Dr. Peter D'Adamo über Holland in der Zeit
1944/1945: Genetische Schäden bei Kindern
Wie der Hunger 1944 / 1945 über Holland kam - und die
Gesundheit der Neugeborenen dieser Zeit
Übersetzung von Michael Palomino 2012
aus: http://n-equals-one.com/blogs/2011/02/05/1688/
Dr. Peter D'Adamo ist auch auf Facebook
[Der Plan von Operation
"Market Garden": Brücken besetzen und Truppen nachfolgen
lassen]
<Am 17. September 1944 war der Himmel über Holland voller
Paramilitärs. Dieser sonnige Sonntagnachmittag markierte den
Beginn der Operation "Market Garden". Das war der Plan von
Feldmarschall Montgomerys, mit dem die Alliierten hofften,
den Krieg mit einem schnellen Schlag zu beenden. Dabei wurde
die Operation besser unter dem Namen "Brücke ins Hinterland"
("A Bridge Too Far") bekannt. Das Vorhaben war, eine Reihe
von Brücken über den Rein zu besetzen und diese Brücken zu
behalten, bis die Truppen nachrücken würden, um dann ins
Ruhrgebiet vorzustossen, das industrielle Herz Deutschlands.
Die Operation "Market Garden" lief anfangs ganz gut, ausser
bei der letzten Brücke bei Arnheim, wo die Paramilitärs auf
harten Widerstand stiessen und sich teilweise ergeben oder
sich zurückziehen mussten.
[NL-Exilregierung plant
Unterstützung von "Market Garden" mit einem
Eisenbahnerstreik, Fährenstreik - Sabotage am
Eisenbahnnetz, an Brücken, an Autobahnen]
Nun wäre die Operation "Market Garden" eigentlich nicht mehr
als eine historische Fussnote im Zweiten Weltkrieg geworden,
wenn da nicht die politische Reaktion gewesen wäre: "Market
Garden" provozierte eine Reihe politischer Änderungen, die
sich gravierend auf die holländische Bevölkerung auswirkten.
Die holländische Exilregierung in London war überzeugt
davon, dass Market Garden ein schnelles Kriegsende
herbeiführen wurde und entschied, dass die alliierte
Operation unterstützt werden sollte, wenn im besetzten
Holland ein Eisenbahnerstreik ausgerufen werden sollte.
Dieser Streik sollte die Mobilität der Besetzer in
gravierender Weise behindern und einen schnellen
Gegenangriff der Nazi-Seite im Frühstadium der Operation
verhindern. Die holländische Exilregierung forderte also
alle holländischen Eisenbahnangestellten auf, in den
Untergrund zu gehen und Kontakt mit dem holländischen
Widerstand aufzunehmen. Bis Oktober hatten sich fast alle
Eisenbahnangestellten dem Untergrund angeschlossen. Sie
machten somit das holländische Eisenbahnnetz
funktionsunfähig und sabotierten auch Eisenbahngeleise,
Brücken, Fähren und Teile der Autobahnen, und dies
erschwerte die militärisch-logistischen Operationen der
deutschen Seite erheblich.
[Deutsche Massnahmen gegen
den Streik und die Sabotage: Beschlagnahmung aller
Fahrzeuge, auch Fahrräder - Sprengung von Deichen und
Dämmen und Flutung - keine Nahrungsmittelversorgung mehr]
Da die Operation "Market Garden" aber scheiterte, war der
einzige Effekt des Streiks eine erboste, deutsche
Besatzungsregierung, die sofort alle alle Fahrzeuge und
sogar Fahrräder beschlagnahmen liess, um ihre Truppen an die
Front bringen zu können. Um die Lage zu verschlimmern,
liessen die Nazis alle Deiche und Dämme im westlichen
Holland sprengen, so dass die holländische Bevölkerung im
eigenen Land gefangen war und keine Nahrungsmittelversorgung
mehr erfolgen konnte.
[Tauschhandel -
Tulpenzwiebeln und Zuckerrüben - ca. 30.000 Hungertote]
Am 27. September 1944 erreichten erste Funkberichte des
holländischen Untergrunds die Stellen in London und warnten,
dass die Nahrungsmittel in Holland nur noch für wenige
Wochen ausreichen würden. Ab diesem Zeitpunkt verschlimmerte
sich die Lage, vor allem auch deswegen, weil der folgenden
Winter 1944 / 1945 einer der kältesten Winter der
europäischen Geschichte war. Da die Ernte im Land nicht
ausreichte, um die grossen Städte zu versorgen, war die
Bevölkerung gezwungen, 100e von Kilometern zu laufen, um auf
Bauernhöfen Wertsachen gegen Lebensmittel einzutauschen.
Tulpenzwiebeln und Zuckerrüben wurden nun zur täglichen
Speise. Möbel und Häuser wurden auseinandergenommen und als
Brennholz verwendet. Bis Januar / Februar 1945 war die
offizielle Ration 400 bis 800 Kalorien pro Tag; und ungefähr
30.000 Holländer und Holländerinnen waren am Hungertod
gestorben.
[Geburten während der
Hungersnot: Spätfolgen bei den Nachkommen mit hoher
Diabetesrate - oder kleine Babys der zweiten Generation -
Lungenkrankheiten, Nierenkrankheiten, Arteriosklerose,
abnormale Blutgerinnung, Fettleibigkeit,
Herzkreislaufkrankheiten, Bauch-Fettsucht, Schizophrenie,
Überempfindlichkeit]
Der Winter 1944-45 ist in der holländischen Geschichte als
der "Hungerwinter" ("Hongerwinter") bekannt. Es wurden in
dieser Zeit fast 40.000 Babys geboren, und die holländischen
Behörden registriertes jedes Kind mit Name, Geburtsdatum und
Geburtsgewicht. In den 1960er Jahren begannen die Forscher
mit Studien über die nun erwachsenen Überlebenden der
Hungersnot, und die Resultate waren schockierend. Alle
hatten die normalen Komplikationen, aber speziell diese
Föten, die während der letzten 3 Schwangerschaftsmonaten in
der Hungersnot herangewachsen waren, hatten ein sehr
niedriges Geburtsgewicht. Diese Menschen wuchsen später auch
nicht normal heran, sondern litten später an einer hohen
Diabetesrate. Bei Schwangerschaften in den ersten 6 Monaten
während der Hungersnot dagegen waren die geborenen Babys
normalgewichtig, erzeugten aber ihrerseits Kinder, die als
ungewöhnlich kleine Babys auf die Welt kamen. (1)
Jene Föten, die während der Schwangerschaft der Hungersnot
ausgesetzt waren, entwickelten auch überdurchschnittlich
viele obstruktive (verschleppende) Lungenkrankheiten und
Nierenkrankheiten. Kinder, deren Mütter zu Beginn der
Schwangerschaft die Hungersnot erlebten, haben mehr
Arteriosklerose, eine veränderte Blutgerinnung, leiden
vermehrt unter Fettleibigkeit, und die
Herzkreislaufkrankheiten sind verdreifacht. Töchter von
Müttern, die während der Hungersnot schwanger waren, litten
in der Mitte des Lebens überdurchschnittlich unter einer
Bauch-Fettsucht und Insulinresistenz, und ihre Söhne hatten
wiederum eine höhere Rate an Schizophrenie und
Überempfindlichkeit gegenüber Stress. (2)>
Anmerkung
Und da ist noch etwas: In Deutschland folgten zwei
Hungerwinter 1945/1946 und 1946/1947, mit ebensolchen
Gesundheitsfolgen für die Bevölkerung.
Michael Palomino, 21. Januar 2012