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Erich von Däniken: Zeichen für die Ewigkeit - die Botschaft von Nasca

4. Was geschah in Nasca? [Thesen über Nasca]

von: Erich von Däniken: Zeichen für die Ewigkeit - die Botschaft von Nasca; Goldmann-Verlag ohne Jahr [1996 ca.]; ISBN: 3-442-15033-7

präsentiert von Michael Palomino (2011)

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4. Was geschah in Nasca? [Thesen über Nasca]

Der Unterschied zwischen Gott und den Historikern besteht vor allem darin, dass Gott die Vergangenheit nicht mehr ändern kann.

Samuel Butler, 1835-1902

Im roten Gestell meines Büros, direkt im Blickwinkel, stapeln sich 102 Bücher, Magazine und Broschüren über Nasca. Ich habe sie alle durchgeackert, mit farbigen Markierungen versehen und handschriftliche Bemerkungen an den Rand gekritzelt. Nasca ohne Ende! Theorien noch und noch! Wobei so mancher Autor nur vom anderen eine Meinung übernimmt und dem Fachmann rasch klar wird, dass der betreffende Schreiberling nie in Nasca gewesen sein kann. Es sei denn, er opferte seine kostbare Zeit für einen kurzen Touristentrip. Die Wissenschaft, die es eigentlich wissen müsste, kann ebenfalls nichts Gesichertes über Nasca vorweisen. Obwohl bei der Lektüre der im selben Strickmuster verfassten wissenschaftlichen Publikationen die Vermutung aufkommt, als sei der Fall längstens abgehakt.

[Datierungen mit Flechten, Pilzen und Bakterien]

Endlich - so lese ich im Wissenschaftsmagazin "Nature" - sei die Datierung geklärt.

(Fussnote 39: Warwick, Bray: Under the skin of Nasca [Nasca unter die Haut gesehen]. In: [Zeitschrift] Nature, Ausgabe 358, 2. Juli 1992)

Wie? In der Hitze bildet sich um die Steinchen eine Patina (hauchdünne Schicht), die auch Manganoxide, Eisenspuren und Tonmineralien enthält. Unter dem Stein hingegen entwickeln sich Flechten, Pilze und Cyanobakterien, also organische Materie. Jetzt muss man nur Steine finden, die noch von den ehemaligen Erschaffern der Nasca-Linien vom ursprünglichen Standort entfernt worden waren, und kann dann mit der C14-Methode die organischen Spuren darunter datieren (S.111).

Denn die Flechten und Pilze bilden sich ja nicht in der glühenden Hitze, sondern lediglich an der Schattenseite des Steins. Nun wimmelt es an den Pistenrändern von Nasca von Steinen, die - so die wissenschaftliche Annahme - von den Erbauern weggetragen worden sein müssen. Seither blieben sie unberührt an ihrem neuen Standort und ermöglichten somit das Wachstum von Flechten und Pilzen. Man sammelte also neun Steine vom Rand einer Nasca-Linie oder -Piste. Die Datierung ergab ein Alter von 190 vor bis 600 nach Christus. Die "Neue Zürcher Zeitung" ergänzte:

<Auf diese Weise wurden Werte erhalten, die mit der rein stilistischen Datierung der Nasca-Keramik ziemlich genau übereinstimmen.>

(Fussnote 40): Das Alter der Nasca-Scharrbilder. In: Neue Zürcher Zeitung, 2. September 1992)

Diese Methode mag ja was für sich haben. Doch mit welcher Sicherheit lässt sich denn behaupten, dass die neun untersuchten Steinchen tatsächlich von den ehemaligen Erbauern weggetragen wurden und ihren Standort seither nie mehr geändert haben? Vielleicht gab es vor 1800 Jahren schon vorinkaische Touristen, die über die Pampa schlenderten und mit ihren Sandalen Steinchen vom Rand der Linien zu einer anderen Stelle bugsierten. Wobei gegen das ermittelte Alter wenig einzuwenden ist - nur: Betrifft dies auch die erste und älteste aller Pisten?

[Frau Reiche meint, hier sei eine Beziehung zu den Sternbildern - Dr. Aveni zieht eine Parallele zwischen Nasca-Linien und Cusco-Linien]

Professor Dr. Anthony Aveni, Anthropologe und Astronom von der US-amerikanischen Colgate University, weiss genau, was in Nasca geschah:

<We now know the identity of the line markers> (<Wir kennen jetzt die Identität der Linienhersteller>),

schreibt er, um dann zuerst einmal Maria Reiches Überlegungen in Frage zu stellen.

(Fussnote 41: Aveni, Anthony F., and Silverman, Helaine: Between the Lines. Reading the Nazca Markings as Rituals Writ Large [Zwischen den Nasca-Linien. Interpretation der Nasca-Zeichen als Ritualzeichen]. In: [Zeitschrift] The Sciences, [Hg.] The New York Academy of Sciences, Juli / August 1991)

Frau Reiche habe mehrere der grossen Tierfiguren als Sternenkarten identifiziert. Zum Beispiel den Affen mit den Hauptsternen der Sternbilder Löwe und Grosser Bär, die Spinne mit dem Orion. Aber Reiches Vorschläge würden, so Professor Aveni, zu wenig über das Volk aussagen, das die Figuren anlegte. Dieses Volk findet Professor Aveni im heutigen Cusco. Dort, hoch in den Anden, existiert tatsächlich auch ein vorinkaisches Liniensystem. Die lokalen Indios um Cusco nennen es "ceques". Es handelt sich dabei um ein Netz von sichtbaren UND unsichtbaren Linien, die strahlenförmig auf Cusco zulaufen. Das "ceque-System" um Cusco wird mit dem Kalender, dem Wasser und den Berggöttern in Verbindung gebracht, und heute noch finden jährliche Zeremonien AUF bestimmten Linien statt. Dies überträgt Aveni auf Nasca: Er meint, es bestünden geometrische Verbindungen zwischen den Linien einerseits und unterirdischen Wasserläufen andererseits. Wie heute bei den Ceques oberhalb von Cusco hätten auch die Nasca-Indios ihre Rituale und Linien zu Ehren des Wassers vollzogen.

Dann fragt Aveni, ob die Linien von Nasca sowohl als rituelle Ziellinien als auch als eine Art von Strassen benutzt worden seien. Gemeint sind Strassen für Zeremonien und Plätze für rituelle Tänze. Und Aveni schlägt sogar vor, vielleicht hätten die Linien und geometrischen Figuren in Nasca jeweils ein Gebiet von ehrfurchtsvoller Arbeit markiert. Erst jetzt, so Aveni, könne man mit Sicherheit bestätigen: Das Nasca-Volk erschuf die Nasca-Linien.

Toll! Wer denn sonst? Nach dieser Lesart hätten sich Indiostämme um Nasca bestimmte Gebiete ausgesucht, um dort ihre Zeremonialtänze aufzuführen. Die geraden, schmalen Linien zeigten auf das heilige unter- und überirdische Wasser, und geometrische Figuren entstanden im gläubigen Eifer zu Ehren irgendwelcher Gottheiten.

[Frau Prof. Silverman meint, die Nasca-Zeichen seien Clan-Zeichen]

Frau Professor Helaine Silverman, die Koautorin des Aveni-Artikels, hatte bereits in einer eigenen wissenschaftlichen Veröffentlichung erkannt, die Scharrzeichnungen auf der Ebene von Nasca seien die Stammeszeichen der verschiedenen Indioclans.

(Fussnote13: Reiche, Maria: Contribuciones a la Geometría y Astronomía en el antiguo Perú [Beiträge zur Geometrie und Astronomie im alten Peru]; Lima 1993)

Ich habe grundsätzlich gar nichts gegen eine solche Betrachtungsweise, nur muss dann die Frage erlaubt sein, wie denn eigentlich die diversen Indiogemeinschaften ihre eigenen Stammeszeichen und diejenigen der Konkurrenzfamilien überblickten? Schliesslich sind sie nur aus der Luft erkennbar und keineswegs - wie immer wieder zu lesen ist - von irgendwelchen (S.113)

Bergen aus. Dies betrifft nur die Figuren in der Pampa, nicht die Pisten und langen Linien.

[Dr. Mason über die Nasca-Kultur: Farben, Gräber, Langschädel - Langschädel gibt es auf der ganzen Welt - einige ausserirdische Götter hatten Langschädel]

Der amerikanische Professor Dr. Aldon Mason, Archäologe mit Hauptgebiet Südamerika, schreibt seitenlang über Keramiken und Textilien, die zwischen Paracas und Nasca gefunden wurden. Ein paar Striche, eine andere Farbe, und schon hat man es mit einer neuen Stilrichtung zu tun.

<Das Fehlen von Blau und Grün ist bemerkenswert. Die Motive zerfallen in zwei Hauptkategorien: naturalistisch-zoomorphe und mythologische Darstellungen>

(Fussnote 42: Mason, Aldon J.: Das alte Peru. Eine indianische Hockultur. Zürich 1957)

Man erfährt, dass die Nasca-Gräber flaschenförmig angelegt worden seien, mit einem oberen Schacht und einer Tiefe von bis zu fünf Metern. (Bei der Beschreibung denke ich sofort an Cabreras "Depot" [im Steine- und Figurenmuseum in Ica]).

<Viele der Nasca-Schädel zeigen eine Längsdeformation>, notiert Professor Mason.

Diese Feststellung verdient unser Interesse. (Im Museum von Ica sind zwei dieser Schädel ausgestellt [im Jahre 2010 bei meinem Besuch im Museum von Ica waren es etwa 8 oder 10 Langschädel]). Seit Jahren frage ich mich, weshalb Menschen ihren Kleinkindern die Tortur antun, deren noch weiche Schädelknochen in die Länge zu verformen. Wäre das Phänomen auf Peru beschränkt, so könnte man es als lokale Absonderheit abtun. Doch deformierte Schädel fand man in Nordamerika, Mexiko, Ecuador, Bolivien, Chile, Patagonien, Ozeanien, im eurasischen Steppengürtel, in Zentral- und Westafrika, in den Atlasländern, in der Bretagne und selbstverständlich im alten Ägypten . Und jetzt, wie Professor Mason versichert, auch in Nasca-Gräbern.

Welche Perversion veranlasste unsere Vorfahren, die zarten Köpfe ihrer eigenen Kinder in die Länge zu quetschen? Archäologen reden von einem "Nützlichkeitsdenken" wie etwa dem Tragen von Stirnbändern, das durch den deformierten Schädel leichter geworden sei. Ich glaube kein Wort davon. Ein normaler Kopf mit einer normalen Stirn vermag mit einem Stirngurt grössere Lasten zu schleppen als ein in die Länge gezogener Hinterkopf. Auch von einem "Schönheitsideal" wird in der archäologischen (S.114)

Literatur gesprochen sowie von der "Unterscheidung einer sozialen Gruppe von aussen". Ich gestatte mir eine andere Ansicht: Der Mensch war immer ein grosser Imitator. Er orientierte sich, und zwar bis auf den heutigen Tag, stets an irgendwelchen Vorbildern - egal in welchem Bereich. Die Schädeldeformationen sind nichts anderes als die widernatürliche "Verschönerung" von Menschen. Als das scheusslichste Beispiel menschlicher Eitelkeit waren sie in vorgeschichtlicher Zeit derart "international", dass sie mühelos auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden können.

Aber wer sollte imitiert werden? Überall auf dem Erdenrund waren die Menschen den respekteinflössenden Göttern begegnet. Allerorten strebten imitierende Wichtigtuer danach, diesen Wesen wenigstens äusserlich zu gleichen. Rasch bedienten sich die Priester des Tricks, mittels langgezogener Hinterköpfe göttergleich zu wirken. Damit liessen sich die Mitmenschen prächtig beeinflussen!

[Untersuchungen an Langschädeln - vielleicht sind es auch Schädel von Ausserirdischen - aber Mason bestätigt: Die Nasca-Linien sind für die Götter]

Deformierte Schädel in Nasca-Gräbern verblüffen mich nicht. Ich hätte mich gewundert, wenn keine entdeckt worden wären. Sie passen ins Gesamtbild der Gegend wie die zoomorphen Figürchen oder die Teppiche mit mystischen Darstellungen. Wobei mir zwei Neurologen, also medizinische Nerven und Gehirnspezialisten, noch einen zusätzlichen Gedanken mit auf den Weg gaben: Es ist ohne weiteres möglich, die weichen Schädelknochen eines Säuglings Tag für Tag zwischen zwei Brettern in die Länge zu drücken, bis sie schliesslich den dippelten oder dreifachen Umfang eines normalen Kopfes erreichen. Doch das Gehirnvolumen wächst deshalb um keinen Kubikzentimeter. Die Grösse der Gehirnmasse bleibt von der Schädeldeformation unbeeinflusst. Der Rest des Schädels füllt sich lediglich mit Flüssigkeit. Das Resultat ist entweder nicht überlebensfähig oder ein sogenannter Wasserkopf.

Bislang wurden weltweit alle deformierten Schädel einfach katalogisiert. Exakte Untersuchungen auf der Basis einer neuen (S.115)

Fragestellung fanden nie statt. Alles schien so klar und selbstverständlich. Wie wäre es, wenn zumindest einige dieser Schädel gar nicht irdisch sind? Über die Scharrzeichen auf der Ebene von Nasca meint Professor Aldon Mason:

<Ohne Zweifel wurden sie für das Auge himmlischer Gottheiten angelegt.>

Endlich mal ein vernünftiger Gedanke!


Die Kult-Litanei - [Thesen zu den Nasca-Linien mit Unmöglichkeiten]

[Däniken wird nicht ernst genommen]

Nur grosse Verlagshäuser können es sich leisten, regelmässig opulent gestaltete Bilderbücher herauszugeben. Das Zielpublikum ist vorwiegend die jugendliche Leserschaft. Sie erfährt in einem der Bildbände über die Linien von Nasca, manche Autoren - damit bin ich gemeint! - würden diese Ausserirdischen zuschreiben. Doch zur Unterstützung einer solchen Hypothese

<müsste man sich schon über bestimmte Tatsachen hinwegsetzen> und annehmen, höhere Intelligenzen hätten sich <mit Lichtgeschwindigkeit fortbewegt und die Wüste von Nasca als Raumflughafen> benutzt.

(Fussnote 43: Waisbard, Simone: Nasca - Zeichen in der Wüste. In: Die letzten Geheimnisse unserer Welt. Stuttgart 1977)

[Däniken wird falsch zitiert]

Dies ist der alte Unsinn, der mehr als die Hälfte der Wissenschafstliteratur infiziert. Einer übernimmt vom anderen: Pingpong. Erstens: Um interstellare Raumfahrt zu betreiben, benötigt man keine Lichtgeschwindigkeit, auch nicht die Hälfte oder ein Zehntel davon. es funktioniert auch mit einem oder zwei Prozent der Lichtgeschwindigkeit. Und dies halten Fachleute in einer nahen Zukunft für durchaus realistisch.

(Fussnote 44: Forward, Robert L.: Ad Astra! In: Journal of the British Interplanetary Society [Journal der britischen interplanetarischen Gesellschaft], Band 49, Seiten 23-32, 1996)
(Fussnote 45: Matloff, Gregory L.: Robosloth - A slow interstellar Thin-Film Robot [Robosloth - ein langsamer Kleinfilmroboter zwischen den Sternen]. In: Journal of the British Interplanetary Society, Band 49, Seiten 33-36, 1996)

Und zweitens: Nirgendwo und nirgendwann habe ich behauptet, die Wüste von Nasca sei ein "Raumflughafen" gewesen [sondern Däniken schrieb, die Nasca-Linien bringen einem auf die Idee, es könnte ein Raumflughafen gewesen sein, ein wichtiger Unterschied].

[Irreale Kalendertheorien, Regenwasser-Theorien, Seevögel-Theorien]

Weiter schreibt die Archäologin Simone Waisbard, die meisten peruanischen Fachleute stimmten darin überein, "dass die Zeichnungen von Nasca ein astronomischer Kalender sind" (S.116).

(Fussnote 43: Waisbard, Simone: Nasca - Zeichen in der Wüste. In: Die letzten Geheimnisse unserer Welt. Stuttgart 1977)

Uff! Die Menschen von Nasca hätten einen harten Kampf ums Dasein geführt, und um diesen Kampf zu bestehen, hätten sie grosse Bewässerungsanlagen errichtet. Die allgemeine Ansicht gehe dahin, "dass das riesige Bilderbuch von Nasca dazu diente, die zu erwartenden Niederschlagsmengen zu bestimmen". Noch heute würden viele Bauern in den Sternen das "Herabströmen von Wasser" lesen. Und schliesslich noch dies: Die Nasca-Indianer hätten vermutlich "aus dem Flug der Seevögel", die den Nasca-Zeichnungen ähnelten, das Wetter vorausgesagt.

Wie so manches, das in der Wissenschaftsküche gegart wurde, klingen solche Überlegungen eigentlich recht vernünftig. Sie sind es nur nicht. Seit wann lässt sich an den Sternen ablesen, wie hoch eine erhoffte Niederschlagsmenge sein wird? Zudem regnet es in Nasca ohnehin nie, das war auch vor Jahrtausenden nicht der Fall. Wäre dies anders, so gäbe es heute keine Bodenzeichnungen mehr.

Um den Kampf ums Dasein zu gewinnen, hätten die Menschen ihre unterirdischen Wasserleitungen angelegt. Sicher stimmt es, dass die Nasca-Indios Wasser zum Überleben benötigten. Doch weshalb liessen sie sich überhaupt erst in diesem ausgedörrten Gebiet nieder? Und letztlich: "Seevögel"ähneln hinten und vorne nicht den Nasca-Zeichnungen. Es bereitet grosse Mühe zu verstehen, weshalb unsere Jugend in wunderbaren Bildbänden mit derartigen Torheiten infiziert wird.

Auch die ewig widergekauten Kalendertheorien, von denen es in der archäologischen Literatur nur so wimmelt, unterstellen unseren Altvordern, sie seien besonders doof gewesen. Dies gilt für die Vorfahren in Nasca, Stonehenge oder anderswo in der weiten Welt. Die Jahreszeiten waren für Steinzeitmenschen das Alltäglichste und Banalste ihres Lebens. Alljährlich wurde es Frühling, Sommer, Herbst und Winter, und dies war auch schon zu Vaters und Grossvaters Zeiten so. Gerade prähistorische Menschen wie Jäger und Sammler erkannten die Jahreszeiten in (S.117)

der Natur. Es ist kein priesterliches Geheimwissen nötig, um wahrzunehmen, wann der Boden weich wird, wann bestimmte Käfer kriechen oder wann die ersten Gräser und Pflanzen spriessen. Ohne jeden Sternenzauber sahen die Steinzeitmenschen, wann die Beeren reif waren und wann bestimmte Früchte. Natürlich lässt sich aus Gestirnkonstellationen, die Jahr für Jahr zur gleichen Zeit am Firmament erscheinen, ablesen, wann es Frühling wird. Nur lebensnotwendig ist dies überhaupt nicht.

[Irreale Phantasien über Landwirtschaft in der Wüste]

Und wozu könnten die Pisten und trapezähnlichen Flächen gedient haben?

<Waren es Pferche für die heiligen Tiere, die man den Göttern opferte? Ackerparzellen, die an die Filtergalerien angeschlossen waren? Sternwarten? Oder Plätze,auf denen sich die Stämme bei rituellen Festen versammelten?>

(Fussnote 43: Waisbard, Simone: Nasca - Zeichen in der Wüste. In: Die letzten Geheimnisse unserer Welt. Stuttgart 1977)

Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt, Hauptsache, man bleibt auf dem Boden der Vernunft. Wären die Trapezflächen "Pferche für Tiere" gewesen, so hätten sie eingezäunt werden müssen. Davon ist keine Spur erkennbar. Genausowenig kommen Ackerparzellen in Frage. Gerade WEIL nichts wuchs, sind die Trapez- und Pistenflächen überhaupt erst sichtbar. Und die Plätze für rituelle Feste würden wir auch heute noch leicht erkennen: an den Fuss- oder Sandalenspuren der einstigen Tänzer.

Und immer wieder möchte ich einen Gedanken wie einen roten Faden durch alle Nasca-Überlegungen ziehen: Falls es um rituelle Tänze und ähnliches ging - weshalb gerade dort? Warum um alles in der Welt in diesem ausgetrockneten Glutgebiet? Schliesslich erklären alle diese "vernünftigen Lösungen" rein gar nichts über die Zickzacklinien UNTER bestimmten Pisten. Sie ignorieren die Figuren an den Bergwänden und begründen nicht, weshalb ganze Bergkuppen nivelliert ["geköpft"] werden mussten, um einer Piste - so breit wie eine vierspurige Autobahn - Platz zu machen. Die so sachlich klingenden, wissenschaftlichen Interpretationen begnügen sich mit Stückwerk.

[Nasca-Linien als heilige "Pfade" oder als Opfer für die Wassergötter]

Im wissenschaftlichen "Weltatlas der alten Kulturen" erfährt der verdutzte Leser, manche der Nasca-Linien könnten Pfade gewesen (S.118)

sein, "die sakrale Bedeutung hatten und bei bestimmten Riten abgeschritten wurden". Vorrangig aber seien die Linien "wahrscheinlich als Opfer für die Ahnen oder für Himmels- und Berggötter gedacht, die auch das Wasser spendeten, das man für den Feldbau so dringend brauchte."

(Fussnote 46: Coe, Michael D. (Herausgeber): Die Nasca-Scharrbilder. München 1986)

In der bodenständigen Wissenswchaftsliteratur darf über Nasca alles gesagt werden, nur das nicht, was sich den Augen präsentiert. Da werden geradezu groteske gedankliche Klimmzüge vollbracht, um die Welt in Ordnung zu halten. Die Nasca-Indios müssten nach diesen Denkschemata besondere Tölpel gewesen sein. Deshalb zum x-ten Mal: Im Wüsten- und Berggebiet von Nasca gab es keinen "Feldbau". Ackerbau wurde - und wird auch heute - ausschliesslich in jenen Tälern betrieben, die von den Anden mit Wasser versorgt werden. In welchem Umfang noch zusätzliche Flächen mittels der unterirdischen Wasserleitungen begrünt wurden, wissen wir nicht. Doch hätten jene zusätzlichen Grünareale ohnehin nichts mit den Pisten, Linien und Figuren von Nasca zu tun. Diese haben ja gerade nur deshalb die Jahrtausende überlebt, WEIL nichts grünte und blühte. [Die peruanische Regierung wollte in den 1950er Jahren dann die Nasca-Ebene bewässern und landwirtschaftlich nutzen, was von Frau Maria Reiche verhindert wurde].

[Geometrische Interpretationen der Nasca-Figuren]

Mit einem völlig anderen Denkansatz versucht Albrecht Kottmann das Nasca-Rätsel zu knacken. Er unterteilt die Figuren in verschiedene Masseinheiten. Beispiel:

<Das Bild (des Vogels) ist 286 Meter lang. Wenn man die Länge in 22 Teile zerlegt, entfallen drei auf den Körper, fünf Teile auf den zackigen Hals, zwei Teile auf den Rest des Halses samt Kopf und schliesslich zwölf Teile auf den überlangen Schnabel. Die Länge zwischen Schwanzfeder und Schnabelansatz verhält sich zur Länge des Schnabels wie 5:6.>

Kottmann vermutet hinter den geometrischen Zeichnungen eine

<Zeichenschrift, bei der dieselben Worte einmal mit Riesenlettern, ein andermal mit winzig kleinen Buchstaben geschrieben sind.>

(Fussnote 47: Kottmann, Albrecht: Uralte Verbindungen zwischen Mittelmeer und Amerika. Gleiche Masseinheiten beidseits des Atlantiks. Stuttgart 1988)

Vielleicht lässt sich mit Mathematik ein Teil der Nasca-Fragen aufhellen. Ich mag das nicht beurteilen. Nur erklärt mir die Aufteilung (S.119)

der Figuren in Unterabschnitte erneut nichts über die Pisten und die Zickzacklinien darunter.

[Hadinghams These mit Nasca-Zeichen mit Drogen und "Trance" - und Verehrung von Berggöttern]

Nasca-Töne der eher sachlichen Art produziert der Brite Evan Hadingham. Nichtsdestotrotz schlägt er vor, kräftig Pflanzendrogen ("powerful plant hallucinogens") könnten die Ursache für das Treiben der Nasca-Indios gewesen sein.

(Fussnote 48: Hadingham, Evan: Lines to the Mountain Gods [Linien zu den Berggöttern]. London 1987)

Die machen die Kuh auch nicht satt. Mit einem drogenvernebelten Schädel löst man keine geometrischen Probleme. Hadingham meint sogar, der Gedanke, mit den Linien seien Berggötter verehrt worden, sei wohl der einzige Schlüssel zum Nasca-Rätsel. Wie ich noch darlegen werde, sind auch die Berggötter völlig unschuldig am Phänomen von Nasca.

Akademische Geister

[Die These von W.H. Isbell mit der "Beschäftigungstherapie" gegen Nachwuchs]

Wer nun hofft, damit seien die wesentlichen Theorien um Nasca abgehakt, darf sich noch ein bisschen weiter amüsieren. Der Anthropologe William H. Isbell von der New Yorker Staatsuniversität löste alle Nasca-Probleme mit einem Wort: Beschäftigungstherapie! Die Indios hätten, schlug Isbell vor, keine Vorratslager besessen, um Feldfrüchte einzulagern. Deshalb habe in den guten Erntejahren die Gefahr bestanden, dass die Bevölkerung sich unmässig vermehrte und in Jahren schlechter Ernte am Hungertuch nagte. Was tun?

<Die Lösung des Problems bestand darin, ein gemeinsames Interesse der Bevölkerung an zeremoniellen Arbeiten zu erhalten, die genügend Energie verzehrten, um wirtschaftliche Überschüsse regelmässig abzuschöpfen.>

Es sei, [so] doziert der New Yorker Gelehrte, völlig belanglos gewesen, ob die Indios das Werk ihrer Beschäftigungstherapie selbst hätten betrachten können oder nicht. Es war eben nur Arbeitsbeschaffung, um "auf diese Weise die Bevölkerungszahl zu regulieren" (S.120).

(Fussnote 49: Isbell, William H.: Die Bodenzeichnungen Altperus. In: [Zeitschrift] Spektrum der Wissenschaft, Dezember 1978)

Vermutlich sind "Kalorienpriester", das müssen wohl die mit den überproportionierten Schädeln gewesen sein, mit Tabellen herumgerannt.

Die diversen Gelehrtenmeinungen machen sich selbst Konkurrenz. Mal haben die Indios unterirdische Wasserstrassen angelegt, um mehr Felder berieseln zu können, dann hopsten sie auf den Trapezflächen herum, opferten den Berggöttern, mampften Drogen oder praktizierten mittels Beschäftigungstherapie eine gezielte Geburtenkontrolle. Es scheint nichts zu hirnrissig, um nicht ernsthaft in die Diskussion gebracht zu werden. Nichts?


[These von Kulten an Orten mit Fata-Morgana - und Kampf gegen Däniken]

Helmut Tributsch, Professor für Physikalische Chemie an der Freien Universität Berlin, löste das Nasca-Rätsel mit einem globalen Rundumschlag. Er meint, die grossen, vorgeschichtlichen Kultstätten seien "immer an Orten errichtet worden, an denen Luftspiegelungen besonders häufig auftreten".

(Fussnote 50: Tributsch, Helmut: Das Rätsel der Götter - Fata Morgana. Frankfurt / Main 1983)

Als Beispiele dienen dem Herrn Professor die Menhirfelder in der Bretagne, Stonehenge in England, Olmeken-Heiligtümer am Golf von Mexiko, die Pyramiden Ägyptens und - eben! - Nasca. Was hat die Menschen zu ihren rätselhaften Werken angetrieben? Fata Morganas!

Am Himmel tun sich, nach Professor Tributschs Ansicht, "farbenprächtige Schauspiele" auf. Weit entfernte Inseln, Wälder, Bauwerke und Seen spiegeln sich am Firmament. Diese Fata-Morgana-Kultstätten mussten natürlich gross sein, um überhaupt reflektiert zu werden. Auch die Nasca-Indios bestaunten diese Luftspiegelungen, und weil sie "am Himmel" zu erblicken waren, wurden sie für die Indios der Pampa zum "Jenseits". Dies gilt laut "Ansicht" von Herrn Professor Tributsch auch für die Nasca-Linien.

Nach diesen Erkenntnissen verpasst mir der Berliner Gelehrte auch noch eine Ohrfeige:

<Däniken behauptet schlicht und einfach, die riesigen Pisten in der Wüste von Nasca-Palpa wären von Astronauten anderer Planeten als Landebahnen ausgelegt worden.>

Dabei habe es mich nicht gestört (S.121),

<dass die Astronauten, die auf ihrer Reise den weiten Raum durchquert haben müssten, sich schlecht auf Tragflächenflugzeuge verlassen konnten.>

(Fussnote 50: Tributsch, Helmut: Das Rätsel der Götter - Fata Morgana. Frankfurt / Main 1983)

Was soll man dazu noch sagen? Wieder ein Wissenschaftler, der Däniken nicht gelesen haben kann. Denn hätte er es, könnte er nicht einen solchen Unsinn verzapfen. Zum einen steht bei mir nirgendwo, Ausserirdische hätten in Nasca "Landebahnen ausgelegt" [sondern es wird immer von der Idee gesprochen, die der Platz vermittle], und zum anderen, die armen ETs hätten sich gar auf "Tragflächenflugzeuge verlassen".

[Die alten Flugzeuge "Vimanas" in der Götterzeit - Flugzeuge und das Mutterraumschiff]

Zur Gedächtnisauffrischung dies: In den heiligen Schriften des alten Indien wimmelt es von Himmelsfahrzeugen unterschiedlicher Bauart. Man nannte sie "Vimanas", und sie sind nicht nur en gros, sondern auch im Detail beschrieben worden.

(Fussnote 16: Gentes, Lutz: Die Wirklichkeit der Götter. Raumfahrt im frühen Indien. München / Essen 1996)
(Fussnote 51: Kanjilal, Dileep Kumar: Vimana in Ancient India (Aeroplanes or Flying Machines in Ancient India) [Vimana im alten Indien (Flugzeuge oder Flugmaschinen im alten Indien]; Übersetzt von Julia Zimmermann. Bonn 1991)

Kein einziges dieser Fluggeräte überbrückte die interstellaren Distanzen mit "Tragflächenflugzeugen". Zu ihren irdischen Erkundungsflügen starteten alle ausnahmslos aus dem Hangar eines Mutterraumschiffs.

[Keine Fata Morganas in Nasca]

Unabhängig von der Falschinterpretation des Gelehrten kann ich mit Fata Morganas in Nasca nichts anfangen. Für Luftspiegelungen ist das Vorhandensein von Wasser unabdingbar. Auf der Ebene von Nasca gab es keins. Zudem: Welche Art von Fata Morgana soll denn den unbedarften Nasca-Indios Pisten und verwirrende geometrische Figuren zugeblinzelt haben? Ich weilte oft und lange in Nasca - zu jeder Tageszeit. Ich habe in dem riesigen Gebiet noch nie auch nur den Schimmer einer Fata Morgana ausgemacht. Und alle Piloten, die ich befragte, ebenfalls nicht.

[These von Prof. Henri Stierlin über Webereien und Webewerkstatt: kilometerlange Fäden sollen auf kilometerlangen Linien ausgelegt worden sein]

Hat vielleicht mein Landsmann, der schweizer Professor Henri Stierlin, den Ariadnefaden gefunden, der aus dem Rätsellabyrinth von Nasca führt? Stierlin deutet die Nasca-Linien als "verbliebene Spuren gigantischer Webeketten".

(Fussnote 52: Stierlin, Henri: Nazca, la clef du mystère [Nasca, der Schlüssel des Rätsels]. Paris 1982)

Diese erstaunliche Annahme basiert auf der Tatsache, dass die Nasca-Indianer hervorragende Weber gewesen sind. Nasca-Webereien in zauberhaften Farben wurden in unzähligen Gräbern und Kavernen der gesamten Region gefunden. Viele dieser Textilien haben keinen (S.122)

Saum und bestehen tatsächlich aus EINEM EINZIGEN Faden, der kilometerlang sein kann. Eine dieser prächtigen Webereien wurde in einer Höhle bei Paracas entdeckt. Sie ist 28 Meter lang, sechs Meter breit und besteht aus Fäden von insgesamt 50 Kilometern.

Stierlins Überlegung geht davon aus, die vorkolumbischen Indios hätten weder das Rad noch die Drehscheibe gekannt, folglich auch keine Schlauchhaspeln oder Achsen für ein Spinnrad. Wie, fragt der praktische Schweizer, wurden die schier endlosen Fäden ausgelegt, um das mehrfarbige Gespinst nicht heillos zu verwirren und zu verknoten? In Nasca scheint die Antwort auf der flachen Hand zu liegen: Die Fäden wurden auf der Ebene ausgelegt, und davon zeugen - so Stierlin - heute noch die langen und geordneten Linien. Sie wären also die Überbleibsel einer gigantischen Webewerkstatt.

Ich versuche mir das praktisch vorzustellen: Tausende von Indios schlurfen im Gänsemarsch auf einer schnurgeraden Linien hintereinander her. In den Händen halten sie farbige Fäden, die auf Kommando in den trockenen Dreck gelegt, wieder aufgenommen und weitergereicht werden. Die emsigen Weber und Weberinnen müssen das Muster ihrer Arbeit wohl im Kopf gehabt haben, denn Papier- oder Papyrusvorlagen existierten nicht. Nun entstehen gewobene Textilien immer aus zwei Bahnen, die Fäden müssen sich schliesslich im Knotenpunkt kreuzen. Zu den Menschenkolonnen in Längsrichtung gesellten sich diejenigen der Querrichtung. Die Fäden unterschiedlicher Farben wurden nun im Singsang hin und her gezogen, denn das Muster verlangte dauernden Farbwechsel. Und an den Punkten, an denen sich 40 Linien begegneten, kam es zu einem fürchterlichen Fadensalat. Wo bleiben eigentlich die Trampelpfade der fleissigen Webertruppe? Wo sind die Schleifspuren, die vom Abtransport der fertigen Textilien herrühren? Und wie erklärt Stierlins Theorie die vielen Zeichnungen an den Berghängen? Wie die bis zu 23 Kilometer langen, wie mit dem Lineal gezogenen Linien, die (S.123)

über Berg und Tal verlaufen? Wie die Zickzack- und anderen Linien UNTER den Pisten?

Ich halte es für ausgezeichnet, wenn sich so viele Gehirne über das Nasca-Rätsel zermartern. Jede neue Idee ist durchaus begrüssenswert - bloss sollte sie nicht dauernd als "wissenschaftliche Lösung" etikettiert werden.

[These von Dr. Zelko über die Nasca-Linien mit Strukturen des Titicaca-Sees]

Auch hinter dem ehemaligen Eisernen Vorhang raubte das Nasca-Rätsel den Wissenschaftlern die verdiente Ruhe. Dr. Zoltan Zelko, ein Mathematiker aus Budapest, grübelte jahrelang, wie man dem Phänomen auf die Schliche kommen könnte. Endlich - heureka! - der erlösende Geistesblitz:

<Die Linien entsprechen der 800 Kilometer langen und 100 Kilometer breiten Landkarte der Gegend des Titicacasees!"

(Fussnote 53: Ist das Liniensystem in der Nasca-Ebene eine Landkarte? In: Vorarlberger Nachrichten, 16. Mai 1981, Bregenz)

Bruderherz, wie kommt man nun darauf?

Um den Titicacasee liegen rund 40 Ruinen aus Inka- und Vorinkazeit. Verbände man diese Ruinen mit bestimmten Erhöhungen im Titicacabecken per Linienziehung, dann käme das Nasca-System heraus. Wirklich? In diesem Liniennetz erkennt Zoltan Zelko ein Nachrichtenübermittlungssystem:

<Nachrichten konnten durch Lichtsignale gegeben werden, mittels reflektierender Gold- oder Silberplatten, nachts durch Feuersignale. Vermutlich waren diese Signale in der Felsenwelt notwendig, um die im Tal Arbeitenden zu lenken und vor etwaigen Angriffen warnen zu können.>

(Fussnote 53: Ist das Liniensystem in der Nasca-Ebene eine Landkarte? In: Vorarlberger Nachrichten, 16. Mai 1981, Bregenz)

So weit,so schlecht. Zwischen dem Titicacasee und der Ebene von Nasca ragen gewaltige Bergketten mit Fünf- und Sechstausendern in den Himmel. Die Signale aus der dünnen Luft des Titicacasees kämen nicht weit. Auch angebliche Angreifer, welche die Nasca-Indios bedroht hätten, waren für die Stämme hoch oben am Titicacasee nie und nimmer auszumachen. Das bolivianische [und peruanische] Gewässer liegt auf knapp 4000 Meter Höhe, von Nasca aus gesehen hinter den Anden am Ende der Welt.

[Die These von S. Waxmann: Nasca-Linien sollen einen Kulturatlas darstellen]

Noch etwas abgehobener als Dr. Zelko sieht Siegfried Waxmann das Liniengewirr von Nasca. Er erblickt darin einen "Kulturatlas der Menschheitsgeschichte" (S.124).

(Fussnote 54: Waxmann, Siegfried: Unsere Lehrmeister aus dem Kosmos. Ebersbach 1982)

Wer Haare hat, zieht daran neue Lösungsvorschläge herbei.

[Die These der ausserirdischen Intelligenz]

Wolf Galicki aus Kanada erkennt im Nasca-Liniensalat eindeutig "Signale einer ausserirdischen Intelligenz". Ach ja, und "nur aus dieser Betrachtungsweise können wir die immense Planung und die unfassbare Arbeitsleistung verstehen."

(Fussnote 55: Galicki, Wolf: The Nazca Desert "Chart" [Die Wüstenkarte von Nasca]. Denman Island, B.C., 1978)

Ein vorgeschichtliches Olympia? - [die These von Georg A. von Breunig und H. von Ditfurth über einen vorinkaischen Sportplatz]

Da kehre ich augenblicklich zur Erde zurück. Fest mit den Beinen auf den Boden steht auch der Münchener Patentanwalt Georg A. von Breunig. Er sieht in den Scharrbildern einen vorinkaischen Sportplatz. Zu Ehren besonderer Götter oder anlässlich ritueller Wettkämpfe hätten Indioläufer die Figuren und Linien abspurten müssen.

(Fussnote 56: Breunig, Georg A. von: Nazca: A pre-Columbian Olympic Site? [Nasca, eine gigantische Olympiastätte?] In: Interciencia, Band 5, Nr. 4, 1980)
(Fussnote 57: Breunig, Georg A. von: Nazca, A gigantic Sports Arena? A new Approach for explaining the Origin of the Desert Markings in the Basin of Rio Grande in Southern Peru [Nasca, eine gigantische Sportstätte? Eine neuer Versuch, den Ursprung der Wüstenzeichen im Flussbett des Rio Grande in Süd-Peru zu erklären]. Universität von Northern Colorado, Anthropologisches Museum, ohne Jahresangabe)

Diese Idee - warum nicht? - versuchte der deutsche Fernsehprofessor Hoimar von Ditfurth via Bildschirm zu untermauern und anschliessend in einem seriösen Magazin zu verewigen.

(Fussnote 58: Ditfurth, Hoimar von: Warum der Mensch zum Renner wurde. In: [Monatszeitschrift] Geo, Nr. 12, Dezember 1981)

Wenn Athleten Kurven durchlaufen, so Ditfurth, müssten dort mehr Steine und Sand angehäuft sein als auf den Geraden. De facto brachten Messungen vor Ort das gewünschte Resultat - in zwei Kurven.

Die hypothetischen Läufer wären auf der über 1000 Quadratkilometer weiten Ebene den weitsichtigsten Augen entschwunden, den Zuschauern nicht mal in der Winzigkeit von Ameisen erkennbar. Zudem hätte kein Kampfrichter feststellen können, um welche Figur der Sportsmann gerade seine Runde drehte, denn die Figuren sind ja nur aus der Luft zu erkennen. Ach ja, und das Trinkwasser für die ausgelaugten Läufer und die schlappen Zuschauer stammte aus den Zapfstellen der unterirdischen Puquios. Nun, nichts ist letztlich unmöglich, auch die Ideen des Herrn von Breunig nicht - bloss erklären auch sie nichts über die Pisten im Gebirge oder die Muster UNTER den Pisten. Zudem ist im Fernsehen, als von Breunigs Hypothese vorgestellt wurde (S.125),

geschummelt worden. Viele der Nasca-Figuren - ich komme noch darauf zurück - kleben an den Berghängen. Man KANN sie gar nicht abspurten! Diese grossen Bilder wurden dem Publikum glatt unterschlagen. Sie zu zeigen wäre fatal gewesen. Eine Theorie wäre gekippt.

[Die Theorie von Maria Reiche über einen astronomischen Kalenders wird vom Computer nicht bestätigt]

Und was ist aus Maria Reiches Kalendertheorie geworden? Gerald Hawkins, Professor für Astronomie am Smithsonian Astrophysical Observatory in Cambridge, Massachusetts, reiste mit einigen Mitarbeitern nach Nasca. Im Gepäck hatte die Forschergruppe neueste Vermessungsgeräte und einen Computer,in dem alle wichtigen Sterngruppierungen gespeichert waren. Das Computerprogramm enthielt auch eine Zeitachse, auf welcher sich die Standorte der Gestirnskonstellationen für die letzten 6900 Jahre abrufen liessen. Nach mehrwöchigen Vermessungsarbeiten im Gelände von Nasca druckte der Computer niederschmetternde Antworten aus.Professor Hawkins:

<Nein, die Nasca-Linien sind nicht auf die Gestirne ausgerichtet ... Enttäuscht mussten wir die Theorie eines astronomischen Kalenders aufgeben.>

(Fussnote 59: Hawkins, Gerald H.: Die Bodenzeichnungen Altperus; In: Spektrum der Wissenschaft, Dezember 1978)

Trotz dieser wissenschaftlichen Klarstellung taucht in der Literatur immer noch die Behauptung auf, es sei erwiesen, dass die Linien und Scharrzeichnungen von Nasca insgesamt einen gigantischen astronomischen Kalender ergeben würden. Zweifellos ist es für Frau Reiche enttäuschend, ihre ein Leben lang verfochtene Theorie durch einen Computer zerstört zu sehen. Immerhin bleibt es ihre epochale Leistung, Nasca vermessen und katalogisiert zu haben.

Dieses Nasca scheint sich jeder Logik zu entziehen. Theorie um Theorie wird gekippt. Gab es denn nichts, was alle überzeugte?

[Die Heissluftballon-Theorien und Inka-Theorien von Jim Woodmann]

Der Amerikaner Jim Woodmann schlug einen praktischen Weg ein. Er liess sich aus feiner, peruanischer Baumwolle einen dreieckigen Heissluftballon zusammennähen. Das Luftfahrtgerät wurde "Kondor" [ein peruanischer, riesiger Adler in den Anden] getauft. Aymara-Indianer vom fernen Titicacasee (S.126)

flochten eine Gondel aus leichtem Schilfrohr, 2,50 Meter lang und 1,50 Meter hoch. In der Nähe von Cahuachi, der ehemaligen Hauptstadt der Nasca-Indianer [und der Ort der verschütteten Nasca-Pyramiden], war die erste Testfahrt geplant. Ein Feuer wurde entfacht und die heisse Luft in den Ballon geleitet. Jim Woodmann und Julian Nott kletterten in die Gondel. Langsam erhob sich der "Kondor", doch dann kippte die Gondel, und die beiden Ballonfahrer fielen heraus. Vom Gewicht der beiden Männer befreit, machte der Ballon einen Sprung und tänzelte leicht wie ein Kinderballon in lichte Höhen. Nach einigen Kilometern landete der "Kondor" irgendwo auf dem Wüstenplateau.

(Fussnote 60: Woodmann, Jim: Nazca. München 1977)

Der ungesteuerte Ballonflug brachte Jim Woodmann auf einen neuen Gedanken: In Peru scheint nahezu jeden Tag die Sonne, und im Gebiet von Nasca ist es besonders heiss. Wie wäre es, wenn ein schwarzer Ballon aus sehr leichtem Material sich im Laufe des Tages selbst aufheizen würde' Vielleicht bestatteten die Inka ihre Toten auf diese luftige Weise, oder ihre Herrscher gondelten durch die Lüfte und bestaunten aus der Vogelperspektive die Scharrzeichnungen.

So naheliegend die Ideen von Jim Woodmann auch waren, sie erklären das Rätsel Nasca nicht. Zum einen geht es gar nicht um die Inka, die "Söhne der Sonne". Die Nasca-Pisten sind viel älter. Zum anderen wissen wir nicht, ob irgendwelche Stämme die Ballonfahrt beherrschten. Wenn in Nasca, wieso denn nicht auch anderswo? Und weshalb sollte eine derart praktische Erfindung wie die Ballonfahrt in Vergessenheit geraten? Die späteren Inka betrieben mit Sicherheit keine Heissluftballone. Selbst die Idee, die Nasca-Indios hätten den Leichnam eines verstorbenen Herrschers in einem Heissluftballon "der Sonne entgegengeschickt", hilft nicht weiter. Schliesslich landete der Ballon wieder irgendwo, oder der Ballonkorb zerschellte im Gebirge. Und der ganze, schöne Flugzauber war dahin.

Zudem: Seit wann benötigt man zum Start oder zur Landung eines Heissluftballons Pisten? Und auch die Ballontheorie sagt nichts über die Zickzacklinien (S.127)

UNTER den Pisten aus. Sie verrät ebenfalls nicht, mit welchen vermessungstechnischen Mitteln die Nasca-Leute ihre riesigen Figuren entstehen liessen.


Praktiker am Werk - [wie sollen Menschen die Nasca-Linien erstellt haben?]

[Der Versuch von Josué Lancho, eine Nasca-Linie selbst herzustellen]

Im Jahre 1977 startete der in Nasca ansässige Archäologe Josué Lancho einen Versuch. Eigentlich stammte die Idee von einem Journalisten des britischen Rundfunk- und Fernsehsenders BBC. Wäre es möglich, auch heute eine Nasca-Linie mit bescheidenen Mitteln herzustellen? Es galt, dies zu demonstrieren. Josué Lancho bat 30 junge Indios um Hilfe. Unter Verwendung von drei Holzpfosten und Schnüren gelang es binnen weniger Tage, eine gerade, schmale Linie von 150 Meter Länge aus der Pampa zu kratzen.

(Fussnote 61: Morrison, Tony: Das Geheimnis der Linien von Nasca. Basel und Stuttgart 1987)

Nun, gerade Linien stellten kein Vermessungsproblem dar, und de facto sind auf der Wüstenfläche von Nasca auch vereinzelt Überreste von Holzpflöcken gefunden worden. Professor Anthony Aveni und einige Freiwillige der Organisation "Earthwatch" versuchten es deshalb mit der ersten Rundung einer Spirale. Mit Händen und Füssen wurden die Steinchen der Oberfläche weggekratzt und zu Häufchen zusammengetragen. Für die Krümmung wurden ganz einfach Schnüre ausgelegt, mehr oder weniger nach Augenmass. Das Resultat ist eine kleine, nicht gerade perfekte Rundung von etwa drei Meter Durchmesser.

Beide Experimente belegen, dass sich schmale Linien, also diejenigen, die im besten Falle einen Meter breit sind, eigentlich recht leicht nachmachen lassen. Doch wie verhält es sich mit den grossen Figuren - der Spinne, dem Affen, dem Kolibri? Was ist mit den breiten und kilometerlangen Pisten und Trapezen?

[Die Abraumfrage - Prof. Reppchen von der TU Dresden meint 10.000 m3]

An der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Dresden, Fachbereich Vermessungswesen und Kartographie, wird zur Zeit [um 1996] ein phänomenales Projekt bearbeitet. Federführend sind die Professoren Gunter Reppchen und Bernd Teichert. Man möchte nichts anderes, als alle Figuren und Linien der Ebene von Nasca in einem grossräumigen, digitalen Geländemodell festzuhalten. Dresden ist schliesslich die Geburtsstadt von Maria Reiche, und da ist es nur recht, wenn deren Lebenswerk von der lokalen Universität weitergeführt wird.

Nach einem Kolloquiumsvortrag an der Zürcher Eidgenössischen Technischen Hochschule am 10. Oktober 1996 kam auch die Frage nach dem "Abraum" zur Sprache. Wie viele Kubikmeter Steine sind von den Nasca-Indios weggeräumt worden? Professor Reppchen meinte dazu, es müssten wohl 10.000 Kubikmeter gewesen sein. Ich schätze weit mehr, weil es in der Nasca-Region neben den Pisten auch noch Berggipfel gibt, die einst kupiert ["geköpft"] wurden, um einer Piste Platz zu machen. Angesichts eines solchen Szenarios sind die beiden winzigen Experimente, die in Nasca durchgeführt wurden, recht belanglos.


[Däniken wird falsch zitiert - Beispiele]

Die 102 Bücher, Broschüren und Artikel, die mir als Quellenmaterial über Nasca zur Verfügung stehen, strotzen vor Wiederholungen, Enten und auch absichtlichen Verdrehungen und Bösartigkeiten. Sie alle zu erwähnen ist nicht nur langweilig, sondern auch eine Zumutung. Was hilft es MEINEM Leser zu erfahren, dass ein Hochschullehrer SEINEN Lesern berichtet, ich hätte in meinem ersten Buch "Erinnerungen an die Zukunft" nicht mal die beiden Franzosen Louis Pauwels und Jacques Bergier als Quelle genannt?

(Fussnote 62: Feder, Kenneth L.: Frauds, Myths and Mysteries. Science and Pseudoscience in Archaeology [Betrügereien, Mythen und Rätsel. Wissenschaft und Pseudowissenschaft in der Archäologie]. Central Connecticut State University, ohne Jahresangabe)

Natürlich stimmt die Aussage nicht. Oder die Zeichnungen von Nasca seien nicht mit "ausserirdischen Lasern in den harten Fels gebrannt" und ebensowenig mit einer "rätselhaften Substanz von einer anderen Welt gepflastert" worden? Wie ich - angeblich - meine Leser glauben machen will. Dies ist genauso unsinnig und in meinen Büchern so wenig enthalten wie folgendes:

<Nach von Dänikens bevorzugter Hypothese haben wir die Existenz von intelligentem, ausserirdischem Leben anzunehmen (S.129)

(unbewiesen), dann zu unterstellen, diese Ausserirdischen hätten in einer fernen Vergangenheit die Erde besucht (unbewiesen und höchst unwahrscheinlich), und schliesslich auch noch anzunehmen, diese Ausserirdischen hätten es nötig gehabt, höchst seltsame Flugpisten zu bauen (sehr schwer zu verdauen). Und dann, zu ihrem zusätzlichen Vergnügen, instruierten sie die lokalen Indios, riesige Darstellungen von Vögeln, Spinnen, Affen und Schlangen in den Boden zu ziehen.>

(Fussnote 62: Feder, Kenneth L.: Frauds, Myths and Mysteries. Science and Pseudoscience in Archaeology. Central Connecticut State University, ohne Jahresangabe)

Dies ist der Tenor, mit dem die Jugend und die Medien durch die wissenschaftliche Literatur aufgeklärt werden sollen. Es lohnt sich keine Erwiderung. Aus ähnlichem Garn werden auch wissenschaftliche Fernsehsendungen gewoben, weltweit verbreitet und mit speziellen Hinweisen unter die Jugend und in die Schulen gebracht. Ich mag mich mit diesen Verdrehungen nicht mehr befassen. Doch wie gelingt eine Änderung der Denkrichtung? Wohl nur mit beweiskräftigen Bildern und überzeugenden Argumenten!

Eine Behauptung ist eine unbewiesene Annahme. Ich stelle folgende Behauptungen auf:

1. In den Bergen von Nasca gibt es ein grosses Viereck aus weggescharrtem Bodenmaterial, in dem zwei Kreise angelegt worden sind. die Kreise wiederum bergen zwei übereinandergelegte Rechtecke und im Zentrum einen Strahlenkranz aus Linien.

2. Dieses rätselhafte Bild ist mit zwei zusätzlichen, geometrischen Gebilden verbunden: Rechts und links, schräg nach hinten geneigt, folgen erneut Kreise mit geometrischen Unterabteilungen. Man stelle sich einen gigantischen Flügel vor: vorne im Zentrum das Hauptsegment und nach hinten verschoben die "Schwenkflügel".

3. An einem Berghang der Nasca-Region liegt ein gewaltiges "Schachbrettmuster", bestehend aus über 1000 Punkten und Strichen - eine präzise Filigranarbeit (S.130).

4. In den Bergen um Nasca kleben bis zu 40 Meter hohe Gestalten, die zum Teil erst in neuester Zeit entdeckt worden sind. Sie tragen "helmartige" Gebilde, oft mit mächtigen, "antennengleichen" Auswüchsen.

5. Auch in anderen Gebieten der Erde ausserhalb Perus haben Menschen Scharrzeichnungen angelegt. Zeichen für die Götter.

6. In Chile wurde in einer Höhe von 2400 Metern eine Flugpiste entdeckt. Sie ist dermassen alt, dass sie während der vergangenen Jahrtausende von Geländeformationen überdeckt wurde.

7. Für das Nasca-Gebiet wird man kein einheitliches System finden .Alles entstand zu verschiedenen Zeiten durch Indiostämme mit unterschiedlichen Vorstellungen.

Ich möchte im folgenden Kapitel versuchen, die Beweise für meine Behauptung zu liefern (S.131).


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