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Köln im 30-jährigen Krieg

2. Vorgeschichte

Kaiser Rudolf II. in Prag - Kaiser Matthias I. in Wien - Maria von Medici in Paris - Protestantische Synoden im Untergrund - Bergische Provinzialsynode - 11.000 Jungfrauen und St. Ursula - das Stadtwappen im Hansasaal - das neue Zeughaus mit der "Kanonengarage" - der "Neue Bau" als neuer Saal am Rathausplatz - Post, Buchdruck, Zeitung, Buchbinderei - Pelzhandel mit Familie Jabach - eine badende Venus - Kokosnusspokale - Kranke, Lepra, Juden - katholische Diktatur gegen Protestanten - Zerstörung der Pläne von Mülheim 1615

Das neue Zeughaus von Köln mit der Kanonengarage
              mit Nasenringen an der Decke, Foto von 1920  Everhard (Eberhard) Jabach, Kölner Pelzhändler und
              später Kunstsammler in Paris, Portrait  Evangelisch-reformierter Siegelstempel der Stadt Köln
              von 1572
Das neue Zeughaus von Köln verfügt über eine "Kanonengarage" mit Nasenringen an der Decke - Everhard (Eberhard) Jabach ist Kölner Pelzhändler und später Kunstsammler in Paris [1] - die heimlichen Protestanten in Köln haben schon 1572 ein Siegel

aus: Sonderausstellung des Stadtmuseums Köln 2014 "Köln in unheiligen Zeiten. Die Stadt im dreissigjährigen Krieg"

präsentiert von Michael Palomino (2014)

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2. Die Vorgeschichte

Zuerst erhalten die Katholiken das Monopol in Spanien-Österreich und Portugal, die ganze Welt für sich aufzuteilen. Luther und andere Reformatoren setzen sich dann gegen das Diktat des Vatikans durch und übersetzen die Bibel in die Landessprache, so dass jeder das Buch lesen kann und somit kontrollieren kann, was die Pfarrer und Bischöfe sagen. Gegen diese Kontrolle wenden sich die Katholiken mit aller Macht und führen Kriege bis zum Gehtnichtmehr. Diese Kriege werden sicher auch im Namen des Kolonialismus geführt, denn die Katholiken mit Spanien-Österreich und Portugal wollen ihre Weltmacht behalten und nie teilen. Die Protestanten verbreiten sich aber im Untergrund immer mehr, denn niemand lässt sich mehr das Bibellesen verbieten und die Kontrolle über das, was da der Pfarrer auf der Kanzel sagt. Und so steigt in Europa die Spannung zu einem gigantischen Krieg an, bis die Katholiken endlich akzeptieren, dass man die Bibel lesen darf und den Profit aus dem Kolonialismus teilen muss.

Die Vorgeschichte im Hause Habsburg: Kaiser Rudolf II. bis 1612 - Kaiser Matthias I. verlegt den Hof von Prag nach Wien

Der habsburgische Prinz Matthias wird 1608 König von Ungarn und Kroatien, und 1611 König von Böhmen. Dabei wird er vom Bruder Rudolf II. zurückgedrängt. Rudolf II. hält in Prag Hof und versammelt Maler wie den in Köln geborenen Hans von Aachen um sich. Rudolf stirbt 1612. Matthias I., der Sohn von Kaiser Maximilian II., geboren am 24. Februar 1577, wird 1612 zum Kaiser gewählt. Matthias I. als Kaiser verlegt den Hof nach Wien. Die Gegensätze zwischen Protestanten und Katholiken aber spitzen sich zu.

Die Vorgeschichte in Paris - und Maria von Medici

1610: Maria von Medici wird Königin von Frankreich - und dann wird König Heinrich IV ermordet
Maria von Medici ist die Ehefrau des französischen Königs Heinrich IV. Dabei wartet Maria von Medici lange auf ihre Krönung als Königin. Dies geschieht dann endlich 1610, aber einen Tag danach wird ihr Ehemann, der Gatte König Heinrich IV. ermordet. Dies wird alles auf einer Münze von 1625 dargestellt. Dann bleibt Maria von Medici so lange Königin von Frankreich, bis sie von ihrem eigenen Sohn Ludwig XIII. ab 1617 "kaltgestellt" wird.

<Vor dem Zerwürfnis - Medaille zu Ehren der Medici

Die Vorderseite präsentiert Maria von Medici als Königin von Frankreich und Navarra (in Spiegelschrift: MARIA AUG. GALLIA ET NAVARAE REGINA). Auf diesen Titel wartet sie lange: gekrönt wird sie erst 1610, einen Tag vor der Ermordung ihres Gatten König Heinrichs IV.

Die Rückseite mit der Umschrift LAETA DEUM PARTU beschwört die Fruchtbarkeit als Geschenk Gottes. Sie zeigt Maria als griechische Göttermutter Kybele, umgeben von ihren Kindern als antike Götter.

Um 1625, als die Prägung entsteht, residiert Maria unangefochten in Paris - bevor sie von ihrem auf der Medaille als Jupiter gezeigten Sohn Ludwig XIII. (ab 1617 [web09]) kaltgestellt wird. Medaille (nach einer Vorlage) von Guillaume Dupré (1574-1647) - Kupfer>

Maria von Medici fördert dann den Aufstieg von Kardinal Richelieu, wird aber auch von ihm schliesslich 1630 kaltgestellt und flüchtet 1631 ins Exil [web09].

Maria von Medici-Medaille
Maria von Medici-Medaille (Sonderausstellung Köln 2014)

Die Vorgeschichte in Köln

Protestantische Untergrundgemeinden und Synoden
Köln ist im 17. Jahrhundert noch eine überaus katholische Stadt, und in dieser Zeit kommen sogar Bischöfe aus Bayern, um ja keine Reformation in Köln zuzulassen. Der Dom ist ja erst halb gebaut und soll ja irgendwann einmal noch fertig werden. Protestanten werden geächtet und fertiggemacht. Im Untergrund aber formieren sich die Protestanten. Die "hochdeutschen" Protestanten im Untergrund von Köln bilden eigene Synoden, am Niederrhein in Jülich und in Cleve, und in Sonnborn die "Bergische Provinzialsynode":

Protestantische Gemeinden um Köln schliessen sich zur "Bergischen Provinzialsynode" zusammen

<Durch den überregionalen Zusammenschluss zur Bergischen Provinzialsynode sichern die evangelischen Gemeinden der Region ihre Existenz.>

Die Bergische Provinzialsynode tagt in Sonnborn, heute ein Teil von Wuppertal [web11] seit 1591. Daneben existieren die älteren evangelischen Provinzialsynoden von Jülich und Cleve. Die Mitglieder sind zum Teil holländische Flüchtlinge, die vor den Spaniern geflüchtet sind [web12].

Verehrung von elftausend Jungfrauen - St. Ursula in Köln
<Schon im 12. Jahrhundert ist der Besuch der mittelalterlichen "camera aurea" von St. Ursula als zentrale Stätte der Reliquienverehrung der elftausend Jungfrauen bei jedem Kölnbesuch ein Muss.>

<Tausende von Ursulabüsten werden zwischen dem 13. und dem 15. Jahrhundert gefertigt und in ganz Europa verkauft: Ein Exportschlager "Made in Cologne".>

1598-1601: Kölner Rathaus: Das Stadtwappen am Hansasaal

Der Bildhauer Melchior von Reidt (Mitglied der Kölner Steinmetzer-Zunft [web06]) führte schon die "Belebung" des Rathauses mit figürlichen Darstellungen aus. Das Ratsgestühl und die prachtvollen Türen des Senatssaales stammten schon von ihm [web05]. Und dann folgt der Auftrag für ein Prunkportal für den Saal im Obergeschoss (Hansasaal, [web05]) des Rathauses:

<Ein Prunkportal von Melchior von Reidt
Kurz vor 1600 erhält Melchior von Reidt vom Kölner Rat den Auftrag, für den Treppenhauszugang vom Turm zum Obergeschoss ein Portal anzufertigen. Dieses prächtig gestaltete Kölner Wappen schmückt als Supraporte sein neues Portal, das zum Festraum im Obergeschoss führt. Melchior von Reidt, Köln, 1598-1601, Lindenholz, farbig gefasst.>
Das Prunkportal im Rathaus von Köln am Eingang zum
                Hansasaal mit dem Kölner Wappen, 1601
vergrössernDas Prunkportal im Rathaus von Köln am Eingang zum Hansasaal mit dem Kölner Wappen, 1601 (Sonderausstellung Köln 2014)

1594-1606: Der Bau des neuen Zeughauses wegen den neuen Kanonen
Das neue "Verteidigungswesen" [mit den neuen Kanonen] erfordert eine neue "Garage" - das Zeughaus. Das alte "Blidenhaus" an der römischen Stadtmauer genügt nicht mehr. Zitat: <Die Entwicklung des Verteidigungswesens erfordert den Neubau eines weiteren städtischen Gebäudes - des Zeughauses. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts genügt das alte "Blidenhaus" an der römischen Stadtmauer nicht mehr den Ansprüchen der Zeit. [...]>

<Der Bau des Zeughauses beginnt 1594. Die Entwicklungen in der Waffentechnik [es fehlt eine Kanonen-"Garage"] fordern einen Neubau dieses städtischen Waffenarsenals. Der Bau, wohl von Stadtsteinmetzmeister Peter von Blatzheim entworfen, steht konventionell in der Tradition der Gotik. 1595 erhält er jedoch durch einen Beschluss des Rates eine "moderne" Zutat: Das Nordportal entsteht im Stil der niederländischen Spätrenaissance. Das Innere des 1606 vollendeten Zeughauses folgt der überregional üblichen Bauweise: Durch wohldurchdachte Konstruktionen im Raum wird sichergestellt, dass die dort eingelagerten Kanonen stets schnell herausgeholt bzw. eingefahren werden können.>

Die "Nasenringe" in der "Kanonengarage"

<Das alte Zeughaus: Ein Foto aus vergangener Zeit
Dort, wo sich heute die Dauerausstellung des Kölnischen Stadtmuseums befindet, lässt sich 1920 noch erahnen, wie das Zeughaus ursprünglich ausgesehen hat. Das zweischiffige Erdgeschoss verfügt noch über die ursprüngliche, im Zweiten Weltkrieg zerstörte Wölbung. Die Eisenringe in den Schlusssteinen werden im 17. Jahrhundert zum Heben der Kanonen genutzt. Kölnisch, 1920, Fotografie>

Das neue Zeughaus von Köln mit der Kanonengarage
                mit Nasenringen an der Decke, Foto von 1920
vergrössernDas neue Zeughaus von Köln mit der Kanonengarage mit Nasenringen an der Decke, Foto von 1920 (Sonderausstellung Köln 2014)

Das Portal des neuen Zeughauses

<Ruhm und Macht Kölns: Das neue Zeughaus-Portal
um 1595 erhält der Steinbildhauer Pieter Cronenborch vom Rat der Stadt Köln den Auftrag, das Nordportal des Zeughauses zu gestalten. So erhält der Bau eine "moderne" Zutat. Denn Cronenborch kennt aus den Niederlanden die neuen Stiltendenzen der Spätrenaissance. Überhaus üppig verziert, verherrlicht sein neues Portal Ruhm und Macht der Stadt Köln. Peter Cronenborch, Köln, um 1595, lavierte Federzeichnung.>

Der Entwurf für ein Portal am Zeughaus in Köln,
                Federzeichnung von 1595 ca.  Das Portal am Zeughaus von Köln 1935
vergrössernDer Entwurf für ein Portal am Zeughaus in Köln, Federzeichnung von 1595 ca. (Sonderausstellung Köln 2014) - das Portal am Zeughaus von Köln 1935 [2]

[1602-1796: Amsterdam mit der Ostindischen Kompanie (VOC) - Dauerkonkurrenz gegen Spanien und Portugal
Fortan konkurrenziert Amsterdam mit einer eigenen Ostindischen Kompanie die brutalen katholischen Weltherrschaften von Spanien und Portugal. Schrittweise werden an der afrikanischen Küste, in Asien und in Süd-"Amerika" holländische Festungen ("Handelsposten") und Kolonien eingerichtet, dann auch noch mit einer Westindischen Kompanie für die Karibik, und mit dem von den Holländern abgewickelten Sklavenhandel mit Sklavenschiffen. All dies provoziert Kriegspläne Spaniens, Holland zu vernichten, und wahrscheinlich ist dies mit ein Hauptgrund für den späteren Dreissigjährigen Krieg].

VOC-Schiffe, die Dauerkonkurrenz
              gegen Spanien und Portugal im Kolonialismus
VOC-Schiffe, die Dauerkonkurrenz gegen Spanien und Portugal im Kolonialismus,
wahrscheinlich mit ein Auslöser für den späteren 30-jährigen Krieg [3]

1608: Der "Neue Bau" - ein neuer Versammlungsraum am Rathausplatz
<Um 1605 lässt der Rat ein Gebäude für grössere Versammlungen errichten. Der Bau im Stil der niederländischen Spätrenaissance steht ab 1608 an der Nordwestecke des Rathausplatzes: Die bedeutendste, städtische Bauschöpfung des 17. Jahrhunderts in Köln. In den Akten wird er stets als "Neuer Bau" bezeichnet.>

Köln und seine Stadtmauer
Die Stadt Köln hat im 17. Jahrhundert hinter der grossen Stadtmauer geschützt.

Plan von Köln mit der grossen Stadtmauer, 17. Jh.  Plan von Köln aus dem 17. Jh., Legende
vergrössernPlan von Köln mit der grossen Stadtmauer, 17. Jh. - und die Stadtmauer geht auch dem Rhein entlang (Sonderausstellung Köln 2014)

Stadtbild
<Auch die damals in Köln errichteten Bauten prägen das Gesicht der Innenstadt bis in das 20. Jahrhundert.>


16.Jh. Medien: Köln entwickelt sich als Nachrichtenzentrum mit Post, Buchdruck und ersten Zeitungen
<In Europa vollzieht sich eine Medienrevolution. Der Ausbau des Postwesens führt bereits im 16. Jahrhundert zur Zunahme und Beschleunigung des Informationsaustauschs. Vorher vermeintlich weit voneinander entfernte Orte werden nun schnell mit Nachrichten versorgt. Köln etabliert sich im 17. Jahrhundert dauerhaft im System der Reichspost als Nachrichtenzentrale und Kommunikationszentrum im Nordwesten des Reiches.

Auch dem Buchhandel bietet der Wirtschaftsstandort Köln beste Möglichkeiten. Buchdruck und -handel sind ein lukratives Geschäft - die Kölner Verleger verdienen. Gerade mit religiösen Themen lassen sich erhebliche Gewinne und Absätze erzielen. Die lateinische Ausgabe der "Vitae Sanctorum" des Laurentius Surius wird mit 1000 Exemplaren gedruckt und schnell verkauft. Köln ist das katholische Druckerzentrum.

Auch in den Anfängen des neuen Mediums "Zeitung" spielt Köln eine herausragende Rolle: Hier entstehen zahlreiche frühe Zeitungen - klassische Nachrichtenblätter, die aktuelle militärische und politische Ereignisse zusammenstellen.>

Medien in Köln: Buchdruck in Köln

<Arnold Quentel

Arnold Quentel (1555-1621) entstammt der berühmten Kölner Druckerfamilie der Quentels. 1595 übernimmt er Druckerei und Verlag. Er wird vor allem mit religiösen Publikationen ein erfolgreicher Druckerverleger in der Reichsstadt. Der Katholik Quentel ist eng mit den Kölner Jesuiten verbunden. Er bleibt kinderlos und vermacht ein Viertel seines erheblichen, vor allem in Grundbesitz angelegten Vermögens der Kirche. Der Maler Geldorp Gortzius zeigt den stattlichen Bürger mit einem 1610 datierten Buch aus dessen Produktion. Geldorp Gortzius zugeschrieben, Köln 1610, Gemälde auf Holz.>

Arnold Quentel, Portrait mit
              Buch, Gemälde von Geldorp Gortzius 1610
Arnold Quentel, Portrait mit Buch, Gemälde von Geldorp Gortzius  1610 (Sonderausstellung Köln 2014)

Buchbinderei in Köln

<Siegelstempel der Kölner Buchbinder
Das Spezialgewerbe der Buchbinder entwickelt sich im 16. Jahrhundert aus dem Buchdruckergewerbe. In Köln werden die Buchbinder 1595 zünftig.>


<Medium in Kinderschuhen: Die Zeitung

Zeitungen als Nachrichtenblätter prägen die Kommunikationskultur des 17. Jahrhunderts auch in Deutschland. Meist wöchentlich erscheinende "Postzeitungen" enthalten auf häufig vier Seiten gemischte Nachrichten aus den politischen Hauptorten.>

Zuerst waren es seit 1380 Kaufmannsbriefe, dann ab 1605 machte eine Wochenzeitung aus Strassburg den Anfang ("Relation aller Fuernemmen und gedenckwuerdigen Historien"), herausgegeben von Johann Carolus. Es folgten u.a. 1609 die Wochenzeitung "Aviso" aus Wolfenbüttel und um 1615 die "Frankfurter Postzeitung" [web03].

Pelzhandel in Köln mit Familie Jabach

<Die Kölner Familie Jabach
Zu den bekanntesten Kölner Familien des 16. und 17. Jahrhunderts zählen die Jabachs mit ihrem internationalen Pelz- und Fellhandel. Wichtigster Standort neben Köln ist Antwerpen. Hierin zieht Everhard II Jabach schon 1566. Dann folgt der Krieg zwischen Spanien und den nach Unabhängigkeit strebenden niederländischen Provinzen. Deshalb kehren die Jabachs 1577 nach Köln zurück. Dennoch: Von Antwerpen und Köln aus wird ein Europa umspannender Handel aufgebaut.>

Everhard (Eberhard) Jabach,
              Kölner Pelzhändler und später Kunstsammler in Paris,
              Portrait
Everhard (Eberhard) Jabach, Kölner Pelzhändler und später Kunstsammler in Paris, Portrait [1]

Freundschaft der Familie Jabach mit dem Bildhauer Giambologna

<Eine badende Venus im Hause Jabach

Giambologna, Statuette "Badende Venus",
                von Jabach als Siegelstempel umgearbeitet
vergrössernGiambologna, Statuette "Badende Venus", von Jabach als Siegelstempel umgearbeitet (Sonderausstellung Köln 2014)

Die Venus aus vergoldeter Bronze stammt aus der Werkstatt des Giambologna (Giovanni da Bologna) (geboren 1529 im heutigen Nordfrankreich, gestorben 1608 in Florenz [web10]). Dessen weit verbreitete Kleinplastiken werden in Serie gegossen.

Von dieser Venus sind 14 weitere Exemplare erhalten. Wegen der sorgfältigen Bearbeitung gilt sie als eines der wenigen eigenhändigen Stücke Giambolognas. Ursprünglich entwirft er sie 1555-1561 als "bozetto", als plastische Skizze.

Everhard IV [Eberhard IV] gefällt diese kostbare Skulptur wohl besonders gut: Er lässt sie zu einem täglichen Gebrauchsgegenstand umarbeiten. Durch Montieren einer Siegelplatte unter den Sockel wird die Statuette in ein Petschaft umgewandelt. Dieser Siegelstock gelangt später in den Besitz von Ferdinand Franz Wallraf.
Petschaft, Statuette "Badende Venus" - Giambologna (Giovanni da Bologna) - Florenz 1564, Guss um 1600, Bronze, vergoldet>

Das Siegel von Jabach mit der
              Venus-Figur von Giambologna
Das Siegel von Jabach mit der Venus-Figur von Giambologna (Sonderausstellung Köln 2014)

Kokosnusspokale als Zeichen für Weltbildung in Köln

Kokosnusspokal   Figur auf dem Kokosnusspokal
vergrössernKokosnusspokal - und die Figur auf dem Kokosnusspokal vergrössern
(Sonderausstellung Köln 2014)

<Wohlstand und Weltgewandtheit: Kölner Kokosnusspokal

Das Einfassen von Kokosnüssen in kostbare Pokale gehört seit dem 16. Jahrhundert zu den Spezialitäten der Kölner Goldschmiede.

Diese Tradition hält sich bis ins 17. Jahrhundert. Auch in Kriegszeiten gibt es hierfür einen Markt: Wohlhabende Kölner Bürger verlangen nach Objekten, die über den alltäglichen Gebrauch hinausgehen.

Gerade mit exotischen Kokosnusspokalen kann man Wohlstand, Weltgewandtheit und Bildung zeigen. Die Pokale sind oft mit christlichen Motiven reich verziert, kommen aber auch in schlichter Gestaltung vor.>

Diskriminierte und Kranke im 16. Jh. rund um Köln: Lepra und Juden ausserhalb der Stadtmauern

<Aussätzige und Juden: Köln und sein Umland

Der "kölnische Schweidt" legt als Landkarte die Bereiche fest, in der die "Bauernbänke" - Genossenschaften der Kölner Grundbesitzer - Weiderecht innerhalb des Burgbannes der Stadt besitzen. Er zeigt aber auch deutlich die Kölner Leprosenhäuser im Norden, Westen und Süden der Stadt. Auch der Judenbüchel, der jüdische Friedhof an der Bonner Strasse im Süden, ist zu erkennen.>

Karte von Köln und dem Umland im 16. Jh.   Karte von Köln im 16. Jh.
<-Süden - vergrössernKarte von Köln und dem Umland im 16. Jh. - Norden ->
(Sonderausstellung Köln 2014)

Ein Seechenhaus und ein Judenbüchel südlich von
                Köln  Siechenhaus nördlich von Köln
vergrössernEin Seechenhaus und ein Judenbüchel südlich von Köln - ein Siechenhaus nördlich von Kölnvergrössern
(Sonderausstellung Köln 2014)

Lepra und Leprahäuser ausserhalb der Stadtmauern: Judenbüchel, Riehl, Rodenkirchen, Melaten

<Aussätzige in Melaten: Die lebenden Toten

Seit dem Mittelalter ist Lepra in Europa verbreitet: Eine bakterielle Infektionskrankheit, die zu knötchenartigen Geschwulsten auf der Haut oder zu Verstümmelungen an Gesicht, Händen und Füssen führt.

Wer an Lepra erkrankt, gilt fortan für die Gesellschaft der Gesunden als tot. Er wird zum Aussätzigen. Diese leben in einem der vier Kölner Leprosenhäuser: am Judenbüchel im Süden, in Riehl, in Rodenkirchen und im Westen auf Melaten.

Deren strenge Vorschriften zwingen die Kranken, eine besondere Leprosenkleidung zu tragen: In der frühen Neuzeit Joppe, Kniehose und grossen Hut. und er muss die Gesunden vor Kontakten warnen mit der Klapper, die von weitem zu hören ist. Besuche in der Stadt sind selten und nur unter Begleitung eines "Schellenknechtes" möglich.>

Das arrogant-katholische Dom-Köln - katholisches Nazitum

<"Jede Jeck es anders"? In der Frühen Neuzeit hat dieses kölsche Bekenntnis zu Toleranz noch keine Gültigkeit. Vor allem Andersgläubige, "Unkatholische", sind im katholischen Köln von Ausgrenzung, Verfolgung und Vertreibung betroffen.>

Die Kölsche Dom-Diktatur gegen die Protestanten - Protestantismus im Untergrund

<Die vier evangelischen Gemeinden können ihren Glauben bald nur noch im Verborgenen ausüben. Viele flüchten vor den Repressalien aus der Stadt oder besuchen heimlich Gottesdienste im rechtsrheinischen Mülheim.>

[Nun, das ist kaum möglich, "heimlich" den Rhein zu überqueren und so "heimlich" nach Mülheim zu gehen. Diese Entwicklung, die Bibel in der eigenen Sprache zu lesen, und einen Gottesdienst in der eigenen Sprache zu erhalten, steht wohl unter ständiger Beobachtung der eifersüchtigen, Kölner Bischöfe, die immer noch meinen, dass Menschen nicht denken dürfen...]

<"Weil die Gefahr des Orts teglich wechst..." - heimliche evangelische Gemeinden in Köln

[...] Trotz abschreckenden Vorschriften fassen seit dem 16. Jahrhundert auch nichtkatholische ´Glaubensgemeinschaften in Köln Fuss. Um jegliche Einflussnahme von "Nichtkatholiken" auszuschliessen, werden ab den 1570er Jahren nur noch Katholiken zur Wahl in den Rat zugelassen. Die nicht-katholischen Glaubensgemeinschaften drängt man ins Private ab. Sie müssen insgeheim ihrem Glauben nachgehen.>

Evangelisch-reformierter
              Siegelstempel der Stadt Köln von 1572
Evangelisch-reformierter Siegelstempel der Stadt Köln von 1572 (Sonderausstellung Köln 2014)

<Mehrere evangelische Gemeinden sind in Köln nachweisbar. So arbeiten die Hochdeutsch-Reformierten, die Niederdeutsch-Reformierten und die französischsprachigen Wallonisch-Reformierten eng zusammen. Insgesamt leben in Köln um 1600 schon ca. 4000 praktizierende "Nichtkatholiken".

Im Untergrund und in völliger Geheimhaltung führen sie ihr Gemeindeleben und feiern ihre Gottesdienste - in ständiger Angst vor Entdeckung und harter Strafe. [...]

Für Rat und Bürgermeister der Stadt ist der Fall im 17. Jahrhundert klar: Das "Heilige Köln" ist die katholischste Stadt überhaupt. Aber die Kölner kommen diesem politischen Ideal von der Einheit des Glaubens nicht nach.>

1612: Mülheim plant, eine grosse, freiheitlich orientierte Stadt zu werden

<Hoffnung der Protestanten, Konkurrenz für Köln: Mülheim
Vor dem Dreissigjährigen Krieg verbinden protestantische Kölner grosse Hoffnungen mit Mülheim. 1612 werden Pläne enthüllt, nach denen Mülheim ausgebaut werden solle. Diese neue Stadt soll eine Fläche von ca. 120 bis 140 Hektar umspannen und 10.000 Einwohnern Platz bieten.

Jedem, der sich in Mülheim niederlassen will, soll für 10 Jahre das Bürgerrecht erteilt werden - inklusive der freien Religionsausübung. Auch eine lutherische Kirche, in Köln schmerzlich vermisst, wird dort gebaut.>

Karte der Stadt Mülheim mit dem Expansionsprojekt
                von 1612
vergrössernKarte der Stadt Mülheim mit dem Expansionsprojekt von 1612 (Sonderausstellung Köln 2014)

England-Pfalz 1613: Heirat der Protestanten gegen die Vormachtstellung der Katholiken (gegen Spanien, Portugal, Frankreich etc.)

<Die "Royals": Politik und Medienspektakel

Am 14. Februar 1613 wird in der Kapelle des Whitehall Palace in London eine Ehe geschlossen. Verheiratet wird Elisabeth Stuart, die Tochter des englischen Königs Jakobs I., mit dem Kurfürsten Pfalzgraf Friedrich V. [von der Pfalz].

Das Flugblatt zeigt die aufwändig inszenierte Feier in London. Die Hochzeit ist von hoher Bedeutung: Sie besiegelt die Allianz von Kurpfalz und England gegen die katholisch-habsburgische Vormachtstellung. Der frisch gekürte Bräutigam wird einige Jahre später als "Winterkönig" eine wichtige Rolle beim Kriegsbeginn spielen.

Auch deshalb beschäftigt sich eine Flug von Flugblättern, Pamphleten und Traktaten mit dieser spektakulären Eheschliessung. Und weil die "Royals" schon damals ein Medienereignis sind. Flugblatt mit Kupferstich 1613 (oder später)>

Die Heirat von Elisabeth Stuart mit dem Pfalzgraf
                Friedrich V, Kupferstich von 1613
vergrössernDie Heirat von Elisabeth Stuart mit dem Pfalzgraf Friedrich V, Kupferstich von 1613 (Sonderausstellung Köln 2014)

1614: Köln wird jetzt schon zum Fluchtpunkt: Die Karmeliter erreichen Köln

-- im Zuge der wachsenden Spannungen flüchten 1614 die Karmeliter nach Köln und gründen das Kloster "Im Dau" mit der Klosterkirche St. Maria ("Maria vom Frieden") an der Severinstrasse, das Kloster wird 1649 bezogen, die Barockkirche St. Maria wird wegen finanziellen Schwierigkeiten erst 1682 fertig

<Der Wunsch nach Frieden mitten im Krieg - die Kölner Klosterkirche Maria vom Frieden
Eine der wenigen barocken Kirchen Kölns ist Maria vom Frieden auf dem Eckgrundstück "Vor den Siebenburgen" und der "Schnurgasse" in der südlichen Altstadt.

1614, kurz vor Beginn des Dreissigjährigen Kriegs, finden erste Mönche der Unbeschuhten Karmeliter Zuflucht in der katholischen Reichsstadt Köln. Hier gründen sie die erste Niederlassung des Ordens auf deutschem Boden - das Karmeliterkloster "Im Dau" an der Severinstrasse, das 1945 abgebrochen wird.>

1635 genehmigt der Kölner Erzbischof und Kurfürst Ferdinand von Bayern, einen weiblichen Ordenszweig in der Stadt zu gründen. 1639 werden hierfür zwei unbebaute Grundstücke an der Schnurgasse erworben. Vier Jahre später wird der Grundstein für den Neubau des Klosters gelegt - 1649 kann es bezogen werden.

Nur der Bau der Kirche verzögert sich aus Geldmangel.>


1615: Die Kölner Dom-Diktatur: Köln zerstört die Pläne der protestantischen Stadt Mülheim - Schleifung der Stadtmauer

<Die Stadt Köln fühlt sich indes wirtschaftlich von dem aufstrebenden Mülheim bedroht. Sie legt Einspruch ein gegen die lästige Konkurrenz auf dem anderen Rheinufer. Mit Erfolg: 1615 werden die die Befestigungen von Mülheim geschleift und neu errichtete Gebäude abgerissen - einschliesslich der lutherischen Kirche.>

Die katholische Kirchendiktatur in Köln

In Köln herrscht die katholische Kirchen-Diktatur. Wer nicht "dabei" ist, der wird diskriminiert. Wer anders denkt, der wird damals rausgeworfen. Bayerische Bischöfe herrschen in Köln und wollen die Stadt "auf Kurs" halten, mit Inquisition, Denuntiation, Hexenverfolgung, Zensur und allem, was dazugehört. Ein Abendmahlsbecher von 1615 ist dafür das Symbol:

Abendmahlbecher aus Köln von
              1615
Abendmahlbecher aus Köln von 1615 - Symbol der katholischen Diktatur (Sonderausstellung Köln 2014)

Und so münden die vernunftlosen Spannungen zwischen katholischen und reformierten "Christen" in einen 30 Jahre währenden Krieg. Das Judentum wurde eigenartigerweise auf dem Land weniger verfolgt. Aber in der Stadt Köln war ihnen das Leben damals untersagt, wie das nächste Kapitel zeigt:

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Quellen
[web01] http://www.br.de/fernsehen/ard-alpha/sendungen/schulfernsehen/frauen-barockzeitalter-anna-maria-schurmann100.html
[web02] http://biografien-news.blog.de/2006/08/03/anna_maria_von_schurmann_die_vorkampferi~1010204/
[web03] http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Zeitung
[web04] http://de.wikipedia.org/wiki/Kölnisches_Stadtmuseum
[web05] http://de.wikipedia.org/wiki/Rathaus_Köln
[web06] http://www.stadt-koeln.de/leben-in-koeln/freizeit-natur-sport/figuren-des-zweiten-obergeschosses
[web07] http://de.wikipedia.org/wiki/Bayenturm
[web08] http://de.wikipedia.org/wiki/Franz_von_Hatzfeld
[web09] http://de.wikipedia.org/wiki/Maria_de'_Medici
[web10] http://de.wikipedia.org/wiki/Giovanni_Bologna
[web11] Sonnborn: http://www.agvv.org/151.htm
[web12] Herbert Frost: Ausgewählte Schriften zum Staats- und Kirchenrecht; Hg.: Baldus / Heckel / Muckel; Mohr Siebeck-Verlag, S.124-125
http://books.google.de/books?id=4q0NhoAbVrgC&pg=PA124&lpg=PA124&dq=bergische+provinzialsynode&source=bl&ots=1NhtL6w2kk&sig=PMvqxSm6oTO5EFlJsYkHDw9IRTc&hl=de&sa=X&ei=jxu9U7zKAqiy7Aag54CACg&ved=0CDEQ6AEwAg#v=onepage&q=bergische%20provinzialsynode&f=false

Fotoquellen
[1] Jabach: http://de.wikipedia.org/wiki/Eberhard_Jabach
[2] Das Portal am Zeughaus von Köln: Konservator der Stadt Köln, Foto von 1935: www.bilderbuch-koeln-de, Foto 64652:
http://www.bilderbuch-koeln.de/Alben/3627/Fotos/altstadt_nord_der_eingang_des_zeughauses_denkmal_konservator_historisch_64652
[3] VOC-Schiffe: http://mauritius.genosy.com/economic/history/dutch-ru/


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