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Museum der Primärnationen (Nordamerika Native Museum, "Indianermuseum") Zürich
10. Töpferei der Pueblo-Primärnationen Hopi, Zuñi, Acoma und San Ildefonso
Vorratskrug aus dem Pueblo Hano der Hopi-Primärnation (Abb.4)
Vorratskrug mit Motiven aus dem östlichen Pueblo Acoma (Abb.10)
präsentiert von Michael Palomino (2012)
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Prestel-Museumsführer, Text von Denise Daenzer und Tina Wodiunig: Indianermuseum der Stadt Zürich; Prestel-Verlag; München, New York 1996; gefördert durch die Cassinelli-Vogel-Stiftung, Zürich, MIGROS Kulturprozent, Volkart-Stiftung, Winterthur; ISBN 3-7913-1635-4
<Töpferei
[Aberglauben gegen Kinder bei der Töpfereiherstellung]
Bei den Pueblo-Indianern des nordamerikanischen Südwestens [Ureinwohner im heutigen New Mexico und in Arizona, u.a. der Dörfer Acoma, Hano, San Ildefonso mit den Primärnationen der Zuni und Hopi (web01)] wird das Töpferhandwerk in der Regel von Frauen betrieben, deren Kinder bereits erwachsen sind. Und nach Ansicht der Zuñi dürfen Töpfe sogar grundsätzlich nicht in der Nähe von Kindern hergestellt werden, da deren Geschrei die Gefässe später zum Zerspringen bringen könnte.
Beispiele von Keramik der Hopi-Primärnation (heute v.a. New Mexico und Arizona)
Die aus dem Jahr 1935 stammende Gebrauchskeramik diente zur Aufbewahrung von getrockneten Pfirsichen.
Das Gefäss ist um 1940 von der Töpferin Fannie Nampeyo aus dem Dorf Hano im Stil "Hano Polychrome" geschaffen worden, der von ihren Eltern begründet wurde.
Die Schale stammt aus einem Dorf auf der ersten Mesa und wurde um 1920 hergestellt.
[Der Ton ist ein Gemisch mit Kalk, Sand, Muschelschalen oder Tonscherben]
Ton gilt als ein Geschenk von Mutter Erde und wird entsprechend hoch geschätzt. Er wird von den Töpferinnen an überlieferten Orten gewonnen, die oft geheimgehalten werden. Damit die Gefässe beim Brennen nicht bersten, muss der Ton zuerst getrocknet und anschliessend zu einem feinkörnigen Pulver verarbeitet werden, das man mit zerriebenem Kalk, Sand, Muschelschalen oder Tonscherben vermischt.
[Töpfereitechniken]
Eine der frühesten, heute aber nicht mehr gebräuchlichen Töpfertechniken bestand im Ausstreichen eines Korbes mit Lehm, wobei das Geflecht beim Brennen verglühte, während die Lehmform als Tongefäss bestehen blieb. Die Töpferscheibe war in vorkolumbischer Zeit unbekannt und wird auch heute nur selten verwendet. Kleine Gefässe werden aus einer Tonkugel gefertigt, die mit den Fingern in die richtige Form gebracht wird. Für die Gestaltung grösserer Schüsseln wird im Südwesten vor allem die Spiralwulsttechnik angewandt. Als Unterlage wird dabei meist eine flache Schale verwendet, die man beim Aufbau drehen kann. Die Tonwülste werden innen und aussen von Hand angesetzt, ausgestrichen und nach kurzem Antrocknen glattgeschabt. Dazu haben die Töpferinnen traditionellerweise ein Stück Kürbisschale, eine Muschel, eine Tonscherbe oder einen Sandstein benutzt, während heute auch Küchenmesser oder Sandpapiere gebräuchlich sind. Die Treibtechnik, bei der die Wände des Gefässes mit einem Schlegel und einem Amboss bearbeitet werden, war vor allem im Südosten verbreitet, während man sie im Südwesten bisweilen mit der Spiralwulsttechnik kombiniert hat.
Die für den alltäglichen Gebrauch bestimmten Gefässe bleiben in der Regel unbemalt und werden im Rohzustand gebrannt. Die zur Bemalung vorgesehenen Tonarbeiten - früher ausschliesslich Zeremonialgefässe, heute auch die meisten der zum Verkauf bestimmten Objekte, - werden zum Verschliessen der Poren zuerst mit Schlicker, einem Gemisch aus Wasser und farbigem Ton, übertüncht. Anschliessend muss die Oberfläche geglättet und poliert werden, wozu man ein weiches Leder benutzt oder einen besonderen glatten Stein, der den Töpferinnen so wertvoll ist, dass er jeweils von der Mutter an die Tochter weitervererbt wird. Zur Bemalung des Tons - eine Arbeit, die immer häufiger auch von Männern ausgeführt wird - wurden früher die Finger oder weichgekaute Yuccastengel benutzt, während man später vorwiegend Pinsel verwendet hat. Bei der traditionellen Töpferei bestehen die Farben auch heute noch aus mineralischen und pflanzlichen Stoffen; die Bemalung billiger Tonwaren erfolgt jedoch gewöhnlich mit Industriefarben. Oft werden vor dem Brennen einfache Muster geritzt oder ganze Reliefs herausmodelliert.
[Brenntechniken]
Das Brennen findet nur selten in eigentlichen Brennöfen statt, meist auf Feuerstellen, die man im Freien aus Steinen errichtet. Dabei wird das aus Holz, Holzkohle, getrocknetem Dung oder Baumrinde bestehende Brennmaterial rund um die Tonwaren aufgeschichtet. Gebrannt wird entweder mit Oxidationsverfahren, bei dem der Sauerstoff ungehindert zirkulieren kann, oder nach einem Verfahren mit gedrosselter Luftzufuhr.
Auch die "Schwarze Ware" von San Ildefonso wird in diesem Reduktionsverfahren hergestellt, bei dem man die Feuerstelle gegen Ende des Brennvorgangs mit Dungmaterial abdichtet, wodurch Kohlenstoff freigesetzt wird, welcher dem Ton die typische schwarze Färbung verleiht (Abb. 8/9).
Töpferei Schwarz-in-Schwarz von den Pueblos aus San Ildefonso (heute New Mexico)
"San Ildefonso Black-on-Black" (östliche Pueblos): Diese beiden signierten Gefässe sind eine Weiterentwicklung der "Schwarzen Ware". Der Krug links wurde von der Töpferin Isabel um 1935 hergestellt, der Henkeltopf rechts von Maria Martínez 1931.
Schwarze Ware (östliche Pueblos): Die aus dem Pueblo San Ildefonso stammende Schale ist mit den Namen Jony & Guanita signiert. Sie ist mit einem Relieffries der gefiederten Schlange Avanyu geschmückt.
[Lebendige Töpferkultur im Südwesten im Hopi-Dorf Hano]
Obwohl in diesem Jahrhundert neben den traditionellen Vorratskrügen, Kochtöpfen, Schüsseln und Schalen auch neue Objekte wie Kerzenständer oder Aschenbecher hergestellt wurden, ist die alte Töpferkultur im Südwesten bis heute lebendig geblieben. Dies nicht zuletzt dank der Hopi-Töpferin Nampeyo und ihres Mannes Lesou aus dem Dorf Hano.
Lesou arbeitete gegen Ende des 19. Jahrhunderts auf einer archäologischen Grabungsstelle im Gebiet der Hopi. Von dort brachte er seiner Frau Nampeyo eines Tages alte, aus dem 14. und 15. Jahrhundert stammende Tonscherben des Keramiktyps "Sikyatki Polychrome" mit nach Hause. Nampeyo war von diesen Fragmenten so fasziniert, dass sie Elemente davon in ihre eigene Töpferei übernahm, für die ihr Mann viele Muster entwarf - eine Arbeitsteilung, die sich im Töpfergewerbe der Pueblo-Indianer bald eingebürgert hat. Aus der Zusammenarbeit von Nampeyo und Leson entstand nach und nach der sogenannte "Hano-Polychrome-Stil", der um 1900 für die gesamte Hopi-Töpferei eine neue Ära einleitete. Gefördert wurde diese Entwicklung vom Anthropologen Walter Hough, der sich auch dafür einsetzte, dass die Töpferwaren bei der Hopi Trading Post - einem auf der Hopi-Reservation gelegenen Handelsposten - verkauft werden konnten. Die Hano-Polychrome-Arbeiten haben gewöhnlich keinen Schlicküberzug und weisen statt dessen eine Bemalung in Rot und Schwarz auf orangegelbem Tonuntergrund auf. Die von den Hopi bevorzugten Dekors sind geometrische Muster oder stark abstrahierte Darstellungen von Vögeln, Federn, Kachinas, Wolken, Blitzen, Regen und anderen Elementen, die in den Zeremonien eine Rolle spielen.
[Keramik der Zuñi-Primärnation]
Auch die Keramikkultur der Zuñi ist gegen Ende des 19. Jahrhunderts durch das Aufkommen industriell gefertigter Tonwaren mehr und mehr zurückgedrängt worden. Da sich die Zuñi seither vor allem auf die Schmuckherstellung konzentrierten, erlebte ihre Töpferei bisher keine Renaissance, obwohl sie von Sammlern sehr geschätzt wird. Die Gefässe der Zuñi sind oft mit einer weissen Schlickerschicht überzogen, auf der die Motive mit schwarzer, brauner oder roter Farbe aufgetragen sind (Abb. 6).
Charakteristisch ist eine strenge Unterteilung der Krüge in einen Hals- und einen Bauchbereich, für die nicht die gleichen Bildmotive verwendet werden dürfen. Meistens wird der Halsteil mit sich wiederholenden, geometrischen Mustern geschmückt, während der Bauchteil oft in Sektoren gegliedert ist, wobei diese manchmal von grossen Rosetten oder Medaillons durchbrochen sind. Da solche Ornamente (S.46) für die alte südwestliche Kultur ganz untypisch sind, wird vermutet, dass es sich dabei um die Kopien von Stickereimustern handelt, wie sie für spanische Altardecken gebräuchlich waren. Beliebte Motive dieser Töpferkunst sind auch Vögel, Kaulquappen, Frösche und andere Tiere, die mit dem Element Wasser in Verbindung stehen.
[Tiere mit "Herzlinien" mit der Vorstellung einer besseren Jagd]
Immer wieder kommen auch Hirsche oder andere Tiere mit einer "Herzlinie" vor, die in der Form eines meist rotgefärbten Pfeiles vom Maul bis in die Herzgegend des Tieres reicht (Abb. 6/7). Die Herzlinien, auch Lebensatem oder Seele genannt, symbolisieren den magischen Einfluss, den ein Raubtier (Bär, Berglöwe oder Wolf) auf ein Wildtier (Reh oder Hirsch) ausüben kann. Nach den Vorstellungen der Zuñi haben die Raubtiere die Fähigkeit, mit Gebeten, die von ihrem Herzen ausgehen, die Wildtiere so in ihrem Innersten zu treffen, dass diese ihnen unweigerlich zum Opfer fallen. Indem die Jäger kleine Fetische aus Stein tragen, versuchen sie etwas von dieser magischen Kraft der Tiere auf sich zu lenken und damit ihr Jagdglück herbeizuführen.
Töpferei mit Tieren mit "Herzlinien" der Zuñi-Primärnation (heute New Mexico)
Das 1920 entstandene Gefäss ist mit einem hellen Schlicker überzogen, auf den je zwei Bären und Pumas mit weissen Herzlinien aufgemalt sind.
Der Krug aus dem Jahre 1920 ist mit Rosetten- und Hirschmotiven geschmückt. Die Hirsche sind mit einer roten Herzlinie dargestellt, die ihren Lebensatem symbolisiert.
[Töpferei der Pueblos am Rio Grande]
Auch in den Rio-Grande-Pueblos war die Töpferei um 1900 fast ausgestorben. Einen neuen Aufschwung erhielt das Handwerk im Pueblo San Ildefonso in den zwanziger Jahren durch Maria und Julian Martínez. Inspiriert von der ursprünglich aus Santa Clara stammenden polierten "Schwarzen Ware", entwickelten sie eine Töpfertechnik, bei der die Motive mit einer mineralischen Farbe auf den geglätteten Ton aufgetragen werden und sich nach dem Brand matt schimmernd von der glänzenden Unterlage abheben. Gebrannt werden die Gefässe wie die "Schwarze Ware" im reduzierten Brand, dessen Technik vom Ehepaar Martínez noch verfeinert wurde, um eine tiefere und gleichmässigere Färbung zu erreichen (Abb. 8). Mit demselben, unter dem Namen "San Ildefonso Black-on-Black" berühmt gewordenen Verfahren wird Keramik auch in den Farben Rot auf Rot und Metallisch auf Schwarz hergestellt. Auch reliefartig modellierte Motive sind beliebt, meist regelmässige, geometrische Muster, die mit zunehmender Kommerzialisierung immer einfacher wurden. Als Antwort auf diesen Trend kann das persönliche Signieren der kunsthandwerklichen Töpferarbeiten verstanden werden, mit dem Maria Martínez 1923 begonnen hat. Die signierten Keramiken aus dem Südwesten sind seither unter Sammlern besonders begehrt.
[Dünnwandige Töpferei mit Klängen im Pueblo Acoma (heutiges New Mexico)]
Die Töpfertechnik des Pueblo Acoma gilt als die hochwertigste des Südwestens. Seine Gefässe sind besonders dünnwandig und werden äusserst hart gebrannt, wodurch sie einen typischen Klang von sich geben, wenn sie mit dem Finger angetippt werden. Die frühen Acoma-Krüge sind meistens mit Motiven in schwarzer Farbe auf einem weissen Schlickergrund verziert, während der untere Bereich unbemalt ist. Die Muster sind sowohl figürlich als auch geometrisch, wobei die Aussenwände als Motivfeld ohne zusätzliche Unterteilung gestaltet sind.
Keramik aus dem Pueblo Acoma (heutiges New Mexico)
Der Krug stammt aus de Pueblo Acoma und wurde um 1920 angefertigt.
Dieses Gefäss wurde um 1920 im Pueblo Acoma hergestellt, das berühmt ist für seine fein gearbeiteten und besonders dünnwandigen Keramiken.
[Pueblo-Keramiken mit Öffnung für den Geist der töpfenden Person]
Bei aller Vielfalt der Formen und Farben haben doch alle Pueblo-Keramiken eine besondere Gemeinsamkeit: Jede Umrandungslinie weist eine kleine, offene Stelle auf. Es ist die Öffnung, durch die der Geist der Töpferin - oder auch der Geist des Topfes - das Gefäss betreten und wieder verlassen kann. Nur diese Öffnung gewährleistet, dass er nicht als Gefangener im Gefäss verweilen muss - bis zum Tag, wo es zerbricht (S.47).
Quellen^
[web01] http://www.bigorrin.org/pueblo_kids.htm