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Nachkriegszeit in Deutschland mit Hunger, Vergewaltigung und Massenmord durch die Alliierten 1945-1950

James Bacque: Verschwiegene Schuld. Die alliierte Besatzungspolitik in Deutschland nach 1945


Kapitel 3: Urlaub in der Hölle

Kapitel 3b: KGB-Archive stimmen - 423.168 deutsche Todesopfer in der SU von insgesamt 1,7 Millionen

James Bacque: Verschwiegene Schuld. Die alliierte
                  Besatzungspolitik in Deutschland nach 1945.
                  Buchdeckel
James Bacque: Verschwiegene Schuld. Die alliierte Besatzungspolitik in Deutschland nach 1945. Buchdeckel

Präsentation
von Michael Palomino (2013)

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[Die KGB-Archive in Moskau - jeder Gefangene hat eine eigene Akte - die Geheimarchive der Sowjetunion lügen nicht]

Das KGB produzierte Millionen Seiten detaillierter Aufzeichnungen über diese Menschen, von der Gefangennahme bis zur Entlassung oder zum Tod. Die Dokumente werden alle noch in einem hohen, düsteren Gebäude in Moskau aufbewahrt, dem Zentralen Staats-Sonderarchiv (ZSSA). So geheim, dass ein anderes Gebäude davorgebaut wurde, und nur sehr wenigen Wissenschaftlern und Apparatschiks zugänglich, enthält das ZSSA Millionen und Abermillionen Dokumente, in denen alles aufgezeichnet ist, was sich in den Kriegsgefangenenlagern an Bedeutsamem zutrug. Nach dem Fall der Sowjetmacht wurden die ZSSA-Archive unter dem neuen demokratischen Regime zugänglich gemacht, und ich besuchte sie 1992. Ich durfte die düsteren Gänge auf und ab gehen, nach Belieben jede Schachtel aus den Regalen nehmen, ihren Inhalt mit Hilfe meines kanadischen [S.81] Dolmetschers lesen, Dokumente fotokopieren, was ich auch tat, und die Fotokopien mit nach Kanada nehmen, wo ich jetzt jede Menge davon aufbewahre.

Ich fand für Stalin bestimmte Geschenke von den Gefangenen, die hofften, schneller nach Hause zu kommen, wenn sie vor ihrem Peiniger katzbuckelten. Es gab Seidenbanner mit schmeichelhaften Versen an den grossen antifaschistischen Helden, mit Rot und Gold bestickt, mit feinen Schnitzereien verzierte Mahagonikästchen, Gemälde, wunderschöne Einlegearbeiten, Malblöcke voller Zeichnungen, Schriftrollen. Auf einem Regal, so wurde gemunkelt, bewahren die Sowjets Hitlers Gebiss auf. Und vor allem gibt es die phantastisch detaillierten Aufzeichnungen über Gefangenenschicksale.

Über jeden Gefangenen wurde eine persönliche Akte geführt, in der seine Einheit, sein Name, seine Erkennungsnummer, das Datum seiner Gefangennahme, seine Krankengeschichte, Lebensdaten und Vorstrafen verzeichnet waren. Eine Akte enthielt das Röntgenbild eines gebrochenen Knochens, der 1946 auf der Krankenstation gerichtet wurde. Die Akte eines österreichischen Gefangenen, des berühmten Verhaltensforschers Konrad Lorenz, ist besonders dick. Sie umfasst Beschreibungen von einigen der wissenschaftlichen Arbeiten, die er im Lager durchführen konnte. Im Durchschnitt sind die Akten 20 Seiten stark, manche erreichen aber auch über 200 Seiten.

In diesem Archiv ist auch der Beweis für bestimmte Verbrechen zu finden, die von den Westmächten nach Beginn ihrer Kooperation mit Stalin im Jahre 1941 begangen wurden. Es gibt vom Westen begangene Verbrechen, die sogar jetzt noch von den Regierungen Frankreichs, Grossbritanniens, der USA und wahrscheinlich auch Kanadas vertuscht werden, was ohne die Hilfe gewisser Fernsehproduzenten, Akademiker, Archivare, Verlagsleiter und Schriftsteller kaum möglich wäre.

Da es für ein klares Verständnis der Doppelzüngikgeit westlicher Staatslenker zum Teil auch auf die Zuverlässigkeit gewisser [S.82] Dokumente in den sowjetischen Archiven ankommt, wäre zunächst einmal die sowjetische Version wichtiger -Ereignisse mit dem zu vergleichen, was man im Westen darüber weiss bzw. zu wissen glaubt. Natürlich wird man im Westen sofort fragen: "Wie kann man sowjetischen Aufzeichnungen glauben, wo doch jedermann weiss, dass das Sowjetsystem vor allem auf Massenbetrug gründete?" Doch gerade aus diesem Grund sind die sowjetischen Archive so verlässlich: Gelogen wurde ausserhalb der Archive. Sowjetische Archive konnten getrost die Wahrheit verzeichnen, weil sie äusserst geheim und nur den obersten Vertretern des Regimes zugänglich waren. So galt hier bereits das seltsame, kurze Zeit später von George Orwell auf das Jahr "1984" projizierte Paradoxon: Was man wusste, war nicht die Wahrheit, und die Wahrheit kannte man nicht. Dieses Paradoxon war auch i Westen keineswegs unbekannt: zur Zeit von Watergate, der Bombardierung Kambodschas, der französischen Greueltaten in Indochina und Afrika, der Aktionen der britischen Polizei in Irland oder der Waffenverkäufe an den Irak in den achtziger Jahren, der kanadischen Mittäterschaft an den US-Kriegsverbrechen in Vietnam usw.

Viele der im ZSSA [Zentrales Staats-Sonderarchiv, Moskau] verwahrten GULAG-Statistiken spiegeln einerseits schreckliche Leiden, andererseits aber auch eine zwar seltsam anmutende, aber erträgliche Gefängnisgesellschaft wider, deren grösstes Problem die Gefangenschaft an sich darstellte, wie es auch in westlichen Gefängnissen nicht viel anders ist.

[Beispiel Katyn-Massaker: In den KGB-Akten steht die Wahrheit]

Welchem Objektivitätstest können wir die Richtigkeit dieser Statistiken unterziehen? Der eindrucksvollste Beweis für die Richtigkeit der NKWD-Akten ist die Geschichte der Dokumente zum Katyn-Massaker. Im Jahre 1940 schlachtete die Rote Armee viele tausend polnische Offiziere ab, die während des sowjetischen Angriffs auf Polen 1939 gefangengenommen worden waren. Dieses Massaker wurde natürlich vor der lokalen Bevölkerung und vor anderen Armee- und NKWD-Einheiten geheimgehalten [S.83]. Routinemässig wurde eine Akte über das Gemetzel angelegt und nach Moskau geschickt. Nachdem die Deutschen in Russland einmarschiert waren, wurden die überlebenden Polen Russlands Verbündete. Aus dem Gefängnis entlassen, um eine polnische Armee aufstellen zu helfen, die gegen die Deutschen kämpfen sollte, traf sich der polnische General Anders in Moskau mit Stalin. Er wusste nicht, was mit den vermissten Offizieren geschehen war, und forderte Stalin von Angesicht zu Angesicht auf, sie freizugeben. Stalin tat, als wüsste er von nichts. Anders gab sich damit nicht zufrieden und schickte einen seiner Stabsoffiziere los, um die gesamte UdSSR nach den verschollenen Männern abzusuchen.

34) Wladyslaw Anders: An Army in Exile

Konkrete Hinweise fand man nicht, nur vage beunruhigende Gerüchte. Zuerst glauben die Polen, etwa 3000 Offiziere seien hingerichtet worden; später hegten sie den Verdacht, dass es viel mehr waren, eventuell sogar 15.000.

Nachdem die Deutschen die Gegend um Katyn eingenommen und einige der Massengräber entdeckt hatten, führten sie eine Untersuchung durch, die ergab, dass die Sowjets die Täter waren. Als die polnische Exilregierung in London das Internationale Rote Kreuz um Ermittlungen bat, brachen die Sowjets die diplomatischen Beziehungen zu den Polen ab. Später eroberten die Sowjets Katyn zurück und setzten einen eigenen Ausschuss ein, der sie für unschuldig und die Deutschen für schuldig an dem Massaker befand. Doch die für die Täterschaft der Sowjets sprechenden deutschen Beweise waren so erdrückend, dass sowohl Churchill wie auch Roosevelt die Sache aus politischer Rücksichtnahme unter den Teppich kehrten. Churchill teilte Roosevelt mit, dass das Verbrechen von den Russen begangen worden sei, und riet ihm, diese Information geheimzuhalten. Ein amerikanischer Freund Präsident Roosevelts, Botschafter Earle, legte dem Präsidenten Beweise vor, die gegen die Sowjets sprachen, doch auf Churchills Rat hin verbot ihm der Präsident, damit an die Öffentlichkeit zu gehen.

35) Louis Fitzgibbon: "Katyn", S. 183

Dabei war das Massaker von Katyn an Polen, also an Verbündeten des Westens begangen worden. Um [S.84] die polnische Bevölkerung zu verteidigen, waren Grossbritannien und Frankreich überhaupt erst in den Krieg gegen Hitler eingetreten.

Im Verlauf der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse von 1945/46 brachten die Sowjets eine so absurde Anklage gegen die Deutschen vor, gegründet auf ungeschickte Zeugen, die ihren auswendig gelernten Text herausstotterten, und auf plumpe Beweisfälschungen, dass Amerikaner und Briten sie überreden konnten, die Anklage zurückzuziehen. Fünfzig Jahre lang logen und betrogen die Sowjets, stellten sich unwissend, schoben die Schuld scheinheilig auf andere, beleidigten Freunde, schufen sich neue Feinde, ermordeten diejenigen, die die Wahrheit sagten, und verloren ihr Gesicht, während die Welt darüber diskutierte, wer denn nun tatsächlich die Gefangenen von Katyn auf dem Gewissen hat. Und ebenfalls fünfzig Jahre lang lag das NKWD-Dokument, in dem die Todesstrafe für die Gefangenen von Katyn angeordnet worden war, auf dem Regal in den Archiven von Moskau, zusammen mit Briefen und Aktennotizen, in denen die anschliessende Vertuschungsaktion befohlen wurde.

36) Protokolle des Politbüros, 5. März 1940, Akte Nr. P.13/144, Archiv des Präsidenten der Russischen Föderation. Mit Dank an Dmitrij Wokogonow, den der Autor im Mai 1992 in Moskau interviewen durfte.

In demselben Archiv befanden sich auch Unterlagen, aus denen hervorging, dass Molotow, Kaganowitsch und Stalin in den Jahren 1937 und 1938 die Hinrichtung von 38.679 Armeeoffizieren, Dichtern, Schriftstellern und Apparatschiks befohlen hatten.

37) F-2, Op. I, D. 259, Archiv des Präsidenten der Russischen Föderation. Mit Dank an Dmitrij Wolkogonow.

Hätten die Sowjets jemals Dokumente fälschen wollen, so hätten sie da anfangen müssen. Doch sie bleiben, wie und wo sie waren; sie bleiben unversehrt, zutreffend, erdrückend.

[1944-1945: Die Briten liefern Russen an Stalin aus - die britische Regierung bekämpft Historiker Tolstoy - in den KGB-Akten steht die Wahrheit]

Ein Kriegsverbrechen, bei dem die Briten Hand in Hand mit den Sowjets arbeiteten, wurde 1945 und noch lange danach von beiden Mächten verheimlicht. Die britische Regierung und Lord Aldington streiten es sogar jetzt noch ab. Im Frühjahr 1945 lieferten die Briten Tausende Gefangene russischer Nationalität einschliesslich Frauen und Kindern in dem vollen Bewusstsein an die Sowjets aus, dass diese die Anführer erschiessen und den Rest ins Arbeitslager stecken würden. Es handelte sich um russische [S.85] Volksangehörige, die als Verbündete der Briten im russischen Bürgerkrieg gegen die Sowjets gekämpft hatten. Sie waren aus ihrer Heimat geflohen, bevor die Sowjets sie am Ende des Krieges festnehmen konnten, waren also niemals Sowjetbürger gewesen. Über ganz Europa verteilt, hatten sie sich seit Juni 1941 den Deutschen angeschlossen, um Stalin zu stürzen. Zu ihnen stiessen dann weitere Russen, Ukrainer und Kosaken, die in der UdSSR geblieben waren, nachdem die Kommunisten den Bürgerkrieg gewonnen hatten. Es waren Menschen, die niemals die Sowjetherrschaft anerkannt hatten. Sobald Hitler in Russland einmarschierte, liefen sie zu den Deutschen über, weil sie in Hitler den Befreier von der Sowjettyrannei sahen.

Viele dieser Menschen standen juristisch nicht unter Stalins Herrschaft, und moralisch schon gar nicht. Doch die Briten lieferten sie dennoch aus. Das Ganze spielte sich unter herzerschütterndem Wehklagen und derart groteskem Protest ab, dass die britischen Soldaten sehr bald rebellisch wurden und ihre Offiziere schon fürchteten, sie würden die Gefangenen nicht ausliefern können.

38) Nikolai Tolstoy: The Minister and the Massacres; Nikolai Tolstoy: Die Verratenen von Jalta; Elfrieda und Peter Dyck: Up from the Rubble.

All dies wurde zum Entsetzen hoher britischer Regierungsbeamter vor einigen Jahren in mehreren Büchern und einem Aufsatz des bekannten britischen Schriftstellers Count Nikolai Tolstoy enthüllt. Umgehend machten sie Front gegen den Autor, der behauptet, sie hätten Meineide geleistet oder dazu angestiftet und illegal Dokumente konfisziert, um einem gewissen Lord Aldington bei einem Verleumdungsverfahren gegen Tolstoy behilflich zu sein.


Tolstoy und ein paar andere westliche Forscher fanden ihre Bestätigung, als Gorbatschow und Jelzin viele der sowjetischen Archive endlich freigaben. Mit der Öffnung der Archive der Roten Armee konnten wichtige Einzelheiten enthüllt werden, die Bristols Vorwürfe belegten. Er flog nach Moskau und fand dort Beweise "von zentraler Bedeutung" für seinen Vorwurf, Lord Aldington, vormals Brigadier Toby Low, habe 1945 als britischer [S.86] Offizier viele tausend russische Emigranten, die an Hitlers Seite den Kommunismus bekämpft hatten, an die Sowjets ausgeliefert.

39) Im Gespräch mit dem Autor. Nähere Einzelheiten in: Tolstoy: The Minister and the Massacres.

[Deutsche Kriegsgefangene 1945: Die falschen Anschuldigung an die Sowjets - die Wahrheit in den KGB-Akten - Massenmörder Eisenhower und De Gaulle werden enttarnt]

Die sowjetischen Sterberegister werfen auch ein helles, klares Licht auf das Schicksal der 1,4 Millionen vermissten deutschen Kriegsgefangenen, mit dem sich im Auftrag der Bundesregierung ein "Ausschuss für Kriegsgefangenenfragen" unter der Leitung von Dr. Margarethe Bitter beschäftigt hat. Die Fürsprecher von Eisenhower und de Gaulle führen an, die von Dr. Bitter und ihren Ausschusskollegen für die Adenauer-Regierung erarbeitete Studie zeigte, dass die meisten der vermissten Kriegsgefangenen zuletzt an der Ostfront gesehen wurden und in sowjetischen Lagern umkamen.

Ich habe Dr. Margarethe Bitter interviewt, und sie erklärte mir, dass diese Darstellung nicht den Tatsachen entspreche. "Wir wussten nicht, wo sich die vermissten Kriegsgefangenen befanden", sagte sie mir, und das gleich zweimal: zunächst am Telefon auf Französisch und dann noch einmal persönlich auf Englisch im Beisein meiner Frau, als wir Dr. Bitter im Juni 1991 besuchten.

40) Telefonische und persönliche Interviews mit Dr. Margarethe Bitter, 1991. Tonbänder und Transkripte beim Autor. Dr. Bitter begründete im Jahr 1947 den Ausschuss für Kriegsgefangenenfragen, der im Auftrag von drei Ländern Nachforschungen über das Schicksal deutscher Kriegsgefangener anstellte. Als der Ausschuss 1950 in die Zuständigkeit der Bundesregierung überging, setzte Dr. Bitter gleichwohl ihre Tätigkeit fort. Der Bericht der Bundesregierung wurde auch den Vereinten Nationen in New York unterbreitet (siehe Bibliographie, B. Archivmaterial). Ein Exemplar erhielt der Autor von Dr. Margarethe Bitter. Es trägt den Titel: "German Prisoners of War and Missing Members of the Wehrmacht (Second World War)", Part 1, Volume 1. Third revised and completed Edition, 30. Juni 1953 (es gab zwei weiter Bände).

Die Fürsprecher von Eisenhower und de Gaulle haben die Daten, die der Ausschuss erarbeitet hat, falsch interpretiert. Sie möchten gern zeigen, dass es in den Lagern des Westens kein Massensterben gab und dass fast sämtliche vermissten 1,4 Millionen deutschen Kriegsgefangenen der Bitterschen Studie in sowjetischen Lagern umkamen. Diejenigen, die Eisenhower und de Gaulle einen Heiligenschein bescheren wollten, blieben bei dieser Absicht stehen; sie brachten kein Licht in die tatsächlichen Geschehnisse.

41) Zum Beispiel Arthur L. Smith, einer der Hauptverfechter der "Im Osten umgekommen"-Theorie; In: Die "vermisste Million". Zum Schicksal deutscher Kriegsgefangener nach dem Zweiten Weltkrieg". München 1992. Einem Vertreter des Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge (VdK) zufolge leistet dieses Buch jedoch "keinen relevanten Forschungsbeitrag". Brief an Lotte Börgmann in Rheinberg, Juli 1994. Ein weiterer Fachmann, Prof. Stefan Karner von der Universität Graz, schätzt, dass vielleicht 800.000 der vermissten Deutschen auf dem Weg zwischen der Gefangennahme an der Front und der Ankunft im Sammellager verschwanden. - "Die Schätzung von mindestens 800.000 vor der Registrierung verstorbener deutscher Kriegsgefangener basiert auf Erfahrungen mit der von mir durchgeführten Erhebung österreichischer, luxemburgischer, Südtiroler und französischer Kriegsgefangener". [Das steht in folgendem Artikel]: "Die Sowjetische Hauptverwaltung für Kriegsgefangene und Internierte; ein Zwischenbericht"; In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, 42. Jg., Heft 3, Juli 1994, S. 449; vgl. auch Anhang 2

Es war das  altbekannte Kalte-Krieg-Spiel, den Sowjets alles in die Schuhe zu schieben, doch das funktioniert jetzt nicht mehr, nachdem die KGB-Archive geöffnet worden sind. Deshalb äussern die Verteidiger des Westens Zweifel an der Richtigkeit der KGB-Akten. Nun heisst es, die Rote Armee habe ihre Gefangenen nicht bereits an der Front gezählt, sondern erst [S.87] in den rückwärtigen Lagern. Dies aber bedeute, dass die vermissten deutschen Kriegsgefangenen, die ihrer Meinung nach an der Ostfront verlorengingen, von den Sowjets gar nicht als Kriegsgefangene registriert wurden. Viele sollen auf dem Weg von der Front zu den rückwärtigen Kiegsgefangenenlagern entkommen oder umgekommen sein. Eine weitere Annahme geht davon aus, dass die Amerikaner in Wirklichkeit weniger Gefangene machten, als in den amerikanischen Büchern verzeichnet sind. Je weniger Gefangene die Amerikaner machten, desto weniger können bei ihnen umgekommen sein.

[Deutscher Kriegsgefangene: Overmans und Ambrose reduzieren die Menge für die "USA" auf 1/10 der Realität - Maschke und die KGB-Akten]

Der deutsche Historiker Rüdiger Overmans hat zu belegen versucht, dass die Amerikaner viel weniger Gefangene machten, als sie selbst von sich behaupteten. In einem von dem amerikanischen Militärhistoriker Stephen E. Ambrose - einem glühenden Fürsprecher Eisenhowers - herausgegebenen Buch schreibt Overmans, die Amerikaner hätten bis Anfang 1945 lediglich 300.000 Gefangene gemacht, doch er gibt dafür keine quelle der US Army an.

42) Stephen E. Ambrose und Günther Bischof (Hrsg.): Eisenhower and the German Prisoners: Facts against Falsehood"; Baton Rouge; London 1992

Die wichtigste Quelle der US Army, der Theater Provost Marshal General  (Oberbefehlshaber der Militärpolizei auf dem Kriegsschauplatz), berichtete, dass mit Stichtag 27. Dezember 1944 die 12th Army Group und die 6th Army Group zusammen seit dem 6. Juni 1944 auf dem Europa-Feldzug über 400.000 deutsche Gefangene gemacht hatten, dazu noch 229.000 in Tunesien.

43) Report of Combined Chiefs of Staff; March 1945; JCS STRAT MCF UB 223 US4, Part 1, 42-45 Microfilm 12, University of Ottawa, von Richard Wiggers freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

Die offizielle amerikanische Gesamtzahl ist damit mehr als doppelt so hoch wie die von Overmans genannte Zahl.

Zwar ist Major Overmans aufgrund seiner herausragenden Stellung beim historischen Dienst der Bundeswehr zugleich offizieller Sprecher der Bundesregierung zu diesem Thema, doch stehen seine undokumentierten Aussagen über amerikanische Gefangennahmen in klarem Widerspruch zur wichtigsten Quelle für Dokumentationen über die US-Armee. Ebenso klar ist, dass die Sowjets während eines Grossteils des Krieges mehr Gefangene in ihre rückwärtigen (MWD)-Lager verbrachten, als die Deutschen verloren zu haben glaubten [S.88].

Dies geht aus der wichtigsten Quelle hervor, auf die sich Overmans und Ambrose stützen, nämlich aus dem von Erich Maschke Anfang der siebziger Jahre im Auftrag der Bundesregierung als abschliessendes statistisches Kompendium herausgegebenen fünfzehnbändigen Werk "Zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkrieges". Maschke zufolge befanden sich Ende 1944 noch 559.142 deutsche Kriegsgefangene lebend in sowjetischer Hand. Des weiteren schätzte er, dass bis Ende April 1945 von allen bis dahin eingebrachten Kriegsgefangenen etwa 549.000 umgekommen waren. Zählt man die beiden Zahlen zusammen, so sieht man, dass die Sowjets nach Maschke bis Ende 1944 höchstens 1.108.000 deutsche Kriegsgefangene gemacht haben konnten, während die sowjetischen Akten zu diesem Zeitpunkt 1.340.000 gefangene Deutsche verzeichneten.

44) Nach G.F. Kriwoschejew (Hrsg.): "Grif sekretnostij snjat", betrug Ende 1944 die Gesamtzahl faschistischer Kriegsgefangener 1.836.996. Zum Kriegsende stellten die Deutschen etwa 73 Prozent der Gesamtzahl der von den Sowjets eingebrachten Kriegsgefangenen der Achsenmächte (Bulanow-Bericht). Der deutsche Anteil an den 1.836.996 Kriegsgefangenen betrug somit etwa 1.340.000. Siehe auch Maschke, Band XV, S.194 und 224.

Und natürlich waren nicht alle von Maschke angegebenen 549.000 Toten bereits Ende 1944 umgekommen. Um die Unmöglichkeit der Schätzungen Maschkes zu verdeutlichen, genügt es, wenn wir für Ende 1944 von 300.000 umgekommenen, deutschen Kriegsgefangenen ausgehen. So stehen Ende 1944 den 859.000 deutschen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion bei Maschke die 1.340.000 tatsächlichen deutschen Kriegsgefangenen gegenüber, wie von den Sowjets angegeben.

[KGB-Akten sind präziser als das Tagebuch des OKW - zivile Deutsche füllen die Lücken geflohener, deutscher Soldaten - Sippenhaft im Gulag - telefonische Kontrolle - auf den "sowjetischen" Transporten blieb die Anzahl gleich]

Sehr viel wichtiger für die Geschichtsschreibung ist es, die Vermisstenzahlen im Tagebuch des OKW mit den tatsächlichen, sowjetischen Zahlen zu vergleichen. Das OKW verzeichnete am 31. Januar 1945 eine Gesamtzahl von 1.018.365 Vermissten an der Ostfront; wie wir jedoch sahen, hatten die Sowjets bereits einen ganzen Monat zuvor schon 1.340.000 deutsche Kriegsgefangene registriert. Mit Sicherheit sind die sowjetischen Angaben zuverlässiger als das Kriegstagebuch des OKW. Für andere Zeitabschnitte des Krieges im Osten gilt Entsprechendes: Die Sowjets verzeichneten durchweg mehr Gefangennahmen, als das OKW Vermisste meldete.

45) Martin K. Sorge: "The Other Price of Hitler's War", S.63. Zur Vermisstenzahl am 31. März 1945 (1.281.285) siehe auch Percy Ernst Schramm (Hrsg.): Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht, Band IV, S.1515

Dies beweist, dass es keine grösseren Zahlen von unregistrierten Gefangenen gegeben haben kann. Und da es [S.89] praktisch keine unregistrierten Gefangenen gab, kann es logischerweise auch keine Todesfälle von unregistrierten Gefangenen gegeben haben.

46) Wie kam es dazu, dass die Sowjets mehr Gefangennahmen registrierten als das OKW an Heeresangehörigen als vermisst meldete? Zum geringeren Teil erklärt sich der Unterschied durch kleinere Verluste bei Luftwaffe und Kriegsmarine, die sich seit Kriegsbeginn 1939 bis Januar 1945 an allen Fronten auf 256.000 summierten (Sorge: The Other Price of Hitler's War, S.63). Da die meisten Verluste von Marine und Luftwaffe im Westen verzeichnet wurden, lag der Anteil der Ostfront an diesen Gefangenen wahrscheinlich unter 50.000. Bei dem grösseren Rest dürfte es sich um Männer handeln, die vom OKW als gefallen eingeschätzt wurden, in Wahrheit jedoch lebend in Gefangenschaft geraten waren.

Was hingegen die Westfront betrifft, so geben die Amerikaner, angefangen bei Major General Milton A. Reckord bis hin zu Oberst Philip Lauben, selbst zu, dass sie über den Verlust von Zehntausenden deutscher Kriegsgefangener nicht nur während des Transports, sondern sogar während des Aufenthalts in festen Lagern keine Rechenschaft ablegen können. Auf einem Bahntransport gingen über 20 Prozent der Gefangenen verloren. Bei der Übernahme eines amerikanischen Lagers durch die Franzosen fehlten - Lauben zufolge - plötzlich 105.000 Gefangene von den 275.000, die von den amerikanischen Bewachern zuvor gemeldet worden waren.

47) Eine vollständige Beschreibung der massiven Irrtümer, die bei der Berechnung der Gefangenenzahlen begangen wurden, findet sich in meinem früheren Buch "Der geplante Tod", speziell in den Aussagen von Colonel Philip A. Lauben und Milton A. Reckord sowie Capitain Julien von der französischen Armee.


Die generelle Richtigkeit der sowjetischen Aufzeichnungen über Gefangennahmen wird im einzelnen durch den Bericht des Panzer-Regimentskommandeurs Oberst Hans von Luck bestätigt, eines Kollegen und Freundes von Stephen E. Ambrose. Von Luck wurde im April 1945 bei Berlin mitsamt seiner Einheit von den Sowjets gefangengenommen. Er wurde beauftragt, in seiner Truppe für Disziplin und Ordnung zu sorgen, und marschierte mit ihr ins Hinterland, Richtung Dresden. Unterwegs entkamen einige der deutschen Soldaten, doch wie von Luck berichtete,
"drohte man mir mit Erschiessung, falls weitere Gefangene fliehen sollten. Was aber noch schlimmer war, man holte aus den naheliegenden Dörfern wahllos männliche Zivilisten, damit die Zahl wieder stimmte ... Ich wusste leider nicht, dass die Zahl der abzuliefernden Gefangenen genau festgelegt war."

48) Hans von Luck: Gefangener meiner Zeit. Ein Stück Weges mit Rommel; mit einer Einleitung von Stephen E. Ambrose, Herford 1991, S.281
Die russische Praxis war, die Zahlen vom Armee-Lager an das rückwärtige Sammellager des NKWD im voraus telefonisch durchzugeben, was von Luck natürlich nicht wissen konnte. Auch Hary G. Braun, der bei der Kriegsmarine gedient hatte, beobachtete diese Praxis. Braun war von den Sowjets im Sommer 1945 bei Wittenberge gefangengenommen worden. Auf dem Marsch ins Hinterland konnte er mit einem Kameraden entwischen und flüchtete durch die Wälder, wobei er nicht wusste,
"ob die Russen mit Spürhunden kommen würden, um uns zu jagen. Erst später erfuhren wir, wie einfach die Soldaten der Roten Armee solche Probleme lösten. Sie gingen einfach zur nächsten Ortschaft, nahmen sich die erstbesten warmen Körper und lieferten die genaue Anzahl Gefangene ab, mit der man sie auf den Weg geschickt hatte."

49) Harry G. Braun: Von Inseln, Schiffen und Abenteuern; Herford 1994, S.96
Dass bei den Sowjets zwischen Gefangennahme und erster Dokumentierung Hunderttausende von Gefangenen dahinstarben und dies die Erklärung für den Verbleib eines Grossteils der vermissten Kriegsgefangenen sei, gehört also offensichtlich ins Reich der Phantasie.

50) siehe Anmerkung 38: Nikolai Tolstoy: The Minister and the Massacres; Nikolai Tolstoy: Die Verratenen von Jalta; Elfrieda und Peter Dyck: Up from the Rubble.

Dennoch wird diese Theorie bis zum heutigen Tage von namhaften Historikern vertreten, die allerdings offen zugeben, dass ihnen dafür keinerlei dokumentarische Belege vorliegen.

51) Karner
: "Die Sowjetische Hauptverwaltung für Kriegsgefangene und Internierte; ein Zwischenbericht"; In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, 42. Jg., Heft 3, Juli 1994, S. 449; Im Oktober 1994 hörte ich auch die von Prof. Brian Loring Villa von der University of Ottawa vertretene These, der mir erklärte, dass er keine dokumentarischen Belege dafür vorlegen könne.

[Geraubte, deutsche Zivilisten von 1945: Vermutete Todesrate 50% - KGB-Akten sagen wieder die Wahrheit: Reale Todesrate 20%]

Einen weiteren Beweis für die Zuverlässigkeit der KGB-Akten stellen die Aufzeichnungen über das Schicksal der deutschen Zivilisten dar, die 1945 abtransportiert und als Zwangsarbeiter in den GULAG geschafft wurden, um ihren Beitrag zu den Reparationen zu leisten. Während des Kalten Krieges wollte die deutsche Bundesregierung den Berichten der Sowjetregierung zu diesem Thema einfach keinen Glauben schenken.
Deshalb nahm sie unter vielen Mühen eine statistische Erhebung der betroffenen Familien vor und veröffentlichte die Ergebnisse in einem mehrbändigen Werk mit dem Titel "Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa".

52) Theodor Schieder (Bearb.): Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa; Band I-V, hrsg. vom Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte; Bonn [1953-]1961; auch als Taschenbuchausgabe, München 1984

Darin kam sie zu dem Schluss, die Sowjets hätten etwa 218.000 "deutsche Zivilpersonen aus den Gebieten ostwärts von Oder und Neisse" als [S.91] Zwangsarbeiter "nach Russland verschleppt". "Mindestens 100.000 bis 125.000" sollten dabei umgekommen sein.

53) Theodor Schieder (Bearb.): Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa; Band I/I, S. 83E, 87E

Als jedoch, wie bereits gesehen, die MWD/NKWD/KGB-Archive über die Kriegsgefangenen einsehbar wurden, zeigten die sowjetischen Unterlagen, dass in dieser Kategorie 271.672 Menschen deportiert worden waren, von denen 66.481 ums Leben kamen.

54) Galizkij: "Deutsche Kriegsgefangene"; und: Kaschirin: "Sprawka"


Hier handelte es sich um eine weiter vom Westen vermutete und in den sowjetischen Archiven korrekt verzeichnete Greueltat. Anhand der deutschen und sowjetischen Quellen erhalten wir also den authentischen Beweis, dass die sowjetischen Aufzeichnungen zumindest zum Thema dieser deutschen Kriegsgefangenen zuverlässig sind.

[Mit Hilfe der KGB-Akten wurden 50.000 deutsche und 62.000 japanische Gefangene gefunden - Übersetzungsarbeiten]

Das Russische Rote Kreuz hat im Verlauf der letzten zwanzig Jahre eine halbe Million Anträge deutscher Familien bearbeitet, das Schicksal ihrer Angehörigen aufzuklären, von denen sie annahmen, dass sie in die Sowjetunion gebracht worden waren. Mit Hilfe der KGB-Akten waren die Russen in der Lage, 50.000 Gefangene aufzuspüren und über ihr Schicksal Rechenschaft abzulegen. Die Japaner erhielten in ähnlicher Weise Gewissheit über den Verbleib von 62.000 ihrer gefangenen Landsleute. Seit 1991 sind deutsche forscher in den ZSSA-Archiven tätig, die Akten von Millionen Kriegsgefangenen aus dem Russischen ins Deutsche übersetzen.

55) Interviews mit zwei deutschen Forschern im ZSSA, Moskau 1992, und mit Frau W. Fatjuchina vom Russischen Roten Kreuz.

In amerikanischen, französischen, kanadischen, schweizerischen oder britischen Archiven sind solche Informationen nicht zugänglich.

[Japanische Kriegsgefangene aus der Mandschurei - die KGB-Akten stimmen wieder]

Dokumente über das Schicksal von rund 640.000 japanischen Kriegsgefangenen, die im August 1945 in der Mandschurei von der roten Armee gemacht wurden, haben eine besondere Relevanz hinsichtlich des Schicksals der deutschen Kriegsgefangenen in Händen der Westmächte, denn hier ergibt sich eine weitere Chance, die generelle Richtigkeit der KGB-Akten über die Kriegsgefangenen nachzuweisen [S.92].

Da die Japaner im gleichen MWD-Lagersystem unter den gleichen Bedingungen und ab August 1945 oftmals in denselben Lagern wie deutsche und andere europäische Gefangene gehalten wurden, muss das Schicksal der Japaner ab August 1945 eine starke Ähnlichkeit mit dem der Deutschen und anderer Europäer aufweisen. Das Schicksal der japanischen Kriegsgefangenen ist von den Japanern selbst recherchiert worden, so dass es uns möglich ist, eine definitive Antwort auf die Frage zu geben, ob die sowjetischen Angaben in dieser Beziehung zutreffend sind.

[Verbleib von deutschen und japanischen Kriegsgefangenen - Anschuldigungen an die SU - die KGB-Akten sagen die Wahrheit: 62.000]

Etwa zwei Jahre nach Kriegsende begannen deutsche und japanische Familien bei den Besatzungsmächten anzufragen, wann ihre vermissten männlichen Mitglieder zurückkehren würden. Über zwei Millionen Deutsche befanden sich noch in Gefangenschaft, so glaubte man wenigstens, zusammen mit mehr als einer Million Japanern, Italienern, Ungarn, Rumänen und anderen Verbündeten der Achsenmächte. Westliche Regierungschefs, Historiker, Journalisten und Botschafter behaupteten, fast wie Millionen europäische Kriegsgefangene seien in sowjetischen Lagern umgekommen. Diese Behauptung wurde bei der UNO verbreitet und ging durch alle Medien. Die US-Militärregierung in Japan, das US-Aussenministerium, die Regierungen von Japan, Grossbritannien und Australien warfen den Sowjets ausserdem vor, zwischen 1945 und 1950 eine Million oder mehr japanische Kriegsgefangene zur Zwangsarbeit verpflichtet zu haben. Sie beschuldigten die Sowjets, das Schicksal dieser Kriegsgefangenen zu verschleiern, weil sie Zwangsarbeiter seien oder auch als Zwangssoldaten in die Rote Armee gepresst worden seien, um gegen die demokratischen Staaten Krieg zu führen. Japaner und Amerikaner sprachen bei verschiedenen Gelegenheiten vo 300.000 bis 500.000 "vermissten" Kriegsgefangenen oder solchen "mit ungeklärtem Verbleib" in sowjetischen Lagern, wobei sie unverhohlen darauf hindeuteten, dass die meisten von ihnen bereits tot sein müssten.

Dies stritten die Sowjets energisch ab. Ihren Angaben zufolge [S.93] waren lediglich 10.627 Gefangene gestorben.

56) William Nimmo: Behind a Curtain of Silence, S.96

Dann schossen die Sowjets mit der Beschuldigung zurück, in amerikanischen, britischen und australischen Lagern seien rund 100.000 Japaner ums Leben gekommen. die Japaner legten der UNO daraufhin eine Liste über 253.000 "bekanntermassen Tote" vor, worauf Jakob Malik, der sowjetische UN-Botschafter, die Japaner an den Pranger stellte. Mächtige Demonstrationszüge sammelten sich in Tokio, und General Mac Arthur, der amerikanische Militärkommandeur, sagte, die vermissten Kriegsgefangenen seien "die ernsthafteste Sorge", die er jemals in den Jahren seiner Herrschaft in Japan gehabt habe.

57) William Nimmo: Behind a Curtain of Silence, S.95

Ebenso wie sie die Öffentlichkeit im Fall Katyn jahrelang belogen hatten, hüteten die Sowjets auch diesmal ihr Geheimnis und verbreiteten Lügen über die tatsächliche Zahl der in ihren Lagern umgekommenen Japaner. So gaben sie 1950 an, etwa 3500 japanische Gefangene seien umgekommen, während sie diese Zahl einige Jahre später nach oben korrigierten, nämlich auf etwa 30.000.

Durch sorgfältige Befragung heimkehrender Gefangener über viele Jahre hinweg kamen die Japaner bis 1960 schrittweise zu dem Ergebnis, dass nicht Millionen von Soldaten in der Mandschurei gefangengenommen worden waren, wie Briten, Amerikaner und Australier zuvor angegeben hatten, sondern lediglich rund 640.000 Mann von der Kwantung-Armee. Auch stellten sie fest, dass von diesen 640.000 etwa 62.000 Mann umgekommen waren.

58) William Nimmo an den Autor, Januar 1993

Im gleichen Zeitraum führte das KGB sehr genaue Aufzeichnungen über die Zahl der Gefangenen, ihren Gesundheitszustand und ihre Arbeitsleistung sowie Einzelheiten über Tod oder Entlassung. Nach Glasnost fanden die Russen die Sterbeurkunden und Personalakten der Gefangenen. Die Zahl der dort verzeichneten Sterbefälle belief sich auf etwa 62.000. Sowohl der Parteivorsitzende Michail Gorbatschow 1991 als auch Präsident Jelzin 1994 übermittelten der japanischen Regierung die Zahl von 62.000 zusammen mit einer Entschuldigung, und Jelzin [S.94] überreichte
eine Namensliste der Umgekommenen. Die Liste samt dazugehöriger Erklärung wurde von den Japanern dankend entgegengenommen.

59) MWD-Bericht von 1950 im Archiv der Oktoberrevolution, Moskau. Öffentlich zitiert von Boris Jelzin und Michail Gorbatschow aufgrund der ihnen vorgelegten Forschungsergebnisse von Alexej Krititschenko, Abteilungsleiter am Institut für Weltwirtschaft und internationale Beziehungen der Akademie der Wissenschaften der UdSSR.

Während die Propaganda-Raketen vierzig Jahre lang die Welt umschwirrten, lagerten die jeweiligen Akten unberührt in den Archiven Moskaus, Tokios und wahrscheinlich auch Washingtons. Und das Erstaunliche dabei ist, ass all diese Akten in der Zahl von 62.000 übereinstimmen.

Und vierzig Jahre lang hat das niemand gesagt.

[Deutsche Kriegsgefangene in Russland - insgesamt fehlen 1,7 Millionen Tote - 423.168 auf russischer Seite - der Rest fällt auf die Westalliierten]

Kapitän zur See W.P. Galizkij aus Moskau hat über 15 Jahre in vielen Archiven der UdSSR und Russlands herumgestöbert, nicht nur in der Hauptstadt, sondern auch weit davon entfernt, um seine Diplomarbeit über die deutschen Kriegsgefangenen zu schreiben. Er zog aus seinen Nachforschungen den Schluss, dass zwischen dem 22. Juni 1941 und dem 9. September 1945 2.389.560 deutsche Soldaten gefangengenommen wurden. Von diesen starben, den NKWD-Akten in Moskau zufolge, 356.687.

60) Kaschirin: "Sprawka"; Und: Bulanow-Bericht

Des weiteren wurden 271.672 Zivilisten, sogenannte "internirowannije" (Internierte), registriert, von denen 66.481 umkamen. Somit starben 423.168 Deutsche, die übrigen wurden entlassen.

61) Interview mit W.P. Galizkij, Moskau, Mai 1993. Andere Berichte in den Archiven, namentlich die von Bulanow und Kruglow, nennen andere Zahlen. Bulanow berichtet von 356.687 Toten im Zeitraum "1941 bis 1945", eine Ungenauigkeit der Datierung, die Zweifel an seiner Vertrauenswürdigkeit aufkommen lässt (Bericht des Leiters der Abteilung Gefängnisse des NKWD, datiert vom 28. April 1956, im ZSSA [Zentrales Staats-Sonderarchiv, Moskau]). Bulanow könnte jedoch recht haben, denn andere MWD-Zahlen zeigen, dass sich der grösste Teil der Todesfälle unter den Gefangenen vor Ende 1945 ereignete. Das heisst, es ist durchaus denkbar, dass die restlichen 94.000 Todesfälle zwischen 1945 und dem Ende der Kriegsgefangenschaft um 1952 eintraten. Dies entspräche einer Nachkriegs-Sterberate von insgesamt etwa 10 Prozent, was der Sterberate unter den japanischen Kriegsgefangenen im gleichen Zeitraum sehr nahekommt.

Der Kruglow-Bericht zum Stichtag 30. Dezember 1945 nennt keine direkte Sterbeziffer, sondern lediglich "Entlassen und weitere Abgänge 1.127.269" mit einer Anmerkung, dass die Zahl der Entlassenen 950.514 betrug. Dies würde bedeuten, dass bis zum 30. Dezember 1945 lediglich 176.755 Gefangene umgekommen waren, eine völlig unglaubhafte Zahl. Kruglows Angabe von 2.685.469 europäischen Kriegsgefangenen zum Stichtag 1. Juli 1945 ist so weit von Stalins eigenen Angaben von 3,5 Millionen zum Stichtag 25. Mai 1945 entfernt, dass ihr kaum Glauben zu schenken ist.

Andrej Kaschirin, Militärhistoriker der Russischen Armee, kam ebenfalls zu dem Ergebnis, dass diese Zahlen aus dem ZSSA-Archiv [Moskau] generell zutreffend sind. Auch er kommt auf eine Gesamtzahl von 423.168 Toten.

62) Kaschirin: "Sprawka".

Von dieser Zahl wird im vorliegenden Buch ausgegangen.

63) Das andere, massgebliche Buch - G.F. Kriwoschejew (Hrsg.), "Grif sekretnostij snjat" - setzt die Zahl der Toten mit 450.600 an. Der Unterschied, etwa 27.000, entspricht 1,9 Prozent der insgesamt umstrittenen Toten.

Zieht man die 423.168 in sowjetischen Kriegsgefangenenlagern umgekommenen Deutschen von der Gesamtzahl von 1,7 Millionen vermissten Gefangenen *

* Etwa 1,4 Millionen Vermisste wurden in der unvollständigen, von Dr. M. Bitter ins Leben gerufenen Untersuchung festgestellt. Darin waren zwar die meisten Wehrmachtsangehörigen erfasst, deren Familien im Westen lebten, doch nur etwa 50 Prozent von denen, die in der Ostzone beheimatet waren. Wahrscheinlich gab [S.95] es dort - gemessen an der Bevölkerungszahl - etwa 300.000 weitere Vermisste, von denen der Ausschuss nichts erfuhr. Dazu kommen fast noch einmal 300.000 zivile Gefangene und Angehörige paramilitärischer Organisationen. Vergleiche Anhang 3 [S.96].

ab, so kommt man zu dem  [S.95] Ergebnis, dass die übrigen rund 1.250.000 Personen ausserhalb dieser Lager umgekommen sein müssen. Ein Grossteil dieser Gefangenen fand den Tod in US-amerikanischen und französischen Lagern.

64) Es ist kein Geheimnis, warum die Westalliierten ihre Greueltaten verheimlichten, aber ein Rätsel bleibt, wieso die Sowjets ihre eigenen Zahlen nicht selbst veröffentlichten, womit sie auf die vom Westen begangenen Greueltaten hingewiesen und die gegen sie erhobenen Beschuldigungen grösstenteils entkräftet hätten. Vielleicht widerstrebte es den Sowjets, auch nur den Tod von 423.000 Deutschen sowie weiteren 300.000 Japanern, Polen usw. zuzugeben. Es bleibt noch viel zu tun in den sowjetischen Archiven, um die Antwort auf diese und andere Fragen zu finden.

[KGB-Archive verzeichnen Gefangene aus 25 Ländern über 15 Jahre hinweg - der Westen verheimlicht alles - die grösste Lüge der Demokratien seit Menschengedenken]

Alles in allem geben die gewaltigen, sowjetischen Archive in grosser Genauigkeit das Schicksal von drei Dienstgrad-Gruppen (Offiziere, Unteroffiziere, Mannschaften) von Gefangenen aus 25 Ländern über 15 Jahre hinweg wieder. Es handelt sich um die bei weitem wertvollsten, genauesten und umfassendsten Dokumente, die jemals irgendwo auf der Welt über Gefangene des Zweiten Weltkriegs entdeckt wurden. Wir wissen, dass sie zuverlässig sind, denn sie fügen sich nahtlos in sämtliche sonstwie bekannten Beweisstücke ein, erklären bisher vorhandene Lücken in der westlichen Geschichtsschreibung, werden von Millionen von ergänzenden Dokumenten gestützt und von deutschen, polnischen und japanischen Berichten bestätigt. Und vor allem: Sie wurden über vierzig Jahre lang geheimgehalten, weil sich die Sowjetführer vor ihnen fürchteten. Denn sie glaubten ihnen. Furchtbare Greueltaten gegen Angehörige vieler Völker waren darin dokumentiert.

65) Auf die Möglichkeit angesprochen, dass die NKWD-Aufzeichnungen an irgendeinem Punkt gefälscht worden sein könnten, erklärte Ludmilla Nosyrewa, erste Spezialistin für Gefangenenfragen im ZSSA [Zentralarchiv Moskau], das halte sie nicht für wahrscheinlich. und Anatolij Prokopenko, stellvertretender Leiter des Russischen Komitees für das Archivwesen und politischer Berater Präsident Jelzins in Fragen der Archivgesetzgebung, meinte, er glaube nicht, dass die NKWD-Akten gefälscht worden seien, hielt es allerdings für möglich, dass bestimmte Einträge - z.B. in den Sterbeurkunden über die Todesursache - zuweilen geändert wurden, um den Tod "natürlicher", also weniger beschämend für die Sowjets, erscheinen zu lassen.

Da nun hinsichtlich des Wahrheitsgehalts der sowjetischen Akten kein Zweifel mehr besteht, ebensowenig hinsichtlich der deutschen Angaben über die Zahl der Vermissten, kommen wir unweigerlich zu dem Schluss, dass die 1,4 bzw. 1,7 Millionen vermissten, deutschen Soldaten nicht, wie bisher behauptet, in sowjetischen Lagern umkamen, sondern lediglich an die 423.168. Die übrigen starben grösstenteils in Lagern des Westens.

Im Gegensatz zu der Akribie, mit der die sowjetischen Akten [S.96] geführt und archiviert wurden, wird im Westen eingeräumt, dass die Archive von verräterischem Material gereinigt worden sind.

66) Dies wurde von Eddy Reese bestätigt, einem der dienstältesten Archivare der Modern Military Records der US NARS [National Archives and Records Service (USA)] in Washington. Reese zufolge wurden bald nach Kriegsende, etwa zu der Zeit, als Eisenhower Stabschef der US-Armee war, "sämtliche 'non-record'-Lagerdokumente vernichtet" (was genau er damit meinte, erklärte er nicht). Gespräch mit Colonel Fisher und dem Autor, Washington 1987.

Nirgendwo im Westen existieren persönliche Akten über irgendwelche Kriegsgefangenen. Die britische Regierung verweigerte dem Autor dieses Buches die Einsicht in Dokumente wie den Phillimore Report, als er Nachforschungen über das Schicksal der Deutschen in britischen Kriegsgefangenenlagern anstellen wollte. In den kanadischen Archiven finden sich Protestschreiben der früheren österreichischen Kaiserin, in denen sie darüber Beschwerde führt, dass sich die kanadischen Soldaten gegenüber den österreichischen Gefangenen im Lager Aurich wie Nazis aufführten. Es gibt jedoch keinen Beleg dafür, dass dieser Klage nachgegangen worden wäre, lediglich ein routinemässiges Dementi. Wie bereits erwähnt, hat mir das Internationale Rote Kreuz mehrmals die Einsicht in die Akten aus dem Zweiten Weltkrieg verwehrt, drei anderen Autoren hingegen nicht. Das sind nur einige wenige von zahlreichen Beispielen dafür, wie über fünfzig Jahre hinweg eine gewaltige internationale Tatsachenfälschung aufrechterhalten wurde. Zuweilen haben die Westalliierten im Einvernehmen mit den Sowjets gelogen, zuweilen haben sie gelogen, um den Hass gegen diese zu schüren, zuweilen auch, um ihre eigenen Verbrechen zu vertuschen. Letzteres tun sie immer noch.

Der Kalte Krieg ist zu Ende, die Russen rücken endlich mit der Wahrheit heraus, aber im Westen hört das Lügen nicht auf. Allein in den letzten zwei Jahren sind Dutzende von Artikeln, stundenlange Fernsehdokumentationen sowie zwei Bücher erschienen, die das Trugbild aufrechterhalten. Zweifellos haben wir es hier mit der langlebigsten, grossen Lüge in der Geschichte der westlichen Demokratien zu tun [zusammen mit der Lüge über deutsche Konzentrationslager, wo Hitchcock Fotos von Deutschen aus Rheinwiesenlagern als Juden ausgegeben hat, um Deutschland einen Massenmord an Juden in die Schuhe zu schieben].



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