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Peru: Das Koka-Orakel der Hochland-Indios (Indígenas)


Die Deutung der Zukunft aus der Wurfposition von Kokablättern

Koka-Orakel: Zukunftsvorhersage mit ausgelegten
                Kokablättern, Peru
vergrössernKoka-Orakel: Zukunftsvorhersage mit ausgelegten Kokablättern, Peru [1]

von Michael Palomino (2006)

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aus: Walter Andritzky: Traditionelle Psychotherapie und Schamanismus in Peru; VWB-Verlag für Wissenschaft und Bildung 1999

Vokabular
apu (Ketschua): eine Kategorie der Berggeister bei den Anden-Indios (S.47)
cambio de la suerte (span.): Wechsels des Schicksals (S.50)
cocamama (span.): Geistiges Prinzip der Kokablätter, Kokagöttin (S.47)
jampicuc (Ketschua): Heiler (S.47)
katipa (Ketschua): Wahrsager-Zeremonie mit Kokablättern (S.47)
katipero (Ketschua): Kokawahrsager (S.47)
pukuy (Ketschua): Lokale Gottheiten (S.48)
servicio (span.): Dienst (S.54)
trago (span.): ein Schluck Alkohol (S.49), ein Glas [Alkohol] (S.50)
wamani (Ketschua): eine Kategorie der Berggeister bei den Anden-Indios (S.47)
watuq (Ketschua): Heiler der ketschuasprachigen Gebiete in Peru (S.47)
yatriris (Ketschua): Kokawahrsager in der Gegend des Titikakasees (S.47)

Verschiedene Orakelarten

  
Buch von Walter Andritzky, Titelblatt
vergrössernBuch von Walter Andritzky, Titelblatt [2]

Generell gilt es zwischen der intuitiven und der induktiven Wahrsagerei mit festgelegten Verfahrensregeln zu unterscheiden, wobei die Verfahrensregeln vom Menschen gelegt werden, die Prozedur dann aber von einer "höheren Instanz" gelenkt wird (S.57).

Das Koka-Orakel im Andenhochland: Reste haben überlebt

"Die Wurzeln des peruanischen Koka-Orakels liegen in den Traditionen des Andenhochlands, das sich von Kolumbien bis nach Chile und Argentinien erstreckt." (S.46)

Auch die Maya haben ihre Wahrsager und Wahrsagerinnen (S.59).

Das Koka-Orakel ist ein induktives, festes Verfahren mit Interpretationsspielraum. Die Blätterwürfe werden von einer "höheren Instanz" gelenkt und dann die Blattpositionen interpretiert (S.57), eine Art geistige Lebensberatung (S.59).

"Das rezente Orakelwesen mit Kokablättern scheint - ähnlich den Orakelmethoden des mittelalterlichen Heilerwesens in Europa, das in halböffentlichem Milieu Reste der antiken Tradition verwaltete - nur einen matten Abglanz der zur Inkazeit berühmten Staatsorakel (wie Pachacamac in der Nähe von Lima) zu repräsentieren." (S.47)

Andere induktive Orakel sind z.B.
-- "das 'I Ging', wo die Antworten kodifiziert sind"
-- oder das Termitenorakel.

"Dabei steckt der Zauberpriester zwei Stöckchen in die Löcher eines Termitenhügels. Je nachdem, welches Stöckchen von den Tieren in den Bau gezogen wird, wird die Frage beantwortet (EVANS-PRITCHARD 1937)." (S.57)


Die Kokawahrsager: "Katiperos", "yatiris", "watuq", "callahuaya" - die "katipa"

"Die Kokawahrsager heissen allgemein 'katiperos', in der Gegend des Titikakasees 'yatiris' (vgl. FRISANCHO PINEDA 1978). [Entsprechend wird eine Wahrsager-Zeremonie "katipa" genannt]. Der 'jampicuc' ([Ketschua]: Heiler) kann sich nach dem Quechua-Verständnis des Wortes auf das Deuten von Kokablättern verstehen, muss es aber nicht. In anderen ausschliesslich quechuasprachigen Gegenden Perus werden die Wahrsager 'watuq' genannt" (S.47) [Ketschua: Heiler], in Bolivien "callahuaya" (S.54).

Das geistige Prinzip der Kokablätter, 'cocamama', gewinnt durch die rituellen Akte des Orakels, besonders die Anrufungen der Berggeister ('apus', 'wamanis') und die Verbindungen mit den medialen Fähigkeiten des Wahrsagers eine neue Qualität: Der 'katipero' tritt in eine Interaktion mit diesen geistigen Mächten. Er hat die Rolle es Interpreten, der die Struktur der Kokablätter und ihr Muster auf dem Orakeltuch nach - regional variablen - Zuordnungen auslegt (SAL Y ROSAS 1972)." (S.47)

"Da viele Kokawahrsager auch Heiler sind, spielt die Diagnose durch Kokablätter eine wichtige Rolle." (S.51)

Dabei wird der Kokageist sprechen:

"Es [ist] der unsichtbare und unpersönliche Kokageist [...], der dem Klienten alles mitteilt." (S.61)

Viele wahrsagende Personen sind Analphabeten und verlassen sich ein Leben lang nur auf geistige Kräfte (S.61).


Verschiedene Koka-Orakel

Neben dem Blätterwurf als Orakel können die Kokablätter auch noch anders als Orakel dienen:

"Von den spanischen Chronisten sind Hinweise auf Formen des Koka-Orakels überliefert, die darauf schliessen lassen, dass es neben der heute vorfindbaren Deutung (aus der Struktur der Blätter und deren Konstellationen) noch andere Methoden gab. LASTRES (1951) erwähnt die

'Viropiricos, die Tierfette und Kokablätter verbrannten, um aus der Form der Flammen wahrzusagen'.

Der Jesuitenpater COBO (1893, B. 4, S.135) berichtet von einem Koka-Orakel, das darin bestand,

'Koka zu kauen, den Saft und Speichel auf die Hand zu spucken und die zwei längsten Finger ausstreckend (zu sehen, W.A.), ob er gleichmässig fliesse, was ein gutes (S.46) Ergebnis bedeute, und wenn er nur über einen Finger fliesst, sei es schlecht. Vor dieser Probe machten sie ein Opfer und Gebete an die Sonne...' (S.47)


Zeitpunkte für ein Koka-Orakel

"Die Wahrsager wenden das Orakel zu verschiedenen Zwecken an: Sie können damit Krankheiten diagnostizieren, konkrete Fragen eines Ratsuchenden beantworten, oder sie lesen wichtige Lebensumstände und künftige Ereignisse daraus ab. Das Orakel ist ein Dienst ('servicio'), der meist nicht bezahlt, sondern mit einem Essen oder einem Geschenk abgegolten wird." (S.54)

"Nicht zuletzt bildet das Koka-Orakel in anderen, umfangreicheren Ritualabläufen eine Art "diagnostischen Baustein". Zum Ritus des "Wechsels des Schicksals" ('cambio de la suerte', vgl. LIRA 1970) wird ein Wahrsager aus Anlass von Partner-, Gesundheits-, Arbeits- oder anderen sozialen Problemen in ein Haus eingeladen, um die Ursache des jeweiligen Übels herauszufinden und zu beseitigen." (S.50)


Die Ankunft beim Kokawahrsager / bei der Kokawahrsagerin - oder die wahrsagende Person kommt ins Haus

Die Utensilien (Kokablätter und ein Fläschchen Alkohol) muss die ratsuchende Person besorgen:

"Der Ratsuchende muss vor der Konsultation eine Portion Kokablätter und ein Fläschchen Alkohol auf dem Markt besorgen (dem die Wahrsager gern und reichlich zusprechen)." (S.54)

Nach der Übergabe der Utensilien und Geschenke kommt die erste Kommunikation auf:

"Wenn der bzw. die Klienten beim Wahrsager angekommen sind und ihm die zuvor eingekauften Kokablätter und eine Flasche Alkohol (oft auch weitere Geschenke, meist Nahrungsmittel) übergeben haben, folgt eine Phase der Alltagskommunikation, währen der in 5-10-minütigem Abstand wechselseitige Einladungen zu einem Glas [Alkohol] ('trago') ausgetauscht werden." (S.50)

Familienangehörige und andere Besucher können während der Wahrsagerei und auch während Heilungen anwesend sein und ihre Neugier stillen. Die "Zufallsgruppe" hat einen intensivierenden und zugleich schützenden Einfluss als Zeugen des Orakels:

"Das Orakel ist zunächst eine Zweierbeziehung zwischen Wahrsager und Klient. In der Praxis weitet sich die Konsultation aber oft zu einer Gruppensituation aus, wobei die Wahrsager nie die Rolle eines gruppendynamischen oder gruppentherapeutischen Leiters übernimmt, der seine Wahrnehmungen als persönliche seinem Klienten reflektiert." (S.61)

"Die unstrukturierte Zufallsgruppe hat, meinen Beobachtungen nach, eine das Geschehen beim Orakel intensivierende und zugleich schützende Funktion." (S.61)

[Die Gruppenmitglieder sind die Zeugen, die gleichzeitig die Klientenperson und die wahrsagende Person vor falschem Zauber schützen].

Ab einem bestimmten Zeitpunkt beginnt die wahrsagende Person mit Gebeten:

"Dann beginnt der Wahrsager über den in ein Tuch eingewickelten Kokablättern Gebete an die Berggeister zu sprechen, die von weiteren Einladungen unterbrochen sind. " (S.50)

Zuerst soll herausgefunden werden, ob das Haus der Familie mit einem Übel belastet ist:

"Das Orakel aus den Blattkonstellationen dient zu Beginn der Vorgänge dazu, herauszufinden, welches Übel auf dem Haus lastet, und um z.B. den Ort im (S.50) Hof zu finden, wo ein 'Hexerbündel' vergraben ist. Dem Beseitigen dieser Ursache folgen dann noch weitere Riten, wie Opfer an die Berggeister etc." (S.51)


Kleinere Orakel vor dem eigentlichen Koka-Orakel

"Das Koka-Orakel entspricht aufgrund der Kombination eines korrekt durchzuführenden Verfahrens mit regional verschiedenen Varianten und Interpretationsregeln und einem breiten Spielraum für intuitive Aussagen am besten [...] dem interpretatorischen [...] Orakeltyp, [so] PARK (1974, S.917-918)."

Dabei ist es der wahrsagenden Person freigestellt, mit den Personen zu kommunizieren oder nicht, sich vorher ein Bild der Situation zu machen oder nicht (S.59).

Dem Haupt-Koka-Orakel sind mehrere kleine Orakel vorgespannt:

Kokakauen: "Vor dem eigentlichen Orakel kaut der Wahrsager [die Wahrsagerin]  Kokablätter und leitet aus dem Geschmack die erste Aussage ab, nämlich ob der Patient gesund wird oder nicht: Ist er süsslich, wird der Patient gesund." (S.57)

Zigarettenasche und Zigarettenpapier: "Wenn der Wahrsager [die Wahrsagerin] raucht, benützt er Rauch und Asche als weitere Orakel. Erscheint die Asche an der Zigarette aussen weiss, bedeutet dies Glück und langes Leben, hat sie schwarze Löcher, ist dies ein schlechtes Vorzeichen." (S.57)

Versprengen von Alkohol auf dem Boden: "Auch aus dem Versprengen von Alkohol auf dem Boden, der Form der Flecken und ihrer Veränderung beim Verdunsten, machen die Wahrsager intuitive Aussagen." (S.57)

Diese vorgespannten kleineren Orakel führen eine Atmosphäre von Entspannung und Wohlbefinden herbei (S.58).


Die Bestimmung der Kokablätter für bestimmte Personen

"Jedes Kokablatt [gemäss HINOSTROZO LAURO, 1985] hat nach Farbe, Form und Äderung eine Bedeutung, die auf dem Prinzip von Ähnlichkeit und Analogie beruht.

-- ein dunkelgrünes Blatt mit einer kleinen Ausbuchtung wie ein Buckel repräsentiert einen Alten
-- ein symmetrisch geformtes, hellgrünes Blatt ist ein Erwachsener
-- ein kleines Blatt ein Kind.

Oder:
-- ein rundliches Blatt mit einem Buckel ist eine Alte
-- ein symmetrisches, hellgrünes, rundes Blatt eine Erwachsene.

Das hier zur Geschlechtsunterscheidung ausgewählte Merkmal der Rundlichkeit gibt einen Hinweis auf die kulturspezifische Wertung weiblicher Merkmale. Hier ist es vermutlich die Fruchtbarkeit, die mit der runden Form angedeutet sein soll." (S.51)

"Bisexualität zeigt ein Blatt mit einer geteilten Ader und zwei Spitzen an. Homosexualität wird durch Blätter ohne eine mittlere Ader oder durch ein halbiertes Blatt dargestellt." (S.51)

"Neben Kokablättern finden stets einige Banknoten Verwendung, die für Reichtum stehen."


Die Bestimmung der Blätter für bestimmte Krankheiten

"Verschiedene Volkskrankheiten werden mit den Blättern diagnostiziert:
-- der 'susto' - ein Schreckerlebnis als Krankheitsursache, vgl. Kap. 10 - ist in einem Blatt mit gezacktem Rand repräsentiert
-- die durch einen Brunnen verursachte Krankheit ('pukio'), durch ein rundes Blatt." (S.51)


Das Koka-Orakel mit ausgestreuten Kokablättern auf einer Decke - die Blattkonstellationen bei der 'katipa'

Das Hauptorakel mit den ausgestreuten Kokablättern kann im Freien oder zu Hause bei Kerzenschein passieren. Bei Kerzenlicht ist die Konzentration besonders gross. Die Gruppe starrt auf die Blätter. Dies fördert den Zustand der "frei schwebenden Aufmerksamkeit" und regt Projektionsvorgänge auf das Orakelmedium an (S.58).

"Zuerst werden die zwei oder drei besten Blätter ohne Flecken und Beschädigungen ('k'intu') ausgesucht. Man hält sie vor den Mund, bläst darüber und ruft die Lokalgottheiten an ('pukuy')." (S.48)

"Nachdem der Klient dreimal über das Tuch mit den Kokablättern geblasen hat, fängt das eigentliche Orakel an." (S.50)

Die Koka-Wahrsagerei kann aus einem oder mehreren Blattwürfen bestehen, die regional und je nach Wahrsager / Wahrsagerin ihre Tradition haben. Das Resultat ist jeweils dasselbe: "Die regionalen und personengebundenen Unterschiede in der Interpretationssystematik der 'katiperos' und dem Ablauf der 'katipa' spielen für [die] Fragestellung [...] keine weitere Rolle." (S.54)

Die göttliche Instanz legt die Blätter (S.57): Die wahrsagende Person bläst in das Bündel Kokablätter, murmelt Gebete und die Blätter fallen in bestimmten Positionen herunter, wie es der Kokageist will, und der Kokageist verkündet durch die Position der Blätter das Orakel (S.60).

Und dann interpretiert der Kokageist durch die wahrsagende Person:

"Der Wahrsager hat in der Orakelsituation die Rolle eines Mediums. Die Situation ist so definiert, dass er das Sprachrohr des Kokageistes darstellt, der durch die Struktur er auf das Tuch gefallenen Blätter seine Antwort gegeben hat. Wahrsager, Klient und Anwesende blicken während des Orakels stets gebannt auf die Blätter, um das vom Wahrsager Gesagte (S.59) darin irgendwie zu entdecken. Dieser deutet gelegentlich, gleichsam als Beweis, auf das eine oder andere Blatt, um seine Aussage zu unterstreichen." (S.60)

Die Interpretation ist "die Deutung der Blätter, die hier für den Blick in die Seele steht." (S.60)

Gebete, Gesten und Mimik der Gruppe und der wahrsagenden Person haben dabei wiederum gegenseitigen Einfluss auf die Interpretation (S.60).


Koka-Orakel: Die Blattkonstellationen,
                        kleine Übersicht



Beispiel: Katipa mit einem Wurf
Dann werden bei einer genauen Fragestellung z.B. einige Blätter positioniert und andere darüber fallengelassen. Im Falle einer Reisegruppe im Amazonas-Gebiet wird gefragt, wie es den Leuten im Urwald geht, die vor zwei Wochen das Dorf verlassen haben:

"Man diskutierte Vorbereitungen für eine Reise, die einige Männer in die Yungas geplant hatten (tropische Tieftäler am Andenostabhang). Eine Gruppe des Dorfes, einschliesslich Marianos Sohn, war schon dort, um neues Land für die Kolonisierung zu erschliessen. Wie erging es ihnen? Hatte es irgendeine Unbill gegeben? Man hatte seit Wochen nichts von ihnen gehört! - Lucas holte seine Kokatasche, legte einige Blätter auf sein 'tari' oder Kokatuch und liess dann anderer Blätter darüber fallen. Es gibt schlechte Nachrichten, sagte er dann. Einer der Gruppe ist ernsthaft verwundet worden. [...] Er sollte für längere Zeit schwer behindert sein."

Und die Koka-Vision war richtig:

"Lucas  hatte tatsächlich recht. Nur wenige Stunden, bevor er das weissagte, war ein junger Mann der Kolonisations-Gruppe unter einem umstürzenden Baum festgeklemmt worden. Er wurde fünf Tage später schwer verstümmelt ins Dorf gebracht." (S.51)

Oder ein Vater will wissen, wie es seiner Tochter geht, die in Huancavelica lebt. Er hält deren Mann für einen Trinker und ahnt, dass seine Tochter von ihrem Mann schlecht behandelt wird:

"Zuerst kauen Klient und 'katipero' [der Wahrsager für die 'katipa'] gemeinsam Kokablätter und nehmen in kleinen Schlucken 'aguardiente' (Alkohol) zu sich, um sich Mut zu machen. Dann bestimmt er 'katipero' die Kokablätter:

-- für  den Schwiegersohn ein längliches, ganzes, dunkelgrünes
-- für die Tochter steht ein glattrandiges und dunkelgrünes Blatt
-- das Glück ist ein regelmässiges, kleineres, ovales Blatt
-- für Unglück steht ein mittelgrosses Blatt mit gerader Ader." (S.52)

Beispiel: Katipa mit drei Würfen
Es werden drei Würfe gemacht, und für die Gegenwart zählt nur der dritte Wurf [wobei eine Entwicklung der Beziehung von der Vergangenheit her abgelesen werden kann].


Der erste Wurf symbolisierte Harmonie: Tochter und Schwiegersohn schauen in dieselbe Richtung, das Glück schaut zu ihnen hin, das Unglück schaut zu ihnen weg.

Der zweite Wurf symbolisiert eine Bedrohung: Tochter und Schwiegersohn schauen in dieselbe Richtung, aber nun ist das Unglück ihnen zugewandt und das Blatt des Glücks ist nach aussen gerichtet.

Der dritte Wurf symbolisiert das Unglück: Die Blätter von Tochter und Schwiegersohn schauen in entgegengesetzte Richtungen, zwischen ihnen liegt das Blatt des Unglücks, und das Blatt des Glücks ist weggerichtet (S.53).


Koka-Orakel: Drei
                          Blattkonstellationen für eine Familie


Das Orakel kann auch in mehreren Würfen nach Themen getrennt strukturiert werden:
-- ein Wurf für die Frage der Liebe
-- ein Wurf für die Frage der Arbeit
-- und der dritte Wurf für die Frage nach der Gesundheit (S.54-55)
-- und dann noch ein Wurf für die "Freundin" (S.55).

Beispiel: Katipa mit einem grossen und einem kleinen Wurf

" 'Don Benito', ein 'watuq' [Heiler im ketschuasprachigen Peru] in der Nähe von Cuzco, bei dem ich vier 'katipas' verfolgte, verwendete im ersten Teil des Orakels ca. 100 Kokablätter, die er aus einem Tuch auf die Decke schleuderte. Erst im zweiten Teil des Orakels nahm er zur Beantwortung spezieller Fragen jeweils ausgesuchte, 'gezeichnete' Blätter." (S.54)

Zusätzliche Trauminterpretationen
Eventuell gibt die Konstellation der Blätter Anlass zu weiteren Fragen und es werden zusätzlich noch vergangene Träume interpretiert, die mit dem jeweiligen Thema verbunden sind (S.58).



Bezahlung

Wenn die Wahrsagerin zur fragenden Familie nach Hause kommt, besteht die Bezahlung z.B. aus einem Essen, das die Wahrsagerin vor dem Haus sitzend alleine einnimmt (S.57).

Die wahrsagenden Personen, die oft Analphabeten sind, nehmen nur kleine Geschenke an. Da Geld keine Rolle spielt, ist das Deutungsresultat neutral und das verleiht den Wahrsagern und Heilern Respekt (S.61).




Bezugnehmende Quellen

-- Cobo, B. 1890-1893: Historia del Nuevo Mundo, B. 1-4; Impr. E. Rasco, Madrid 1890-1893

-- Evans-Pritchard, F.E. 1937: Witchcraft, oracles and magic among the Azande; Lonon 1937

-- Frisancho Pineda, D. 1978: Medicina indígena y populár; Verlag Mejia Baca, Lima 1978

-- Hinostrozo Laura, C. 1985: Breve información sobre la coca; In: Anthropológica III (3) 1985, S.153-170 (Univ. Catolica de Lima)

-- Lastres, J.B. 1951: Historia de la medicina Peruana, Vol. 1: La medicina Incaina; Vol. 2: La medicina en el virreinato. T. 5 de la historia de la universidad. Verlag San Marti, Lima 1951

-- Park, G.K. 1974: Divination; In: Encyclopedia Britannica, 15. Auflage, (S.917), London 1974

-- Sal y Rosas, F. 1972: Observaciones en el folklore psiquiatrico del Peru; In: Folklore Americano 17

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Bildernachweis

[1] Koka-Orakel: http://www.cciseta.com/web/htm/notre017.htm

[2] Buch von Andritzky, Titelblatt: http://www.syntropia.de/advanced_search_result.php?verlags_id=305


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