5.4.2010: Zu 74% autarke Gemeinde Kötschach-Mauthen
im Gailtal in Kärnten hat in Sachen regenerative Energien
die Nase vorn - und will bis 2015 100% autark sein
Kötschach-Mauthen ist ein Öko-"Musterdorf", und eigentlich
kann das jede Gemeinde machen, was Kötschach-Mauthen macht.
Aber lesen Sie selbst:
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Kötschach-Mauthen im Gailtal in Kärnten (Österreich)
(01), Panorama
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Kötschach-Mauthen im Gailtal in Kärnten
(Österreich) (02), Stausee
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Kötschach-Mauthen im Gailtal in Kärnten (Österreich)
(03), Windrad
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aus: Spiegel online: Ökotourismus in Kärnten: Wie im Gailtal
die Energie-Revolution ausbrach; 5.4.2010;
http://www.spiegel.de/reise/europa/0,1518,684068,00.html
<Teil 1: Wie im Gailtal die
Energie-Revolution ausbrach
Von Niclas Müller
Fortschritt aus Tradition: Eine
kleine Gemeinde in Kärnten versorgt sich fast
ausschließlich aus erneuerbaren Energiequellen. Auf Genuss
wollen die Gailtaler dabei absolut nicht verzichten
[...] Bürgermeister Walter Hartlieb, 46, hat weiße Haare und
ein gründlich rasiertes Gesicht. Im Hauptberuf arbeitet er als
Vorstandsdirektor der örtlichen Raiffeisenbank. Seit 1997
regiert er die rund 3500 Einwohner seiner Heimat, die als
"energieautarke Mustergemeinde" gilt. Mit kleinen, dezentralen
Kraftwerken erzeugt der Ort mehr Strom aus regenerativen
Quellen, als er verbraucht. Über Hartliebs Amtsstube im
Rathaus glitzert eine Photovoltaik-Anlage. Die EU hat die
Gemeinde [Kötschach-Mauthen] im Gailtal mehrfach für ihre Ökobilanz
ausgezeichnet. Zu 74 Prozent ist sie unabhängig von fossilen
Rohstoffen. 2015 soll die 100-prozentige Autarkie erreicht
sein.
"Wir setzen auf erneuerbare Energien", sagt Hartlieb. 2009 ist
der SPÖ-Politiker mit 81,81 Prozent der Stimmen wiedergewählt
worden. Die Lokalpresse nennt ihn den "Bürgermeister-König"
von Kärnten. Er könnte sich auf einem Schild durchs Dorf
tragen und "Majestix" rufen lassen. Aber dafür ist der Sohn
eines Sägemeisters und einer Friseurin zu bodenständig.
Wie kommt es, dass ein kleiner Ort im hintersten Winkel
Kärntens einen Öko-Aufstand anführt? "Ich wäre ein schlechter
Bürgermeister, wenn ich sagen würde: Ich möchte nur die Welt
verändern. Es muss auch für den Ort was rauskommen", erklärt
Hartlieb. In Kötschach-Mauthen
scheint sich Naturschutz so gut zu rechnen, dass sogar
Stammtischredner ihre Tiraden mit Hinweisen auf die
Klimakatastrophe garnieren. Im Gasthof Engl besprechen vier
Männer die neuen Energiesparhäuser am Ortsrand. Einer sagt:
"Die gehören Holländern, ist ja klar: Die haben so viel
Kriminalität. Und wegen der Erderwärmung geht ihr Land unter."
Auf der anderen Seite des Kirchplatzes läuft der Motor der
lokalen Energiewirtschaft. Auf einem Schild vor der prächtig
renovierten Fassade steht: "Headquarter". Vom Firmensitz der Alpen Adria Energie AG aus
werden die Gemeinde und in ganz Österreich mehr als 7000
Kunden mit Strom versorgt. Innen trifft neongrünes Mobiliar
auf holzvertäfelte Wände. Auf einem Schreibtisch liegt Al
Gores Buch "Wir haben die Wahl. Ein Plan zur Lösung der
Klimakrise". In einer Nische hängen Flachbildschirme.
Mitarbeiter steuern per Mausklick Talsperren, Pumpen und
Solarkraftwerke. Der Familienstammbaum des Firmenpatriarchen,
der zurückreicht bis dreizehnhundertirgendwas, schmückt eine
andere Wand. Nirgends wirkt Zukunftstechnologie so alt und
gewachsen wie hier.
Unternehmenschef Wilfried Klauss sagt: "Dass die herkömmliche
Energiewirtschaft unsinnig ist, war mir schon vor Jahrzehnten
klar. Wir haben doch alle Ressourcen vor der Tür!" Fehlte nur
noch, dass er dazu "Beim Teutates!" rufen würde. Klauss ist 56
Jahre alt und eine Art Energie-Miraculix: fortschrittlich wie
seine Firma und zugleich tief verwurzelt in der Vergangenheit.
Schon sein Urgroßvater hatte 1886 ein Wasserkraftwerk gebaut.
In Kötschach-Mauthen
brannte dank dem Klauss-Clan längst elektrisches Licht, als in
Klagenfurt noch Petroleum-Leuchten flackerten. "Wir waren
immer vorn", sagt Klauss, "in meiner Familie gab es nie eine
Generation, die nur langweilig dahingetan hätte."
2. Teil: "Hier sehen Sie das Gute und da drüben das
Böse!"
aus:
http://www.spiegel.de/reise/europa/0,1518,684068-2,00.html
Barbara Klauß, die trotz abweichender Schreibweise zur Familie
gehört, führt das Hotel Kürschner in siebter Generation. Im
Klavierzimmer hängen die Porträts ihrer Ahnen wie in einem
Theaterstück von Thomas Bernhard. Klauß ließ die 1746 erbauten
Mauern des 4-Sterne-Hauses schrittweise modernisieren. Geheizt
wird mit Fernwärme aus dem Holzschnitzelofen, gedämmt mit
Dreifachverglasung und Schafswolle; in den WC-Anlagen wird mit
Brauchwasser gespült, und in der Küche brutzeln biologisch
erzeugte Lebensmittel. "Viele sehen nur Grüne in Latschen,
wenn sie an Ökologie denken", sagt die 52-jährige Chefin, die
in Kärntner Tracht auf einem Jugendstil-Sofa sitzt, "aber bei
mir ist das überhaupt nicht so: Ich bin ein absoluter
Genussmensch".
Auch der Vorsitzende des Tourismusvereins, Sepp Kolbitsch,
setzt auf Hochtechnologie statt auf Verzicht. "Umweltschutz
bedeutet nicht, dass wir zurück in die Höhlen müssen", sagt er
und knipst das Licht in einer künstlichen Grotte an. In der
neuen Saunalandschaft seines Luxus-Campingplatzes Alpencamp
hat er extrem sparsame LED-Lampen verbaut. Das intelligente
Heizsystem, in dessen Kessel Holzpellets brennen, lässt sich
vom Computer übers Internet steuern. Jahrhundertealt sind
dagegen die Methoden, nach denen Kolbitsch das Bauholz für
sein Hüttendorf fällen lässt. Nur im Winter und wenn der Mond
günstig steht, wird gesägt: "Wer nach den richtigen Zeichen
schlägt, braucht keine chemischen Schutzmittel." Selbst
zehnjährige Blockhäuser auf dem Platz sehen aus wie neu.
Der Bürgermeister, Klauss und Klauß, Kolbitsch - dazu die
Größen des lokalen Handwerks, der Bauunternehmer und auch der
Landwirtschaft haben sich im Verein energie:autark
zusammengeschlossen, um die Gemeinde weiter voranzutreiben auf
der grünen Welle. Die Verwaltung bezuschusst den Einbau von
Wärmepumpen und den Kauf von Elektrorollern. Für Berufspendler
will die Gemeinde Elektrobusse anschaffen, damit nicht jeder
zu seiner Schicht im Gewerbepark das eigene Auto bewegt. Und
natürlich, erklärt Hartlieb, soll der Tourismus profitieren:
"Viele Möglichkeiten haben wir nicht. Wenn es um Betriebe
geht, die Standorte suchen, hören wir immer das Gleiche: 'Ihr
seid zu weit weg!' Den Ökoenergie-Tourismus auszubauen ist für
uns eine Chance."
In Zukunft sollen an den Energie-Produktionsstätten
Schautafeln stehen, damit Wanderer erfahren, wie einfach und
naturnah Strom und Wärme zu erzeugen sind. Ein Wasserkraftwerk
soll zum Schaukraftwerk für 10.000 Besucher jährlich ausgebaut
werden. Noch betreut Sabrina Barthel von energie:autark
angemeldete Gästegruppen. Im Ortsteil Würmlach zeigt sie eine
Anlage, in der man aus Mais, Gras und Rindergülle Gas gewinnt,
um es zur Stromerzeugung und für das Fernwärmenetz zu
verbrennen. Die Sehenswürdigkeit riecht, wie ihre Rohstoffe
klingen. Und trotzdem sagt Barthel selbstbewusst: "Hier sehen
Sie das Gute" - und deutet auf den Fermenter, in dem Bakterien
die Natursuppe in Brennstoff verwandeln - "und da drüben: das
Böse!" Einen Steinwurf entfernt steht ein mit Stacheldraht
umzäunter, rostbrauner Tank, in dem Öl lagert. Ausgerechnet
durch das Rebellengebiet verläuft die Pipeline Transalpin, in deren
Rohren der Treibstoff des Erdölzeitalters vom Hafen in Triest
bis Ingolstadt fließt.
Wer Klauss in seinem Headquarter fragt, ob die Pipeline bald
dichtmachen könnte, setzt den Energie-Pionier unter Strom: "Da
habe ich nicht den geringsten Zweifel. Die Umstellung auf 100
Prozent erneuerbare Energie wäre in kurzer Zeit möglich", sagt
er. "Wenn Sie mich zum Energiediktator der Welt küren würden,
gäbe es in 20 Jahren kein Atom- und kein fossiles Kraftwerk
mehr." Das Prinzip seines Netzes sei global anwendbar:
Stauseen speichern die Energie, die durch Wind- und
Sonnenkraft erzeugt wird. Ist es windstill und bewölkt, wird
das Wasser zur Stromerzeugung aus den Seen abgelassen. In der
Sahara könne man riesige Solaranlagen bauen, in Norwegen
Speicherseen. "Einfacher geht's nicht", sagt Klauss.
Die Tücken im Detail kennt der Unternehmer allerdings auch.
Seit Jahren wartet er auf die Genehmigung, neben sein Windrad
am Plöckenpass noch ein zweites und drittes stellen zu dürfen.
Vogelbeobachter fürchten, dass ihre gefiederten Freunde darin
umkommen könnten. Wanderer glauben, die Lärmbelästigung würde
sie stören oder die Turbinen könnten das Panorama ruinieren.
Eine weitere Baustelle: Die Alpen
Adria Energie möchte eine Leitung nach Italien
legen, um ein Stahlwerk mit Naturstrom zu versorgen.
Hartlieb kennt und unterstützt die meisten Pläne. Dass
Strommasten in den Bergen unschön wären, sieht er allerdings
auch so. "Nicht alles ist sofort umsetzbar, die Zeit muss auch
reif sein", sagt der Bürgermeister. Vielleicht helfen dem
Projekt ausgerechnet römische Atomstrom-Anhänger. Um den
Energiebedarf in Norditalien zu decken, wollen sie ein neues
Kraftwerk bauen. Beim Gedanken daran wird Hartlieb ein wenig
ungehalten: "Bevor uns Berlusconi ein Atomkraftwerk vor die
Haustür setzt, sage ich: Die Leitungen müssen sofort her!" Am
Ende stürmen nicht Ölscheichs und Atommanager über den
Plöckenpass. Sondern die unbeugsamen Gailtaler erobern mit
ihrem Energiegemisch die Welt.
Aus ADAC Reisemagazin "Kärnten">
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5.10.2010: Dänemark will bis 2050 die totale
Autarkie schaffen - Tschüs Erdöl
aus: 20 minuten online: Klimaschutz: Dänemark plant den
Energie-Wechsel; 5.10.2010;
http://www.20min.ch/news/ausland/story/10764807
<Dänemark
will regenerative Energien massiv ausbauen und ab dem Jahr
2050 komplett auf fossile Energieträger verzichten.
Vor dem Parlament in Kopenhagen sagte Regierungschef Lars
Loekke Rasmussen am Dienstag, seine Regierung wolle
«die Zukunft des Planeten nicht aufs Spiel setzen», indem
weiter durch die Verbrennung fossiler Energieträger - Öl,
Gas und Kohle - das umweltschädliche C02 in die
Erdatmosphäre ausgestossen werde.
Erreicht werden könne dies unter anderem durch ein
«ambitioniertes Niveau» der Nutzung von Windkraft und
Biomasse und des Einsatzes von Elektrofahrzeugen, sagte
Rasmussen. Auch müsse der Energieverbrauch reduziert werden.
Konkrete Massnahmen
In den kommenden Monaten werde die Regierung konkrete
Massnahmen erarbeiten, wie die Ziele erreicht werden
könnten. Rasmussen kündigte zudem an, sich in der
Europäischen Union für die Umsetzung des Ziels stark zu
machen, bis 2020 den CO2-Ausstoss um 30 Prozent zu senken.
In seiner Rede nannte Rasmussen neben dem Klimaschutz
weitere Motive für die Pläne der Regierung: «Wir können es uns auch
nicht leisten, dass die Erhöhung der Erdölpreise Teile
unserer Wirtschaft zerstört.» In Anspielung auf den
Nahen Osten sagte Rasmussen zudem, Dänemark wolle seine
Energiesicherheit nicht in die Hände «instabiler Regime»
legen.
Dänemark ist einer der Vorreiter auf dem Gebiet der Windkraft, bereits
jetzt stammen etwa 20 Prozent des in dem Land produzierten
Stroms aus dieser Energiequelle. Bis 2020 soll der
Anteil auf 50 Prozent steigen.
(sda)>
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12.8.2011: Rettenbach (Allgäu) ist totaler
Selbstversorger: Währung, Lebensmittel, Solarstrom
Allgäu-Dorf versorgt sich komplett selbst
https://www.welt.de/videos/wirtschaft_original/video13542211/Allgaeu-Dorf-versorgt-sich-komplett-selbst.html
<Veröffentlicht
am 12.08.2011
Rettenbach im Allgäu ist Selbstversorger auf ganzer
Linie: Mit Solardächern, Lebensmitteln aus dem Umland
und einer eigenen Währung koppeln sie sich von den
globalen Wirtschaftskreisläufen ab.
Video:
<Rettenbach am Auerberg mitten im Allgäu gehört wohl zu
den grünsten Dörfern Deutschlands. Und das nicht nur, weil
der Ort in saftigen Almen und rauschenden Tannen eingebettet
ist. Rettenbach ist ein Dorf mit stark grünem Anstrich,
energietechnisch gesehen. Auf jedem Dach im Dorf glitzern
Photovoltaikanlagen in der Sonne. Die Anlagen produzieren so
viel Strom, dass die Rettenbacher weitaus mehr in den
Stromfluss einspeisen, als sie verbrauchen (30sek.).
Unterstützt werden die Kollektoren durch örtliche
Biogas-Anlagen. Wärme zieht man aus CO2-neutralen
Scheitholzanlagen. Selbst die Fahrzeuge werden mehrheitlich
mit Rapsöl betankt (44sek.).
Andere ländliche Gemeinden beneiden das Öko-Dorf, wohl
zurecht. Denn Bürgermeister Wilhelm Fischer klingt ziemlich
zufrieden (50sek.).
"In erster Linie versuchen wir, unsere komplette Energie
soweit wie möglich selber herzustellen. Dann wollen wir
natürlich für unsere jungen Familien Einkaufsmöglichkeiten,
Freizeitmöglichkeiten bieten, und wir bieten natürlich sehr
viel Arbeitsplätze, so dass wir das Glück haben, dass sehr
viele junge Familien zu uns ziehen." (1min.9sek.)
Aber in Rettenbach beschränkt sich das
Selbstversorgerprinzip nicht nur auf die Energie. Der
Grossteil der Lebensmittel, die hier zu kaufen sind, stammt
aus der Umgebung. Und dann haben die Rettenbacher sich noch
etwas ausgedacht: Eine Möglichkeit, das Geld und damit die
Kaufkraft im Dorf zu halten (1min.26sek.): Dafür gibt es den
Weichberg-Taler, und das funktioniert so (1min.30sek.):
[Bürgermeister]:
"Ein konkretes Beispiel: Wir heizen unsere Häuser mit Holz
und bezahlen dieses Holz mit Weichberg-Talern und diese
Weichberg-Taler werden dann im Dorf wieder ausgegeben, so
dass wir dadurch den kleinen Kreislauf am Leben erhalten."
(1min.46sek.).
Der Ort zählt nur etwa 800 Einwohner. Das Prinzip lebt also
auch von der Überschaubarkeit solcher Projekte. Im Alltag
scheint es jedenfalls ganz gut zu klappen.
Kundin:
"Also den Weichbertaler find ich in dem Sinn als Geschenk
gut. Dann bleibt das Geld, kann man nur im Ort ausgeben, obs
der Bäcker isch, oder die Tankstelle isch, es isch eine
Währung fürs Dorf. Ausserhalb geht das nicht." (2min.13sek.)
Das alles ist über viele Jahre gewachsen. Schon in den
90er-Jahren begannen die Einwohner mit ihrer ganz
persönlichen Energiewende, damals noch von vielen belächelt.
Heute, da die grüne Welle durch ganz Deutschland schwappt,
kommen viele Besucher, um sich von den Selbstversorgern
etwas abzukucken.> (2min.34sek.)
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Thailand 26.8.2011: Bescheiden und autark bleiben:
Neuer schonender Tourismus in der Biofarm
"Thanyamundra-Resort" am Khao-Sok-Nationalpark
aus: n- tv online: biohuhn und Ananas-Putzmittel: Thailands
Tourismus wird grüner; 26.8.2011;
http://www.n-tv.de/reise/Thailands-Tourismus-wird-gruener-article4144441.html
[Faktoren für das Hotel:
-- Bio-Hotels gemäss Standard der Stiftung "Green Leaf"
-- Bioküche
-- Putzmittel aus Bio-Abfällen und effektiven
Mikroorganismen (EM)
-- Einsatz effektiver Mikroorganismen (EM) bei Pflanzen und
Viehzucht
-- eigene Abwasser-Recycling-Anlage beim Hotel
-- Wildschweine als Bio-Abfallvernichter und
Energieproduzenten für Biogasanlage
Faktoren für den Verkehr:
-- keine Autofähren zulassen, sondern nur Fussgängerbrücken
und Mototaxis
-- keine Jet-Skis und keine Banana-Boote
-- eine Fähre fährt mit Naturgas statt Diesel]
<Bescheidene Infrastruktur: Koh Kood und
die Nachbarinsel Koh Mak haben sich entschieden, keine
Autofähren zuzulassen. Bioküche in malerischer Natur - das
ist das Konzept des Thanyamundra Resorts am
Khao-Sok-Nationalpark in Thailand.
Thailands Tourismusindustrie will grüner werden. Überall
sprießen Initiativen: Weniger Abwässer, weniger Chemikalien,
weniger CO2-Emissionen und gesünderes Essen sind die Devise.
Ein süßes und würziges Aroma steigt aus der Tonne, wenn
Bauer Pierre Larigaldie auf der Thanyamundra-Biofarm
in Südthailand den Deckel hebt und umrührt. Gewürze
wie Kurkuma sind darin und Kräuter wie Zitronengras. Mit
Zucker gärt das Ganze wochenlang, ehe es als Naturdünger und
Insektenabwehrmittel auf die Felder kommt. Auf dieser Farm
wachsen Auberginen, Salat, Dill, Koriander, Papayas,
Bananen, wie die Natur sie lässt. Biohühner hält der
Franzose auch. Larigaldies Köstlichkeiten kommen nebenan im
Thanyamundra Resort gartenfrisch auf den Tisch. Hühnchen mit
Zitronengras zum Beispiel, oder Frühlingsrollen mit
Biogemüse.
Die blühende thailändische Tourismusindustrie setzt seit
Jahren auf immer mehr: mehr Hotels, mehr Gäste, mehr
Angebote. 60 Millionen Touristen reisen jährlich ins Land,
etwa ein Viertel aus dem Ausland. Die rasante Entwicklung
bedroht die Natur. Doch es wächst auch der Wille - und der
Anspruch vieler Gäste -, auf die Umwelt zu achten und den
Tourismus nachhaltiger zu gestalten.
Bioküche und Nachhaltigkeit
Thanyamundra am Khao-Sok-Nationalpark zwei Stunden nördlich
vom Flughafen Phuket setzt auf Bioküche und
Nachhaltigkeit in malerischer Natur. Die Gäste können ihr
Essen selbst pflücken, der Küchenchef gibt auf Wunsch
Kochstunden. Es gibt nur neun Zimmer. Die kleine Zahl der
Besucher hält den Verkehr in Grenzen und die Natur intakt.
Bauer Larigaldie experimentiert für die Düngung mit EM, effektiven
Mikroorganismen - einer Methode aus Japan, die das
Pflanzenwachstum natürlich fördern soll. "Auch die Hühner
bekommen jeden Tag ein bisschen davon ins Futter", sagt er.
Resort ohne Chemikalien
Drei Stunden Fahrt weiter südlich auf der Insel Phuket hat
Hotelier Somchai Silapanont ebenfalls EM für sich entdeckt.
In seinem Marina
Phuket Resort am Karon-Strand werden keine
Chemikalien mehr verwendet. Ein Mitarbeiter rührt im
Gartenschuppen EM-Kulturen
mit Ananasabfällen aus dem Hotel zusammen. Vergoren
entstehen daraus sämtliche Putzmittel für die Anlage: zum
Saubermachen der Zimmer, zum Spülen, zum Waschen der
Bettwäsche und Handtücher. "Natur erhalten, Kultur wahren,
Technologie voranbringen" ist Somchais Motto.
"Wir zeigen jedem, wie es funktioniert, und das Interesse
ist riesig", sagt Somchai. Er hat in eine eigene Abwasseranlage
investiert, die das gesamte Wasser des Hotels recycelt. Nach
der Reinigung bewässert er damit seinen üppigen
Tropengarten, in dem versteckt die Ein-Zimmer-Villen der
Gäste liegen. "Wir haben eine der größten Orchideen Asiens
direkt hier im Resort", sagt er, und zeigt die meterhohe
Pflanze stolz.
Grünes Tourismusparadies
Im Golf von Thailand will eine ganze Inselkette zum grünen
Tourismusparadies werden. Die drittgrößte thailändische
Insel Koh Chang und ihre 51 Nachbarinseln rund 240 Kilometer
südöstlich von Bangkok wollen die Emissionen von
Treibhausgasen senken. Dabei helfen die Deutsche Gesellschaft
für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Behörde für
nachhaltigen Tourismus (DASTA), etwa mit Projekten
zur Abfallvermeidung und -verarbeitung.
Im Kacha Resort auf Koh Chang sind im vergangenen Jahr neun
ungewöhnliche Gäste eingezogen: Wildschweine.
"Das Hotel produziert 150 Kilogramm Biomüll, und jedes
Schwein kann 10 bis 15 Kilo am Tag fressen", erklärt
Personaldirektor Nopparat Chomchoei. Der Schweinemist wird
in Biogas verwandelt.
"Keine Jet Skis und Banana-Boote"
Die thailändische Green Leaf Stiftung hat Standards für
umweltbewussten Hotelbetrieb entwickelt und schon knapp zwei
Dutzend Anlagen auf der Insel ausgezeichnet. Die
Nachbarinseln Koh Kood und Koh Mak lassen keine Autofähren
zu. "Wir haben uns auch geeinigt, hier keine Jet Skis und
Banana-Boote fahren zu lassen", sagt Woranit
Kayaras, der Tourismusdirektor der Provinz Trat. Vom
Fährhafen in Trat schippert nun eine Fähre mit Naturgas
statt Diesel zu den Insel.
Christiane Oelrich und Peter Janssen,
dpa>
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Österreich 25.9.2011: Geplante Autarkie in Tirol
innerhalb von 30 Jahren - Einsparungen bei privaten
Haushalten, Gemeinden, Industriebetrieben
aus: Der Standard online: Ehrgeiziger Plan: Tirol muss
Energieverbrauch halbieren; 25.9.2011;
http://derstandard.at/1316733517037/Ehrgeiziger-Plan-Tirol-muss-Energieverbrauch-halbieren
<Das Land will innerhalb einer Generation energieautark
werden - Vor allem private Haushalte und Industrie sollen
Energie sparen.
Das neue Gemeindezentrum von Galtür befindet sich
energietechnisch auf dem höchsten Stand. Ganz Tirol will
innerhalb einer Generation energieautark werden.
Innsbruck - Im Energieleitbild Tirol 2000 bis 2020 wurde es
bereits angedacht, nun wird es ernst. Bei einem Treffen des
Vereins Energie Tirol mit Landeshauptmann Günther Platter
(VP) und dessen Stellvertreter Anton Steixner (VP) wurde der
Wunsch geäußert, Tirol in einer Generation - bis 2030 -
energieautonom zu machen. Die bundesweite Energiestrategie
dürfte damit auch in Tirol angekommen sein. Die Ressource
Erdöl sei bekanntermaßen begrenzt, "der Klimawandel ist
unabwendbar", sagt Bruno Oberhuber, der Geschäftsführer von
Energie Tirol.
Derzeit stammen 55 Prozent der Energie, die in Tirol
verbraucht wird, aus Öl. Immerhin 13 Prozent der Energie
kommen aus erneuerbarer Energie, also Holz oder Biomasse.
Die 21 Prozent elektrische Energie werden zur Gänze aus
Wasserkraft gewonnen, wobei davon lediglich 75 in Tirol
gewonnen werden, 25 Prozent werden zugekauft. Und zehn
Prozent der Energie kommen aus Erdgas (in Tirol wird
Erdgas erst seit 20 Jahren geliefert).
Verkehr als Unsicherheitsfaktor
"Neue Wasserkraftwerke werden nicht viele entstehen, und
auch die Wälder werden nicht abgeholzt und verheizt", sagt
Energieexperte Oberhuber: Der ehrgeizige Plan der
Landesregierung funktioniert nur, wenn der
Energieverbrauch im Land um die Hälfte gesenkt wird. 34
Prozent des Energieverbrauchs fließen in den Verkehr.
Ein zu großer Unsicherheitsfaktor bei
Energiesparprognosen, sagt Oberhuber: Es sei nicht klar,
wie in 30 Jahren Auto gefahren werde: ob mit einem
Verbrennungs- oder Elektromotor. Also besteht
Einsparungspotenzial hauptsächlich bei privaten Haushalten
(27 Prozent des Energieverbrauchs), Gemeinden (14 Prozent)
und Industriebetrieben (23 Prozent).
Bürgermeister und Sanierer - [Vorzeigegemeinde
Virgen]
Die Zahlen sprechen für sich: Von den 150.000 Gebäuden im
Land bräuchten 70.000 energetische Sanierung, rechnet
Oberhuber vor. Energiesparende Vorzeigegemeinde ist Virgen
in Osttirol. Der Ort mit seinen 2204 Einwohnern nahe dem
Nationalpark Hohe Tauern beschäftigt sich bereits seit
1996 mit Energiesparen. 1996 beantragte Virgen die
Aufnahme in das Arge-Alp-Projekt "Energieautarke
Gemeinde". Als Motor für Innovationen gilt Bürgermeister
Dietmar Ruggenthaler (Für Virgen - Unabhängige
Gemeinschaftsliste). Nicht umsonst gilt er als einer der
Langgedienten seiner Branche, erzählt Albin Mariacher aus
dem Bauamt der Gemeinde: "Seit 15 Jahren saniert und
modernisiert er den Ort."
Bereits 1998 wurde eine umfangreiche Energieanalyse
erstellt. In den folgenden Jahren wollte der Ort aber "weg
von "energieautark" hin zu "energiebewusst"". Eine
gänzliche Unabhängigkeit in der Energiewirtschaft schien
Bürgermeister Ruggenthaler damals unmöglich und auch
"irgendwie wirklichkeitsfern". 1999 stellte sich die
Gemeinde einem europaweiten Wettbewerb: Virgen tritt dem
e5- Projekt bei. Dadurch gibt es Förderprogramme, etwa für
die Errichtung von thermischen Solaranlagen und Passivhäusern.
Auch kleine Projekte wurden umgesetzt: Mit
umweltschonenden Natriumhochdruckdampflampen sparte
die Gemeinde etwa 33 Prozent der Lichtkosten und gewann
den Ford-Umweltpreis.
Gemeindezentrum aus Holz - [Gemeindezentrum in
Galtür]
Auch die Gemeinde Galtür hat ein Vorzeigeprojekt: Das
neue Gemeindezentrum gehört zu den energietechnisch
modernsten öffentlichen Gebäuden Tirols. Nach Berechnungen
von Energie Tirol wird durch den Neubau aus Holz, in dem
auch Tourismusverband, Bergbahnen und Polizei
untergebracht sind, sowie durch die Nahwärmeanlage der
Kohlendioxidausstoß um 150 Tonnen pro Jahr reduziert.
(Verena Langegger, DER STANDARD-Printausgabe,
26.9.2011)>
=====
2.10.2011: Kalifornien: Stromverbrauch senken
durch Belohnung beim Stromsparen
aus: 20 minuten online: Stromverbrauch: Kalifornien macht
es besser; 2.10.2011;
http://www.20min.ch/finance/news/story/19585818
<von Urs P. Gasche, infosperber.ch -
Wer spart, wird belohnt. Mit dieser Politik hat
Kalifornien den Stromverbrauch in den letzten 30 Jahren
stabilisiert. Die Schweiz will davon nichts wissen.
Stomverbrauch pro Kopf in 1000
Kilowattstunden. Die Schweiz hat Kalifornien überholt.
Tabelle: Stromverbrauch in 1000
Kilowattstunden in den "USA" - in Kalifornien -
und in der Schweiz
|
|
USA
|
Kalifornien
|
Schweiz
|
1978
|
8,3
|
7,3
|
5,145
|
2008
|
12,5
|
7,3
|
7,625
|
(Quelle: Bundesamt für Energie) |
Alle Absichtserklärungen zum Atomausstieg sind nichts wert,
so lange die Stromkonzerne den Stromabsatz weiterhin mit
Mengenrabatten fördern und so lange ihre Gewinne vom
Stromabsatz abhängen. Je mehr Strom man bei uns spart, desto
höher wird die Rechnung pro Kilowattstunde. Und je mehr man
verbraucht, desto weniger zahlt man – wegen der fixen, meist
hohen Grundgebühren. Viele Spar-Investitionen lohnen sich
deshalb nicht.
Anders im US-Bundesstaat Kalifornien mit seinen 36
Millionen Einwohnern: Seit über 30 Jahren gibt es dort keine
Grundgebühren. Es werden sogar alle finanziell belohnt, die
weniger Strom brauchen. Obendrein fördern die privaten
Stromkonzerne das Stromsparen mit Milliarden. Trotz
extremerem Klima braucht Kalifornien deshalb heute weniger
Strom als die Schweiz oder Frankreich. Der
Pro-Kopf-Verbrauch ist in den letzten 30 Jahren stabil
geblieben, während er in der Schweiz um fast 50 Prozent
zugenommen hat.
Wäre der Pro-Kopf-Verbrauch seit 1978 auch in der Schweiz
stabil geblieben, bräuchte sie heute 19 Milliarden kWh
weniger Strom. Die drei Kernkraftwerke Mühleberg, Leibstadt
und Gösgen wären überflüssig. Wenn aber die Schweiz die
Anreize weiterhin auf Absatz ausrichtet und der
Stromverbrauch jedes Jahr um zwei Prozent zunimmt,
verdoppelt er sich bis 2045. Der Beitrag erneuerbarer
Energie würde trotz aller Fördermassnahmen verpuffen, die
Schweiz unweigerlich noch stärker abhängig von Atom-, Kohle-
oder Gasstrom.
Gewinne vom Absatz entkoppeln
Dem Beispiel Kaliforniens sind unterdessen einige andere
US-Staaten gefolgt – trotz Widerstands der Stromlobby. Der
Schlüssel zum Erfolg heisst «Decoupling», das heisst, die
Gewinne sind vom Stromverkauf abgekoppelt. Kaliforniens
Energiebehörde hat die Marktregeln für die privaten
Energiekonzerne so festgelegt, dass deren Gewinne nicht mehr
von der Menge des verkauften Stroms abhängen. Höhere Gewinne
locken vielmehr dann, wenn die Unternehmen weniger, und
nicht wenn sie mehr Strom verkaufen.
Im grössten US-Bundesstaat einigt sich die Energiebehörde
mit jedem Stromkonzern über den Stromabsatz des folgenden
Jahres. Verkauft der Konzern mehr, so muss er den
Zusatzgewinn den Kunden zurückerstatten. Setzt er weniger
Strom ab, darf er den Preis und damit den Gewinn erhöhen.
«Die Anreize sind so gesetzt, dass Effizienzmassnahmen
lukrativer sind als der Bau neuer Kraftwerkkapazitäten»,
erklärt Peter Ghermi, Fachspezialist vom Bundesamt für
Energie. Es zahlt sich aus, die Kunden dafür zu bezahlen,
dass sie weniger Energie brauchen. Die Kosten dürfen die
Konzerne auf ihre Tarife schlagen.
Ein Beispiel: Die finanziellen Anreize zum Kauf
energiesparender Geräte sind so hoch, dass die Konsumenten
den Aufpreis bereits in zwei Jahren amortisiert haben.
«Sonst kaufen die meisten Leute die billigeren Geräte», sagt
Art Rosenfeld, langjähriger Präsident der kalifornischen
Energiebehörde. Heute brauchen die Kühlschränke und
Tiefkühler nur noch ein Viertel so viel Strom wie früher.
Weiteres Beispiel: Anders als in der Schweiz sind in
Kalifornien sämtliche Verkehrsampeln mit Strom sparender
LED-Technologie ausgerüstet.
Neue Wohnhäuser bald ohne Fremdenergie
Auch zum Heizen und für das Air Conditioning verschwenden
kalifornische Haushalte weniger Strom, weil die Häuser viel
besser isoliert sind als in andern US-Staaten. Ab 2020
dürfen neue Wohnhäuser sogar netto keine Energie mehr
verbrauchen («zero net energy»), ab 2030 auch die Geschäfts-
und Bürobauten. In der Schweiz gibt es erst einzelne
Pilothäuser, die so viel Energie produzieren, wie sie
verbrauchen.
Mit solchen Energiesparmassnahmen sowie der finanziellen
Förderung von Solar- und geothermischem Strom will
Kalifornien den Anteil erneuerbarer Energiequellen an der
Stromversorgung von heute 13 Prozent bis 2030 auf 33 Prozent
steigern – und zwar ohne die Wasserkraft mitzuzählen. Eine
«Initiative für eine Million Solardächer» will bis 2018
Solarzellen mit einer Leistung von 3000 MW installieren
(dreifache Leistung des KKW Gösgen).
Mit dieser Politik nimmt es Kalifornien in Kauf, dass die
Strompreise höher sind als in andern US-Staaten. Doch für
Industrie, Gewerbe und selbst für ärmere Haushalte geht die
Rechnung trotzdem auf: Eine Kilowattstunden kommt sie zwar
teurer zu stehen, aber sie brauchen weniger davon. Die
Stromrechnung ist nicht höher als vorher. Es ist deshalb
polemisch, die kalifornische Energiepolitik mit den höheren
Strompreisen zu diskreditieren.
Milliarden fürs Stromsparen
Mindestens rhetorisch gilt auch in der Schweiz die Devise,
nur so viele neue Kraftwerke zu bauen wie unbedingt nötig.
Trotzdem will das Energiedepartement Uvek dem Beispiel
Kaliforniens nicht folgen: «Da die Schweiz mit diesem System
in Europa Neuland betreten würde, ist ein solcher Wechsel in
der Tarifregulierung derzeit nicht im Vordergrund», erklärt
Peter Ghermi vom Bundesamt für Energie. Die Schweiz
beschwört zwar den Alleingang, doch vorangehen in der
Energiepolitik will sie nicht. «Decoupling widerspricht der
Strommarkt-Liberalisierung», sagt Marianne Zünd, Sprecherin
des Bundesamts für Energie.
Das Departement von Bundesrätin Doris Leuthard will den
sensationellen Erfolg der kalifornischen Energiepolitik
nicht zur Kenntnis nehmen. Die Anreize zum Stromsparen seien
für Haushalte zu klein, behauptet Lukas Gutzwiller, der im
Uvek für die Energiepolitik zuständig ist, und übernimmt
damit ein Argument der Stromlobby. Kalifornien hat bewiesen,
dass Haushalte enorm Strom sparen können, ohne an Komfort
einzubüssen.
Das Uvek hat auch das Gesetz unterstützt, das die
Stromkonzerne verpflichtet, den Strom zu Gestehungskosten zu
liefern und nicht zu Preisen, welche sich nach den Kosten
der zusätzlich zu produzierenden Kilowattstunden ausrichten.
«Insbesondere Grosskunden kämpften bisher politisch und
gerichtlich für das Beibehalten solcher Privilegien»,
schreibt die NZZ. Sogar Urs Meister, Energieexperte der
Avenir Suisse, die von der Wirtschaft finanziert wird,
fordert die Abschaffung der heutigen «subventionierten
Preise».
Tarife belohnen Verschwender
Weil ihre Gewinne vom Absatz abhängen, fördern die meisten
Schweizer Energieversorger den Absatz. Stromverschwendern
gewähren sie Mengenrabatte, während sie Stromsparer
bestrafen: Wer seinen Stromverbrauch halbiert, muss wegen
der fixen Grundgebühr pro Kilowattstunde 15 bis 30 Prozent
mehr zahlen. «Eine solche Tarifpolitik macht
Sparinvestitionen wenig attraktiv», stellt die kalifornische
Aufsichtsbehörde fest. Kalifornien wendet «dynamische», das
heisst progressive Tarife an: Wer viel Strom braucht oder
Strom zu Spitzenzeiten konsumiert, zahlt pro Kilowattstunde
einen Aufpreis.
Solche progressiven Tarife haben die Stiftung für
Konsumentenschutz, WWF, SES und Greenpeace vor drei Jahren
auch für die Schweiz gefordert. Doch
Elektrizitätsunternehmen warnen vor einer Stromlücke und
halten neue Atom- und Gaskraftwerke für unvermeidlich. Den
Beweis für die eine oder andere These könnte eine
«Decoupling»-Politik à la Kalifornien erbringen. «Denkbar»
wäre für Peter Ghermi vom Bundesamt für Energie, dass die
Schweizer Elektrizitätskonzerne die Kosten für ähnliche
Effizienzmassnahmen und -anreize wie in Kalifornien auf die
regulierten Netztarife abwälzen dürfen. «Ein optimales
Anreizsystem würde auch in der Schweiz dazu führen, dass
Effizienzmassnahmen besser rentieren als der Neubau von
Kraftwerken». Doch das müsse die Politik entscheiden.>
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3.7.2012: <Grüne Vorzeige-Metropole:
Kopenhagen wird belohnt> - "bis 2025 will Kopenhagen
die erste klimaneutrale Stadt der Welt werden"
aus: n-tv online; 3.7.2012;
http://www.n-tv.de/panorama/Kopenhagen-wird-belohnt-article6633001.html
<Kopenhagen wird "Grüne Hauptstadt
Europas 2014", besonders wegen seiner Fortschritte bei
ökologischen Innovationen und nachhaltiger Mobilität. Auch
Touristen lieben Kopenhagen für sein trendiges Flair, die
Lebensqualität gilt als enorm hoch. Die Stadt will, dass
sich ihre Einwohner und Touristen noch wohler fühlen, und
setzt dafür auf Grün.
Im Hafenbecken kann man schwimmen, und am besten kommt man
mit dem Rad voran: Kopenhagen setzt auf Umweltschutz. Als
trendiges Reiseziel ist die dänische Hauptstadt in den
vergangenen Jahren immer beliebter geworden - und zu einer
der teuersten der Welt aufgestiegen. Heute gilt Kopenhagen
als eine der Metropolen mit der höchsten Lebensqualität. Die
Stadtverwaltung ist aber bemüht, ihr Image weiter zu
verbessern. Mit Erfolg: Kopenhagen ist nun zur "Grünen
Hauptstadt Europas 2014" aufgestiegen.
Die umweltpolitischen Ziele Kopenhagens sind ehrgeizig: Bis
2025 will Kopenhagen die erste klimaneutrale Stadt der Welt
werden. Ein "Klima-Aktionsplan" legt den Weg dahin fest,
eine eigene "Klima-Aktionsgruppe" kümmert sich um die
Umsetzung.
Noch mehr Radwege
Neue Fahrradwege sollen noch mehr Menschen als ohnehin
schon aufs Rad umsteigen lassen. Der öffentliche Nahverkehr
soll gestärkt und grüner werden. Beim Bau neuer Häuser will
man das Energiesparen stärker im Mittelpunkt stehen und auch
alte Gebäude klimaschonend restaurieren. Von Kohle und Öl
will man sich verabschieden und stattdessen auf Wind und
Biomasse umstellen.
"Die Kopenhagener sind sehr gut darin, ihr Auto in der
Garage zu lassen und stattdessen aufs Rad zu steigen", hieß
es am Freitagabend in der spanischen Stadt Vitoria-Gasteiz
zur Begründung, warum Kopenhagen den von der Europäischen Kommission vergebenen Titel
"Grüne Hauptstadt Europas 2014" tragen darf. "Sie
können im sauberen Wasser des Hafens schwimmen, und
Kopenhagen hat gerade einen grünen Bericht veröffentlicht,
in dem sich beeindruckend zeigt, wie stark die
CO2-Emissionen verringert wurden."
Darauf könnten die Kopenhagener mächtig stolz sein,
erklärte Bürgermeister Frank Jensen am Samstag. "Wir bemühen
uns nicht nur um ein grüneres Kopenhagen, sondern auch um
ein gesünderes und eines, in dem es sich gut leben lässt."
Das werde jetzt auch international anerkannt. Man wolle dem
Rest Europas zeigen, wie man grüne Lösungen für Städte
schaffen könne, fügte Ayfer Baykal hinzu, Kopenhagens
Bürgermeister für Technik und Umwelt.
Weltberühmte "Kleine Meerjungfrau"
Kopenhagen hat rund 1,2 Millionen Einwohner, im
eigentlichen Stadtgebiet leben aber nur gut 500.000
Menschen. Direkt am Öresund gelegen und mit der "Kleinen
Meerjungfrau" als weltberühmtem Wahrzeichen gilt die
Metropole auf der Insel Seeland als lebensfrohes Tor zum
europäischen Kontinent für ganz Nordeuropa.
Das Stadtbild ist geprägt von viel Wasser und von Bauten
aus dem 19. Jahrhundert. Zerstörungen gab es fast keine in
den beiden Weltkriegen. Durch einen massiven Wirtschaftsboom
in den vergangenen 15 Jahren sind die Kopenhagener
Wohnungspreise für viele Einkommensgruppen fast
unerschwinglich geworden. Zu den Attraktionen der Stadt
gehört neben dem Vergnügungspark Tivoli auch der "Freistaat
Christiania", zehn Fußminuten vom Stadtzentrum entfernt.
Dänemarks Königin Margrethe II. residiert auf Schloss
Amalienborg.
Quelle: n-tv.de, dpa>
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24.7.2012: Angaben über Möglichkeiten zur Autarkie
http://www.facebook.com/pages/Lebe-autark-Lebe-in-ewiger-Freiheit/288015264542229
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Todmorden (bei Manchester, England) 2.10.2013:
<Todmorden: Bürger verwandeln ganze Stadt in Garten
zur Selbstversorgung> - neues Lebensgefühl in der
Tauschgesellschaft ohne Chemie
aus: Radio Utopie online; 2.10.2013;
http://www.radio-utopie.de/2013/10/02/todmorden-buerger-verwandeln-ganze-stadt-in-garten-zur-selbstversorgung/#more-78430
Transition Town: In nur kurzer Zeit wurde dieser
Traum in Grossbritannien Wirklichkeit.
In der nordenglichen Stadt Todmorden haben die
Bewohner die Eigeninitiative ergriffen um ein
selbstbestimmtes Leben unabhängig von der industriellen
Lebensmittelindustrie zu führen. Die Behörden wurden vorher
nicht um Erlaubnis gefragt. Es geht um die Ernährung mit
gesunden Früchten, Kräutern und Gemüse. Stück für Stück
tranformierten sie jeden erdenklichen öffentlichen und
privaten Raum in einen Garten. Selbst die Polizeibeamten
haben vor ihrem Gebäude “ihren” Garten. Die Idee zur
Initiative dazu entstand beim Kaffeeklatsch in kleiner Runde
von nur drei Personen.
[Immer mehr Gemeinschaftsgärten gegen die Chemie- und
Biotechnologiekonzerne - und Tauschgesellschaft]
In vielen Städten und Gemeinden auf der ganzen Welt setzen
sich immer mehr Projekte durch wie Gemeinschaftsgärten und “Guerrilla gardening”
(Arte: “Green Guerilla” Video). Diese gibt es
nur an einzelnen Stellen in den Ortschaften. Todmorden ist
zu einer vollständigen “essbaren Stadt” geworden. Touristen
aus der ganzen Welt kommen zur Besichtigung der grünen Oase,
die sich selbst deshalb als “Propaganda Garden” bezeichnet.
Der nicht sehr glücklich gewählte Name der Stadt, der
Ereignissen aus historischen Zeiten geschuldet ist, steht
nun hier in neuer Bedeutung für die kraftvolle Ansage gegen
die Chemie- und Biotechnologiekonzerne. Lasst sie Pleite
gehen. Kein Bürger von Todmorden wird auch nur mit den
spitzen Fingern eine mit gentechnisch manipuliertem Saatgut
gefüllte Tüte anfassen oder einen Pestizid-Kanister im
Garten-Center erwerben. Untereinander Tauschen ist die
Devise.
[Die vielen Pflanzen verändern die Stadt: Kleinklima,
Blüten und Kontakte - neues Lebensgefühl]
Ausser der eigenen Versorgung mit den angebauten Pflanzen
kommt hinzu, dass durch Entfernen der versiegelten Flächen
die Lebensqualität sich beispiellos zum Guten verändert hat.
Durch das viele Grün hat sich das lokale Klima in den
Strassen verbessert, durch den Anblick der Blüten und
Gewächse wird innerer Stress abgebaut und seelische Ruhe
stellt sich ein.
Der Vorteil liegt auf der Hand: In Todmorden werden die
Bürger zusammengeschweisst, Junge und Alte kommen viel mehr
in Kontakt. Gespräche zwischen den Menschen werden geführt,
Hilfe für andere ist auch ausserhalb der Gärtnerei sicher
selbstverständlich – ein anderes Lebensgefühl in der
ansonsten immer mehr erkaltenden Umwelt in den Städten.
In Deutschland bilden sich viele Bürgerinitiativen, die
sich gegen die Versiegelung der Plätze und Strassen wehren,
die mit überdimensionalen Grossprojekten extrem
menschenfeindlich geplant sind und nur den Investoren nützen
(nur allein dieses kleine Beispiel der zum Ausbau freigebenen
Königsbrücker Strasse in Dresden lassen einen die Haare zu
Berge stehen). Kleingartenanlagen werden zugunsten von
Spekulanten aufgelöst, grosse alte wertvolle Bäume werden
verstümmelt oder gefällt. Einmal von den Behörden genehmigt,
lassen sich diese Bauten kaum noch zurückbauen und wird auch
nicht von der Gesetzgebung unterstützt.
Das Beispiel der englischen Stadt soll all jene ermutigen,
sich nicht abspeisen zu lassen und den Kampf aufzunehmen.
Pam Warhurst, eine der aktivsten Beteiligten der Umwandlung
in Todmorden, nennt es “Revolution”.
“That’s the power of people doing something for
themselves. Nothing can stop us!”
Pam Warhust im Fernsehen spricht über die neue Stadt der
Zukunft, ihre Stadt: “Wie wir unsere Landschaften essen
können”.>
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12.9.2014: Schottische Insel Eigg mit
Selbstverwaltung und Selbstversorgung mit erneuerbarer
Energie
Eine Insel kauft sich frei und versorgt sich mit
erneuerbarer Energie
http://derstandard.at/2000005504022/Eine-Insel-kauft-sich-frei-versorgt-sich-mit-erneuerbarer-Energie
<Ansichtssache12. September 2014, 15:40
1997 beschlossen die Bewohner der schottischen Insel Eigg,
sich über eine Stiftung selbst zu verwalten. Statt zeitlich
begrenzter Stromversorgung aus Dieselgeneratoren gibt es
heute rund um die Uhr Energie aus Wind-, Wasser- und
Sonnenkraft
Neun Kilometer ist das Eiland lang und fünf Kilometer breit.
Seine Fläche entspricht etwa jener des Wiener
Gemeindebezirks Favoriten. Während Favoriten fast 190.000
Einwohner zählt, leben auf Eigg nur 90 Menschen. 90
ambitionierte Menschen.
Nach schottischem Recht unterstand die zu den Inneren
Hebriden zählende Insel jahrhundertelang Landlords. Von den
500 Menschen, die im 19. Jahrhundert noch auf der Insel
lebten, war die Population bis 1997 auf 65
zusammengeschrumpft.
Eine Stiftung und ihre Töchter
Sie eröffneten damals in Partnerschaft mit dem Highland
Council und dem Scottish Wildlife Trust eine gemeinnützige
Stiftung namens Isle of Eigg Heritage Trust und kauften
darüber ihre Heimat offiziell auf.
Der wesentliche Antrieb für die Bewohner Eiggs war die
Möglichkeit der Selbstverwaltung. Heute betreiben sie unter
dem Dach der Stiftung drei Tochterunternehmen. Eines ist
spezialisiert auf Infrastruktur wie Post und die Versorgung
mit Lebensmitteln und Alltagsgegenständen, eines auf
Bautätigkeiten und eines auf die Energieversorgung.
Solarpaneele und Windräder statt Dieselgeneratoren Obwohl
nur einen Steinwurf vom Festland entfernt, wurde Eigg nie an
das öffentliche schottische Stromnetz angeschlossen. Täglich
ratterten die Dieselgeneratoren, und nachts war Strom nur
frommes Wunschdenken. Dabei eignete sich die Insel, weil sie
immer den Gezeiten, dem Wind und der Sonne ausgesetzt ist,
trefflich zur Produktion erneuerbaren Stroms. Die Bewohner
Eiggs taten also das Naheliegende und beschlossen, ihren
Energiehaushalt mit Wind-, Wasser- und Sonnenkraft
auszugleichen.
Die Lotterie zahlt mit
Sie verlegten Kabelstränge über die ganze Insel,
installierten Solarpaneele auf den Dächern und richteten an
der Küste sogar Pfeiler mit Windrädern auf. Die
Anschubfinanzierung von 1,66 Millionen Pfund wurde aus
Stiftungsgeldern, Spenden und Mitteln der britischen
Lotterie bestritten.
Bis sich die Investition amortisiert hat und die Energie
nicht nur nachhaltig, sondern auch günstig produziert wird,
wird es freilich noch dauern. Im Februar 2008 hat es
jedenfalls zum ersten Mal rund um die Uhr Strom auf Eigg
gegeben. Heute wird der Energiebedarf zu über 95 Prozent mit
erneuerbarer Energie gedeckt.
Die Unabhängigkeitsdebatte holt auch Eigg ein
Die Population von Eigg ist deshalb wieder um ein knappes
Drittel gestiegen. Frühere Bewohner sind zurückgekommen und
neue, auch junge Menschen zugezogen. Sie hat nun die Debatte
um eine Sezession Schottlands vom Vereinigten Königreich
eingeholt - nicht nur weil sie sich selbst auf gewisse Weise
unabhängig gemacht und von Kommunalpolitikern losgesagt
haben, sondern auch weil ihre bewusste Entscheidung für
erneuerbare Energie zum Spielball der Ideologien wurde.
Sowohl die Separationsbefürworter als auch die
Separationsgegner warnen vor einem Rückschritt der
nachhaltigen Stromproduktion durch das Ergebnis des
Referendums. Das Beispiel Eigg zeige, dass Selbstverwaltung
mehr Entscheidungsmöglichkeiten biete, als durch die
zentrale Administration in London möglich ist, argumentieren
die Nationalisten. Die probritischen Stimmen befürchten,
dass Projekte wie in Eigg künftig schon an der
Startfinanzierung scheitern könnten, weil sie nicht auf das
gesamte Königreich, sondern nur auf die schottische
Verwaltung abgewälzt werden könne. Worin sich Vertreter
beider Fraktionen einig sind: Eigg ist Versuchslabor und
Vorbild für ähnliche Projekte zugleich. (mcmt,
derStandard.at, 12.9.2014)
Links
Reuters-Blog
von Paul Hackett: Independent Island
isleofeigg.net:
Eigg Heritage Trust
islandsgoinggreen.org:
Green Eigg>
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Ungersheim (Elsass) 31.5.2017: Fast totale
Autarkie mit Sonnenenergie und eigener Landwirtschaft -
die Transition Towns
Aus eigener Kraft
https://www.kontextwochenzeitung.de/wirtschaft/322/aus-eigener-kraft-4399.html
<Von Steve Przybilla
Datum: 31.05.2017
Ein Bürgermeister und seine Solaranlage: Jean-Claude Mensch.
Neu und nachhaltig: Niedrigenergiehäuser in Ungersheim.
Eigene Währung, eigene Felder, eigenes Solarkraftwerk:
Das Elsass-Dorf Ungersheim versorgt sich nahezu komplett
selbst. Auch größere Städte wollen sich zu nachhaltigen,
sogenannten Transition Towns entwickeln. Ist das in Zeiten
der Globalisierung überhaupt möglich?
Wenn in Ungersheim die Sonne scheint, dann strahlt auch
Jean-Claude Mensch. "An solchen Tagen können wir unseren
Energiebedarf zu hundert Prozent decken", sagt der
Bürgermeister des kleinen Dorfes im Elsass, das über ein
eigenes kommunales Solarkraftwerk verfügt. Mensch macht
das stolz, denn der 71-Jährige hat geschafft, wovon andere
Stadtoberhäupter höchstens träumen: Ungersheim ist nahezu
energieautark. Während nur 20 Kilometer entfernt das
marode Atomkraftwerk Fessenheim für Aufregung sorgt, hat
Mensch ein reines Gewissen. "Wir sind eine der wenigen
Kommunen, die sich gegen Fessenheim aussprechen", sagt er.
"Aber wir meckern nicht nur. Wir tun etwas."
Im Jahre 2011 hat sich Ungersheim zum Transition Town
erklärt. Die europaweit aktive Bewegung will in
teilnehmenden Städten ein nachhaltiges Wirtschaftssystem
aufbauen. Oder um es mit den Worten von Jean-Claude Mensch
zu formulieren: "Wir versuchen uns aus den Zwängen des
Kapitalismus zu befreien." Trotz solcher markigen Sätze
sieht Ungersheim nicht gerade aus wie ein Ort, in dem die
Revolution tobt. Eher wie eines von vielen Dörfern im
Elsass, die sich nach und nach von ihrer historischen
Bausubstanz verabschieden. Die Kirche steht noch, aber
fast überall ragen moderne, rote Dächer in den Himmel. In
der Ferne brummt ein Traktor auf dem Acker. Ansonsten:
gähnende Leere.
Pferde-Fuhrwerk statt Schulbus - [Strassenlaternen mit
LED - Pestizide raus - eigenes Geld "Radis"]
Doch auf dem Weg zum nachhaltig autarken Dorf hat
Ungersheim schon viel erreicht. Der Schulbus: durch ein
Pferde-Fuhrwerk ersetzt, die Straßenlaternen: auf
energiesparende LEDs umgerüstet, Pestizide: aus der
Landwirtschaft verbannt. Die neun jüngsten Wohnhäuser
wurden im Niedrigenergie-Stil gebaut, öffentliche Gebäude
mit Energieausweisen versehen, in der Schulkantine kommt
Gemüse von den umliegenden Feldern auf den Tisch.
Wenn Jean-Claude Mensch von all diesen Projekten
erzählt, sprüht er vor Energie. Er sei schon immer
sehr links und grün gewesen, erzählt der 71-Jährige.
Als er 1989 erstmals zum Bürgermeister gewählt
wurde, galten viele seiner Ideen als utopisch. "Am
Anfang musste ich kämpfen", erzählt Mensch, und auch
heute teilt längst nicht jeder im Dorf seine Ideen.
Doch die Mehrheit der Ungersheimer scheint
einverstanden mit dem Transition-Town-Modell:
Jean-Claude Mensch wurde immer wieder im Amt
bestätigt.
Sein neuestes Projekt ist in der Bevölkerung
trotzdem noch kein Renner: Seit 2013 gibt es in
Ungersheim den "Radis" (Rettich), eine eigene lokale
Währung. Die Scheine zeigen die Silhouette von
Ungersheim und sind laut Mensch genauso viel Wert
wie ihre Euro-Pendants. "Etwa zehn Prozent unserer
Händler nutzen den Radis", sagt der Bürgermeister.
"Das könnten schon noch etwas mehr werden. Aber bei
solchen Projekten dauert es eben eine Weile, bis sie
sich entwickeln."
Nationalistischer Populismus? "Mais Non!"
Warum aber braucht ein Ort von nicht einmal 2500
Einwohnern eine eigene Währung? "Um Anreize zu
schaffen", sagt Mensch. "Bevor sich die Leute ins
Auto setzen und in einen Supermarkt fahren, der zu
einem Großkonzern gehört, sollten sie lieber ihr
Geld vor Ort ausgeben." Auf diese Weise könne
irgendwann ein "geschlossener Kreislauf" entstehen.
Ist der Bürgermeister naiv, wenn er an solche Ziele
glaubt? Surft er auf der gleichen Populismus-Welle
wie der amerikanische Präsident Trump, der seine
Wirtschaft vor ausländischer Konkurrenz abschotten
möchte? "Mais non!", antwortet Mensch entschieden.
"Wir wollen uns doch nicht verschließen, sondern ein
neues Gesellschaftsmodell ausprobieren. Und dafür
ist unsere Größe genau richtig"
Ähnlich sieht es der Nachhaltigkeitsforscher
Matthias Wanner vom Wuppertal Institut für Klima,
Umwelt und Energie. Bis vor drei Jahren hat er
Transition-Initiativen als Trainer beraten, von 2013
bis 2016 arbeitete er als Referent im
Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung.
"Transition Towns wollen keine Abschottung, sondern
eine stärkere Regionalisierung", erklärt er. "Sie
setzen sich für Nachhaltigkeit zunächst einmal vor
der eigenen Haustür ein und versuchen, die großen
Probleme durch einen kulturellen Wandel zu lösen:
weniger Strom und Wasser verbrauchen, sparsamer mit
Ressourcen umgehen, Geräte auch mal reparieren. Das
kann durchaus global positive Folgen haben."
Nachhaltige Dörfer sind das eine. Aber lässt sich
die Idee der Transition Towns auch auf größere
Städte übertragen? Könnten sich Mulhouse oder
Straßburg auch selbst versorgen? Woher käme die
Energie und die Nahrung? Könnte man Landwirten
überhaupt vorschreiben, an wen sie ihre Ware
verkaufen? Jean-Claude Mensch muss nicht lange
überlegen, um diese Fragen zu beantworten. Er hat
sie schon oft gehört. "Natürlich müsste man das
Modell anpassen", sagt er, "auch wir haben
schließlich längst nicht alles geschafft, sondern
sind nur auf dem Weg zum Ziel." Dann lacht er, weil
ihm noch ein anderer Gedanke zur Selbstversorgung
kommt: "Komplette Autarkie ist schwierig. Die Leute
wollen doch auch mal Reis essen – und ich sehe
hier nirgendwo ein Reisfeld."
Mit solchen Hürden müssen sich auch die deutschen
Transition-Gruppen auseinandersetzen. Auch
hierzulande wollen sich zahlreiche Menschen vom
globalen Kapitalismus lösen. Die Schwerpunkte
unterscheiden sich je nach Region stark: Manche
Gruppen konzentrieren sich auf Energiepolitik,
andere auf Landwirtschaft oder alternative
Wohnprojekte. Dass sich eine Stadt selbst als
Transition Town bezeichnet und der Bürgermeister
diese Politik aktiv vorantreibt, bleibt jedoch die
Ausnahme.
Auch Freiburg soll Transition Town werden
"Je kleiner das Dorf ist, desto leichter gelingt
der Wandel", meint Hannes Steinhilber, Gründer und
Vorstandsmitglied von "Transition Town Freiburg". In
Freiburg konzentrieren sich die Aktivisten
hauptsächlich aufs gemeinschaftliche Gärtnern. Zudem
organisieren die Mitglieder ein monatliches Repair
Café, in dem defekte Geräte repariert werden. "Wir
arbeiten gut mit dem Garten- und Tiefbauamt
zusammen", sagt der 25-Jährige. "Zum Beispiel bei
der Entwicklung der neuen Strategie für Grünflächen
und Schrebergärten." Der große politische Wurf wie
in Ungersheim? Klingt anders.
Vorwerfen kann man den Freiburger Aktivisten aber
nichts, denn sie leiden gewissermaßen unter einem
Luxusproblem: Die Stadt ist bereits stark ökologisch
ausgerichtet. "Seit über 30 Jahren passiert hier
sehr viel", sagt Steinhilber, "und die Freiburger
identifizieren sich sehr stark mit ihren eigenen
Projekten." Lokale Währung, C02-Einspar-Versuche,
Green-City-Initiativen – all das gibt es
bereits, aber es ist schwer zu koordinieren. Zumal
die Transition-Town-Initiative in Freiburg erst seit
2011 existiert. "Im Bereich Energie sind wir zum
Beispiel nur sehr wenig aktiv, weil es schon viele
andere Initiativen gibt", erklärt Steinhilber.
Für Wanner ist die größte Hürde bei der Umsetzung von
Transition Towns, über das Anfangsstadium
hinauszukommen. "Die Initiativen müssen sich darüber
im Klaren werden, welche Themen sie bearbeiten wollen
und dazu auf eine gute Gruppendynamik achten –
also eine Mischung aus Professionalität und
Lockerheit. Zum Glück gibt es gute
Leitfäden, die sich neue Gruppen im Internet
anschauen können."
Die weiteren Pläne für Freiburg? "Auch mal Getreide
anbauen", sagt Steinhilber. Darüber hinaus arbeite die
Gruppe an einer Online-Plattform, in der die
Aktivitäten der verschiedenen Initiativen
zusammengetragen werden. In Ungersheim wiederum plant
Jean-Claude Mensch neue Wege der Vermarktung:
Demnächst soll in seinem Dorf ein Hofladen entstehen,
in dem Touristen lokale Produkte kaufen. Und Bier.
Doch damit dauert es noch ein wenig – das Malz
muss zunächst einmal wachsen.>
Totale Autarkie am 23.9.2024: Rettenbach im
Allgäu in Oberbayern - auch mit eigener Währung:
Autarkes bayerisches Öko-Dorf mit eigener Währung
https://t.me/standpunktgequake/161704
Rettenbach im Allgäu in Oberbayern: https://de.wikipedia.org/wiki/Rettenbach_am_Auerberg
Das Dorf Rettenbach am Auerberg versorgt sich selbst mit
Solardächern, Lebensmitteln aus dem Umland und sogar einer
eigenen Währung.
Die Geschichte des Dorfes Rettenbach erinnert ein wenig an das
bekannte gallische Dorf, welches sich erfolgreich gegen die
römischen Eindringlinge wehrt, um seine Selbstständigkeit zu
erhalten. Nur befindet sich das Dorf Rettenbach in Bayern,
wird von unbeugsamen Allgäuern bewohnt und trotzt seit Jahren
erfolgreich der aus Berlin und Brüssel kommenden Bürokratie
und Reglementierung – denn das 830-Seelen-Dorf hat geschafft,
wovon viele träumen: Ihr Dorf ist komplett ökologisch und
autark – und hat sogar sein eigenes Geld!
Bereits vor über 20 Jahren beschlossen die Bewohner von
Rettenbach am Auerberg, dass ihr Dorf führend im Umweltschutz
sein und sich selbst versorgen soll, um unabhängig von den
Höhen und Tiefe des globalen Marktes zu sein – und so machten
sich die Dorfbewohner Schritt für Schritt daran, dass Wohl
ihres Dorfes wieder selbst in die Hand zu nehmen.
Rettenbach produziert mit Solaranlagen und privaten
Sonnenkraftwerken mehr Strom, als es selbst braucht, Landwirte
versorgen ihre Höfe mit Energie und Wärme mittels
Biogasanlagen, die meisten Nahrungsmittel in Rettenbach
stammen aus eigener Produktion. Nur was wirklich nicht selbst
angebaut werden kann, wird „eingeführt“.
Um möglichst viel Wertschöpfung im Ort zu behalten, wurde als
eigene „Währung“ der „Weichbergtaler“ eingeführt, der überall
im Ort als Zahlungsmittel angenommen wird. Eine Münze ist
umgerechnet fünf Euro wert.
Im „Weichbergmarkt“ – dem einzigen Supermarkt des Dorfes,
welches aus Holz aus den angrenzenden Wäldern gebaut wurde und
hauptsächlich Lebensmittel aus der direkten Umgebung anbietet,
wird so zum Beispiel mit dem Weichbergtaler gezahlt. Die Waren
sind frisch, die Transportwege kurz.
Das System in Rettenbach ist einfach aufgebaut und umsetzbar –
und genau deshalb wird die Dorfentwicklung argwöhnisch von
Grosskonzernen und EU-Bürokraten im Auge behalten und es wird
kaum über das ökologische Vorzeigedorf berichtet. Das kann
natürlich reiner Zufall sein – doch mutet diese
Nicht-Berichterstattung der großen Mainstream-Medien ein wenig
seltsam an.
Eines zeigen uns die Menschen von Rettenbach jedoch: Mit Mut,
Einsatz und Durchhaltevermögen lässt sich scheinbar
Unmögliches erreichen und selbst die hartnäckigsten Bürokraten
blieb nichts anderes übrig, als sich den unbeugsamen Allgäuern
zu beugen.
Fotoquellen
Kötschach-Mauthen
1. Kötschach-Mauthen mit Panorama:
http://www.spiegel.de/fotostrecke/fotostrecke-52995-4.html
2. Stausee:
http://www.spiegel.de/fotostrecke/fotostrecke-52995.html
3. Windrad:
http://www.spiegel.de/fotostrecke/fotostrecke-52995-2.html
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