aus: Israel Finkelstein / Neil A.
Silberman: Keine Posaunen vor Jericho. Die
archäologische Wahrheit über die Bibel; Deutscher
Taschenbuchverlag DTV GmbH & Co. KG, München 2004,
zweite Auflage 2005; englische Originalausgabe: "The Bible
Unearthed. Archaeology's New Vision of Ancient Israel and
the Origin of Its Sacred Texts; The Free Press, a division
of Simon & Schuster, Inc., 2001; Deutsche Ausgabe:
Verlag C.H.Beck oHG, München 2002
Die Quellen der Nachbarstaaten
beschreiben das Nordreich Israel der Omriden
Wichtig werden wieder die Quellen von
ausserhalb:
-- monumentale Inschriften, die in Stein
in Stelen, Denkmäler, Hauswände oder Tempelwände gehauen
sind
-- schriftliche Quellen der
hochentwickelten, assyrischen Bürokratie sowie Schriften
einiger kleinerer Mächte des Vorderen Orient, mit
Schilderungen der Geschehnisse der Omriden-Dynastie und mit
Schilderungen von Geschehnissen in Aram-Damaskus und in Moab
(S.195).
Monumentale israelitische Inschriften aus
Israel oder Juda liegen nicht vor (S.195). Scheinbar
ist bei der jüdischen Bevölkerung bis zu den Omriden keine
traditionelle Schriftlichkeit vorhanden (S.195). Gemäss
allen Quellen hatte das omridische Königreich Israel aber
z.B. eine gewaltige Armee, wie z.B. in assyrischen Quellen
geschildert wird (S.197).
[Die Omriden-Könige pflegten allem
Anschein nach einen einseitigen Militarismus ohne
Inschriften, oder dann scheint die Archäologie bis heute -
trotz vieler Ausgrabungen omridischer Städte - an den
falschen Stellen gegraben zu haben].
Das omridische Nordreich Israel könnte eine Zeit lang etwa
so ausgesehen haben.
Die Stele von König Mescha von
Moab in Dibon: Israel herrschte über Moab - die
schrittweise Rückeroberung
Gemäss dieser Stele hat das Nordreich Israel Gebiete von
Moab beherrscht, die der König von Moab Mescha / Mesha
wieder zurückerobert hat.
Karte mit
Dibon, einst Hauptstadt von Moab, Luftbild.
Der Stelenfund in Dibon 1868, in
der Ex-Hauptstadt von Moab, mit einem langen Text in
moabitischer Sprache (eng mit dem biblischen Hebräisch
verwandt) ist aufschlussreich:
Siegesstele des König Mescha/Mesha,
Kopie des Originals. |
Siegesstele von König Mescha/Mesha, Text.
|
-- insgesamt soll das Königreich Israel bis weit in den
Osten und Süden gereicht haben
-- die Stele beschreibt die Omriden mit König Omri von
Israel, der "unterdrückte Moab viele Tage"
"Und Omri hatte Besitz ergriffen vom Land Madeba. Und er
wohnte darin. Seine Tage und die Summe der Tage seiner
Söhne: Vierzig Jahre."
-- der Nachfolger von König Omri, König Ahab, "sein Sohn
folgte ihm nach, und auch er sagte: 'Ich will Moab
demütigen' "
-- König Mescha von Moab gelang die Rückeroberung des
nördlichen Moab. Er gründete sodann die Moab-Hauptstadt
Dibon, wo die Stele gefunden wurde (S.196)
-- die Stele schildert die Leistungen
von König Mescha: Die Rückeroberung gelingt schrittweise mit
der Zerstörung der israelischen Hauptorte östlich des
Jordans
-- König Mescha kann gleichzeitig die eigene Hauptstadt
befestigen und verschönern (S.196).
Gemäss der Mescha-Stele verachtet König Mescha die
Omriden-Dynastie (S.196).
Die Stele von Dan: Israelischer
Angriff auf Assyrien - Hasaël besetzt Teile Israels
Die Bruchstücke der Stele von Dan (mit der einzigen bisher
gefundenen Angabe über ein "Haus David") werden 1993
gefunden (S.196).
Die Bruchstücke der Stele, die in Dan im Tel Dan
gefunden wurden. |
Der Text der
Bruchstücke der Stele, die in Dan im Tel Dan
gefunden wurden, ergänzt gemäss William
Schniedewind.
|
Die Stele könnte vom aramäischen
König Hasaël von Damaskus stammen. Der Text gibt einen Sinn,
wenn König Hasaël von Aram-Damaskus als Akteur eingesetzt
wird. Somit hätte sich gemäss Finkelstein / Silberman
folgendes Szenario abgespielt (S.196):
-- der König des Nordreichs Israel soll
Assyrien angegriffen haben über Moab hinaus bis vor
Damaskus:
"Der König von I[s]rael davor [vor dem
Feldzug von Damaskus gegen Israel] meines Vaters Land
betrat." (S.197)
-- das Nordreich Israel muss also eine
Kolonialmacht bis vor Damaskus gewesen sein (S.197)
-- die Besetzung der Stadt Dan unter König
Hasaël erfolgt erst um 835 v.Chr. [nach der Omriden-Dynastie]
(S.196-197).
Der Tod von
König Joram im Krieg gegen König Hasaël - der ergänzte
Stelentext
König Jorams Tod ist gemäss der
Interpretation der Inschrift von Tel Dan von Finkelstein /
Silberman nicht durch Jehus Pfeil im Weinberg, sondern von
einem aramäischen Sieg von Aram-Damaskus unter König Hasaël
[auch Hasa'el] verursacht, wobei auch gleich Jorams Sohn
Ahasja getötet wurde. Der ergänzte Stelentext lautet
übersetzt:
"[Ich tötete Jo]ram, den Sohn von [Ahab],
König von Israel, und [ich] tötete [Ahas]ja, den Sohn
von [Joram, Köni]g aus dem Hause Davids. Und ich machte [ihre
Städte zu Ruinen und] gab ihr Land der [Verwüstung anheim]."
(S.221)
Genau wird man aber nie wissen, ob Jehu oder
der König von Aram-Damaskus, Hasaël, der Mörder ist (S.221).
Assyrische Quellen:
Monolith-Inschrift aus dem assyrischen Nimrud: Die
Invasion unter Salmanassar III. bleibt unentschieden
-- der assyrische König Salmanassar III.
(858-824 v.Chr.) sucht den Durchbruch bis zur Küste und
lässt 853 v.Chr. eine grosse Armee gegen die Kleinstaaten
Aram-Damaskus, Phönikien und Israel marschieren
-- bei Karkar am Orontes in W-Syrien
stellt sich die antiassyrische Koalition, wobei der stärkste
Anteil Streitwagen von König Ahab aus Israel stammt (S.197)
-- König Ahab ist gemäss den
Monolith-Inschriften Salmanassars III. [Inschriften in einem
einzigen grossen Stein] einer der Hauptgegner gegen eine
assyrische Vorherrschaft im Nahen Osten (S.226)
-- Salmanassar III. schildert sich selbst
gegen die grosse Macht der Koalition als überlegenen
Gewinner
-- die Schlacht bei Karkar dezimiert das
Heer Salmanassars III. aber dermassen, dass er nicht
weitermarschieren kann, sondern nach Damaskus zurückkehren
muss (S.197).
Ein Südreich "Juda" oder "Jerusalem" ist
nirgendwo erwähnt (S.198).
Finkelstein / Silberman schätzen, dass die
Omriden-Dynastie für ihre Zeit das grösste Berufsheer der
Region unterhielten, und dass die Machtpolitik der
Omriden-Dynastie auf relativ wackeligen Füssen stand, mit
regionalen Rivalen und mit der dauernden Gefahr von Assyrien
(S.198).
Spätere assyrische Quellen bezeichnen das
Nordreich Israel sogar als "Haus Omri", was darauf hinweist,
dass die neue Hauptstadt Samaria wohl von Omri selbst
gegründet wurde (S.198).