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Geschichte der Papier- und Kartonherstellung

mit besonderer Berücksichtigung der schweizer Papierindustrie im 20. Jahrhundert


Papiermühle Basel im Dalbeloch

Papiermuseum: Papiermühle Basel im Dalbeloch, St.Alban-Tal

-- Chronologie des Verbands Schweizerische Zellstoff-, Papier- und Kartonindustrie ZPK, Martin Häberli

-- mit Ergänzungen von Peter Bichsel; Deutschseminar der Universität Zürich: Sprachenvielfalt im 16. Jh. Reiseberichte; Wintersemester WS 1998/99

-- Zwischentitel von Michael Palomino
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105 v.Chr.
Papiererfindung in China und Verbreitung von China aus

Tsai Lun aus Gue Yang in der Provinz Hunan berichtet dem Kaiser von China Ho Ti über seine Erfindung des Papiers. Er stellte dieses aus Baumrinde, Hanf, Lumpen und Fischnetzen her.

1. – 14. Jh.
Die Papiermacherkunst wird überliefert und fasst Fuss in Japan, im Mittleren Osten, in Ägypten und ab dem 11. Jahrhundert in Spanien und Italien. Alle Papiere werden aus Hanf, Flachs, Baumwolle (Hadern), Chinaschilf und generell aus Stoffresten hergestellt (handgeschöpft).

[Ergänzung Bichsel:

7.Jh.
Verbreitung der Papierherstellung im gesamten muslimischen Raum

ab 14. Jh.
Verbreitung der Papierherstellung von Spanien aus in Europa – italienische Erfindungen
Papier ist von Arabien bis Spanien verbreitet und wird von Spanien aus in ganz Europa verbreitet. In Italien wird die Wasserstampfe und die Leimung erfunden, ebenso das Wasserzeichen].

1390/91
gründet Ulman Stromer in der Gleissmühle in Nürnberg die erste Papiermühle in Deutschland.

1411
entsteht in Marly, heutiger Kanton Freiburg, die erste Papiermühle der Schweiz.

1428
erteilt Herzog Adolf von Cleve dem Kaufmann Wilhelm Boye in Nijmegen, das Recht zur Erbauung einer Papiermühle in Gennep. Es handelt sich um die erste Papiermühle in den Niederlanden.

1495
wird John Tate der Jüngere aus Hertfordshire als erster Besitzer einer englischen Papiermühle erwähnt.


Erfindung des Buchdrucks durch Gutenberg

15/16. Jh.
Überall in Europa entstehen Papiermühlen. Papier wird zu dieser Zeit hauptsächlich von Goldschmieden und Apothekern (!) vertrieben, weil es so wertvoll ist. 1436 bis 1444 unternimmt Gutenberg verschiedene Druckversuche in Strassburg. 1444/46 macht der Goldschmied Prokop Waldvogel aus Prag, Bürger von Luzern, in Avignon Druckversuche. 1450 schliesst Gutenberg mit dem Mainzer Bürger Fust einen Vertrag zur Herstellung einer gedruckten Bibel ab.

Ergänzung von Kommunikationspartner R.J. per E-Mail, Ex-Franken, heute Schweden, 19.3.2020

Gutenberg hiess gar nicht Gutenberg, sondern Johannes Gensfleisch. Er hat den Buchdruck mit beweglichen Lettern nicht erfunden, sondern nur das Spatiensystem mit Leertypen, so dass der Blocksatz in schneller Weise möglich wurde. Vorher wurde jeweils die Schrift angepasst.  Danach liess Gutenberg alias Gensfleisch die Jesus-Fantasie-Bibel in Grossauflage drucken, mit vielen Bildern drin, also eine Bilderbuch-Jesus-Fantasie-Bibel. Latein verstand die Masse aber nicht.

Die Verfeinerung von Zellstoffen

1680
In Holland werden erstmals Malgeschirre zur Verfeinerung des Faserstoffs (sog. Holländer) verwendet.

1684
beschäftigt Edward Lloyd sich mit dem Versuch, Papier aus Asbest herzustellen.


Beobachtung von Wespen: Papier aus Pflanzenfasern von Holz

1719
macht der französische Forscher und Zoologe René Antoine Réaumur darauf aufmerksam, dass Wespen ihre Nester aus einer papierähnlichen Substanz auf der Basis von Holz herstellen:

"Die amerikanischen Wespen bilden ein sehr feines Papier, ähnlich dem unsrigen. Sie lehren uns, dass es möglich ist, Papier aus Pflanzenfasern herzustellen, ohne Hadern oder Leinen zu gebrauchen; sie scheinen uns geradezu aufzufordern zu versuchen, ebenfalls ein feines und gutes Papier aus gewissen Hölzern herzustellen. Wenn wir Holzarten ähnlich denen besässen, welche die amerikanischen Wespen zu ihrer Papierherstellung benutzen, so könnten wird das weisseste Papier herstellen."

1727
veröffentlicht Franz Ernst Brückmann, Arzt und Naturforscher aus Braunschweig seine "Historia naturalis", in der er vom Asbestpapier spricht. Vier Exemplare des Werkes sind auf Asbestpapier gedruckt

1765
Jacob Christian Schäffer, Geistlicher und Botaniker in Regensburg, veröffentlicht sein erstes Werk über die Herstellung von Papier aus pflanzlichen Stoffen


Erfindung der Produktion von Altpapier

1774
legt Justus Claproth mit seiner Schrift "Eine Erfindung, aus gedrucktem Papier wiederum neues Papier zu machen" die Grundlagen für die Altpapierverwertung.


Die Erfindung der Papierschöpfmaschine: Papier am Laufband - Leimmangel

[Ergänzung Bichsel:

1799
In Frankreich wird die Papierschöpfmaschine erfunden].

1799
stellt Louis Nicolas Robert (geb. 1761 in Paris) in der Papierfabrik Diderot in Essonnes die erste Maschine zur Herstellung langer Papierbahnen her. Das Fabrikationsprinzip ist simpel: Aus einer Wanne, welche mit der Papiermasse gefüllt ist, wird durch ein Rundsieb aus Metallfäden die Papiermasse abgenommen. Das Papier kann bereits auf dem löchrigen Sieb teilweise entwässert werden. Das Endlosblatt wird dann an einen Presszylinder übergeben.

[Ergänzung Bichsel:
Das System produziert in der Folge eine hohe Nachfrage nach Leim und einen allgemeinen Leimmangel].

1800
verkauft Louis Robert seine patentierte Erfindung einer Papiermaschine dem berühmten Buchdrucker Didot in Paris.

1803 – 06
Didot und sein englischer Schwager John Gamble erhalten zusätzlich ein englisches Patent und treten ihre Rechte an die beiden Londoner Papierhändler Henry und Sealy Fourdrinier ab. Die englische Maschinenfabrik Hall in Dartford, Kent, baut unter Anleitung von Bryan Donkin die ersten Papiermaschinen.


Erfindung des Trockenzylinders

1821
T.B. Crompton aus Manchester erfindet den Trockenzylinder mit Filz und eine Querschneidevorrichtung für Papier.


Entwicklung der schweizer Papierindustrie

1836
kauft die Zürcher Mechanische Papierfabrik an der Sihl die erste Papiermaschine von der englischen Maschinenfabrik Bryan Donkin & Co.

1841
die Maschinenfabrik Escher Wyss baut Papiermaschinen und sucht einen geeigneten Standort in der Schweiz.

1843/44
Schleifstein, Holz und Wasser: Holzbrei

1843/44 gelingt es dem sächsischen Webermeister Friedrich Gottlob Keller aus Hainichen, mit Hilfe eines Schleifsteins unter Zusatz von Wasser, aus Holz einen Brei herzustellen, der zur Papierherstellung geeignet ist (Holzschliff).

1854
Stroh, Natronlauge, Dampfdruck: Natronlauge

1854 gelingt es dem Franzosen M.A.C. Mellier aus Paris, Stroh mittels Natronlauge und unter Dampfdruck aufzuschlüsseln und Zellstoff zu gewinnen.

1859-62
Papierfabrik Biberist

1859-62 erhält Escher Wyss von der Regierung des Kantons Solothurn die Konzession für den Bau des Emmenkanals in Biberist. 1862 wird die Papierfabrik Biberist gegründet, welche 1865 mit zwei Papiermaschinen den Betrieb aufnimmt.

1863
meldet B.C. Tilgham das Patent für die Zellstoffherstellung mit Kalziumbisulfit an.

1872
Holz und Magnesiumbisulfit als Kochsäure: Sulfitzellstoff - Zellulose

1872 gelingt es dem schwedischen Ingenieur C.D.Ekman aus Bergvik unter Verwendung von Magnesiumbisulfit als Kochsäure Sulfitzellstoff aus Holz herzustellen. Der Chemiker Alexander Mitscherlich aus Münden entwickelt das Kalziumbisulfitverfahren. Unter Druck und durch Kochen werden die Inkrusten des Holzes (Lignin und Hemicellulosen) aufgelöst und die Zellulosefasern freigelegt.

1881
stellt die schweizerische Holzstoff-Fabrik Attisholz den ersten Versuchskocher für die Zellstoffherstellung auf.

1884
entwickelt der Ingenieur C.F. Dahl mittels Natriumsulfat das Verfahren zur Herstellung von Sulfatzellstoff.

1888
Gebleichter Zellstoff
Ab 1888 wird in Attisholz industriell gebleichter Zellstoff produziert.

1899
Der Verein der Schweizerischen Papier- und Papierstoff-Fabrikanten wird gegründet.

1902
Zollschutz für schweizer Papier

1902 wird der Schweizer Papierindustrie mit der Revision des Zollgesetzes der langersehnte Einfuhrschutz gewährt

1908
Kartellbildung in der schweizer Papierindustrie

1908 wird mit den allgemeinen Verkaufsbedingungen schweizerischer Papierfabriken und der gleichzeitigen Festlegung von Minimalpreisen der Grundstein für das lange Jahre haltende Kartell gelegt.


Schweizer Papier im Ersten Weltkrieg

1915
Der 1. Weltkrieg hat eine Verknappung der Rohstoffe zur Folge, insbesondere Holz wird primär zur Energiegewinnung eingesetzt. Es wird deshalb die HESPA, Holzeinkaufsstelle schweizerischer Papier- und Papierstoff-Fabrikaten gegründet.

1915
Erfindung des Rundschneiders

1915 baut die englische Maschinenfabrik Walmsley Ltd. aus Bury den Rundschneider, der eine bedeutende Steigerung der Papierherstellung erlaubt.

1917
wird die ganze Papierversorgung der Kontrolle des Bundes unterstellt. Es werden maximal zulässige Höchstpreise für die Papiersorten festgelegt und es besteht ein Lieferzwang an bestimmte Abnehmer.


Die schweizer Papierindustrie zwischen den Weltkriegen

1918
wird die EIKA, Einkaufsstelle der papierverarbeitenden Industrien der Schweiz, eine Organisation der Abnehmer (Verleger, Drucker) gegründet. Gleichzeitig erwirbt die EIKA die Papierfabriken Zwingen und Netstal.

1919
Als Gegenreaktion zur Outsidergruppe EIKA gründen die Verbandsmitglieder die PAPYRUS, Verkaufsstelle schweizerischer Papierfabriken. Über Jahrzehnte erfolgt der Verkauf praktisch aller Papierfabriken über die PAPYRUS.

ab 1929
Als Folge der Wirtschaftskrise gerät die schweizer Papierindustrie in eine Absatzkrise. 1932 verfügt der Bundesrat bei gewissen Tarifpositionen Importbeschränkungen. 1936 wird der Schweizer Franken abgewertet, was zusätzliche Erleichterungen im Export verschafft.


Die schweizer Papierindustrie im Zweiten Weltkrieg

1939-1945
am 7. Oktober 1939 wird im Rahmen der kriegswirtschaftlichen Massnahmen das Schweizerische Papiersyndikat gegründet. Im Syndikat sind Hersteller und Verarbeiter paritätisch vertreten. Die Genossenschaft kümmert sich um die Beschaffung der Roh- und Hilfsstoffe, koordiniert die Produktion, legt die Preise fest und verteilt die Papierkontigente. Präsident des Syndikates ist unter anderen Ernst Rietmann, Direktor der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ).


Die schweizer Papierindustrie 1950-1996

ab 1950
Die schweizer Papierindustrie profitiert vom Aufschwung und steigert Schritt für Schritt ihre Produktion. Sie fürchtet allerdings den wachsenden Importdruck und setzt sich gegen die Freihandelsverträge im Rahmen der EFTA zur Wehr – erfolglos. Die Liberalisierung hat einen Investitions- und Produktivitätsschub zur Folge.

ab 1970
Der Verband beschäftigt sich massgeblich mit Zollfragen. Im Rahmen der Abkommen mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) werden die Zölle schrittweise gesenkt und ab 1984 vollständig abgeschafft. 1980 beträgt der Anteil des Imports am gesamten inländischen Papier- und Kartonverbrauch rund 37%. Heute beträgt der Importanteil rund 62%.

ab 1980
Die Zollfragen werden immer mehr in den Hintergrund gedrängt. Anstelle dessen befassen sich Verband und Mitgliederfirmen verstärkt mit Umweltfragen (Energiegewinnung, Reinhaltevorschriften für Luft und Wasser etc.).

1994
übernimmt die Geschäftstelle des Verbandes der Schweizerischen Zellstoff-, Papier- und Kartonindustrie die Mandate zur Führung der Geschäftstelle von anderen Verbänden aus der Papierkette (Papierhandel, Papier- und Kartonverarbeitung). Eine neue Ära der Interessenbündelung und Interessenvertretung beginnt.

ab 1996
Im Zuge der Internationalisierung der Papierwirtschaft finden immer mehr schweizer Papierfabriken einen neuen Besitzer. Heute befinden sich rund zwei Drittel der grossen Betriebsstätten im Besitz von multinationalen Konzernen.

[Ergänzung Palomino:

ab 1998 ca.
Exodus der Papierindustrie aus der Schweiz
Die schweizer Papierindustrie löst sich fast gänzlich auf oder zieht nach Osteuropa, wo die Produktionskosten nur einen Bruchteil der Kosten in der Schweiz betragen].

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