In Pleite-Spanien regieren die Hilflosigkeit und das
Abzocken - bis nichts mehr geht und sich das Land
entleert. Gemäss einem Bericht aus der Süddeutschen
Zeitung gibt es z.B. in Barcelona keine Rush Hour mehr.
Wunderbar, und die Vögel haben mehr Platz!
http://derstandard.at/1339639475718/Bayerische-Staatsoper-Untergangsritt-auf-dem-Euro
<Die "Götterdämmerung" als dekadentes Spiel um
Macht: Anna Gabler (Gutrune), Stephen Gould
(Siegfried) und Iain Paterson (Gunther).
Premiere von Wagners
"Götterdämmerung" an der Bayerischen Staatsoper:
Regisseur Andreas Kriegenburg gelingt ein präzises
Porträt einer dem Untergang geweihten
Profitgesellschaft.
Warum soll es der Bayerischen Staatsoper besser
ergehen als den brennenden Göttern in Walhalla: Als
alles vorbei war und sich die Zuschauer nach der
Götterdämmerung vor dem Opernhaus damit abzufinden
begannen, dass auch die Münchner Dunkelheit die
Schwüle nicht vertrieben hatte, begann das
Musiktheaterhaus also von oben her zu brennen. Es
loderten die Flammen an der Fassade, bis
Gebäudebrocken donnernd auf Stiegen zu krachen
begannen. Ein schönes Inferno.
Der Beginn der Münchner Opernfestspiele ist also mit
dieser Installations-Coda anschaulich über die
eigentliche Bühne geschwappt; einer Coda, die sich
optisch auf die Ideen von Andreas Kriegenburg bezieht:
Nicht nur am Ende seiner Ring-Version hat es der
Regisseur videomäßig brennen lassen; vielmehr hat er
mit zerlegten Sesseln und Tischen ein echtes
Finalfeuer gelegt. Plakativ ist seine Arbeit dennoch
nicht, auch wenn Kriegenburg aktuelle Eurokrisen und
jüngere Naturkatastrophen verarbeitet.
Da strahlen einen ja zunächst Fernsehbilder von
Fluten und Überschwemmungen aus Japan an, unter denen
die Überlebenden auf Koffern sitzen und ratlos wie
reglos Fotos ihrer vermissten Angehörigen betrachten,
während Männer in Schutzanzügen nach Radioaktivität
suchen.
Bei den Gibichungen jedoch ist später, dort wo
Kriegenburgs Regie ihre subtilen Glanzpunke erreicht,
noch nicht viel von Untergang zu sehen. Kriegenburg
formt diese Herrscherfamilie zu Konzerninhabern, die
im transparent-effizienten Glaspalast logieren
(Bühnenbild: Harald B. Thor) und maschinell
gehorchende Individuen befehligen.
Ihrerseits jedoch müssen sie schon gewaltig viel
Hochprozentiges an der Firmenbar tanken, um ihr
Gleichgewicht zu halten: Gunther, Gutrune und Hagen
wirken wie das gelangweilte, innerlich verwahrloste
Trio, das sich mit Siegfried ein Intrigenspielchen
gönnt, um Sinnlosigkeitsgefühle zu bändigen.
Der Griff zum Putzpersonal
In ihrer Welt des Konsumismus und der
Gewinnmaximierung wird Glück als jener
Betäubungszustand gezeigt, der nur noch durch
Substanzen und zum Sex führende Machtdemonstration
erreicht wird. Gunther (grandios flexibel und
eindringlich als fragiler Jungunternehmer: Iain
Paterson) vergreift sich dann auch gerne am
Putzpersonal; auch Schwester Gutrune (perfekt als
gelangweilte Kokette: Anna Gabler) küsst er mehr als
brüderlich. Und auch Hagen (Eric Halfvarson kam ein
paar Stunden vor der Vorstellung aus Wien, nachdem
zwei Hagen ausgefallen waren, und wirkte dennoch
souverän) bezahlt gerne für Massenliebesdienste.
Als naiv-euphorischer Naturkraftlackel muss Siegfried
(dynamisch, aber schauspielerisch doch etwas
limitiert: Stephen Gould) in dieser abgebrühten
Gesellschaft, in der Handys zu Waffen werden,
untergehen: Wie er sich von Gutrune, die lockend auf
einem Euro-Schaukelpferd reitet, umgarnen lässt; wie
blutsbrüderlich er in die Treue zu Gunter stürzt - all
das hat Kriegenburg delikat herausgearbeitet. Wie auch
viele Details: Die Menschenmassen, die sich noch in
Rheingold zu Bühnenbildern formten, sind hier nur noch
sporadisch im Einsatz, wenn es etwa gilt, Wasserfluten
zu simulieren. Dem Einzelnen indes wurde viel, auch
humoristische Sorgfalt geschenkt.
Etwa Gunther. Angesichts des Ehescherbenhaufens mit
der rasenden Brünnhilde (sensationell ausdrucksstark
und impulsiv Nina Stemme) lässt er sich volllaufen und
setzt sich als Gipfel der Rauschverwirrung ihren
Brautschleier auf. Oder Alberich (tadellos Wolfgang
Koch): Wie er seinen Sohn Hagen besucht, streift er
gleich en passant aus der Bar flüssigen Proviant ein.
Oder die panischen Beschwörungen Waltrautes: Die
intensive Michaela Schuster mahnt Brünnhilde, sie möge
dem Rhein den Ring zurückgeben, um das Götterende zu
bannen. Das alles hat subtile Theaterkraft.
Dirigent Kent Nagano und das Orchester umspülen die
Szene mit satt-dynamischen Klängen, deren Energie und
Klarheit beeindruckten. Nur im Detail zeigt sich
mitunter, dass diese Klarheit ein bisschen viel
Ausdrucksuniformität bewirkt und die Ausgestaltung der
zierlichen Phrase etwas mehr fiebrige Nervosität
vertragen hätte wie auch Siegfrieds Trauermarsch mehr
Impulsivität. Dennoch: Applaus für alle am Untergang
Beteiligten. (Ljubi¨a To¨ić aus München, DER STANDARD,
2.7.2012)>
========
2.7.2012: England will in Brüssel noch mehr
Ausnahmen aushandeln, und dann eine
Volksabstimmung
aus: Spiegel online: Großbritannien
Cameron fordert
Europa heraus; 2.7.2012;
http://www.spiegel.de/politik/ausland/cameron-will-volksabstimmung-ueber-eu-in-grossbritannien-a-842200.html
Premierminister David Cameron erklärte am Montag im
Unterhaus, dass er zwar gegen ein sofortiges
Referendum über die EU-Mitgliedschaft sei, dass er
dies aber für die Zukunft nicht ausschließen wolle.
Wenn die Euro-Zone immer enger zu einer politischen
Union zusammenwachse, verändere sich auch
Großbritanniens Verhältnis zur EU, sagte der Premier
in einer Regierungserklärung zum EU-Gipfel.
Am Sonntag hatte er bereits in einem Zeitungsbeitrag
kommentiert, das britische Volk sei nicht glücklich
mit dem derzeitigen Zustand der EU - "und ich auch
nicht". Er fordert daher einen "neuen Deal" für London
und will diesen dann zu einem unbestimmten Zeitpunkt
seinen Landsleuten zur Abstimmung vorlegen.
Cameron steht unter dem Druck des rechten Flügels
seiner konservativen Partei. Hundert Abgeordnete haben
ihn in einem Brief aufgefordert, noch in dieser
Legislaturperiode ein EU-Referendum für die Zeit nach
der nächsten Wahl 2015 anzukündigen.
Das Argument der Referendumsbefürworter: Die Briten
hatten erst einmal, 1975, die Gelegenheit, über die
Mitgliedschaft in der damaligen Europäischen
Wirtschaftgemeinschaft abzustimmen. Damals stimmten
zwei Drittel dafür. Die Gründung der EU und
insbesondere der Euro-Zone hätten die Gemeinschaft
jedoch bis zur Unkenntlichkeit verändert. Es bedürfe
daher eines zweiten Referendums.
Cameron will sich bislang nicht auf ein Datum
festlegen. Er fürchtet, dass sich seine Partei wieder
in der Europa-Frage zerstreitet. Die jahrelangen
Querelen um den Maastricht-Vertrag hatten bereits in
den neunziger Jahren seine beiden konservativen
Vorgänger Margaret Thatcher und John Major die Macht
gekostet. Nach seiner Übernahme des Parteivorsitzes
hatte Cameron ursprünglich die Devise ausgegeben, die
Tories sollten ihre Europa-Obsession ablegen.
Zudem könnte es passieren, dass die Briten
tatsächlich für den Austritt stimmen. Das will Cameron
um jeden Preis vermeiden. Bei aller Anti-EU-Rhetorik
hält er den Zugang zum Binnenmarkt für eine
lebenswichtige Säule der britischen Wirtschaft.
Seit Ausbruch der Euro-Krise sind die Rufe nach einem
EU-Referendum jedoch immer lauter geworden - und
Cameron kann sie nicht länger ignorieren. Die
politische Dynamik in der Euro-Zone erfordert eine
Antwort, schließlich droht die Insel als
Nicht-Euro-Land marginalisiert zu werden. Der Druck
aus den eigenen Reihen nimmt zu.
"Ich glaube nicht, dass das derzeitige Verhältnis zur
EU britischen Interessen dient", sagte Camerons
früherer Verteidigungsminister Liam Fox, eine
Galionsfigur des rechten Flügels, am Montag vor dem
Steuerzahlerbund. Die britische Regierung dürfe nicht
länger zuschauen, wie die Euro-Zone neue Realitäten
schaffe. Sie müsse endlich deutlich sagen, wie sie
Großbritanniens Zukunft in Europa sehe.
In einem kaum versteckten Seitenhieb auf Cameron
sagte Fox: "Einige werden sagen, dass jetzt der
falsche Zeitpunkt sei oder dass es politisch schwierig
oder unmöglich sei." Dies seien die "ewigen Argumente
für Nichtstun".
Cameron versucht, seine Kritiker zu besänftigen,
indem er harte Verhandlungen in Brüssel in Aussicht
stellt. Zunächst müsse Großbritannien die Euro-Zone
unterstützen, die Krise zu beenden, argumentiert er.
Bankenunion, Fiskalunion und Euro-Bonds seien auch in
britischem Interesse. Die dafür notwendige Änderung
der EU-Verträge will der Premier jedoch nicht ohne
Zugeständnisse gewähren. Die Integration der
Euro-Zone, sagte er im Unterhaus, biete Gelegenheiten
für Großbritannien: "Wir sollten diese Gelegenheiten
maximieren und unsere nationalen Interessen
durchsetzen."
Mit diesem Versprechen hofft Cameron, die
Referendumsfrage noch einige Jahre vor sich
herzuschieben. Ein Referendum sei ja erst dann
sinnvoll, wenn klar sei, worüber man abstimme. Das sei
angesichts der Entwicklung in der Euro-Zone jedoch
nicht absehbar.
Die Aussicht, dass Cameron in Brüssel künftig noch
verbissener verhandeln könnte, dürfte Kanzlerin Angela
Merkel kaum gefallen. Das gleiche gilt wohl für
Frankreichs Präsidenten François Holland und die
anderen Staats- und Regierungschefs in
Kontinentaleuropa. Schließlich zog sich schon der
Gipfel am vergangenen Donnerstag erheblich in die
Länge - unter anderem wegen eines Detailstreits: Der
Brite wollte den Hauptsitz des neuen Europäischen
Patentgerichts unbedingt in London haben. Am Ende gab
er sich mit einem Nebensitz und zwei Kammern
zufrieden.>
========
2.7.2012: Frau Merkel hat im Kleingedruckten
Hintertürchen für ihren Sparkurs eingebaut
aus: Spiegel online: EU-Gipfelbeschlüsse
Merkels
heimliche Hintertürchen; 2.7.2012;
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/euro-krise-merkel-hat-bei-gipfelbeschluessen-noch-hintertuerchen-a-842156.html
Hintergrund seiner Mahnung sind die anhängigen Eilklagen in Karlsruhe gegen
den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM und
den europäischen Fiskalpakt für eine straffere
Haushaltsdisziplin. Das Bundesverfassungsgericht verhandelt darüber am 10.
Juli. Bundestag und Bundesrat haben am Freitag
grünes Licht für
den Rettungsschirm und den Fiskalpakt gegeben.
Das deutsche Interesse hat keinen Vorrang
Ausdrücklich bekannte sich der SPD-Politiker zu
einer verstärkten Zusammenarbeit in Europa und
verwies dabei auf den Artikel 23 des Grundgesetzes,
der Deutschland den klaren Auftrag gebe, für die
Integration der EU zu arbeiten. "Von einem Vorrang
deutschen Interesses ist dort keine Rede."
Zugleich mahnte Schmidt vor einer Marginalisierung
Europas in der Globalisierung.
Im 21. Jahrhundert stünden nicht nur die europäische
Wirtschaft, sondern auch der demokratische
Sozialstaat und die Werte der Aufklärung auf dem
Prüfstand. Entweder werde in der EU der nicht sehr
erfolgreiche Kampf der Nationalstaaten um nationale
Interessen fortgesetzt "oder aber wir finden zurück
zum Konzept des fortschreitenden europäischen
Verbundes".
Schmidts Ausführungen sind Teil einer Dankesrede:
Der ehemalige Bundeskanzler ist am Montag in Berlin
mit dem Eric-M.-Warburg-Preis der Atlantik-Brücke
geehrt worden. Der 93-Jährige bekam die Auszeichnung
am Abend bei einer Feier zum 60-jährigen Bestehen
des transatlantischen Vereins in Berlin überreicht.
Der Altkanzler gehörte zu den ersten Mitgliedern
der Atlantik-Brücke, die im Sommer 1952 in Hamburg
gegründet wurde. Inzwischen gehören dem Verein zur
Förderung der deutsch-amerikanischen Partnerschaft
etwa 500 Mitglieder an. Darunter sind zahlreiche
Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft und
Medien.
Im April hatte Helmut Schmidt im Gespräch mit dem
SPIEGEL deutliche Kritik
an deutschen Waffenlieferungen an Saudi-Arabien
und Israel geübt. Er hält die Abkehr der
Kanzlerin von der restriktiven Rüstungsexportpolitik
ihrer Vorgänger für falsch.
bos/Reuters/dpa>
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2.7.2012: Reiche Franzosen flüchten nach
London
aus: London: Reiche Franzosen flüchten aus Angst vor
Hollande; 2.7.2012;
http://www.welt.de/politik/ausland/article107675001/Reiche-Franzosen-fluechten-aus-Angst-vor-Hollande.html
<Aus
Angst um ihr Geld fliehen immer mehr Franzosen in
die britische Hauptstadt. Sie fürchten das
feindliche Klima in Frankreich – und die Briten
rollen ihnen den roten Teppich aus.
Von Tina Kaiser und Gesche Wüpper
Charlie
Bubear ist ein Fan des neuen französischen Präsidenten François
Hollande. "Seit Hollande im Wahlkampf die
Reichensteuer angekündigt hat, rennen mir
wohlhabende Franzosen die Bude ein", sagt Bubear.
Was er verkauft, würde man gemeinhin nicht als Bude
bezeichnen.
Der
36-Jährige im schicken Anzug leitet das Maklerbüro
des britischen Immobilienkonzern Savills im edlen
Londoner Stadtteil Chelsea. Das Büro hat Häuser im
Wert von einer bis sechs Millionen Pfund,
umgerechnet also 1,25 bis 7,5 Millionen Euro, im
Angebot.
In einer
dieser Villen steht Bubear jetzt: Viktorianisches
Reihenhaus, fünf Stockwerke, frisch renoviert und
einzugsfertig mit Designermöbeln, edlen Teppichen
und Marmor ausgestattet. Kostenpunkt: 5,6 Millionen
Euro. Eine französische Familie habe Interesse an
dem Luxusobjekt angemeldet. "Der Mann ist ein
Banker, der sich von seinem Arbeitgeber von Paris
nach London versetzen lässt."
Spitzensteuersatz von 75 Prozent
Europas
Superreiche flüchten in die britische Hauptstadt.
Seit Ausbruch der Eurokrise profitierte London wie
keine zweite Stadt von der Angst der Wohlhabenden um
ihr Kapital. Das schlägt sich in den Preisen nieder:
Die Kosten für Wohnhäuser und Luxuswohnungen in den
edleren Teilen der Stadt erlebten 2011 einen
Rekordzuwachs von 14,5 Prozent.
Immobilien
im Wert von mehr als 18 Millionen Euro legten sogar
um 18,6 Prozent zu. Wo sonst vor allem Russen,
Araber und Chinesen zuschlagen, mischten sich im
vergangenen Jahr vermehrt reiche Griechen, Italiener
und Spanier unter die Interessenten. London wird von
ihnen als sicherer Hafen für Kapital gesehen.
Seit der
französische Präsident Holland im Wahlkampf gegen
die Reichen wetterte, gesellte sich eine neue
Käufergruppe dazu. Die Franzosen kommen. Ihnen macht
vor allem Hollandes Plan Angst, Einkommen über eine
Million Euro mit einem Steuersatz von 75 Prozent zu
belegen. Auch Savills schärfster Konkurrent, der
britische Maklerkonzern Knight Frank, kann den
Fluchtimpuls bestätigen. "
Die
Nachfrage nach Luxusimmobilien von Franzosen stieg
um 30 Prozent, seit Hollande die Reichensteuer
ankündigte", sagt Knight-Frank-Analyst Grainne
Gilmore.
Cameron rollt "den roten Teppich
aus"
Großbritanniens
Premierminister David Cameron hat die Chance
erkannt, die sich seiner Wirtschaft bietet. Er rolle
französischen Konzern "den roten Teppich aus", wenn
sie vor Hollandes Steuerregime flüchten wollten,
sagte er vor zwei Wochen. Der Kommentar kam in
Frankreich gar nicht gut an.
Cameron
solle aufpassen, dass der rote Teppich im Ärmelkanal
nicht untergehe, spottete Arbeitsminister Michel
Sapin. Die Häme könnte sich jedoch als verfrüht
erweisen. Denn auch in Frankreich mehren sich die
Berichte, reiche Franzosen flöhen wegen der
geplanten Steuern der sozialistischen Regierung ins
Ausland.
Zwar kann
im Moment von Massenflucht noch keine Rede sein.
Viele vermögende Franzosen erkundigen sich jedoch
bereits, wie die Steuerbedingungen in Belgien,
Großbritannien und der Schweiz aussehen und wie der
Umzug dorthin organisiert werden muss.
Die
wenigsten Franzosen geben indes offen zu, dass sie
an Auswanderung denken – vermutlich auch aus Angst
vor einer Steuerprüfung. Kosmetikkonzern L’Oréal,
Öldienstleister Technip und Ölkonzern Total
dementierten zuletzt Gerüchte, sie wollten ihre
Konzernzentrale ins Ausland verlegen.
Das Gefühl einer wahren Hexenjagd
auf Reiche
Noch aber
haben die Wohlhabenden noch gar keinen Grund zu
verzweifeln: Die Reichensteuer soll erst im Herbst
beraten werden. Experten glauben, die Abgabe habe
einen Beschlagnahmungs-Charakter und verstoße damit
gegen die Verfassung.
Sieht der
Verfassungsrat das genauso, muss Hollande die
Steuererhöhung abblasen. Es ist aber nicht nur die
Angst vor der neuen Steuer, die vermögende Franzosen
zur Flucht treibt.
Viele
haben das Gefühl, in Frankreich sei eine wahre
Hexenjagd auf Reiche ausgebrochen, sagt David Blanc,
Partner des britischen Vermögensverwalters Vestra
Wealth. Der Franzose lebt schon seit 18 Jahren in
London. Seine Firma hilft den Reichen diese Welt,
ihr Geld möglichst gewinnbringend anzulegen. Auch
bei ihm stapeln sich Anfragen von Franzosen, die
über einen Umzug nach London nachdenken.
"Wer in
Frankreich Werte und Vermögen schafft, wird
plötzlich als schlechter Mensch angesehen", sagt
Blanc. Schon unter Hollandes Vorgänger Nicolas
Sarkozy war die Stimmung gegen Großverdiener
gekippt. So beschloss dessen Führung im Frühjahr
2011 eine "Exit-Steuer" für Franzosen, die ins
Ausland ziehen und ihre Güter in Frankreich
verkaufen.
Großbritannien bietet noch mehr
In
England sei das Klima gegenüber wohlhabenden
Menschen dagegen sehr entspannt, sagt Blanc. Zwar
führte Camerons Vorgänger Gordon Brown einen
Spitzensteuersatz von 50 Prozent ein. Den will
Cameron jedoch im kommenden Jahr auf 45 Prozent
senken. Später soll er auf 40 Prozent fallen.
Hollande dagegen plant eine Erhöhung von 43 auf 45
Prozent für Einkommen ab 150.000 Euro.
Doch
Großbritannien bietet noch mehr: Während die
Unternehmenssteuer in Frankreich bei 33,3 Prozent
liegt, sind es auf der Insel gerade mal 24 Prozent.
Außerdem liegen die Arbeitnehmerkosten in Frankreich
fast doppelt so hoch wie in Großbritannien, sagt
Blanc. Das könnte schwere Folgen für die
französische Wirtschaft haben: "Viele unserer
reichen Kunden wollen nicht nur selbst umziehen,
sondern auch ihre Firma nach Großbritannien
umsiedeln." Hunderte oder sogar Tausende Jobs
könnten so in Frankreich verloren gehen.
Ein Blick
auf die südeuropäischen Nachbarn zeigt, was
Frankreich nun drohen könnte. In den
Euro-Krisenländern ist der Exodus schon seit einem
Jahr in vollem Gange. Neben Griechen und Spaniern
sind es vor allem die Italiener, die ihr Kapital in
London in Sicherheit bringen wollen.
Nur der englische Regen macht
Sorgen
Einer
dieser italienischen Kapitalflüchtlinge ist Juanita
de Paola. "Wie ist das Wetter in London?", will die
37-jährige Unternehmerin aus der Toskana am Telefon
wissen. Sie freue sich sehr auf ihr neues Leben in
London, aber der englische Regen mache ihr ein
bisschen Sorgen.
Trotzdem
stehe ihr Entschluss fest: "Wir ziehen nach London."
Gemeinsam mit ihrem Mann hat sie ein Angebot für ein
Haus im Stadtteil Richmond abgegeben – rund 700.000
Euro soll das neue Heim kosten. Nicht billig, aber
ein bombenfestes Investment, ist sich de Paola
sicher.
Die
Immobilienpreise kletterten stetig nach oben und das
britische Pfund sei deutlich stabiler als der
wankende Euro. Sie kenne sich mit
Immobilieninvestments aus, schließlich ist sie
selber in der Branche tätig. Ihre Firma Admaiora
vermietet italienische Ferienvillen an Superreiche.
Ihr Top-Angebot ist derzeit eine Burg in Umbrien für
150.000 Euro die Woche.
Das
Geschäft laufe dank ihrer internationalen Kundschaft
weiterhin gut. "Aber ich habe genug von der
unternehmerfeindlichen Bürokratie in Italien." Ihre
Anwälte prüften gerade, wie sie ihre Firma in
Großbritannien anmelden kann.
"Italien ist leider völlig
verfilzt"
Der neue italienische Regierungschef Mario Monti habe
einige sinnvolle Reformen eingeleitet. Doch das komme
20 Jahre zu spät. "Italien ist leider völlig verfilzt,
hier ist einfach viel zu lange nichts passiert." Auch
die Infrastruktur sei hinterwäldlerisch. "Schnelles
Internet kenne ich nur von Auslandsreisen." Insgesamt
seien ihr die Perspektiven in dem angeschlagenen Land
zu ungewiss. Sie müsse auch an ihre Tochter denken:
"In Italien wären ihre Zukunftschancen nicht gut."
Deshalb investiert sie nun in deren britische
Ausbildung.>
Eine Lesermeinung vom 2.7.2012:
Man könnte auch sagen: Sie fliehen in ein Land ohne
EURO....
========
2.7.2012: <Nach Gipfel: EU-Angebot an
klamme Staaten — Finnland blockiert> - wegen
Ineffizienz - und auch Holland ist dagegen
aus: Welt online; 2.7.2012;
http://www.welt.de/politik/ausland/article107701441/EU-Angebot-an-klamme-Staaten-Finnland-blockiert.html
<Finnland
will die Brüsseler Beschlüsse für die klammen
Euro-Staaten nicht hinnehmen. Man halte die
ausgehandelte Rettungsstrategie für einen
"Ineffizienten Weg". Auch die Niederländer sind
skeptisch.
Die auf
dem EU-Gipfel mühsam ausgehandelte Rettungsstrategie
für die klammen Euro-Staaten Italien und Spanien
steht bereits wieder in Frage. Die finnische
Regierung machte am Montag nur drei Tage nach dem
Brüsseler Beschluss deutlich, dass sie ein Veto
gegen Staatsanleihekäufe durch den Europäischen
Rettungsfonds ESM einlegen will.
"Finnland
hält das für einen ineffizienten Weg, um die Märkte
zu stabilisieren", betonte ein Regierungsvertreter
in Helsinki. Auch die Niederlande äußerten sich
kritisch, wollen allerdings von Fall zu Fall
entscheiden.
Der
EU-Gipfel hatte mit Blick auf Anleihekäufe der
Euro-Rettungsfonds beschlossen, bestehende
Instrumente "flexibler und effizienter" zu nutzen
und mit einer europäischen Aufsicht den Weg in
Richtung Bankenunion zu gehen.
Einstimmigkeit nötig
Für den
Kauf von Bonds überschuldeter Länder ist im
ESM-Führungsgremium Einstimmigkeit nötig. Ein
finnisches Nein würde somit das Vorhaben
torpedieren, wenngleich es einen Ausweg gibt:
Sollten Europäische Zentralbank und EU-Kommission
die Lage als Notfall beurteilen, kann der Fonds auch
lediglich mit der Zustimmung von 85 Prozent handeln.
Italien
und Spanien kämpfen an den Kapitalmärkten mit dem
sinkenden Vertrauen in ihre Schuldentragfähigkeit,
was sich in erhöhten Zinsen für ihre Staatsanleihen
bemerkbar machte. Am Rentenmarkt fand der Gipfel zu
Wochenbeginn kaum noch Nachhall: Die Renditen
spanischer und italienischer Anleihen gaben nur noch
leicht nach.
Als Ausweg
aus der Klemme am Kapitalmarkt für die klammen
Euro-Länder waren in Brüssel Stützungskäufe des ESM
ins Gespräch gebracht worden. Insbesondere der
italienische Ministerpräsident Mario Monti und sein
spanischer Kollege Mariano Rajoy hatten bis tief in
die Nacht auf diese Möglichkeit gedrungen, da die
EZB schon seit Monaten keine Bonds mehr aufgekauft
hat und somit de facto nicht mehr zur Linderung der
Refinanzierungskosten der Südländer beiträgt.
Direkte Kapitalhilfen möglich
Zugleich
soll der permanente Rettungsschirm – der vom
Bundestag und -Rat beschlossen wurde, aber noch vom
Verfassungsgericht geprüft werden muss –
notleidenden Banken im Euro-Raum künftig direkt
Kapitalhilfen geben können. Wann dies soweit sein
kann, steht laut Bundesregierung jedoch noch in den
Sternen.
Es gebe
nur die Einigung, sich auf den Weg zu einer
unabhängigen europäischen Bankenaufsicht zu begeben,
betonte Regierungssprecher Steffen Seibert in
Berlin. Dazu bedürfe es etlicher Schritte und
Beschlüsse.
Erst
danach stehe die Entscheidung an, ob und wann die
Europäer direkte Hilfen über den ESM ermöglichen.
Wie im Falle von Bondkäufen des ESM greift auch hier
das Einstimmigkeitsprinzip – und zwar im
Europäischen Rat. Vorschläge der EU-Kommission für
eine europäische Bankenaufsicht sollen nach der
Einigungsformel des EU-Gipfels bis Ende 2012
vorliegen.
Einen
Automatismus, dass dies in direkte ESM-Bankenhilfen
einmünden muss, gibt es nach Seiberts Worten aber
nicht. Er verteidigte zugleich die Verhandlungslinie
von Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Gipfel.
Wer behaupte, Geld des Euro-Rettungsschirms könne
nun "quasi ohne Auflagen" fließen, liege
"grundfalsch".
Griechenland solle keine Zeit
vergeuden
Auf das
Prinzip der Konditionalität pocht auch die EZB im
Falle des von der Pleite bedrohten Griechenland. Vor
dem Eintreffen der sogenannten Troika in Athen
warnte EZB-Direktor Jörg Asmussen vor einem
Aufschnüren des Rettungspakets.
"Die neue
Regierung sollte ihre kostbare Zeit nicht an die
Idee verschwenden, die Auflagen zu lockern oder zu
umgehen", mahnte Asmussen in Athen.
Gesprächsbereitschaft signalisierte er zugleich in
der "Bild"-Zeitung "beim konkreten Maßnahmenmix, mit
denen die Programmziele erreicht werden sollen".
Die
Troika aus EU, EZB und IWF wird in diesen Tagen in
Athen erwartet. Die Experten wollen sich über
Reformfortschritte informieren und darüber
entscheiden, ob das Euro-Land die nächste
Kredittranche erhalten kann. Kreisen zufolge ist der
Restbetrag aus der letzten Tranche in Höhe von einer
Milliarde Euro nun ausgezahlt worden.
Asmussen warnt
Asmussen
warnte vor "gefährlich kurzfristigen Teil-Analysen",
die in einem Austritt Griechenlands aus dem Euro und
einer Abwertung der Landeswährung eine Alternative
zu dem Rettungsplan der Troika sähen.
Der Chef
des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn,
forderte genau dies: "Es gibt nur einen einzigen
Weg, wie Griechenland gesunden kann – Austritt,
Abwertung und vielleicht später wieder einzutreten",
sagte der Ökonom im Deutschlandfunk.
Im
Gespräch mit dem "Handelsblatt" schlug er zugleich
hoch verschuldeten Euro-Staaten wie Italien und
Spanien vor, sich mit der Ausgabe von Pfandbriefen
frisches Geld zu erträglichen Konditionen zu
besorgen: "Alle Krisenländer haben entsprechende
Notfallpläne in der Schublade", betonte der
Ifo-Chef, der dabei offenbar auf einer Linie mit
Finnland liegt: Das Nordland hatte vor dem Gipfel
vorgeschlagen, dass die unter einer hohen Zinslast
leidenden Länder in Europa mit Vermögenswerten
besicherte Pfandbriefe begeben könnten.
rtr/fp>
=========
3.7.2012: <Solidarität
mit Krisenstaaten schwindet: Die
Slowakei wird ungeduldig>
aus: n-tv online; 3.7.2012;
http://www.n-tv.de/politik/Die-Slowakei-wird-ungeduldig-article6640886.html
<Der
slowakische Ministerpräsident warnt davor, dass
die Bereitschaft zur Solidarität mit südlichen
Euro-Staaten in seinem Land rapide abnimmt. Denn
die Slowakei helfe Ländern, in denen Renten und
Löhne weitaus höher seien.
Angesichts der Debatte um weitere Finanzhilfen
für angeschlagene Euro-Staaten hat der slowakische
Ministerpräsident Robert Fico ein Ende der Geduld
signalisiert. Die Bereitschaft zur Solidarität
nehme in seinem Land rapide ab, sagte der Premier
nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela
Merkel in Berlin. Die Slowakei sei nicht bereit,
weitere Hilfen zu leisten, wenn die
Empfängerländer nicht klar nachwiesen, dass sie
ausreichende Reformen unternähmen: "Die Geduld der
Öffentlichkeit ist am Ende."
Es werde immer schwieriger, Menschen in seinem
Land zu erklären, wieso die Slowakei Ländern
helfen solle, in denen die Renten und Löhne ein
Vielfaches betrügen. "Aus diesem Grund ist die
Slowakei nicht bereit, weitere finanzielle Hilfen
zu gewähren, wenn nicht garantiert ist, dass die
Empfänger ihre Hausaufgaben machen", sagte Fico,
dessen Land zu den 17 Staaten der Eurozone zählt.
Erst wenn dies geschehe, könne über weitere Hilfen
gesprochen werden. "Die Geduld der Öffentlichkeit
ist ausgeschöpft", ergänzte der slowakische
Ministerpräsident. "Wir sind für eine strengere
Einhaltung der Regeln." Die Slowakei werde mit der
Konsolidierung ihres Haushalts fortfahren. Sein
Land erwarte auch von anderen Ländern in der
Europäischen Union "so einen verantwortungsvollen
Umgang".
Merkel verweist auf Regeln
"Wir sind uns einig, dass wir uns an gegebene
Regeln halten müssen", sagte Merkel nach dem
Gespräch mit Fico. "Solidarität und Solidität
gehören eng zusammen", fügte sie hinzu. In den
vergangenen Tagen hatten auch die
Ministerpräsidenten Finnlands und der Niederlande
gewarnt, dass die Bereitschaft zur Solidarität mit
den südlichen Euro-Staaten sich dem Ende nähere.
Fico warnte zugleich vor massiven Verwerfungen
durch eine Pleite Griechenlands. Für 2013 rechne
sein Land mit einem Wachstum von 2,6 Prozent. Ein
Kollaps Griechenlands könne aber zu einer
Rezession mit einem Einbruch der
Wirtschaftsleistung um 4 Prozent führen. Weitere
finanzielle Hilfe für hochverschuldete Euro-Länder
dürfe es dennoch nur geben, wenn die Sparauflagen
konsequent erfüllt würden.
Quelle: n-tv.de, jga/rts/dpa>
========
3.7.2012: Pleite-Griechenland mit
Anarchie: Brutalo-Polizei gegen Demonstranten
ist bereits normal
aus: Basler Zeitung online: Griechische
Gewaltexzesse; 3.7.2012;
http://bazonline.ch/ausland/europa/Griechische-Gewaltexzesse/story/28250175
<Amnesty
International kritisiert das Vorgehen der Polizei
gegen die meist friedlichen Proteste scharf. Unter
anderem hätten die Ordnungskräfte Tränengas
eingesetzt, das internationale Normen verletze.
Die griechische Polizei wendet gegen
Demonstranten routinemässig exzessive Gewalt an.
Dies habe sich bei den Massenprotesten gegen die
Sparprogramme der Regierung gezeigt, hält Amnesty
International (AI) in
einem in Athen vorgelegten Bericht fest. Obwohl
die letzt- und diesjährigen Proteste gegen die
Sparmassnahmen weitgehend friedlich verlaufen
seien, sei die Polizei Berichten von Betroffenen
zufolge oft auf brutale Weise eingeschritten.
Unter anderem hätten die griechischen
Ordnungskräfte chemische Reizstoffe und
Blendschockgranaten eingesetzt, die internationale
Normen verletzen, erklärt die
Menschenrechtsorganisation. Demonstranten, die
inhaftiert wurden, hätten keinen Zugang zu Ärzten
oder Anwälten erhalten.
Oft seien auch Angehörige von Minderheiten oder
anderer verletzlicher Gruppen wie Asylsuchende,
Migranten oder Roma misshandelt worden. Die
griechischen Behörden hätten solche Vorkommnisse
bisher zwar offiziell bestätigt, sie jedoch
zumeist als Einzelfälle abgetan.
Straflosigkeit programmiert
Insbesondere stört sich Amnesty an der
Straflosigkeit der fehlbaren Gesetzeshüter. Die
Opfer hätten meist keine Chance, entschädigt zu
werden oder Wiedergutmachung zu bekommen. Grund
dafür seien die «systemimmanenten Probleme» in der
Untersuchung, Verfolgung und Bestrafung von
Menschenrechtsverletzungen durch Angehörige der
Polizei, wird David Diaz-Jogeix,
Amnesty-Vizedirektor für Europa, zitiert.
Keine Entschädigung
Amnesty führt in seinem Bericht zwei Beispiele
an: Der Journalist Manolis Kypreos erlitt bei
einem Polizeieinsatz einen totalen Gehörverlust,
was das Ende seiner beruflichen Karriere
bedeutete. Der Nachdiplomstudent der Fotografie
Yiannis Kafkas sei nach heftigen Knüppelschlägen
der Polizei auf seinen Kopf fast gestorben. Die
beiden warteten rund ein Jahr nach den zugefügten
Verletzungen noch immer auf rechtliche
Entschädigung.
Die neue griechische Regierung solle deshalb
umgehend die nötigen Massnahmen ergreifen, damit
die griechischen Justizbehörden Vorfälle von
Polizeigewalt rasch und unparteiisch untersuchen
könnten, forderte Diaz-Jogeix von AI.
Die Griechen hatten am 17. Juni im zweiten Anlauf
ein neues Parlament gewählt. Seither wird das Land
von einer Koalitionsregierung aus Konservativen (Nea
Dimokratia), Sozialisten (Pasok) und der
Demokratischen Linken (Dimar) unter Führung der
Konservativen regiert. Neuer Ministerpräsident ist
der Nea-Dimokratia-Vorsitzende Antonis Samaras. Die
Koalitionsparteien sprachen sich für Reformen aus
und treten vehement für den Verbleib Griechenlands
in der Eurozone ein. Allerdings wollen sie die
internationalen Geldgeber davon überzeugen, die
vereinbarten Sparauflagen um zwei Jahre zu strecken.
(ami/sda)>
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3.7.2012: Nun ist auch Slowenien dran
aus: Spiegel
online: Kandidat für Rettungsschirm Euro-Krise erreicht
Slowenien; 3.7.2012;
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/euro-krise-schluepft-slowenien-unter-den-rettungsschirm-a-842416.html
<Von Christian Teevs
Das nächste Land rückt in den Fokus der
Euro-Krise: Slowenien könnte laut einem Bericht
der Nachrichtenagentur Bloomberg unter den
Rettungsschirm schlüpfen. Das Land gilt wegen
seiner Bankenprobleme als "Spanien
Zentraleuropas".
Hamburg - Nun also Slowenien. Das kleine Land im
Südosten Europas wird als sechster Kandidat für
den Euro-Rettungsschirm gehandelt. Die
Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet, die
EU-Kommission habe bereits am Montag Hilfen in
Aussicht gestellt. Ein Sprecher der Kommission
wollte das nicht bestätigen. "Wir haben keinen
Antrag aus Slowenien erhalten und geben keinen
weiteren Kommentar zu dem Thema." Das heißt aber
auch: Informell könnte die Kommission dem Land
durchaus Geld aus dem Rettungsfonds angeboten
haben.
Slowenien wäre das sechste Land, das unter den
Rettungsschirm schlüpft. Ähnlich wie Zypern, das
im Juli Hilfe beantragte, dürfte Slowenien aber zu
klein sein, um die Euro-Krise nennenswert zu
verschärfen.
Das Land ist seit 2004 Teil der Euro-Zone. Mit
zwei Millionen Einwohnern und einer
Wirtschaftsleistung von gut 35 Milliarden Euro
gehört es zu den kleinsten Mitgliedern der
Währungsunion. Doch die Finanz- und
Wirtschaftskrise hat das Land hart getroffen. 2009
brach das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 8,1
Prozent ein. Nach einer leichten Erholung rutschte
Slowenien im vergangenen Jahr erneut in die
Rezession.
Besonders schwer zu schaffen macht dem Land der
Bankensektor. Zuletzt geriet die größte Bank, die
Nova Ljubljanska Banka (NLB), ins Straucheln. Sie
braucht rund 380 Millionen Euro. Doch aufgrund der
schrumpfenden Wirtschaft fehlt dem Staat das Geld,
die Banken aus eigener Kraft zu rekapitalisieren.
Experten vergleichen die Lage Sloweniens deshalb
bereits mit einem anderen Krisenland und sprechen
vom "Spanien Zentraleuropas".
Ähnlich wie Spanien hat Slowenien bislang einen
vergleichsweise niedrigen Schuldenstand. Im
vergangenen Jahr machten die Verbindlichkeiten des
Staates 47,3 Prozent der Wirtschaftsleistung aus.
Im Schnitt beträgt die Verschuldung der 17
Euro-Staaten rund 88 Prozent des BIPs.
Doch angesichts der Bankenmisere und der
Rezession bekommt Slowenien zunehmend Probleme,
sich an den Kapitalmärkten frisches Geld zu
besorgen. Die Finanzierungskosten kletterten auf
den höchsten Stand seit Februar, die Rendite für
eine 2021 auslaufende Anleihe lag Ende Juni bei
6,1 Prozent.
Slowenien hat an Wettbewerbsfähigkeit
verloren
Der Schuldenstand ist zudem in den vergangenen
drei Jahren dramatisch gestiegen. Noch 2008 lag er
bei gerade mal 22 Prozent der Wirtschaftsleistung.
Im vergangenen Jahr betrug das Haushaltsdefizit
satte 6,4 Prozent des BIPs. Anfang 2012 gab es
vorgezogene Neuwahlen, nachdem der
sozialdemokratische Ministerpräsident Borut Pahor
mit einer Vertrauensfrage im Parlament gescheitert
war. Die neue Regierung versprach, das Defizit bis
2013 auf 2,9 Prozent zu senken - und so wieder die
Maastricht-Kriterien zu erfüllen.
Doch ob das klappt, ist zumindest fraglich.
Slowenien, das es als erste Teilrepublik des
ehemaligen Jugoslawiens in die EU geschafft hat,
büßte im vergangenen Jahr an Wettbewerbsfähigkeit
ein. Im Ranking des World Economic Forum (WEF)
rutschte das Land vom 45. auf den 57. Rang ab. Als
problematisch bezeichnet das WEF vor allem die
restriktiven Arbeitsgesetze, den schwierigen
Zugang zu Krediten und die ineffiziente
Bürokratie.
Slowenien leidet als exportabhängige Nation zudem
besonders unter der wirtschaftlichen Krise, die
den Großteil Europas erfasst hat. Rund 72 Prozent
der Exporte gehen in die EU, wichtigster Abnehmer
ist Deutschland, gefolgt von Italien, Österreich
und Frankreich. Wichtigste Ausfuhrgüter sind Autos
und Autoteile, chemische und pharmazeutische
Produkte sowie Elektrotechnik, Holz und Möbel.
An den Finanzmärkten wird ein Antrag Sloweniens
beim europäischen Rettungsfonds für wahrscheinlich
gehalten. Zwar bedürfe es einer weiteren
Eskalation der Euro-Krise, um ein Hilfsgesuch
Sloweniens beim Internationalen Währungsfonds und
der EU zu erzwingen, kommentierte William Jackson,
Volkswirt bei Capital Economics in London, die
Lage gegenüber Bloomberg. Das Land sei von diesem
Schritt aber vermutlich nicht mehr allzu weit
entfernt.>
========
3.7.2012: Pleite-Italien weiss, wie
abzocken geht: 389 Millionen Euro von Brüssel
abgezockt
aus: Spiegel online: Millionenskandal Fahnder decken
Rekordbetrug mit EU-Geldern auf; 3.7.2012;
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/fahnder-decken-betrug-mit-eu-geldern-auf-a-842361.html
<Im Kampf gegen Mauscheleien mit
europäischen Steuergeldern haben Fahnder einen
millionenschweren Betrugsfall in Italien
aufgedeckt. Dort flossen 389 Millionen Euro zu
Unrecht in ein Straßenbauprojekt. Es ist der
größte Finanzskandal, den die Korruptionsbekämpfer
bisher aufgespürt haben.
Brüssel - Europäische Fahnder haben in Italien den
bisher größten Betrugsfall mit EU-Geldern
aufgedeckt. In Kalabrien flossen 389 Millionen Euro
zu Unrecht in ein Straßenbauprojekt, berichtete die
europäische Betrugsbekämpfungsbehörde Olaf (Office
européen de lutte anti-fraude) in ihrem Jahresbericht für 2011.
Welche Dimension der Fall hat, zeigt ein Blick auf
die Gesamtbilanz der Fahnder: Insgesamt erwirkten
sie im vergangenen Jahr die Rückzahlung von 691
Millionen Euro an den EU-Haushalt.
"Es handelt sich um einen außergewöhnlich hohen
Betrag, der aufgrund besonderer Umstände zustande
kommt", heißt es in dem Bericht. Denn mehr als die
Hälfte der zu Unrecht verwendeten Mittel entfiel
damit auf das Projekt im süditalienischen Kalabrien.
Dort wollten Betrüger 389 Millionen Euro abzweigen,
die aus EU-Strukturfonds in ein Straßenbauprojekt
fließen sollten. Bei dem langjährigen
Straßenbauvorhaben monierten die Fahnder neben
Interessenkonflikten illegale Vergaben an
Subunternehmer und Bilanzfehler.
Der Fall sei in Zusammenarbeit mit italienischen
Ermittlern und der EU-Kommission aufgeklärt worden,
hieß es. Die Kommission habe bereits in einem
Verkehrsprogramm zwischen 1994 und 1999 sowie
zwischen 2000 und 2006 schwere Unregelmäßigkeiten
festgestellt. Als dazu Berichte von der Region
Kalabrien angefordert wurden, sei der Betrug ans
Licht gekommen. Bei den Mitteilungen der
italienischen Behörden seien schwere Versäumnisse
festgestellt worden.
Insgesamt untersuchte Olaf im vergangenen Jahr 463
Fälle von Betrug und Korruption im Zusammenhang
mit EU-Geldern. Drei Viertel der
Rückforderungen wurden im Bereich der
EU-Strukturfonds geltend gemacht. Dort wurden rund
525 Millionen Euro falsch ausgezahlt und 2011
zurückgeholt. Bei Zollbelangen wurden 114 Millionen
eingezogen. Hier nennt die Behörde in ihrem Bericht
als Beispielfälle einen chinesischen
Plastiktütenhersteller, der den Zoll umging. Er
hatte seinen Tüten den Namen eines anderen
chinesischen Herstellers gegeben, der wegen seines
hochwertigen Produkts geringere Anti-Dumping-Abgaben
beim Export in die EU zahlen muss. Solche Abgaben
sollen verhindern, dass die oft sehr günstige
chinesische Konkurrenz die europäischen Hersteller
unterbietet.
Gerichte verhängten Haftstrafen von insgesamt
511 Jahren
Auch eine Bande russischer Zigarettenschmuggler
ließen die Ermittler hochgehen. Die Betrüger
schmuggelten Zigaretten von Russland und der Ukraine
aus über Weißrussland und Litauen nach Deutschland
und Polen. Dort verkauften sie sie auf dem
Schwarzmarkt. Rund 6,5 Millionen Euro an Steuern und
Zollabgaben entgingen so dem EU-Haushalt. Im Bereich
der Landwirtschaft waren 34 Millionen Euro zu
Unrecht kassiert worden.
Infolge der von Olaf angestoßenen Verfahren
verhängten nationale Gerichte Haftstrafen von
insgesamt 511 Jahren und Geldbußen in Höhe von 155
Millionen Euro, teilte die Behörde mit.
Olaf bekämpft Betrug, Korruption und andere
Unregelmäßigkeiten in Europa, sofern sie den
Gemeinschaftshaushalt betreffen. Dazu gehört auch
Fehlverhalten innerhalb der EU-Institutionen. Ihre
Berichte reichen die Betrugswächter an die
nationalen Kontrollbehörden weiter, die dann
wiederum für die Strafverfolgung zuständig sind.
Olaf bekam nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr
1046 Hinweise auf Unregelmäßigkeiten bei der
Verwendung von EU-Geldern. Drei Viertel der
Meldungen kamen demnach aus privaten Quellen.
Die Behörde wurde 1999 gegründet und konnte nach
eigenen Angaben seitdem 3500 Ermittlungsfälle
abschließen. Dabei wurden insgesamt 1,1 Milliarden
Euro in den EU-Haushalt zurückgeholt. Die laufenden
Kosten für die eigene Tätigkeit beziffert Olaf für
das Jahr 2011 auf 58 Millionen Euro.
mmq/dpa/dapd>
========
4.7.2012: "Vereinigte Staaten von Europa"
finden in Deutschland keine Volksmehrheit - nur
36% dafür
aus: Zukunft des Kontinents: Deutsche gegen
"Vereinigte Staaten von Europa"; 4.7.2012;
http://www.welt.de/politik/deutschland/article107808524/Deutsche-gegen-Vereinigte-Staaten-von-Europa.html
<Die
große Mehrheit der Deutschen hält nichts von einem
Zusammenschluss der "Vereinigten Staaten von Europa"
nach Vorbild der USA. Vorbehalte gibt es auch gegen
einen möglichen EU-Präsidenten.
Die
meisten Deutschen lehnen die Gründung der "Vereinigten Staaten von Europa"
ab. Laut einer Umfrage für das Magazin "Stern"
sprechen sich 74 Prozent der Bundesbürger gegen
einen gemeinsamen europäischen Staat nach Vorbild
der USA aus.
Lediglich
22 Prozent befürworten eine Aufgabe der
Nationalstaaten zugunsten einer vereinigten EU. 59
Prozent der Deutschen halten auch nichts davon, das
Haushaltsrecht des Bundestages an europäische
Instanzen abzutreten. Nur 36 Prozent sind dafür.
Vorbehalte gegen Schäuble-Idee
Vorbehalte
gibt es auch gegen einen vom Volk gewählten
EU-Präsidenten, wie ihn Finanzminister Wolfgang
Schäuble (CDU) vorgeschlagen hat: 63 Prozent sind
dagegen, nur 33 Prozent dafür. Weniger stark ist der
Widerstand gegen einen europäischen Finanzminister,
der den einzelnen EU-Staaten Weisungen erteilen
könnte: 48 Prozent sind dagegen, 47 Prozent dafür.
Auf große
Ablehnung stoßen Euro-Bonds, also Anleihen, für die
alle EU-Staaten gemeinsam haften müssen: 73 Prozent
sprechen sich dagegen aus. Nur 17 Prozent können sie
sich als Instrument zur Bewältigung der Euro-Krise
vorstellen.
Dennoch
sind die Deutschen prinzipiell europafreundlich: 54
Prozent glauben, dass die Europäische Union den
Deutschen eher genutzt hat. Ebenfalls 54 Prozent
sind der Meinung, dass die Einführung des Euro
richtig war. Forsa hatte 1.004 repräsentativ
ausgesuchte Bundesbürger am 27. und 28. Juni befragt
– vor dem EU-Gipfel in Brüssel, bei dem sich die 17
Euro-Länder auf direkte Bankenhilfen geeinigt
hatten.
Eine Umfrage in der "Welt am
Sonntag" kam zu einem ähnlichen, wenn auch
nicht ganz so drastischem Ergebnis: Danach lehnen 43
Prozent der Deutschen ein derartiges Konstrukt ab,
51 Prozent sind dafür. Auch in diese Umfrage flossen
die Gipfel-Eregbnisse von Brüssel nicht ein, da sie
vorher erstellt worden war.
epd/pku>
========
5.7.2012: <Am Anleihemarkt
erfolgreich: Ireland is back> -
1,8%
aus: n-tv online; 5.7.2012;
http://www.n-tv.de/wirtschaft/Ireland-is-back-article6657776.html
<Fast zwei Jahre lang war
Irland von den Kapitalmärkten abgeschnitten. Nun
kehrt die Republik wieder zurück. Ein dreimonatiger
Schatzwechsel im Wert von einer halben Milliarde
Euro verläuft erfolgreich. Die Durchschnittsrendite
von 1,8 Prozent liegt klar unter der Rendite der
vergleichbaren spanischen Schatzwechsel.
Irland hat den ersten zaghaften, vor allem
symbolischen Schritt zurück an die Kapitalmärkte
gemacht. Zum ersten Mal seit September 2010 hat das
Land wieder erfolgreich Anleihen ausgegeben -
dreimonatige Schatzwechsel im Wert von 500 Millionen
Euro. Die Nachfrage war hoch: Bei der Auktion
erhielt die nationale Schuldenagentur NTMA Gebote im
Wert von 1,415 Milliarden Euro, 2,8-mal mehr als
ausgegeben werden sollten.
Die Durchschnittsrendite lag bei lediglich 1,80
Prozent und damit wie erhofft klar unter der Rendite
der vergleichbaren spanischen Schatzwechsel. Diese
galt unter Marktbeobachter als Maßstab, ob die
Auktion als Erfolg zu werten sei.
Die große Bankenkrise hatte die Republik Irland
besonders hart getroffen und die Regierung in Dublin
Ende 2010 gezwungen, unter den Rettungsschirm von EU
und IWF zu schlüpfen. Die Rettung ihrer
angeschlagenen Banken ließ die Staatsschulden damals
derart steigen, dass sich die Anleger weigerten,
Irland weiter Ihr Geld anzuvertrauen. 67,5
Milliarden Euro musste der Rettungsfonds auf die
grüne Insel überweisen, um den Staatsbankrott zu
verhindern.
Pläne für weitere Auktionen hat Irland bisher
nicht, auch wenn der Markt diese erwartet. Denn
Griechenland und Portugal, die ebenfalls unter dem
Rettungsschirm stehen, haben zum Beispiel auch nach
der internationalen Hilfe weiterhin zumindest
kurzlaufende Anleihen ausgegeben.
"Das ist nur ein erster Schritt. Es gibt zwar
keinen speziellen Kalender, aber das Ziel in den
kommenden Monaten muss es sein, eine Zinskurve bei
den Kurzläufern zu bekommen", sagt Padhraic Garvey,
Analyst bei ING. Das eigentliche Ziel sei es dann,
bald eine richtige Konsortialanleihe zustande zu
bringen.
Ob es eine solche Anleihe schon in diesem Jahr oder
erst im kommenden geben wird, hängt auch davon ab,
wie sich die Schuldenkrise in der Eurozone weiter
entwickelt. Die Beschlüsse des EU-Gipfels in der
vergangenen Woche, denen zufolge irische und
spanische Banken direkte Hilfen vom Rettungsfonds
ESM bekommen könnten, versprechen zumindest eine
potenziell große Erleichterung. Denn Irland hat seit
2008 rund 63 Milliarden Euro in die Not leidenden
Banken des Landes gepumpt.
Reformen werden am Markt honoriert
Wenn Irland nicht zumindest ein Teil der geerbten
Bankschulden abgenommen wird, sind viele Analysten
skeptisch, ob es Irland bis Ende 2013 zurück an den
Kapitalmarkt schafft. Zu diesem Zeitpunkt laufen die
Kredite der EU und des IWF aus.
Analysten der Helaba weisen aber darauf hin, dass
das Vertrauen des Marktes in die Reformbemühungen
Irlands sehr hoch sei. Das spiegle sich auch in den
zuletzt deutlich zurückgegangenen Anleiherenditen
wider. Die Rendite der 2020 fälligen irischen
Anleihe notierte am Donnerstagmorgen bei 6,076
Prozent, nachdem sie Ende Mai noch bei 7,386 Prozent
lag. Sie bewegt sich damit genau zwischen den
Renditen für zehnjährige Anleihen aus Spanien und
Italien, die aktuell bei 6,450 bzw. 5,821 Prozent
notieren.
Quelle: n-tv.de, DJ>
========
5.7.2012: 200 Ökonomen schreiben einen
klaren Brief: Deutschland soll sich nicht mehr
erpressen lassen
aus: Der Standard online: Wirtschaftsprofessor
Krämer: "Die Griechen lügen wie gedruckt"; 5.7.2012;
http://derstandard.at/1339639904901/Sturm-gegen-EU-Gipfel-Wirtschaftsprofessor-Kraemer-Die-Griechen-luegen-wie-gedruckt
<In einem
offenen Brief wandten sich über 200 Ökonomen an
die Bevölkerung, Mitinitiator Walter Krämer findet
klare Worte: Die Deutschen lassen sich erpressen,
marode Banken gehören in die Pleite
Interview | Sigrid
Schamall
Walter Krämer: "Bestimmte südeuropäische
Länder haben gar nicht die Absicht, ihre Versprechen
einzuhalten."
Die Griechen lügen wie gedruckt, scheinheilig
versprechen sie zu sparen.
Walter Krämers Schmerzgrenze
ist erreicht. Die Ergebnisse des Eurogipfels
ärgern den Professor für Wirtschafts- und
Sozialstatistik dermaßen, dass er gemeinsam mit ifo-Chef Hans-Werner Sinn den
Entschluss zu einem öffentlichen Appell fasste:
Die Bevölkerung müsse wissen, was man ihr
aufbürdet. Im Interview mit derStandard.at erklärt
er, wer letztlich die Rechnung zahlen muss, und
setzt sich dafür ein, marode Banken nicht auf
EU-Kosten künstlich am Leben zu erhalten und
schnellstens einen Schlussstrich unter
Griechenland zu ziehen.
derStandard.at: Sie haben
gemeinsam mit ifo-Chef Hans-Werner Sinn einen
öffentlichen Brief an die "lieben Mitbürger"
gerichtet. Darin laufen Sie Sturm gegen die
jüngsten Gipfelbeschlüsse. Rund 200
deutschsprachige Ökonomen haben bereits
unterschrieben. Was ärgert Sie am meisten?
Krämer: "Sturm laufen" klingt zu
martialisch. Fakt ist, dass die EU nicht nur für
die Mitgliedsstaaten, sondern auch für die Banken
der Mitgliedsstaaten haftet, wodurch es für eine
marode Bank viel schwieriger wird, pleitezugehen.
Mit anderen Worten: Wenn marode Banken auf Kosten
der restlichen EU-Staaten am Leben erhalten
werden, ist das eine enorme Verschwendung der
Ressourcen und ein großer Schritt in die falsche
Richtung.
derStandard.at: Böse Folgen sind
vorprogrammiert?
Krämer: Man kann sich auf nichts
verlassen, was auf dem Papier steht. Eine
europäische Bankenaufsicht ist an und für sich
eine gute Sache. Doch die letzten 20 Jahre haben
gezeigt, dass EU-Regulierungen immer wieder über
den Haufen geworfen, aufgeweicht und gelockert
wurden. Dasselbe wird mit den Haftungen für marode
Banken passieren, und die Bürger in Deutschland,
Österreich und in den Niederlanden werden
letztendlich den Großbanken in Spanien, Italien
und Griechenland ihre Ersparnisse überweisen.
derStandard.at: Soll
Griechenland aus dem Euro?
Krämer: Griechenland überhaupt
hereinzunehmen war der erste Fehler. Das Land vor
zwei, drei Jahren nicht aus dem Euro
hinauszukomplementieren war der nächste. Es ist
schon klar, dass das schwierig gewesen wäre und
nicht so ohne weiteres durchführbar ist, aber ein
Ende mit Schrecken ist besser als ein Schrecken
ohne Ende, den wir jetzt garantiert die nächsten
Jahre erleben werden. Es wird jeden Monat neue
Horrormeldungen geben, so lange, bis die Bürger
nicht mehr hinhören.
derStandard.at: Sprechen Sie
Athen den eigenen Rettungswillen ab?
Krämer: Bestimmte südeuropäische
Länder haben gar nicht die Absicht, ihre
Versprechen einzuhalten. Griechenland mit seinem
riesig aufgeblähten Staatsapparat hat
beispielsweise seit der Regierungsbildung 1.000
neue Beamte eingestellt, anstatt Stellen wie
versprochen einzusparen. Ich jedenfalls glaube den
Griechen kein einziges Wort mehr.
derStandard.at: Stellen Sie sich
in diesem Zusammenhang auf die Seite von
IWF-Chefin Christine Lagarde, die eine Lockerung
des Griechenland-Pakets ablehnt?
Krämer: Natürlich. Mit der
Aussage hat sie einmal ausnahmsweise das Richtige
gesagt. Ansonsten hat sie als Französin natürlich
die Interessen Frankreichs im Hinterkopf.
derStandard.at: Griechenland hat
sich verpflichtet, seinen Schuldenstand bis 2020
auf einen Stand von rund 120 Prozent der
Wirtschaftsleistung zu bringen. Erlaubt sind
eigentlich nur 60 Prozent.
Krämer: Die Griechen wissen
genau, dass sie mit dieser Vereinbarung lügen wie
gedruckt, und hoffen, dass der Rest Europas ihnen
glaubt. Daher auch unser Aufruf: Wir wollen den
Leuten zeigen, dass solche und andere Versprechen
nicht einhaltbar sind. Gleichzeitig wollen wir die
Menschen darauf vorbereiten, sich auf schlimme
Zeiten einzustellen. Angela Merkel ist nicht dumm
und weiß schon, was sie tut. Doch die Bürger, die
Wählerinnen und Wähler haben keine Ahnung, welche
Risiken sie eigentlich übertragen bekommen.
derStandard.at: Der bayrische
Ministerpräsident Horst Seehofer hat jüngst mit
dem Bruch der Koalition gedroht, wenn noch mehr
Geld an EU-Krisenstaaten fließt. Wieder einmal.
Reiner Populismus?
Krämer: Es wird endlich Zeit zu
sagen, dass die Deutschen nicht unendlich
leidensfähig sind. Die Deutschen waren immer
wieder Opfer von Erpressungen, wie der letzte
Gipfel in Brüssel einmal mehr gezeigt hat. Warum
sollen sie also nicht auch einmal eine Grenze,
einen Schlussstrich ziehen? Insofern schätze ich
Herrn Seehofers Äußerung als eine lange
überfällige Haltung. Im Übrigen bin ich etwas
verwundert, dass die Österreicher so ruhig bleiben
und nicht aufbegehren.
derStandard.at: Wo liegt diese
Grenze, der Schlussstrich?
Krämer: Für mich persönlich ist
die Schmerzgrenze schon lange überschritten. Doch
es gibt wohl noch Bundesbürger, die meinen, auf
dem Altar der europäischen Einheit weitere Opfer
bringen zu müssen oder zu dürfen. Das soll jeder
für sich entscheiden.
derStandard.at: Wie geht es
weiter mit den Schuldenländern?
Krämer: Ich denke, es wird noch
zwei bis drei Jahre weitergewurschtelt wie
bislang. Und dann wird es teuer. Viel teurer, als
wenn wir den Schlussstrich früher gezogen hätten:
Griechenland als Land wird zahlungsunfähig sein.
Jeder, der griechische Staatsanleihen besitzt,
wird eine Menge Geld verlieren. Dazu würde
übrigens auch ich gehören. Ich bin gerne bereit,
dieses Geld herzugeben, wenn dadurch endliche
reale Verhältnisse geschaffen werden. (Sigrid
Schamall, derStandard.at, 6.7.2012)
Walter Krämer (63) studierte
Mathematik und Wirtschaftswissenschaften in
Mainz und habilitierte sich in Ökonometrie an
der Technischen Universität Wien, wo er heute
auch als Privatdozent tätig ist. Mehrere Jahre
arbeitete er am Institut für Höhere Studien
(IHS) in Wien. Seit 1988 ist er Professor für
Wirtschafts- und Sozialstatistik an der
Technischen Universität Dortmund.
Weitere Informationen
Der offene Brief der Ökonomen
im Wortlaut>
========
6.7.2012: <Die Schweiz bereitet sich
auf Euro-Crash vor>
aus: Kapitalflucht: Die Schweiz bereitet sich auf
den Euro-Crash vor
http://www.welt.de/finanzen/article107922191/Die-Schweiz-bereitet-sich-auf-den-Euro-Crash-vor.html
<Die
Unruhe in der Euro-Zone macht den Franken
interessant. Mit Milliarden-Stützungskäufen drückt
die Schweizer Notenbank den Kurs. Für einen
möglichen Euro-Crash werden schon Vorkehrungen
getroffen.
Die
Schweizer Notenbank hat im Juni erneut mit
Milliardenbeträgen im Devisenmarkt interveniert, um
eine Aufwertung der eigenen Währung zu verhindern.
Wegen der Euro-Schuldenkrise
hält die Flucht internationaler Anleger in den
Franken an.
Die
Schweizerische Nationalbank (SNB) muss Euro kaufen,
wenn sie die Einheitswährung nicht unter den im
September festgelegten Mindestkurs von 1,20 Franken
absacken lassen will. Im Juni stiegen die
Devisenbestände der Schweiz nach SNB-Angaben um rund
59 Milliarden auf 365 Milliarden Franken. Bereits im
Mai waren die Devisen um rund 68 Milliarden Franken
angestiegen. Der größte Teil der Zunahmen sei auf
Devisenkäufe zurückzuführen, erläuterte ein Sprecher
der SNB.
Eine
weitere Aufwertung des nach SNB-Einschätzung bereits
deutlich überbewerteten Frankens würde die Schweizer
Ausfuhren nach Euroland verteuern. Das Land müsste
mit einer Rezession und mit noch mehr Druck auf die
Preise rechnen, was zu einem Deflationsproblem
führen könnte.
Notfalls
Kapitalverkehrskontrollen - [und geplante
Negativzinsen]
Im Juni
sanken die Verbraucherpreise um 1,1 Prozent nach
einem Rückgang von einem Prozent im Mai. Für den
schlimmsten Fall – etwa wenn die Euro-Zone
auseinanderbrechen und eine Fluchtwelle in den
Franken einsetzen würde – will die SNB auch
Kapitalverkehrskontrollen oder Negativzinsen auf Guthaben von
Ausländern nicht ausschließen.
Wegen der
Wahlen in Griechenland und der Probleme spanischer
Banken war die Unsicherheit in der Euro-Zone im Juni
besonders groß. Der EU-Gipfel Ende Juni brachte
etwas Ruhe in die Märkte. In den kommenden Monaten
sollte die SNB nicht mehr so stark intervenieren
müssen, erklärte der ZKB-Volkswirt David Marmet.
Aber der
Aufwertungsdruck dürfte anhalten. "Solange sich die
Krise hinzieht, wollen die Leute ihr Geld in die
Schweiz bringen", sagte der Sarasin-Volkswirt
Alessandro Bee. Am Freitag wurde der Euro wie seit
längerem knapp über der 1,20-Franken-Marke
gehandelt.
Ihre
Devisen, die inzwischen rund zwei Drittel des
Schweizer Bruttoinlandproduktes betragen, legt die
SNB zu einem großen Teil in ausländischen
Staatsanleihen an. Rund die Hälfte hält sie in Euro,
gut ein Viertel entfällt auf den Dollar und der Rest
verteilt sich auf Yen, Pfund Sterling und andere
Währungen, zu denen neuerdings auch der
südkoreanische Won zählt. Vorschlägen, nach dem
Vorbild Norwegens einen Staatsfonds zu gründen und
sich sogar an ausländischen Firmen zu beteiligen,
lehnt die SNB ab.
Kritik am
Euro-Mindestkurs ist in der Schweiz inzwischen
verstummt. Auch Politiker der rechtskonservativen
Schweizerischen Volkspartei (SVP) stellten sich
Mitte Juni in einer Parlamentsdebatte hinter die
Notenbank. Davor hatten sie kritisiert, die Schweiz
mache sich mit der Kursuntergrenze von der
Wirtschaftspolitik in der EU abhängig und der hohe
Devisenbestand berge ein Verlustrisiken für die SNB.
Reuters/woz>
========
Pleite-Griechenland 6.7.2012: Die
Bürgermeister von Chania auf Kreta, von
Thessaloniki und Veria schaffen effiziente
Verwaltungen und Projekte
aus: Welt online: Griechische Pläne: Mit
Sextourismus und EU-Geldern aus der Krise; 6.7.2012;
http://www.welt.de/politik/ausland/article107915257/Mit-Sextourismus-und-EU-Geldern-aus-der-Krise.html
<Griechenland
versinkt in Schulden. Einige Bürgermeister aber
schauen nicht länger nur zu, sondern sagen der
Krise den Kampf an. Die Wege, die sie beschreiten,
sind so konventionell wie spektakulär.
Von Boris Kálnoky, Dimitra Moutzouri und Christos
Roumeliotis
[12,5 Millionen
Euro Schulden - Verwaltungsreform - Kürzung der
staatlichen Zuwendungen um 30%]
Seit dem 1. Januar 2011 ist Emmanouil Skoulakis
Bürgermeister von Chania, mit 55.000 Einwohnern die
zweitgrößte Stadt der Insel Kreta. Er trat ein
schweres Erbe an: "Wir hatten 12,5 Millionen Euro
Schulden, Tendenz steigend." Nach einer
Verwaltungsreform war er plötzlich auch noch für
sieben umliegende Ortschaften zuständig, ohne dass
er dafür mehr Geld bekommen hätte.
Und dann
wurden auch noch die staatlichen Zuwendungen um 30
Prozent gekürzt. Die Miniaturversion des allgemeinen
griechischen Elends lässt sich in Chania auf diese
Formel bringen: Schulden, zusätzliche Belastungen
und weniger Einnahmen.
Bürgermeister
Skoulakis ist nicht neu im politischen Geschäft.
1944 geboren, zog er insgesamt zehn Mal als
Abgeordneter für die Volkspartei Pasok ins Parlament
von Chania ein. Dreimal war er stellvertretender
Gesundheitsminister. Er verkörpert also genau jene
traditionelle politische Klasse, mit der die
Griechen dieser Tage so unzufrieden sind.
Aber nur
weil ein System schlecht ist, muss das nicht für die
Menschen darin gelten. Nachdem er in Chania
Bürgermeister geworden war, zeigte Skoulakis, was
möglich ist, wenn man die Fäden selbst in der Hand
hält.
In 18 Monaten fast schuldenfrei -
[Rationalisierungen und Verringerung der
Betriebskosten]
"Innerhalb
von 18 Monaten haben wir zehn Millionen Euro an
Schulden beglichen, also fast alles." Zugleich
stiegen die Einnahmen um zehn Millionen Euro – und
das, obwohl die Zuwendungen aus Athen um ein Drittel
gekürzt worden waren. Wie so etwas geht? Skoulakis’
Antwort ist so einfach wie revolutionär im
Griechenland dieser Tage: "Durch Rationalisierungen
bei den Ausgaben und Verringerung der
Betriebskosten."
[Streichung
dubioser PR-Aktionen]
Außerdem
habe man "neue Kontrollmechanismen" eingeführt. Als
konkretes Beispiel für einen Haushaltsposten, der
der Kontrolle zum Opfer fiel, nennt er ausufernde
Budgets für Öffentlichkeitsarbeit. Dubiose
PR-Aktionen gelten in Griechenland als üblicher
Trick zur Plünderung der öffentlichen Kassen.
[Einige neue Gebühren -
Anhebung alter Gebühren - konsequente Beantragung
europäischer Fördergelder NSRF für 17 Millionen
Euro]
Neben der Eindämmung der Ausgaben ist in Chania eine
"Aktivierung der Einnahmen durch die
Finanzverwaltung" gelungen. Dafür wurden einige neue
Gebühren eingeführt oder alte angehoben. Nach nur 18
Monaten im Amt ist es Skoulakis sogar gelungen,
seine Stadt auf Wachstumskurs zu bringen. Eine
wesentliche Rolle spielen dabei europäische
Fördergelder – Skoulakis hat schlicht begonnen, sie
konsequent zu beantragen.
"Wir
konnten allein in den letzten sechs Monaten 18
Projekte über das europäische Regionalförderprogramm
NSRF finanzieren, unter anderem die Renovierung des
alten Zollhauses. Insgesamt belaufen sich die
Fördermittel auf 17 Millionen Euro", sagt Skoulakis.
"Für die nächsten Jahre bereiten wir 30
Projektanträge mit rund 27 Millionen Euro
Fördervolumen vor."
Skoulakis
erkennt darin einen Beitrag der EU zu "Wachstum und
Arbeitsplätzen" in Griechenland. Und die Folgen für
Chanias Stadtkasse sind enorm: "Wir könnten 2013
einen Überschuss erwirtschaften", sagt Skoulakis.
Giannis Boutaris führt
Thessaloniki wie ein Unternehmen
Aber
funktioniert das Modell, das das kleine Chania
wieder zur Blüte bringen soll, auch in einer
Millionenstadt wie Thessaloniki? Tatsächlich hat
auch hier ein neuer Bürgermeister seit Januar 2011
alles umgekrempelt – mit spektakulärem Erfolg.
Giannis Boutaris heißt er, ist ebenso wie Skoulakis
eher Veteran als Revolutionär (Jahrgang 1942), im
Gegensatz zu ihm allerdings ganz frisch in der
Politik.
[Ausgaben um 33%
gesenkt - faule Verträge aufgelöst - fiktive
Überstunden gestrichen]
Von Haus aus ist der Mann Winzer und er versucht
auch die Stadt so zu führen wie ein Unternehmen, das
am Ende Gewinn abwirft. Weil Sparen der erste Weg
dahin ist, hat Boutaris die Ausgaben um ein ganzes
Drittel geschrumpft. Die Methoden sind dieselben wie
in Chania: Er hat nach faulen Verträgen und fiktiven
Überstunden seiner Beamten gesucht und sie
gestrichen.
Aber
Thessalonikis finanzielle Probleme sind derart groß,
dass vorerst nur die chronische jährliche Steigerung
des Haushaltsdefizits gestoppt werden konnte;
zuletzt ist es sogar ein wenig geschrumpft. Boutaris
weiß, die Stadt braucht neue Einnahmequellen. Und
passenderweise hat der Mann neue Ideen.
Sextourismus zur Aufbesserung der
Stadtkasse - [Anlocken türkischer und jüdischer
Kulturtouristen]
Thessaloniki
ist die Geburtsstadt des türkischen Staatsgründers
Atatürk und zugleich ein historisches Zentrum der
jüdischen Geschichte in Europa. Der Bürgermeister
will deshalb türkische und israelische
Kulturtouristen in die Stadt locken. Zur
Aufbesserung der Stadtkasse scheut Boutaris auch
keine unorthodoxen Methoden. So schlug er außerdem
vor, Sextourismus zu entwickeln und einen
städtischen Pornosender zu gründen.
Die Tore
der Stadt für Türken, Juden und die Erotikindustrie
zu öffnen, hat ihm massive Kritik von Seiten der
Kirche und der Konservativen eingebracht. Aber von
den EU-Experten in Griechenland wird er gepriesen:
Boutaris mache, was die griechische Regierung ihrer
Meinung nach auch tun sollte.
[Überprüfung der
Leistungen von "Beamten"]
Und er würde gerne noch weiter gehen, wenn es der
Staat nur zuließe. Boutaris will 40 Prozent seiner
5000 Beamten entlassen, ein neuer Personalberater
ist schon dabei, deren Leistungen zu überprüfen.
Allerdings ist es offizielle Politik in Athen, Staatsangestellte
nicht zu entlassen, sie können bisher
höchstens versetzt werden.
Deutschland als Partner, nicht
Gegner - [Weiterbildung für die Organisation der
Stadt]
[Organisation der
Müllabfuhr]
Es ist aber nicht nur Geld, das in den Kassen von
Thessaloniki fehlt. Selbst die einfachsten Dinge
funktionieren hier nicht. Die Müllabfuhr in der
Millionenstadt war eine Katastrophe, bis Boutaris
sich in Berlin beraten ließ, wie man es richtig
macht. Für dieses Hilfsgesuch im Feindesland ist
Boutaris in seiner Heimat heftig attackiert worden.
[Projekt des Baus von
Heilbädern]
Aber er sieht in Deutschland einen Partner, keinen
Gegner. Und so sucht er auch auf kommunaler Ebene
die Zusammenarbeit. Eine eigens dafür eingerichtete
"Deutsch-Griechische Versammlung" unter Führung des
parlamentarischen Staatssekretärs im Berliner
Arbeitsministerium, Hans-Joachim Fuchtel, denkt über
mögliche Kooperationen nach. Obwohl das alles noch
ganz neu ist, "sehe ich darin Wachstumspotenzial für
die Zukunft", sagt Boutaris. Er erwähnt den
kürzlichen Besuch einer Gruppe deutscher Ärzte, die
in der Region vielleicht Heilbäder bauen wollen.
[Stadt Veria:
Organisation von Bürgerhilfe]
Zur Bewältigung der Krise aber gehört nicht nur die
Haushaltssanierung. Ebenso wichtig ist es, die
sozialen Auswirkungen der Krise abzufedern. Hier hat
sich eine Frau hervorgetan: Haroula
Ousoultzoglou-Georgiadi ist Bürgermeisterin der
65.000-Einwohner-Stadt Veria im Norden
Griechenlands.
Kürzlich
wurde der Ort sogar vom europäischen
Stadtentwicklungsprogramm Urbact für seine
vorbildlichen Projekte ausgezeichnet, mit denen
Bürgern geholfen wird, die besonders unter der Krise
leiden.
Weniger ausgeben, mehr erreichen
- [Einrichtung eines Sozialamts]
"Wir
wurden 2008 darüber informiert, dass uns eine harte
Zeit bevorsteht – ich dachte nicht, dass es so hart
kommen würde", sagt die Bürgermeisterin im Gespräch.
"Bis dahin hatten wir gar kein Sozialdezernat – ich
schuf also eins, und mit der Hilfe von Freiwilligen
konnten wir eine Art Sicherheitsnetz aufspannen für
Arbeitslose, verarmte Rentner, mittellose Kranke."
[Ehrenamtliche Hilfe,
Spenden, Verteilung von Ackerland]
Ein Sozialsystem, dass nicht auf Geldleistungen
beruht, sondern auf Hilfsbereitschaft. Ehrenamtliche
Ärzte, Spenden und Firmen, die deren Verteilung
übernehmen. Die Stadt hat sogar Ackerland an
Bedürftige verteilt, die dort Gemüse anbauen können.
[Kürzung von Gehältern]
Die Bürgermeisterin hat zudem ihr eigenes Gehalt und
das ihrer Angestellten gekürzt und festgestellt:
"Heute geben wir weniger aus, mit diesem Geld aber
erreichen wir mehr."
Man könnte also den Eindruck gewinnen, Griechenland
sei auf einem guten Weg. Tatsächlich aber stehen
diesen drei Bürgermeistern, die mit gutem Beispiel
vorangehen, Hunderte gegenüber, gegen die die
Behörde für Wirtschaftskriminalität wegen Verdachts
auf Korruption, Steuerhinterziehung und Missbrauch
ermittelt. Und trotzdem zeigen diese
Erfolgsgeschichten: Es geht auch anders.>
Kommentar
Der Titel des Artikels ist wieder einmal völlig
falsch, denn der Sextourismus in Thessaloniki ist
bisher nur ein Projekt. Die drei griechischen
Bürgermeister sind Vorbilder auch für andere
Pleitiers in Italien und Spanien, und das Verteilen
von Land für den eigenen Gemüseanbau wird vielleicht
auch in Mitteleuropa bald notwendig werden.
Michael Palomino, 6.7.2012
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6.7.2012: Finnland überlegt sich den
Euro-Austritt - für Mafia-Statten wird nicht
gehaftet
aus: n-tv online: Gegen eine gemeinsame
Haftung: Finnland flirtet mit
Euro-Austritt; 6.7.2012;
http://www.n-tv.de/politik/Finnland-flirtet-mit-Euro-Austritt-article6669471.html
<"Wir sind konstruktiv und
wollen die Krise lösen – aber nicht um jeden Preis",
sagt die finnische Finanzministerin. Sie spricht
sogar von einem Austritt ihres Landes aus der
Währungsunion. Das Hilfspaket für Spanien wollen die
Skandinavier bilateral nachverhandeln, bei
Griechenland hatten sie damit bereits Erfolg.
Finnlands Regierung hat angekündigt, nicht für die
Schulden anderer Eurostaaten haften zu wollen. "Die
kollektive Verantwortung für Schulden (...) und
Risiken anderer Staaten ist nicht das, worauf wir
uns vorbereiten sollten", sagte die finnische
Finanzministerin Jutta Urpilainen in einem Interview
mit dem Finanzblatt "Kauppalehti". Die Zeitung
interpretierte diesen Satz als Drohung der
finnischen Regierung, aus dem Euro auszutreten und
schrieb: "Finnland wird nicht um jeden Preis am Euro
festhalten und ist auf alle Szenarien vorbereitet."
Urpilainens Sprecher Matti Hirvola sagte dazu, dies
sei eine falsche Interpretation der Äußerungen der
Ministerin. Die Darstellung, dass Finnland einen
Ausstieg aus der Eurozone plane, sei "schlicht
falsch".
"Finnland ist ein überzeugtes Mitglied der
Eurozone, und wir glauben daran, dass der Euro
Finnland nutzt", sagte Urpilainen in dem Interview.
Die Finanzministerin machte jedoch deutlich, dass
ihre Regierung einer gemeinsamen Haftung für die
Schulden und Risiken der Euroländer nicht zustimmen
werde. Auch eine Bankenunion mit gemeinsamer Haftung
lehnte sie ab. Finnland werde eine "harte Haltung"
einnehmen, wenn es um Rettungspläne für die Eurozone
geht, sagte Urpilainen. "Wir sind konstruktiv und
wollen die Krise lösen – aber nicht um jeden Preis."
Finnland ist eines der wenigen Euroländer, die noch
mit der höchsten Kreditwürdigkeit "AAA" bewertet
werden.
Finnland kratzt auch an den Beschlüssen des
letzten Gipfels
Der Beschluss des EU-Gipfels in Brüssel in der
vergangenen Woche, wonach der Europäische
Stabilitätsmechanismus (ESM) künftig auch
Staatsanleihen von Spanien und anderen unter Druck
geratenen Euroländern aufkaufen darf, war in
Helsinki auf Bedenken gestoßen. Die finnische
Regierung hat für die kommende Woche bilaterale
Gespräche mit Spanien angekündigt. Finnland will dem
Rettungspaket für die Iberer erst zustimmen, wenn
Madrid zusätzliche Garantien bereitstellt.
Finnland hatte immer wieder strikte Bedingungen für
Hilfspakete an schwächelnde Eurostaaten gefordert.
Dem zweiten Rettungspaket für Griechenland hatte
Finnland ebenfalls erst zugestimmt, nachdem Athen in
bilateralen Verhandlungen im Oktober 2011 weitere
Garantien abgegeben hatte.
Quelle: n-tv.de, AFP>
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6.7.2012: <Euro-Krise: Richter kippen
Teil von Portugals Sparprogramm>
aus: Der Spiegel online; 6.7.2012;
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/gericht-torpediert-portugals-sparprogramm-zinsen-in-spanien-steigen-a-843015.html
<In mehreren Ländern verschärft sich die
Schuldenkrise: In Portugal kippt das
Verfassungsgericht eine wichtige Maßnahme des
Sparplans. Spanien und Italien kämpfen mit
steigenden Renditen für ihre zehnjährigen
Anleihen. Und das hoch verschuldete Zypern bittet
Russland um Finanzhilfe. Ein Überblick.
Lissabon/Brüssel/Hamburg - Am Freitag gab
es schlechte Nachrichten aus fast allen
Krisenstaaten der Euro-Zone. Allen voran aus Portugal.
In dem Land hat das Verfassungsgericht einen Teil
des Sparprogramms der Regierung gekippt: Die
Einschnitte, die in diesem Jahr in Kraft getreten
sind, bedeuteten eine Diskriminierung, da sie nur
einige Beschäftigte im öffentlichen Dienst beträfen.
Damit stoppen die Richter eine Maßnahme aus dem
staatlichen Sparpaket, das die Grundlage für
Milliardenhilfen der Euro-Partner ist. Die Regierung
in Lissabon hatte die Urlaubs- und Weihnachtsgelder
der Staatsbediensteten - je nach Gehaltsgruppe -
gekürzt oder ganz gestrichen. Für das laufende Jahr
bleiben die Bestimmungen allerdings in Kraft: Das
Gericht trug der Regierung nicht auf, die
Gehaltskürzungen für 2012 zurückzunehmen.
Ministerpräsident Pedro
Passos Coelho kündigte an, dass er die
Entscheidung des Gerichts bei der Aufstellung des
Budgets für 2013 berücksichtigen werde.
Aber nicht nur an den Finanzmärkten, auch im Land
selbst halten sich Zweifel an dem Vorhaben.
Zuletzt warnte ein Parlamentsgremium, Portugal
könnte deswegen das Defizitziel in diesem Jahr
verfehlen.
Nach Einschätzung der EU-Kommission hingegen wird
Portugal seine Haushaltsziele trotz des
Richterspruchs erreichen. Die Begründung: Für
dieses Jahr bleiben die Sparmaßnahmen erhalten.
Das sagte ein Sprecher der Kommission am Freitag
in Brüssel. Nun müsse die portugiesische Regierung
einen Vorschlag vorlegen, wie die Sparvorgaben
2013 und in den folgenden Jahren eingehalten
würden.
Entscheidung über geplante Milliardenhilfen
für Spanien verzögert sich
Auch die Regierung in Spanien arbeitet an
Reformen, um die Krise einzudämmen. Doch ein
wichtiger Schritt in diese Richtung, die
Entscheidung über die geplanten Milliardenhilfen
für spanische Banken, verzögert sich. Am Freitag
wurde klar, dass die Euro-Finanzminister bei ihrem
Treffen am kommenden Montag darüber noch keinen
Beschluss fällen werden.
Der Grund: Um die Details des Hilfspakets
festzulegen, fehlen noch notwendige Informationen:
"Wir haben bis jetzt noch keinen Bericht
vorliegen. Dementsprechend kann man auch am Montag
keine Entscheidungen fällen", sagte der Sprecher
von Bundesfinanzminister Wolfgang
Schäuble (CDU). Möglich sind Hilfen von bis
zu 100 Milliarden Euro. Die Finanzspritze soll
über den bisherigen Rettungsschirm EFSF
abgewickelt werden, der spanische Staat muss dafür
voll haften.
Mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen
schwindet an den Märkten die Zuversicht. Die
Anleger rechnen nicht mit einer baldigen
Eindämmung der Euro-Krise: Die Kurse von
zehnjährigen spanischen und italienischen Anleihen
gaben nach, die Renditen zogen merklich an.
Spanische Papiere wurden in der Spitze mit 6,914
Prozent verzinst - nach einem Vortagesschluss von
6,785 Prozent. Ihre italienischen Pendants
rentierten bei bis zu 6,105 Prozent (Vortag: 5,989
Prozent). Händlern zufolge waren die Aktionäre
enttäuscht, dass die EZB am Donnerstag zwar die
Zinsen gesenkt, aber keine weiteren Geldspritzen
für Banken in Aussicht gestellt hatte.
Zypern bittet Russland um fünf Milliarden
Euro Finanzhilfen
Mit steigenden Zinsen an den Finanzmärkten kämpft
auch Zypern, der kleinste Pleitestaat am
Mittelmeer. Bereits seit Herbst vergangenen Jahres
müssen die Zyprer für zehnjährige Staatsanleihen
sieben Prozent Zinsen zahlen. Jetzt bittet der
hoch verschuldete Inselstaat auch Russland erneut
um Finanzhilfen. "Wir haben eine Anfrage aus
Zypern. Sie ersuchen um fünf Milliarden Euro",
sagte der russische Finanzminister Anton Siluanow.
Erst im Dezember hatte Zypern einen Kredit in Höhe
von 2,5 Milliarden Euro von Russland erhalten.
Erst kürzlich hatte Zypern erklärt, als fünftes
Land den Euro-Rettungsfonds anzapfen zu wollen.
Doch dafür müsse das Land umfassende Bedingungen
akzeptieren, hieß es aus Brüsseler
Diplomatenkreisen. Seit Wochenbeginn ermitteln die
Prüfer der sogenannten Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank
(EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IMF)
den Finanzbedarf des Inselstaats und seiner
angeschlagenen Banken.
Troika-Experten haben auch im pleitebedrohten
Griechenland ihre Prüfungen fortgesetzt. Nach
Informationen der EU-Kontrolleure gibt es
erhebliche Versäumnisse und Verspätungen bei der
Umsetzung der Auflagen und Reformen. Dies hatte
zuvor bereits der griechische Finanzminister
Ioannis Stournaras eingeräumt. Mit einem Ergebnis
der Kontrollen wird erst Ende Juli gerechnet.
"Uns erwarten schwierige Zeiten. Ich bin aber
optimistisch", sagte Stournaras. Die Kontrolleure
der Troika wollen sich am Freitagabend die
Regierungserklärung des griechischen Premiers Antonis Samaras
anhören. Darin werde Samaras vermutlich
klarmachen, heißt es aus regierungsnahen Kreisen,
dass die harte Sparpolitik die Wirtschaft
abgewürgt habe und dringend Wachstum nötig sei,
damit die Arbeitslosigkeit bekämpft werden kann.
Andernfalls drohten soziale Unruhen.
bos/ssu/dpa/dapd/Reuters>