Auch als Geschäftsführer der im
Mehrheitseigentum des Landes stehenden
Achenseebahn muss Schreiner seinen
Hut nehmen. “Aufgrund der schwerwiegenden
Vorwürfe und dem damit massiv geschädigten
Vertrauensverhältnis habe ich in meiner Funktion
als Mehrheitseigentümervertreter der
Achenseebahn GmbH bereits einen Rechtsanwalt
damit beauftragt, das Dienstverhältnis mit dem
Geschäftsführer fristlos und unverzüglich
aufzulösen”, ließ Verkehrslandesrat Rene
Zumtobel (SPÖ) die APA wissen.
Vergangene Woche war Schreiner bereits
wegen des unrechtmäßigen Führens eines
Doktortitels, angeblich “erworben” an der
Universität Innsbruck, unter
Beschuss geraten. Der Doktortitel war offenbar
auch zu Unrecht in seinem Reisepass vermerkt. Er
sei “zutiefst überrascht und konsterniert”, so
Hörl. Es hätte “für uns als Dienstgeber keinen
Unterschied gemacht, ob unser technischer
Vorstand nun Diplomingenieur oder Dr. ist”,
betonte der ÖVP-Wirtschaftsbundchef. Dennoch sei
zur Kenntnis zu nehmen, dass die vorgeworfenen
Fehlleistungen “in großen Teilen zutreffen”. Um
weiteren Schaden abzuwenden, werde nun ein
Schlussstrich gezogen. Trotzdem wolle er
klarstellen, dass Schreiner “einwandfrei
gearbeitet” habe: “Daher und auch aus Respekt
vor seinem Umfeld lehne ich überschießende
Muskelspiele ab. Niemand muss jetzt ein Exempel
statuieren.” Bei der regulären
Aufsichtsratsitzung am Montag werde “neu
durchgestartet, um so schnell wie möglich einen
adäquaten Nachfolger zu finden”. Am
eingeschlagenen Weg des Projekts Wasserstoffbahn
ändere die Causa nichts, erklärte der
Aufsichtsratsvorsitzende nach einer Sitzung des
Gremiums.
Schreiner hat
offenbar laut “Tiroler Tageszeitung” einfach
kopiert und die ursprüngliche Dissertation über
Mobilität im deutschen Landkreis Heinsberg in
Nordrhein-Westfalen ins Englische übersetzt oder
übersetzen lassen. Vom Inhaltsverzeichnis über
den Forschungsgegenstand und die Analysen bis zu
den vermeintlichen Interviewpartnern. Die
deutschen Gemeinden und Städte wurden dabei mit
den Orten im Zillertal ausgetauscht. In der
Arbeit, die der APA vorliegt, geht es um die
“Implementierung von Smart Mobility in
ländlichen Regionen”. Auch die Zillertalbahn als
künftige “Wasserstoffbahn”, als dessen
Verfechter Schreiner gilt,
ist Thema “seiner” Doktorarbeit.
Auf die Schliche kam Schreiner der
als “Plagiatsjäger” bekannte Salzburger
Kommunikationswissenschafter Stefan Weber.
Dieser hatte “über Umwege”, wie er sagte, ein
Exemplar erhalten, nachdem Schreiner selbst
die neue Dissertation aus Riga an eine
Teilöffentlichkeit disseminiert habe, um seinen
Anspruch auf den Doktortitel nach den
ursprünglichen Vorwürfen nachzuweisen. Dabei
stieß Weber auf Ungereimtheiten im empirischen
Teil bei Schreiners Interviewpartnern.
“Ich habe das nahezu komplette
Übersetzungsplagiat über Umwege mit der
Plagiatssoftware Turnitin entdeckt”, so der
Wissenschafter. Das Plagiat erstrecke sich vom
Inhalts- bis zum Literaturverzeichnis, urteilte
Weber. Es handle sich um einen “schwerwiegenden
Fall von Wissenschaftsbetrug, der alle Formen
wissenschaftlichen Fehlverhaltens – Plagiat,
Datenfälschung und Datenerfindung – auf
einmalige Weise in sich vereint.” Rund 22.000
Euro kostete laut Weber das Doktorat in Riga,
das von der “University of Salzburg Business
School” angeboten wird.
Vergangene Woche hatte Schreiner einräumen
müssen, dass er über den Anfangsprozess für eine
Dissertation zum Thema Wasserstoff an der
Universität Innsbruck nicht hinausgekommen war.
Gleichzeitig verwies er darauf, dass er
zwischenzeitlich ein Studium an der Universität
Riga abgeschlossen habe. Es fehle nur noch die
Verleihung der Doktorwürde.
Die Landes-Opposition hatte jedenfalls personelle
Konsequenzen gefordert und nahm die Causa einmal
mehr zum Anlass, das Projekt Zillertalbahn als
“Wasserstoffbahn”, für das kürzlich von der
ÖVP/SPÖ-Landesregierung der Grundsatzbeschluss
gefallen war, infrage zu stellen. Schreiner sei “nicht
mehr länger tragbar”, erklärte FPÖ-Chef Markus
Abwerzger und fügte hinzu: “Wir fordern die
vorläufige Einstellung sämtlicher Förderungen
seitens des Landes und eine Untersuchung der
Mittelverwendungen in den vergangenen Jahren.”
Abwerzger ortete die Gefahr, dass die Causa
“Wasserstoffbetrieb der Zillertalbahn” zu einem
“unermesslichen Problemfall” werden könne.
Liste Fritz-Klubobmann Markus Sint verlangte
ebenfalls den Abgang des Vorstandes und ortete einen
“Kriminalfall”. Schreiner sei
“unmittelbar und federführend” mit dem
millionenschweren Wasserstoffzugprojekt der
Zillertaler Verkehrsbetriebe beschäftigt und betraut
gewesen. “Es sollte für den Aufsichtsrat der
Zillertalbahn und für die schwarz-rote
Landesregierung selbstverständlich sein, dass im
Lichte des Kriminalfalls um Herrn Schreiner das
millionenteure Wasserstoffzugprojekt der
Zillertalbahn komplett neu zu bewerten ist”, so
Sint.
Grünen-Chef Gebi Mair sah einen “Dr. Schmalspur”
und nahm Zillertalbahn-Aufsichtsratschef, ÖVP-Abg.
und Wirtschaftsbund-Obmann Franz Hörl ins Visier,
dessen “Lieblingsprojekt” die Wasserstoffbahn sei.
“Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht und wenn er
auch die Wahrheit spricht. Franz Hörls Projekt
Wasserstoffbahn im Zillertal beruht von Anfang an
auf einer großen Lüge”, meinte Mair in einer
Aussendung. Schreiner habe
dem Land Tirol ein “unnötig teures Projekt
unterjubeln” wollen.
NEOS-Landessprecher und Klubobmann Dominik
Oberhofer zeigte sich “fassungslos”. Es ist
eigentlich kaum zu glauben, welche Verfehlungen rund
um die Dissertation von Schreiner ans
Tageslicht gekommen sind. Eine Doktorarbeit zu
kopieren und einfach ein paar Worte auszutauschen,
das ist schwerer Betrug und ein Fall für die
Staatsanwaltschaft”, meinte er. Dass vorerst keine
weiteren Zahlungen von öffentlichen Geldern an das
Unternehmen erfolgen und das Projekt
“Wasserstoffbahn” vorerst auf Eis liegt, “versteht
sich hoffentlich von selbst”.