Wenn man der in Panama ansässigen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca einen Vorwurf nicht machen kann, dann den, allzu wählerisch bei der Auswahl von Kunden zu sein. Die Firma, die ein weitverzweigtes System von Briefkastenfirmen aufgebaut hat, weiß Teile der ehrenwerten Gesellschaft unter ihren Mandanten. Daneben aber profiliert sich Mossack Fonseca bereits seit geraumer Zeit durch die Nähe zu zwielichtigen Politikern, notorischen Despoten, international geächteten Schurken oder deren Vertrauten. Und in Panama gibt es viele Kanzleien, die ähnlich arbeiten.
Die 11,5 Millionen Dateien, die aktuell die "Süddeutsche Zeitung" und andere Medien unter dem Stichwort "Panama-Papiere" veröffentlichten, bestätigen die oft indirekte Zusammenarbeit der Kanzlei mit dem engsten Umfeld des russischen Präsidenten Wladimir Putin, seinem ukrainischen Amtskollegen Petro Poroschenko und dem isländischen Premier Sigmundur Davíð Gunnlaugsson. Auch Vertraute des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad, des gestürzten und getöteten libyschen "Revolutionsführers" Muammar al-Gaddafi und des früheren ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak gehören zum Kundenkreis. Die Familie von Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew taucht ebenfalls in den "Panama-Papieren" auf.
Legale Illegalität
Die Zusammenarbeit mit der Kanzlei ist nicht illegal, und auch der Erwerb einer Briefkastenfirma kann durchaus legal sein. In vielen Fällen sind die geschäftlichen Aktivitäten aber ausgesprochen verdächtig und beschäftigen nun Steuerfahnder und Ermittler. Die Nutzung eines Firmenkonstruktes zur Umgehung von Sanktionen, zur Vermeidung von Steuerzahlungen oder zur Veruntreuung öffentlicher Gelder für private Zwecke wäre illegal.
Zu den Klienten der Firma zählte auch Billy Rautenbach, ein Vertrauter des langjährigen Herrschers von Simbabwe, Robert Mugabe. Rautenbach stand lange Zeit auf der Sanktionsliste der USA, wurde aber vor zwei Jahren wieder gestrichen. Die einstige ukrainische Premierministerin Julia Timoschenko, die zunächst als mutige Reformerin gefeiert und später der Korruption beschuldigt wurde, arbeitete mit der Kanzlei zusammen. Mossack Fonseca gründete dem Vernehmen nach für Timoschenko die Firma Bassington Ltd.
Zu den einflussreichsten Geschäftspartnern der panamaischen Kanzlei gehört außerdem der Syrer Rami Machluf, einst Chef eines Mobilfunkkonzerns und einer Fluglinie. Der Vetter ersten Grades von Staatspräsident Baschar al-Assad und Bruder eines langjährigen Geheimdienstchefs gilt als einer der maßgeblichen Finanziers des Regimes und als Sinnbild für Korruption und syrische "Vetternwirtschaft". Machluf, der sich inzwischen aus dem Geschäftsleben zurückgezogen haben will, lebt seit dem Beginn des Bürgerkriegs in Dubai.
Ein Briefkasten als Fluchtauto
Der investigative Journalist Ken Silverstein, der im Dezember 2014 einen gründlich recherchierten Artikel über Mossack Fonseca auf der Internet-Plattform "Vice" veröffentlichte, schrieb über den Syrer und seine Taktik, eigene Gelder und wohl auch das Vermögen der Assads mithilfe einer von Mossack Fonseca initiierten Firma zu verstecken: "Wenn Machluf ein Bankräuber wäre, wäre sein Fluchtauto eine Firma namens Drex Technologies SA. Im Juli 2012 identifizierte das US-Finanzministerium die mit einer Adresse auf den British Virgin Islands ausgestattete Briefkastenfirma Drex als das unternehmerische Vehikel, das Machluf heimlich kontrollierte und nutzte, um seine internationalen Finanzen zu verwalten und zu managen." Machluf habe also "ein paar Millionen" bei einem geheimen Geschäft zur Seite gebracht, die er nicht auf ein Bankkonto einzahlen wollte, das man mit ihm in Verbindung bringen konnte.
Das deutsche Unternehmen Siemens soll eine Konstruktion der Kanzlei genutzt haben, um Bestechungsgelder nach Argentinien zu leiten und dadurch einen lukrativen Auftrag an Land zu ziehen.
Aber auch eine Schwester des früheren spanischen Königs Juan Carlos, der verstorbene Vater des britischen Premiers David Cameron und Barcelonas argentinischer Fußballstar Lionel Messi waren offenkundig an Briefkastenfirmen aus der Kreativschmiede von Mossack Fonseca beteiligt. Sollte es in etlichen dieser Fälle um illegale Aktivitäten gegangen sein, dürfte Kanzleigründer Jürgen Mossack auch für die deutschen Fahnder ins Zentrum des Interesses rücken. Denn der 68-jährige Jurist wurde in Fürth geboren und besitzt bis heute neben der panamaischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft, schreibt die "Süddeutsche".
Zweifelhaftes Reuebekenntnis aus Panama
Die Regierung Panamas hat Hilfe bei der Aufklärung versprochen. Diese Ankündigung stößt bei Experten allerdings auf Skepsis. Ken Silverstein verwies bereits in seiner erwähnten Story über "Die Anwaltskanzlei, die mit Oligarchen, Geldwäschern und Diktatoren zusammenarbeitet" auf Erkenntnisse der "New York Times", laut denen Putin "Geld ins Ausland gebracht hat durch Briefkastenfirmen in Panama". Und Silverstein zitierte den prominenten Rechtsanwalt und Politikexperten Miguel Antonio Bernal mit bemerkenswerten Aussagen: "Wenn es um Geldwäsche geht, bieten wir den vollen Service: spülen, waschen und trocknen."
Bernal
weiter: "Sie können zu jeder
Anwaltskanzlei in der Stadt (Panama City)
gehen, von der kleinsten bis zur größten,
und wenn Sie eine Briefkastenfirma wollen,
wird man Ihnen keine Fragen stellen.">
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Panama Papers: Der Moment,
in dem das Politiker-Lächeln einfriert
http://www.20min.ch/ausland/news/story/23853562
<Islands Premierminister ist unter den
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