[Russlands Eintritt in die Amerikanische
Hilfsverwaltung - zerstörtes Russland mit 2.750.000
russischen Juden]
Die Operationen des JDC im sowjetischen Russland begannen mit
dem Eintritt der Amerikanischen Hilfsverwaltung (American
Relief Administration (
ARA)
nach Russland in der Jahresspanne 1920/1. Nach dem Krieg, nach
der Revolution und nach der dem blutigen Bürgerkrieg hatte
Russland sich zu einem Land des Leids gewandelt, war in eine
wirtschaftliche Not zurückgeworfen, die Facharbeiter waren
zerstreut, das Eisenbahnnetz war unterbrochen, und die Brücken
waren zerstört. In der Ukraine, wo ein beträchtlicher Teil der
2.750.000 russischen Juden lebte, verursachten die
schrecklichen Pogrome, die schon erwähnt wurden, unter den
amerikanischen Juden eine Welle des Schreckens und
entsprechend einen Wunsch zu helfen. Das JDC, wie es einer
amerikanischen, philanthropischen Organisation entsprach,
eilte dem russischen Judentum zu Hilfe.
[1920-1922: Das JDC gibt 4
Mio. $ für Hilfe für Juden aus]
Durch ein Abkommen mit der ARA wurden bis 1922 4 Mio. $ als
Hilfe für die Juden ausgegeben. Damit wurden unter der Leitung
von Boris D. Bogen, dem Vertreter des JDC in Osteuropa,
Suppenküchen, Waisenkinderhilfe und andere lindernde
Massnahmen realisiert.
[Ab 1921: JDC-Vertreter Dr.
Joseph A. Rosen arbeitet in Russland]
Nach der Intervention von James N. Rosenberg im August 1921,
lud Col. William N. Haskell, der mit Herbert Hoover beim
ARA-Programm zusammenarbeitete, Dr. Joseph A. Rosen ein, dem
ARA als JDC-Vertreter in Russland beizutreten.
Rosen hatte eine schachbrettartige Geschichte. Er war aus
Sibirien geflohen, wohin er als zu den Menschewiki gerichteter
Revolutionär verbannt worden war, und dann war er im Jahre
1903 in die USA gekommen. Sein Beruf war Agronom, und in den
USA schloss er seine Ausbildung ab. Er entwickelte eine neue
Art von Winterroggen und wurde ein landwirtschaftlicher (S.57)
Experte von internationalem Ansehen, und mit der Zeit ging er
dann nach Russland. Rosen war ein Mann von enormer
Willenskraft und scheint eine sehr beeindruckende
Persönlichkeit gehabt zu haben. Während die Persönlichkeit
sehr bescheiden war, so besass er gleichzeitig einen
vorherrschenden Ehrgeiz, um wenn nur immer möglich Juden in
Russland vor der Hungersnot und vor der Degradierung zu
retten. In Russland traf er Dr. Lubarsky, ein Agronom-Freund,
mit dem er vor dem Krieg zusammengearbeitet hatte, und dann
engagierte er sich mit seiner Arbeit beim JDC.
[1917: Die russischen Bauern
bekommen Boden - die russischen Bauern produzieren nicht
genug - Hunger und Schulden]
Das Problem, das sich der sowjetischen Regierung in Russland
nach der Beschlagnahmung der Adelsgüter gleich nach der
bolschewikischen Revolution bot, war gleichzeitig grauenvoll
und einfach. Russlands Hauptexport von vor dem Ersten
Weltkrieg war Getreide. Dieser Exportüberschuss war von
grossen Gütern gekommen, die unter staatlichen Landbesitzern
geführt worden waren. Nach der Revolution waren diese
Landgüter in kleine Parzellen aufgeteilt und an die grosse
Masse der russischen Bauern verteilt worden, um sich damit
deren Unterstützung für das bolschewikische Regime zu sichern.
Diese Bauern, die vorher zur Zeit der aristokratischen Paläste
immer unter Hunger gelitten hatten, produzierten nun nur wenig
mehr, als sie vorher gehabt hatten. Mit dem Getreideüberschuss
konnten nun langsam die Essensrationen der russischen
Bauernschaft erhöht werden. Aber wer sollte nun für die
Lebensmittel in den russischen Städten und für den
Getreideexport sorgen, der so wesentlich für die industriellen
Güter war?
Das Resultat der landwirtschaftlichen Revolution war, dass das
sowjetische Regime sich mit der Notwendigkeit konfrontiert
sah, entweder jegliche industrielle Expansion weiterzuführen,
was gegen die Grundlagen der Ideologie verstossen würde, oder
dann grosse landwirtschaftliche Gesellschaften gründen musste,
um den notwendigen Überschuss zu produzieren.
[Ab 1919: Zerstörtes
Transportsystem - keine Getreidetransporte - Hungersnöte -
spezielle Hungersnot unter den Juden]
In den frühen 1920er Jahren verursachte diese Situation ein
schweres Ungleichgewicht in der landesweiten
Lebensmittelproduktion; Trockenheit in einigen Gebieten konnte
da schon eine schwere Mangelsituation an Brot im ganzen Land
hervorrufen. Dies wurde durch die Zerstörung des landesweiten
Transportsystems noch erschwert. In den Jahren 1921 und 1922
verursachten Situationen wie diese Lebensmittelknappheit und
Hungersnot. Davon war die gesamte Bevölkerung betroffen, aber
die Situation der jüdischen Bevölkerung, die sich in der
Ukraine und in Weissrussland in kleinen Quartieren und in
grossen Städten konzentrierte, war speziell prekär.
[Rosen lässt Saatgut aus den
"USA" importieren - Respekt bei der sowjetischen Führung]
Rosen hatte die Absicht, die Lebensmittelproduktion zu
erhöhen, ohne dass die Anbaufläche erhöht werden musste. dies
konnte (S.58)
durch traditionelle Methoden mit der Aussaht von Weizen oder
Gerste nicht erreicht werden, speziell ab dem Zeitpunkt, wo es
wegen Trockenheit an Saatgut mangelte. Mit voller sowjetischer
Unterstützung begann nun Rosen deshalb mit dem Import von
US-Saatgut, und so wurden mit diesem Getreide 2,7 Mio. Acres
angesät. Es ist kaum möglich, die Wichtigkeit dieser
Intervention abzuschätzen, aber es ist eine Tatsache, dass
nach dieser Aktion Rosen dass Vertrauen und den Respekt der
sowjetischen Führung geniessen konnte.
[1923/4: Rosen lässt 86
Traktoren importieren - noch mehr Respekt bei der
sowjetischen Führung]
Seine zweite, sehr wichtige Aktion wurde in der Jahresspanne
1923 / 1924 unternommen, als das JDC mit seinen
Aufbauaktivitäten in Russland begann. Um den damals
existierenden jüdischen Kolonien und den neuen Kolonien, die
noch eingerichtet werden sollten, zu helfen, liess Rosen 86
Traktoren importieren, komplett mit Ersatzteilen und
Mechanikern, die sie reparieren konnten. Diese waren die
ersten, modernen Traktoren, die Russland seit dem Kriege
hatte, und Rosens Vertrauen bei der sowjetischen Führung wuchs
entsprechend.
[Dez 1922: Die ARA stellt
ihre Operationen in Russland ein]
In der Zwischenzeit hatte die ARA ihre Operationen
eingestellt, und ab Dezember 1922 arbeitete das JDC in der
Sowjetunion mit einem Spezialabkommen mit der Regierung.
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