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Das Gladiatorenleben im Römischen Reich
Filmprotokolle von Michael Palomino;
aus: SpiegelTV: 100 Minuten:
Der Friedhof der Gladiatoren; Schweizer Fernsehen SF2, 24.12.2005, 20-21:45
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Ein Massengrab mit Gladiatorenskeletten in Ephesus
In Ephesus wurde ein Massengrab mit Gladiatorenskeletten gefunden, u.a. auch ein Gladiatorengrabstein "Palumbus" mit Inschrift und mit einem Palmzweig als Siegersymbol. Die Skelette geben Hinweise auf die Todesarten und das Leben der Gladiatoren um 200 bis 300 n.Chr. Es kommt also zur Massenautopsie. Es werden Dreizackverletzungen und Schwertverletzungen festgestellt, und es können Rückschlüsse auf Muskulatur, Krankheiten und Todesursachen gezogen werden.
Die Entwicklung der Gladiatorenkämpfe
300-200 v.Chr.
Die Römer wollten mit dem vergossenen Menschenblut die Toten ehren.
ab 100 v.Chr. ca.
Das Spektakel der Opferung von Menschenblut zu Ehren der Toten entwickelt sich zum Spektakel innerhalb der Sklaverei. Sklaven können zum Kampf auf Leben und Tod gezwungen werden. Dabei vertritt der Gladiator seinen "Herrn". Ein siegreicher Kampf gilt als Machtdemonstration gegenüber dem Nachbarn.
Die "Herren" gründen Gladiatorenschulen mit Sklaven, die hoffen, durch Siege ihre Freiheit zurückzugewinnen.
200 n.Ch.
Die Sklaven im Römischen Reich werden knapp. Nun können auch freie Sklaven Gladiator werden, die dann um Geld kämpfen. So wird die Arena zur Spielhölle auf Leben und Tod. Um teilzunehmen ist das Absolvieren der Gladiatorenschule Pflicht, z.B. 3 Jahre. Nach 3 Jahren Gladiatorenschule bekommt der Gladiator - wenn er immer noch am Leben ist - eine Prämie und besiegt so die Armut.
Dabei ist die grosse Verzweiflung Voraussetzung, sich in eine Gladiatorenschule zu begeben. Gleichzeitig werden Gladiatoren zu Stars und zu Sexsymbolen. Sie absolvieren ein extrem hartes Training, um Champion zu werden.
Knochenuntersuchungen und Lebensbedingungen der Gladiatoren
An den Knochen sind Spuren des Trainings ablesbar. Der Trainer muss schlichtweg "furchtlose Männer" produzieren. Durch einen heiligen Schwur nehmen die Gladiatoren den Tod in Kauf. Dabei sterben viele Rekruten schon im Training.
Form und Grösse der Knochen:
-- einzelne Knochen haben Verdickungen an den Muskelansatzstellen, was auch grössere Muskeln schliessen lässt
-- starke Fussknochen lassen darauf schliessen, dass die Gladiatoren barfuss kämpften
-- Stressfrakturen sind keine vorhanden, so dass angenommen werden kann, dass die Gladiatoren nicht übermässig trainiert haben.
Die Gesundheit der Gladiatoren ist an der Knochendichte ablesbar. Sprecher: "Das Gladiatorentraining war nicht so barbarisch wie bisher angenommen." Die Gladiatoren waren in einer Verfassung wie heute die Hochleistungssportler, also berufsmässig trainiert.
Gladiatorentypen
Den Gladiatoren wird das Töten beigebracht, mit verschiedenen Kampftechniken, und je nach Gladiatorentyp mit verschiedenen Bewaffnungen und Rüstungen. So existieren die Typen des "Thraker", des "Gallier", des "Muromillo" (Meermann, Menschfisch) mit Helm und Schild, oder der "Gladiator" mit dem Schwert (lat. "gladius"). Das Schwert ist dabei auch Sexsymbol für den Penis.
Um 200 n.Ch. existierten 7 bis 8 verschiedene Gladiatorentypen. Dabei müssen immer bestimmte Typen gegeneinander kämpfen, z.B. ein Muromillo mit Helm und Schild gegen einen "Thraker" mit gebogenem Schwert.
Dreizack
Der "Ritiario" ist mit Schutzschild, Dreizack und mit einem Netz bewaffnet, der einzige, der den Dreizack besitzt, hat dafür keinen Helm.
Wenn ein Schädel mit drei Löchern gefunden wird, so wurde dort ein Dreizack eines Ritiario eingesetzt.
Im Kampf kann z.B. der Ritiario seinen Dreizack verlieren und der Gegner ihn mit seinem eigenen Dreizack töten.
Vierzack / Quadrens
An Beinknochen werden Spuren mit 4 Löchern in einer Reihe gefunden. Also muss es auch einen Vierzack gegeben haben.
Medizin
Die medizinische Versorgung der Gladiatoren ist sehr gut. Brüche verheilen gut, und die Physiotherapie scheint gut entwickelt gewesen zu sein.
Der "Herr" des Gladiators
Der "Herr" muss für seinen Ruf Gladiatorenkämpfe organisieren. Erfolgreiche Gladiatoren können sich selbst vermarkten und dadurch das Ansehen des "Herrn", des Aristokraten-Sponsors, steigern. Wenn ein "Herr" in ein politisches Amt gewählt ist, wird es für ihn Pflicht, "Spiele" zu veranstalten, die ihm für 5 Jahre seinen Ruf garantieren.
Das Beispiel von Gladiator Palumbus
Die Knochenanalyse ergibt, dass die Gladiatoren vor dem Kampf bei hohem Training noch an Gewicht zunehmen und ein bulliges Aussehen gehabt haben müssen. Der Anteil Strontium steigt, der Anteil von Zink sinkt, so dass ein Verhältnis 50 zu 50 entstanden ist. Dies lässt auch auf eine v.a. vegetarische Ernährung schliessen, z.B. auf eine Getreide- und Bohnendiät, wie sie in historischen Texten beschrieben ist, um fett und stark zu werden. Die Aufbau der Fettschicht statt der Muskeln ist nur mit Getreide aufbaubar. Die dicke Fettschicht schützt vor tiefen Verletzungen.
Am Abend vor dem Kampf veranstaltet der Gastgeber der Spiele ein Bankett, ein Festmahlgelage, mit Werbung für die Kämpfe, mit Ausschweifungen, Orgien, Ablenkungen, eine Art Henkersmahlzeit.
Ab dem Sonnenaufgang laufen die letzten Kampfvorbereitungen.
Die Vorkämpfe
Es kommen bis 20'000 Zuschauer. Vor den Gladiatorenkämpfen werden andere grausame Kämpfe veranstaltet:
-- Mann gegen Raubtier (Löwe, Bär)
-- abgeschlachtete Tiere werden gegrillt und das Fleisch verteilt
-- um die Mittagszeit werden Verbrecher hingerichtet, indem z.B. die Leber von einem Raubvogel herausgerissen wird.
Die Gladiatorenkämpfe
Am Nachmittag werden die Gladiatorenkämpfe die Hauptattraktion. In Vorübungen treten die Gladiatoren mit Holzwaffen oder stumpfen Waffen an. Das Publikum schliesst Wetten ab, wer gewinnen wird. Zwischen den Fan-Gruppen können sich Gewalttätigkeiten entwickeln.
Gewinnt der Gladiator des Gastgebers, so steigt der Einfluss des Aristokraten. Wenn der Gladiator des Gastgebers verliert, ist der Gastgeber ruiniert.
Dabei laufen dauernd Provokationen des Publikums. Bei einer Niederlage kann der betreffende Gladiator ein Gnadengesuch beim Veranstalter und beim Publikum stellen. Wird Gnade gewährt, so darf der Verlierer überleben, z.B. wenn man dem Verlierer attestiert, tapfer gekämpft zu haben. So kann es sein, dass von 8 Verlierern nur einer ums Leben kommt. Wenn aber vor dem Schlusskampf alle Verlierer begnadigt werden, verschlechtert dies die Situation für die nachfolgenden Verlierer immer mehr, weil die Chance auf Begnadigung sinkt.
Der Kampf von Palumbus
Palumbus kämpft als Menschfisch gegen einen "Thraker" mit Krummschwert. Palumbus erleidet eine Verletzung mit hohem Blutverlust. Der Gastgeber Vidius kann keine Gnade mehr gewähren, weil der Mop Blut verlangt, und Vidius' Karriere steht auf dem Spiel. Wenn Vidius weiter begnadigen würde, so hätte er den Ruf eines Geizhals.
Die Exekution der Verlierer
Es können regelmässig Kratzer an Rückenknochen festgestellt werden. Der "Todesstoss" verlief demnach vom Hals aus abwärts durch das Herz bis an die Rückenknochen. Der Gastgeber gab dafür das Handzeichen: Ein Daumen, der zur Kehle zeigt.
Die Exekution ist trainiert. Jeder Gladiator ist dazu trainiert, dem Tod unerschrocken entgegenzusehen. Palumbus verliert den Kampf und wird exekutiert. Der Traum von einem besseren Leben ist geplatzt.
Der Grabstein für Palumbus
Palumbus' Frau Hymnis lässt für Palumbus von seinem Geld, das er in seiner Kampfkarriere zusammengetragen hat, einen Grabstein anfertigen. Hymnis lässt Palumbus auf dem Gladiatorenfriedhof begraben. Der Grabstein überlebt.
Abschaffung der Gladiatorenkämpfe
Ab der Einführung des Christentums verlieren die Gladiatorenkämpfe die Faszination. Zwischen 400 und 500 n.Chr. werden die Gladiatorenkämpfe verboten.
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Meldungen zu Gladiatoren im Alten Rom:
27.9.2011: <Sensationsfund in Österreich: Archäologen entdecken Gladiatorenschule>
aus: Spiegel online; 27.9.2011;
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,784360,00.html
<Von Angelika Franz
Im Winter konnten die Kämpfer sogar in einer beheizten Halle trainieren: Rund 40 Kilometer vor Wien haben Forscher in der Erde eine Gladiatorenschule aus der Römerzeit gefunden - sie ist so groß wie die beim römischen Kolosseum. Das Bodenradar verrät schon jetzt Details aus dem Leben der Sklaven.
Wien - Es ist ein bisschen wie ein Schaufensterbummel - ohne Geld. Man schlendert die Einkaufsstraße entlang und bestaunt die schönen Dinge, die in den Auslagen locken. Man kann sie zwar sehen, klar und deutlich. Doch zwischen einem selbst und den Objekten der Begierde bleibt eine dicke Glasscheibe. Sie sind unerreichbar - bis zu einem imaginären Zeitpunkt in der Zukunft, wenn das Konto gut genug gefüllt sein wird, um sie sich leisten zu können.
So ähnlich ist derzeit das Leben des Archäologen Franz Humer. Wenn er über das Feld westlich des Amphitheaters der Römerstadt Carnuntum, rund 40 Kilometer von Wien entfernt, geht, liegt unter seinen Füßen ein überaus begehrter Fund: die am besten erhaltene Gladiatorenschule aus der Römerzeit, in ihrer Größe vergleichbar mit den berühmten Schulen Roms oder Pompejis. Nur eine Erdschicht trennt Humer von den Ruinen, doch die bleiben vorerst unerreichbar - bis auf weiteres. Doch Humer stört das wenig: "Wir wissen ja, was hier unten liegt. Wir können warten", erklärt er im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. Tatsächlich muss heutzutage nicht mehr jeder archäologische Fund bei einer Grabung freigelegt werden, die teuer und zeitaufwendig ist.Was sich in der Erde befindet, wissen die Forscher des Archäologischen Parks Carnuntum dank der Arbeit des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie. Bereits bei Bodenradarmessungen im Jahr 1996 entdeckten die Geophysiker erste vielversprechende Strukturen. Seitdem ahnte man, dass dort etwas Spannendes zu finden sei, sagt Humer. "Aber die Prospektionsmethoden waren damals noch nicht so gut. Erst als sie in den vergangenen Jahren immer feiner wurden, begannen wir zu ahnen, mit was wir es da zu tun haben."
Fünf Quadratmeter kleine Wohnzellen
Jetzt lieferte ein neues motorisiertes Multikanal-Bodenradargerät innerhalb weniger Stunden Einsatzzeit spektakuläre Bilder - ohne einen einzigen Spatenstich. In der Mitte der Anlage liegt die kreisrunde Trainingsarena mit hölzernen Zuschauertribünen. Im kalten Winter konnten die Kämpfer in die beheizbare Trainingshalle umziehen. Eine Badeanlage gehörte zur Schule, ein Verwaltungstrakt und die Wohnzellen der Gladiatoren - jede nur etwa fünf Quadratmeter groß.
Die Detailgenauigkeit der Aufnahmen ist atemberaubend: "Sogar ein Pfahl steht noch in der Mitte der Arena", schwärmt Humer. "Andere Archäologen finden Pfostenlöcher, in denen mal Pfähle gesteckt haben. Wir haben einen ganzen erhaltenen Pfosten!" Was macht ein Holzpflock in der Mitte der Arena? Genau einen solchen Pfosten in einer Gladiatorenschule beschreibt im 4. Jahrhundert der römische Kriegstheoretiker Vegetius: "An diesem Pfahl übte sich der Rekrut wie gegen einen Gegner."
Alles unter dem Feld in Carnuntum sah so aus, wie die Archäologen es aus dem Ludus Magnus, der größten Gladiatorenschule Roms, unmittelbar westlich des Kolosseums, kannten. "Aber wir wollten ganz sichergehen, dass nicht nur wir in den Mauern eine Gladiatorenschule erkannten", sagt Humer. Also luden sie Kollegen vom Römisch-Germanischen Zentralmuseum Mainz ein und zeigten ihnen die Bilder von den Mauern unter dem Feld. "Und die haben uns recht gegeben!", freut sich Humer.
Verbot von scharfen Waffen
Der Bedarf an Gladiatoren dürfte groß gewesen sein, denn immerhin gab es in Carnuntum gleich zwei Amphitheater. Das eine gehörte zur Lagerstadt und diente der Unterhaltung der im Militärlager stationierten Truppen. Das zweite, neben dem die Schule lag, gehörte zur Zivilstadt und bediente die Lust der gewöhnlichen Bevölkerung auf blutige Spiele.
Militär und Zivilisten lebten in Carnuntum in Symbiose. Um die Mitte des 1. Jahrhunderts nach Christus hatte sich die Legio XV Apollinaris hier niedergelassen, wo die alte Bernsteinstraße von der Ostsee ans Mittelmeer die Donau überquerte. Im Westen des Lagers ließen sich bald darauf jene nieder, die von und mit dem Militär lebten: Händler, die allerlei Waren und Dienste anboten. Unter Kaiser Trajan (98 - 117 n. Chr.) wurde Carnuntum zum Sitz des Statthalters der Provinz Oberpannonien. Sein Nachfolger Hadrian erhob die mittlerweile stattliche Siedlung in den Rang eines Municipiums und verlieh ihr den Namen Municipium Aelium Carnuntum.
Kaiser Marc Aurel schließlich zog selbst für drei ganze Jahre in die Stadt. Von 171 bis 173 nutzte er Carnuntum als Basis für seine Kämpfe gegen die Germanen nördlich des Donaulimes und verfasste bei der Gelegenheit einen Teil seines großen literarischen Werks, der "Selbstbetrachtungen". Allerdings war Marc Aurel kein großer Freund des blutigen Gemetzels im Sand der Arena: Er verbot den Gladiatoren, mit scharfen Waffen zu kämpfen.
Ganz anders sein Sohn Commodus, der ihm 180 n. Chr. auf den Thron folgte. Commodus liebte die Gladiatorenspiele so sehr, dass er sich zu Hause gern selbst dem Vergnügen hingab: "Gerne kämpfte er als Gladiator, und zwar zu Hause bei sich und in einer Art und Weise, dass er ab und zu einen Gegner tötete", berichtet der zeitgenössische Geschichtsschreiber Cassius Dio. Außerhalb des Hauses hielt er sich an die Vorgaben des Vaters. "In der Öffentlichkeit hingegen verzichtete Commodus auf Eisen und Menschenblut." Stattdessen stieg er mit dem Holzschwert bewaffnet in die Arena und kämpfte dort auch tatsächlich vor Publikum.Hinweise auf einen Gladiatorenfriedhof
Dass in dem Amphitheater von Carnuntum der eine oder andere Gladiator sein Leben verlor, ist wahrscheinlich. "Besonders spannend ist ein Gräberfeld, das wir in unmittelbarer Nähe der Schule gefunden haben - etwas abseits des normalen Friedhofs", erzählt Humer. "Es ist gut möglich, dass wir hier tatsächlich einen Gladiatorenfriedhof haben." Denn die Gräber auf diesem kleinen Sonderfriedhof sind mit aufwendigen Grabbauten versehen, im Gegensatz zu den eher schlichten gewöhnlichen Gräbern des Nachbarfriedhofs. Nun konnten Gladiatoren in der römischen Gesellschaft trotz ihres Status als Sklaven durchaus berühmt werden. Sie wurden für ihre angeblichen Tugenden bewundert und waren bei den Frauen heißbegehrt. Und so erhielten sie nach dem Tod in der Arena zumindest ein prunkvolles Grabmal.
Auch wenn Friedhof und Schule bis auf weiteres noch unter der Erde liegen bleiben, sind die geplanten "Schaufensterbummel" für Humer und seine Kollegen durchaus lohnend. "Wir haben uns für die nähere Zukunft einiges vorgenommen", verrät der Archäologe. "Wir wollen mit den Untersuchungsergebnissen ein maßstabgetreues Modell der Schule bauen - dann brauchen wir sie tatsächlich nicht mehr auszugraben, und sie kann weiter im Boden bleiben, ohne Schaden zu nehmen.>
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