[A.
Die Zerstörung der jüdischen Existenz in Polen
1929-1939]
[5.10. Ausbildungsprogramme in Polen:
Landwirtschaft für Palästina oder Zukunftsberufe für
die Industrialisierung - alles ist umsonst]
[Berufsausbildungsprogramme
in Polen von ORT, WUZET und dem JDC]
Die Berufsausbildungsprogramme aber waren in Polen auf
verschiedene Organisationen aufgeteilt. Die ICA [Jewish
Colonization Association] unterhielt ihre eigenen
Schulen, und das Verteilungskomitee JDC musste seine
Gelder unter drei Arten von Schulen aufteilen:
-- Schulen, die vom ORT [Organization for Rehabilitation
through Training] eingerichtet waren
-- Schulen einer unabhängigen Organisation in Galizien
(früher österreichisch, nun ein südlicher Teil Polens),
bekannt unter der Abkürzung WUZET
-- und Schulen, die unter Führung des JDC selbst
standen.
[Die ORT investiert
nicht in Zukunftsindustrien - JDC-Schüler haben nach
der Schule keine Arbeit]
In den Kreisen des JDC wurde die ORT viel kritisiert,
speziell im Büro in Warschau. Die Anschuldigung war,
dass die ORT zu einseitig ihre eingerichteten
Handelswege verfolgte wie (S.201)
Textilien, Felle und ähnliches, und die mechanischen
Berufe und die neuen Industrien wurden dort
vernachlässigt (Radio, Kraftfahrzeuggewerbe etc.). Das
Problem war, dass die jungen Leute nach ihrer Ausbildung
dann nur in jüdischen Unternehmungen Arbeitsplätze
bekamen, wo Nichtjuden nicht mehr arbeiten wollten - und
es gab wirklich nicht viele neue jüdische Industrien in
diesem Land.
[Das JDC hilft den
Schülern bei Wohnungsproblemen]
Ein weiteres Problem war jenes mit den sogenannten
Bursen, oder Lehrlingsheimen, für die jungen Leute, die
ausserhalb wohnten. Dies war ein wirkliches Problem,
weil normalerweise die Partner die Auslagen für das
Wohnen nicht bezahlen konnten, und das JDC musste
helfen. Dies wurde auch gemacht, und über verschiedene
Sozialinstitutionen (TOZ, CENTOS und ähnliche) wurde
eine Anzahl Häuser unterstützt, die gebaut wurden oder
die für diese Leute gemietet wurden.
[Berufsschulen: Zahlen]
Bis zum Frühjahr 1938 wurden in diesen verschiedenen
Berufsschulen 17.720 Schüler ausgebildet; 3946 in
ORT-Schulen, 4714 in ICA-Schulen, und 6172 in den
Schulen, die direkt dem JDC unterstanden, 2888 weitere
in Einrichtungen des WUZET.
[Die Berufsausbildung
der Hechalutz auf Bauernhöfen für die Auswanderung
nach Palästina - Zweifel an der Palästina-
Auswanderung - Kahn unterstützt Zukunftsberufe für
Polen - die JDC-Berufsausbildung für die
Industrialisierung]
Zusätzlich zu all dem betrieb die Hechalutz ein Netzwerk
von Ausbildungslagern, eine zionistische Organisation,
die Pioniere für Palästina vorbereitete. Bis ins
Frühjahr 1938 hatte die Hechalutz 16.206 arbeitende
Schüler, wie Kahn es formulierte, "in einer noch
irgendwie primitiven Art und Weise".
(Endnote 61: Kahns 's Vorlesung in Cincinnati, 1/10/38
[10. Januar 1938], R12)
Die Hechalutz hatte kein Geld, und sie musste ihre
Mitglieder auf die Höfe und in die Läden schicken, wo
die Arbeitsbedingungen primitiv und extrem schwierig
waren. Die meisten der Lehrlinge arbeiteten in der
Landwirtschaft, mit der Idee, dass sie Polen so schnell
wie möglich verlassen würden.
Die britischen Gelder der Jahre 1935 und 1936 waren zum
Teil für die Hechalutz vorgesehen, und Kahn unterstützte
diese Geldanweisungen. Aber es gab immer den Zweifel,
wie die Lehrlinge der Hechalutz dann Palästina erreichen
sollten, denn es fehlte an Auswanderungszertifikaten für
dieses Land;
deshalb zog Kahn die Berufsausbildung für Zukunftsberufe
in Polen vor.
(Endnote 62: R15, 3/29/36 [29. März 1936], Kahn Bericht)
Auch hier gab es eine wachsende Diskrepanz zwischen der
Anzahl Ausgebildeter und neuen Arbeitsplätzen. Grosse
Gruppen Ausgebildeter landeten dann im harten Los der
Arbeitslosigkeit, bis in grossem Stil Anstrengungen
unternommen wurden (S.202)
durch neue Investitionen neue Arbeitsplätze in neuen
oder alten Unternehmungen zu schaffen. Aber bevor dieses
Problem wirklich aktuell wurde, kam die "Endlösung" und
löste dieses und alle anderen Probleme des polnischen
Judentum.
Das Verteilungskomitee versuchte eine
Industrialisierung
und unterstützte Berufsausbildungen. Aber es konnte
natürlich nicht so agieren wie es wollte. Jüdische
Gruppen und Untergruppen kämpften in der harten
polnischen Realität um jede Position.
[Es bleibt der grosse Verdacht: Die polnische Regierung
will die Industrialisierung ohne jiddische Juden und
will diese Juden zuerst vernichten, bevor die
Industrialisierung kommt].