Kontakt / contact     Hauptseite / page principale / pagina principal /
                  home    zurück / retour
                    / indietro / atrás / back

Der Friedensvertrag von Versailles, der kein Friede war

4. Die Annexion der deutschen Seekabel an der Friedenskonferenz von Paris 1918-1919

Karte der deutschen
                  Seekabel von 1919 [1]. Die Siegermächte beraubten
                  Deutschland dieser wichtigen Verbindungskabel, und
                  damit sank der deutsche Welthandel quasi auf 0.
Karte der deutschen Seekabel von 1919 [1]. Die Siegermächte beraubten Deutschland im Verlaufe des Ersten Weltkrieges dieser wichtigen Verbindungskabel, und damit erbten die Sieger, was Deutschland ins Meer gelegt hatte...

von Michael Palomino (1994 / 2005 / 2010)

Teilen / share:

Facebook








aus: Dr.Wilhelm Ziegler: Versailles; Hanseatische Verlagsanstalt Hamburg 1933.

ab 1850
Kabel: Deutsche und englische Kabelindustrie legt Seekabel zur Telegraphie
Nur Deutschland und England sind Nationen, die Seekabel verlegen und haben eine führende Stellung im Weltnachrichtenverkehr (S.226).

Frankreich hatte zwar auch ein Kabelnetz für Telegramme, das aber sehr störungsanfällig war [1]. Und die "USA" hatten ein Kabelnetz im Osten bis nach London, im Westen bis nach Shanghai [2].

1914-1918
Kabel: Alliierte zerstören oder verlegen deutsche Seekabel

-- z.B. wird aus dem Kabel zwischen Deutschland und den "USA" (S.226), das Kabel zwischen Emden und New York (S.230) ein Kabel zwischen England und Kanada (S.226), wodurch den "USA" grosser Schaden entsteht (S.230)

-- ein anderes Kabel zwischen Deutschland und den "USA" wird "unbrauchbar" gemacht (S.226). 

Im Verlauf des Kriegs werden alle deutschen Überseekabel bis auf ein Kabel zwischen Deutschland und England von alliierter Seite beschlagnahmt, zerstört oder verlegt (S.229). Die deutschen Kabel sind Milliardenwerte (S.230).

6.3.1919
Kabel: Bericht der alliierten Admiräle: Vorschlag der Kabel-Annexion - Gründung einer Kabelkommission

-- die deutschen Kabel sollen an Deutschland nicht zurückgegeben werden

-- Vorschlag von Lansing für das Einsetzen einer neuen Kommission unter Vorsitz des französischen Juristen Fromageot (S.226).

24.3.1919
Kabel: Rat der 10: Bericht der Kabelkommission ist gespalten: England, Frankreich und Japan wollen die Kabel, die "USA" und Italien nicht

-- es kann kein einheitliches Resultat präsentiert werden, die Kommission selbst ist gespalten

-- die Delegierten von England, Frankreich und Japan meinen, die Kabelenteignung sei "juristisch gerechtfertigt" als "Eigentum zur See"

-- gemäss den Delegierten der "USA" und Italien sind Kabel aber keine Schiffe und somit gibt es gar kein geltendes Recht auf Beschlagnahme von Kabeln, somit ist die Beschlagnahme von Kabeln gemäss dem Völkerrecht von 1919 unbegründet (S.226).  

Stimmen für die Beschlagnahme der deutschen Kabel

-- Balfour spricht Deutschland jedes Recht ab, Klage wegen Kabeln zu führen (S.226)

-- Balfour verteidigt das "Recht" der Alliierten und Assoziierten, "sich Kabel anzueignen" als Beute wie ein Schiff (S.226-227)

-- der französische Admiral De Bon erklärt Kabel für "unzweifelhafte Kriegsinstrumente" (S.227)
 

Clémenceau: will die totale Beschlagnahme (S.228)
 

Japans Vertreter Makino

oo  will die deutschen Kabel an der ostasiatischen Küste erben, zwei seien schon beschlagnahmt

oo  Makino will die Kabel nicht zurückgeben, sonst würde Deutschland wieder "Weltpolitik" betreiben wollen (S.228)

Stimmen gegen die Beschlagnahme der deutschen Kabel

Lansing:

-- für die Beschlagnahme von Kabeln fehlt jede gesetzliche Grundlage

-- Kabel kann man durchschneiden, aber nicht beschlagnahmen

-- die Kabel als Kriegsbeute ohne rechtliche Basis sei "äusserst unklug" und fördere die Ungesetzlichkeit

-- Lansing fordert die Internationalisierung von Kabeln und fordert das Vorlegen des Themas vor dem internationalen Prisengerichtshof

Balfour lehnt Lansings Vorschläge ab (S.227)
 

Wilson:

-- Kabel sind auch Handelsinstrumente (S.227)

--der deutsche Handel darf nicht behindert werden, wenn man hohe Reparationen von Deutschland verlangt

-- die "USA" haben die Beschlagnahme von privatem Eigentum zur See nie anerkannt

-- es sei "unklug", eine Kriegsmassnahme als rechtliches Prinzip aufzustellen (S.228)
 

Italien: Orlando stimmt "im Wesentlichen" Wilson zu (S.228)
 

Beschluss für das Entwurfkomitee:

-- Deutschland darf die Kabel auf eigene Kosten reparieren

-- Deutschland darf die Kabel auf eigene Kosten wieder an den ursprünglichen Ort versetzen (S.228)
 

Clémenceau meint zu Japans Vertreter Makino, das sei erst der "Entwurf" und das werde schon noch geändert (S.228).
 

30.4.1919

Feststellen des Widerspruchs zwischen dem Entwurf des Kabelartikels und dem Klauselartikel im Art.38

Art.38 lautet inzwischen so:

-- Deutschland darf durchtrennte Kabel reparieren, die im Krieg nicht benutzt wurden

-- Deutschland darf Kabel zurückverlegen

-- Kabelrechte auf dem Boden von Alliierten oder Assoziierten werden Deutschland nicht gestattet

-- Liste der Kabel, die nicht zurückgegeben werden

-- Deutschland bleibt genau noch ein Kabel zwischen Deutschland und England (S.229).

Lansings Eintreten für deutsche Kabel

-- Lansing beanstandet die Differenz zum Entwurf vom 24.3.1919

-- Balfour lehnt jeden Schadenersatz wegen Kabeln an Deutschland ab

-- Lansing will die Liste der Kabel streichen, die in alliierter Hand bleiben sollen (S.229)

-- Lansing: Das Durchschneiden oder die Benutzung eines fremden Kabels gibt niemandem das Recht, die Kabel zu besitzen (S.230). 

Änderungen von Lansing: Die alliierten Kabelteile an Kabeln dürfen die Alliierten behalten (S.230). 

Fertigstellen des Entwurfs für den "Obersten Rat" (S.230).

1.5.1919
Kabel: Rat der 10: Lansing-Anträge gegen englische Annexion - Wilson kippt

-- Balfour-Vortrag: England habe bereits 400.000 £ in die Verlegung deutscher Kabel investiert

-- gemäss Ziegler sind 400.000£ nicht viel bei dem Milliardenwert der deutschen Kabel (S.230) 

-- Wilson ist überrascht, dass ein Kabel nicht von zwei Parteien benutzbar sein soll

-- Wilson beklagt, dass England durch die Umleitung des Kabels zwischen Emden und New York den "USA" grossen Schaden zugefügt haben

-- Wilson sieht die Kabel als Weltverbindung, die nicht nur in Händen von drei Mächten England, Frankreich und Italien sein sollen (S.230)

-- Wilson-Vorschlag: die deutschen Kabel sollen in Treuhandschaft (trustees) der Alliierten gelegt werden, mit einer Verwaltung unter einer internationalen Konvention

-- Wilson kippt aus Zeitdruck der Konferenz (S.231). 

2.5.1919
Kabel: Entwurf Wilsons gegen Deutschland - Manöver von Lloyd George ist erfolgreich

-- Deutschland soll auf "alle Rechte, Titel und Privilegien irgendwelcher Natur an "Unterseekabeln oder Teilen davon" verzichten

-- Liste sämtlicher deutscher Kabel (S.231)

-- die deutschen Kabel sollen alle an die 5 Alliierten und assoziierten Mächte überschrieben werden: "dass die 5 Alliierten und Assoziierten Mächte gemeinsam diese Kabel besitzen sollen"

-- die Alliierten werden beauftragt, einen internationalen Kongress einzuberufen "mit dem Ziel, die ganze Welt mit gleichmässigen Verständigungserleichterungen auf fairer, unparteilicher Basis zu verfolgen" (S.232). 

Wilson schafft die Treuhänderschaft ab und ermöglicht gemäss Ziegler die "verschleierte Annexion" deutscher Kabel (S.232).  

Lloyd George ist dies aber nicht genug und protestiert gegen das Wort "gemeinsam", denn im Kriegsfall zwischen Alliierten ist keine Unterbrechung von Kabeln mehr möglich (S.232).  

-- Wilson beschwichtigt, er meine "nur die Errichtung einer gewissen Autorität"

-- Lloyd George kommt auf die Linie von General De Bon und befürwortet nun die offene Annexion bei gleichzeitiger Diskussion um das internationale Kabelwesen und die allgemeine Öffnung mittels eines Kongresses (S.232)


Der Entwurf von Wilson wird mit dessen Zustimmung zugunsten Englands und Japans abgeändert:

-- das Wort "gemeinsam" wird gestrichen

-- jede alliierte Macht gelangt in Besitz deutscher Kabel

-- die Regelung für die Zukunft bleibt offen gemäss dem Plan eines internationalen Kongresses (S.233) mit Kabelbenutzung "auf fairer, unparteilicher Basis" (S.232)

-- die drei Tsingtau-Linien werden gesondert behandelt und Japan abgetreten (S.233).

3.5.1919
Kabel: Rat der 4: Schlusslesung der Kabel-Artikel

Ergänzung:
Die Kabelwerte werden mit den Reparationen verrechnet (S.233)

Zusatzbeschluss für ein Separatprotokoll
Beschluss, dass Wilson eine Entschliessung entwerfe für eine Treuhänderschaft über deutsche Kabel: die gemeinsame Verwaltung und die Einberufung des Kongresses für die internationale Nutzung ist in einem Separatprotokoll vorgesehen (S.233)

Streichungen:
-- die gemeinsame Verwaltung wird im Vertrag nicht erwähnt

-- die Verpflichtung zur Einberufung eines internationalen Kongresses wird im Vertrag nicht erwähnt (S.233).
 

Wilson kippt total:

-- Wilson verzichtet auf eine internationale Kabelkonvention

-- Wilson beschränkt seinen Entscheidungsspielraum selbst.

Ziegler:

"Die erforderliche Zusammenkunft der Mächte hätte, so meinte er, nur die Frage zu entscheiden, ob Unterseekabel Objekte der Aneignung seien, und ob irgendein Weg gefunden werden könne, um diese Kabellinien unter internationale Kontrolle zu stellen." (S.231)

England und Japan erreichen ihre Kabel-Ziele (S.231).

3.5.-Juli 1919
Kabel: Keine alliierte Treuhandschaft

-- ein Separatprotokoll zur alliierten Treuhandschaft über deutsche Kabel kommt nicht zustande und wird nie unterzeichnet, Wilson versagt total

-- Deutschland bleibt ohne Kabel vom internationalen Welthandel zum grossen Teil ausgeschlossen (S.234).

7.6.1919
Kabel: Artikel im Vertrag

"Die Abtretung der deutschen Unterseekabel, die nicht Gegenstand einer besonderen Bestimmung des gegenwärtigen Vertrags bilden, ist durch Anlage VII geregelt." (S.234)

Dies ist eine absolute Tarnung der Annexion aller deutschen Kabel (S.234).

August 1919
"USA": Vernehmung Wilsons vor dem Senat: Das Kabelprotokoll für die Treuhandschaft fehlt

Wilson muss eingestehen, dass ein Separatprotokoll zur weltweiten Internationalisierung der Kabel nie unterschrieben wurde (S.234).

1919-1933
Kabel: Ein internationaler Kabelkongress findet nie statt

Die ehemals deutschen Kabel bleiben in englischem und japanischen Besitz (S.234).



Teilen / share:

Facebook








Quellen
[1] http://www.philhist.uni-augsburg.de/lehrstuehle/geschichte/didaktik/weltgeschichte/kommentare/kommentar_39.html
[2] http://www.philhist.uni-augsburg.de/lehrstuehle/geschichte/didaktik/weltgeschichte/kommentare/kommentar_38.html

Fotoquellen
[1] Karte der deutschen Seekabel 1919:
http://www.philhist.uni-augsburg.de/lehrstuehle/geschichte/didaktik/weltgeschichte/kommentare/kommentar_3_12.html
http://www.philhist.uni-augsburg.de/lehrstuehle/geschichte/didaktik/weltgeschichte/material/karten/anteileweltnetzdeutschland__2__3_12_nicht1.pdf


^