Einigung
und eines verbesserten Dialogs mit den USA
vorzustellen.
Aus seinen Plänen und Aktivitäten erwuchs
schließlich die erste Bilderberg-Konferenz
1954 im gleichnamigen Hotel bei Arnhem,
Niederlande. Die Chatham-House-Regeln
gestatten keinem der
Bilderberg-Teilnehmer, in jedweder Form
öffentlich zu enthüllen, welcher
Teilnehmer welche Inhalte auf den
Konferenzen diskutiert hat. Grundsätzlich
dürfen sie zwar die Informationen frei
verwenden, jedoch unter Wahrung der
Anonymität der Redner oder
Gesprächspartner. In der strikten Form
sieht die Sache allerdings doch etwas
anders aus. Dann nämlich darf nicht einmal
preisgegeben werden, dass man eine
Information auf der Konferenz erhalten
hat!
Damit wird Bernabès Antwort eher
nachvollziehbar, wenn er sagt, es bestehe
für ihn keine »Gefahr«, Informationen
preiszugeben, wobei er sich eben dennoch
nicht weiter äußerte, sondern ruhig, aber
beharrlich weigerte, entsprechende Fragen
zu beantworten. Er versicherte stattdessen
nur gebetsmühlenhaft: »Es gibt
darüber kein Geheimnis … . Es gibt
nichts zu sagen, es gibt kein Geheimnis,
alles ist auf der Internetseite
publiziert, sie sollten die
Bilderberg-Seite aufsuchen.« Wenn
das, was dort steht, wirklich alles sein
soll, dann wurde an den vier
Konferenztagen nur sehr, sehr wenig
gesprochen. Doch wegen dieser
Informationen wäre wohl niemand gekommen.
Außerdem bestätigt sich doch, dass die
Sperrzone rund um das Hotel in erster
Linie eben nicht ausschließlich zur
persönlichen Sicherheit der hochrangigen
Tagungsgäste errichtet wurde, sondern vor
allem, um innerhalb des Hotelbereichs
sämtliche Störungen durch Journalisten zu
unterbinden und zu vermeiden, dass
Unbefugte sich Zutritt verschaffen sowie
möglicherweise gar geheime Kommunikation
aufgreifen. Also muss es entgegen aller
Beteuerungen der Teilnehmer durchaus
massive Geheimnisse geben, während auf der
offiziellen Bilderbergseite völlig
belanglose und vage Angaben zur Agenda zu
finden sind.
Bernabè, der am Innsbrucker Bahnhof auf
den Zug wartete, erklärte schließlich, es
werde mehr Information in Form eines
Statements auf der Bilderbergseite folgen.
Als Kernmitglied der Gruppe sollte er das
genau wissen, doch bislang wurden keine
ausführlichen Tagungsberichte öffentlich
gemacht. Natürlich äußerte sich der
Unternehmer auch nicht hinsichtlich seiner
Funktion als Mitglied des
Lenkungsausschusses. Auf eine
entsprechende Frage hin lachte er nur,
gerade so, als ob die Aussage abstrus sei.
Er stritt auch ab, Unternehmer, Banker,
Medienmogul oder Akademiker zu sein.
Ebenfalls nicht so ganz nachvollziehbar.
Verwunderlich, dass sich Bernabè
überhaupt so lange auf die Konfrontation
mit der Kamera einließ, verwunderlich an
sich auch, dass er per Zug abreiste. »Was
machen die Politiker hier?«, wollte
Knechtel schließlich noch wissen. »Sie
werden von unserem Geld bezahlt, und
demnach wollen wir das wissen.« – »Dann
müssen Sie die Politiker fragen«,
erwiderte Bernabè lapidar: »Bekommen
die Anweisungen von Ihnen?«, hakte
der Reporter nach, worauf sein Gegenüber
nur wieder lachte.
Zu den Ergebnissen der Konferenz schwieg
er sich ebenfalls aus, seine Antwort
bestand lediglich in den üblichen
vorgefassten Erklärungen – es sei eben ein
privates Treffen, die Themen davon finde
man im Internet. Auf die Spärlichkeit
dieser »Informationen« angesprochen,
erklärte Bernabé nur knapp: »Es wird
mehr folgen.« Da darf man gespannt
sein.
Aus anonymer Quelle geht zumindest
hervor, dass auf Bilderberg 2015 die
Abschaffung des Barverkehrs diskutiert
wurde, gleichsam ein »Cash Crash«.
Investigative Reporter bestätigen zu den
privaten Unterredungen der
Top-Globalisten, es sei dabei auch um
Regelungen gegangen, die Zahlungsmittel
einzuschränken und Strafen bei
Zuwiderhandlungen zu verhängen oder
Bargeld komplett abzuschaffen.
Hier habe angeblich ein stiller Krieg
begonnen, dem Durchschnittsbürger sollen
größere Kapitalkontrollen auferlegt
werden, die Finanzen demnach genauer
überwacht werden, unter der Vorgabe,
Steuerbetrug zu verhindern. Diese
Maßnahmen sollen unter anderem auch damit
gerechtfertigt werden, die Finanzierung
von terroristischen Gruppen wie ISIS zu
stoppen, einen wirtschaftlichen Kollaps
sowie den Ansturm auf Banken zu
verhindern. Durch einen rein virtuellen,
digitalen Geldtransfer wird die totale
Kontrolle über jede Transaktion einer
jeden Privatperson möglich.
Am diesjährigen Treffen nahm auch Stuart
A. Levey teil, der 2004 im
US-Finanzministerium als erster
Unterstaatssekretär für Terrorismus und
nachrichtendienstliche
Informationsgewinnung auf dem Finanzsektor
vereidigt wurde. Ihm sei eine
entscheidende Funktion bei der Bekämpfung
illegaler Verhaltensweisen Nordkoreas und
des Iran im internationalen Finanzsystem
zugekommen. Im Januar 2012 stieg Levey
dann in die Führung von HSBC ein, der in
London domizilierenden Hongkong
& Shanghai Banking Corporation
Holdings Public Limited Company
(PLC), eine international aktive Großbank.
Das Schweizer Tochterunternehmen steht im
Verdacht, seit Jahren wirkungsvoll
Geldwäsche betrieben zu haben.
2010 wurde HSBC mit zehn anderen Banken
zu einer Geldbuße von über 381 Millionen
Euro verurteilt, der US-Senat sprach im
Juli 2012 gegenüber der HSBC eine Rüge
wegen ihrer »durch und durch
verunreinigten Unternehmenskultur«
aus. Wieder ging es um Geldwäsche für
Terroristen und Drogenhändler. Bis in die
Gegenwart hinein wurden weitere
erstaunliche Kapitel zu HSBC geöffnet,
umso bemerkenswerter der Kontext mit einem
Mann, der doch offiziell eingesetzt wurde,
um illegale Aktivitäten auf dem
Finanzsektor zu unterbinden.
Nun, auf die Bilderberger-Tagungen werden
schon etliche schillernde Persönlichkeiten
eingeladen! Unter anderem auch der
verurteilte René Benko, bis 2013 in der
operativen Führung, seitdem
Beiratsvorsitzender des Immobilien- und
Finanzkonzerns Signa Holding.
In seinem Fall sei es um »versuchte
verbotene Intervention« und somit
Schmiergeld gegangen, wovon Benko selbst
allerdings angeblich gar nichts gewusst
habe. Ein italienisches Steuerverfahren
gegen eine einzelne Firma der Signa-Gruppe
sollte beschleunigt und zum positiven
Abschluss gebracht sowie Beziehungen zu
Silvio Berlusconi genutzt werden, so wird
berichtet.
Multimillionär Benko selbst akzeptierte
die Verurteilung durch das Wiener
Landesgericht und später auch durch das
Oberlandesgericht nicht und erklärte im
August 2013, vor den Obersten Gerichtshof
gehen zu wollen – dort wurde das Urteil
dann am 11. August 2014 erneut bestätigt.
Über den Fall berichtete im August 2013
auch der österreichische Standard,
dessen Chef Oscar Bronner wiederholt bei
Bilderberg zugegen war und auch an der
aktuellen Tagung teilnahm. Ob er wohl
damit rechnete, René Benko ebenfalls im
Kreise von Bilderberg anzutreffen? Wird
Benko am Ende doch noch rehabilitiert?
Am Flughafen Innsbruck empfing das
amerikanische InfoWars-Team,
bestehend aus Rob Dew, Josh Owens und Paul
Joseph Watson, eine ganze Reihe von
Bilderbergern, darunter auch Bronner. Der
erklärte zur Tagung 2015 lediglich: »Es
war ein sehr interessantes Treffen«.
Wahrscheinlich doch interessanter als die
offizielle Website der Bilderberger
durchblicken lässt. Genau auf sie verwies
Bronner dann, auf die dort publizierte, so
»ergiebige« Themenliste. Alles wahrlich
»Standard«, die üblichen Gemeinplätze
eben. Chatham House ließ wieder grüßen.
Bronner reiste zusammen mit Karl Sevelda
von der österreichischen Raiffeisenbank,
und als ihn Rob Dew nach seinem Namen
fragte, hielt ihm Sevelda nur sein
Namensschild hin und fragte ihn: »Können
Sie lesen?« Dann machte Sevelda
eine eigentümliche Bemerkung: »Sie
müssen eine reiche Person sein«, –
weil er vorgeblich mutmaßte, Dew sei aus
den USA angereist, um den Urlaub in
Österreich zu verbringen. Der Reporter
konterte prompt: »Nicht so reich wie
Sie.« Was wollte Sevelda überhaupt
damit ausdrücken? Etwa, dass man sich bald
nichts mehr leisten könne?
Natürlich war auch von diesen beiden
Teilnehmern keine echte Information zu
erwarten. Schweigen ist Gold, kann aber
auch Bände sprechen. Offenheit
hinsichtlich der Bilderberg-Gespräche
würde doch künftig auch solche
Belästigungen durch Reporter unnötig
werden lassen, überhaupt sei das
Polizeiaufgebot und die totale Sperrung
der Region einfach des Guten zu viel
gewesen, so ließ Dew die wenig
gesprächigen Bilderberg-Gäste wissen.
Bronner aber stellte zu alledem nur fest:
»Das ist Ihre Meinung, Sie haben ein
Recht auf Ihre Meinung.«
Rudolf Scholten von der Österreichischen
Kontrollbank zeigte sich seinerseits noch
weniger erfreut, auf Bilderberg
angesprochen zu werden, er mied den
filmenden Tilman Knechtel, der dann auch
aufgefordert wurde, die Aufnahme zu
stoppen – wer Bilderberger filmt, kann
schnell gescholten werden.
Die Geschichte setzte sich auf dem
Beobachtungsdeck des Flughafens fort, als
Scholten sich zu Sevelda und Bronner
gesellte, der nun die Nase voll zu haben
schien: »Lassen Sie uns doch bitte in
Ruhe, so arbeitet die Presse nicht«
− »Nun, nicht gerade, was sie gewohnt
sind, aber es ist das, was die Presse
eigentlich tun müsste«, erwiderte
der Reporter. Dann kam die Polizei.
Nun ist der ganze Spuk vorbei, die
Bilderberger sind bereits abgereist, doch
das Hotel bleibt nach wie vor Sperrzone.
Die drei InfoWars-Reporter
wurden zwar von der Polizei durchgelassen,
doch vom Hotelmanager sowohl des Hauses
als auch des Grundstücks verwiesen.
Sollten sie beabsichtigen wiederzukommen,
nun, dann werde es Probleme geben.
Chatham-House-Regeln?
Zumindest hat man im Interalpen Hotel
bereits Erfahrung mit Bilderberg, auch
wenn das mittlerweile eine ganze Weile
zurückliegt – die Gruppe traf sich 1988
dort. Zu diesem Treffen war bekanntlich
auch der seinerzeitige deutsche Kanzler
Helmut Kohl eingeladen, auf der
Tagesordnung stand die Diskussion der
deutschen Frage.
Ein Blick auf frühere Konferenzen und die
darauffolgenden Entwicklungen legen eine
nachhaltige Wirkung von Bilderberg auf das
Weltgeschehen nahe. Soll sich das nun etwa
geändert haben? Wohl kaum. Und wenn
Bilderberg 2015 besonders stark
abgeschottet wurde, muss das wohl ganz
gewisse Gründe haben.>