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Museum der Primärnationen (Nordamerika Native Museum, "Indianermuseum") Zürich

14. Tabak rauchen und Tabakpfeifen

Tabakpfeife und Pfeifenstopfer der
                        Sioux-Primärnation
Tabakpfeife und Pfeifenstopfer der Sioux-Primärnation (Abb.3)
Pfeifentomahawsk
Pfeifentomahawks (Abb.6)

präsentiert von Michael Palomino (2012)


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aus:
Prestel-Museumsführer, Text von Denise Daenzer und Tina Wodiunig: Indianermuseum der Stadt Zürich; Prestel-Verlag; München, New York 1996; gefördert durch die Cassinelli-Vogel-Stiftung, Zürich, MIGROS Kulturprozent, Volkart-Stiftung, Winterthur; ISBN 3-7913-1635-4


[Wichtige Anmerkung: Die Ureinwohner rauchten ein "Rauchkraut" - der heutige Tabak mit Harzen und Chemie ist hochgiftig
Die Ureinwohner rauchten eine Mischung aus Kräutern. Sie rauchten Pfeife nur im Freien bei Zeremonien, und jeder einzelne rauchte nur für einen Moment. Giftige Harze und chemische Stoffe waren im Rauchgut der Ureinwohner NICHT vorhanden. Ausserdem wurde bei den Ureinwohnern NIE im Innenraum eines Zeltes oder in einer Höhle geraucht, sondern die Zeremonien fanden immer im Freien statt, so dass kaum jemand passivrauchen musste. Wenn Raucher der heutigen Zeit mit ihren "modernen" Zigaretten und mit "modernem" Pfeifentabak also meinen, Rauchen sei gesund, weil die Ureinwohner auch geraucht hätten, der irrt gewaltig und hat keine Ahnung von den Details. In den Zigaretten und im Pfeifentabak von heute sind u.a. Suchtstoffe drin, die extra süchtig machen].


<Tabakpfeifen

[Wer war der erste Rauchen, der Ureinwohner oder der weisse Imperialist?]

Herkunft und Entwicklung der Tabakpflanze sind immer noch weitgehend ungeklärt, und ob das Tabakrauchen eine indianische Erfindung ist oder von Europa nach Amerika gelangte, muss offenbleiben. Sicher ist, dass der berühmte, virginische Tabak von John Rolfe, dem britischen Ehemann von Pocahontas, in Nordamerika eingeführt wurde. Mit Tabaksamen von den spanischen Plantagen in Mittelamerika und der Karibik leitete er 1612 in Virginia den Grossanbau dieser Pflanze ein. Grundsätzlich vermutet man jedoch, dass der Tabak zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten auf der Welt zur Nutzpflanze geworden ist.

[Die ersten "Rauchrohre" - Ureinwohner brauchen Rauch für medizinische Handlungen]

In Nordamerika wurde von einem Europäer erstmals 1540 ein Rauchrohr aus Schilf erwähnt mit dem Hinweis, dass die Indianer am Colorado mit diesen Rohren Düfte erzeugten, die sie zu medizinischen Handlungen benötigten. Später fand man Rauchrohre aus Holz, Schiefer, Knochen, Steinkohle, Keramik, Speckstein, Sandstein und Quarzgestein, aber auch aus Buntmetall, letztere hergestellt von nordamerikanischen Ureinwohnern, die in den Kupfergebieten ansässig waren. Bei den ältesten Exemplaren sind Kopf und Rohr meistens aus einem Stück gearbeitet. Vielfach findet man aber auch angesetzte Rohre und Mundstücke - gewissermassen Urformen der späteren Tabakpfeifen.

[Tongefäss + Schilfrohr = Pfeife]

Alles, was geeignet schien, das "Rauchkraut" zu verbrennen, wurde als Material genutzt. So formten sich Indianer in holzarmen Gegenden aus nassem Ton ein Gefäss und stiessen seitlich ein Schilfrohr als Pfeifenstiel hinein.

Pfeifenköpfe mit Tierfiguren drauf
vergrössernModelle von Ton-Pfeifenköpfen mit Tierfiguren drauf der Mound-Primärnation (Abb.2)

Diese beiden aus Ton modellierten, mit einer Bisonfigur und einem Hirschkopf geschmückten Pfeifenköpfe sind Nachbildungen von steinernen Originalen aus der präkolumbischen Mound-Kultur.

["Erdrauchen" durch "Erdpfeifen" in einem Erdloch]

Auch das "Erdrauchen" war bekannt, wenn auch nicht so verbreitet wie in Südafrika, in Zentral- und Westasien und im nördlichen Indien. Vor allem die nomadisierenden Indianer, die auch unterwegs nicht auf ihr Rauchvergnügen verzichten wollten, gruben an geeigneten Stellen ein kleines Loch in die Erde, deckten es ab und schoben einen Stock hinein. Um diesen herum drückten sie die Erde fest, wodurch eine Art Pfeifenrohr entstand. Damit man sich zum Rauchen nicht allzu unbequem auf den Boden legen musste, wurden solche "Erdpfeifen" vorwiegend an erhöhten Geländevorsprüngen angelegt. Diese elementare Form des Rauchens ist von indianischen Soldaten auch noch in den Schützengräben der beiden Weltkriege praktiziert worden.

[Das Rauchen der "heiligen Pfeife" bei wichtigen Handlungen wie Feiern, Vertragsabschlüssen, Kriegserklärungen, zur Besänftigung von Geistern]

Tabakpfeifen der Sioux-Primärnation
Tabakpfeife und Pfeifenstopfer der
                          Sioux-Primärnation
vergrössernTabakpfeife und Pfeifenstopfer der Sioux-Primärnation (Abb.3)

Zwischen aufgeklebten Wildentenfedern ist der Stiel mit einer bequillten Schnur umwickelt, mit der auch das Pferdehaar befestigt ist. Der Pfeifenkopf besteht aus Catlinit. Mit dem Stopfer aus Wurzelholz ist ein Amulettbeutelchen verbunden, an dem zwei lange, perlenbestickte Lederstreifen mit je vier Blechrasseln hängen.

Tabakpfeife der Sioux-Primärnation
vergrössernTabakpfeife der Sioux-Primärnation (Abb.4)

Aus dem Stielstück sind reliefartig eine Schildkröte sowie der Kopf eines Hirsches und eines Bergschafes herausgearbeitet. Vor dem Mundstück aus Catlinit ist der Stiel mit sehr feinem Quill umwickelt und mit Pferdehaar geschmückt.

Ein charakteristisches Symbol des indianischen Lebens und Glaubens, das in Europa berühmt und berüchtigt wurde, ist das Rauchen der heiligen Pfeife. Auch wenn ihre Verwendung in vielen Indianerkulturen nach unterschiedlichen Regeln und Formen erfolgte, verkörpert sie bis heute eine zentrale panindianische Zeremonie. In ihr spiegelt  sich das Streben, in Einklang und Achtung mit den Naturkräften zu leben, denen Menschen, Tiere und Pflanzen (S.75) ihr gleichberechtigtes Dasein verdanken. Gleichzeitig ist die glühende Pfeife aber auch eine Danksagung an die höchste Macht: Mit dem aufsteigenden Rauch wird das Gebet in die geistige Welt getragen.

Durch das Rauchen der heiligen Pfeife symbolisiert der Mensch also seine Beziehung zum Schöpfer, zur Erde, zu seinen Mitmenschen und zu den Pflanzen und Tieren. Geraucht wurde die heilige Pfeife bei allen besonderen Anlässen - zum Beispiel bei Familienfeiern, sozialen Ritualen, Vertragsabschlüssen oder Kriegserklärungen. Gelegentlich verwendete ein einzelner Indianer seine eigene Zeremonialpfeife oder die seines Stammes, um den Geist des Jagdtieres zu besänftigen oder um die Dämonen einer Krankheit zu vertreiben. Früher wurde die Pfeife auch von jenen geraucht, die miteinander Frieden schlossen - daher wurde die heilige Pfeife von den Europäern bald als "Friedenspfeife" bezeichnet. Sie wird auch heute noch geraucht, wenn Indianer die übernatürlichen Kräfte um Hilfe bitten, sei es zur Heilung von Kranken oder zur Unterstützung von wichtigen Handlungen und Entscheidungen.


Pfeifenkopf mit Figuren Mensch und Bär
vergrössernPfeifenkopf mit Figuren Mensch und Bär (Abb.7)

Das Original dieses Pfeifenkopfes mit der geschnitzten, menschlichen Figur und dem Bären befindet sich im Stuttgarter Linden-Museum und besteht aus sehr dunklem Catlinit.


[Symbolik: Der Pfeifenkopf als Erde und Altar, auf dem ein Pflanzenwesen geopfert wird - das Ritual mit Pfeifenrauch in alle Richtungen]

Der Pfeifenkopf stellt dabei die Erde dar und symbolisiert einen Altar, auf dem die Pflanze - eigentlich ein Pflanzenwesen - als Opfer feierlich verbrannt wird. Das Tier wird durch Federn und Fellstücke versinnbildlicht, die an der Pfeife befestigt sind. Zuerst wird der Rauch zur Sonne und zum Himmel gestossen - er gilt der höchsten Macht. Beim zweiten Mal wird der Rauch gegen den Boden geblasen, als Opfer für die Mutter Erde und ihre Fähigkeit, Leben zu schenken. Danach wird der Rauch Richtung Osten gelenkt, wo jeden Morgen die aufgehende Sonne neues Licht bringt. Das nächste Rauchopfer erfolgt gegen Westen, wo die Sonne untergeht - ein Symbol auch für den Tod. Das fünfte Rauchopfer gilt dem Norden, um den Winter milde zu stimmen. Der Rauch des letzten Pfeifenzuges wird schliesslich nach Süden geblasen, dem Ort von Wachstum und Erfüllung.


Tabakpfeife der Dakota
vergrössernTabakpfeife der Dakota (Abb.5)

Der Stiel besteht aus zwei schmalen Stäben, in deren Längsrichtung eine Rille eingekerbt ist. In seine spiralige Form wurde er nach dem Verleimen über Dampf gezogen. Das Mundstück hat die Gestalt einer Klapperschlangen-Rassel, der Pfeifenkopf besteht aus Catlinit (Pfeifenstein) und ist mit Zinn intarsiert.


[Die Zusammensetzung des "Indianertabak"]

Den "Indianertabak", den die Indianer früher in ihren Pfeifen rauchten, nennt man "Kinnikkinnick" - ein Algonkin-Wort, das entweder aus der Sprache der Ojibwa oder der Plains Cree herzuleiten ist und "das Gemischte" bedeutet. Dieses Gemisch bestand nicht, wie oft spekuliert, aus berauschenden Pflanzen, sondern aus einer Mischung aus Tabak, Sumac- und Bärentraubenblättern sowie zerkleinerter Rinde verschiedener Bäume wie Weide und Erle. Die Zusammensetzung variierte je nach dem örtlichen Pflanzenvorkommen.


Pfeifenbeutel mit Perlenstickerei der
                          Oglala-Primärnation
vergrössernPfeifenbeutel mit Perlenstickerei der Oglala-Primärnation (Abb.1)

In solchen reichverzierten Beuteln wurden Pfeifen und Tabak aufbewahrt. In die untere Beutelnaht ist eine in Streifen geschnittene Rohlederplatte eingesetzt. Jeder Strang ist mit Quill umflochten und mit langen (nachträglich ersetzten) Lederfransen geschmückt.


[Herstellung der Tabakpfeifen - der Pfeifenstein-Steinbruch mit Catlinit bei der Ortschaft "Pipestone"]

Die Pfeifenköpfe der Plains- und Prärieindianer wurden meist aus Catlinit hergestellt, einem feinkörnigen, durch Eisenoxyd rötlich gefärbten Aluminiumsilikat, das sich, frisch gebrochen, leicht schneiden und figürlich verzieren lässt. Das Material stammt aus dem heiligen Pipestone-Steinbruch im südwestlichen Minnesota. George Catlin, der dem Pfeifenstein den Namen gab, war der erste Weisse, der den Steinbruch 1837 ausführlich beschrieben hat. Obwohl dieser Steinbruch nicht der einzige Ort war, wo Pfeifenstein gewonnen wurde, war er doch die heilige Stätte, die von den meisten indianischen Völkern regelmässig besucht und verehrt wurde. Auf diesen Wallfahrten und im Steinbruch selbst galt ein strenges Friedensgebot, das auch jene Volksgruppen einzuhalten hatten, die gegeneinander Krieg führten. Auch Frauen und Kinder begleiteten die zum Teil über sehr weite Entfernungen führenden Fusswanderungen - allerdings nur bis zu einem Lager in Pipestone, denn der (S.76) Zugang zum heiligen Steinbruch war ihnen nicht erlaubt.

In diesem Lager wurde auch ein Führer für die heiligen Stätte gewählt, und zwar ausnahmsweise keine Person, die sich dafür durch besondere Kriegs- und Mut-Taten empfohlen hätte, sondern eine, die sich durch Güte und Gerechtigkeitssinn auszeichnete. Die Männer hielten sich ungefähr zwei Monate auf der Schürfstelle auf, und nicht selten waren dort mehr als fünftausend Angehörige verschiedenster Völker beschäftigt. Pipestone hat sich seit Catlins Zeiten kaum verändert und steht jetzt unter staatlichem Schutz. Noch heute wird dort von Indianern verschiedener Herkunft der heilige Pfeifenstein gebrochen. Die Erlaubnis dazu erhalten sie von den Yankton [Untergruppe der Sioux], denen die amerikanische Regierung 1858 die Aufsicht über den heiligen Steinbruch übertragen hatte.

[Kombination von Pfeife und Tomahawk]

Seit wann das Friedenssinnbild der indianischen Pfeife mit dem Kriegssymbol Tomahawk kombiniert wird (Abb.6), ist nicht genau bekannt. Man kann aber davon ausgehen, dass dies erst möglich war, nachdem die Europäer den Indianern Äxte und andere Metallwerkzeuge verkauft hatten.


Pfeifentomahawsk
vergrössernPfeifentomahawks (Abb.6)

Oben: Pfeifentomahawk der Huronen. Auf der Bronzeklinge ist das lilienförmige Wappen des französischen Königshauses erkennbar. Solche Pfeifentomahawks wurden wichtigen Indianern von den Kolonialbehörden als Geschenk überbracht.

Mitte: englischer Pfeifentomahawk der Seneca. Die Seneca kämpften an der Seite der Engländer gegen die Armee George Washingtons. Laut Inschrift wurde der Pfeifentomahawk in der Entscheidungsschlacht bei Yorktown am 19. Oktober 1781 erbeutet.

Unten: Pfeifentomahawk, eventuell der Sioux. Klinge und Pfeifenkopf sind aus Stahl gefertigt, der Holzstiel ist mit dickem Messingdraht umwickelt. Der Schaft ist in Leder gefasst, das eine Lasche bildet und mit Quillwork und Fransen geschmückt ist.


[Das Calumet - ein verziertes Rauchrohr v.a. für Zeremonien]

Eine andere, besondere Form der Tabakpfeife ist das Calumet. Das Wort ist europäischen Ursprungs und stellt eine Verballhornung des französischen "chalumeau" dar, was auf deutsch Schalmei oder Schilfrohr bedeutet. Das Calumet diente zwar häufig auch als Pfeife, war aber vor allem ein bemalter Stab ohne Pfeifenkopf mit einem Fächer aus Adler- und Eulenfedern, den man für Zeremonien benutzte. Ursprünglich wurden die Calumets immer paarweise eingesetzt und symbolisierten, wie etwa bei den Pawnee und anderen Sioux-Völkern, den geschlechtlichen Dualismus. Weiter östlich des Mississippi wandelte sich dieses Motiv in einen Dualismus von Krieg und Frieden oder auch von Tag und Nacht, Sonne und Mond, Süden und Norden. Mit dem Rauchen des Calumet war in der Regel eine Zeremonie verbunden, bei der die Mächte des Universums aufgerufen wurden, Streitigkeiten zu schlichten und zwischen den Völkern und Volksgruppen Frieden und Freundschaft zu stiften (S.77).







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