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Yehuda Bauer: Der Hüter meines Bruders

Eine Geschichte des Amerikanischen Jüdischen Vereinigten Verteilungskomitees 1929-1939


[Holocaust-Vorbereitungen in Europa und Widerstand ohne Lösung der Situation]

aus: My Brother's Keeper. A History of the American Jewish Joint Distribution Committee 1929-1939; The Jewish Publication Society of America, Philadelphia 1974

Übersetzung mit Untertiteln von Michael Palomino (2007)

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Kapitel 5. Der Vorlauf zum Holocaust
[A. Die Zerstörung der jüdischen Existenz in Polen 1929-1939]

[5.10. Ausbildungsprogramme in Polen: Landwirtschaft für Palästina oder Zukunftsberufe für die Industrialisierung - alles ist umsonst]

[Berufsausbildungsprogramme in Polen von ORT, WUZET und dem JDC]

Die Berufsausbildungsprogramme aber waren in Polen auf verschiedene Organisationen aufgeteilt. Die ICA [Jewish Colonization Association] unterhielt ihre eigenen Schulen, und das Verteilungskomitee JDC musste seine Gelder unter drei Arten von Schulen aufteilen:

-- Schulen, die vom ORT [Organization for Rehabilitation through Training] eingerichtet waren
-- Schulen einer unabhängigen Organisation in Galizien (früher österreichisch, nun ein südlicher Teil Polens), bekannt unter der Abkürzung WUZET
-- und Schulen, die unter Führung des JDC selbst standen.

[Die ORT investiert nicht in Zukunftsindustrien - JDC-Schüler haben nach der Schule keine Arbeit]

In den Kreisen des JDC wurde die ORT viel kritisiert, speziell im Büro in Warschau. Die Anschuldigung war, dass die ORT zu einseitig ihre eingerichteten Handelswege verfolgte wie (S.201)

Textilien, Felle und ähnliches, und die mechanischen Berufe und die neuen Industrien wurden dort vernachlässigt (Radio, Kraftfahrzeuggewerbe etc.). Das Problem war, dass die jungen Leute nach ihrer Ausbildung dann nur in jüdischen Unternehmungen Arbeitsplätze bekamen, wo Nichtjuden nicht mehr arbeiten wollten - und es gab wirklich nicht viele neue jüdische Industrien in diesem Land.

[Das JDC hilft den Schülern bei Wohnungsproblemen]

Ein weiteres Problem war jenes mit den sogenannten Bursen, oder Lehrlingsheimen, für die jungen Leute, die ausserhalb wohnten. Dies war ein wirkliches Problem, weil normalerweise die Partner die Auslagen für das Wohnen nicht bezahlen konnten, und das JDC musste helfen. Dies wurde auch gemacht, und über verschiedene Sozialinstitutionen (TOZ, CENTOS und ähnliche) wurde eine Anzahl Häuser unterstützt, die gebaut wurden oder die für diese Leute gemietet wurden.

[Berufsschulen: Zahlen]
Bis zum Frühjahr 1938 wurden in diesen verschiedenen Berufsschulen 17.720 Schüler ausgebildet; 3946 in ORT-Schulen, 4714 in ICA-Schulen, und 6172 in den Schulen, die direkt dem JDC unterstanden, 2888 weitere in Einrichtungen des WUZET.

[Die Berufsausbildung der Hechalutz auf Bauernhöfen für die Auswanderung nach Palästina - Zweifel an der Palästina- Auswanderung - Kahn unterstützt Zukunftsberufe für Polen - die JDC-Berufsausbildung für die Industrialisierung]

Zusätzlich zu all dem betrieb die Hechalutz ein Netzwerk von Ausbildungslagern, eine zionistische Organisation, die Pioniere für Palästina vorbereitete. Bis ins Frühjahr 1938 hatte die Hechalutz 16.206 arbeitende Schüler, wie Kahn es formulierte, "in einer noch irgendwie primitiven Art und Weise".

(Endnote 61: Kahns 's Vorlesung in Cincinnati, 1/10/38 [10. Januar 1938], R12)

Die Hechalutz hatte kein Geld, und sie musste ihre Mitglieder auf die Höfe und in die Läden schicken, wo die Arbeitsbedingungen primitiv und extrem schwierig waren. Die meisten der Lehrlinge arbeiteten in der Landwirtschaft, mit der Idee, dass sie Polen so schnell wie möglich verlassen würden.

Die britischen Gelder der Jahre 1935 und 1936 waren zum Teil für die Hechalutz vorgesehen, und Kahn unterstützte diese Geldanweisungen. Aber es gab immer den Zweifel, wie die Lehrlinge der Hechalutz dann Palästina erreichen sollten, denn es fehlte an Auswanderungszertifikaten für dieses Land;

deshalb zog Kahn die Berufsausbildung für Zukunftsberufe in Polen vor.

(Endnote 62: R15, 3/29/36 [29. März 1936], Kahn Bericht)

Auch hier gab es eine wachsende Diskrepanz zwischen der Anzahl Ausgebildeter und neuen Arbeitsplätzen. Grosse Gruppen Ausgebildeter landeten dann im harten Los der Arbeitslosigkeit, bis in grossem Stil Anstrengungen unternommen wurden (S.202)

durch neue Investitionen neue Arbeitsplätze in neuen oder alten Unternehmungen zu schaffen. Aber bevor dieses Problem wirklich aktuell wurde, kam die "Endlösung" und löste dieses und alle anderen Probleme des polnischen Judentum.

Das Verteilungskomitee versuchte eine Industrialisierung und unterstützte Berufsausbildungen. Aber es konnte natürlich nicht so agieren wie es wollte. Jüdische Gruppen und Untergruppen kämpften in der harten polnischen Realität um jede Position.

[Es bleibt der grosse Verdacht: Die polnische Regierung will die Industrialisierung ohne jiddische Juden und will diese Juden zuerst vernichten, bevor die Industrialisierung kommt].







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