9d. Christliche
Konzilien auf der Iberischen Halbinsel ab dem
7.Jh. - Hetze gegen andere Religionsgruppen
[Konzilien und Hetze gegen Religionsgruppen auf der
Iberischen Halbinsel: Manichäer, Nestorianer,
"Ausuferungen", Casianer etc.]
Bereits Ende des 7. Jahrhunderts setzte in Toledo eine
Reihe von Konzilien ein, die sich in der Diskussion um
die wahre Natur Christi gegen [S.192] verschiedene
Häresien wandten. Häufig tauchen die "Manichäer" [114]
[114] Manichäismus. Benannt nach dem
Perser Mani (216-277). Diese Religion war weit
verbreitet und stellte eine Mischung aus
zoroastrischen, christlichen und buddhistischen
Elementen auf der Basis der antiken Gnosis dar.
auf, die im Laufe der Zeit nicht mehr scharf gesehen
werden, sondern wie auch die "Nestorianer" als
Sammelbegriff für alle Art von Abweichlern benutzt
werden. Im Jahr 839 berief Abd er-Rahman II. eine
Synode ein, denn er, wie die Bischöfe, machte sich
Sorgen über religiöse Ausuferungen. Verdammt wurden
gemäss den Konzilsakten die "Casianer", denen alle
möglichen Verfehlungen vorgehalten wurden:
Manichäertum, Höhlenbewohnung, Ablehnung der
Heiligenverehrung, Polygamie, unübliche Fastenregeln
und vieles mehr. Diese "Casianer" hatten von allem
etwas. Sie hatten Gemeinsamkeiten mit den religiösen
Traditionen arabischer oder römischer Art, aber sie
hatten auch Unterschiede, und deswegen wussten weder
die Orientalen noch die Katholiken, wie diese
einzuordnen wären.
Eindeutig waren sie aber "Akephale", also Gläubige,
die sich nur Gott, aber keiner menschlichen Obrigkeit
beugen wollten, und deshalb waren sie für keine der
etablierten Parteien tragbar.
[Iberische Halbinsel: Die Konzilien erwähnen keinen
"Muhamad" - Muhamad-Fantasie ab 850]
Wie es aus den Konzilsakten eindeutig hervorgeht, war
im Jahre 839 in al-Andalus noch nichts von einem
Religionsgründer Muhamad bekannt. Wie könnte es sonst
geschehen, dass Bischöfe über alles Mögliche
diskutieren, nur nicht über die sie bedrohende
Religion? Das sollte sich erst im Jahr 850 ändern, da
erhalten wir den ersten schriftlichen Nachweis vom
Islam in Spanien.
[Die Konzilien-Hetze gegen die
Eremiten-Höhlenbewohner "Arures" ("Haruri")]
Erwähnt werden in den Konzilsakten auch die "Arures".
Sie firmieren in der arabischen Literatur als
"Haruri", als die Bewohner des höhlenreichen syrischen
Ortes Harura, wo nach dem Koran zum Jüngsten Gericht
die Toten aus der Erde kriechen werden, und diese
Haruri sind selbstverständlich Muslime. In
Wirklichkeit handelte es sich um eine weitere
Fehllesung, nämlich des syrischen "hrora", "Höhle".
Die Arures / Haruri waren nichts anderes als
"Höhlenbewohner", nämlich Eremiten. Das Eremitentum
war zu dieser Zeit sehr verbreitet, weil wiederum ein
Zeitende erwartet wurde, und es war von den
Machthabern nicht gerne gesehen, weil dieses Eremiten
als "Akephale" schwer zu kontrollieren waren [S.193].
["Arures" als Schimpfwort gegen Kharidjiten]
Auch die Kharidjiten wurden als "Arures" geschmäht. In
der islamischen Tradition allerdings gelten die
Kharidjiten als die erste muslimische Sekte, obwohl
auch sie, abgesehen vom völlig unislamischen
kontemplativen Eremitentum, ganz ohne einen Propheten
Muhamad auskamen. Zu allem Überfluss werden die
Kharidjiten den Ibaditen zugerechnet, Letztere
aufgeteilt in eine eher christliche und eine eher
muslimische Spielart.
[Christliche Glaubensgruppen treten später zum
Islam über, um sich vor Diskriminierung zu retten -
Kryptochristen und "die grüne Grenze"]
Auch spielte in Spanien das, was Islamwissenschaftler
die "islamische Gnosis" nennen, eine grosse Rolle.
Aber wie islamisch waren diese Gnostiker wie
Ismailiten, Nusairier, Alewiten, Karmaten in
Wirklichkeit, wurzelten deren Traditionen doch in
neuplatonischen, jüdischen und iranischen
Anschauungen? Sie kannten koranische Tradition nicht
oder nur am Rande und wurden deshalb in der Spätantike
von der Theologie als christliche Häretiker gesehen.
In einem zunehmend mekkanisch-intoleranten Umfeld
schien es ihnen jedoch im Laufe der Zeit geraten, sich
über
die grüne Grenze auf islamisches
Sektengebiet zu begeben, wo sie als Kryptochristen
oder Schmalspurmuslime bis heute verharren. Der erste
Philosoph von al-Andalus, Ibn Masarra (883-931) war
ein Gnostiker in der Tradition der frühen
mesopotamischen Ismailiten, die besonders durch
neuplatonische Ideen geprägt waren. Ein Muslim kann er
somit nicht gewesen sein.
[Mutazilismus-Mischmasch: Erste Koranverse, AT, NT
und Rationalismus in al-Andalus]
In der Tradition der ersten "abbasidischen" Herrscher
in Bagdad war auch in al-Andalus der
Mutazilismus
eine Zeit lang die führende Strömung. Die Mutaziliten
stützten sich auf Koranverse genau wie auf das Alte
und das Neue Testament und pflegten vor allen Dingen
den Rationalismus [S.194].