aus:
Stephane Courtois / Nicolas Werth / Jean-Louis
Panné / Andrzej Paczkowski / Karel Bartosek / Jean-Louis
Margolin: Das Schwarzbuch des Kommunismus.
Unterdrückung, Verbrechen und Terror.
Mitarbeit: Rémi Kauffer / Pierre Rigoulot / Pascal
Fontaine / Yves Santamaria / Sylvain Boulouque. Piper-Verlag,
München, Zürich, 1998
Zusammenfassung
Die Grausamkeit des Stalin-Regimes,
Hungersnöte als politisches Mittel einzusetzen, kann an
diesem Beispiel exemplarisch nachvollzogen werden. Bis
zur Perestroika wurde die Hungersnot verleugnet. Die
Daten sprechen für sich selbst. Um so mehr muss
denjenigen Menschen entgegengetreten werden, die bis
heute behaupten, das Stalin-Regime hätte auch "gute
Seiten" gehabt. Das Stalin-Regime war Vorbild für das
Hitler-Regime. Hitler und Teile Europas wie die "USA"
bezogen aus den Stalinschen Grausamkeiten 1940 ihre
moralische "Berechtigung", ebenso grausam zu sein.
Bis heute wollen gewisse Regierungen meinen,
eine Berechtigung zu Grausamkeiten zu haben...
Michael Palomino
Dezember 2000 / März 2005
Chronologie
1918/1921
Sowjetunion: Erbitterter
Widerstand der Bauern gegen Beschlagnahmungen
v.a. in der Ukraine und Nord-Kaukasus, den
fruchtbarsten Gebieten (S.188).
1920
Nord-Kaukasus: Deportation der
Stanitsy-Kosaken
(S.182)
ab 1921
Sowjetunion: Lenins
Wirtschaftpolitik "NEP" (Nowaja Ekonomitscheskaja
Politika)
Bauern können ihre Ernte
verteilen und eine eigene Viehzucht aufbauen:
-- 12-15% wird als Saatgut zurückgelegt
-- 25-30% kann dem Vieh verfüttert werden
-- 15-20% wird frei verkauft
-- der Rest, mindestens 30%, bleibt für den
Eigenbedarf (S.179).
1921/1922
Sowjetunion: Hungersnot -
Appelle an Hilfsorganisationen
Mit den Appellen an internationale
Hilfsorganisationen gibt das kommunistische Regime die
Hungersnot in der Sowjetunion zu (S.178).
Ende 1928
Sowjetunion:
Straflagerkapatzität: 30.000
(S.170)
ab Anfang 1929
Sowjetunion: Steuererhöhungen
gegen Kulaken - Verarmung
Eintreten starker Verarmung bei den
Kulakenbetrieben durch Steuererhöhungen (S.166).
Plan zur Entkulakisierung und zur Einrichtung
von Kolchosen/Kollektivierung - 3 Kategorien von
Kulaken: Vernichtung des politischen Gegners - Nomadenvernichtung in
Kasachstan - Bereicherung bei Beschlagnahmungen - hohe
Sterblichkeit und Chaos bei Deportationen bis zur
"Deportationsaussetzung" und Massentod
ab Nov 1929
Sowjetunion: Molotows
Kollektivierungsplan zur Entmachtung der Kulaken -
Zustimmung des ZK
Molotow wirbt vor dem Zentralkomitee ZK für
einen neuen Kollektivierungsplan, um einen Durchbruch in
der Wirtschaft und Kollektivierung schaffen zu können.
Als Begründung führt er an, dass Russland einen direkten
Angriff durch "die Imperialisten" fürchten müsse. Das ZK
stimmt zu (S.165).
27.12.1929
Sowjetunion: Stalin: Ankündigung der
Liquidierung der Kulaken als Klassen
Gründung einer Liquidierungskommission unter Molotow:
3 Kategorien von Kulaken
Stalin kündigt an, gegenüber den Kulaken von
"ausbeuterischen Tendenzen [...] zur Liquidierung der
Kulaken als Klasse" überzugehen. Stalin lässt eine
Kommission zur Liquidierung der Kulaken unter Molotow
gründen. Einteilung der Kulaken in drei Kategorien:
- Kulaken der 1.Kategorie:
60.000 Familien, die in "konterrevolutionäre Aktivitäten
verwickelt" sind, sollen verhaftet und mitsamt Familie
in die Arbeitslager der GPU gebracht werden, bei
Widerstand hingerichtet werden (S.165), der Besitz
beschlagnahmt werden
- Kulaken der 2.Kategorie:
sind Bauern mit "weniger starker Opposition", sind aber
dennoch "fürchterliche Ausbeuter". Durch "Hinweise" von
"Aktivisten" der jeweiligen Regionen, d.h. durch
Denunziation durch drei bis vier arme Bauern an einen
KP-Funktionär, sollen die mittelreichen Bauern als
Kulaken abgestempelt, beraubt und deportiert werden
- Kulaken der 3.Kategorie:
sind die Bauern, die zur Stalin-Regierung "loyal" sind,
sollen am Rand der Distrikte angesiedelt werden, um
Steppe zu kollektivieren: "ausserhalb der
kollektivierten Zonen, auf Feldern, die die
Bodenverbesserung benötigen. Vorgehen ebenfalls mittels
Denunziation durch drei bis vier arme Bauern an einen
KP-Funktionär.
Die realen Bedingungen:
Die KP-Funktionäre müssen auf alte
Steuerlisten zurückgreifen, weil die Kulakenbetrieben
zum Teil schon am Verarmen sind
-- insgesamt sollen 3-5% aller Kulakenbetriebe
liquidiert werden
-- die Aktion soll durch den Geheimdienst GPU,
die Partei und die lokalen Exekutivkomitees ausgeführt
werden
-- die Verhaftungen und Enteignungen sind von
"Spezialbrigaden" durchzuführen, bei den Kulaken der 1.
Kategorie durch die politische Polizei (S.166).
Die Anzahl Enteignungen ist als Richtwert
vorgeschrieben, womit ungerechte Verhaftungen in Massen
vorprogrammiert sind (S.167).
1930
Kasachstan: Kollektivierung,
Enteignung: Nomaden verlieren 80% des Viehbestandes
(S.188). Die Kollektivierung zu Kolchosen
zerstört die dortige Nomadenwirtschaft (S.182).
ab Anfang 1930
Sowjetunion: Kollektivierung und
Kolchosenwirtschaft - hohe Landwirtschaftsabgaben für
4-Jahres-Plan
Der Staat verlangt einen viel zu grossen Teil
für sich, so dass für die Bauern und die Regionen
relativ wenig übrigbleibt. Die Steuersätze für die
Kolchosen:
-- in der Ukraine: 30%
-- im reichen Kubangebiet und im nördlichen
Kaukasus: 38%
-- in Kasachstan: 33% (S.179).
5.1.1930
Sowjetunion: Präsentation des
Kollektivierungsplans - "Richtwert" 60.000 - 45.000
nach Nordrussland, 15.000 ins Uralgebiet
-- Beginn der Kollektivierung im nördlichen
Kaukasus und am unteren und mittleren Abschnitt der
Wolga, geplanter Abschluss bis Herbst 1930
-- Abschluss der Kollektivierung in den
rechtlichen Getreideanbaugebieten im Herbst 1931
(S.165). Richtwert von Jagoda: 60.000 für die Kulaken
der 1.Kategorie, die zu verhaften sind, was von der GPU
ausgeführt werden soll (S.169).
Deportationsplan des Politbüros: 60.000
Familien bis Ende April, davon 45.000 nach Nordrussland
[ans Weisse Meer] und 15.000 ins Uralgebiet (S.171).
Anfang 1930-1931
Sowjetunion: Deportation von 1,8
Mio. Bauern zur Zwangskollektivierung von Agrarland
100.000e sterben auf den Deportationen
(S.165). Deportiertensterblichkeit liegt um die 10%
jährlich (S.175).
ab Anfang Jan 1930
Sowjetunion: Entkulakisierung:
Die Praxis ist Bereicherung - Beginn der Revolten
Statt den Besitz der Kulaken zu beschlagnahmen
und den Fonds der Kolchosen weiterzuleiten, kommt es zu
hemmungsloser Bereicherung durch arme Bauern und
Spezialbrigaden (S.166), z.T. zu "Abrechnungen" unter
den Bauern in alten Fehden. Es wird alles beschlagnahmt,
inklusive Kleider und Geschirr. Die Güter werden für
lächerliche Preise versteigert. Der Raub geht ins
Unermessliche, weil die "Richtwerte" erfüllt werden
müssen oder sogar zu übertreffen.
Um Beschlagnahmungen zu rechtfertigen, werden
unmögliche Gründe erfunden. Der Verdacht einer nicht dem
Sozialismus entsprechenden Handlung reicht zur
Plünderung und Deportation aus. Solche Verdachtsmomente
sind:
-- Vorwurf der Privatschlachtung
-- Vorwurf, einen Bauern eine gewisse Zeit
beschäftigt zu haben,
-- Vorwurf, illegale Geschäfte betrieben zu
haben
-- Vorwurf, unter dem Zar als Offizier gedient
zu haben
-- Vorwurf, religiös zu sein
-- Vorwurf, gegen die Entkulakisierung
Widerstand zu leisten (S.167).
In der Folge kommt es zu 402 registrierten
Revolten und Massenkundgebungen von Bauern gegen
Kollektivierung und Entkulakisierung (S.167).
Feb 1930
Sowjetunion: 1048 Revolten gegen
die Entkulakisierung
(S.167), v.a. in der West-Ukraine [wegen
Kontakten mit Polen und Westeuropa], dem nördlichen
Kaukasus- und Schwarzerdegebiet.
Die Männer schicken ihre Frauen vor, die
Frauendemonstrationen organisieren, in der Meinung, dass
die Polizei den Frauen weniger antun werden als wenn
Männer demonstrieren (S.168).
Anfang Feb 1930
Sowjetunion: Beginn der
Deportation der Kulaken der 2. Kategorie
Plan: bis Ende April 60.000 Familien
deportieren, 45.000 in den Norden, 15.000 in den Ural
(S.171).
Feb 1930-Dez.1931
Sowjetunion: Deportation von
rund 1.800.000 Entkulakisierten
(S.174)
15.2.1930
Sowjetunion: Geheimbericht der
GPU: 64.589 "Liquidierungen"
das Plansoll ist um 4589
übertroffen worden.
Darunter sind aber nicht nur Kulaken, sondern
auch "fremde Elemente", um die Distrikte zu "reinigen":
-- Polizisten des alten Regimes des Zaren
-- alte "weisse Offiziere"
-- Geistliche und Nonnen
-- Bauern mit Handwerksbetrieben
-- ehemalige Händler
-- Mitglieder der dörflichen Intelligenz
(S.169).
Die Deportationen in Arbeitslager haben
begonnen. Über
Hinrichtungen schweigt sich der Bericht aus (S.170).
16.2.1930
Sowjetunion: Stalin-Befehl zu
Deportationen von 15.000 Familien nach Sibirien
an den regionalen Parteisekretär
Westsibiriens, Eiche: 15.000 Familien nach Sibirien bis
Ende April.
Stalin:
"Es kann nicht akzeptiert werden, dass
Sibirien und Kasachstan angeblich keine Deportierten
aufnehmen können. Sibirien muss bis Ende April unbedingt
15.000 Familien aufnehmen."
Eiche antwortet, dass die Ansiedlung von
15.000 Familien in Sibirien 40 Mio. Rubel kosten werde.
In der Folge erhält Eiche das Geld aber nie (S.171).
ab 16.2.1930
Sowjetunion: Deportationen von
15.000 Kulakenfamilien der 2. Kategorie nach Sibirien
40 Leute pro Güterwagen, 480 kg Gepäck pro
Familie.
-- es fehlt jede Kooperation
-- es fehlen Hausbauten, wochenlanges
Unterbringen der Bauern in Bahnhöfen, Kasernen
-- viele Bauern können flüchten
-- die Deportationszüge bleiben fast alle in
grossen Rangierbahnhöfen stecken, so dass es zu
regelrechten Bahnhofslagern kommt: in Wologda, Kotlas,
Rostow, Swerdlowsk, Omsk
-- die Bevölkerung oder auch Bahnarbeiter
schreiben Protestbriefe über die Zustände auf den
Bahnhöfen, was aber nichts nützt (S.171).
Feb/März 1930
Sowjetunion: Keine Koordination
des Bauernwiderstands - Stalin beginnt mit Säuberungen
Die Bauern schaffen es nicht, eine zentrale
Organisation zu gründen, die den Widerstand gegen das
Stalin-Regime koordiniert.
In der Folge reagiert das Stalin-Regime mit
Säuberungen und dem Vorwurf der Rebellion gegen das
Regime, vor allem in der West-Uktraine:
-- über 15.000 Festnahmen in der Westukraine
-- 26.000 Festnahmen in anderen Teilen der
Ukraine
-- 650 Hinrichtungen
-- 20.200 Todesurteile (S.169).
ab 1.3.1930 ca.
Gulag: "Unterbringung" der
Deportierten: Aussortieren und Siedlungsbau
Aussortieren der arbeitsfähigen Männer,
provisorische Unterbringung der Familien (S.171) in
Barackenlagern, die Männer müssen unter Überwachung die
Siedlungen bauen, die "abseits von den Verkehrswegen"
liegen müssen, sind Strecken von 100en von Kilometern,
die jeweils mit Wagen oder Schlitten zurückgelegt werden
(S.172).
2.3.1930
Sowjetunion: Pressekampagne
Stalins gegen die Bereicherung der Entkulakisierer.
Artikel: "Der Rausch des Erfolgs"
in allen grossen Zeitungen
mit Anprangerung der Erfolgssucht der lokalen
Funktionäre, die massenweise Kulaken nur wegen dem
Richtwert in die Kolchosen gezwungen haben (S.167-168).
ab 3.3.1930
Sowjetunion: Bauernflucht von
den Kolchosen und Rückeroberung der geraubten Güter
Reaktion auf den Artikel
"Der Rausch des Erfolgs":
-- 5 Millionen Bauern verlassen die Kolchosen
-- die Beraubten holen sich zum Teil mit
Gewalt und in aufständischen Gruppen das Gerät und Vieh
zurück, das ihnen von armen Bauern geraubt worden war
-- es kommt zu 6500 Massenkundgebungen, davon
werden 800 mit Gewalt niedergeschlagen, Tod mehrerer 100
Beamten, Anschläge, Tod mehrerer 1000 Bauern (S.168).
ab Anfang März 1930
Sowjetunion: Beginn der
Deportation der Kulaken der 3. Kategorie -
Hungermärsche
müssen zum Teil 100e von Kilometern zu Fuss
gehen wegen Pferdemangel, zum Teil Strecken von über 300
km
-- können ohne Pferde kein Gepäck mitführen
-- haben kaum Werkzeug für den Siedlungsbau
-- müssen in der Steppe Erdlöcher graben, die
dann mit Ästen und Laub überdeckt werden
-- werden bei Baustellen in
Baracken mit Dreierpritschen gehalten (S.172).
Ende März 1930
Sowjetunion: Bilanz: 6528
Revolten gegen die Entkulakisierung - Eskalation gegen
Staatseinrichtungen
Da die Bauern, die geplündert haben, nichts
des geraubten Gutes abgeben wollen, schweissen sich die
Dorfgemeinschaften wieder zusammen (S.167).
Es kommt zur Plünderung von
Verwaltungsgebäuden, Bauernkomitees übernehmen tagelang
die Verwaltung ganzer Städte.
Forderungen:
-- Rückgabe der geraubten Güter und des
Besitzes
-- Auflösung der Kolchosen
-- Wiedereinführung der Handelsfreiheit
-- Wiedereinführung der Kirche (S.168).
Rückkehr der bereits Deportierten (S.168-169),
Abschaffung der bolschewistischen Macht in der Ukraine
und Wiederherstellung der Unabhängigkeit (S.169).
In der Folge muss die Stalin-Regierung ihre
Pläne zur Kollektivierung ändern. Er plant eine
landesweite Kampagne gegen die, die sich an den Kulaken
bereichert haben (S.167).
Anfang April 1930
Sowjetunion: Stalin nimmt den
Terror der Entkulakisierung zurück
aber immer noch 1992
Aufstände und Kundgebungen. Stalin lässt aber seinen
Wirtschaftsplan weiterlaufen (S.168).
Sommer 1930
Sowjetunion: Aufbau eines Netzes
von Arbeitslagern unter der GPU - Strassen-,
Eisenbahn- und Fabrikbau
vom Gefängniskomplex auf den Solowki-Inseln
ausgehend bis zur Weissmeerküste von Karelien bis
Archangelsk. Über 40.000 Häftlinge bauen die Strasse von
Kem nach Uchta, fällen Holz für den Export über
Archangelsk.
-- nördlicher Lagerverband: 40.000: Bau der
Eisenbahnlinie von Ust nach Sysolsk und Uchta
-- fernöstlicher Lagerverband: 15.000: Bau der
Eisenbahnlinie nach Bogutschatschinsk
-- Lagerverband von Witschera: 25.000: Bau des
Chemiekombinats von Beresniki im Ural
-- sibirischer Lagerverband: 24.000: Bau der
Eisenbahnlinie Tomsk-Jenisseisk, und Bau des
Hüttenkombinats von Kusnetsk (S.170).
Weissmeerkanal-Beschluss
Erweiterung von 30.000
Insassen Ende 1928 auf 140.000 Insassen, die gut
arbeiten, was Stalin zu neuen Grossprojekten verleitet:
Beschluss zum Bau des 240 km langen Kanals zwischen
Ostsee und Weissem Meer, zum grossen Teil durch
Granitboden. In der Folge werden 120.000 Zwangsarbeiter
mit Spitzhacke und Schubkarre, ohne Sprengwerkzeuge oder
Maschinen am Weissen Meer eingesetzt.
Zwangsarbeiter werden Mangelware [!] (S.170).
Ende 1930
Sowjetunion: Ansteigen der
verhafteten und enteigneten Kulaken auf 700.000 -
Deportationsaussetzungen und Chaos
In der Folge fehlt es an Verwaltungspersonal
für die Gefangenen. Die Deportationen laufen völlig
improvisiert und chaotisch ab. Es kommt zur
"Deportationsaussetzung" auf freiem Feld (S.170) auf
unfruchtbarem Boden mit der "Anweisung" zur
Fruchtbarmachung oder zur Nutzung der natürlichen
Ressourcen (S.171), ist ein "Notbehelf" der zentralen
Behörden (S.175). Folgen sind Verhungern, Erfrieren,
Kannibalismus, völlige Unterversorgung, Sterberate zum
Teil über zwei Drittel (S.173-174).
Pusitski, einer der GPU-Chefs, der für die
Arbeitskolonisten zuständig sind, macht die
"Kurzsichtigkeit der lokalen Entscheidungsträger" dafür
verantwortlich, "welche die Idee der Kolonisierung durch
die ehemaligen Kulaken nicht begriffen haben", es sei
eine "unerträgliche Verschwendung der Arbeitskraft der
Deportierten" (S.175).
Winter 1930/1931
Sowjetunion: Steckengebliebene
Deportiertenzüge: Katastrophe und Sterblichkeit
Die Züge bleiben ohne Hygiene, mit Seuchen,
bei Kälte. Angaben zur Sterblichkeit gibt es nicht
(S.171).
ab Anfang 1931
Sowjetunion: Aufbau eines
"militärisch-feudalistischen" Wirtschaftssystems der
Bauernschaft
(S.178)
März 1931
Moskau: Einrichtung einer
Sonderkommission zur Verwaltung der
"Arbeitskolonisten"
der deportierten Kulaken,
unter Leitung von Andrejew, mit Ziel der "rationellen
und effektiven Verwaltung der Arbeitskolonisten"
(S.175).
April 1931
Sowjetunion:
Untersuchungsergebnis, Bestandsaufnahme der
Sonderkommission zur Verwaltung der
"Arbeitskolonisten"
-- nur 8% der Deportierten
arbeiten produktiv
-- die anderen arbeitsfähigen Männer "bauten
sich Wohnungen [...] und sorgten für ihr Überleben"
(S.175).
Mai 1931 ca.
Sowjetunion: Zweite
Dokumentation der Sonderkommission: Deportationen sind
defizitär [!]
Die Deportationen der Kulaken sind für den
Staat defizitär. Die Deportationskosten belaufen sich
auf mehr als 1000 Rubel pro Familie, das Doppelte wie
der Wert der eingezogenen Güter von je 564 Rubel pro
Hof.
Als Mittel wird Restrukturierung der
zuständigen Dienststellen vorgeschlagen (S.175).
ab Mai 1931 ca.
Sowjetunion: schlechte Ernte,
trotzdem steigende Landwirtschaftsabgaben für
4-Jahres-Plan
denn der Vierjahresplan soll eingehalten
werden. Statt den Plan zu korrigieren, werden die
Steuern weiter erhöht. Die erhöhten Steuersätze für die
Kolchosen:
-- in der Ukraine: 41,5% (1930: 30%)
-- Kubangebiet und nördlicher Kaukasus: 47%
(1930: 38%)
-- Kasachstan: 39,5% (1930: 33%) (S.179).
ab Sommer 1931
Sowjetunion: GPU bekommt das
Monopol für die Kulakendeportationen -
"Sonderkolonisten"
In der Folge werden die deportierten Kulaken
als "Sonderkolonisten" bezeichnet (S.174).
Die GPU wird zur OGPU, sie bekommt das
Verwaltungsmonopol für die "Sondersiedlungen" und den
lokalen Behörden wird die Kompetenz entzogen. Errichtung
eines Netzes von OGPU-Kommandaturen. Die OGPU bekommt
dadurch die Kontrolle über die ganzen Gulag-Gebiete und
bildet einen Staat im Staat (S.175).
Die Regelung der Lebensumstände in den Lagern
der OGPU umfasst:
-- vorgeschriebener Wohnort
-- vorgeschriebener Arbeitsplatz in einem
Staatsbetrieb, Landwirtschaft oder Handwerk, Strassenbau
oder Rodung
-- Gehaltsauszahlung, wobei die OGPU 15-25%
einbehält, so dass der Lohn noch etwa 10% über dem Lohn
eines freien Arbeiters liegt, manchmal aber gar keine
Lohnauszahlung, voller Einzug durch die OGPU
-- die OGPU stellt "ihre" Arbeitskolonisten
den Grosskombinaten zur Verfügung wie z.B.
-- Urallesprom: Waldwirtschaft
-- Uralugol und Wostugol: Kohle
-- Wostokstal: Stahlhütte
-- Tswetmetzoloto: Erze
-- Kusnetzstroi: Metallindustrie
u.a.
wo die Siedler als "Halbfreie" arbeiten.
Arbeitsbedingungen:
-- kaum Verpflegung
-- z.T. Diskriminierung
-- Überstunden
-- unmögliche Arbeitsnormen
-- Einsperren im Winter in Zellen ohne Heizung
-- deportierte Frauen werden von der OGPU
vermietet, verkauft oder als "Mädchen für alles"
missbraucht
-- Einstellung, wer stirbt, wird ersetzt
werden, denn es wird immer neue Häftlinge geben (S.176).
Ende 1931
Sowjetunion: Ansteigen der
verhafteten und enteigneten Kulaken auf 1.800.000
(S.170)
1.1.1932
Sowjetunion:
Deportiertenzählung: von 1,8 Mio. sind noch 1,3 Mio.
da
genau: 1.317.022. Fast
500.000 sind weg, gestorben oder geflüchtet (S.174).
1932
Sowjetunion: Studie der GPU über
die Effizienz der Deportationen - Städtebau der
Deportierten
Über 210.000 ist die Flucht gelungen. Ungefähr
90.000 sind tot registriert (S.174). Demgemäss ist die
Todesrate ca. 6,8% (S.175).
Die allgemeine Arbeitsproduktivität steigt
durch Übersendung der Deportierten in den
Industriebetrieben. Die unwirtschaftlichsten
"Siedlungszonen" oder "Kolonisationsgebiete" werden
aufgegeben. Der Anteil der Deportierten in
Industriebetrieben steigt z.T. auf über 50%, manchmal
sogar vorherrschend.
Die Deportierten bauen ihre eigenen Städte
oder Stadtviertel ("Siedlungszonen"), z.B. in
Magnitogorsk, wo der Anteil der Deportierten zwei
Drittel ausmacht (S.177).
ab Mitte 1932
Sowjetunion: Konflikt der Bauern
mit Stalins 4-Jahres-Plan - Stalins Krieg um Ernten
dem Land gegen Bauern
Der Konflikt zwischen den Kolchosebauern und
Stalins 4-Jahres-Plan ist unausweichlich, da die Steuern
noch einmal erhöht werden sollen.
Folgen:
-- die Bauern versuchen, Teile der Ernte zu
verstecken oder Diebstähle in der Nacht
-- Bildung einer Front des passiven
Widerstandes mit stillschweigendem Einverständnis
zwischen Kolchosebauer und Brigadeführer
zwischen Brigadeführer und Steuerbeamten
zwischen den
Steuerbeamten und den Kolchoseleitern
zwischen dem Kolchoseleiter und dem lokalen
Parteisekretär der KP (S.179).
Sommer 1932
Sowjetunion: Molotow meldet
Gefahr der Hungersnot auf für Gebiete mit guter Ernte
- Empfehlung am Festhalten am 4-Jahres-Plan
Molotow meldet Stalin, dass
auch in Distrikten mit ausgezeichneter Ernte eine
Hungersnot drohe, schlägt aber trotzdem vor, am
Steuereinzugsplan festzuhalten.
Kasachstan: Hungersnot.
Issajew, Vorsitzender des Rates der
Volkskommissare von Kasachstan, meldet Stalin die
Ausmasse der Hungersnot durch die erzwungene
Sesshaftigkeit, die die traditionelle Nomadenwirtschaft
zerstört habe (S.182).
ab Mitte 1932 ca.
Kasachstan: Auswanderung von 2
Mio. Kasachen nach Zentralasien und 1,5 Mio. Kasachen
nach China
um der drohenden Hungersnot zu entgehen
(S.188).
ab Anfang Aug 1932 ca.
Sowjetunion: Kolchosebauern
verstecken Ernte - "Stossbrigaden" Stalins -
konfisziertes Saatgut
Die Kolchosebauern
verstecken ihre Ernte zum Überleben. In der Folge lässt
Stalin zur Steuereintreibung an den Kolchosen neue
"Stossbrigaden" schicken, gebildet aus städtischen
Komsomolmitgliedern und Kommunisten. Es kommt zum Krieg
auf dem Land, zu Prozessen gegen Kolchosebauern,
Dorfsowjets und Repressionen, auch gegen Kinder.
Ausschluss von 100en von Bauern aus Kolchosen.
In der Folge sind die Gefängnisse zum Teil
fünffach überfüllt. Es kommt zum Terror gegen
Einzelbauern, man hält sie vom Aussähen und Anpflanzen
ab. Die Stossbrigaden konfiszieren Saatgut und
Viehfutter und werden im Namen von Stalins 4-Jahres-Plan
dem Verhungern ausgesetzt.
Die Situation eskaliert so weit, dass viele
Bauern zum Teil in Gruppen darum bitten, deportiert zu
werden, weil man unter den gegebenen Bedingungen nicht
überleben könne (S.180).
7.8.1932
Sowjetunion:
Strafgesetzverschärfung / "Ährengesetz": Lagerstrafen
und Todesstrafen gegen Diebstahl oder Verschwendung -
Verhaftungswelle
vor allem gegen Bauern gerichtet:
"Jeder Diebstahl oder jede Verschwendung
sozialistischen Eigentums" wird bestraft mit 10 Jahre
Lagerhaft oder Todesstrafe. Der Volksmund bezeichnet die
Novelle als "Ährengesetz", weil die meisten Verurteilten
wegen Weizen- oder Roggenähren verurteilt werden, die
sie gestohlen haben sollen.
Im Restjahr 1932 und 1933:
125.000 Verurteilungen durch das "Ährengesetz", davon
5400 Todesurteile. Trotzdem bleibt die Ernte
"ungenügend" (S.181).
Okt/Nov 1932
Moskau: vergebliche Appelle von
"treuen Kommunisten" an Stalin, den 4-Jahres-Plan zu
reduzieren
Aufforderung von "treuen Stalinisten" wie
-- Stanislas Kossior, 1.Parteisekretär der
Ukraine (S.182)
-- Michail Chatajewitsch, 1.Parteisekretär der
Region Dnjepropetrowsk (S.182-183),
den Steuereinzugsplan zu reduzieren, um
Wachstum für die folgenden Jahre nicht zu
verunmöglichen.
Molotow antwortet trotzig:
-- die Appelle und Meinungen von Kossior und
Chatajewitsch seien "unkorrekt und unbolschewistisch"
-- die Bedürfnisse des Staates gingen vor
(S.183).
Mitte Okt 1932
Sowjetunion: Steuereinzugsplan
der Landwirtschaft: erst zu 15-20% erfüllt
(S.181)
22.10.1932
Sowjetunion: Kommission zur
Beschleunigung des Steuereinzugs: Molotow und
Kaganowitsch
Das Politbüro Moskau beschliesst die
Einberufung zweier ausserordentlicher Kommissionen zur
"Beschleunigung des Steuereinzugs":
-- eine Kommission für die Ukraine unter
Molotow
-- eine Kommission für den Nord-Kaukasus unter
Lasar Kaganowitsch, darunter auch Genrich Jagoda u.a.
(S.181).
2.11.1932
Ukraine: Eintreffen der
Kaganowitsch-Steuerkommission
am Don in Rostow, Beschluss, den "Widerstand"
der anführenden Dorfkommunisten und Kolchoseleiter zu
brechen. Massnahmen sollen sein:
-- Einzug aller Ladenartikel
-- Verbot jeglichen Handels
-- Zahlungszwang für alle laufenden Kredite
-- zusätzliche Besteuerungen
-- Festnahme aller "Saboteure"
-- Festnahme aller "fremder Elemente"
-- Festnahme aller "Konterrevolutionäre"
-- Schnellverfahren unter Leitung der GPU
-- wenn die Sabotage fortgesetzt wird, so soll
die gesamte Bevölkerung deportiert werden (S.181).
Nov. 1932
Nord-Kaukasus-Ukraine:
Verhaftungswelle zur Existenzvernichtung der Bauern im
Namen des 4-Jahres-Plans - Moralzerfall in Bevölkerung
und Partei
Kaganowitsch-Kommission: Festnahme von 5000
Dorfkommunisten und 15.000 Kolchosebauern,
ebensolche Festnahmen durch die
Molotow-Kommission in der Ukraine (S.181). Das
Repressionssystem mit Foltermethoden:
-- die "Kältemethode": Bauern werden nackt bei
Kälte in die Scheune gestellt
-- die "Hitzemethode": Füsse werden mit
Kerosin übergossen, schnell angezündet und wieder
gelöscht, und das wiederholt (S.186).
Die Folge des ganzen Verfahrens sind Verfall
der Moral, zivilisatorischer Rückschritt, Terror wird
zur Gewohnheit (S.187).
Die Stalin-Führung und die Führungseliten der
ganzen Sowjetunion durchlaufen einen Weg der "seelischen
Abhärtung", der für spätere Verbrechen wegweisend ist
(S.188).
Dez 1932
Ukraine-Nord-Kaukasus:
Hungersnot als politisches Mittel Stalins
Die riesige Hungersnot ist im Interesse des
Stalin-Regimes, um die "widerspenstigen" Bauern und
Dorfgemeinschaften endgültig "loszuwerden":
"Deshalb gab es für den Sieg über den Feind
[die Bauern] nur eine Lösung: ihn auszuhungern." (S.182)
Ukraine-Nord-Kaukasus:
Landflucht in die Städte vor der Hungersnot
(S.183)
Nord-Kaukasus: Beginn von
Massendeportationen
(S.181). Ganze Dorfbevölkerungen, v.a. der
Stanitsy-Kosaken, werden deportiert. Die Zahl der
"Sondersiedler" steigt auf 71.236 Registrierte an
(S.182).
27.12.1932
Moskau-Ukraine-Nord-Kaukasus:
Einführen des Inlandspasses als Massnahme gegen
Landflucht - Zwangsregistrierung für alle
Stadtbewohner
-- zur Eingrenzung der Landflucht
-- gegen "das soziale Schmarotzertum"
-- gegen "die kulakische Unterwanderung der
Städte" (S.183).
1932/1933
Ukraine/Charkow: Hungersnot:
Graziosi: ausgesetzte Kinder, Barackenlager,
Aussetzungen und Tod unter freiem Himmel
Der italienische Konsul Graziosi in Charkow
berichtet:
-- Bauern strömen in die Städte
-- Kinder von Familien, die aufs Land zurück
müssen, werden in den Städten ausgesetzt in der
Hoffnung, dass wenigstens die Kinder überleben werden
-- die ausgesetzten Kinder werden in den
Polizeiposten eingesammelt
-- Sammelpunkt für elternlose Kinder und
Bauern zur Rückkehr aufs Land ist der Bahnhof von Severo
Donetz
-- das Sanitätspersonal nimmt eine Selektion
vor: die noch nicht Aufgedunsenen kommen ins
Barackenlager von Holodnaja Gora, wo 8000 meistens
Kinder auf Strohsäcken ums Überleben kämpfen, die
Aufgedunsenen werden 50-60km vor der Stadt ausgesetzt,
um sind dort unter freiem Himmel verhungern zu lassen,
Beerdigung in grossen Gruben
-- in Charkow werden jede Nacht
ca. 250 Leichen eingesammelt, Hunger- oder
Typhustote, vielen wurde die Leber bereits
herausgerissen
-- die Polizei nimmt "Amputierer" fest, die
zugeben, dass sie mit Menschenleber Leberpastete
fabrizierten und diese auf dem Markt verkauften (S.184).
1932/1933
Ukraine-Kaukasus: Hungersnot und
Massensterben
in der gesamten Ukraine
in einem Teil des Schwarzerdegebiets
-- in den fruchtbaren Ebenen des Don und des
Kubans
-- im Nord-Kaukasus
-- in einem Grossteil Kasachstans
-- insgesamt 40 Mio. Leidende (S.185)
-- über 6 Millionen Tote und totaler sozialer
Rückschritt des Landes durch die Entkulakisierung
(S.178).
Die Hungersnot ist von den Behörden
absichtlich verursacht, um den Willen zu brechen. Die
Hungersnot ist für die Stalin-Regierung darüberhinaus
ein Experimentierfeld, wie mit Gewalt ganze Völker
beherrscht werden können (S.165).
1.1.1933
Sowjetunion: Die Sowjetbehörden
melden 1.142.022 Sonderkolonisten
(S.174)
ab Anfang 1933
Gulag: Zustrom von
"Sondersiedlern" aus der Ukraine und dem
Nord-Kaukasus: 268.091 Registrierte
(S.182)
Ukraine-Kaukasus: Hungersnot:
Folgen das ganze Jahr hindurch: Beispiel Region
Charkow - Hungersnot bis nach Moskau
u.a. in Charkows Agrargebieten. Die
Sterblichkeit steigt im Juni 1933 auf 100.000
Registrierte im Vergleich zu 9000 im Juni 1932. Die
Nicht-Registrierten müssen dazugerechnet werden.
Die Hungersnot breitet sich auch in andere
Gebiete aus: In Moskau steigt die Sterblichkeit um 50%,
in Iwanowo um 35% (S.185).
ab Anfang 1933
Sowjetunion: 4-Jahres-Plan:
Exportpolitik trotz Hungersnot
Trotz Hungersnot fährt Stalin mit der
Exportpolitik fort: 1933 werden 18 Mio. Doppelzentner
Weizen "für den Bedarf der Industrie" an das Ausland
geliefert (S.185).
22.1.1933
Moskau: Befehl Stalins zum
Rücktransport der flüchtenden ukrainischen und
kaukasischen Bauern in den Hunger
Rundschreiben von Stalin und Molotow an die
Landesbehörden und die GPU mit
-- Befehl des Verbots der "Massenabwanderung
der ukrainischen und nordkaukasischen Bauern in die
Städte"
-- Befehl der Verhaftung "konterrevolutionärer
Elemente"
-- Befehl des Rücktransports der übrigen
Flüchtlinge in ihre Wohnorte
Begründung:
-- es seien Beweise vorhanden, dass die
Massenflucht von den Gegnern der Sowjetmacht, den
Konterrevolutionären und von polnischen Agenten,
organisiert sei
-- die Gegner der Sowjetmacht betrieben eine
Propaganda gegen das Kolchosesystem und gegen die
Sowjetmacht im Allgemeinen
Befehl von Massnahmen:
-- kein Bahnkartenverkauf mehr in den
betroffenen Gebieten
-- Kontrollsperren der GPU
In der Folge werden bis März 1933 219.460
Personen aufgegriffen und 186.588 in ihre "Heimatregion"
zurückgebracht, andere verurteilt (S.183).
Frühling 1933
Ukraine-Westeuropa:
Publikationen über die Hungersnot bleiben ohne
Reaktion
Ukrainische Organisationen
im Ausland publizieren über die Hungersnot "in
auflageschwachen Publikationen". Die internationale
europäische Politik zeigt keine Reaktion, die Nachricht
kann sich in der öffentlichen Meinung nicht durchsetzen
(S.179).
ab Frühling 1933
Sowjetunion: Die Hungersnot wird
vom Stalin-Regime vor dem Ausland verschwiegen
Ausländischen Besuchern wird
ein paradiesisches Bild der Ukraine vorgegaukelt, mit
Musterkolchosen und Musterkindergärten. Die europäischen
Regierungen lassen sich dadurch blenden und Russland
wird propagandistisch geschont, auch wegen der
Machtübernahme Hitlers.
In Italien und Deutschland haben einige
Politiker genaue Kenntnisse der Hungersnot, vermittelt
durch italienische Diplomaten in Charkow (S.178), Odessa
und Novorossisk. Mussolini nützt die Hungersnot nicht
zur Propaganda aus (S.179).
April 1933
Nord-Kaukasus/Kubangebiet:
vergeblicher Appell von Schriftsteller Michail
Scholochow an Stalin - Getreideexporte des
4-Jahres-Plans halten an
Auf einen Appell von Schriftsteller Michail
Scholochow aus dem Kubangebiet für Hilfssendungen
reagiert Stalin, die dortigen Bauern hätten "gestreikt
und sabotiert" und die Strafe sei gerecht (S.184), denn
die Bauern hätten einen "Zermürbungskrieg" gegen die
Sowjetmacht geführt. Stalin führt die Exportpolitik
weiter (S.185).
Sommer 1933
Sowjetunion-Italien:
Handelsvertrag, Freundschaftspakt und
Nichtangriffspakt
(S.179)
Ende 1933
Ukraine: Hungersnot: 6 Mio. Tote
- politische Vernichtung der Bauern
Die Region Charkow verliert im Vergleich zu
1932 120.000 Einwohner, Krasnodar 40.000, Stawropol
20.000 Einwohner.
Insgesamt fordert die Hungersnot in der ganzen
Sowjetunion 6 Mio. Tote:
-- 4 Millionen ukrainische Bauern mit ihren
Angehörigen
-- 1 Mio. kasachische Bauern und kasachische
Nomaden mit ihren Angehörigen
-- 1 Mio. nord-kaukasische Bauern mit ihren
Angehörigen (S.185).
Die Bauern sind als politische Kraft
vernichtet. Die Auseinandersetzung zwischen
kommunistischem Staat und den Bauern, die seit 1918/1922
anhält, ist endgültig beendet (S.188).
Hungertote unter den deportierten
Kulaken/"Sonderkolonisten": 151.601 (S.174), womit die
Todesrate unter den Deportierten auf 13,3% steigt
(S.175).
Ende, aber der
Kommunismus war noch lange nicht zu Ende,
und die schweizer Politik mit ihrem Bankgeheimnis half
ab den 1960er Jahren kräftig mit...