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Einzelheiten über die Literatur im Dritten Reich
Meldungen
präsentiert von Michael Palomino
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"Bestseller" im Dritten Reich
Einleitung: "Bestseller" ist nicht gleich meistgelesenes Buch
Im Jahre 2010 erschien ein Buch über die "Bestseller" im Dritten Reich:
Christian Adam: «Lesen unter Hitler - Autoren, Bestseller und Leser im Dritten Reich», Verlag Galiani Berlin, 384 Seiten.
Man muss die Bevölkerung bei Laune halten, um die eigentlichen Ziele der Politik zu vertuschen, und dies haben die Nazi-Verantwortlichen wohl auch geschafft. so wie die Verantwortlichen der kriminellen "USA" es heute (2010) mit den vielen Technik-Erfindungen und Computerspielen ebenso schaffen, die grosse Mehrheit der Menschen zu blenden, um nebenbei Dutzende Kriege zu organisieren.
Die Literatur im Dritten Reich befand sich dabei im "unpolitischen Mittelmass". Es gelang dem Regime nicht, die Bevölkerung geistig völlig zu beherrschen, schon alleine deswegen nicht, weil die Zensurstellen verschieden urteilten. "Literarische Einlagen", sogar von jüdischen Autoren, waren vom NS-Regime auch gezielt manipulativ gestreut.
Man kann durchaus annehmen, dass diese NS-Bestseller auch von einem Teil der schweizer Bevölkerung gerne gelesen wurden, aber das wird in der Studie von Christian Adam nicht untersucht.
Ausserdem muss differenziert werden, ob ein Buch nur gekauft, oder auch tatsächlich gelesen wurde. In der Nazi-Zeit gab es viel Schein und Trug, denn es herrschte auch im Privatbereich eine Doppelstrategie zum Überleben. Also: Man kaufte ein Buch für das "Regal", um Besucher zu beeindrucken und um "Linientreue" zu zeigen, und in den Verstecken oder in der "zweiten Reihe" des Regals lagen bzw. standen dann die anderen Bücher, die wirklich gelesen wurden.
Die Untergrundliteratur scheint in der Studie nicht beschrieben bzw. ausgelassen, denn die kommt in der öffentlichen Auflagen-Zählung nicht vor.
Michael Palomino, 20.8.2010
19.8.2010: Die Rangliste 1 bis 50 der verkauften Bücher im Dritten Reich gemäss offiziellen Verkaufszahlen
aus: Die Welt online: Die Lieblingsbücher der Deutschen im Dritten Reich; 19.8.2010;
http://www.welt.de/kultur/article9090884/Die-Lieblingsbuecher-der-Deutschen-im-Dritten-Reich.html
Platz 1: Adolf Hitler: Mein Kampf (1925/27). Auflage: 12.450.000. Quelle: Christian Adam: Lesen unter Hitler. Autoren, Bestseller, Leser im Dritten Reich. Galiani, Berlin. 384 S., 19,95 Euro.
Platz 2: VB-Feldpost (Hg.): Darüber lache ich noch heute. Soldaten erzählen heitere Erlebnisse (1943). Auflage: 2.600.000.
Platz 3: Philipp Bouhler: Kampf um Deutschland. Ein Lesebuch für die deutsche Jugend (1938). Auflage: 1.950.000.
Platz 4: Alfred Rosenberg: Der Mythus des 20. Jahrhunderts. Eine Wertung der seelisch-geistigen Gestaltenkämpfe unserer Zeit (1934). Auflage: 1.335.000.
Platz 5: Cigaretten-Bilderdienst Hamburg-Bahrenfeld (Hg.): Deutschland erwacht. Werden, Kampf und Sieg der NSDAP (1933). Auflage: 1.175.000.
Platz 6: Eduard Ahlswede: In Gottes eigenem Land. Ein Blick ins „Dollar-Paradies" (1942). Auflage: 1.100.000.
Platz 7: Karl Aloys Schenzinger: Anilin (1937). Auflage: 920.000.
Platz 8: Günther Prien: Mein Weg nach Scapa Flow (1940). Auflage: 890.000.
Platz 9: Heinrich Spoerl: Man kann ruhig darüber sprechen. Heitere Geschichten und Plaudereien (1937). Auflage: 890.000.
Platz 10: Johannes Banzhaf: Lustiges Volk. Ein heiteres Geschichtenbuch (1937). Auflage: 817.000.
Platz 11: Kuni Tremel-Eggert: Barb. Der Roman einer deutschen Frau (1934). Auflage: 750.000.
Platz 12: Hans Zöberlein: Der Glaube an Deutschland. Ein Kriegserleben von Verdun bis zum Umsturz (1931). Auflage: 740.000.
Platz 13: Ehm Welk: Die Helden von Kummerow (1937). Auflage: 739.000.
Platz 14: Fanny Gräfin von Wilamowitz-Moellendorff geb. Baronin von Fock-Stockholm: Carin Göring (1934). Auflage: 695.000.
Platz 15: Joseph Goebbels: Vom Kaiserhof zur Reichskanzlei. Eine historische Darstellung in Tagebuchblättern (1934). Auflage: 660.000.
Platz 16: Walter Flex: Der Wanderer zwischen beiden Welten. Ein Kriegserlebnis (1916). Auflage: 622.000.
Platz 17: Fritz Otto Busch: Narvik. Vom Heldenkampf deutscher Zerstörer (1940). Auflage: 615.000.
Platz 18: Gustav Schröder: Heimat wider Heimat (1929). Auflage: 599.000.
Platz 19: Hans Grimm: Volk ohne Raum (1926). Auflage: 505.000.
Platz 20: Reinhold Conrad Muschler: Die Unbekannte (1934). Auflage: 460.000.
Platz 21: Rudolf G. Bindig: Der Opfergang (1912/1944). Auflage: 459.000.
Platz 22: Eugen Roth: Ein Mensch. Heitere Verse (1935). Auflage: 455.000.
Platz 23: Anton Zischka: Erfinder brechen die Blockade (1940). Auflage: 440.000.
Platz 24: Ina Seidel: Das Wunschkind (1930). Auflage: 410.000.
Platz 25: Paul Coelestin Ettighoffer: Verdun. Das grosse Gericht (1936). Auflage: 394.000.
Platz 26: Polly Maria Höfler: André und Ursula (1937). Auflage: 390.000.
Platz 27: Margaret Mitchell: Vom Winde verweht (1937). Auflage: 366.000.
Platz 28: Werner Beumelburg: Sperrfeuer um Deutschland (1929). Auflage: 363.000.
Platz 29: Rainer Maria Rilke: Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke (1906). Auflage: 359.000.
Platz 30: Georg von der Vring: Die Spur im Hafen (1936). Auflage: 350.000.
Platz 31: Heinz Goedecke, Wilhelm Krug: Wir beginnen das Wunschkonzert für die Wehrmacht (1940). Auflage: 350.000.
Platz 32: Karl Aloys Schenzinger: Hitlerjunge Quex (1935). Auflage: 324.000.
Platz 33: Ludwig Ganghofer: Das Schweigen im Walde (1899). Auflage: 303.000.
Platz 34: Karl May: Der Schatz im Silbersee (1894). Auflage: 300.000.
Platz 35: Josefa Berens-Totenohl: Der Fernhof (1934). Auflage: 255.000.
Platz 36: John Knittel: Via Mala (1934). Auflage: 253.000.
Platz 37: Hans Dominik: Land aus Feuer und Wasser (1939). Auflage: 252.000.
Platz 38: Betina Ewerbeck: Angela Koldewey. Roman einer jungen Ärztin (1939). Auflage: 240.000.
Platz 39: Hans Surén: Mensch und Sonne. Arisch-olympischer Geist (1936). Auflage: 235.000.
Platz 40: Dinah Nelken: Ich an Dich. Ein Roman in Briefen mit einer Geschichte und ihrer Moral für Liebende und solche, die es werden wollen (1939). Auflage: 220.000.
Platz 41: Elly Rosemeyer-Beinhorn: Mein Mann, der Rennfahrer. Der Lebensweg Bernd Rosemeyers. Mit 77 Aufnahmen (1938). Auflage: 200.000.
Platz 42: Hanns Johst: Mutter ohne Tod / Die Begegnung. Zwei Erzählungen (1933). Auflage: 200.000.
Platz 43: Werner Bergengruen: Der Grosstyrann und das Gericht (1935). Auflage: 194.000.
Platz 44: Hans Fallada: Kleiner Mann – was nun? (1932). Auflage: 188.000.
Platz 45: Eugen Diesel: Der Mensch – Das Werk – Das Schicksal (1937). Auflage: 165.000.
Platz 46: Waldemar Bonsels: Die Biene Maja und ihre Abenteuer (1912). Auflage: 155.000.
Platz 47: Antoine de Saint-Exupéry: Wind, Sand und Sterne (1940). Auflage: 135.000.
Platz 48: Hellmuth Unger: Robert Koch. Roman eines grossen Lebens (1936). Auflage: 135.000.
Platz 49: A. J. Cronin: Die Zitadelle (1938). Auflage: 110.000.
Platz 50: Ernst Jünger: Auf den Marmorklippen (1939). Auflage: 80.000.
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Berlin 18.8.2010: Christian Adam präsentiert sein Buch "Lesen unter Hitler"
Das Buch muss ja eigentlich anders heissen, nämlich "Lesen unter Hitler und seinen Zensurstellen", denn die verschiedenen Zensurstellen urteilten jeweils sehr verschieden. Aber lesen Sie selbst:
aus: www.buchmarkt.de: Berlin: Christian Adam über den Buchmarkt unter Hitler; 18.8.2010; http://www.buchmarkt.de/content/43652-berlin-christian-adam-ueber-den-buchmarkt-unter-hitler.htm
Christian Adam, Publizist und Autor des Buchs "Lesen unter Hitler"
<Gestern Abend stellte der Publizist Christian Adam (Foto) in den Räumen des Galiani Verlags sein Buch Lesen unter Hitler - Autoren, Bestseller, Leser im Dritten Reich vor, das morgen erscheint.
Das Publikum erfuhr in dem Pressegespräch, dass es der Bücherschrank seines Vaters war, der Adam zu dem Buch motivierte. Hier hatte er unter anderem Karl Aloys Schenzingers Anilin, eines der Erfolgsbücher der Nazi-Zeit gefunden. Christian Adam hat gründlich recherchiert. Er forschte in Archiven, stöberte in Antiquariaten und auf Flohmärkten, suchte und fand Augenzeugen und las sich durch hunderte von Büchern aus der Nazi-Zeit.
Buch von Karl Aloys Schenzinger: "Anilin", zwei verschiedene Ausgaben der damaligen Zeit [2]und Arroganz gegenüber anderen in diesem Zeitalter, und der grosse "Fortschritt" in der Chemie wird in den 1980er Jahren schwere Konsequenzen haben mit vielen Allergien, hohen Krebsraten (u.a. durch den Asphalt- und Gummi-Feinstaub) und Organtransplantationen etc. All das war damals noch nicht abzusehen. Aber es gilt eben immer: Hochmut kommt vor dem Fall... [4]
Welche Bücher und Autoren im Dritten Reich verbrannt und verfemt waren ist bekannt. Auch, dass Hitlers Mein Kampf millionenfach in den Bücherschränken stand [aber kaum gelesen wurde]. Adam lenkt seinen Blick nun erstmals auf die Werke, die wirklich massenhaft gedruckt, gekauft und gelesen wurden. Vom Ratgeber bis zum Groschenheft.
Wer hätte gedacht, dass man in den 30er Jahren noch Huxleys Brave New World lesen konnte? Und Antoine de Saint-Exupérys Wind, Sand und Sterne ein Bestseller war?
"Brave New World" von Huxley ist ein englischer, anti-kapitalistischer Zukunftsroman gegen die grossen, englischen Kapitalisten mit der These, dass die Menschen mit Konsum, Sex und Drogen leicht regierbar sein werden [2].
Exypéry schildert in seinem Werk "Wind, Sand und Sterne" (Originaltitel "Terre des Hommes" 1939) seine Erlebnisse als Postpilot (1926-1935) mit Hinterfragung der Bestimmung des Menschheit. Er berichtet über seine Zeit als Berichterstatter und Kurier im Spanischen Bürgerkrieg. Das Buch ist ein literarisches Denkmal an die Pioniere der Postfliegerei. Kernstück des Buches ist sein Flug von 1935 von Paris nach Saigon, der mit einem Preisgeld verbunden war, wo er sich aber verflog, in Ägypten 200 km westlich von seinem eigentlichen Tagesziel Kairo in der Wüste landete und von Beduinen gerettet wurde. Dieses Grenzerlebnis führte später zum Buch "Der kleine Prinz". Das Buch "Wind, Sand und Sterne" strotzt vor Kameradschaft, Pflichterfüllung, Idealismus, Solidarität und Menschlichkeit [3].
Das Buch verherrlicht die Fliegerei und die Abenteuerlust, was das Hitler-Regime als Vorbild immer gebrauchen konnte, wobei im Dritten Reich am Ende der Krieg das "Abenteuer" war. Von dem her ist es nicht überraschend, dass das Buch im Dritten Reich immer gekauft werden konnte. Auf solche Art und Weise werden die Menschen in den "USA" bis heute manipuliert... [4]
Exupéry, Buch "Wind, Sand und Sterne", Buchdeckel [12]
Adam beschreibt nicht nur, welche Titel die Deutschen zu Hause und an der Front wirklich lasen, was bei Hitler und Goebbels und anderen Nazi-Grössen auf dem Nachttisch lag, er lenkt den Blick auch auf die Entwicklung der Buchbranche und beschreibt wie zwischen Ideologie und Propaganda wirtschaftliche Interessen verfolgt wurden.
Der Autor beleuchtet die Rolle von Leihbüchereien, die erzieherische Aufgabe der Buchhändler, die die Kunden im Sinne der NS-Kulturlenker zum guten Buch führen sollten, alters- und schichtenspezifische Lesegewohnheiten, die Berichterstattung der Branchenpresse – um nur einige Beispiele zu nennen - und gibt so einen umfassenden Überblick über den Buchmarkt unter nationalsozialistischer Herrschaft.
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Der Autor Christian Adam
aus: http://www.galiani.de/autoren/christian-adam.html
<Christian Adam (geb. Härtel), Jahrgang 1966, machte eine Ausbildung zum Fotografen. Er studierte Germanistik und Publizistik an der FU Berlin. Danach arbeitete er als Lektor und Programmleiter in verschiedenen Sachbuchverlagen, 2003 promovierte er über den nationalsozialistischen Autor Wilfrid Bade. Seit 2007 ist Adam Sachgebietsleiter Publikationen in der Abteilung Bildung und Forschung der Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen in Berlin.>
Bisher hat Christian folgende Bücher geschrieben:
Und nun folgt das Buch im Jahre 2010 "Lesen unter Hitler. Autoren, Bestseller, Leser im Dritten Reich".
- <»Soldat unter Soldaten. Der Journalist Joseph Goebbels« (In: Hachmeister/Kloft, Das Goebbels-Experiment, 2005)
- »›Vom Schraubstock zum Schreibtisch‹. Populärliteratur für die Volksgemeinschaft am Beispiel Hans Dominiks« (In: Würmann/Warner, Im Pausenraum des Dritten Reiches, 2008)
- Das Westpaket. Geschenksendung, keine Handelsware (Mitherausgeber, 2000)
- Berlin. Eine kleine Geschichte (2003)
- Stromlinien. Wilfrid Bade – Eine Karriere im Dritten Reich (2004)>
<Bücher: "Lesen unter Hitler. Autoren, Bestseller, Leser im Dritten Reich">
aus: http://www.galiani.de/buecher/christian-adma-lesen-unter-hitler.html
<Verlag Galiani Berlin
384 Seiten
gebunden mit Schutzumschlag, mit zahlreichen Abbildungen
Euro 19,95 (D) / sFr 30,50 / Euro 20,60 (A)ISBN 978-3-86971-027-3
Was die Deutschen wirklich lasen
Christian Adam wirft erstmals einen Blick auf ein vergessenes Kapitel deutscher Mentalitätsgeschichte.
Dass sich die Deutschen Mein Kampf millionenfach in die Bücherregale stellten, dass ein Band wie Darüber lache ich noch heute. Soldaten erzählen heitere Geschichten mehr als zwei Millionen Mal über den Ladentisch ging, das erwartet man für diese Zeit. Doch wer hätte gedacht, dass – wer wollte – in den Dreissigern noch Huxleys Brave New World lesen konnte, Werner Bergengruens durchaus kritisches Buch Der Grosstyrann und das Gericht häufig gekauft wurde, dass ausgerechnet Wind, Sand und Sterne von Antoine de Saint-Exupéry, der sich als Pilot aktiv am Kampf gegen die Nazis beteiligte, während des Kriegs ein grosser Erfolg in Deutschland war und mitnichten verboten? Dass die in der DDR so beliebten Heiden von Kummerow von Ehm Welk unter der Nazi-Diktatur entstanden und zum Bestseller wurden? Dass Lichtenberg, Rilke, Goethe und selbst Ernst Jünger massenhaft gelesen wurden.
Die Buchbranche boomte, trotz der Vertreibung unzähliger Autoren, trotz brennender Bücher und Verbotslisten, gerade im Krieg. Zahlreiche Autoren erreichten mit ihren Werken riesige Auflagen. Die meisten sind – zu Recht – heute vergessen. Viele aber waren auch in den fünfziger Jahren noch Publikumslieblinge. Manche liest man noch heute.
Christian Adam untersucht, wie Bücher unter den Nazis entstanden und wie sie sich – manchmal auch gegen den Willen der Machthaber – zu Bestsellern entwickelten, und welche Bücher wirklich gelesen wurden. Er stellt die politischen Institutionen und Protagonisten vor, die um die Oberhoheit über die Bücher rangen – kurz: er schreibt die Geschichte der Bestseller in der düstersten Epoche der deutschen Vergangenheit, und öffnet damit einen neuen Blickwinkel auf die Mentalität der Deutschen zwischen 1933 und 1945.>
Die Literatur von Klassikern ist nicht verwunderlich, denn auch "klassische Musik" genehmer Komponisten war im Dritten Reich bis zum Schluss zu hören. "Der Grosstyrann" von Werner Bergengruen spielt im 13. bis 15. Jahrhundert in Italien [5] und kann verschieden gedeutet werden, je nach Einstellung als ein "alter Hitler", oder besser oder schlechter [4].
Werner Gerbengruen, Portrait [9]
Ehm Welk (eigentlich: Emil Welk) war ein Journalist aus Stettin, der 1934 einen offenen Brief gegen Goebbels' Pressezensur schrieb und dafür ins KZ Oranienburg kam, kurz darauf aber auf Druck ausländischer Journalistenkollegen wieder freigelassen wurde, aber mit einem bedingten Berufsverbot belegt wurde. Welk beschränkte sich daraufhin auf unpolitisches Schreiben und schrieb u.a. "Die Heiden von Kummerow" im Jahre 1937 und weitere Dorfgeschichten. Der Roman "Heiden von Kummerow" hat eine Gruppe Buben in Vorpommern zum Hauptthema, die sich der Kirchenerziehung verweigern, aber doch moralisch handeln, z.B. gegen einen Tierquäler [28]. Das Werk ist heute auch verfilmt oder auch als Hörspiel verarbeitet. [6].
Ehm Welk (Emil Welk), Portrait [8]
Ernst Jünger aus Heidelberg hatte einen Lebensmittelchemiker als Vater, mit vielen Ortswechseln. In der Jugend entwickelte Ernst Jünger eine Vorliebe für Insektenkunde, Abenteuerromane, und schrieb erste Gedichte. 1913 nach einem kurzen Experiment in der Fremdenlegion wurde er im Ersten Weltkrieg mehrfach verwundet und erhielt als Zugführer höchste Auszeichnungen. Mehrere Bücher schildern die Kriegserlebnisse ("Stahlgewitter" u.a.). Er war Verbindungsmann der Freikorps und brach 1926 sein Philosophiestudium in Leipzig ab, um als Schriftsteller für die "nationale Bewegung" zu arbeiten, mit Erzählungen und Essays. Gleichzeitig unterhielt er aber auch Kontakte zur linken Szene. In den späten 1930er Jahren distanzierte er sich vom NS-Regime wegen geistlos empfundenen Totalitarismus der NS-Massenbewegung. 1939 erschien die Erzählung "Auf den Marmorklippen", das oft als Widerstnadsliteratur gegen Hitler interpretiert wird, von Ernst Jünger selber aber nicht. Jünger war im Zweiten Weltkrieg im Wehrmachtstab in Paris tätig, auch für den Widerstand ("Pariser Tagebücher"). 1942 war er kurz auch im Kaukasus. Am Ende war er Volkssturmkommandant in Niedersachsen und befahl, keinen Widerstand zu leisten. Sein Sohn Ernst wurde wegen kritischer Bemerkungen in das Strafbataillon 999 versetzt und fiel in Italien. Nach dem Krieg experimentierte Jünger mit LSD ("Besuch auf Godenholm") und schrieb weiter gegen den Totalitarismus an und erhielt sogar von Mitterrand und Kohl Besuch [29]. Das Werk "Marmorklippen" beschreibt eine fiktive, friedliche Zivilisation "Marina" an einem Binnensee, die im Wertezerfall steht, und die von einem Grossgrundbesitzer ("Oberförster") schrittweise aufgekauft wird, und am Ende abgebrannt wird [30].
Ernst Jünger, Buch "Auf den Marmorklippen" [14]
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19.8.2010: Die Büchergeschichte im Dritten Reich: Verbrannt - und doch gelesen
aus: Das Kulturmagazin "Stilbruch" von rbb online: Geschichte: Lesen unter Hitler; 19.8.2010;
http://www.rbb-online.de/stilbruch/archiv/stilbruch_am_19_08/lesen_unter_hitler.html
Christian Adam beim Spaziergang im Regen mit Regenschirm und im Interview 2010 (rbb)
Das Buch von Christian Adam scheint wirklich interessant zu sein. Hier wird geschildert, wie auch "verbotene" Bücher im Dritten Reich weiter gelesen wurden, und wie das möglich war:
<Erich Kästner oder Hans Fallada waren Schriftsteller, deren Bücher von den Nazis 1933 verbrannt wurden. Trotzdem gehörten sie zu den meistgelesenen Autoren des Dritten Reiches. Ein Berliner Historiker hat jetzt diese und andere Besonderheiten des Lesealltags unter Hitler erforscht.
Erich Kästner hatte seine Schlüsselerfahrung im Ersten Weltkrieg, war ab dann ein konsequenter Antimilitarist [7]. Er schrieb in den 1920er Jahren schon Kinderbücher, wo Kinder eigene Denkweisen entwickelten ("Emil und die Detektive" 1929, verfilmt 1931 etc.), die ihn wohl suspekt erscheinen liessen [4]. Als die Machtübernahme der NSDAP bevorstand, unterschrieb er 1932 einen Appell [7] zur Vereinigung aller Kräfte gegen den Faschismus zur Wahrung der persönlichen Freiheiten [8]. Das NS-Regime belegte Kästner dann wegen seiner "kulturbolschewistischen Haltung im Schrifttum vor 1933" mit einem Publikationsverbot. Kästner blieb v.a. wegen seiner Mutter in Berlin und schrieb dann nur noch Unterhaltungsromane. 1942 gab man ihm eine "Ausnahmegenehmigung" zur Verfassung des Drehbuchs von "Münchhausen", ein Jubiläumsfilm der Ufa. 1944 wurde er von den Alliierten ausgebombt, zog dann nach Tirol und war 1945 bis zu seinem Tod 1974 in München in vielfältigster Weise tätig mit Kabarett, Hörspiel, Lieder, Reden Aufsätze. Er blieb Antimilitarist und wandte sich auch gegen Zensurtendenzen unter Adenauer, war bei Antikriegsdemonstrationen anzutreffen etc. Ein Familienleben hatte Kästner nicht, obwohl er viele Kinderbücher schrieb. Der uneheliche Sohn wurde verschwiegen [7].
Kästner ist auf Liste der Top 50 nicht vertreten, denn scheinbar war das selbständige Denken von Kindern zu gefährlich für den IQ des Hitler-Regimes... [4].
Erich Kästner, Plakat der Film-Uraufführung "Emil und die Detektive" von 1931
Hans Fallada (eigentlich Rudolf Wilhelm Friedrich Ditzen) ist kein Vorbild in Sachen Lebensführung, aber man kann von ihm viel lernen [4]. Fallada hatte in seiner Jugend ein Trauma mit seinem Vater zu bewältigen, der in Leipzig Richter war und den Sohn für eine Juristenkarriere "vorgesehen" hatte. In der frühen Erwachsenenzeit hatte Ditzen dann grosse Probleme mit Alkohol- und Drogen, auch mit Kriminalität. Am Ende fing er an zu schreiben, blieb ab 1933 in Deutschland. Das Schreiben wurde ihm nie verboten. Er legte sich das Pseudonym "Hans Fallada" zu in Anlehnung an die Grimms Märchen "Hans im Glück" und "Die Gänsemagd", wo ein Pferd namens "Falada" sogar noch nach dessen Tod die Wahrheit spricht. Falada starb schon 1947 mit 53 Jahren. Seine Werke sind sozialkritisch (über Kleinstadtpolitik: "Bauern, Bonzen und Bomben" (1931), über den "kleinen Mann" "Kleiner Mann - was nun?" (1932), ein Bestseller im Dritten Reich und ein Welterfolg, und auch mit der Verarbeitung des selbst Erlebten (z.B. über seinen Gefängnisaufenthalt in Neumünster: "Wer einmal aus dem Blechnapf frisst" (1934). Falada war nie konkret gegen ein Regime, und das Regime liess ihn schreiben [9].
Hans Fallada, Buch "Kleiner Mann - was nun?", Buchdeckel [10]
Die Nazis waren nur vier Monate an der Macht, da bestimmten sie, was gelesen werden soll, was gute Bücher sind. Bücher von Autoren wie Erich Maria Remarque, Ernst Gläser, Erich Kästner wurden bei der Bücherverbrennung 1933 vernichtet. Doch während die Nationalsozialisten die einen die Geburtsstunde eines sogenannten "neuen deutschen Schrifttums" feiern, verlässt die geistige Elite das Land. Doch ihre Bücher bleiben - vorerst [bis die alliierten Bomben die Städte in Schutt und Asche legten].
Verbotene Schriftsteller: Erich Maria Remarque (eigentlich Erich Paul Remark) aus Osnabrück schrieb sich ab 1922 mit dem Vornamen "Maria" und ab 1924 nur noch mit der französischen Schreibweise "Remarque". Im Ersten Weltkrieg wurde er zwangseingezogen und mit Splittern an Bein und Arm sowie durch einen Schuss am Hals verwundet. Dann war er Lehrer, Zeitungsredakteur, Werbetexter und Verfasser von Prosa, bis ihm mit dem Roman "Im Westen nichts Neues" 1928 über die deutsche Armee und deutsche Soldaten der Durchbruch gelang. 1933 emigrierte er ins Tessin. Das NS-Regime verbrannte nicht nur seine Bücher, sondern behauptete auch, er sei Jude mit dem eigentlichen Namen Kramer, und er habe am Ersten Weltkrieg gar nicht teilgenommen. 1938 wurde ihm die Staatsbürgerschaft aberkannt, und ab 1939 lebte er in den "USA", ab 1948 teilweise auch wieder im Tessin. 1947 wurde er "Amerikaner" und schrieb weitere Romane, die auch verfilmt wurden. Er starb 1970 im Tessin. Sein Grab ist in Ascona [10].
Remarque ist dann auf Liste der Top 50 nicht vertreten [4].
Verbotene Schriftsteller: Ernst Gläser aus Darmstadt war nach seinem Germanistikstudium Mitarbeiter bei Verlagen und Theatern. Sein Roman "Jahrgang 1902" (1928) wurde gleich ein internationaler Erfolg mit pazifistischen Tendenzen, mit der Schilderung gesellschaftlicher Missstände und einer offenen Darlegung der zum Teil krassen Sexualität in der Gesellschaft. Die Parteien der Rechten akzeptierte wegen Letzterem seinen Roman nicht. 1930 war er Mitunterzeichner des Wahlaufrufs der proletarisch-revolutionären Schriftsteller zugunsten der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD). 1933 liess das NS-Regime seine Bücher verbrennen, und obwohl er sich vom Marxismus distanziert hatte, zwang man ihn zur Emigration, zuerst in die Tschechoslowakei, und ab 1934 in der Schweiz im Tessin und in Zürich ab 1935, wo der Roman "Der letzte Zivilist" über die schrittweise NS-Machtübernahme in allen Lebensbereichen entstand. Sein Widerstand fing dann an zu bröckeln und er kehrte 1939 als Linientreuer ins Dritte Reich zurück, wo er unter dem Pseudonym "Ernst Töpfer" für NS-Frontzeitungen schrieb. Nach dem Krieg schrieb er weiter Romane, die aber keine grossen "Erfolge" mehr waren [11].
Remarque ist auf Liste der Top 50 nicht vertreten [4].
Christian Adam, Autor
"Das ist ja das Schöne an Büchern, die waren natürlich 1933 nicht alle weg, sondern die standen überall in den Regalen. Die wurden natürlich weiter gelesen, natürlich wurde auch Thomas Mann weiter gelesen. Weil, er war in den Häusern. Und es ist den Nazis eben nicht gelungen, das alles einzusammeln."
Christian Adam interessiert sich für das, was die Deutschen zwischen 1933 und 1945 tatsächlich gelesen haben, nicht für das, was sie lesen sollten. Er begibt sich auf die Spur der Bestseller des Dritten Reiches und entdeckt Verblüffendes. Erich Kästners Romane, die auf dem Index der Nazis stehen, kann man unter dem Ladentisch kaufen.
Erich Kästner im Kaffee schreibend (rbb)
Ein Kästner-Buch halb versteckt unter anderen Papieren (rbb)
Kästner selbst schreibt weiter, wenn auch unter Pseudonym. Jahrelang grast Christian Adam Antiquariate und Trödelmärkte nach den literarischen Hits des Nationalsozialismus ab. 350 Bücher, Mindestauflage 100.000 Exemplare, nimmt er unter die Lupe. Sein Fazit: Die Welt der Bücher blieb bunt und vielfältig, die Literaturpolitik voller Inkonsequenzen. Zum Beispiel Joseph Goebbels - der erste Mann im "Reichspropagandaministerium" ist ein bekennender Verehrer Hans Falladas.
Christian Adam, Autor
"Es gibt von ihm eben im Tagebuch auch Äusserungen über Hans Fallada zum Beispiel, der eben keineswegs ein im Regime allgemein gut angesehener Autor war, sondern eher immer sehr kritisch betrachtet wurde, indem er schreibt: 'Ja, Fallada, der kann erzählen. Aber das werden wieder diese unteren Chargen in meinem Ministerium sozusagen, überhaupt nicht wahrnehmen.' "
Die "unteren Chargen" setzen auf Autoren wie Kuni Tremel-Eggert mit einem Bekenntnis zur Heimat und zur Scholle.
Das Buch "Barb, Roman einer deutschen Frau" und eine Bücherliste von Kuni Tremel-Eggert (rbb)
Kuni Tremel-Eggert (*1889) aus Burgkunstadt (Oberfranken, Bayern), die zuerst "Kunigunde" hiess [12] verlor mit 11 die Mutter, und ab 14 musste sie nach der Heirat der älteren Schwester die Geschwister hüten und konnte nur noch Samstags und Sonntags zur Schule gehen. 1914 verlor sie auch noch den Vater und einige Schulkameraden im Ersten Weltkrieg. [Nach dem Diktat von Versailles] fing sie ab 1918 aus der ganzen Tragik heraus an, für Deutschland zu schreiben und hatte da schon Kontakte zur NSDAP (z.B. mit Dietrich Eckart). Sie schrieb einige Romane und Dutzende von Erzählungen als "Heimatdichterin".
Im Dritten Reich kam dann "ihre Stunde". Ihr Buch "Barb" (1942) wurde über eine Million mal verkauft. Ihre Werke sind aber nur zum Teil antisemitisch. Das Nazitum raubte ihr schliesslich den Sohn (Günter), der am 18. Januar 1944 an der Ostfront fiel. Die Alliierten raubten ihr dann auch noch das Haus in München-Harlaching durch Beschlagnahmung [13]. 1948 musste sie 2000 Mark Sühne bezahlen und wurde als "Mitläuferin" eingestuft [14].
Nach einem Streit mit antisemitischen Äusserungen wurde sie aber dann doch mit Schreibverbot belegt. Die Revision gegen den Entscheid war nicht mehr erfolgreich, denn sie wurde schwer krank und wurde 1957 auf ihren Wunsch hin in Burgkunstadt beigesetzt. In der Sowjetzone und in der DDR waren ihre Bücher verboten. Zum 50. Todestag kam es in Burgkunstadt zum Streit, ob man sie ehren sollte oder nicht, und es wurde ausdrücklich erklärt, dass man sie nur für die nicht-antisemitischen Werke ehren würde - als "Heimatdichterin" [13].
In Internet war leider nicht eruierbar, welche Werke von ihr antisemitisch sind und welche nicht, und auch der Inhalt des "Barb" war nirgendwo in einer Zusammenfassung zu finden, aber vielleicht ändert sich das noch mit der Zeit [4].
Die Leser haben andere Favoriten. Literarischer Renner jener Zeit ist "Anilin", der Roman über die Gewinnung eines Farbstoffs. Nach Hitlers "Mein Kampf" der meist verkaufte Titel. Sachbücher, Ratgeber, Landserhefte gehen in grosser Zahl über die Ladentische. Dazwischen versteckt sich die "gehobene Literatur".
Christian Adam, Autor
"Da ist auch manches Buch dabei, wo man heute durchaus staunt, wenn man es vor dem Hintergrund der Zeit liest. Also Werner Bergengruen "Der Grosstyrann und das Gericht" zum Beispiel ist eben ein Buch, wo ganz klar in Parabelform ein totalitäres Regime gezeigt wird. Und auch durchaus mit kritischen Aspekten, so dass eben bestimmte Leserschichten dort auch durchaus Nischen gefunden haben, mit ihrer Kritik hinzugehen in diese Literatur. "
Aber die Masse sehnt sich nach Unterhaltung und Amüsement. Ganz im Sinne Goebbels, der findet: "Ein bisschen Entspannung tut so gut!". Andere Funktionäre sehen in der Unterhaltungsliteratur eine Gefahr für die Volksgesundheit. Doch Goebbels setzt sich durch, fördert sogar die Verfilmung erfolgreicher Titel wie Dinah Nelkens Briefroman "Ich an Dich".
Roman "Ich an dich. Ein Roman in Briefen" von Dinah Nelken, Buchdeckel und Textseiten (rbb)
Roman "Ich an dich", Foto mit einem Pärchen (rbb)
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Die Autorin war Jüdin und flüchtete laufend vor den Nazis:
Dinah Nelkens Vater war Schauspieler in Berlin. Sie betätigte sich mit Schreiben, publizierte in den 1920er Jahren Kurzgeschichten und Feuilletons und Texte in der Berliner Presse und im Berliner Kabarett "Die Unmöglichen". 1932 hatte sie mit dem Roman "Eineinhalb Zimmer Wohnung" ihren Durchbruch, zog dann mit ihrem Lebensgefährten Ohlenmacher von Berlin nach Wien [um dem Nazi-Regime zu entkommen] und konnte dort Filmdrehbücher schreiben, und auch den Brief-Roman "Ich an Dich" mit dem Untertitel "Ein Roman in Briefen mit ihrer Geschichte und ihrer Moral für Liebende und solche, die es werden wollen", der ausschliesslich aus Briefen besteht.
Dinah Nelken floh 1938 von Österreich auf die dalmatische Insel Korcula, dann 1943 nach Italien. Erst 1950 kehrte sie nach Berlin zurück und brachte mit dem Buch "Spring über deinen Schatten, spring!" (1954) ein Buch über die Nazi-Verfolgung heraus, das 1955 unter dem Titel "Geständnis einer Leidenschaft" neu herauskam. Sie arbeitete dann bei Film, Fernsehen und Radio und starb 1989 in Berlin [15].
Es erscheint eigenartig, dass Goebbels das Buch "Ich an Dich" der Jüdin Dinah Nelken im Dritten Reich verfilmen liess, aber scheinbar fand er dies "unverfänglich". Gleichzeitig scheint das Werk von Dinah Nelken bis heute unterbelichtet [4].Christian Adam, Autor
"Man brauchte im Krieg auch Räume, die eben nicht mit Ideologie besetzt waren. Und da gehört diese Unterhaltungsliteratur rein. Es gab zum Beispiel auch sehr viel ausländische Literatur. Also, das war für mich auch so ein Bereich, den ich sehr erstaunlich fand, also zum Beispiel einer der grössten Bestseller der 30er Jahre ist von Margaret Mitchell „Vom Winde verweht“. Der eine Auflage von weit über 300.000 in Deutschland hatte."
Nach "Vom Winde verweht" sucht man nach Kriegseintritt der USA 1941 in den Frontbüchereien vergeblich. Dafür kann man dort die Romane Antoine de Saint-Exupérys finden. Der Franzose kämpft auf Seiten der Amerikaner gegen die Deutschen.
Christian Adam, Autor
"Der ist ja bekanntermassen im Kampf gegen die Deutschen abgeschossen worden als Pilot dann über dem Mittelmeer. Seine Bücher waren in Deutschland lieferbar und erstaunlicherweise quasi bis zum Schluss, bis in die 40er Jahre. "
Christian Adam kommt in seinem Buch "Lesen unter Hitler" zu dem Schluss, im Hinblick auf die Literatur im Dritten Reich gibt es keine erfolgreiche Gleichschaltung. Zu gross das Kompetenzgerangel unter den Funktionären, zu wenig gute linientreue Schriftsteller. Selbst der Autor des Bestsellers "Mein Kampf" bevorzugt privat die Lektüre von Karl May.
Autorin: Gabriele Denecke>
Das Buch "Vom Winde verweht" [2] ist ein Kriegsbuch und schildert den Bürgerkrieg in den "USA" zwischen Nord- und Südstaaten 1860-1865, und am Ende gewinnt der "Stärkere". Das will ja auch das Hitler-Regime, der "Stärkere" sein,
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19.8.2010: <Bestseller unter dem Hakenkreuz>
aus: Borkener Zeitung; 19.8.2010;
http://www.borkenerzeitung.de/aktuelles/kultur/nachrichten/1375394_Bestseller_unter_dem_Hakenkreuz.html
<Berlin - Zuerst verbrannten sie die Bücher, dann brummten die Druckereien: Im Umgang mit der Literatur verbanden die Nationalsozialisten hemmungslos Unterdrückung mit Propaganda. Kulturvernichtung, Blut-und-Boden-Ideologie und Unterhaltung gehörten unter den Nazis zusammen.
Zu welchen Büchern griffen aber die Deutschen zwischen 1933 bis 1945 tatsächlich? Eine Studie gibt erstmals Einblick in das «Leseland» Drittes Reich.
Für seine Untersuchung «Lesen unter Hitler - Autoren, Bestseller, Leser im Dritten Reich» (Verlag Galiani Berlin) hat sich Christian Adam 350 Titel vorgenommen und ihre Entstehung sowie Wirkung analysiert. Die Werke mit einer Auflage von 100 000 Exemplaren aufwärts waren die Bestseller der NS-Zeit. Romane und Ratgeber, Sachbücher und Kriegsberichte, Schnulzen und Landserhefte - die Geschichte der NS-Bucherfolge ist «das Gegenstück zur Geschichte der verbrannten und verbannten Bücher und Autoren», schreibt Adam.
Neben dem Dauer-Spitzenreiter «Mein Kampf» (Auflage 12,5 Millionen Exemplare) standen in deutschen Wohnzimmern und Bibliotheken Bücher, die sich auch nach dem Krieg sehr gut verkauften. Ob Antoine de Saint-Exupérys «Wind, Sand und Sterne» (135 000), Margaret Mitchells Südstaaten-Drama «Vom Winde verweht» (366 000), Heinrich Spoerls Anekdotensammlung «Mann kann ruhig darüber sprechen» (890 000) oder Johanna Haarers Ratgeber «Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind» zur «Aufzucht des Neugeborenen» (1,2 Millionen bis 1987) - Adams Liste, die er in zehn Büchertypen aufteilt, liefert ein Sittengemälde des deutschen Kulturlebens unter dem Hakenkreuz.
Spoerl war zuerst Rechtsanwalt in Düsseldorf, zog dann 1937 als Schriftsteller nach Berlin und lebte ab 1941 in Bayern. Er wurde bekannt durch seine humoristischen Romane und Erzählungen wie "Feuerzangenbowle" (1933), "Maulkorb" (1936), "Man kann ruhig darüber sprechen" (1937) etc. [16].
Spoerl, Buch "Man kann ruhig darüber sprechen" [5]
1. Rasse, Volk, Sippe; 2. Der NS-Staat; 3. Der Mann; 4. Die unsichere Frau; 5. Opfer; 6. Das Kind. Das Buch schildert, das Kind müsse isoliert aufwachsen, sei mit seinen Begehrlichkeiten ein "Haustyrann", Stillen sei "rassische Pflicht", freche Kinder bekommen zum Einschlafen einen "Haltegurt" etc. Dieses rassistische Buch Im selben Stil wie das Haarer-Buch ist etwa das Altnazi-"Erziehungsbuch" von Dreikurs "Kinder fordern uns heraus" geschrieben, das auch behauptet, Kinder seien "Machtkämpfer" etc. pp [4].
Brutales Nazi-Buch von Johanna Haarer gegen Kinder: "Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind" [2]
Entgegen einer weit verbreiteten Annahme, war Hitlers Literaturpolitik nicht aus einem Guss, sondern ein chaotisches Nebeneinander von Behörden und Bürokraten. Auf keinem anderem Gebiet war der Kompetenz-Wirrwarr grösser. Ob die Parteiführung oder Joseph Goebbels' Propaganda-Ministerium, das Amt des NS-Ideologen Alfred Rosenberg oder die Reichsschrifttumskammer - diese und zahlreiche andere Instanzen wollten festlegen, wer in Deutschland publizieren konnte, was gelesen werden durfte und was nicht.
Es gab mindestens 20 Zensurstellen, schwarze Listen und Empfehlungen. Für Rosenberg war Unterhaltungsliteratur Gift für die richtige Gesinnung. Goebbels sah dagegen mit der sich abzeichnenden Kriegsniederlage die leichte Lektüre als soziales Ventil. «Abends etwas gelesen. Hamsun und Wilhelm Busch. Ein bisschen Entspannung. Das tut so gut», schrieb Germanist Goebbels in sein Tagebuch.
Angesichts des Durcheinanders an Zuständigkeiten gelang es Verlagen und Autoren, im Schatten oder mit Hilfe des Apparates zu gedeihen, und wie etwa das Verlagshaus C. Bertelsmann, den Grundstein für den wirtschaftlichen Erfolg auch nach 1945 zu legen.
Zu den erfolgreichsten Gattungen gehörten Sachbücher, die sich mit Erfindungen oder der Gewinnung von Rohstoffen beschäftigen, etwa «Anilin» von Karl Aloys Schenzinger («Hitlerjunge Quex»), das mehr als eine Million Mal verkauft wurde und nach dem Krieg ein Erfolg blieb. Titel wie «Erfinder brechen die Blockade» (400 000 Exemplare) oder «Robert Koch. Roman eines grossen Lebens» (135 000) fanden vor allem unter Soldaten begeisterte Leser.
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Hitlerjunge Quex, Filmplakat [1] für einen Roman, wo "böse" Kommunisten gegen "gute" Nazis kämpfen
Karl Aloys Schenzinger aus Neu-Ulm war promovierter Dr. med. und im Ersten Weltkrieg Sanitätsoffizier, danach in Hannover schriftstellerisch tätig, 1923-1925 in den "USA", dann ab 1925 in Berlin Arzt mit Hobby der Schriftstellerei. 1928 gelang ihm mit dem Abenteuerroman "Abitur am Niagara" der Durchbruch, hängte seinen ungeliebten Arztberuf an den Nagel und machte im Auftrag seines Verlags eine Weltreise, die in drei Reiseromanen ihren Niederschlag fand, die in Illustrierten abgedruckt wurden ("Illustriertenromane"). 1931 wurde der NS-freundliche Roman "Man will uns kündigen" publiziert, woraufhin der Auftrag des Reichsjugendführers Baldur von Schirach erfolgte, einen Roman über die Hitler-Jugend zu schreiben, so dass "Hitlerjunge Quex" entstand, mit Schilderungen über das Berliner Arbeitermilieu und den erstochenen Hitler-Jungen Herbert Norkus. "Quex" wurde im Dritten Reich ein Bestseller und von der Ufa auch verfilmt [18].
Das Werk "Hitlerjunge Quex" ist sehr tendenziös bzw. stellt SPD und KPD als liederlich-sexuell-mafiöse Gruppen und die Hitler-Jugend im Gegensatz dazu als ehrbar "deutsch" mit Lagerfeuer und Heldentum dar. Der Sohn "Heini" wird dabei in einen Konflikt hineingezogen, indem der Vater will, dass er der kommunistischen Jugendorganisation beitritt, Heini aber findet die Hitler-Jugend "besser" und verrät sogar einen geplanten Anschlag der Kommunisten gegen das HJ-Lokal. Später rächen sich die Kommunisten mit der Ermordung von Heini [19]. Mit diesem Roman und seiner Verfilmung wurde der "Opfergeist" der "deutschen" Jugend beschworen [20]. Das heisst, alle Buben im Dritten Reich wurden quasi aufgefordert, sich für den Krieg missbrauchen zu lassen [4].
Mit der Zeit wandte Schenzinger sich von der Politik ab - war auch nie NSDAP-Mitglied - und begann neutral-wissenschaftliche Romane zu schreiben wie "Anilin. Roman eines Farbstoffs" (1936), ein Loblied auf die deutsche Chemie, der zweite Bestseller Schenzingers im Dritten Reich (damals wusste man kaum etwas von "Nebenwirkungen" der Chemie). 1939 folgte der Roman "Metall". Im Zweiten Weltkrieg war Schenzinger Arzt der deutschen Luftwaffe in Wien, 1945 im "amerikanischen" Lager Mauerkirchen interniert, dann als Mitläufer eingestuft und 4 Jahre mit Schreibverbot belegt. Die Sowjetzone liess viele seiner Schriften auf den Index setzen. Danach hatte er in Bayern seine eigene Arztpraxis und schrieb wieder nebenbei populärwissenschaftliche Bestseller wie 1950 "Atom", 1951 "Schnelldampfer" und "Bei I.G. Farben", 1956 "99% Wasser" und 1957 "Magie der lebenden Zelle" [18]. Schenzinger vermittelte der Welt, wie wenn alle Technik unbedenklich wäre. Nebenwirkungen kannte man damals noch nicht, und Naturmedizin scheint er auch nicht gekannt zu haben...[4]
Buch von Anton Zischka: "Erfinder brechen die Blockade" [2]
Auch wenn es politisch heikel war, boten Biografien berühmter Leute, etwa Elly Beinhorns «Mein Mann, der Rennfahrer» über den verunglückten Bernd Rosemeyer (200 000), Einblick in das Leben des NS-Jet-Sets. Einer der kuriosesten Erfolge ist wohl «Mensch und Sonne. Arisch-olympischer Geist» mit Tipps zum Nacktwandern, zu Lehmbädern und zum unbekleideten Skifahren (Auflage: 235 000). Hier wurde sexuelle Freizügigkeit an den «Rassegedanken» gekoppelt und dem «deutschen Körper» gehuldigt.
Bilder aus dem Buch von Hans Surén «Mensch und Sonne. Arisch-olympischer Geist» [3]. Das Buch wurde schon 1924 aufgelegt ("Der Mensch und die Sonne") und war schon vor dem Dritten Reich ein Bestseller, und hatte auch nach dem Zweiten Weltkrieg eine grosse Wirkung für die FKK-Bewegung [26].
Elly Beinhorn, Buch "Mein Mann, der Rennfahrer", Biographie mit Einblick in die Oberschicht (Jet-Set) im Dritten Reich [2]
Zur Abteilung weiche Propaganda gehörten die Bilderalben des Zigarettenherstellers Reemtsma. Wie in einer Art Panini-Album wurden mit den Zigaretten die Fotos von Nazi-Grössen zum Einkleben verkauft. Es gab Arztromane («Angela Koldewey») und deutsch-französische Liebesgeschichten («André und Ursula»), Kriegsliteratur («Narvik») und Einladungen zum Heldentod («Mein Weg nach Scapa Flow»). Die Titel wurden millionenfach verkauft und spornten junge Männer an, sich etwa für die Marine und die U-Boot-Waffe zu melden.
War die Gleichschaltung der Literatur erfolgreich? Für Christian Adam sind die Nazis dabei «grandios gescheitert». Im «Verbieten und Ausmerzen» hätten sie eine gewisse Perfektion erlangt, doch gemessen an den Absatzzahlen habe sich vor allem «das unpolitische Mittelmass» durchgesetzt.
Christian Adam
Lesen unter Hitler - Autoren, Bestseller und Leser im Dritten Reich
Verlag Galiani Berlin
384 S.,19,95 Euro
ISBN 978-3-86971-027-3>
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20.8.2010: <Leseland Drittes Reich: Bestseller in Nazideutschland> [die ersten 5 Plätze und die letzten Plätze der Bücher-Verkaufsliste]
aus: Die Welt online; 20.8.2010; http://www.welt.de/die-welt/kultur/article9101583/Leseland-Drittes-Reich-Bestseller-in-Nazideutschland.html
<Zuerst brannten Bücher, dann brummten die Druckereien: Im Umgang mit der Literatur verbanden die Nationalsozialisten hemmungslos Unterdrückung mit Propaganda. Kulturvernichtung, Blut-und-Boden-Ideologie und Unterhaltung gehörten unter den Nazis zusammen. Zu welchen Büchern griffen aber die Deutschen zwischen 1933 bis 1945 tatsächlich? Eine Studie gibt erstmals Einblick in das "Leseland" Drittes Reich.
Für seine Untersuchung "Lesen unter Hitler - Autoren, Bestseller, Leser im Dritten Reich" (Verlag Galiani Berlin) hat sich Christian Adam 350 Titel vorgenommen und ihre Entstehung sowie Wirkung analysiert. Die Werke mit einer Auflage von 100 000 Exemplaren aufwärts waren die Bestseller der NS-Zeit. Romane, Ratgeber, Sachbücher, Kriegsberichte, Schnulzen und Landserhefte - die Geschichte der NS-Bucherfolge ist "das Gegenstück zur Geschichte der verbrannten und verbannten Bücher und Autoren", schreibt Adam.
Auf den ersten fünf Plätzen sind Adolf Hitlers "Mein Kampf", die Textsammlung "Darüber lache ich noch heute. Soldaten erzählen heitere Erlebnisse", Philipp Bouhlers "Kampf um Deutschland. Ein Lesebuch für die deutsche Jugend", Alfred Rosenbergs "Der Mythus des 20. Jahrhunderts. Eine Wertung der seelisch-geistigen Gestaltenkämpfe unserer Zeit" und "Deutschland erwacht. Werden, Kampf und Sieg der NSDAP", herausgegeben vom Cigaretten-Bilderdienst Hamburg-Bahrenfeld.
Etwas überraschender und abwechslungsreicher wird es dann auf den hinteren Plätzen. Dort finden sich etwa Margaret Mitchells Südstaatendrama "Vom Winde verweht" (Platz 27), Rainer Maria Rilkes "Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke" (Platz 29) und "Wind, Sand und Sterne" von Antoine de Saint-Exupéry (Platz 47), dem Autor des "kleinen Prinzen".
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Schweiz: Die arroganten und Alkohol-schwangeren, schweizer Journalisten präsentieren das Buch von Christian Adam mit den üblichen Pauschalitäten gegen Deutsche - es ist eine Katastrophe
Die schweizer Journalisten präsentieren das Buch von Christian Adam nicht so detailgetreu, sondern stellen "die Deutschen" so dar, wie wenn sie alle Nazis gewesen wären (dargestellt im absolut krimineller Titel im Tagesanzeiger, Basler Zeitung und Bund: "Was die Nazis am liebsten lasen"),. Die Alkohol-geschwängerte schweizer Journaille tut so, wie wenn die Deutschen im Dritten Reich alle "Mein Kampf" gelesen hätten, wie wenn sie alle Vollblut-Nazis gewesen wären, und vor allem Erfinder und Gewinnertypen und Nacktwanderer gewesen wären. Die primitive, schweizer Zensur (auch Alkohol-geschwängert) ist an den Artikeln ziemlich gezielt ablesbar: Von den ersten 5 Büchern wird nur "Mein Kampf" erwähnt und dann noch Bücher erwähnt, die "Sensationscharakter" haben, oder die Gemeinsamkeiten mit der schweizer Leserschaft aufweisen, ohne den jeweiligen Rang zu erwähnen. Dann müsste man ja zugeben, dass man die Plätze 2 bis 10 gar nicht erwähnt hat.
Dafür glänzt der Artikel des Zürcher Tagesanzeigers mit einigen Fotos der Bücher selbst, und 20 minuten zeigt gar nicht scheu die Nackt-Kultur, die sich an der Ostsee und in den Bergen scheinbar etablieren durfte bzw. sich schon vor der Hitler-Zeit an der Ostsee etabliert hatte und nun ins Nazi-Bewusstsein integriert wurde. Nun, die Nackt-Kultur ist vielleicht auch ein bisschen Neid, weil die Schweiz keine Ostsee mit den grossen FKK-Stränden hat, und da war doch dieses Jahr ein Urteil wegen Nacktwandern im Appenzellerland. In der Schweiz fehlt einfach ein grosser FKK-Strand an einem See. Aber lesen Sie selbst:
20.8.2010: <Hitlers Schmöker: Bestseller unter dem Hakenkreuz>
Christian Adam: «Lesen unter Hitler - Autoren, Bestseller und Leser im Dritten Reich», Verlag Galiani Berlin, 384 Seiten.
aus: 20 minuten online: Hitlers Schmöker: Bestseller unter dem Hakenkreuz; 20.8.2010;
http://www.20min.ch/wissen/history/story/Bestseller-unter-dem-Hakenkreuz-14058163
Bilder aus dem Buch «Mensch und Sonne. Arisch-olympischer Geist», das sich in Deutschland unter den Nazis grosser Beliebtheit erfreute.
[Nackt-Skifahren, Nackt-Turnen, das würde auch heute vielen Menschen noch Freude machen, auch ohne Nazitum. In Deutschland weiss man das, und das Bändchen gab es schon laaaaaaaaaaange vor 1933, aber in der Schweiz fehlt scheinbar die Ostsee, oder das Büchlein kam erst in der Nazi-Fassung in die Schweiz].
<von Esteban Engel, dpa -
Karl May war bekanntlich Adolf Hitlers Lieblingsautor. Unbekannt war bis jetzt, welches die Bestseller zur NS-Zeit waren: Nacktwander-Tipps und Klebealben mit Nazi-Grössen beim Rauchen.
Im Umgang mit Literatur verbanden die Nationalsozialisten hemmungslos Unterdrückung mit Propaganda - eine neue Studie gibt Einblick in das Buchgeschäft und die Lesegewohnheiten der NS-Zeit.
Christian Adam: «Lesen unter Hitler - Autoren, Bestseller und Leser im Dritten Reich», Verlag Galiani Berlin, 384 Seiten, 30,50 FrankenFür seine Untersuchung «Lesen unter Hitler - Autoren, Bestseller, Leser im Dritten Reich» hat sich Christian Adam 350 Titel vorgenommen und ihre Entstehung sowie Wirkung analysiert. Die Werke mit einer Auflage von
100 000 Exemplaren aufwärts waren die Bestseller der NS-Zeit von 1933 bis 1945.Auch ausländische Literatur
Romane und Ratgeber, Sachbücher und Kriegsberichte, Schnulzen und Landserhefte - die Geschichte der NS-Bucherfolge ist «das Gegenstück zur Geschichte der verbrannten und verbannten Bücher und Autoren», schreibt Adam.
Neben dem Dauer-Spitzenreiter «Mein Kampf» (Auflage 12,5 Millionen Exemplare) standen in deutschen Wohnzimmern und Bibliotheken Bücher, die sich auch nach dem Krieg sehr gut verkauften.
Ob Antoine de Saint-Exupérys «Wind, Sand und Sterne» (
135 000 ), Margaret Mitchells «Vom Winde verweht» (366 000 ) oder Johanna Haarers Ratgeber «Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind» zur «Aufzucht des Neugeborenen» (1,2 Millionen bis 1987) - Adams Liste liefert ein Sittengemälde des Kulturlebens unter dem Hakenkreuz.Zerstrittene Zensoren
Entgegen einer weit verbreiteten Annahme war Hitlers Literaturpolitik nicht aus einem Guss, sondern ein chaotisches Nebeneinander von Behörden und Bürokraten. Auf keinem anderem Gebiet war der Kompetenz-Wirrwarr grösser.
Ob die Parteiführung oder Joseph Goebbels' Propaganda- Ministerium, das Amt des NS-Ideologen Alfred Rosenberg oder die Reichsschrifttumskammer - diese und zahlreiche andere Instanzen wollten festlegen, wer in Deutschland publizieren konnte, was gelesen werden durfte und was nicht.
Es gab mindestens 20 Zensurstellen, schwarze Listen und Empfehlungen. Für Rosenberg war Unterhaltungsliteratur Gift für die richtige Gesinnung. Goebbels sah dagegen mit der sich abzeichnenden Kriegsniederlage die leichte Lektüre als soziales Ventil.
Tipps zum Nacktwandern
Zu den erfolgreichsten Gattungen gehörten allerdings Sachbücher, die sich mit Erfindungen oder der Gewinnung von Rohstoffen beschäftigen, etwa «Anilin» von Karl Aloys Schenzinger, das mehr als eine Million Mal verkauft wurde.
Titel wie «Erfinder brechen die Blockade» (
400 000 Exemplare) fanden vor allem unter Soldaten begeisterte Leser. Auch wenn es politisch heikel war, boten Biografien berühmter Leute, etwa Elly Beinhorns «Mein Mann, der Rennfahrer» über den verunglückten Bernd Rosemeyer (200 000 ), Einblick in das Leben des NS-Jet-Sets.Einer der kuriosesten Erfolge ist wohl «Mensch und Sonne. Arisch-olympischer Geist» mit Tipps zum Nacktwandern, zu Lehmbädern und zum unbekleideten Skifahren (
235 000 ). Hier wurde sexuelle Freizügigkeit an den «Rassegedanken» gekoppelt.«Unpolitisches Mittelmass»
Zur Abteilung Propaganda gehörten die Bilderalben des Zigarettenherstellers Reemtsma: Mit den Zigaretten wurden Fotos von Nazi-Grössen zum Einkleben verkauft. Es gab Arztromane («Angela Koldewey») und deutsch-französische Liebesgeschichten («André und Ursula»), Kriegsliteratur («Narvik») und Einladungen zum Heldentod.
War die Gleichschaltung der Literatur erfolgreich? Für Christian Adam sind die Nazis «grandios gescheitert». Im «Verbieten und Ausmerzen» hätten sie eine gewisse Perfektion erlangt, doch gemessen an den Absatzzahlen habe sich vor allem «das unpolitische Mittelmass» durchgesetzt.>
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20.8.2010: Krimineller Titel: <Was die Nazis am liebsten lasen>
Christian Adam: «Lesen unter Hitler - Autoren, Bestseller und Leser im Dritten Reich», Verlag Galiani Berlin, 384 Seiten.
Das Buch von Herrn Adam wird im Tagesanzeiger verantwortungslos unvollständig abgehandelt, weil nur über Bücher und Verkaufszahlen gesprochen wird, aber nicht über das Leseverhalten der deutschen Bevölkerung aufgeklärt wird. Da gab es aber Bücher, die nur im Regal standen, und es gab Bücher in der zweiten Reihe versteckt. Aber in der Schweiz weiss man generell kaum etwas über den deutschen Widerstand im Dritten Reich, damit man alle Deutschen in den Nazi-Topf werfen kann. Das ist ja auch in den schweizer Staatsanwaltschaften und im schweizer Geheimdienst so. Dahingehend ist das schweizer Gehirn der schweizer Journaille und der schweizer Justiz bis heute (2010) völlig unterentwickelt, was bis heute zu vielen Vorurteilen und Fehlurteilen über Deutsche in der Schweiz führt. Aber lesen Sie selbst:
aus: Tagesanzeiger online; 20.8.2010; http://www.tagesanzeiger.ch/kultur/buecher/Was-die-Nazis-am-liebsten-lasen/story/10401211
Das Buch "Mein Kampf" von Adolf Hitler besteht aus zwei Bänden. Der Erste Band wurde in Gefangenschaft in der Festung Landsberg im Jahre 1925 verfasst, der zweite Band 1927. "Mein Kampf" ist Hitlers Programm für Deutschland bei einer Machtübernahme. Im letzten Kapitel des zweiten Bandes steht genau geschrieben, was unter "Aussenpolitik" zu verstehen ist: die germanische Besetzung Europas mit einem Frankreich-Feldzug, und dann ein "Germanenzug" gegen Russland. Ab 1927 konnte es jeder lesen. Das Buch stand aber meist nur im Regal und keiner nahm es ernst, auch die Justizbehörden der Weimarer Republik nicht, die den kriminellen Ausländer Hitler eigentlich 100-fach hätten ausweisen können.
Das Buch wurde ab 1945 verboten und wird wohl erst seit dem Jahre 1990 seit der Perestroika von den Historikern richtig ernst genommen, und Auszüge präsentieren kann man erst seit etwa 2000, ohne gleich als Nazi diffamiert zu werden, vor allem in der - was die deutsche Geschichte angeht - geistig alkoholisierten Schweiz und den alkoholisierten Schwarz-Weiss-Journalisten.
Sorry, ich habe es selbst erlebt, was schweizer Polizeikommandanten zu meiner Hitler-Analyse gesagt haben (Hitler als verhetztes Kind, heute weltweit gelesen), und wie man mich am Anfang der Holocaust-Analyse behandelt hat (1999), und zum Teil heute noch behandelt (2010). Die schweizer Journaille "schwimmt" nicht nur beim Thema deutsche Geschichte, sie schwimmt regelrecht im Alkohol, zusammen mit der alkoholisierten schweizer Justiz und mit Hetzorganisationen wie akdh, antifa, die jegliche Weiterbildung verweigern und plakativ immer wieder gegen Deutsche hetzen. Das ist beim vorliegenden Artikel des Tagesanzeigers leider nicht anders. Das Feindbild "Deutschland" dient dem schweizer Nationalstolz... [4]
Buch von Adolf Hitler: "Mein Kampf" [2], viel verkauft, aber kaum gelesen, du dummer Tagi [4]
Tagesanzeiger vom 20.8.2010: <Was die Nazis am liebsten lasen>
Schon der Titel dieser schweizer Zeitung ist kriminell und macht die gesamte deutsche Bevölkerung im Dritten Reich zu. Dies zeigt, dass diese dummen Schweizer in der schweizer Presse bis heute keine Ahnung über das Dritte Reich haben, keine Ahnung über den Widerstand haben, keine Ahnung über die "doppelte Lebensführung" im Dritten Reich haben, und auch keine Ahnung haben wollen, weil es ohne Ahnung bequemer geht, und weil das pauschale Draufschlagen gegen Deutsche das schweizer "Nationalgefühl" stärkt. Aber so lange es keine Lohnkürzungen gibt, wird auch keine Weiterbildung stattfinden...
aus: Tagesanzeiger; 20.8.2010; http://www.tagesanzeiger.ch/kultur/buecher/Was-die-Nazis-am-liebsten-lasen/story/10401211
<Bücher mit Tipps zum Nacktwandern, Biographien über den NS-Jet-Set oder dramatische Liebesgeschichten – eine neue Studie verrät alles über die Lesegewohnheiten der NS-Zeit.
Das BuchChristian Adam: «Lesen unter Hitler - Autoren, Bestseller und Leser im Dritten Reich», Verlag Galiani Berlin, 384 Seiten.
Klar, an den Erfolg von Hitlers «Mein Kampf» mit einer Auflage von 12,5 Millionen Exemplare kam kein anderes Buch heran. Doch auch andere Bücher wurden zu Kriegszeiten verschlungen. Christian Adam hat sich 350 Bestseller der NS-Zeit von 1933 bis 1945 vorgenommen. Alle hatten sie eine Auflage von 100'000 Exemplaren aufwärts. Adam hat sie in seiner Untersuchung «Lesen unter Hitler – Autoren, Bestseller, Leser im Dritten Reich» unter die Lupe genommen.
Romane und Ratgeber, Sachbücher und Kriegsberichte, Schnulzen und Landserhefte – die Geschichte der NS-Bucherfolge ist «das Gegenstück zur Geschichte der verbrannten und verbannten Bücher und Autoren», schreibt Adam. Ob Antoine de Saint-Exupérys «Wind, Sand und Sterne» (135'000), Margaret Mitchells «Vom Winde verweht» (366'000) oder Johanna Haarers Ratgeber «Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind» zur «Aufzucht des Neugeborenen» (1,2 Millionen bis 1987) – Adams Liste liefert ein Sittengemälde des Kulturlebens unter dem Hakenkreuz.
Zerstrittene Zensoren
Entgegen einer weitverbreiteten Annahme, war Hitlers Literaturpolitik nicht aus einem Guss, sondern ein chaotisches Nebeneinander von Behörden und Bürokraten. Auf keinem anderem Gebiet war der Kompetenz-Wirrwarr grösser. Ob die Parteiführung oder Joseph Goebbels' Propaganda- Ministerium, das Amt des NS-Ideologen Alfred Rosenberg oder die Reichsschrifttumskammer – diese und zahlreiche andere Instanzen wollten festlegen, wer in Deutschland publizieren konnte, was gelesen werden durfte und was nicht.
Es gab mindestens 20 Zensurstellen, schwarze Listen und Empfehlungen. Für Rosenberg war Unterhaltungsliteratur Gift für die richtige Gesinnung. Goebbels sah dagegen mit der sich abzeichnenden Kriegsniederlage die leichte Lektüre als soziales Ventil.
Tipps zum Nacktwandern
Zu den erfolgreichsten Gattungen gehörten allerdings Sachbücher, die sich mit Erfindungen oder der Gewinnung von Rohstoffen beschäftigen, etwa «Anilin» von Karl Aloys Schenzinger, das mehr als eine Million Mal verkauft wurde. Titel wie «Erfinder brechen die Blockade» (400'000 Exemplare) fanden vor allem unter Soldaten begeisterte Leser.
Auch wenn es politisch heikel war, boten Biografien berühmter Leute, etwa Elly Beinhorns «Mein Mann, der Rennfahrer» über den verunglückten Bernd Rosemeyer (200'000), Einblick in das Leben des NS-Jet-Sets. Einer der kuriosesten Erfolge ist wohl «Mensch und Sonne. Arisch-olympischer Geist» mit Tipps zum Nacktwandern, zu Lehmbädern und zum unbekleideten Skifahren (235'000). Hier wurde sexuelle Freizügigkeit an den «Rassegedanken» gekoppelt.
«Unpolitisches Mittelmass»
Zur Abteilung Propaganda gehörten die Bilderalben des Zigarettenherstellers Reemtsma: Mit den Zigaretten wurden Fotos von Nazi-Grössen zum Einkleben verkauft. Es gab Arztromane (»Angela Koldewey») und deutsch-französische Liebesgeschichten (»André und Ursula»), Kriegsliteratur (»Narvik») und Einladungen zum Heldentod.
War die Gleichschaltung der Literatur erfolgreich? Für Christian Adam sind die Nazis «grandios gescheitert». Im «Verbieten und Ausmerzen» hätten sie eine gewisse Perfektion erlangt, doch gemessen an den Absatzzahlen habe sich vor allem «das unpolitische Mittelmass» durchgesetzt. (dj/sda)>
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6.12.2012: <Antisemitismus: Wie die Nazis die Weihnachtslieder "entjudeten">
aus: Welt online; 6.12.2012;
http://www.welt.de/kultur/history/zweiter-weltkrieg/article111842243/Wie-die-Nazis-die-Weihnachtslieder-entjudeten.html
<Kaum waren die Nationalsozialisten an der Macht, machten sich "Deutsche Christen" daran, jüdische Anspielungen aus dem Gesangbuch zu tilgen. Sie strichen Namen wie "Zion" oder "Abraham”.
Von Sandra Blaß
"Es ist ein Ros’ entsprungen" ist eines der bekanntesten deutschen Kirchenlieder überhaupt. Zu Weihnachten wird es bald wieder überall in den Kirchen erklingen – und viele Gemeindemitglieder dürften dabei auswendig mitsingen, so bekannt ist der Text: "Es ist ein Ros’ entsprungen aus einer Wurzel zart, wie uns die Alten sungen, von Jesse kam die Art."
Uralte deutsche Dichtkunst. Aber ausgerechnet den deutschtümelnden Nazis war dieses Lied zuwider. Jedenfalls einzelne Verse. Deshalb ließen sie den Text umdichten. Statt "von Jesse kam die Art" hieß es nun: "Vom Himmel kam die Art." Damit war "Es ist ein Ros’ entsprungen" noch ein Lied, dem es vergleichsweise glimpflich erging. Andere Texte wurden einfach ganz verboten. Der Vorwurf: zu viele jüdische Anspielungen.
Mit "Jesse" ist im Weihnachtslied der Vater von König David aus dem Alten Testament gemeint, und diesen Hinweis wollten die Nazis unterm Weihnachtsbaum nicht dulden. Als Hitler an die Macht kam, machten sich evangelische Kirchenmusiker und Hymnologen in vorauseilendem Gehorsam gleich ans Werk und säuberten die Kirchenliederbücher.
"Kyrie", "Halleluja" und "Amen" wurden ausgetauscht
Schon ein Jahr zuvor, 1932, hatte der Kieler Alttestamentler Wilhelm Caspari in den 342 Stammteil-Liedern des damaligen Deutschen Evangelischen Gesangbuchs Judaismen wie "Zion", "Jerusalem" oder "Abrahams Samen" aufgespürt und ohne Rücksicht auf das singbare Versmaß ausgetauscht. Auch "undeutsche" Ausdrücke wie "Kyrie", "Halleluja" und sogar "Amen" wurden ausgetauscht. 1933 schließlich veröffentlichte der Theologe eine Studie mit dem Titel "Über alttestamentliche Bezugnahmen im evangelischen Gesangbuch und ihre Beseitigung".
Dabei wurde vor allem der jüdische Begriff "Zion" gestrichen. Aus "Dein Zion streut dir Palmen" wurde dann "Du reitest über Palmen". "Ach, daß der Herr aus Zion käm" wurde umgedichtet in "Ach, daß der Herr von droben käm". Und statt "Zion hört die Wächter singen" sang man ganz einfach "Wer da hört die Wächter singen".
Auch bekannte Weihnachtslieder kamen in der NS-Zeit nicht ungeschoren davon. In "Stille Nacht" fiel in der zweiten Strophe "der Engel Halleluja" der Korrektur zum Opfer, sodass man nun umständlich zu singen hatte: "Durch der Engel heiliges Wort tönt es laut von Ort zu Ort."
Der Bariton gab Nonsens von sich
Von zentraler Bedeutung für diese NS-Ideologie war nicht nur der erste im April 1933, sondern auch die Auflösung der bis dahin für die Gesangbucharbeit verantwortlichen Gremien und damit der Übergang der Kompetenzen an den "Reichsverband für evangelische Kirchenmusik" unter der Autorität des damaligen Landeskirchenrates Christhard Mahrenholz. Von der Singbewegung gingen dabei wesentliche Impulse aus, nicht zuletzt mit dem Liederheft "Christliche Kampflieder der Deutschen".
Das Vorwort war Programm und schien den Weg zu bereiten für das, was mit den Kirchenliedern in dieser Zeit geschah: "Ein Zeugnis dieses Geistes, der heute in uns Nationalsozialisten wieder lebendig geworden ist, soll dieses Heft sein …"
Wohin eine derartige "Entjudung" der Lieder führte, mag folgendes Beispiel eindrucksvoll verdeutlichen: Da im Programmheft für ein Konzert am 8. Oktober 1937 in der Berliner Gustav-Adolf-Kirche einige Judaismen übersehen wurden, war für die Ausführenden Improvisationskunst gefragt. So hätte der Solo-Bariton im bekannten Lutherchoral "Aus tiefer Not schrei ich zu dir" in der vierten Strophe "So tu Israel rechter Art" und in der fünften Strophe "der Israel erlösen wird" singen müssen. Doch stattdessen gab er den arischen Nonsens von sich: "So tu ein jeder rechter Art" und "der uns zuletzt erlösen wird".
Nur wenige Kirchenmusiker wehrten sich
So wurde das Liedsingen – gerade das der umgeschriebenen, verschlimmbesserten oder neu interpretierten Kirchenlieder – in der NS-Zeit, die so stark auf Gemeinschaftserlebnisse setzte, zum wirkungsvollen Ideologievermittler. Es gab nur wenige Kirchenmusiker, die den Mund auftaten, um sich gegen diesen hymnologischen Antisemitismus zu wenden. Einer von ihnen war der Kölner Organist und Musikdirektor Julio Goslar. Er war es schließlich, der sich im Detail mit jener "Entjudungskampagne" Wilhelm Casparis auseinandersetzte und sogar Argumentationen gegen zahlreiche Textveränderungen veröffentlichte.
Doch schon 1935 begann für Goslar und seine "nicht arischen" Kollegen ein unvorstellbarer Leidensweg. An die 10.000 haupt- und nebenamtliche evangelische Kirchenmusiker wurden von der Reichsmusikkammer überprüft. Dem kurz zuvor in die Reichsmusikkammer zwangseingegliederten Julio Goslar wurde jetzt eine Zwangsbeurlaubung verordnet, und als er 1936 in der Lutherkirche zu Köln-Nippes wieder seinen Dienst aufnehmen wollte, trat ein Teil des Presbyteriums aus Protest zurück.
Zahlreiche Nationalsozialisten drohten sogar, die Kirche zu stürmen, sollte sich jener Organist noch einmal vor den Kirchenchor oder gar an die Orgel wagen. Auf die Not der Familie Goslar achtete dabei niemand, auch nicht der zuständige Berliner Oberkirchenrat.
Wohin sich Kirche und Kirchenmusik schließlich in ihrem Säuberungswahn haben treiben lassen, mag jene Tatsache dokumentieren, dass elf evangelische Landeskirchen Deutschlands am 6.Mai 1939 auf der Wartburg in Eisenach ein "Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das kirchliche Leben" gründeten. Und sogar die Orgel, die Königin der Instrumente, wurde zum politischen, totalen Instrument im Dienst des Regimes, sodass sich auch die "Norddeutsche Orgelbewegung" damals zu einer "arteigenen Orgel- und Kirchenmusik" bekannte.>
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