aus:
Film von Jens Schanze:
San José - ein Dorf im Regenwald; In: Die Nacht der
Indianer; Norddeutsches Fernsehen N3, 14.12.2003, 4:25-5:10
-- die Takana-Indios tragen alle
westliche Kleider, sind alle eingekleidet
-- das Takana-Land liegt mitten im Regenwald
Die Zerstörung der
Nomadenkultur durch Missionare
-- 1716 wurde eine
Missionsstation San
José de Uchu Piemonas eröffnet
-- bis dahin lebten die Takana im Wald als Nomaden, der Wald
gab alles her, was sie brauchten
-- die Missionsstation wurde zum "Dorf" ausgebaut, mit
40 [versklavten] Familien
-- da passierte die Katastrophe, dass an den eingeschleppten
Krankheiten fast alle starben
-- da wurden die Takana "hergebracht", um das "Dorf"
aufzufüllen.
Zerstörung des Bodens
durch Sesshaftigkeit
-- die Felder blieben
ab der Dorfgründung immer dieselben
-- der Boden wird ausgelaugt, und die Bewohner roden immer
neues Land mit Brandrodung
-- die Felder haben keine Erholungsphasen mehr, und bei
immer grösseren Feldern trägt der Regen die oberste Schicht
auch noch ab.
Sprache
-- die Takana
sprechen Ketschua und Spanisch
Hausbau
-- für Hausdächer
braucht es 500 Flechtwerke aus Palmenblättern für ein Dach
-- das Dach hält ca. 20 Jahre lang auch gegen tropischen
Regen.
Kochen
-- die Takana leben
ohne fliessend Wasser und ohne Strom
-- haben aber eine abgedeckte Wasserstelle.
Gemüse
-- Yuka, eine
Manjok-Art
-- das Feld wird nur ein paar Jahre angebaut, und das ist
genug für den kargen Waldboden [der Boden ist für eine Dorfkultur nicht geschaffen!]
-- ein alter Blecheimer mit
Löchern wird als Raspel für die Yuka-Breiherstellung benutzt
-- geröstet wird Yuka mit Wasser und Zucker zum Chibé-Getränk.
Mais, Reis, Zuckerrohr
-- angebaut werden
Mais, Reis, Zuckerrohr
-- Reisernte: Reiskörner werden vom Halm getrennt, indem man
auf den trockenen Pflanzen herumtritt, dann besorgt der Wind
das Wegwehen der Spelzen
-- Zuckerherstellung: Zuckerrohr mit Zuckerrohrpresse
auspressen, den Saft in Eimern auffangen - den Saft
stundenlang kochen bis zur Zähflüssigkeit - den zähflüssigen
Zuckersaft in Formen giessen - die Formen abkühlen lassen -
und so hat man eine feste Zuckermasse.
Holzschlag für Feldanbau
-- die Frauen machen
alles, auch Holzschlagen
-- pro Jahr werden 2 ha Wald neu geschlagen und ergeben ein
neues Feld, zuerst Rodung, danach feinflächige Brände
-- der Wald schliesst die Lücke innert 15 Jahren, "wenn man
ihn lässt"
-- die Asche macht den Boden etwas fruchtbar und hält
Schädlinge fern, die Samen werden direkt in die Asche
gesteckt.
Ernährungsnotstand: Es
gibt kaum noch Tiere im Wald
-- Gemüse und Früchte
reichen nicht
-- Fisch und Fleisch sind kaum vorhanden, es hat keine Tiere
mehr im Dorf
-- früher gab es wilde Schweine, Klammeraffen und
Kapuzineraffen, oder Baumhühner am Weg, das ist heute alles
weg
-- das Jagen erfordert heute weite Wege
-- die Jagd findet mit Gewehr statt, nicht mehr mit Pfeil
und Bogen
-- früher hat man Wasserschweine gejagt, jetzt die Affen,
aber auch die werden immer seltener
-- ganze Gruppen von Affen werden auf einmal erschossen
-- und im Dorf fehlen jegliche Haustiere!
Erziehung
-- die Kinder gehen
gerne in die Schule, denn dann muss man nicht auf dem Feld
arbeiten
-- Unterrichtssprache ist Spanisch
-- 1945 wurde die erste Schule gegründet, und der Staat hat
sie auch passabel ausgebaut mit Mobiliar etc.
Heilkunde
Coca-Strauch
-- der Coca-Strauch
ist eine Heilpflanze
-- das Kauen von Coca-Blättern betäubt und stillt etwas den
Hunger.
Palmensamen
-- zu Öl gestampfte
Palmensamen sind gut für Wunden.
Dorfversammlung des Gemeinderats
Holzfällen: Arbeit mit
Machete - Mahagoni schwarz verkauft
-- Mahagonibäume im
Wald werden schwarz verkauft
-- der Preis von Mahagoni-Holz hat sich in den letzten 10
Jahren verdreifacht
-- in San José gibt es "keine andere Arbeit", als schwarz
Holz zu fällen
-- die Indios finden, sie seien arm, und fällen ihren
eigenen Wald
-- das Zuschneiden des Holzes in Holzplanken findet im Wald
selber statt
-- der Transport der Holzplanken erfolgt auf den Schultern
durch die Wälder zu Fuss.
Feste im Namen der
weissen "Zivilisation"
-- jährlich erfolgt
die Huldigung für das "Vaterland" mit dem bolivianischen
Nationalfeiertag im Namen von Revolutionär und
Unabhängigkeitskämpfer Bolivar
-- auch die Indios müssen Militärdienst leisten, z.B. in der
Kaserne in Rurunabake [die Indios werden dadurch aus
der heimischen Kultur herausgerissen, ist eine brutale
"Zivilisation"]
-- an den Hauswänden hängen die Ideale der "Zivilisation":
Bruce Lee, Fussballmannschaften
-- wenn wieder ein Baum verkauft ist, werden mit dem Geld in
Rurunabake "zivilisierte" Lebensmittel eingekauft:
Spaghetti, Weizenmehl, Zucker, und die Miete für das Boot
muss auch noch bezahlt werden
-- einmal pro Jahr wird ein Fussballwettkampf unter den
Gemeinden veranstaltet.
Landflucht
-- erfolgt nach La
Paz, Caranabi, für ein "leichteres" Leben
-- viele Leute der jungen Generation kommen nach dem
Militärdienst nicht mehr zurück ins Dorf, weil es nur zu
Fuss erreichbar ist und weil "nichts los" sei.
Die Kulturzerstörung bei
den Takana-Indios
-- die Takana sind
voll nach europäischem Muster eingekleidet, Mädchen sitzen
stolz im Rüschenkleid mit Panflöte
-- die Takana haben ihre Tänze und Lieder verloren
-- dafür ist ein Radio in der Indianerhütte
-- die Väter träumen von einer Universitätsausbildung des
Sohnes, deshalb fällen sie die Bäume, um Geld für die
Ausbildung der Kinder zu haben
-- langsam wird das Indio-Dorf mit weisser Ware
"zivilisiert", mit weissen Lebensmitteln, wo der Transport
auch noch zusätzlich kostet
-- die Pflege der alten Traditionen geht durch die Flucht
vor der Armut verloren, Heilkunde gibt es kaum noch
Nähen
-- erfolgt mit
stromloser Nähmaschine
Töpfern stirbt aus
-- "Tongefässe werden nicht mehr gebraucht": Früher wurde
jede Scherbe gesammelt, zu Pulver zerstossen und mit
frischem Lehm neuer Ton hergestellt
-- in den Gefässen wurde Maisbier angesetzt etc.
Vermischung von Blutritus und
Technik: Blutopfer für Motorboote, Fest mit Radio
-- am Rio Tuichi wird ein Blutopfer für zwei
Motorboote veranstaltet, die von einer Hilfsorganisation
gespendet wurden
-- unter Leitung eines
alten Schamanen wird eine
Kuh geschlachtet, und der Schamane selbst findet keinen
Nachfolger mehr
-- die Boote werden mit Rinderblut, mit Schnaps und mit
Konfetti geweiht
-- das Einweihungsfest wird mit Radio am Flussufer
abgehalten, mit Tanz, aber singen tut niemand, dafür singt
das Radio...
Die Kulturelle Identität der Takana-Indios wird vollends
verloren gehen.
[Der falsche Glauben an die "Zivilisation" nimmt den Takana
die letzten Lebensgrundlagen: den Wald. Statt auf logische
Zusammenhänge zu hören und den Wald zu schützen, machen sie
sich lieber von Lebensmitteln des "weissen Mannes" abhängig
und geben dazu auch noch Geld für Transporte aus. Sie wollen
keine "Bauern" sein, weil sie sich dann minderwertig fühlen.
Sie wollen den Sprung in die städtische Gesellschaft ohne
bäuerliche Grundlage führen. Dieses Vorhaben hat seinen
Preis: Kahlschlag und Auflösung des Dorfes].
Das ist das Ende einer Ureinwohner-Kultur.
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