6. Kölner Wirtschaft und Fluchtzentrum während des
30-jährigen Krieges
Waffen - Buchdruck - Buchbinderei - Medien - Goldschmiede -
Schnitzer und Steinmetze - Flüchtlinge
Köln ist zur Zeit des 30-jährigen Krieges von 1618 bis 1648
-- ein Zentrum für die Waffenproduktion
-- ein Zentrum für Medienschaffende mit katholischem
Buchdruck, Buchbinderei und Zeitung
-- ein Zentrum der sakralen Goldschmiedekunst und Schnitzkunst
-- ein Zentrum für katholische Flüchtlinge.
Offiziell gibt sich Köln nun "neutral" und verkauft an alle
Kriegsparteien gleichzeitig ihre Waffen aus der Kölschen
Waffenproduktion. Und in Köln werden Kriegskredite verteilt,
aber nur an die katholische Kriegspartei. Nicht nur das: Köln
wird der Konferenzort der "Katholischen Liga".
[Der halb fertige Dom
Der Dom ist seit dem 14. Jh. nur halb fertig und wenn die
Protestanten kommen, wer weiss, was dann mit dem halbfertigen
Dom passiert! Es kann angenommen werden, dass dieser Faktor
des erst halbfertigen Doms bei den ganzen Manipulationen der
katholischen Kirche in Köln eine gewisse Rolle spielt. Wieso
der Dom dann erst von den protestantischen Preussen
fertiggebaut wurde, das steht auf einem anderen Blatt...]
Der halbfertige Dom in Köln zwischen dem 14. Jh. und 1842 -
eine Provokation für alle Katholikenfürsten von ausserhalb
[1]
(Auf dem halbfertigen Turm ist ein Kran montiert).
<Stadtleben
Mit etwa 42.000 Einwohnern gehört Köln im 17. Jahrhundert zu
den grössten Städten im Reich. Auch in Kriegszeiten herrscht
hier ein vielfältiges, gesellschaftliches Leben.
Die exklusive Kölner Oberschicht besteht hauptsächlich aus
reichen Grosskaufleuten - häufig als Profiteure des
Kriegstreibens hinter schützenden Stadtmauern. Durch eine
repräsentative Mode- und Wohnkultur trägt man es einen
Wohlstand selbstbewusst zur Schau. Schon die Kleinsten werden
mit aufwändiger Kleidung und passendem Spielzeug standesgemäss
auf das Erwachsenenleben vorbereitet.
Doch der Alltag bleibt nicht unberührt von ständiger Bedrohung
durch Kriege und Krisen. Viele suchen auch im Privatleben nach
Halt im Glauben - das Ergebnis ist eine ausgeprägte häusliche
Frömmigkeit. Kaum ein Entrinnen gibt es bei Epidemien und
Krankheiten. Sie führen häufig zum Tode oder zu sozialer
Ausgrenzung, wie die Leprosenanstalt ausserhalb der
Stadtmauern zeigt.
Die unteren Gesellschaftsschichten gehören zu den klaren
Verlierern des Krieges. Zwar bleiben die Lebensmittelpreise
erstaunlich konstant, doch gerade die Zahl der Bettler und
anderer sozialer "Aussenseiter" steigt immer weiter an - nicht
zuletzt durch den grossen Zulauf an verarmten Flüchtlingen,
die in Köln Schutz suchen.>
Ab 1623 tagt die "Spanische Liga" in Köln
Ab 1623 tagt die Spanische Liga in Köln [!!!] im grossen
Versammlungsbau "Neuer Bau" am Rathausplatz.
Medien 1618-1648: Köln wird das katholische
Druckereizentrum für Mitteleuropa
<Köln ist im Dreissigjährigen Krieg ein zentraler Ort der
Nachrichtenkommunikation, des katholischen Buchdrucks und des
Zeitungswesens.>
<"Alda viel schöner Bücher werden in Druck gebracht" - Köln
als katholisches Druckzentrum
Schon in der Frühzeit von Buchdruck und -handel bot Köln als
hervorragender Wirtschaftsstandort gute Möglichkeiten. Im
Gegensatz zu den anderen Druckorten im Reich ist für Köln
gerade in den kriegerischen Zeiten der 1620er Jahre eine
Gründungswelle mehrerer grosser Offizinen festzustellen. So
entwickelte sich die Stadt während des 17. Jahrhunderts nahezu
konkurrenzlos zum katholischen Druckerzentrum im Reich.
Mit ihrer Verlagsproduktion unterstützten die Kölner Drucker
die katholische Konfessionalisierung im gesamten Reichsgebiet
und weit darüber hinaus. Vor allem bildete Köln die zentrale
Vermittlungsstelle für katholische, geistliche Literatur aus
dem spanisch-habsburgischen Bereich in den deutschen
Kulturraum. Ferner entstanden Gesang- und Andachtsbücher,
Heiligenbiographien, Bibeltexte sowie weitere theologische
Gebrauchstexte. Für fast alle bedeutenden Kölner
Druckerverleger des 17. Jahrhunderts war die enge Vernetzung
mit dem Jesuitenorden von grundsätzlicher, wirtschaftlicher
und inhaltlicher Bedeutung. Dieser Bedeutung waren sich
bereits die Zeitgenossen bewusst, wie das Zitat von 1656
zeigt.>
Das Druckereigewerbe in Köln im 17.
Jh. (Sonderausstellung Köln 2014)
Beispiel eines katholischen Bestsellers in Köln:
"Heiligenviten" von Laurentius Surius
Mit den Heiligenviten von Laurentius Surius, die in Köln 1616
bis 1618 neu aufgelegt werden, machen die Kölner Herausgeber
ein glänzendes Geschäft:
<Neu aufgelegter Kölner Bestseller: Die Heiligenviten des
Laurentius Surius
Die monumentale Edition der "Heiligenviten" ist die Krönung
des Werks des Theologen Laurentius Surius (1523-1578).
Jahrzehntelang ist er an der Kölner Kartause im Sinne der
Gegenreformation tätig.
Im 17. Jahrhundert wird sein umfangreiches Werk wieder
aufgelegt - von Johann Krebs / Kreps, dem Nachfolger des
Arnold Quentel. Die lateinische Ausgabe erscheint in Köln
zwischen 1616 und 1618. Surius' Buch wird zum Bestseller der
katholischen Buchproduktion in Köln - mit Wirkungen in den
gesamten katholisch geprägten Raum.
Das Verfasserbild zeigt ihn am Schreibtisch. Das Fenster gibt
den Blick auf die Kölner Kartäuserkirche frei, das einstige
Zentrum der katholischen Gelehrsamkeit. "De Probatis Sanctorum
Vitis", Monat Juli. Autor: Laurentius Surius, lateinische
Ausgabe 1616-1618, Köln, Kreps und Mylius>
Laurentius Surius: Heiliges Leben,
Titelblatt mit Engel (Sonderausstellung Köln 2014)
[Auf dem Sektor der Zeitung findet während des 30-jährigen
Krieges keine grosse Weiterentwicklung statt sondern es bleibt
bei den Wochenblättchen].
Die Oberschicht - die Mittelschicht - die Unterschicht in
Köln im 17. Jh.
<Tummelplatz Kölner Stadtgesellschaft
... ist seit je her der Alte Markt.
Der Alte Markt in Köln im 17.
Jahrhundert (Sonderausstellung Köln 2014)
Hier, im Schatten des Rathausturms, trifft sich alles und
versorgt sich mit dem "däglichen muiss kram, "korpmacher kräm"
oder "kappes".
Wie setzt sich die Stadtgesellschaft zusammen? In Köln können
die klassischen Definitionen von Ober-, Mittel- und
Unterschicht nur als grobe Orientierung dienen.
In der Oberschicht finden sich ausser alteingesessenen
Familien und Akademikern vor allem Gross- und Fernkaufleute
sowie gewerbliche Grossunternehmer.
Eine Definition der Mittelschicht fällt für Köln wegen
fehlender Quellen schwer: Steht der mittlere Verleger von
Einblattdrucken sozial wirklich höher als der selbständige
Handwerksmeister? Man weiss es nicht.
Auch die Unterschicht setzt sich sehr unterschiedlich zusammen
- von Dienstboten über Tagelöhner, Handels- und
Verkehrsarbeiter bis zu Hausarmen und (Berufs-)Bettlern.>
-- Kinder der Oberschicht von Köln werden bereits in
Erwachsenenkleider gesteckt
Kinder der Oberschicht werden in
Erwachsenenkleider gesteckt (Sonderausstellung Köln 2014)
Köln als "neutrale" Insel für die Waffenproduktion für alle
Seiten - das Geschäft mit dem Tod
<Aus Köln: Material des Krieges
Seit dem hohen Mittelalter ist die Stadt Köln für ihr
Metallgewerbe bekannt. Die Waffenherstellung hat
entscheidenden Anteil am erfolgreichen Exportgewerbe. Im 17.
Jahrhundert erreichen der europaweite Handel mit Waffen und
die Produktion von Waffen und Rüstungen ihren Höhepunkt. Das
neutrale Köln wird von allen Kriegsparteien als Nachschubbasis
genutzt. Der Dreissigjährige Krieg ist ein Massen- und
Materialkrieg. Überbordende Zahlen von Soldaten fordern Massen
von Waffen und Ausrüstungen. Die Folge: Der Kölner
Waffenhandel boomt.>
Gewehre und Säbel aus der Kölner
Waffenproduktion während des 30-jährigen Krieges
(Sonderausstellung Köln 2014)
Köln verdient sich mit der Waffenproduktion im
Dreissigjährigen Krieg eine "goldene Nase", und rundherum
sterben die Leute oder werden zu Krüppeln gemacht:
<Musketen und Moneten - Köln und die Kriegswirtschaft
Im Frühjahr 1626 rügt der kaiserliche Feldherr Tilly die
Kölner, weil der gegen ihn kämpfende König von Dänemark in
Köln Waffen gekauft hat. Der Kölner Rat legt beim Kaiser
Beschwerde ein: Einer freien Handelsstadt wie Köln dürfe man
ihr Gewerbe nicht verwehren. Köln spielt als Handelsplatz für
kriegswichtige Güter eine wichtige Rolle für alle
Kriegsparteien. Und dies ungeachtet der Reichs- und
Kaisertreue.
Die Stadt ist nicht nur Drehscheibe des Handels. Viele Waffen
werden sogar in Köln produziert. Gleichzeitig werden in Köln
Truppen mit Gütern des alltäglichen Bedarfs versorgt: Brot,
aber auch Kleidung und Schuhwerk kann hier bestellt werden.
Sogar Söldner lassen sich in Köln anwerben. Und die Kölner
verdienen! Schon damals ist Waffenhandel ein "diskretes"
Geschäft. Deshalb sind nur wenige Namen dieser Händler
bekannt. Einer ist Johann Bolandt [auch Johann von Boland],
von 1603 bis zu seinem Tod immer wieder Bürgermeister und
damit einer der führenden Kölner Köpfe im Dreissigjährigen
Krieg.>
Bürgermeister und Waffenfabrikant Johann von Bolandt
Einer der Kölner Waffenfabrikanten ist also auch gleichzeitig
der Bürgermeister: Johann von Bolandt, Bürgermeister von Köln
1603-1645.
<Waffenhändler und Bürgermeister: Johann Bolandt
Johann Bolandt, hier in Bürgermeisterkleidung, ist Mitglied
der einflussreichen Gaffel [Berufszunft] Schwarzhaus. Er gilt
als politischer "Hardliner" auf Seiten der
Kaiserlich-Katholischen. Als international tätiger
Waffenhändler schickt er Waffen aus heimischer Produktion nach
Spanien und Portugal.> [und dort werden die Waffen dann im
30-jährigen Krieg oder auch im Kolonialismus gegen die ganze
Welt angewandt].
<Wie aus einem Katalog
Die beiden Kupferstiche stammen aus dem Exerzierbuch von Jacob
de Geyn: "Von Röhren, Musquetten und Spiessen". Sie zeigen
zeitgenössische Waffen und Rüstungen und den richtigen Umgang
mit der Technik verschiedenster Waffen.>
Und das Geschäft mit dem Tod funktioniert in Köln ohne Ende.
Die Truhen füllen sich ohne Ende:
Eine Eisentruhe
<Unmengen an Geld schwemmt der Waffenhandel in die privaten
und städtischen Kassen - wie in diese Eisentruhe des 17.
Jahrhunderts.>
In solchen Eisentruhen wurden die
Kölner Kriegsprofite eingelagert... (Sonderausstellung Köln
2014)
Köln als katholische Stadt vertreibt Protestanten
Beispiele:
-- die protestantischen Eltern von Anna Maria Schurmann aus
Holland müssen 1610 Köln wieder verlassen, wohin sie vorher
geflüchtet waren
<Das "Mirakel von Köln": Anna Maria Schurmann (Anna
Maria von Schurmann, Anna Maria von Schürmann)
Die Eltern Anna Maria Schurmanns sind protestantische
Flüchtlinge aus den Spanischen Niederlanden, die in Köln
Zuflucht suchen.> Die Familie stammt aus Antwerpen und nach
der spanischen Besetzung flüchten sie 1585 nach Köln [web02].
<So wird sie 1607 in Köln geboren. Doch schon 1610 (oder
1615 [web02]) muss die Familie wegen ihres Glaubens Köln
wieder verlassen. Die Spannungen zwischen den Religionen
nehmen zu.> Die Familie zieht nach Utrecht und lebt
vorübergehend auch in der holländisch-friesischen
Universitätsstadt Franeker [web01]. Anna Maria darf nicht in
die höheren Schulen, lernt aber alles bei den Brüdern und beim
Vater [web02].
<Anna Maria erhält gemeinsam mit ihren Brüdern Unterricht
und erlernt zwölf Sprachen. Ihre wissenschaftlichen und
publizistischen Aktivitäten werden viel bestaunt und verhelfen
ihr zu ihrem Beinamen "Mirakel von Köln". Der Kupferstich ist
von ca. 1630.> 1637 trägt Anna Maria mit einem Gedicht zur
Gründung der Universität in Utrecht bei. 1638 schreibt sie
eine "Dissertatio" mit der Argumentation für Frauenbildung
auch an Universitäten, um "christliche" Frauenfeinde in die
Schranken zu weisen [web01]. Anna Maria (von) Schurmann
<publizierte ihre Werke in Französisch, Deutsch, Englisch,
Italienisch, Griechisch, Hebräisch, Syrisch, Chaldäisch,
Arabisch und Äthiopisch. Außerdem beherrschte sie die
Stickerei, Glasmalerei, das Zeichnen, die Bossierkunst
[Modellieren], Musik und Malerei. Im Alter von 30 Jahren
feierte Anna Maria von Schurmann die Einweihung der 1636
gegründeten Universität Utrecht mit lateinischen Versen. In
der Folgezeit setzte sie sich energisch für die Zulassung der
Frauen zum Studium ein. Bald verehrte man sie als „Stern von
Utrecht“, „holländische Sappho“ und „holländische
Minerva“.> [web02]
Anna Maria Schurmann, Portrait -
ihre protestantische Familie wurde 1610 aus Köln verjagt,
und während des Krieges wird Anna-Maria eine sehr weise
Frau...
(Sonderausstellung Köln 2014)
Köln als "neutrale" Insel ist Fluchtinsel für hohe
Katholiken
Köln wird im Dreissigjährigen Krieg zur "neutralen" Insel mit
einer "Neutralität" und fungiert als wirtschaftliches,
kulturelles und geistiges Zentrum. Köln kann sich hinter einer
imposanten, mittelalterlichen Stadtmauer sicher fühlen. Viele
hohe, katholische "Würdenträger" flüchten nach Köln in der
Hoffnung, von Köln aus Gebiete zurückzuerobern, die sie gegen
die Protestanten verloren haben. Dabei werden die "heiligsten"
Gegenstände aus katholischen Klöstern und Kirchen mit nach
Köln gebracht.
Katholische, "heilige"
Wertgegenstände werden nach Köln gebracht - hier Beispiele
aus Kamp, Siegburg, Speyer und Mainz
(Sonderausstellung Köln 2014)
Teile der Bevölkerung von Köln lassen sich aber den
Fortschritt, selbst die Bibel in der Landessprache zu lesen
und einfache Gottesdienste ohne den katholischen
Schnickschnack in der Landessprache zu erhalten, kaum mehr
nehmen. Die Protestanten leben in Köln im Untergrund - noch.
Es folgen Beispiele für die katholischen Fluchtbewegung nach
Köln:
"Kirchliche Würdenträger" flüchten nach Köln
<Köln betreibt eine Politik der strikten Neutralität. Doch
gleichzeitig ist die Stadt als Bühne der nationalen und
internationalen Prominenz eng mit den Ereignissen in Europa
verbunden. Kirchliche Würdenträger flüchten vor den Schweden
nach Köln und versuchen von hier aus, ihre Territorien
zurückzuerlangen.>
<Mit Sack und Pack nach Köln - Zufluchtsort und Tresor
des katholischen Reiches
Durch seine gewaltige Stadtmauer bietet Köln Flüchtlingen in
Kriegs- und Krisenzeiten immer wieder Schutz. Das ist
nachvollziehbar - aber auch für andere befestigte Städte der
Fall.
Doch als einzige Stadt wird Köln bevorzugtes Asyl geistlicher
Würdenträger und damit Aufbewahrungsort zahlreicher hierher in
Sicherheit gebrachter Kirchenschätze.
Verlockend für diese Flüchtlinge aus den katholischen Regionen
sind Kölns grosse Wehranlage und seine intakte Infrastruktur.
Und dass Köln als einzige grosse Freie Reichsstadt katholisch
geblieben ist. Köln bietet sich an als Zufluchtsort für Stifte
und Klöster. Fast alle Ordensgemeinschaften sind mit
Niederlassungen in der Stadt vertreten.
Besonders viele katholische Institutionen flüchten während der
Schwedenkriege nach Köln (Besetzung halb Deutschlands bis nach
München 1630-1635 und schwedisch-französische Kriege 1635-1648
[web11]). Sogar der kostbare Reliquienschrein mit den Gebeinen
des heiligen Bonifatius, des "Apostels der Deutschen", gelangt
nach Köln.
Bei den meisten Flüchtlingen lässt sich nur vermuten, was sie
nach Köln mitbringen und hier lagern, da meist keine
Inventarlisten geführt werden oder erhalten sind.>
Beispiele von Fluchten nach Köln
-- 1629 flüchtet die Essener Fürstäbtissin Gräfin Maria Clara
von Spaur in das Kölner Zisterzienserkloster St. Mariengarten
an der Burgmauer und stirbt dort 1644
1631: Eine ganze "Fürstengruppe" flüchtet nach Köln
Mit dieser Fürstengruppe, die vor den schwedischen Armeen
flüchtet, kommen zum Teil neue konservative Kräfte nach Köln:
<Köln als Fluchtburg
Wie alle befestigten Städte im Reich ist Köln ein Zufluchtsort
für Schutzsuchende. Aussergewöhnlich sind jedoch die Gäste,
denen die Reichsstadt Schutz bietet. Als einzige, grosse
katholische Reichsstadt sind es besonders zahlreiche
Kirchenfürsten, die vor allem während des schwedischen Krieges
nach Köln fliehen. Köln bietet den Fürsten ideale Bedingungen,
um sich als dritte Macht im Reich neben den beiden Dynastien
der Habsburger und Wittelsbacher zu positionieren. von hier
aus - ausserhalb des Machtbereichs der Habsburger - wollen sie
durch ihre Politik ihre verlorenen Gebiete wieder
zurückgewinnen. Konflikte zwischen der Neutralitätspolitik des
Gastgebers und den kurfürstlichen Gästen sind vorprogrammiert.
Wird man so doch zwischen die Fronten gezogen und hat
gleichzeitig keinerlei rechtliche Handhabe gegen die
exilierten Fürsten. Erst 1634 wird die Stadt die Fürstengruppe
wieder los und kann ihre eigene Politik fortführen.>
-- im Dezember 1631 flüchtet der Erzbischof von Würzburg nach
Köln und manipuliert da mit systematischer Bestechung die
katholische Politik (Franz von Hatzfeld wird beauftragt,
Frankreich vom Bündnis mit dem protestantischen Schweden
abzubringen, aber Richelieu lässt sich nicht umstimmen; nach
einem katholischen Sieg im September 1634 bei Nördlingen kehrt
Franz von Hatzfeldt im November 1634 kehrt er nach Bamberg
zurück und trifft in Stuttgart nebenbei noch den neuen Kaiser
Ferdinand II. getroffen hatte [web08])
<Reicher Flüchtling aus Würzburg: Franz von Hatzfeldt
Franz von Hatzfeldt, seit 1631 Fürstbischof von Würzburg,
flieht im Dezember 1631 nach Köln. Er bestimmt massgeblich die
Politik der ebenfalls nach Köln geflohenen katholischen
Reichsfürsten. Dabei helfen ihm grosse Geldsummen, die er mit
sich führt... [...] Kupferstich 1634>
Franz von Hatzfeldt, Kupferstich von Johann Salver [2]
-- mit Franz von Hatzfeldt kommt auch Johann Philipp von
Schönborn nach Köln, ein Mitglied des Würzburger Domkapitels
<Flucht nach Köln und katholische Karriere: Johann Philipp
von Schönborn
Im Gefolge des Würzburger Fürstbischofs Franz von Hatzfeldt
kommt 1631 auch Johann Philipp von Schönborn nach Köln. Er ist
Mitglied des Würzburger Domkapitels. Nach dem Tod von
Hatzfeldts (in Würzburg 1642 [web08]) startet er eine grosse
Karriere: 1642 wird er Bischof von Würzburg, 1647 Erzbischof
von Mainz und 1663 zusätzlich noch Bischof von Worms. [...]
Kupferstich 1653 oder 1658, unbekannt>
Johann Philipp von Schönborn mit
Pferd (Sonderausstellung Köln 2014)
-- am 15.12.1631 erreicht der Fürstbischof von Osnabrück und
Regensburg, Franz Wilhelm von Wartenberg, die Stadt Köln und
hetzt für eine gewaltsame Gegenreformation
<Unnachgiebiger Fürstbischof aus Osnabrück: Franz Wilhelm
von Wartenberg
Am 15. Dezember 1631 trifft aus Osnabrück Bischof Franz
Wilhelm Kardinal Reichsgraf von Wartenberg in Köln ein. Er ist
Fürstbischof von Osnabrück und Regensburg und leitet zudem die
Diözesen Minden und Verden. Der Kirchenfürst entstammt einer
Seitenlinie der bayerischen Wittelsbacher. Er tritt offensiv
für eine gewaltsame Gegenreformation im Reich ein. Vorlage:
Anselm van Hulle - Stecher: Cornelis Galle d.J., 1648,
Kupferstich>
Franz Wilhelm von Wartenberg,
Portrait (Sonderausstellung Köln 2014)
-- am 22.12.1631 flieht Anselm Casimir Wamboldt, der Kurfürst
und Erzbischof von Mainz und gleichzeitig Erzkanzler des
Reichs, von Mainz nach Köln und kehrt 1636 dann nach Mainz
zurück
<Von Mainz nach Köln und zurück: Anselm Casimir Wamboldt
von Umstadt
Anselm Casimir Wamboldt von Umstadt ist Kurfürst und
Erzbischof von Mainz sowie Erzkanzler des Reichs. Mit dem
Schiff flieht er am 22. Dezember 1631 von Mainz den Rhein
hinab. Mit ihm nach Köln kommt ein grosser Teil des Mainzer
Stiftsadels und des hohen Klerus. Erst am 13. Juni 1636 kann
von Umstadt Köln wieder verlassen - nachdem kaiserliche
Truppen Mainz zurückerobert haben und die rund 3000 Mann
starke schwedische Besatzung abgerückt ist. [....] Kupferstich
von unbekannt, 1640/1646>
Anselm Casimir Wamboldt von Umstadt
(Sonderausstellung Köln 2014)
-- wiederholte Flucht nach Köln: Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm
von Pfalz-Neuburg
<Nach Köln mit Reliquien: Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm von
Pfalz-Neuburg
Auch der Pfalzgraf von Jülich-Berg Wolfgang Wilhelm von
Pfalz-Neuburg flüchtet während des Dreissigjährigen Krieges
immer wieder nach Köln, um sich hier in Sicherheit zu bringen.
Dabei lässt er in Köln zeitweise auch Reliquien in Sicherheit
bringen. Maler: Johann Spilberg der Jüngere - Stecher: Theodor
Matham, Kupferstich 1648 (?)>
Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm von
Pfalz-Neuburg (Sonderausstellung Köln 2014)
Die Flucht von Maria von Medici nach Antwerpen, Amsterdam
und Köln
-- 1630 verliert Maria von Medici den Machtkampf in Paris
gegen Kardinal Richelieu und flüchtet 1631 aus Frankreich in
die Spanischen Niederlande, den Kriegsfeind. 1638 bereiten ihr
die neuen protestantischen Generalstaaten einen Staatsempfang
in Amsterdam.
<Maria von Medici: Porträt von Van Dyck
Vorlage ist ein Gemälde von Anthonis van Dyck. Der flämische
Barockmeister lernt Maria von Medici 1631 in Antwerpen kennen.
Hier entsteht ihr Bild in Trauerkleidung - als Witwe des
ermordeten, französischen Königs Heinrich IV. 1636 siedelt
Maria nach Amsterdam über, dann nach London. Hier wird van
Dyck zum gefragten Hofmaler. Stecher: Pieter van Sompel
- Zeichner: Pieter Claesz Soutman, nach einem Gemälde von
Anthonis van Dyck von 1631 - um 1635>
Maria von Medici in Antwerpen 1631
(Sonderausstellung Köln 2014)
<Einzug der Maria von Medici in Amsterdam
Zuerst flüchtet Maria [im Jahre 1631 von Paris aus] in die
Spanischen Niederlande [nach Antwerpen]. Die Königsmutter
[lebt nun] bei Frankreichs Feinden - Richelieu tobt. 1638
sucht sie Zuflucht in den protestantischen Generalstaaten.
Hier bereitet ihr die junge Republik der Vereinigten
Niederlande einen Staatsempfang. Diesen hält der Künstler
Pieter Nolpe in einer sechsteiligen Bildfolge fest. Zu sehen
ist das Schlussbild: Maria trifft in ihrer Kutsche in
Amsterdam ein. Pieter Nolpe 1638, Radierung.>
Maria von Medici erreicht mit einer
Kutsche Amsterdam, Empfang 1638 (Sonderausstellung Köln
2014)
<Eine Königsmutter im Kölner Exil - Maria von Medici
Als machthungrige Konkurrentin fällt die Mutter des
französischen Königs bei ihrem Sohn Ludwig XIII. [1617] und
Kardinal Richelieu [1630] in Ungnade. Jahrelang irrt sie auf
der Flucht [ab 1631] durch halb Europa: Brüssel, Amsterdam,
London: Nirgends kann sie bleiben.
-- 1641 flüchtet die französische Königsmutter Maria von
Medici nach Köln: <Hier [in Köln] findet 1641 Maria von
Medici, die Mutter des französischen Königs, ihre letzte
Zuflucht.> Sie findet bei den Karmeliterinnen Zuflucht, die
sie bereits aus Brabant kennt. Als Dank lässt Maria von Medici
aus einem wundersamen Eichenholz aus Brabant Gnadenbilder
schnitzen, die sie den Karmeliterinnen schenkt.
<Im Oktober 1641 wird sie im neutralen Köln aufgenommen.
Das liegt günstig: Bei einer Chance zur Rückeroberung der
Macht ist Frankreich schnell zu erreichen. Mit einem kleinen
Hofstaat nimmt sie Quartier in der Sternengasse 10,
ausgerechnet in dem Haus, wo der von ihr verehrte Maler Rubens
seine Kindheit verbrachte. Als fromme Katholikin pflegt sie
enge Kontakte zu den Kölner Karmelitinnen.>
<Gnadenbild für die frommen Schwestern
1641 erhält die französische Königsmutter Maria von Medici in
Köln Asyl. Verbunden fühlt sie sich mit den Karmelitinnen, die
in der Schnurgasse ihr Kloster errichten. Sie kennt sie
bereits aus Brabant und kann mit ihnen in ihrer Muttersprache
sprechen: Italienisch. Zum Dank vermacht Maria den frommen
Schwestern Gnadenbilder, gefertigt aus dem als wundertätig
verehrten Holz der Scherpenheuveler Eiche aus Brabant. Eines
zeigt diese Bleistiftzeichnung [...]>
Gnadenbild mit pompösen,
katholischen Firlefanz-Kronen - in Köln (Sonderausstellung
Köln 2014)
[All dieser katholische Reichtum kommt aus dem Arabienhandel
(Italien) und seit 1493 aus dem kriminellen
Kolonialismus...]
Maria von Medici lässt eine eigene Kapelle bauen - und
Gnadenbilder schnitzen - Tod 1642 in Köln - Prozession nach
Saint-Denis
<Gnadenbild aus der Kölner Hauskapelle der Medici
Die gebürtige Italienerin Maria von Medici ist eine überzeugte
Katholikin. In der Sternengasse richtet sie eine Hauskapelle
ein. Im Zentrum steht die Verehrung ihrer Namenspatronin, der
heiligen Jungfrau Maria. Aus dem als wundertätig geltenden
Holz der Scherpenheuveler Eiche in Brabant lässt sich die
Medici Marienfiguren schnitzen. Eines dieser barocken
"Gnadenbilder" schenkt sie den Karmelitinnen in der
Schnurgasse, ein anderes wird der Stadt Köln vermacht und in
der Ratskapelle aufgestellt. Beide sind nicht erhalten.
Ein weiteres Gnadenbild aus der Kölner Hauskapelle der Medici
gelangt über die Karmelitinnen und den Kanonikus von St.
Gereon in Privatbesitz - und 1961 in das Kölnische
Stadtmuseum. Mit kostbaren Kleidern ausstaffierte Figuren
umgeben die Madonna. Sie besteht aus dem legendären Holz und
ist mit Wachs überzogen. Im 18. Jahrhundert wird das Ensemble
umgearbeitet und erhält einen neuen Rahmen.
Sog. "Spanisches Bild" der Maria von Medici, 17. Jh., mit
Überarbeitungen des 18. Jh.s; Wachsbossierung über Holz,
Klosterarbeit mit Putten, Reliquien und Schriftbändern.>
Gnadenbild (Skulptur) von Maria von
Medici in Köln mit pompösem, katholischem Firlefanz
(Sonderausstellung Köln 2014)
<Doch auch in Köln findet sie nicht zur Ruhe. Es kommt zu
Aufläufen und Demonstrationen. In Paris lässt sich Richelieu
über Maria in Köln berichten. Sein Spion ist gleichzeitig ihr
Leibarzt, Jean Riolan. Er betreut die schwerkranke Medici, bis
sie am 3. Juli 1642 in Köln stirbt. Monate später zieht eine
Prozession mit ihrem Leichnam aus Köln hinaus - nach
Saint-Denis. Hier wird Marias Körper beigesetzt - ihr Herz in
La Flèche an der Loire - und keinesfalls im Kölner Dom, wie
man lange Zeit glaubte.>
"Heilige" Wertsachen aus katholischen Beständen werden nach
Köln gebracht
Die katholischen "Würdenträger" bringen auf ihrer Flucht nach
Köln reihenweise Wertgegenstände mit. Hier sind ein paar
Beispiele, wie die katholische Diktatur sich mit ein paar
Sachen "hinüberrettet":
<Handschrift aus der Benediktinerabtei Siegburg>
<Aus der näheren Umgebung Kölns kommen 1632 die
Benediktiner der Abtei Siegburg nach Köln. In den hiesigen
Siegburger Hof und nach St. Pantaleon bringen sie ihren
Abteischatz sowie Reliquien und kostbare Schreine der Heiligen
Anno, Mauritius, Benignus, Honoratus und Apollinaris. Ein 1608
entstandenes Inventar verzeichnet die Fülle der Siegburger
Kirchenschätze: mit 22 Reliquienhäuptern, 16 Reliquienkästchen
und 14 Monstranzen - um nur einen kleinen Teil zu nennen. Auch
die reiche Abteibibliothek mit mittelalterlichen, liturgischen
Handschriften wird man mit nach Köln genommen haben. So bleibt
sie erhalten und befindet sich heute in grossen Teilen im
Siegburger Stadtarchiv und der Diözesen- und Dombibliothek
Köln.>
<Chorbuch aus dem Mainzer Karmeliterkloster>
<Zwischen 1631 und 1636 suchen auch die Karmeliter aus
Mainz Zuflucht in Köln. Es ist davon auszugehen, dass sie ihre
prächtigen Chorbücher mit hierher bringen und so vor Raub und
Zerstörung retten können.>
Katholische, Kölner Kaufleute finanzieren katholische
Kriegsparteien
Köln als Finanzzentrum wird nun wichtig für viele
Kriegsherren, die in Köln im grossen Stil bei reichen Kölner
Kaufleuten grosse Kredite aufnehmen, um ihre Heere zu
finanzieren, wobei die kriegswichtigen Güter ebenfalls in Köln
eingekauft werden. Kredit und Waffen am selben Ort, und so
geht das Töten fort. Die lukrativen Kriegsgeschäfte machen
Köln zu einer reichen und einflussreichen Stadt - das Geschäft
mit dem Tod.
[Das Kalkül ist in Köln scheinbar, den Katholiken und den
Protestanten gleichzeitig teure Waffen zu verkaufen, aber nur
den Katholiken Kriegskredite zu geben, damit der katholische
Terror der Inquisition, des katholischen Kolonialismus und all
die Verbote zum Bibellesen erhalten bleiben...]
<Köln: Finanzplatz des Krieges
Köln ist Waffenkammer des Reiches. Aber auch Finanzplatz für
die katholische Partei. Besonders die Spanier nutzen die Stadt
für umfangreiche, im Krieg unverzichtbare Finanztransaktionen.
Angesichts der "Schwedengefahr" in den 1630er Jahren wird Köln
neben Wien zum wichtigsten Standort für die Finanzierung der
im Reich geplanten Feldzüge zur Abwehr des schwedischen
Vormarschs. Oft stellen Kölner die Kredite für
Anschubfinanzierungen zur Verfügung. So verleihen 1626 Kölner
Kaufleute 52.000 Reichstaler an die spanische Regierung zur
Finanzierung des Kriegsgeschäftes.
Münzwaagen dienen der Echtheitsprüfung von Münzen und sollen
Betrug durch Abfeilen oder Beschneiden vorbeugen. Durch solche
Tricks kommt es in Kriegszeiten immer wieder zu betrügerischer
Münzentwertung.>
Bauern flüchten immer wieder in die Stadt, um Schutz vor den
Heeren zu suchen.
Viele Bischöfe und Äbte aus ganz Deutschland flüchten mit
ihren katholischen Kirchenschätzen in die Reichsstadt Köln.
Zeitweise wird die Stadt auf diese Weise zum "Schatzhaus des
katholischen Reiches."
Manchmal herrscht Lebensmittelknappheit.
Das Rheinische Convoy-Schiff ab 1633 zum Schutz des Kölner
Hafengeländes
<Zahlreiche Massnahmen wie die Modernisierung der
mittelalterlichen Stadtmauer während des Dreissigjährigen
Kriegs ergriffen, um die Stadt ausreichend zu schützen. So
versucht die Stadt Köln, sich gegen die Einfälle kämpfender
Truppenteile unter anderem durch ein vom Kurfürsten gestelltes
Kriegsschiff auf dem Rhein zu schützen. Im Januar 1633 beginnt
man mit der Ausrüstung des mit Seilen auf dem Rhein gehaltenen
Schiffes mit "notturfftiger ammunition" - mit Munition direkt
aus dem Zeughaus. Doch nötige Reparaturen und Umbauten machen
das Kriegsschiff bald zu einer ausserordentlich kostspieligen,
die städtischen Kassen zusätzlich strapazierenden
Sicherheitsmassnahme von nur zweifelhaftem Wert. Das Modell
wurde nach dem Vorbild der Darstellung dieses Convoy-Schiffs
auf einem Stich von Wenzel Hollar (hier im Ausschnitt) gebaut.
Modell 1:20 - Modellbauer: Max Tutt, Köln 1902>
[Über dieses Convoy-Schiff vor Köln und das Modell von Max
Tutt ist im Internet nichts zu finden - vielleicht kann mal
jemand diese Lücke schliessen].
1632-1636: Wenzel Hollars Radierungen von Köln -
Zeichnungen ohne Ende
<Ein Prager in Köln - Wenzel Hollar
Als Sohn einer protestantischen Familie wird Wenzeslaus bzw.
Wenzel Hollar 1607 in Prag geboren. Als nach den katholischen
Siegen in Böhmen Protestanten verfolgt werden, geht Wenzel
Hollar auf Wanderschaft. Sein Weg führt ihn in die
protestantischen Städte Stuttgart, Strassburg und Frankfurt am
Main. 1632 bis 1636 hält er sich in Köln auf. [...] In seinen
Kölner Jahren entstehen zahlreiche Darstellungen vorwiegend
weiblicher Trachten und Kostüme, obwohl Hollars Schwerpunkt
eigentlich auf der Landschaftsdarstellung liegt. [...] Dann
tritt er in den Dienst des Thomas Lord Howard, Earl of Arundel
and Surrey, Sonderbotschafter des englischen Königs Karls
I.>
<Die grosse Ansicht der Stadt Köln von Wenzel
Hollar (1635)
Hollars Ansicht der Stadt Köln (von 1635 [web12]) lehnt sich
stark an die 1531 von Anton Woensam geschaffene an. Ähnlich
ist der Blick auf den "Kölner Himmel" und die auf Wolken
schwebenden, profanen und sakralen Stadtpatrone. Hollar
verbindet topografische und architektonische Genauigkeit mit
einem ausgesprochenen Sinn für Harmonie. Es entsteht ein
idealtypisch konstruiertes Bild Kölns.
So entspricht es einer grossen, repräsentativen Stadtansicht,
dass der Künstler nicht nur das ins Bild aufnimmt, was er von
der Deutzer Seite aus tatsächlich sieht - sondern
darüberhinaus alle repräsentativen Bauwerke der Stadt. Hollar
gelingt es, eine herrschaftliche und imposante Stadt
darzustellen. Der ursprüngliche Auftraggeber seiner Ansicht
von Köln war Abraham Hogenberg, doch wird sie erst 1656 von
Gerhard Altzenbach veröffentlicht. Radierer: Wenzel Hollar -
Verleger: Gerhard Altzenbach - Köln, 1656, Radierung>
1620-1633: Ausbau der Stadtmauer: Bayernturm (Süden) und
Kunibertsturm (Norden)
1620 wird der Bayernturm (Bayenturm) am Südende von Köln
"verstärkt" [web07].
<Bayernturm und Bottmühle
Hollars Stich zeigt 1635 die Wehranlage am Bayernturm, dem
südlichen Abschluss der Kölner Rheinmauer. Links sieht man das
seit 1632 errichtete, neue Bollwerk, dessen Spitze ein
achteckiges Türmchen mit barocker Haube trägt.>
Der Bayernturm (Bayenturm) mit
seinem Bollwerk aus der Zeit des Dreissigjährigen Kriegs auf
der Radierung von Wenzel Hollar von 1635
(Sonderausstellung Köln 2014)
Ein Blick hinter die Befestigungsanlage bietet Hollars Ansicht
der Bottmühle. "Bott" nennt man die 1550/52 durch Alessandro
Pasqualini angelegte und später eingefriedete Wallplattform an
der Innenseite der Mauer zwischen Severinstor und der Kirche
St. Severin (beide im Hintergrund zu erkennen).>
Auch der Kunibertsturm am Nordende von Köln wird verstärkt:
<Der Kunibertsturm
[Hier sind] die beiden Darstellungen des Kunibertsturms von
Wenzel Hollar, die unmittelbar zusammengehören. Ähnlich wie
das südliche Bollwerk des Bayernturms wird auch dieses
nördliche Bollwerk gut gesichert - dafür sorgen auch die
Geschütze auf der 1633 eingerichteten Plattform. Rheinansicht
des Kunibertsturms. Radierer: Wenzel Hollar, 1635. Radierung.
Landseite des Kunibertsturms, Wenzel Hollar, 1635,
Radierung.>
Medien: Entwicklungen in der Buchbinderei 1618-1648
<1626 werden 28 Buchbinder in Köln aufgeführt. [...] 1644
wird an St. Kunibert die Kunibertsbruderschaft der Kölner
Buchbinder gegründet. Sie besteht mindestens bis 1710. Der
1644 entstandene Siegelstempel zeigt im Mittelbild in der
oberen Hälfte den heiligen Kunibert, der das Modell der Kölner
Kunibertskirche hält. In der unteren Hälfte erkennt man eine
stilisierte Buchbinderpresse. 1644, Inschrift im Mittelbild:
SANCTUS CUN/IBERTUS 1644. Umschrift: SIG DER BUCHBENDER .
GESELSCHAFT IN COLLEN. Messing>
Siegelstempel der Kölner Buchbinder mit der Kunibertskirche
(Sonderausstellung Köln 2014)
Jan von Werth - Beispiel einer deutsch-katholischen
Kriegskarriere im 30-jährigen Krieg
Die Jan-van-Werth-Ecke an der
Sonderausstellung in Köln 2014 (Sonderausstellung Köln 2014)
<Jan von Werth (Johann von Werth)
Vermutlich 1591 geboren ist er schon früh im Militärdienst
aktiv - seit etwa 1630 im Dienst der katholischen Liga unter
dem Kommando des bayerischen Kurfürsten Maximilian. Von Werth
wird prominent: Kühn ausgeführte Kommandoaktionen, Erfolge
seiner Truppe, dann die Erhebung in den Adelsstand durch
Kaiser Ferdinand II. 1635 - ein Privileg, das kaum einem
anderen zuteil wird.>
<Der Held vom Ehrenbreitstein
Aufsehen erregt der zum Reichsfreiherrn aufgestiegene Jan von
Werth besonders durch seinen Vorstoss tief nach Nordfrankreich
1636. Er erhält den Beinamen "Franzosenschreck". 1637 erobern
die Franzosen die kurtrierische Festung Ehrenbreitstein bei
Koblenz und drohen nun, den Rhein zu kontrollieren. Doch von
Werth belagert erfolgreich die Festung, die Franzosen müssen
kapitulieren.>
<Auf dem Höhepunkt seiner Karriere gerät er in französische
Gefangenschaft. Alles ändert sich. Nach der Freilassung 1642
kann er nicht an seine alten Erfolge anknüpfen und zerstreitet
sich mit seinem früheren Förderer Kurfürst Maximilian.
Dennoch: Jan von Werth ist der Prototyp des
Kriegsunternehmers. Dies ist die Grundlage für seinen furiosen
sozialen Aufstieg. Dem einstigen Bauernsohn gelingt eine
Karriere, die ihm militärischen Ruhm, Respekt und den Eintritt
in den Reichsfreiherrenstand beschert.>
<Jan von Werth verkörpert [den] rechtschaffenen
Soldatentypus. In den Wolken wird er begleitet von den
Tugenden Celeritas (Entschlossenheit), Strenuitas
(Betriebsamkeit), Vigilantia (Wachsamkeit), Temperantia
(Mässigung), Pietas (Frömmigkeit), Sinceritas
(Aufrichtigkeit). Auf einem Wagen kommt die Bona Fama (Ruhm)
und von links auf einem Pegasus (Christus-Symbol) ein Reiter
aus dem Himmel. Radierer: Wenzel Hollar - Verleger: Abraham
Hogenberg - Köln, 1635, Radierung>
Jan van Werth auf einem Pferd,
Radierung von Wenzel Hollar 1635 (Sonderausstellung Köln
2014)
Jan van Werth mit fliegendem Pferd und einem Himmelswagen,
Radierung von Wenzel Hollar 1635 (Sonderausstellung Köln
2014)