<Kapitel 1: Gibt es
menschenähnliche Lebewesen im Kosmos? - Ist Wachstum
ohne Sauerstoff möglich? Gibt es Leben in tödlicher
Umgebung?
[Anzeichen für Leben auf anderen Planeten - die Anzahl
Sterne, die Anzahl erdähnlicher Planeten]
Ist es denkbar, dass wir Weltbürger des 20. Jahrhunderts
nicht die einzigen menschenähnlichen Lebewesen im Kosmos
sind? Da noch kein Homunculus vom andern Stern präpariert in
einem Museum für Menschheitskunde zu besichtigen ist,
scheint die Antwort "Nur unsere Erde hat menschliche
Lebewesen" überzeugend und legitim zu sein. Der Wald von
Fragezeichen freilich wächst und wächst, sobald wir
Tatsachen neuester Funde und Forschungen in einen kausalen
Zusammenhang bringen.
Das blanke Auge sieht in einer klaren Nacht - sagen die
Astronomen - rund 4500 Sterne am Firmament. Bereits das
Fernrohr einer kleinen Sternwarte holt schiere zwei
Millionen ins Sichtbare, während ein modernes
Spiegelteleskop das Licht von Milliarden Sternen heranholt
... Lichtpunkte der Milchstrasse. In den ungeheuren
Dimensionen des Kosmos aber ist unser Sternensystem nur ein
winziger Teil eines ungleich grösseren Sternensystems - wenn
man so sagen will: eines Milchstrassenbündels, das etwa
zwanzig Galaxien in einem Halbmesser [S.16] von 1,5
Millionen Lichtjahren zusammenhält (1 Lichtjahr=9,5
Billionen km). Und auch diese Sternenmenge ist wiederum nur
gering im Vergleich zu den vielen tausend Spiralnebeln, die
elektronische Teleskope ausgemacht haben. Bis auf den
heutigen Tag. Aber dieser Tag der Forschung hat erst
begonnen.
Das, was
wir am Himmel sehen - und die Realität mit der
Milchstrasse mit Millionen anderen Sonnen
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Sternenhimmel über Berlin [1]
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Die Position des Sonnensystems der Erde in der
Milchstrasse [2]
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Der Astronom Harlow Shapley nimmt allein im Bereich unserer
Teleskope etwa 10
20 Sterne an.
Wenn Shapley nur einem unter tausend Sternen ein
Planetensystem zuordnet, darf man eine sehr vorsichtige
Schätzung annehmen. Spekulieren wir auf dieser Schätzung
weiter und vermuten nur auf einem unter tausend Sternen die
Voraussetzungen für Leben, so ergibt diese Rechnung immer
noch eine Zahl von 10
14. Shapley
fragt: Wie viele Sterne in dieser wahrhaft "astronomischen"
Zahl haben eine für Leben geeignete Atmosphäre? Von tausend
einer? Dann bleibe immer noch die unausdenkbare Zahl von 10
11
Sternen, die die Prämissen für Leben trügen. Selbst wenn wir
annehmen, dass aus dieser Zahl nur jeder tausendste Planet
Leben erzeugt hat, dann bleiben immer noch 100 Millionen
Planeten für eine Spekulation auf Leben. Diese Berechnung
beruht auf den mit heutigen technischen Möglichkeiten
ausgestatteten Teleskopen, die in einer fortdauernden
Entwicklung stehen.
[Andere Zivilisationen können den Menschen auf der Erde
voraus sein]
Folgt man den Hypothesen des Biochemikers Dr. S. Miller,
dann haben sich auf einigen dieser Planeten Leben und
Lebensbedingungen möglicherweise schneller entwickelt als
auf der Erde. Folgen wir dieser kühnen Rechnung, so könnten
sich auf 100.000 Planten Zivilisationen entwickelt haben,
die der unseren voraus sind.
[Willey Ley: Die Milchstrasse der Erde: ca. 30 Milliarden
Sterne - 18.000 bewohnte Planeten]
Professor D. Willey Ley, bekannter wissenschaftlicher
Schriftsteller und Freund Wernher von Brauns, sagte mir in
New York:
William Ley, Portrait
"Die Schätzung der Sternenzahl, allein in unserer
Milchstrasse, beläuft sich auf 30 Milliarden Sterne. Die
Annahme, dass unsere Milchstrasse mindestens 18 Milliarden
planetarische Systeme umfasst, wird heute von der Astronomie
für annehmbar betrachtet. Machen wir nun den Versuch, die in
Betracht kommenden Zahlen auf die kleinste Grösse zu
bringen, und nehmen wir an, die Entfernungen der
Planetensysteme wären so bemessen, dass nur in einem von
hundert Fällen ein Planet in der Oekosphäre seine Sonne
umläuft, dann bleiben immer noch 180 Millionen Planeten, die
Leben tragen könnten. Nehmen wir weiter an, dass nur einer
von 100 Planeten, die Leben beherbergen könnten, dies auch
tatsächlich tut, wir hätten immer noch die Zahl von 1,8
Millionen Planeten mit Leben. Eine weitere Annahme sähe pro
100 Planeten mit Leben je einen Planeten vor, auf dem Wesen
mit dem Intelligenzgrad des "homo sapiens" leben. Doch
selbst diese letzte Annahme gewährt unserer Milchstrasse
immer noch ein Heer von 18.000 bewohnten Planeten."
Da neueste Zählungen 100 Milliarden Fixsterne in unserer
Milchstrasse nennen, spricht die Wahrscheinlichkeit für eine
ungleich höhere Zahl, als Professor Ley sie in seiner
vorsichtigen Rechnung veranschlagt.
Ohne utopische Ziffern heranzuziehen und fremde Galaxien zu
berücksichtigen, dürfen wir in relativer Erdnähe 18.000
[S.17] Planeten mit unserem Planeten ähnlichen
Lebensbedingungen vermuten. Wir können allerdings noch
weitergehen und spekulieren: Würden von diesen 18.000
Planeten in der Tat nur ein Prozent bewohnt sein, blieben
immer noch 180!
Unzweifelhaft ist wohl die Existenz erdähnlicher Planeten -
mit ähnlicher Edelgas-Gemisch-Zusammensetzung, mit ähnlicher
Gravitation, mit ähnlicher Flora und vielleicht sogar Fauna.
Aber: Müssen es überhaupt Planeten mit erdähnlichen
Konditionen sein, die Leben tragen?
[Leben ohne Sauerstoff ist möglich]
Durch Forschung überholt ist die Meinung, Leben könne nur
unter erdähnlichen Bedingungen gedeihen. Irrig ist es, zu
glauben, ohne Wasser und ohne Sauerstoff könne Leben nicht
existieren. Tatsächlich gibt es sogar auf unserer Erde
Lebewesen, die keinen Sauerstoff benötigen. Das sind die
anaeroben Bakterien. Eine bestimmte Menge Sauerstoff wirkt
für sie wie Gift. Warum sollte es keine höheren Lebewesen
geben, die des Sauerstoffs nicht bedürfen?
Wir werden unter dem Druck und Eindruck täglich neu
gewonnener Erkenntnisse unsere Vorstellungs- und
Begriffswelt überholen müssen. Unsere bis in die jüngste
Vergangenheit auf unsere Erde konzentrierte
Entdeckungsfreude hat diese unsere Welt zum idealen Planeten
hochgelobt: Er ist nicht zu heiss und nicht zu kalt [nach
dem Ende der letzten Eiszeit]; Wasser gibt es in Hülle und
Fülle; Sauerstoff ist in unbegrenzten Mengen vorhanden;
organische Prozesse verjüngen die Natur immer aufs Neue.
Tatsächlich ist die Annahme, nur auf einem erdähnlichen
Planeten könne sich Leben halten und entwickeln, nicht
vertretbar. Auf der Erde - schätzt man - leben zwei
Millionen verschiedene Arten von Lebewesen. Davon sind -
wiederum schätzungsweise - 1,2 Millionen wissenschaftlich
"erfasst" [S.18]. Und unter diesen von der Wissenschaft
erfassten Lebewesen vegetieren einige tausend, die nach den
bisher landläufigen Vorstellungen eigentlich gar nicht leben
können dürften! Die Prämissen für Leben müssen neu
durchdacht und geprüft werden [S.19].
[Auch hochradioaktives Wasser enthält noch Bakterien]
Beispielsweise sollte man denken, dass hochradioaktives
Wasser keimfrei wäre! Tatsächlich aber finden sich einige
Bakterienarten mit diesem tödlichen Wasser, das
Kernreaktoren umgibt, ab [S.19].
Abkühlbecken eines Atomkraftwerks für Brennstäbe [4] -
auch in diesem hochgradig atomverseuchten Wasser sind noch
Bakterien zu finden
[Versuch: Leben in einer Jupiter-Atmosphäre]
Der Versuch des Wissenschaftlers Dr. Siegel mutete
gespenstisch an: Dr. Siegel schuf im Labor die
Lebensbedingungen der Jupiter-Atmosphäre und züchtete in
dieser Atmosphäre, die nichts gemein hat mit den
Voraussetzungen, die wir bisher dem "Leben" zumessen,
Bakterien und Milben. Ammoniak, Methan und Wasserstoff
töteten sie nicht ab. -
Erde und Jupiter im Grössenvergleich [5]
[Das Experiment mit Zuckmücken bei 100 Grad und dann bei
Weltraumkälte (minus 270 Grad web01)]
Zuckmücke [6]
Die Versuche der Entomologen Hinton und Blum von der
Universität Bristol, England, ergaben nicht weniger
verblüffende Resultate. Die beiden Wissenschaftler dörrten
eine Zuckmückenart viele Stunden bei einer Temperatur bis zu
hundert Grad Celsius; dann tauchten sie ihre Versuchswesen
sofort in flüssiges Helium, das bekanntlich Weltraumkälte
hat. Nach einer harten Bestrahlung gewährten sie den
Zuckmücken wieder ihre normalen Lebensbedingungen. Des
Unmögliche geschah: Die Larven setzten ihren biologischen
Lebensprozess fort, es entschlüpften ihnen völlig "gesunde"
Zuckmücken [S.19]. -
[Bakterien in Vulkanen etc.]
Wir wissen von Bakterien, die in Vulkanen leben, von
anderen, die Gestein fressen und solchen, die Eisen
produzieren. Der Wald der Fragezeichen wächst [S.19].
An vielen Forschungsstätten laufen die Versuche. Immer neue
Beweise häufen sich, dass Leben keineswegs an die
existenziellen Voraussetzungen unseres Planeten gebunden ist
[S.19]. Die Lebensgesetze und die Lebensbedingungen der Erde
schienen Jahrhunderte der Nabel der Welt zu sein. Diese
Überzeugung verschob und verwischte die Perspektiven; sie
legte den Forschenden Scheuklappen an, die sie das Weltall
mit unseren Massen und Denksystemen betrachten liessen.
Teilhard de Chardin, der epochale Denker, postulierte: Im
Kosmos hat nur das Phantastische eine Chance, real zu sein!
[Es gibt Lebensformen, für die ist Minus 150 Grad normal]
Die Umkehrung unserer Denkweise würde - ebenso phantastisch
wie real - bedeuten, dass Intelligenzen eines anderen
Planeten ihre Lebensbedingungen zum Massstab nähmen. Falls
sie bei Temperaturen zwischen minus 150-200 Grad Celsius
leben, könnten sie solche, unsere Leben auslöschende
Temperaturen für die Voraussetzung des Lebens auf anderen
Planeten werten. Das entspräche der Logik, mit der wir
versuchen, das Dunkel unserer Vergangenheit zu erhellen.
Wir sind es unserer - von Generation zu Generation
übernommenen - Selbstachtung schuldig, vernünftig und
objektiv zu sein; lapidar gesagt, immer brav und zuverlässig
mit beiden Beinen auf der Erde zu stehen. Irgendwann schien
jede kühne These Utopie zu sein. Wie viele Utopien sind
längst alltägliche Wirklichkeit geworden! Selbstverständlich
und voller Absicht sollen hier Beispiele die extremsten
Möglichkeiten andeuten. Doch, indem das Unwahrscheinliche,
das heute noch nicht Denkbare projiziert wird, werden
Barrieren fallen, die uns unbefangen die Unmöglichkeiten,
die der Kosmos noch verbirgt, erkennen lassen. Kommende
Generationen werden im Weltall einer Fülle ungeahnten Lebens
begegnen. Wenn wir es auch nicht mehr erleben sollten,
werden sie sich damit abfinden müssen, nicht die einzige und
sicher nicht die älteste Intelligenz im Kosmos zu sein
[S.20].
[Leben saust durch den Weltraum und trifft auf die Erde -
seit 12 Milliarden Jahren - die Erdkruste besteht seit 4
Milliarden Jahren]
Das Alter des Universums wird auf acht bis 12 Milliarden
Jahre geschätzt. Meteoriten bringen Spuren organischer
Stoffe unter unsere Mikroskope. Millionen Jahre alte
Bakterien erwachen zu neuem Leben. Sporen, infolge des
Lichtdrucks einer Sonne schwebend, durchziehen das Weltall
und werden irgendwann von der Gravitation eines Planeten
eingefangen. Neues Leben entwickelt sich im unendlichen
Kreislauf der Schöpfung seit Jahrmillionen. Zahlreiche und
sorgfältige Untersuchungen verschiedenster Gesteine in allen
Teilen unserer Welt beweisen, dass die Erdkruste sich vor
etwa vier Milliarden Jahren gebildet hat. Ja, und seit einer
Million Jahre, weiss die Wissenschaft, existiert so etwas
wie der Mensch!
Aus diesem riesigen Strom der Zeit gelang es mit viel
Fleiss, vielen Abenteuern und forschender Neugier, ein
Rinnsal von 7000 Jahren Menschheitsgeschichte einzudämmen.
Was aber sind 7000 Jahre Menschheitsgeschichte gegen
Milliarden Jahre Universumsgeschichte? [S.21]
[Die "Schöpfungsgeschichte" mit der Theorie, dass der
Mensch vom Affen abstammt - oder kam das Leben von einem
anderen Planeten?]
Wir - die Krone der Schöpfung? - brauchten 400.000 Jahre, um
zu unserem heutigen Status und unserer heutigen Statur zu
kommen. Wer hat die Beweislast zu tragen: Warum soll ein
anderer Planet nicht günstigere Umweltsbedingungen für die
Entwicklung anderer oder ähnlicher Intelligenzen geboten
haben? Warum können wir auf anderen Planeten nicht eine
"Konkurrenz" haben, die uns ebenbürtig oder überlegen ist?
Darf man diese Möglichkeit ausser Betracht lassen? Bislang
taten wir es.
[Forschung verändert das Weltwissen: Beispiel der
Weltscheibe und der kleinen Erde im Weltraum]
Wie oft sanken die Säulen unserer Weisheit in Trümmer! Viele
hundert Generationen glaubten, die Erde sei eine Scheibe.
Viele tausend Jahre galt das eherne Gesetz: Die Sonne dreht
sich um die Erde. Noch sind wir überzeugt, unsere Erde sei
der [S.21] Mittelpunkt des Alls - obwohl erwiesen ist, dass
die Erde ein ganz gewöhnliches, der Grösse nach
unbedeutendes Gestirn ist: 30.000 Lichtjahre vom Zentrum der
Milchstrasse entfernt ...
Es ist an der Zeit, dass wir durch Entdeckungen im
unendlichen, unerforschten Kosmos unsere eigene Winzigkeit
erkennen. Dann erst werden wir wissen, dass wir Ameisen im
Staat des Universums sind. Aber unsere Chance liegt im
Weltall - nämlich dort, wo es die Götter versprachen.
Erst nach einem Blick in die Zukunft werden wir Kraft und
Kühnheit genug haben, unsere Vergangenheit ehrlich und
unvoreingenommen zu erforschen.> [S.22]