<Kapitel 2: Die
phantastische Reise eines Raumschiffes ins All -
"Götter" kommen zu Besuch - Spuren, die nicht verwehen
[Reisen um die Welt]
Jules Verne, Ahnherr aller utopischen Romane, ist ein braver
Schriftsteller geworden: Sein Griff nach den Sternen ist
keine Utopie mehr, und die Astronauten unseres Jahrzehnts
reisen nicht in 80 Tagen, sondern in 86 Minuten einmal um
die Welt. Wenn wir hier Möglichkeiten und Stationen einer
phantastischen Reise notieren, wird diese in wenigen
Jahrzehnten realisierbar sein, als Zeit vergehen musste, um
Jules Vernes wahnwitzige Vorstellung von einer Reise um die
Welt in 80 Tagen auf eine Blitzreise von 86 Minuten
zusammenschnurren zu lassen. Denken wir aber nicht in zu
engen Zeiträumen! Nehmen wir an, unser Raumschiff würde in
150 Jahren von der Erde auf eine fremde, ferne Sonne
starten...
Weltkarte mit der Magellan-Weltumseglung 1519-1522
- 3 Jahre [1]
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Weltkarte mit der Weltumrundung im Roman von Jules
Vernes "In 80 Tagen um die Welt" [2]
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Wostok-Raumkapsel - Weltumrundung in 86 Minuten
[3]
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[Vision: Raumschiffe mit quasi Lichtgeschwindigkeit]
Das Raumschiff würde die Grösse eines heutigen Ozeandampfers
haben - demnach eine Startmasse von etwa 100.000 Tonnen mit
einem Treibstoffanteil von 99.800 Tonnen, also einer
effektiven Nutzlast von weniger als 200 Tonnen. Unmöglich?
Heute schon könnten wir Stück für Stück ein Raumschiff
[S.23] auf einer Umlaufbahn um einen Planeten
zusammensetzen. Selbst diese Montage wird sich in weniger
als zwei Jahrzehnten erübrigen, weil das Riesen-Raumschiff
auf dem Mond startklar gemacht werden kann. Überdies ist die
Grundlagenforschung für die Raketentriebwerke von morgen in
vollem Gang. Triebwerke von morgen werden vor allem
Staustrahl-Triebwerke mit einer Kernfusion von Wasserstoff
zu Helium oder Materie-Zerstrahlungen sein, deren
Strahlgeschwindigkeit die Lichtgeschwindigkeit erreicht. Ein
neuer, kühner Weg - dessen Gangbarkeit im physikalischen
Experiment an einzelnen Elementarteilchen bereits erwiesen
wurde - wird die Photonen-Rakete sein. Die an Bord der
Photonen-Rakete mitgeführten Treibstoffe erlauben eine so
hohe Annäherung der Fluggeschwindigkeit an die
Lichtgeschwindigkeit, dass die relativen Effekte, besonders
die Zeitdilatation zwischen Startplatz und Raumschiff voll
zur Auswirkung kommen können. Die Treibstoffmassen werden in
elektromagnetische Strahlung verwandelt und als gebündelter
Antriebsstrahl von Lichtgeschwindigkeit ausgesendet.
theoretisch kann das mit Photonentriebwerken ausgerüstete
Raumschiff zu 99% die Geschwindigkeit des Lichtes erreichen.
Mit dieser Geschwindigkeit würden die Grenzen unseres
Sonnensystems gesprengt sein!
[Früher waren andere Erfindungen sensationell: Eisenbahn,
Telegraph, Auto, Flugzeug, Radio, TV]
Eine Vorstellung, wahrhaftig, die schwindelig macht. An der
Schwelle eines neuen Zeitalters aber sollten wir uns
erinnern, dass die Riesenschritte der Technik, die unsere
Grossväter erlebten, zu ihrer Zeit nicht minder
schwindelerregend waren: Eisenbahn - Telegraph - erstes Auto
- erste Flugmaschine ... Wir hörten zum ersten Mal "music in
the air" - wir sehen fern in Farbe - wir erlebten die ersten
Startschüsse [S.24] der Raumfahrt und holen Nachrichten und
Bilder von Satelliten, die die Erde umkreisen. Unsere
Kindeskinder werden an interstellaren Reisen teilnehmen und
an technischen Fakultäten kosmische Forschung betreiben.
[Eine hypothetische Sternreise - man berücksichtige die
Relativitätstheorie wegen der Zeit - 99%
Lichtgeschwindigkeit]
Verfolgen wir die Reise unseres phantastischen Raumschiffes,
dessen Ziel ein ferner Fixstern sein soll. Freilich wäre es
amüsant, sich vorzustellen, wie die Besatzung des
Raumschiffes sich auf ihrer Reise die Zeit vertreibt. Mögen
die Entfernungen noch so ungeheuer sein, und mag die Zeit
für die wartend Daheimgebliebenen noch so langsam
dahinkriechen: Einsteins Relativitätstheorie gilt
unbestritten! Es mag unbegreiflich sein, tatsächlich aber
vergeht die Zeit in dem knapp unter der Lichtgeschwindigkeit
fliegenden Raumschiff langsamer als auf der Erde.
Beträgt die Geschwindigkeit des Raumschiffes 99% der
Lichtgeschwindigkeit, so verstreichen für unsere Besatzung
auf dem Flug ins Weltall 14,1 Jahre, während f¨r die
Daheimgebliebenen einhundert Jahre vergehen. Diese
Zeitverschiebung zwischen den Raumfahrern und den
Erdbewohnern lässt sich nach der folgenden Gleichung
berechnen, die sich aus den Lorentztransformationen ergibt:
Die Zeitformen von Einstein [4] |
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Die Fluggeschwindigkeit des Raumschiffes lässt sich nach der
von Professor Ackeret abgeleiteten Raketen-Grundgleichung
berechnen [S.25]:
Die Formel von Einstein für die
Fluggeschwindigkeit [5] [S.26]
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[Die Hypothese einer Landung mit einem Raumschiff]
In dem Augenblick, in dem sich unser Raumschiff dem
Zielstern nähert, wird die Besatzung fraglos Planeten
ausmachen, orten, Spektralanalysen vornehmen, Gravitationen
messen und Umlaufbahnen berechnen. Sie wird sich
schliesslich den Planeten als Landeplatz auswählen, dessen
Gegebenheiten denen unserer Erde am nächsten kommen.
Bestände unser Raumschiff nach einer Reise von
beispielsweise 80 Lichtjahren nur noch aus Nutzlast, weil
die gesamte Antriebsenergie verbraucht wurde, dann müsste
die Besatzung die Tanks ihres Fahrzeugs am Ziel mit
spaltbarem Material ergänzen.
[Hypothese: Landung in einer Zivilisation von vor 8000
Jahren - Suche nach Uran für Energienachschub für das
Raumschiff]
Nehmen wir also an, der zur Landung ausgesuchte Planet wäre
erdähnlich. Wir sagten schon, dass dies Annahme gar
nicht so unmöglich ist. Wagen wir auch noch die Vermutung,
die Zivilisation des angelandeten Planeten stünde ungefähr
dort, wo die Entwicklung der Erde vor 8000 Jahren stand.
Dies alles wäre ja mit den Messgeräten des Raumschiffes
lange vor der Landung festgestellt worden.
Selbstverständlich haben unsere Raumfähre auch einen
Landeplatz ermittelt, der in der Nähe eines Vorkommens von
spaltbarem Material liegt: Die Instrumente zeigen schnell
und zuverlässig an, in welcher Gebirgskette Uran zu finden
ist.
Die Landung ist planmässig erfolgt. Unsere Raumfahrer sehen
Wesen, die Steinwerkzeuge schleifen; sie sehen, wie sie auf
der Jagd Wild mit Wurfspeeren [S.26] erlegen; Schaf- und
Ziegenherden grasen in der Steppe; primitive Töpferei
liefert einfache Haushaltsgeräte. Fürwahr, ein seltsamer
Anblick für unsere Astronauten!
Was aber denken die primitiven Wesen auf diesem Planeten von
dem Ungetüm, das da eben landete, und von den Gestalten, die
ihm entstiegen? Vor 8000 Jahren waren wir, vergessen wir es
nicht, ja auch noch Halbwilde. Nur zu verständlich, wenn die
Halbwilden, die diesem Ereignis beiwohnen, ihre Gesichter in
dem Boden verbergen und nicht wagen, die Augen zu heben. Bis
auf diesen Tag haben sie die Sonne und den Mond angebetet.
Und nun ist etwas Ungeheuerliches geschehen: Die Götter sind
vom Himmel gekommen [so ihre Vorstellung]!
[Wie die Ureinwohner die gelandeten Raumschiffe und
Astronauten sehen - die neuen "Tiere" und "Götter"]
Steinzeitmenschen mit Baum und Korbherstellung [6]
Aus sicherem Versteck beobachten die Ureinwohner des
Planeten unsere Raumfahrer:
-- Die tragen merkwürdige Hüte mit Stäben daran auf den
Köpfen (Helme mit Antennen);
-- sie staunen, wie die Nacht taghell erleuchtet wird
(Scheinwerfer);
-- sie erschrecken, als sich die fremden Wesen mühelos in
die Luft erheben (Raketengürtel);
-- sie bohren ihre Köpfe wieder in den Boden, wenn sich
unheimlich-unbekannte "Tiere", schnaubend, dröhnend, surrend
aufschwingen (Helikopter-Luftkissen, Allzweckfahrzeuge);
-- und schliesslich ergreifen sie die Flucht in den sicheren
Hort ihrer Höhlen, wenn aus den Bergen ein beängstigendes
Grollen und Dröhnen hallt (Versuchssprengung).
Wirklich, für die Primitiven müssen unsere Astronauten wie
allmächtige Götter sein!
Ein Helikopter wird von einem Steinzeitmenschen als
lärmendes, dröhnendes, surrendes Tier betrachtet - er
kennt das Wort "Helikopter" nicht
[Kommunikationsversuche - Sprache mittels eines Computers
erlernen - die Ureinwohner halten daran fest: Die Gäste
sind "Götter"]
Während die Raumfahrer ihre schwere Tagesarbeit fortsetzen,
wird sich vermutlich nach einiger Zeit eine Abordnung von
Priestern oder Medizinmännern dem Raumfahrer, in dem sie mit
Urinstinkt den Boss vermuten, nähern, um Fühlung mit den
Göttern aufzunehmen. Sie bringen Geschenke, mit denen [S.27]
sie den Gästen huldigen wollen. Denkbar, dass unsere Leute
die Sprache der Ureinwohner mit Hilfe eines Computers
schnell erlernt haben und sich für die erwiesenen
Artigkeiten bedanken können. Indes, es hilft nichts, dass
man in ihrer Sprache erklären kann, dass keine Götter
landeten, dass keine höheren, anbetungswürdigen Wesen einen
Besuch abstatten. Das glauben sie nicht, unsere primitiven
Freunde. Die Raumfahrer kamen von anderen Sternen, sie haben
augenscheinlich ungeheure Macht und die Fähigkeit, Wunder zu
tun. Sie müssen Götter sein! Es hat auch keinen Sinn,
irgendeine Handreichung erklären zu wollen. Alles geht über
die Vorstellungskraft der so schreckvoll Überfallenen
hinaus.
[Hypothese des Verhaltens: Uranium suchen - "König"
wählen - gesellschaftliche Strukturen schaffen -
Verteidigung - Mischlingskinder als Sprung der Evolution -
vor dem Heimflug Spuren zurücklassen - Warnungen vor dem
Missbrauch der Technik]
So unausdenkbar die Fülle der Dinge ist, die sich vom Tage
der Landung an ergibt, könnten auf einem vorher konzipierten
Plan doch solche Punkte stehen:
Teile der Bevölkerung werden dafür gewonnen und geschult, um
in einem gesprengten Krater bei der Suche nach spaltbarem
Material, das für die Rückkehr zur Erde benötigt wird,
mitzuwirken.
Der Klügste der Ureinwohner wird zum "König" gewählt. Als
sichtbares Zeichen seiner Macht bekommt er ein Funkgerät,
mit dem er jederzeit die "Götter" erreichen und ansprechen
kann.
Unsere Astronauten versuchen, ihnen die einfachsten
zivilisatorischen Lebensformen und einige Moralbegriffe
beizubringen, um dadurch die Entwicklung für eine
gesellschaftliche Ordnung zu ermöglichen [S.28].
Unsere Gruppe wird von einem anderen "Volk" angegriffen. Da
noch keine ausreichende Förderung spaltbaren Materials
eingebracht ist, wird den Angreifenrn nach vielen Warnungen
eine Abfuhr mit modernen Waffen erteilt.
Wenige ausgesuchte Frauen werden von Raumfahrern befruchtet.
So kann eine neue Rasse entstehen, die einen Teil der
natürlichen Evolution überspringt.
Aus unserer eigenen Entwicklung wissen wir, wie lange es
dauern wird, bis diese neue Rasse weltraumtüchtig sein wird.
Deshalb werden vor dem Rückflug zur Erde sichtbare und
deutliche Spuren zurückgelassen, die allerdings erst später,
viel später von einer technifizierten, mathematisch
fundierten Gesellschaft begriffen werden können.
Fragwürdig wird ein Versuch bleiben, unsere Schützlinge vor
kommenden Gefahren zu warnen. Selbst wenn wir ihnen
grausigste Filme von Kriegen auf der erde und von
Atomexplosionen zeigen, wird ds die Wesen auf diesem
Planeten ebensowenig hindern, die gleichen Torheiten zu
begehen, wie das die (fast) alles wissende Menschheit nicht
hindert, immer wieder mit der glühenden Flamme des Krieges
zu spielen.
[Der Abflug - und die Ureinwohner behalten die
Erinnerung: Erzählungen - alle Gegenstände der "Götter"
werden heilig]
Während unser Raumschiff wieder in den Nebeln des Universums
verschwindet, werden unsere Freunde das Wunder - "Die Götter
waren da!" - bereden; sie werden es in ihre [S.29] simple
Sprache übersetzen, es zur Sage machen, diese Söhnen und
Töchtern übermitteln, und sie werden Geschenke und Werkzeuge
und alles, was die Raumfahrer zurückliessen, zu Reliquien
machen, die heilig sind.
[Wunder, Zeichnungen, Kleider, Barken mit Getöse, Wagen auf
dem Meer und in der Steppe, Waffen mit Blitzen]:
Wenn unsere Freunde der Schriftzeichen mächtig sein werden,
mögen wie das Geschehene aufzeichnen: unheimlich, seltsam,
der Wunder voll. Dann wird zu lesen sein - und Zeichnungen
werden es darstellen -, dass Götter in goldenen Kleidern da
waren in einer fliegenden Barke, die in einem ungeheuren
Getöse niederging. Man wird schreiben von Wagen, in denen
die Götter über Meer und Steppe fuhren und von furchtbaren
Waffen, die den Blitzen glichen, und man wird erzählen, dass
sie versprachen wiederzukommen.
[Spuren, die nicht vergehen, z.B. Felszeichnungen:
Riesen, Helme, Stäbe, Kugeln als Raumschiffe, Blitze,
Insekten als Raumschiffe]
Felszeichnung eines Astronauten auf Hawaii [8] |
Nasca-Linien, der Astronaut [9] |
Ins Gestein hämmern und kritzeln sie Bilder des einmal
Geschauten:
-- Unförmige Riesen, die Helme und Stäbe auf den Köpfen und
Kästen vor der Brust tragen;
-- Kugeln, auf denen undefinierbare Wesen sitzen und durch
die Luft reiten;
-- Stäbe, aus denen Strahlen wie aus einer Sonne
geschleudert werden;
-- Gebilde, eine Art von Fahrzeugen, die Rieseninsekten
gleichen [Raumschiffe, Flugzeuge, Landefähren].
Der Phantasie, welche bildlichen Darstellungen vom Besuch
unseres Raumschiffes zurückbleiben, sind keine Grenzen
gesetzt [S.30]. Wir werden später sehen, welche Spuren die
"Götter", die die Erde in unserer Vorzeit besuchten, in die
Tafeln der Vergangenheit eingruben.
Eingeborene auf einer Südseeinsel spielen "Landung",
1940er Jahre in Erinnerung an die "Amis" während des
Zweiten Weltkriegs [17]
Eingeborene bringen den "Amis" Brandopfer dar, Südseeinsel
1940er Jahre [18]
Und so sind alle Religionen entstanden, mit Begegnungen
hochentwickelter Wesen.
[Kulte, Lieder, Tempel]
Die Entwicklung auf dem Planeten, den unser Raumschiff
besuchte, ist ziemlich einfach vorzuzeichnen: Die
Ureinwohner haben sich eine Menge abgeguckt und dazugelernt;
der Ort, an dem das Raumschiff stand, wird zum heiligen
Boden erklärt, zum Wallfahrtsort, an dem die Heldentaten der
Götter in Liedern gerühmt werden. Pyramiden und Tempel
werden auf ihm gebaut - selbstverständlich nach
astronomischen Gesetzen. Das Volk wächst, es gibt Kriege,
die den Ort der Götter verschütten, und es kommen
Generationen, die die heiligen Stätten wiederentdecken,
freilegen und die Zeichen zu deuten versuchen.
Tänzer der Dogon in Afrika mit dem Sirius-Hut [10] - Tanz
zu Ehren der Ausserirdische, die da einst kamen
Wie es weitergeht, ist in unseren Geschichtsbüchern
nachzulesen...
Doch um zur geschichtlichen "Wahrheit" zu gelangen, muss in
den Wald von Fragezeichen eine Schneise geschlagen werden,
die in unsere Vergangenheit führt [S.31]