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Nachkriegszeit in Deutschland mit Hunger, Vergewaltigung und Massenmord durch die Alliierten 1945-1950

James Bacque: Verschwiegene Schuld. Die alliierte Besatzungspolitik in Deutschland nach 1945


Kapitel 12: Anhang 6

Sterblichkeitsraten ausgewählter Orte [in Rest-Deutschland 1945-1950]

James Bacque: Verschwiegene Schuld. Die alliierte
                  Besatzungspolitik in Deutschland nach 1945.
                  Buchdeckel
James Bacque: Verschwiegene Schuld. Die alliierte Besatzungspolitik in Deutschland nach 1945. Buchdeckel

Präsentation
von Michael Palomino (2013)

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[Statistiken von 1946-1950 über die Sterblichkeit in Deutschland in der Nachkriegszeit - oft unvollständig]

Die folgenden Tabellen zeigen die von einigen westdeutschen Orten im Zeitraum 1946-1950 gemeldeten Sterblichkeitsraten. In den meisten Fällen handelt es sich um relativ hohe Werte. Die Statistiken sind oft unvollständig. Die meisten der Orte, die Sterblichkeitsraten nahe oder unter der vom Statistischen Bundesamt für ganz Deutschland angegebenen 12,1-Promille-Sterblichkeitsrate melden, weisen gewisse Charakteristika auf, die ihre Unzuverlässigkeit belegen, z.B. Karlsruhe und Bonn.


Bemerkungen zu Tabelle A

[Brilon: Auskunftsverweigerung wegen "Personalmangels"]

Brilon: Als ich Angestellte der Stadt Brilon im Jahr 1995 um Sterbestatistiken für die Jahre 1945-49 bat, wurde mir gesagt, dass man aus Personalmangel meiner Bitte nicht nachkommen könne. Während meiner Nachforschungen in Ottawa stiess ich jedoch auf die Kopie eines dreiseitigen Berichts, der im Jahr 1946 vom Bürgermeister von Brilon angefertigt und dem kanadischen Militärgouverneur übergeben worden war.

1) Report on Brilon MG [Military Governor (US-Militärgouverneur)] B51, Band 1, File Friesen G.A. 1945-46, NAC [National Archives of Canada, Ottawa].

Er enthielt die in der Tabelle angegebenen Zahlen. Eine Kopie davon habe ich nach Brilon geschickt [S.271].

Tabelle A: [Todesraten in Rest-Deutschland der Nachkriegszeit 1945-1950]
Ort
Jahr
Bevölkerung
Zahl der Todesfälle
Sterblichkeitsrate
Bad Kreuznach [1] (französische Zone)
1946
26.096
1010
38,7%o

1947
27.233
743
27,3%o

1948
26.768
637
23,8%o

1949
ca. 27.000
569
21.1%o





Berlin [2] (Viermächteverwaltung)
1945/46
2.600.000

46,2%o

1947
3.000.000

28,5-29%o





Brilon [3] (britische Zone)
1945/46
71.110
2224
31,3%o





Königsberg [4] (unter sowjetischer Verwaltung)
April 1945 bis März 1947
100.000 (April 1945)
75.000
750%o





Landau in der Pfalz (französische Zone)
1946
19.910
787
39,5%o

1947
20.802
563
27,0%o

1948
21.694
513
23,6%o

1949
22.426
462
20,6%o

1950
23.188
485
20,9%o





Marktoberdorf (US-Zone)
1946
4318
119
27,6%o

1947
4557
112
24,6%o

1948
4648
80
17,2%o

1949
4913
121
24,6%o

1950
5085
138
27,1%o
Anmerkungen zur Tabelle A
[1] Bad Kreuznach: Soweit nicht anders angemerkt, entstammen die Zahlen den jeweiligen Stadtarchiven.
[2] Berlin:
-- 1945/46: Maurice Pate, Reports on Child Health and Welfare Conditions, FEC [Famine Emergency Committee] Papers, Box 15, Stanford;
-- Konrad Adenauer, Rede vor dem Schweizer Bundesrat am 23. März 1949; In: Erinnerungen 1945-53, S. 187;
-- Ernst-Günther Schenck: Das menschliche Elend im 20. Jahrhundert, S. 68;
-- Gustav Stolper: Die deutsche Wirklichkeit, S. 51; und:
-- Herbert Hoover gibt in "American Epic", Vol. IV, S. 164, für 1946 41 Promille an.
[3] Report on Brilon MG [Military Governor (US-Militärgouverneur)] B51 Band 1, File Friesen G.A. 1945-46, NAC [National Archives of Canada, Ottawa]
[4] Ernst-Günther Schenck: Das menschliche Elend im 20. Jahrhundert, S. 79







Landau in der Pfalz: Bei den Bevölkerungszahlen für 1946 und 1947 handelt es sich um gemittelte Werte zwischen 19.370 (Januar 1946) und 20.450 (Oktober 1946) bzw. 19.910 (Mittelwert 1946) und 21.694 (1948). Alle statistischen Angaben aus dem Stadtarchiv Landau (Rheinland-Pfalz, französische Zone).

Berlin: Unter den drei Millionen Einwohnern Berlins betrug die Sterberate im Mai 1946 mit ca. 33 Promille das Dreifache der Vorkriegsrate.

2) Ernst-Günther Schenck: Das menschliche Elend im 20. Jahrhundert, S. 68

1947 lag sie, wie Adenauer im März 1949 in seiner Rede vor dem Schweizer Bundesrat erklärte, bei 29 Promille.

3) Konrad Adenauer, Rede vor dem Schweizer Bundesrat am 23. März 1949; In: Adenauer: Erinnerungen 1945-53, S. 187

Königsberg: Hier starben zwischen April 1945 und März 1947, unter sowjetischer Besatzung bzw. Verwaltung, 75 Prozent der Bevölkerung. Sogar "Kannibalismus wurde festgestellt ... Entsprechende Zustände herrschten ... in ganz Ost- und Westpreussen, in den Dörfern des Oderbruchs bei Frankfurt an der Oder und in zahlreichen, schlesischen Städten." [Oft wurden auch tote Pferde gegessen, die in den Flüssen trieben].

4) Ernst-Günther Schenck: Das menschliche Elend im 20. Jahrhundert, S. 79. Man könnte meinen, dass Königsberg, weil es von den Sowjets übernommen wurde, ausserhalb des Rahmens unserer Betrachtungen liegt, doch ist dabei zu berücksichtigen, dass es sich bei den Sterbestatistiken für die Flüchtlinge, die in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands eintrafen, zumeist um Schätzungen handelt, die weitgehend auf Feststellungen von ausserhalb der Sowjetzone beruhen, wie viele Deutsche lebend in den besetzten Gebieten zurückblieben. Und natürlich enthalten die Statistiken von Murphy und der Vergleich der beiden Volkszählungen auch die statistischen Angaben für die Sowjetzone.

Marktoberdorf: Die vollständigen Daten für diese Kreisstadt im Ostallgäu liegen sowohl im Bayerischen Statistischen Landesamt wie auch im Statistischen Amt im Rathaus von Marktoberdorf vor. Der Durchschnittswert für den gesamten Zeitraum 1946-1950 liegt bei 24,2 Promille pro Jahr.

Augsburg: Im Stadtarchiv von Augsburg liegen keine Zahlen für 1946 vor, für 1947 und 1948 jeweils nur für drei Monate, für 1949 und 1950 wiederum keine Zahlen [S.273].

Tabelle B: [Todesraten in Rest-Deutschland der Nachkriegszeit 1945-1950]
Ort
Jahr
Bevölkerung
Zahl der Todesfälle
Sterblichkeitsrate
Bonn
1939
100.788
1278
12,7%o

1947
101.498
1062
10,5%o

1950
115.394
1233
11,0%o





Karlsruhe
1946
175.588
1980
11,3%o

1947
184.376
1975
10,7%o
(Kirchenregister)
1946
175.588
2039
11,6%o

Bemerkungen zu Tabelle B

Bonn: Die amtlichen Bonner Zahlen erwecken den Eindruck, als ob die Sterblichkeitsrate im Wohlstandsjahr 1939, in dem grösstenteils noch Frieden herrschte, um 21 Prozent höher lag als im schlimmsten Hungerjahr 1947. Ebenso anomal ist das Verhältnis zwischen 1947 und 1950. Ausserdem ergibt die Summe aus Männern (44.048) und Frauen (55.825) nicht die angegebene Gesamt-Einwohnerzahl von 101.498. Angesichts der unterschiedlichen Lebensbedingungen, die in den Jahren 1939, 1947 und 1950 herrschten, erscheint die amtliche Todesrate für das Jahr 1947 unglaubhaft.

[Karlsruhe: Die offiziellen Zahlen sind unvollständig]

Karlsruhe: Da dem Autor die amtlichen Zahlen für Karlsruhe seltsam erschienen, liess er Nachforschungen in der katholischen und zweien der drei protestantischen Kirchgemeinden anstellen, wobei sich ergab, dass es 1946 allein unter den Mitgliedern der Kirchengemeinden 2039 Tote gegeben hatte. Es lässt sich heute zwar nicht mehr feststellen, wie viele Karlsruher damals Kirchenmitglieder waren; dass jedoch die kirchlichen Begräbnisse allein schon die im Stadtarchiv verzeichneten Sterbeziffern übersteigen, lässt auf die Unzuverlässigkeit der amtlichen Angaben schliessen [S.274].

Allgemeine Bemerkungen - [zum Teil sind viel zu niedrige Sterberaten für die Nachkriegszeit angegeben]

Alle Orte, die für den Zeitraum 1946-1950 eine nahezu normale Sterblichkeitsrate anzeigen, haben ein Charakteristikum gemeinsam: Sie zeigen diese fast normalen Sterberaten trotz der abnorm harten Lebensbedingungen an, die, was niemand bezweifelt, damals überall in Deutschland herrschten. Einige Städte, beispielsweise Bonn, verzeichnen trotz Hunger, Kälte und Verzweiflung weniger Sterbefälle als in Zeiten des Wohlstands, des Friedens und der Hoffnung wie in den Wirtschaftswunderjahren.

Die Britische Armee berichtete, dass die Sterblichkeitsrate in der Nord-Rheinprovinz 1946 etwa 12 Promille betrug. Sie fiel im Laufe des Jahres, bis sie im September 1946 bei nur noch acht Promille lag, mit weiterhin fallender Tendenz. In Hamburg betrug die Sterberate, den offiziellen Berichten der Britischen Armee zufolge, für das ganze Jahr 1946 14,9 Promille. Von fast 20 Promille im Januar war sie bis zum Jahresende auf nur noch 12,63 Promille zurückgegangen.

Auf der 5. Sitzung des Zonenbeirats am 10./11. Juli 1946 berichtete der Vorsitzende des Wohlfahrtsausschusses, Rudolf Degkwitz, in der "britischen Zone stürben pro Monat im Schnitt 5800 Menschen mehr als in Zeiten mit normalen Lebensverhältnissen."

5) Gabriele Stüber: Der Kampf gegen den Hunger 1945-1950, S. 285. Das Protokoll der Sitzung des Zonenbeirats befindet sich im Bundesarchiv Bonn, 1/253.

Da die Sterberate in Hamburg, der grössten Stadt in der britischen Besatzungszone, im Jahre 1938 12,03 Promille betragen hatte,

6) Vital Statistics Hansestadt Hamburg, 1938, British Army Report, undatiert; In: FEC [Famine Emergency Committee] Papers, Box 14 oder Umgebung, HA [Hoover Archives]

bedeutet dies, dass sie 1946 in der gesamten britischen Zone etwa 15,5 Promille betrug. Der Zuwachs mag minimal erscheinen, doch muss man berücksichtigen, dass sie im Laufe des Jahres 1947 weiter anstieg, als sich die Verhältnisse verschlimmerten. Der moderne Leser mag sich ein Bild von dem Ausmass des Sterbens machen, indem er sich vor Augen hält, dass diese Rate um 50 Prozent höher liegt als zu normalen Zeiten; mit anderen Worten, dass man zu jeweils zwei Personen im Bekanntenkreis, die jüngstens verstarben, den Tod einer weiteren Person hinzurechnen müsste.

Im April 1947 berichtete der Leiter der Kanadischen Militärmission in Berlin, Armeegeneral Maurice Pope, über die älteren Menschen, die einen hohen Anteil der vom Krieg gebeutelten Bevölkerung darstellten, nach Ottawa: "... die Sterberate ist hoch, und auch bei den Selbstmordzahlen sind keine besonderen Anzeichen von Besserung zu erkennen.!" Und er schloss: "Zusammenfassend lässt sich sagen, die Verhältnisse sind so schlimm wie eh und je." Einige Wochen später vermeldete er fünf "belegte" Fälle von Hungertod in Hamburg.

7) Maurice Pope an External, 4. Juli 1947, External Affairs Records, File 8376-K, NAC [National Archives of Canada, Ottawa]

[Die alliierten Offiziere wissen angeblich nichts über die hohen Sterberaten - Geissel TB]

Das Wort "belegt" ("authenticated") spricht Bände [S.275]. Wie zahlreiche Autoren berichteten, wussten die Offiziere der Alliierten fast nichts über die wahren Verhältnisse unter der deutschen Zivilbevölkerung. Das Wort "belegt" deutet mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit darauf hin, dass damit Todesfälle gemeint waren, die aus Krankenhäusern berichtet wurden. Doch nur sehr wenige kranke Deutsche kamen damals überhaupt ins Krankenhaus. Der US-Generalstabsarzt berichtete im Oktober 1947: "die alarmierendste Geissel ist die Tuberkulose ... In der britischen Zone insgesamt sind 50.000 offene Fälle bekannt, doch nur 12.000 Krankenhausbetten stehen zur Verfügung. Die wenigen schweren Fälle zählen etwa 150.000.

8) Ansprache des US-Generalstabsarztes zum Navi Day, 27. Oktober 1947, in Bethesda, Maryland; In: Behnke Papers, Box 1, HA [Hoover Archives]

[Sterblichkeit in der Pfalz nur 13 Promille - eventuell Vorteil durch Ernährung auf dem Land]

Der deutsche Arzt A. Lang, Professor für Physiologische Chemie an der Universität Mainz, berichtete einem amerikanischen Offizier im April 1948, die Sterblichkeitsrate in der Pfalz habe 1947 lediglich 13 Promille betragen, doch eine Quelle für seine Statistiken gab er nicht an. Wenn diese - wie die Ergebnisse der Volkszählung von 1946 - von "Deutschen unter der Leitung der alliierten Kontrollkommission" zusammengestellt worden waren, dann könnte eine Erklärung für die niedrigen Werte darin bestehen, dass die Ergebnisse "korrigiert" wurden, um ein günstigeres Bild von den Lebensbedingungen unter alliierter Besatzung zu geben. Die Pfalz lag in der französischen Zone, wo die Lebensmittelzuteilungen durchweg niedriger waren als in der britisch-amerikanischen Bizone. Daher sollte man eigentlich meinen, dass die Sterblichkeit dort höher war, etwa so hoch wie in Bad Kreuznach. Eine andere Erklärung könnte jedoch auch sein, dass Menschen, die in einer ländlichen Umgebung wohnten, leichter Lebensmittel "organisieren" und damit ihre offiziellen Rationen aufbessern konnten als die Menschen in Grossstädten, und die Pfalz war grösstenteils ländlich, Grossstädte gab es dort nicht, und nicht nur die Zahl der einheimischen Bevölkerung war gering (unter einer Million), auch Vertriebene gab es dort relativ wenig. Dennoch ist eine so starke Diskrepanz schwer vorstellbar, dass die Einwohner von Bad Kreuznach, das so nahe an der Pfalz und ebenfalls in der französischen Zone lag, doppelt so schnell gestorben sein sollten wie ihre nächsten Nachbarn. Die Angabe passt auch nicht zu der Sterbestatistik von Landau, das direkt in der Pfalz lag, und von anderen Orten in der französischen Zone, wo die Sterberate ebenfalls höher war.

[Landwirtschaftliche Produktion 1945: 75 bis 80% in der Sowjetzone, nur 57% in den westlichen Zonen]

Zum Thema Gesundheit stellte der amerikanische Militärgouverneur einen interessanten Vergleich zwischen der Sowjet- und den drei Westzonen an. Clay schrieb, dass 1945 die landwirtschaftliche Produktion in der Sowjetzone für einige Getreidearten fast 80 Prozent, westlich der Elbe für Getreide [S.276] aller Art sogar 90 Prozent der normalen Vorkriegsproduktion betrug, dazu etwa 75 Prozent bei den Tierprodukten.

9) The Papers of General Lucius D. Clay; hrsg. von J. E. Smith, Vol. 1, S.96


Gleichzeitig betrug die Lebensmittelproduktion im Westen jedoch nur 57 Prozent der Pro-Kopf-Produktion vor dem Krieg. Interessant dabei ist, dass die Landwirtschaft in allen Zonen ausschliesslich von Deutschen betrieben wurde, und zwar vorwiegend von Hand. Die höhere Produktivität in der Sowjetzone scheint somit darauf hinzudeuten, dass der Gesundheitszustand der Bevölkerung der Sowjetzone damals mindestens ebenso gut war wie derjenige der Menschen im Westen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Statistiken lokalen Ursprungs im allgemeinen mit den Gesamtstatistiken übereinstimmen, die sich aus dem Vergleich der Volkszählungsergebnisse ableiten und die im Haupttext besprochen worden sind. Die wenigen, die nicht in das Gesamtbild passen, weisen zumeist noch andere Eigentümlichkeiten auf, welche sie a priori unglaubhaft erscheinen lassen [S.277].

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