aus:
--
Wenzel, Horst: Autobiographie und Reisebeschreibung.
In: Glaser, Horst Albert: Deutsche Literatur. Eine
Sozialgeschichte, Bd.2
--
Wolf, Gerhard: Die deutschsprachigen Reiseberichte des
Spätmittelalters; In: Brenner, Peter J.: Der
Reisebericht
--
Wehrli, Max: Geschichte der deutschen Literatur
u.a.
Die Entwicklung des Reisens
Reisen =
Kriegs-"Reise"
Reisen heisst gemäss Glasers Sozialgeschichte im
Mittelalter "ins Feld ziehen" (Glaser, S.171). Im
Wörterbuch/Duden heisst reisunga "Rüstung". bei Glaser
heissen reiswagen "Kriegswagen" und ein reisbuoch ist
ein "Kriegsausgabenverzeichnis" (Glaser S.171). Glaser
folgert insofern: "Archetyp der Reise ist der Krieg"
(Glaser S.172). Kriegsreisen gelten seit je her als
Aufstiegsmöglichkeit (Glaser S.173).
Reisen als Vergleich
der Welten zur Selbstfindung
Reisen als Vergleich der Welten zur Selbstfindung
kommt nur im Adel vor:
-- Herrschaftsreisen als Vorzeigen der
statusspezifischen Mobilität
-- Aventurefahrten
-- Minnereisen mit Berichten auch in lyrischer Form
(Glaser, S.173-174).
Kriegsreise als
Chance zu Eroberung und Aufstieg: Beispiel:
"Kreuzzüge"
Klassisches Beispiel für Reisen, die einen beruflichen
Aufstieg zur Folge haben, sind die "Kreuzzüge" als
bewaffnete Wallfahrten im Zeichen des Kreuzes (mit
Jerusalem, das gemäss der jüdisch-"christlichen",
rassistischen Dogmatik als heilsgeschichtlich
beglaubigter Mittelpunkt der Welt gilt). Die
europäischen Adeligen und Soldaten können sich durch
Krieg und Bewährung einen "Aufstieg" erarbeiten, wobei
die Berichte der Adligen nur aus dem Blick des Adels
geschildert sind. Die Reiseberichte aus Jerusalem über
die "heiligen" Stätten müssen dabei alle gleich sein,
weil sich sonst an der "Heiligkeit" etwas ändern würde
[und dann würde der Berichterstatter als Ketzer
dastehen]. (Glaser, S.172-174).
Pilgerreisen nach
Jerusalem, dann auch Rom und Santiago de Compostella
Für Normalmenschen gibt es nur einen Grund ausserhalb
des Krieges, zu reisen: die Pilgerreise an den
"Mittelpunkt" der jüdisch-"christlichen",
rassistischen Welt, nach Jerusalem. Die Palästinareise
wird "spiritueller Höhepunkt eines Christenlebens"
(Wolf, S.82, 83).
Diese Pilgerreisen werden auch nach der Niederlage von
1291 bei Akkon weiter möglich gemacht. Die Muslime
behindern die Pilgerfahrten nicht (Wolf, S.83). Die
Pilger müssen in Ägypten beim Sultan zuerst die
Genehmigung für Jerusalem beantragen, um dann den
üblichen Karavanenweg als Nachvollzug des Auszugs des
Volkes Israels aus Ägypten nachzuvollziehen: Ägypten -
Bethlehem (Geburt von "Jesus") - Jerusalem
(Verurteilung von "Jesus") - Tal Josaphat (als Symbol
für das "jüngste Gericht") (Wolf, S.91).
Ab der zweiten Hälfte des 14. Jh. verleiht der Sultan
dem Franziskaner-Orden quasi ein Organisationsmonopol
für die Jerusalemreisen. Zweimal jährlich fahren von
Venedig aus direkte Schiffe nach Palästina mit Führung
nach Palästina unter mamelukischen Wachmannschaften,
mit Besichtigungsprogrammen in Palästina unter
französischer Leitung (Wolf, S.92). Die Mameluken
verlangen Gebühren: Je reicher der Pilger, desto mehr
muss dieser bezahlen. Deswegen reisen die Europäer
lieber als "arme" Menschen. Sogar die Fürsten
verkleiden sich als "arme" Fürsten (Wolf, S.98).
Ab 15. Jh. gelten neue Pilgerziele: Rom und Santiago
de Compostella (Spanien). So kommt die "Trias" der
Wallfahrtsorte (Jerusalem-Rom-Santiago de Compostella)
zustande, wobei Rom und Santiago weniger gelten als
Jerusalem, das weiterhin als "Höhepunkt" der
"christlichen" Pilgeraktivitäten gilt (Wolf, S.84,
101). Die neuen Ziele organisiert das [rasstistische]
Papsttum v.a. deswegen, um den muslimischen Profit mit
christlichen Pilgern im "heiligen Land" zu unterbinden
(Wolf, S.84).
Der Papst macht nun sogar gegen Jerusalemreisen
Propaganda. Für das Ziel Jerusalem wird nun plötzlich
eine kostenpflichtige päpstliche Erlaubnis notwendig.
Wer ohne diese Erlaubnis Palästina betritt, muss die
Zahlung nachträglich leisten oder wird exkommuniziert
(Wolf, S.84).
Die päpstliche
Lockvogelpropaganda für Pilgerreisen
Pilgerreisen finden unter verschiedenen Motiven statt,
die von der Rassistenkirche "organisiert" sind:
-- Sündenstrafenerlass und Ablass
-- Erfüllung von Gelübden
-- Sühnefahrten
-- Geschäfte
-- Ansehenserhöhung und Neugierde gelten gleichzeitig
als "sündhaft" (Wolf, S.83).
Ablass in Palästina
Der Ablass erfolgt mit dem Betreten der "heiligen
Stätten" und wird jeweils aufnotiert und beglaubigt
(Wolf, S.87). Der Ablass kann vererbt werden und gilt
als "himmlisches Guthaben". Wer in Jerusalem war, kann
auch für den Rest der Familie "Gutes" erwirken (Wolf,
S.97).
Im Zentrum der Pilgerfahrt stehen die Heilsgeschichte,
die Heilsordnung der Papstkirche (Wolf, S.106). In
Jerusalem ist auch der Ritterschlag durch den
"Ritterorden vom hl. Grab" möglich, mit
Bewährungsproben (Wolf, S.97).
Die Entwicklung der Reiseberichte
Vorläufer der
Reiseberichte im 12. Jh.
Die Vorläufer der Reiseberichte sind die
"descriptiones terrae sanctae" ("Beschreibungen der
heiligen Gebiete"), also Beschreibungen des
"heiligen Landes" für den "gelehrten Gebrauch"
-- z.B. auch vom Bischof von Akkon, Jakob de Vitry
-- ohne grosse reale Beobachtung
-- zugrunde liegen immer Bibelstellen und antike
Quellen (Wolf, S.87).
Fantasiereisen
Es bildet sich eine Gruppe von "Reiseschriftsteller"
und "Geschichtsschreiber" heraus, die von
"Einhärnern", von "Feuervögeln Phoenix", von
"hundsköpfigen Menschen" schreiben, von radarähnlichen
"Spiegeln", von der "jährlichen Auferstehung der Toten
zu Kairo" etc. Die Reisen sind oft nur Fiktion.
Zwischen Epik und tatsächlichem Reisebericht wird
keine Grenze gezogen (Wolf, S.82).
[Es ist sehr gut
möglich, dass solche Fantasie-Reiseberichte im Sinn
der Herrschaft erdichtet waren, wie es in der
jeweiligen politischen Situation gerade nütlich war].
Haupteinfluss auf "Reiseberichte" haben der Stand, die
Bildung und der Beruf des Verfassers, die die
individuelle Wahrnehmung ausmachen (Wolf, S.85).
1298
Reisebericht von
Marco Polo
-- Vermischung von Tatsache und Fabel (Wolf, S.104)
-- mit Sagen von hundsköpfigen Menschen und
Wüstengeistern
-- deutsche Überlieferungen sind kaum vorhanden (Wolf,
S.105).
[Marco Polo ist gemäss neuerer Forschung eine absolute
Fälschung, also auch ein Fantasiereisebericht. Wie man
sieht, konnte man mit einer genialen Fälschung viel
Eindruck schinden].
1320-1500
Erste Reiseberichte
-- es liegen über 120 deutsche Berichte von
Jerusalem-Pilgern vor
-- über 65 davon sind in der zweiten Hälfte des 15.
Jh. verfasst
-- die Bezeichnung ist jeweils verschieden: "cronike",
"beschreibung" oder "unterrichtung" etc. (Wolf, S.86).
Übersetzungen sind oft gekürzt oder umgearbeitet.
Quellentreue besteht nicht (Wolf, S.91).
Pilgerführer
Durch die Ablasspropaganda der Papstkirche mit der
Behauptung, man könne durch eine Jerusalem-Reise Sühne
leisten und sich ein "Konto im Himmel" anlegen, nehmen
die Reiseberichte aus Palästina zu. Es entstehen :
"Pilgerführer" (z.B. im Codex Klosterneuburg), die in
kleinen Drucken überliefert sind (Wolf, S.87)
"Reiseführer"
-- ab dem 15. Jh. werden erste Reiseführer gedruckt
-- mit Beschreibung planmässiger Ablässe
-- die Führer ähneln sich, schreiben von Vorlagen ab,
ohne diese zu nennen (Wolf, S.88).
"Itinerare"
("Wegbeschreibung") / "Reisebücher"
-- solche Reisebücher sind in Ich-Form geschrieben
(Wolf, S.88), wobei die Ich-Form nicht heissen muss,
dass der Schreiber anwesend war, sondern nur der
Sinngehalt ist wichtig (Wolf, S.106)
-- in der Beschreibung enthalten sind die Umstände,
die Kosten, die Wegbeschreibung
-- der Palästina-Teil wird meistens aus anderen
Führern abgeschrieben, weil eine Kirchenzensur
besteht, weil die Autoren Angst haben, von der
Rassistenkirche als Ketzer verleumdet zu werden etc.
-- die Reisenden besuchen die "Gnadenorte" und die
Ablässe werden registriert (Wolf, S.88).
Diese Reisebücher haben z.T. auch repräsentativen
Charakter für die gesamte Familie (Wolf, S.89).
Der Reisebericht von Wilhelm von Boldensele
(1332-1336) ist z.B. 1350 übersetzt worden (Wolf,
S.90). Von Ludolf von Sudheim ist z.B. "de itinerae
terrae sanctae" ["Vom Weg des heiligen Landes"]
erhalten (Wolf, S.91).
"Literarischer
Reisebericht"
-- literarische Reiseberichte verknüpfen historische,
theologische und biblische Vorlagen mit der
literarischen, adligen Tradition der "Aventiurefahrt"
-- enthalten sind Episoden, narrativ,
spannungserzeugend, kombiniert mit umfangreichen
Exkursionen (Wolf, S.89).
Ein Beispiel ist z.B. das Werk "Voyages" ("Reisen")
des Pseudonyms Mandeville, vermutlich der Lütticher
Arzt Jean de Bourgogne, das in alle "grossen" Sprachen
übersetzt wurde (Wolf, S.89).
Reiseberichte von
"Fürstenreisen"
Fürstliche Reiseberichte wurden von Mitreisenden
("Fürstenberichterstatter") verfasst, nicht vom
blaublütigen Adel selbst. Beispiele sind z.B.
-- Haushochner, der über eine Reise von Markgraf Joh.
und Albrecht von Brandenburg 1435 schreibt, mit
Schilderung der bestandenen Gefahren, der gehörten
Messen und der Registrierung der Anzahl Ablässe
-- ein Erzähler, der über eine Reise von Herzog
Albrecht von Sachsen 1476 schreibt, mit der
Dokumentation von Macht und Reichtum und der
Beschreibung von 100 Mann Gefolge
-- Dietrich von Schachten, der über eine Reise von
Wilhelm den Älteren von Hessen 1491/92 schreibt (Wolf,
S.98).
Allgemein ist die Beschreibung des europäischen Weges
auf der Reise nach Palästina länger gehalten, um Macht
zu demonstrieren (Wolf, S.98). Ziel dieser
Fürstenberichterstatter ist es, eine Reise zu
beschreiben, die nicht imitiert werden kann. Oft ist
ein eigenes Kapitel "Fürstenlob" enthalten (Wolf,
S.99).
Beispiel einer "einmaligen" Reise ist "Arnolds Pilgerbuch" von Ritter Arnold von Harff, eine
2 1/2-jährige Reise bis Mittelasien, mit der
Beschreibung von albanischen, syrischen und arabischen
Alphabeten, mit Informationen zu Themen der
Naturwissenschaften, Kulturgeschichte, Landeskunde und
Politik, mit eingearbeiteten Legenden, Sagen und
Anekdoten (Wolf S.99).
Pilgerführer für
Compostella
Nach Compostella existieren nur Pilgerführer und
Itinerarien, z.B. von Hermann Künig von Vach, oder das
"Liber Sancti Iacobi", ohne innere Spannung. Somit
bleibt es auch ohne Übersetzung (S.103).
Pilgerführer für Rom
Für Rom existieren nur Pilgerführer. Die Routen waren
bekannt und sind nur wenig beschrieben. Deswegen
werden v.a. die römischen Kirchen mit ihren Reliquien
beschrieben, mit eingearbeitet Sagen und Legenden.
Zudem sind die Ablasslisten Bestandteil der Berichte,
z.B. von Leopold von Wien, Nikolaus Muffel, Ludwig von
Eyb dem Älteren zu Eybburg (Wolf, S.103).
Berichte für das
Publikum zu Hause - Frauen und Nonnen dürfen nicht
reisen
Geistliche und Adlige, und ab dem 15. Jh. neu auch
normale Bürger, verfassen "Wallfahrtenbeschreibungen"
für die "Ehre der Familie" (Wolf, S.92), bzw. auch für
Frauen und Nonnen, denen die Pilgerfahrten zu dieser
Zeit verboten ist [wahrscheinlich wegen dem Komplex
der bis dahin völlig männlich geprägten
Rassistenkirche, dass Frauen, die gerade die Periode
haben, die "heiligen" Stätten "verunreinigen"
könnten]. Die Frauen und Nonnen erhalten durch die
Beschreibung die Möglichkeit, um die Reise "im Geiste"
nachzuvollziehen (Wolf, S.94). Eine solche
Wallfahrtenbeschreibung ist z.B. das
"Evagatrium" von Konrad D.Hassler (Dominikaner)
-- das für die "Ulmer Klosterbrüder" geschrieben wurde
-- mit der Reise von Felix Fabri (Wolf, S.92) / Faber,
Zürcher Dominikaner: "Evagatorium in terrae sanctae,
Arabiae et egypti peregrinationem" ["Ausgiebige
Beschreibung über das heilige Land, über die fremden
arabischen und ägyptischen Lande"], mit Weltkunde des
vorderen Orients (Wehrli, S.833)
-- mit biblischen Angaben (Wolf, S.93)
-- mit dem Ziel, von Pilgerreisen abzuraten und vor
den Gefahren zu warnen (Wolf, S.94).
Felix Fabri
vermarktet seine Pilgerreise
Felix Fabri gibt 1480 eine Pilgerreise in Gedichtform
heraus: "Bruder Felix Fabers gereimtes
Pilgerbuchlein", als "epischer Bewährungsweg" (Wolf,
S.95).
1484 gibt Felix Fabri dieselbe Pilgerreise in Prosa
heraus: "Eigentliche Beschreibung der hin und wider
farth zu dem heiligen Landt", ohne grosse Exkurse,
z.T. "spannend" geschrieben. Gefahrenschilderungen
werden in "Bewährungsavienturen" umgedeutet (Wolf,
S.94).
Propaganda für die
Rückeroberung des "heiligen" Landes
z.B. im Reisebericht von Bernhard von Breidenbach 1486
-- mit ausführlichen Beschreibungen von strategischen
Punkten
-- mit Klagen über "den Orient" und mit Verteufelung
der Mohammedaner
-- mit Aufforderung an die deutschen Fürsten zur
Einigung zu einem "Landfrieden"
-- mit Kriegsanleitungen (Wolf, S.96)
-- mit Verbreitung in 9 Auflagen in 5 Sprachen bereits
im 15. Jh. (Wolf, S.97)
-- und gemäss Wolf ist Bernhard von Breidenbach kein
Einzelfall für solche "christliche" Kriegshetze (Wolf,
S.96).
Marco Polo wird
imitiert: Reisen nach Fernasien
In der ersten Hälfte des 14. Jh.s schreibt der
Franziskaner Odorico de Pordenonne Berichte über
Sumatra, Indonesien, China. Der Bericht findet eine
weite Verbreitung. Es sind über 90 Handschriften in
Latein erhalten, davon 4 in Deutsch, z.B. von Lübers
von Konrad Steckel (Wolf, S.105).
[Es sei der Verdacht angebracht, dass es sich auch bei
dieser grossen Asienreise - wie bei Marco Polo - um
eine Fantasie handelt, was abzuklären wäre].
Reisebücher neu auch
von Bürgern und Aristokraten
z.B. das Reisebuch der Familie Rieter (Deutschland)
mit traditionellen Palästinafahrten 1384 bis ins 17.
Jh. (Wehrli, S.834).
Johannes
Schiltberger: Reisebericht über Asien als Gefangener
der Türkei
Schiltberger, geboren 1380 (Glaser, S.174), dient im
Heer Sigismunds gegen die türkischen Heere (Wehrli,
S.832), kommt im Jahre 1396 in türkische
Gefangenschaft, 1402 in mongolische Gefangenschaft
(Glaser, S.174) bei Ankara (Wehrli, S.832), ist fast
30 Jahre Sklave und Soldat (Glaser S.174), und kehrt
erst 1427 wieder heim (Wehrli, S.832). Nach der
Rückkehr ist Schiltberger Kämmerer des Bayrischen
Herzogs Albrecht III. (Wolf, S.105).
Schiltbergers Reisebeschreibung schildert viele Teile
Asiens (Glaser, S.174), mit Zuzug vieler Quellen, v.a.
die "Voyages" von Mandevilles, mit einem Kapitel über
das "heilige Land" (Wolf, S.105), wobei die Ereignisse
z.T. erdichtet sind, weil die Ereignisse z.T. vor
seinem Leben stattgefunden haben. Inhalt: Itinerar
[Wegbeschreibung] (Kapitel 1-31), Religionsgeschichte
Islam (Kap. 49-60), Geographie und Historie,
Kurzerzählungen, Naturkunde etc. Es sind 4
Handschriften und 3 Inkunabeldrucke erhalten (Wolf,
S.106). Wehrli spricht von 8 Drucken (Wehrli S.832).
Marco Polo wird erst
jetzt "interessant"
Erst ab der 2.Hälfte des 15. Jh. wird Marco Polo in
mehreren verkürzten Übersetzungen auch in Deutsch
herausgegeben. Dies ist Zeichen dafür, dass bis zu dem
Zeitpunkt Reisen ausserhalb der Pilgerreisen in andere
Länder kaum auf Interesse gestossen sind (Wolf,
S.105).
[Die geniale Fälschung verkaufte sich einige 100 Jahre
später gut].
Dietrich von
Schachten 1491/92
beschreibt eine Reise über Wilhelm den Älteren von
Hessen mit einem Besuch Roms als Abschluss (Wolf,
S.98).
Felix Fabri 1492
schreibt für Nonnen, denen die Pilgerfahrt immer noch
verboten ist, eine Pilgerbeschreibung "Geistliche
Pilgerfahrt" oder "Sionpilgerin", wo 208 Pilgertage
zum geistlichen "Nachfollzug" beschrieben sind (Wolf,
S.94).
Reise und Kolonialismus in Übersee:
Kolumbusbrief 1493 und die Folgen
Der Kolumbusbrief
eröffnet für Europa neue Dimensionen des Reisens
mit Schilderung vieler grosser Baumsorten,
Honigsorten, Erzen, Metallen, Korn und Gold in den
Flüssen. Die Menschen, die von Kolumbus "Indianer"
genannt werden, sind als in ihrer Nacktheit unschuldig
und friedfertig geschildert (Glaser, S.176).
[Hätte Kolumbus keinen Reichtum des Landes
geschildert, so wäre er sofort verhaftet worden. In
der Folge seiner weiteren beiden Fahrten wurde er dann
doch verhaftet und ihm alle Titel aberkannt, weil er
den Weg nach "Indien" nicht gefunden hatte. Die
nachfolgenden spanischen Seefahrer klauten die
Kolumbuskarte und führten dann die "Entdeckung" von
"Amerika" zu Ende].
Folgen des Kolumbusbriefes:
-- europäische Fürsten und Geschäftsleute sehen die
Wehrlosigkeit der Indianer
-- Indianer werden zu Grubenarbeit und Plantagenarbeit
gezwungen
-- Raubzüge, Hunger und Verbreitung von Krankheiten
mit Ausrottung ganzer Inselbevölkerungen ["karibische
Inseln" wurden "indianerfrei"]
-- in der Folge werden "kräftige Sklaven" aus
Schwarzafrika importiert (Glaser, S.176).
Die "Humanisten"
beschreiben "Amerika"
Die "Humanisten" etablieren das Reisetagebuch des 16.
Jh.s, das Hodoeporicon, die "Entdeckung" der neuen
Länder, die noch keine Erzähltradition haben (Wolf,
S.106).
Reisebericht von
Gaspar de Carvajal, "Humanist", über Süd-"Amerika"
1542
ist ein Tagebuch 1541/42 "La aventura del Amazonas":
-- Carvajal konstatiert, er habe das "Eldorado" nicht
gefunden
-- Beschreibung von Kämpfen mit kriegerischen Frauen
("amazonas")
-- Ziel ist es, den spanischen Hof zu reizen, weitere
Entdeckungsfahrten zu unternehmen (Wolf, S.119).
Hrsg.: Rafael Diaz: Gaspar de Carvajal. Pedrarias de
Almestoy Alonso de Rojas. La aventura del Amazonas.
Madrid 1986
[Die Reiseberichte aus "Amerika" sind gespickt mit
falschen Beschreibungen der dortigen Menschen, die oft
nur als "Wilde" gelten, weil sie keine Kleider tragen.
Dadurch werden die Rassistenkirche und die
rassistisch-kirchlichen Adelsfamilien dazu gereizt,
mehr Geld für Fahrten und Mission auszugeben, und so
hat der Reisebericht seinen Zweck erfüllt: Es wird
mehr Geld für mehr Reisen zur Verfügung gestellt].
Philipp von Hutten
1535
Hutten berichtet 1535 über die Expedition Hohermuths
1535 in der "Zeitung aus India" (Glaser/Wenzel,
S.177).
Ulrich Schmidel aus
Straubing 1554
"Warhaftige Historien einer wunderbaren Schiffart
[...] von 1534 bis 1554" auf einem Welserschiff
(Glaser/Wenzel, S.177).
Hans Staden 1576
"Warhaftige Historia und Beschreibung eyner Landschaft
der Wilden" 1525-1576 (Glaser/Wenzel, S.177).
Der Aberglauben durch
Reiseberichte aus den Kolonien - Aufdecken der Lügen
erst Ende 19. Jh.
Die Erforschung der Reiseberichte erfolgt erst im
letzten Drittel des 19. Jh. Erst jetzt erscheinen
kritische Editionen und decken all die Lügen über die
Menschen der Kolonien auf (Wolf, S.84).
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3.11.2009: Reiseländer 2009: Island und
England sind extrem viel billiger geworden
aus: n-tv online: Reise: Am preiswertesten reisen:
Island billiger als Thailand; 3.11.2009;
http://www.n-tv.de/reise/Island-billiger-als-Thailand-article574278.html
<Der Sender n-tv meldet, dass Währungsturbulenzen
der Finanzkrise von 2008-2009 Island und England einen
Einbruch der Währung beschert haben, der nun den
Tourismus dort zum Blühen bringen könnte. Island ist
gemäss dem Reiseführer "Lonely Planet" zum billigsten
Urlaubsland der Welt geworden. Dann folgt Thailand,
und neu ist London unter den 10 billigsten
Reisezielen, weil der Wechselkurs des Pfund sich in
den letzten 10 Jahren halbiert hat. Unter den ersten
10 billigsten Reisezielen sind ebenso: <Südafrika,
Indien, Malaysia, Mexiko, Bulgarien, Kenia und die
US-Metropole Las Vegas. (AFP)>