Kontakt /
                contact     Hauptseite / page
                principale / pagina principal / home     zurück /
                retour / indietro / atrás / back
<<       >>

Köln im 30-jährigen Krieg

6. Kölner Wirtschaft und Fluchtzentrum während des 30-jährigen Krieges

Waffen - Buchdruck - Buchbinderei - Medien - Goldschmiede - Schnitzer und Steinmetze - Flüchtlinge -- der halb fertige Dom -- Stadtleben -- ab 1623 tagt die "Spanische Liga" in Köln -- katholischer Buchdruck - Waffenproduktion für alle Kriegsparteien ohne Ende - das Geschäft mit dem Tod - Vertreibung von Protestanten - Anna Maria Schurmann - eine Fürstengruppe 1631 flüchtet nach Köln - Maria von Medici bis 1642 - katholische Reliquien und Wertgegenstände werden nach Köln gerettet - das Convoy-Schiff ab 1633 - Wenzel Hollars Radierungen - die Stadtmauer wird ausgebaut - Jan von Werth, der "Franzosenschreck"

Das Druckereigewerbe in Köln im 17. Jh.  Verziertes Schiessgewehr aus der Zeit des
              Dreissigjährigen Krieges  Das
              Convoy-Schiff von Köln aus dem Dreissigjährigen Krieg in
              einem Modell von Max Tutt von 1902
Das Druckereigewerbe in Köln im 17. Jh. - und Waffenverkäufe ohne Ende - das Convoy-Schiff soll den Hafen schützen (Modell von Max Tutt von 1902)

aus: Sonderausstellung des Stadtmuseums Köln 2014 "Köln in unheiligen Zeiten. Die Stadt im dreissigjährigen Krieg"

präsentiert von Michael Palomino (2014)

Teilen / share:

Facebook








6. Kölner Wirtschaft und Fluchtzentrum während des 30-jährigen Krieges

Waffen - Buchdruck - Buchbinderei - Medien - Goldschmiede - Schnitzer und Steinmetze - Flüchtlinge

Köln ist zur Zeit des 30-jährigen Krieges von 1618 bis 1648
-- ein Zentrum für die Waffenproduktion
-- ein Zentrum für Medienschaffende mit katholischem Buchdruck, Buchbinderei und Zeitung
-- ein Zentrum der sakralen Goldschmiedekunst und Schnitzkunst
-- ein Zentrum für katholische Flüchtlinge.

Offiziell gibt sich Köln nun "neutral" und verkauft an alle Kriegsparteien gleichzeitig ihre Waffen aus der Kölschen Waffenproduktion. Und in Köln werden Kriegskredite verteilt, aber nur an die katholische Kriegspartei. Nicht nur das: Köln wird der Konferenzort der "Katholischen Liga".

[Der halb fertige Dom
Der Dom ist seit dem 14. Jh. nur halb fertig und wenn die Protestanten kommen, wer weiss, was dann mit dem halbfertigen Dom passiert! Es kann angenommen werden, dass dieser Faktor des erst halbfertigen Doms bei den ganzen Manipulationen der katholischen Kirche in Köln eine gewisse Rolle spielt. Wieso der Dom dann erst von den protestantischen Preussen fertiggebaut wurde, das steht auf einem anderen Blatt...]

Der halbfertige Dom in Köln
              zwischen dem 14. Jh. und 1842 - eine Provokation für alle
              Katholikenfürsten von ausserhalb
Der halbfertige Dom in Köln zwischen dem 14. Jh. und 1842 - eine Provokation für alle Katholikenfürsten von ausserhalb [1]
(Auf dem halbfertigen Turm ist ein Kran montiert).

<Stadtleben
Mit etwa 42.000 Einwohnern gehört Köln im 17. Jahrhundert zu den grössten Städten im Reich. Auch in Kriegszeiten herrscht hier ein vielfältiges, gesellschaftliches Leben.

Die exklusive Kölner Oberschicht besteht hauptsächlich aus reichen Grosskaufleuten - häufig als Profiteure des Kriegstreibens hinter schützenden Stadtmauern. Durch eine repräsentative Mode- und Wohnkultur trägt man es einen Wohlstand selbstbewusst zur Schau. Schon die Kleinsten werden mit aufwändiger Kleidung und passendem Spielzeug standesgemäss auf das Erwachsenenleben vorbereitet.

Doch der Alltag bleibt nicht unberührt von ständiger Bedrohung durch Kriege und Krisen. Viele suchen auch im Privatleben nach Halt im Glauben - das Ergebnis ist eine ausgeprägte häusliche Frömmigkeit. Kaum ein Entrinnen gibt es bei Epidemien und Krankheiten. Sie führen häufig zum Tode oder zu sozialer Ausgrenzung, wie die Leprosenanstalt ausserhalb der Stadtmauern zeigt.

Die unteren Gesellschaftsschichten gehören zu den klaren Verlierern des Krieges. Zwar bleiben die Lebensmittelpreise erstaunlich konstant, doch gerade die Zahl der Bettler und anderer sozialer "Aussenseiter" steigt immer weiter an - nicht zuletzt durch den grossen Zulauf an verarmten Flüchtlingen, die in Köln Schutz suchen.>

Ab 1623 tagt die "Spanische Liga" in Köln
Ab 1623 tagt die Spanische Liga in Köln [!!!] im grossen Versammlungsbau "Neuer Bau" am Rathausplatz.

Medien 1618-1648: Köln wird das katholische Druckereizentrum für Mitteleuropa

<Köln ist im Dreissigjährigen Krieg ein zentraler Ort der Nachrichtenkommunikation, des katholischen Buchdrucks und des Zeitungswesens.>

<"Alda viel schöner Bücher werden in Druck gebracht" - Köln als katholisches Druckzentrum

Schon in der Frühzeit von Buchdruck und -handel bot Köln als hervorragender Wirtschaftsstandort gute Möglichkeiten. Im Gegensatz zu den anderen Druckorten im Reich ist für Köln gerade in den kriegerischen Zeiten der 1620er Jahre eine Gründungswelle mehrerer grosser Offizinen festzustellen. So entwickelte sich die Stadt während des 17. Jahrhunderts nahezu konkurrenzlos zum katholischen Druckerzentrum im Reich.

Mit ihrer Verlagsproduktion unterstützten die Kölner Drucker die katholische Konfessionalisierung im gesamten Reichsgebiet und weit darüber hinaus. Vor allem bildete Köln die zentrale Vermittlungsstelle für katholische, geistliche Literatur aus dem spanisch-habsburgischen Bereich in den deutschen Kulturraum. Ferner entstanden Gesang- und Andachtsbücher, Heiligenbiographien, Bibeltexte sowie weitere theologische Gebrauchstexte. Für fast alle bedeutenden Kölner Druckerverleger des 17. Jahrhunderts war die enge Vernetzung mit dem Jesuitenorden von grundsätzlicher, wirtschaftlicher und inhaltlicher Bedeutung. Dieser Bedeutung waren sich bereits die Zeitgenossen bewusst, wie das Zitat von 1656 zeigt.>

Das Druckereigewerbe in Köln im 17. Jh.
vergrössernDas Druckereigewerbe in Köln im 17. Jh. (Sonderausstellung Köln 2014)

Beispiel eines katholischen Bestsellers in Köln: "Heiligenviten" von Laurentius Surius

Mit den Heiligenviten von Laurentius Surius, die in Köln 1616 bis 1618 neu aufgelegt werden, machen die Kölner Herausgeber ein glänzendes Geschäft:

<Neu aufgelegter Kölner Bestseller: Die Heiligenviten des Laurentius Surius

Die monumentale Edition der "Heiligenviten" ist die Krönung des Werks des Theologen Laurentius Surius (1523-1578). Jahrzehntelang ist er an der Kölner Kartause im Sinne der Gegenreformation tätig.

Im 17. Jahrhundert wird sein umfangreiches Werk wieder aufgelegt - von Johann Krebs / Kreps, dem Nachfolger des Arnold Quentel. Die lateinische Ausgabe erscheint in Köln zwischen 1616 und 1618. Surius' Buch wird zum Bestseller der katholischen Buchproduktion in Köln - mit Wirkungen in den gesamten katholisch  geprägten Raum.

Das Verfasserbild zeigt ihn am Schreibtisch. Das Fenster gibt den Blick auf die Kölner Kartäuserkirche frei, das einstige Zentrum der katholischen Gelehrsamkeit. "De Probatis Sanctorum Vitis", Monat Juli. Autor: Laurentius Surius, lateinische Ausgabe 1616-1618, Köln, Kreps und Mylius>

Laurentius Surius: Heiliges Leben, Titelblatt mit
                Engel
vergrössernLaurentius Surius: Heiliges Leben, Titelblatt mit Engel (Sonderausstellung Köln 2014)

[Auf dem Sektor der Zeitung findet während des 30-jährigen Krieges keine grosse Weiterentwicklung statt sondern es bleibt bei den Wochenblättchen].


Die Oberschicht - die Mittelschicht - die Unterschicht in Köln im 17. Jh.

<Tummelplatz Kölner Stadtgesellschaft

... ist seit je her der Alte Markt.

Der Alte Markt in Köln im 17. Jahrhundert
vergrössernDer Alte Markt in Köln im 17. Jahrhundert (Sonderausstellung Köln 2014)

Hier, im Schatten des Rathausturms, trifft sich alles und versorgt sich mit dem "däglichen muiss kram, "korpmacher kräm" oder "kappes".

Wie setzt sich die Stadtgesellschaft zusammen? In Köln können die klassischen Definitionen von Ober-, Mittel- und Unterschicht nur als grobe Orientierung dienen.

In der Oberschicht finden sich ausser alteingesessenen Familien und Akademikern vor allem Gross- und Fernkaufleute sowie gewerbliche Grossunternehmer.

Eine Definition der Mittelschicht fällt für Köln wegen fehlender Quellen schwer: Steht der mittlere Verleger von Einblattdrucken sozial wirklich höher als der selbständige Handwerksmeister? Man weiss es nicht.

Auch die Unterschicht setzt sich sehr unterschiedlich zusammen - von Dienstboten über Tagelöhner, Handels- und Verkehrsarbeiter bis zu Hausarmen und (Berufs-)Bettlern.>

-- Kinder der Oberschicht von Köln werden bereits in Erwachsenenkleider gesteckt

Kinder der Oberschicht werden in Erwachsenenkleider
                gesteckt
vergrössernKinder der Oberschicht werden in Erwachsenenkleider gesteckt (Sonderausstellung Köln 2014)

Köln als "neutrale" Insel für die Waffenproduktion für alle Seiten - das Geschäft mit dem Tod

<Aus Köln: Material des Krieges
Seit dem hohen Mittelalter ist die Stadt Köln für ihr Metallgewerbe bekannt. Die Waffenherstellung hat entscheidenden Anteil am erfolgreichen Exportgewerbe. Im 17. Jahrhundert erreichen der europaweite Handel mit Waffen und die Produktion von Waffen und Rüstungen ihren Höhepunkt. Das neutrale Köln wird von allen Kriegsparteien als Nachschubbasis genutzt. Der Dreissigjährige Krieg ist ein Massen- und Materialkrieg. Überbordende Zahlen von Soldaten fordern Massen von Waffen und Ausrüstungen. Die Folge: Der Kölner Waffenhandel boomt.>

Gewehre und Säbel aus der Kölner Waffenproduktion
                während des 30-jährigen Krieges
vergrössernGewehre und Säbel aus der Kölner Waffenproduktion während des 30-jährigen Krieges (Sonderausstellung Köln 2014)

Köln verdient sich mit der Waffenproduktion im Dreissigjährigen Krieg eine "goldene Nase", und rundherum sterben die Leute oder werden zu Krüppeln gemacht:

<Musketen und Moneten - Köln und die Kriegswirtschaft
Im Frühjahr 1626 rügt der kaiserliche Feldherr Tilly die Kölner, weil der gegen ihn kämpfende König von Dänemark in Köln Waffen gekauft hat. Der Kölner Rat legt beim Kaiser Beschwerde ein: Einer freien Handelsstadt wie Köln dürfe man ihr Gewerbe nicht verwehren. Köln spielt als Handelsplatz für kriegswichtige Güter eine wichtige Rolle für alle Kriegsparteien. Und dies ungeachtet der Reichs- und Kaisertreue.

Die Stadt ist nicht nur Drehscheibe des Handels. Viele Waffen werden sogar in Köln produziert. Gleichzeitig werden in Köln Truppen mit Gütern des alltäglichen Bedarfs versorgt: Brot, aber auch Kleidung und Schuhwerk kann hier bestellt werden. Sogar Söldner lassen sich in Köln anwerben. Und die Kölner verdienen! Schon damals ist Waffenhandel ein "diskretes" Geschäft. Deshalb sind nur wenige Namen dieser Händler bekannt. Einer ist Johann Bolandt [auch Johann von Boland], von 1603 bis zu seinem Tod immer wieder Bürgermeister und damit einer der führenden Kölner Köpfe im Dreissigjährigen Krieg.>

Vitrine mit Waffen und einem Gemälde mit Johann
                Bolandt  Waffenproduzent und Bürgermeister Johann Bolandt,
                Portrait
vergrössernVitrine mit Waffen und einem Gemälde mit Johann Bolandt - Waffenproduzent und Bürgermeister Johann Bolandt, Portrait (Sonderausstellung Köln 2014) vergrössern


Bürgermeister und Waffenfabrikant Johann von Bolandt

Einer der Kölner Waffenfabrikanten ist also auch gleichzeitig der Bürgermeister: Johann von Bolandt, Bürgermeister von Köln 1603-1645.

Verzierte Waffen und Musketen aus der Zeit des
                Dreissigjährigen Krieges  Verziertes Schiessgewehr aus der Zeit des
                Dreissigjährigen Krieges
vergrössernVerzierte Waffen und Musketen aus der Zeit des Dreissigjährigen Krieges - beim Gewehr sehen die Verzierungen nach Elfenbein und Schildpatt aus...vergrössern
(Sonderausstellung Köln 2014)

<Waffenhändler und Bürgermeister: Johann Bolandt
Johann Bolandt, hier in Bürgermeisterkleidung, ist Mitglied der einflussreichen Gaffel [Berufszunft] Schwarzhaus. Er gilt als politischer "Hardliner" auf Seiten der Kaiserlich-Katholischen. Als international tätiger Waffenhändler schickt er Waffen aus heimischer Produktion nach Spanien und Portugal.> [und dort werden die Waffen dann im 30-jährigen Krieg oder auch im Kolonialismus gegen die ganze Welt angewandt].

<Wie aus einem Katalog
Die beiden Kupferstiche stammen aus dem Exerzierbuch von Jacob de Geyn: "Von Röhren, Musquetten und Spiessen". Sie zeigen zeitgenössische Waffen und Rüstungen und den richtigen Umgang mit der Technik verschiedenster Waffen.>

Waffenwerbung zeigt die Handhabung eines Spiess 01  Waffenwerbung zeigt die Handhabung
                eines Spiess 02
vergrössernWaffenwerbung zeigt die Handhabung eines Spiess 01+02 (Sonderausstellung Köln 2014) vergrössern

Und das Geschäft mit dem Tod funktioniert in Köln ohne Ende. Die Truhen füllen sich ohne Ende:

Eine Eisentruhe
<Unmengen an Geld schwemmt der Waffenhandel in die privaten und städtischen Kassen - wie in diese Eisentruhe des 17. Jahrhunderts.>

In solchen Eisentruhen wurden die Kölner
                Kriegsprofite eingelagert...
vergrössernIn solchen Eisentruhen wurden die Kölner Kriegsprofite eingelagert... (Sonderausstellung Köln 2014)

Köln als katholische Stadt vertreibt Protestanten

Beispiele:
-- die protestantischen Eltern von Anna Maria Schurmann aus Holland müssen 1610 Köln wieder verlassen, wohin sie vorher geflüchtet waren

<Das "Mirakel von Köln": Anna Maria Schurmann (Anna Maria von Schurmann, Anna Maria von Schürmann)

Die Eltern Anna Maria Schurmanns sind protestantische Flüchtlinge aus den Spanischen Niederlanden, die in Köln Zuflucht suchen.> Die Familie stammt aus Antwerpen und nach der spanischen Besetzung flüchten sie 1585 nach Köln [web02]. <So wird sie 1607 in Köln geboren. Doch schon 1610 (oder 1615 [web02]) muss die Familie wegen ihres Glaubens Köln wieder verlassen. Die Spannungen zwischen den Religionen nehmen zu.> Die Familie zieht nach Utrecht und lebt vorübergehend auch in der holländisch-friesischen Universitätsstadt Franeker [web01]. Anna Maria darf nicht in die höheren Schulen, lernt aber alles bei den Brüdern und beim Vater [web02].

<Anna Maria erhält gemeinsam mit ihren Brüdern Unterricht und erlernt zwölf Sprachen. Ihre wissenschaftlichen und publizistischen Aktivitäten werden viel bestaunt und verhelfen ihr zu ihrem Beinamen "Mirakel von Köln". Der Kupferstich ist von ca. 1630.> 1637 trägt Anna Maria mit einem Gedicht zur Gründung der Universität in Utrecht bei. 1638 schreibt sie eine "Dissertatio" mit der Argumentation für Frauenbildung auch an Universitäten, um "christliche" Frauenfeinde in die Schranken zu weisen [web01]. Anna Maria (von) Schurmann <publizierte ihre Werke in Französisch, Deutsch, Englisch, Italienisch, Griechisch, Hebräisch, Syrisch, Chaldäisch, Arabisch und Äthiopisch. Außerdem beherrschte sie die Stickerei, Glasmalerei, das Zeichnen, die Bossierkunst [Modellieren], Musik und Malerei. Im Alter von 30 Jahren feierte Anna Maria von Schurmann die Einweihung der 1636 gegründeten Universität Utrecht mit lateinischen Versen. In der Folgezeit setzte sie sich energisch für die Zulassung der Frauen zum Studium ein. Bald verehrte man sie als „Stern von Utrecht“, „holländische Sappho“ und „holländische Minerva“.> [web02]

Anna Maria Schurmann, Portrait
vergrössernAnna Maria Schurmann, Portrait - ihre protestantische Familie wurde 1610 aus Köln verjagt, und während des Krieges wird Anna-Maria eine sehr weise Frau...
(Sonderausstellung Köln 2014)

Köln als "neutrale" Insel ist Fluchtinsel für hohe Katholiken
Köln wird im Dreissigjährigen Krieg zur "neutralen" Insel mit einer "Neutralität" und fungiert als wirtschaftliches, kulturelles und geistiges Zentrum. Köln kann sich hinter einer imposanten, mittelalterlichen Stadtmauer sicher fühlen. Viele hohe, katholische "Würdenträger" flüchten nach Köln in der Hoffnung, von Köln aus Gebiete zurückzuerobern, die sie gegen die Protestanten verloren haben. Dabei werden die "heiligsten" Gegenstände aus katholischen Klöstern und Kirchen mit nach Köln gebracht.

Katholische, "heilige" Wertgegenstände
                werden nach Köln gebracht - hier Beispiele aus Kamp,
                Siegburg, Speyer und Mainz
vergrössernKatholische, "heilige" Wertgegenstände werden nach Köln gebracht - hier Beispiele aus Kamp, Siegburg, Speyer und Mainz
(Sonderausstellung Köln 2014)

Teile der Bevölkerung von Köln lassen sich aber den Fortschritt, selbst die Bibel in der Landessprache zu lesen und einfache Gottesdienste ohne den katholischen Schnickschnack in der Landessprache zu erhalten, kaum mehr nehmen. Die Protestanten leben in Köln im Untergrund - noch.

Es folgen Beispiele für die katholischen Fluchtbewegung nach Köln:

"Kirchliche Würdenträger" flüchten nach Köln
<Köln betreibt eine Politik der strikten Neutralität. Doch gleichzeitig ist die Stadt als Bühne der nationalen und internationalen Prominenz eng mit den Ereignissen in Europa verbunden. Kirchliche Würdenträger flüchten vor den Schweden nach Köln und versuchen von hier aus, ihre Territorien zurückzuerlangen.>

<Mit Sack und Pack nach Köln - Zufluchtsort und Tresor des katholischen Reiches
Durch seine gewaltige Stadtmauer bietet Köln Flüchtlingen in Kriegs- und Krisenzeiten immer wieder Schutz. Das ist nachvollziehbar - aber auch für andere befestigte Städte der Fall.

Doch als einzige Stadt wird Köln bevorzugtes Asyl geistlicher Würdenträger und damit Aufbewahrungsort zahlreicher hierher in Sicherheit gebrachter Kirchenschätze.

Verlockend für diese Flüchtlinge aus den katholischen Regionen sind Kölns grosse Wehranlage und seine intakte Infrastruktur. Und dass Köln als einzige grosse Freie Reichsstadt katholisch geblieben ist. Köln bietet sich an als Zufluchtsort für Stifte und Klöster. Fast alle Ordensgemeinschaften sind mit Niederlassungen in der Stadt vertreten.

Besonders viele katholische Institutionen flüchten während der Schwedenkriege nach Köln (Besetzung halb Deutschlands bis nach München 1630-1635 und schwedisch-französische Kriege 1635-1648 [web11]). Sogar der kostbare Reliquienschrein mit den Gebeinen des heiligen Bonifatius, des "Apostels der Deutschen", gelangt nach Köln.

Bei den meisten Flüchtlingen lässt sich nur vermuten, was sie nach Köln mitbringen und hier lagern, da meist keine Inventarlisten geführt werden oder erhalten sind.>

Beispiele von Fluchten nach Köln

-- 1629 flüchtet die Essener Fürstäbtissin Gräfin Maria Clara von Spaur in das Kölner Zisterzienserkloster St. Mariengarten an der Burgmauer und stirbt dort 1644

1631: Eine ganze "Fürstengruppe" flüchtet nach Köln

Mit dieser Fürstengruppe, die vor den schwedischen Armeen flüchtet, kommen zum Teil neue konservative Kräfte nach Köln:

<Köln als Fluchtburg
Wie alle befestigten Städte im Reich ist Köln ein Zufluchtsort für Schutzsuchende. Aussergewöhnlich sind jedoch die Gäste, denen die Reichsstadt Schutz bietet. Als einzige, grosse katholische Reichsstadt sind es besonders zahlreiche Kirchenfürsten, die vor allem während des schwedischen Krieges nach Köln fliehen. Köln bietet den Fürsten ideale Bedingungen, um sich als dritte Macht im Reich neben den beiden Dynastien der Habsburger und Wittelsbacher zu positionieren. von hier aus - ausserhalb des Machtbereichs der Habsburger - wollen sie durch ihre Politik ihre verlorenen Gebiete wieder zurückgewinnen. Konflikte zwischen der Neutralitätspolitik des Gastgebers und den kurfürstlichen Gästen sind vorprogrammiert. Wird man so doch zwischen die Fronten gezogen und hat gleichzeitig keinerlei rechtliche Handhabe gegen die exilierten Fürsten. Erst 1634 wird die Stadt die Fürstengruppe wieder los und kann ihre eigene Politik fortführen.>

-- im Dezember 1631 flüchtet der Erzbischof von Würzburg nach Köln und manipuliert da mit systematischer Bestechung die katholische Politik (Franz von Hatzfeld wird beauftragt, Frankreich vom Bündnis mit dem protestantischen Schweden abzubringen, aber Richelieu lässt sich nicht umstimmen; nach einem katholischen Sieg im September 1634 bei Nördlingen kehrt Franz von Hatzfeldt im November 1634 kehrt er nach Bamberg zurück und trifft in Stuttgart nebenbei noch den neuen Kaiser Ferdinand II. getroffen hatte [web08])

<Reicher Flüchtling aus Würzburg: Franz von Hatzfeldt
Franz von Hatzfeldt, seit 1631 Fürstbischof von Würzburg, flieht im Dezember 1631 nach Köln. Er bestimmt massgeblich die Politik der ebenfalls nach Köln geflohenen katholischen Reichsfürsten. Dabei helfen ihm grosse Geldsummen, die er mit sich führt... [...] Kupferstich 1634>

Franz von Hatzfeldt, Kupferstich
              von Johann Salver
Franz von Hatzfeldt, Kupferstich von Johann Salver [2]

-- mit Franz von Hatzfeldt kommt auch Johann Philipp von Schönborn nach Köln, ein Mitglied des Würzburger Domkapitels

<Flucht nach Köln und katholische Karriere: Johann Philipp von Schönborn
Im Gefolge des Würzburger Fürstbischofs Franz von Hatzfeldt kommt 1631 auch Johann Philipp von Schönborn nach Köln. Er ist Mitglied des Würzburger Domkapitels. Nach dem Tod von Hatzfeldts (in Würzburg 1642 [web08]) startet er eine grosse Karriere: 1642 wird er Bischof von Würzburg, 1647 Erzbischof von Mainz und 1663 zusätzlich noch Bischof von Worms. [...] Kupferstich 1653 oder 1658, unbekannt>

Johann Philipp von Schönborn mit Pferd
vergrössernJohann Philipp von Schönborn mit Pferd (Sonderausstellung Köln 2014)

-- am 15.12.1631 erreicht der Fürstbischof von Osnabrück und Regensburg, Franz Wilhelm von Wartenberg, die Stadt Köln und hetzt für eine gewaltsame Gegenreformation

<Unnachgiebiger Fürstbischof aus Osnabrück: Franz Wilhelm von Wartenberg
Am 15. Dezember 1631 trifft aus Osnabrück Bischof Franz Wilhelm Kardinal Reichsgraf von Wartenberg in Köln ein. Er ist Fürstbischof von Osnabrück und Regensburg und leitet zudem die Diözesen Minden und Verden. Der Kirchenfürst entstammt einer Seitenlinie der bayerischen Wittelsbacher. Er tritt offensiv für eine gewaltsame Gegenreformation im Reich ein. Vorlage: Anselm van Hulle - Stecher: Cornelis Galle d.J., 1648, Kupferstich>

Franz Wilhelm von Wartenberg, Portrait
vergrössernFranz Wilhelm von Wartenberg, Portrait (Sonderausstellung Köln 2014)

-- am 22.12.1631 flieht Anselm Casimir Wamboldt, der Kurfürst und Erzbischof von Mainz und gleichzeitig Erzkanzler des Reichs, von Mainz nach Köln und kehrt 1636 dann nach Mainz zurück

<Von Mainz nach Köln und zurück: Anselm Casimir Wamboldt von Umstadt
Anselm Casimir Wamboldt von Umstadt ist Kurfürst und Erzbischof von Mainz sowie Erzkanzler des Reichs. Mit dem Schiff flieht er am 22. Dezember 1631 von Mainz den Rhein hinab. Mit ihm nach Köln kommt ein grosser Teil des Mainzer Stiftsadels und des hohen Klerus. Erst am 13. Juni 1636 kann von Umstadt Köln wieder verlassen - nachdem kaiserliche Truppen Mainz zurückerobert haben und die rund 3000 Mann starke schwedische Besatzung abgerückt ist. [....] Kupferstich von unbekannt, 1640/1646>

Anselm Casimir Wamboldt von Umstadt
vergrössernAnselm Casimir Wamboldt von Umstadt (Sonderausstellung Köln 2014)

-- wiederholte Flucht nach Köln: Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg

<Nach Köln mit Reliquien: Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg
Auch der Pfalzgraf von Jülich-Berg Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg flüchtet während des Dreissigjährigen Krieges immer wieder nach Köln, um sich hier in Sicherheit zu bringen. Dabei lässt er in Köln zeitweise auch Reliquien in Sicherheit bringen. Maler: Johann Spilberg der Jüngere - Stecher: Theodor Matham, Kupferstich 1648 (?)>

Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg
vergrössernPfalzgraf Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg (Sonderausstellung Köln 2014)

Die Flucht von Maria von Medici nach Antwerpen, Amsterdam und Köln

-- 1630 verliert Maria von Medici den Machtkampf in Paris gegen Kardinal Richelieu und flüchtet 1631 aus Frankreich in die Spanischen Niederlande, den Kriegsfeind. 1638 bereiten ihr die neuen protestantischen Generalstaaten einen Staatsempfang in Amsterdam.

<Maria von Medici: Porträt von Van Dyck
Vorlage ist ein Gemälde von Anthonis van Dyck. Der flämische Barockmeister lernt Maria von Medici 1631 in Antwerpen kennen. Hier entsteht ihr Bild in Trauerkleidung - als Witwe des ermordeten, französischen Königs Heinrich IV. 1636 siedelt Maria nach Amsterdam über, dann nach London. Hier wird van Dyck zum gefragten Hofmaler.  Stecher: Pieter van Sompel - Zeichner: Pieter Claesz Soutman, nach einem Gemälde von Anthonis van Dyck von 1631 - um 1635>

Maria von Medici in Antwerpen 1631
vergrössernMaria von Medici in Antwerpen 1631 (Sonderausstellung Köln 2014)

<Einzug der Maria von Medici in Amsterdam
Zuerst flüchtet Maria [im Jahre 1631 von Paris aus] in die Spanischen Niederlande [nach Antwerpen]. Die Königsmutter [lebt nun] bei Frankreichs Feinden - Richelieu tobt. 1638 sucht sie Zuflucht in den protestantischen Generalstaaten. Hier bereitet ihr die junge Republik der Vereinigten Niederlande einen Staatsempfang. Diesen hält der Künstler Pieter Nolpe in einer sechsteiligen Bildfolge fest. Zu sehen ist das Schlussbild: Maria trifft in ihrer Kutsche in Amsterdam ein. Pieter Nolpe 1638, Radierung.>

Maria von Medici erreicht mit einer Kutsche
                Amsterdam, Empfang 1638
vergrössernMaria von Medici erreicht mit einer Kutsche Amsterdam, Empfang 1638 (Sonderausstellung Köln 2014)

<Eine Königsmutter im Kölner Exil - Maria von Medici
Als machthungrige Konkurrentin fällt die Mutter des französischen Königs bei ihrem Sohn Ludwig XIII. [1617] und Kardinal Richelieu [1630] in Ungnade. Jahrelang irrt sie auf der Flucht [ab 1631] durch halb Europa: Brüssel, Amsterdam, London: Nirgends kann sie bleiben.

-- 1641 flüchtet die französische Königsmutter Maria von Medici nach Köln: <Hier [in Köln] findet 1641 Maria von Medici, die Mutter des französischen Königs, ihre letzte Zuflucht.> Sie findet bei den Karmeliterinnen Zuflucht, die sie bereits aus Brabant kennt. Als Dank lässt Maria von Medici aus einem wundersamen Eichenholz aus Brabant Gnadenbilder schnitzen, die sie den Karmeliterinnen schenkt.

<Im Oktober 1641 wird sie im neutralen Köln aufgenommen. Das liegt günstig: Bei einer Chance zur Rückeroberung der Macht ist Frankreich schnell zu erreichen. Mit einem kleinen Hofstaat nimmt sie Quartier in der Sternengasse 10, ausgerechnet in dem Haus, wo der von ihr verehrte Maler Rubens seine Kindheit verbrachte. Als fromme Katholikin pflegt sie enge Kontakte zu den Kölner Karmelitinnen.>

<Gnadenbild für die frommen Schwestern
1641 erhält die französische Königsmutter Maria von Medici in Köln Asyl. Verbunden fühlt sie sich mit den Karmelitinnen, die in der Schnurgasse ihr Kloster errichten. Sie kennt sie bereits aus Brabant und kann mit ihnen in ihrer Muttersprache sprechen: Italienisch. Zum Dank vermacht Maria den frommen Schwestern Gnadenbilder, gefertigt aus dem als wundertätig verehrten Holz der Scherpenheuveler Eiche aus Brabant. Eines zeigt diese Bleistiftzeichnung [...]>

Gnadenbild mit pompösen, katholischen
                Firlefanz-Kronen
vergrössernGnadenbild mit pompösen, katholischen Firlefanz-Kronen - in Köln (Sonderausstellung Köln 2014)

[All dieser katholische Reichtum kommt aus dem Arabienhandel (Italien) und seit 1493 aus dem kriminellen Kolonialismus...]

Maria von Medici lässt eine eigene Kapelle bauen - und Gnadenbilder schnitzen - Tod 1642 in Köln - Prozession nach Saint-Denis

<Gnadenbild aus der Kölner Hauskapelle der Medici
Die gebürtige Italienerin Maria von Medici ist eine überzeugte Katholikin. In der Sternengasse richtet sie eine Hauskapelle ein. Im Zentrum steht die Verehrung ihrer Namenspatronin, der heiligen Jungfrau Maria. Aus dem als wundertätig geltenden Holz der Scherpenheuveler Eiche in Brabant lässt sich die Medici Marienfiguren schnitzen. Eines dieser barocken "Gnadenbilder" schenkt sie den Karmelitinnen in der Schnurgasse, ein anderes wird der Stadt Köln vermacht und in der Ratskapelle aufgestellt. Beide sind nicht erhalten.

Ein weiteres Gnadenbild aus der Kölner Hauskapelle der Medici gelangt über die Karmelitinnen und den Kanonikus von St. Gereon in Privatbesitz - und 1961 in das Kölnische Stadtmuseum. Mit kostbaren Kleidern ausstaffierte Figuren umgeben die Madonna. Sie besteht aus dem legendären Holz und ist mit Wachs überzogen. Im 18. Jahrhundert wird das Ensemble umgearbeitet und erhält einen neuen Rahmen.

Sog. "Spanisches Bild" der Maria von Medici, 17. Jh., mit Überarbeitungen des 18. Jh.s; Wachsbossierung über Holz, Klosterarbeit mit Putten, Reliquien und Schriftbändern.>

Gnadenbild (Skulptur) von Maria von Medici in Köln
                mit pompösem, katholischem Firlefanz
vergrössernGnadenbild (Skulptur) von Maria von Medici in Köln mit pompösem, katholischem Firlefanz (Sonderausstellung Köln 2014)

<Doch auch in Köln findet sie nicht zur Ruhe. Es kommt zu Aufläufen und Demonstrationen. In Paris lässt sich Richelieu über Maria in Köln berichten. Sein Spion ist gleichzeitig ihr Leibarzt, Jean Riolan. Er betreut die schwerkranke Medici, bis sie am 3. Juli 1642 in Köln stirbt. Monate später zieht eine Prozession mit ihrem Leichnam aus Köln hinaus - nach Saint-Denis. Hier wird Marias Körper beigesetzt - ihr Herz in La Flèche an der Loire - und keinesfalls im Kölner Dom, wie man lange Zeit glaubte.>

"Heilige" Wertsachen aus katholischen Beständen werden nach Köln gebracht

Die katholischen "Würdenträger" bringen auf ihrer Flucht nach Köln reihenweise Wertgegenstände mit. Hier sind ein paar Beispiele, wie die katholische Diktatur sich mit ein paar Sachen "hinüberrettet":

<Handschrift aus der Benediktinerabtei Siegburg>

Handschrift aus der Benediktinerabtei Siegburg
                ungefähr aus dem 16. Jh.  Karte des heutigen Sieg-Kreis mit Köln, Siegburg und
              Bonn
vergrössernHandschrift aus der Benediktinerabtei Siegburg ungefähr aus dem 16. Jh. (Sonderausstellung Köln 2014) - Karte des heutigen Sieg-Kreis in NRW mit Köln, Siegburg und Bonn [3]

<Aus der näheren Umgebung Kölns kommen 1632 die Benediktiner der Abtei Siegburg nach Köln. In den hiesigen Siegburger Hof und nach St. Pantaleon bringen sie ihren Abteischatz sowie Reliquien und kostbare Schreine der Heiligen Anno, Mauritius, Benignus, Honoratus und Apollinaris. Ein 1608 entstandenes Inventar verzeichnet die Fülle der Siegburger Kirchenschätze: mit 22 Reliquienhäuptern, 16 Reliquienkästchen und 14 Monstranzen - um nur einen kleinen Teil zu nennen. Auch die reiche Abteibibliothek mit mittelalterlichen, liturgischen Handschriften wird man mit nach Köln genommen haben. So bleibt sie erhalten und befindet sich heute in grossen Teilen im Siegburger Stadtarchiv und der Diözesen- und Dombibliothek Köln.>

<Chorbuch aus dem Mainzer Karmeliterkloster>

Das Chorbuch aus dem Mainzer Karmeliterkloster  Karte mit den Schwedenkriegen von Mitteldeutschland
                bis Baden-Württemberg 1630 und 1635
vergrössernDas Chorbuch aus dem Mainzer Karmeliterkloster - (Sonderausstellung Köln 2014) - Karte mit den Schwedenkriegen von Mitteldeutschland bis Baden-Württemberg 1630 und 1635vergrössern
Ein Lied aus dem Chorbuch aus Mainz in alter
              Notenschrift, 16. Jh. ca.  Die Kolorierung des Anfangsbuchstabens, Chorbuch
                aus Mainz, 16. Jh. ca.
vergrössernEin Lied aus dem Chorbuch aus Mainz in alter Notenschrift, 16. Jh. ca. - die Kolorierung des Anfangsbuchstabens, Chorbuch aus Mainz, 16. Jh. ca. vergrössern
(Sonderausstellung Köln 2014)

<Zwischen 1631 und 1636 suchen auch die Karmeliter aus Mainz Zuflucht in Köln. Es ist davon auszugehen, dass sie ihre prächtigen Chorbücher mit hierher bringen und so vor Raub und Zerstörung retten können.>

Katholische, Kölner Kaufleute finanzieren katholische Kriegsparteien
Köln als Finanzzentrum wird nun wichtig für viele Kriegsherren, die in Köln im grossen Stil bei reichen Kölner Kaufleuten grosse Kredite aufnehmen, um ihre Heere zu finanzieren, wobei die kriegswichtigen Güter ebenfalls in Köln eingekauft werden. Kredit und Waffen am selben Ort, und so geht das Töten fort. Die lukrativen Kriegsgeschäfte machen Köln zu einer reichen und einflussreichen Stadt - das Geschäft mit dem Tod.

[Das Kalkül ist in Köln scheinbar, den Katholiken und den Protestanten gleichzeitig teure Waffen zu verkaufen, aber nur den Katholiken Kriegskredite zu geben, damit der katholische Terror der Inquisition, des katholischen Kolonialismus und all die Verbote zum Bibellesen erhalten bleiben...]

<Köln: Finanzplatz des Krieges
Köln ist Waffenkammer des Reiches. Aber auch Finanzplatz für die katholische Partei. Besonders die Spanier nutzen die Stadt für umfangreiche, im Krieg unverzichtbare Finanztransaktionen.

Angesichts der "Schwedengefahr" in den 1630er Jahren wird Köln neben Wien zum wichtigsten Standort für die Finanzierung der im Reich geplanten Feldzüge zur Abwehr des schwedischen Vormarschs. Oft stellen Kölner die Kredite für Anschubfinanzierungen zur Verfügung. So verleihen 1626 Kölner Kaufleute 52.000 Reichstaler an die spanische Regierung zur Finanzierung des Kriegsgeschäftes.

Münzwaagen dienen der Echtheitsprüfung von Münzen und sollen Betrug durch Abfeilen oder Beschneiden vorbeugen. Durch solche Tricks kommt es in Kriegszeiten immer wieder zu betrügerischer Münzentwertung.>

Münzwaage mit Münzgewichten, 17. Jh.
vergrössernMünzwaage mit Münzgewichten, 17. Jh. (Sonderausstellung Köln 2014)
Münzgewichte aus dem 17. Jh. Teil 1  Münzgewichte aus dem 17. Jh. Teil 2
vergrössernMünzgewichte aus dem 17. Jh. Teil 1+2vergrössern

Bauern flüchten immer wieder in die Stadt, um Schutz vor den Heeren zu suchen.

Viele Bischöfe und Äbte aus ganz Deutschland flüchten mit ihren katholischen Kirchenschätzen in die Reichsstadt Köln. Zeitweise wird die Stadt auf diese Weise zum "Schatzhaus des katholischen Reiches."

Manchmal herrscht Lebensmittelknappheit.

Das Rheinische Convoy-Schiff ab 1633 zum Schutz des Kölner Hafengeländes
<Zahlreiche Massnahmen wie die Modernisierung der mittelalterlichen Stadtmauer während des Dreissigjährigen Kriegs ergriffen, um die Stadt ausreichend zu schützen. So versucht die Stadt Köln, sich gegen die Einfälle kämpfender Truppenteile unter anderem durch ein vom Kurfürsten gestelltes Kriegsschiff auf dem Rhein zu schützen. Im Januar 1633 beginnt man mit der Ausrüstung des mit Seilen auf dem Rhein gehaltenen Schiffes mit "notturfftiger ammunition" - mit Munition direkt aus dem Zeughaus. Doch nötige Reparaturen und Umbauten machen das Kriegsschiff bald zu einer ausserordentlich kostspieligen, die städtischen Kassen zusätzlich strapazierenden Sicherheitsmassnahme von nur zweifelhaftem Wert. Das Modell wurde nach dem Vorbild der Darstellung dieses Convoy-Schiffs auf einem Stich von Wenzel Hollar (hier im Ausschnitt) gebaut. Modell 1:20 - Modellbauer: Max Tutt, Köln 1902>

Das Convoy-Schiff vor Köln auf der Radierung von
                Wenzel Hollar von 1635  Das Convoy-Schiff von Köln aus dem Dreissigjährigen
                Krieg in einem Modell von Max Tutt von 1902
vergrössernDas Convoy-Schiff vor Köln auf der Radierung von Wenzel Hollar von 1635 - und das Convoy-Schiff von Köln in einem Modell von Max Tutt von 1902vergrössern
(Sonderausstellung Köln 2014)

[Über dieses Convoy-Schiff vor Köln und das Modell von Max Tutt ist im Internet nichts zu finden - vielleicht kann mal jemand diese Lücke schliessen].

1632-1636: Wenzel Hollars Radierungen von Köln - Zeichnungen ohne Ende

<Ein Prager in Köln - Wenzel Hollar

Als Sohn einer protestantischen Familie wird Wenzeslaus bzw. Wenzel Hollar 1607 in Prag geboren. Als nach den katholischen Siegen in Böhmen Protestanten verfolgt werden, geht Wenzel Hollar auf Wanderschaft. Sein Weg führt ihn in die protestantischen Städte Stuttgart, Strassburg und Frankfurt am Main. 1632 bis 1636 hält er sich in Köln auf. [...] In seinen Kölner Jahren entstehen zahlreiche Darstellungen vorwiegend weiblicher Trachten und Kostüme, obwohl Hollars Schwerpunkt eigentlich auf der Landschaftsdarstellung liegt. [...] Dann tritt er in den Dienst des Thomas Lord Howard, Earl of Arundel and Surrey, Sonderbotschafter des englischen Königs Karls I.>

<Die grosse Ansicht der Stadt Köln von Wenzel Hollar (1635)

Die Radierung der Stadt Köln mit Deutz von Wenzel
                Hollar 1635 - mit dem Convoy-Schiff  Wenzel Hollar, Portrait von Jan Meyssens
vergrössernDie Radierung der Stadt Köln mit Deutz von Wenzel Hollar 1635 - mit dem Convoy-Schiff [5] - Wenzel Hollar, Portrait von Jan Meyssens [6]

Hollars Ansicht der Stadt Köln (von 1635 [web12]) lehnt sich stark an die 1531 von Anton Woensam geschaffene an. Ähnlich ist der Blick auf den "Kölner Himmel" und die auf Wolken schwebenden, profanen und sakralen Stadtpatrone. Hollar verbindet topografische und architektonische Genauigkeit mit einem ausgesprochenen Sinn für Harmonie. Es entsteht ein idealtypisch konstruiertes Bild Kölns.

So entspricht es einer grossen, repräsentativen Stadtansicht, dass der Künstler nicht nur das ins Bild aufnimmt, was er von der Deutzer Seite aus tatsächlich sieht - sondern darüberhinaus alle repräsentativen Bauwerke der Stadt. Hollar gelingt es, eine herrschaftliche und imposante Stadt darzustellen. Der ursprüngliche Auftraggeber seiner Ansicht von Köln war Abraham Hogenberg, doch wird sie erst 1656 von Gerhard Altzenbach veröffentlicht. Radierer: Wenzel Hollar - Verleger: Gerhard Altzenbach - Köln, 1656, Radierung>


1620-1633: Ausbau der Stadtmauer: Bayernturm (Süden) und Kunibertsturm (Norden)

1620 wird der Bayernturm (Bayenturm) am Südende von Köln "verstärkt" [web07].

<Bayernturm und Bottmühle
Hollars Stich zeigt 1635 die Wehranlage am Bayernturm, dem südlichen Abschluss der Kölner Rheinmauer. Links sieht man das seit 1632 errichtete, neue Bollwerk, dessen Spitze ein achteckiges Türmchen mit barocker Haube trägt.>

Der Bayernturm (Bayenturm) mit seinem Bollwerk aus
                der Zeit des Dreissigjährigen Kriegs auf der Radierung
                von Wenzel Hollar von 1635
vergrössernDer Bayernturm (Bayenturm) mit seinem Bollwerk aus der Zeit des Dreissigjährigen Kriegs auf der Radierung von Wenzel Hollar von 1635
(Sonderausstellung Köln 2014)

Ein Blick hinter die Befestigungsanlage bietet Hollars Ansicht der Bottmühle. "Bott" nennt man die 1550/52 durch Alessandro Pasqualini angelegte und später eingefriedete Wallplattform an der Innenseite der Mauer zwischen Severinstor und der Kirche St. Severin (beide im Hintergrund zu erkennen).>

Der Bayerntum (Bayenturm) von Süden her gesehen mit
                dem Rhein  Die Hinteransicht des Bollwerks beim Bayernturm
                (Bayenturm)
vergrössernDer Bayerntum (Bayenturm) von Süden her gesehen mit dem Rhein - Hinteransicht des Bollwerks beim Bayernturm (Bayenturm) (Sonderausstellung Köln 2014) vergrössern


Auch der Kunibertsturm am Nordende von Köln wird verstärkt:

<Der Kunibertsturm
[Hier sind] die beiden Darstellungen des Kunibertsturms von Wenzel Hollar, die unmittelbar zusammengehören. Ähnlich wie das südliche Bollwerk des Bayernturms wird auch dieses nördliche Bollwerk gut gesichert - dafür sorgen auch die Geschütze auf der 1633 eingerichteten Plattform. Rheinansicht des Kunibertsturms. Radierer: Wenzel Hollar, 1635. Radierung. Landseite des Kunibertsturms, Wenzel Hollar, 1635, Radierung.>

Der Kunibertsturm von Köln mit dem Bollwerk aus dem
                Dreissigjährigen Krieg, auf der Radierung von Wenzel
                Hollar von 1635
vergrössernDer Kunibertsturm von Köln mit dem Bollwerk aus dem Dreissigjährigen Krieg, auf der Radierung von Wenzel Hollar von 1635 (Sonderausstellung Köln 2014)
Der Kunibertsturm von Köln mit der Ansicht von
              Norden her mit dem Rhein  Der
              Kunibertsturm von Köln mit der Innenansicht auf das neue
              Bollwerk im 30-jährigen Krieg
vergrössernDer Kunibertsturm von Köln mit der Ansicht von Norden her mit dem Rhein - Der Kunibertsturm mit der Innenansicht auf das neue Bollwerk im 30-jährigen Kriegvergrössern
(Sonderausstellung Köln 2014)

Medien: Entwicklungen in der Buchbinderei 1618-1648

<1626 werden 28 Buchbinder in Köln aufgeführt. [...] 1644 wird an St. Kunibert die Kunibertsbruderschaft der Kölner Buchbinder gegründet. Sie besteht mindestens bis 1710. Der 1644 entstandene Siegelstempel zeigt im Mittelbild in der oberen Hälfte den heiligen Kunibert, der das Modell der Kölner Kunibertskirche hält. In der unteren Hälfte erkennt man eine stilisierte Buchbinderpresse. 1644, Inschrift im Mittelbild: SANCTUS CUN/IBERTUS 1644. Umschrift: SIG DER BUCHBENDER . GESELSCHAFT IN COLLEN. Messing>

Siegelstempel der Kölner
              Buchbinder mit der Kunibertskirche
Siegelstempel der Kölner Buchbinder mit der Kunibertskirche (Sonderausstellung Köln 2014)

Jan von Werth - Beispiel einer deutsch-katholischen Kriegskarriere im 30-jährigen Krieg

Die Jan-van-Werth-Ecke an der Sonderausstellung in
                Köln 2014
vergrössernDie Jan-van-Werth-Ecke an der Sonderausstellung in Köln 2014 (Sonderausstellung Köln 2014)

<Jan von Werth (Johann von Werth)

Vermutlich 1591 geboren ist er schon früh im Militärdienst aktiv - seit etwa 1630 im Dienst der katholischen Liga unter dem Kommando des bayerischen Kurfürsten Maximilian. Von Werth wird prominent: Kühn ausgeführte Kommandoaktionen, Erfolge seiner Truppe, dann die Erhebung in den Adelsstand durch Kaiser Ferdinand II. 1635 - ein Privileg, das kaum einem anderen zuteil wird.>

<Der Held vom Ehrenbreitstein
Aufsehen erregt der zum Reichsfreiherrn aufgestiegene Jan von Werth besonders durch seinen Vorstoss tief nach Nordfrankreich 1636. Er erhält den Beinamen "Franzosenschreck". 1637 erobern die Franzosen die kurtrierische Festung Ehrenbreitstein bei Koblenz und drohen nun, den Rhein zu kontrollieren. Doch von Werth belagert erfolgreich die Festung, die Franzosen müssen kapitulieren.>

<Auf dem Höhepunkt seiner Karriere gerät er in französische Gefangenschaft. Alles ändert sich. Nach der Freilassung 1642 kann er nicht an seine alten Erfolge anknüpfen und zerstreitet sich mit seinem früheren Förderer Kurfürst Maximilian. Dennoch: Jan von Werth ist der Prototyp des Kriegsunternehmers. Dies ist die Grundlage für seinen furiosen sozialen Aufstieg. Dem einstigen Bauernsohn gelingt eine Karriere, die ihm militärischen Ruhm, Respekt und den Eintritt in den Reichsfreiherrenstand beschert.>

<Jan von Werth verkörpert [den] rechtschaffenen Soldatentypus. In den Wolken wird er begleitet von den Tugenden Celeritas (Entschlossenheit), Strenuitas (Betriebsamkeit), Vigilantia (Wachsamkeit), Temperantia (Mässigung), Pietas (Frömmigkeit), Sinceritas (Aufrichtigkeit). Auf einem Wagen kommt die Bona Fama (Ruhm) und von links auf einem Pegasus (Christus-Symbol) ein Reiter aus dem Himmel. Radierer: Wenzel Hollar - Verleger: Abraham Hogenberg - Köln, 1635, Radierung>

Jan van Werth auf einem Pferd, Radierung von Wenzel
                Hollar 1635
vergrössernJan van Werth auf einem Pferd, Radierung von Wenzel Hollar 1635 (Sonderausstellung Köln 2014)

Jan van Werth mit fliegendem Pferd und einem
              Himmelswagen, Radierung von Wenzel Hollar 1635
Jan van Werth mit fliegendem Pferd und einem Himmelswagen, Radierung von Wenzel Hollar 1635 (Sonderausstellung Köln 2014)

<<       >>

Teilen / share:

Facebook






Quellen
[web01] http://www.br.de/fernsehen/ard-alpha/sendungen/schulfernsehen/frauen-barockzeitalter-anna-maria-schurmann100.html
[web02] http://biografien-news.blog.de/2006/08/03/anna_maria_von_schurmann_die_vorkampferi~1010204/
[web03] http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Zeitung
[web04] http://de.wikipedia.org/wiki/Kölnisches_Stadtmuseum
[web05] http://de.wikipedia.org/wiki/Rathaus_Köln
[web06] http://www.stadt-koeln.de/leben-in-koeln/freizeit-natur-sport/figuren-des-zweiten-obergeschosses
[web07] http://de.wikipedia.org/wiki/Bayenturm
[web08] http://de.wikipedia.org/wiki/Franz_von_Hatzfeld
[web09] http://de.wikipedia.org/wiki/Maria_de'_Medici
[web10] Bildhauer Giambologna: http://de.wikipedia.org/wiki/Giovanni_Bologna

[web11] Schwedenkriege 1625 bis 1648: http://de.wikipedia.org/wiki/Dreißigjähriger_Krieg#Schwedischer_Krieg_.281630.E2.80.931635.29
[web12] Wenzel Hollars Stich von Köln von 1635: http://www.museenkoeln.de/home/bild-der-woche.aspx?bdw=2014_19

Fotoquellen
[1] Der Kölner Dom, zwischen 14. Jh. und 1842 steht er nur halbfertig da:
http://www.lisa.gerda-henkel-stiftung.de/blog.php?nav_id=665&what=tag&search_tag=Preußische+Geschichte
[2] Franz von Hatzfeldt, Portrait: http://de.wikipedia.org/wiki/Franz_von_Hatzfeld
[3] Karte des Sieg-Kreis mit Siegburg, ergänzt von Michael Palomino: http://de.wikipedia.org/wiki/Siegburg
[4] Karte mit den Schwedenkriegen von Mitteldeutschland bis Baden-Württemberg 1630 und 1635: http://pamela2051.tripod.com/thirty_years_war.htm;
http://pamela2051.tripod.com/Thirty_Years_War_Map.jpg
[5] Radierung der Stadt Köln mit Deutz von Wenzel Hollar 1635: Colonia Agrippina Nobilis Ubiorum Urbs..., Köln, Stadtumuseum (Foto: Rheinisches Bildarchiv, Köln, Meier, Wolfgang F., rba_c012932): http://www.museenkoeln.de/home/bild-der-woche.aspx?bdw=2014_19#prettyPhoto
http://www.museenkoeln.de/home/bild-der-woche.aspx?bdw=2014_19#prettyPhoto/0/
[6] Wenzel Hollar: http://de.wikipedia.org/wiki/Wenzel_Hollar

^