[Jesus soll die jüdischen
Stämme retten]
Den Evangelien nach ist Jesus hauptsächlich auf die Erde
gesandt worden, um das Gesetz zu befolgen und um die
vertriebenen, alten Stämme Israels zu suchen und zu retten. In
diesem Kapitel werden wir uns mit der an zweiter Stelle
genannten Mission beschäftigen. So steht im Lukas-Evangelium
(1910) geschrieben:
"Denn der Menschensohn ist
gekommen, zu suchen und zu retten, was verloren war."
Und (2229-30):
"Und so übertrage ich euch,
wie es mir mein Vater übertrug, das Reich: ihr sollt essen
und trinken an meinem Tisch in meinem Reich und auf Thronen
sitzen und die zwölf Stämme von Israel richten."
In dem gleichen Sinne, und indem er ihnen Normen und Regeln an
die Hand gibt, empfiehlt Jesus seinen Jüngern wörtlich:
"Diese Zwölf sandte Jesus aus
und gebot ihnen: Geht nicht den Weg zu den Heiden und
betretet nicht eine Stadt der Samariter, geht vielmehr zu
den verlorenen Schafen des Hauses Israel!"
(Matthäus-Evangelium 105-6)
Offensichtlich sollte sich Jesus auf die Suche nach den
vertriebenen Stämmen Israels machen, aber wo waren sie?
[Altes Testament:
Tiglatpileser lässt Palästina assyrisch besetzt]
Gehen wir jedoch einmal in der Zeit zurück und beschäftigen
(S.115)
uns mit der Geschichte. Nach biblischer Erklärung ist Israel
der Name, den Jacob entweder von einem mysteriösen Wesen
erhalten hatte, mit dem er eine Nacht lang am Yabbok kämpfte
(Genesis, 3223-33), oder von Gott,
als er ihm in Bethel erschien (Genesis, 3510).
Jedenfalls
zwingt diese Namensgebung zu dem Gedanken, Jacob als den Vater
der Söhne Israels anzusehen.
Josua teilte das Heilige Land unter den Söhnen Israels auf.
Der grösste Teil des Südens von Palästina wurde von den
Stämmen Judas und Benjamins besetzt, während sich die
restlichen zehn Stämme im Norden Palästinas niederliessen. Die
Hauptstadt der zehn Stämme war - für die meiste Zeit ihrer
Geschichte in Palästina - Samaria. Nachdem sich die Stämme
einmal auf ihrem Gebiet niedergelassen hatten, schlossen sie
sich zusammen, wobei Saul der erste israelitische König der
vereinigten Monarchie wurde. Auf ihn folgte David, der das
eroberte Jerusalem zur Hauptstadt machte. Sein Sohn Salomon
liess den prächtigen Tempel zur Anbetung Jahwes erbauen. Er
liess neben dem Tempel ausserdem einen Grabhügel errichten,
auf dessen Gipfel er einen kleinen Tempel für sich erbauen
liess, in dem er nach seinem Tode aufbewahrt wurde. Der
Grabhügel erhielt den Namen Salomons, und der Tempel wurde mit
der Zeit als Thron oder Tor Salomons bekannt.
[Gemäss neuer, jüdischer
Archäologie ist das Alte Testament falsch. Die jüdische
Geschichte hat sich anders zugetragen. Die Königreiche David
und Salomo und den Salomon-Tempel gab es nicht, dafür gab es
ein grosses jüdisches Reich zu einem anderen Zeitpunkt; siehe
Finkelstein-Silberman:
Keine
Posaunen vor Jericho].
Aber schon bald sollte sich das Königreich Israel aufteilen.
Kaum hatte der Nachfolger Salomons den Thron bestiegen, führte
ein von Jerobeam angeführter Aufstand dazu, dass zehn der
israelitischen Stämme für immer vom Hause Davids getrennt
wurden. Das neue, gespaltene Königreich nannte sich Königreich
Israel, während das Haus Davids weiterhin das Königreich Judas
beherrschte. Seitdem wird der Begriff Israel ausschliesslich
für die zehn Stämme gebraucht, während sich Juda auf die zwei
Stämme Judas und Benjamins bezieht. (S.116)
Natürlich waren die beiden Königreiche verfeindet. Nach ein
paar Jahren fing Jehu, der König von Israel, einen Krieg mit
Athaliah, dem König von Juda, an. Dann verbündete sich der
König Pekah mit dem König Rezin von Syrien, überfiel Juda und
nahm viele Gefangene. Damit erfüllt sich die Prophezeiung
Isayas über die Zerstörung der israelitischen und syrischen
Königreiche durch die Assyrer. König Ahaz von Juda rief
nämlich - aus Angst um seinen Thron und sein Leben - die
Assyrer zu Hilfe. Im Zuge dieser Assyrer-Intervention erobert
der König Tiglatpileser Samaria und nahm viele der Einwohner
nach Assyrien mit. Pekah und Rezin wurden umgebracht. So
begann die Gefangenschaft der zehn Stämme.
[Sargons Deportationen und
Bevölkerungsverschiebungen]
Jahre darauf wird Sargon, ein assyrischer Aufständischer, zum
König ausgerufen. Dieser Erfolg wird ihm an jenem Ort zuteil,
an dem die Assyrer die Hauptstadt des nördlichen Königreichs,
Samaria, unterworfen hatten. Er liess dann fast alle
Überlebenden der zehn Stämme gefangennehmen - eine
Gefangenschaft, aus der sie niemals mehr entkommen sollten.
Die Gefangenen wurden nach Assyrien, Mesopotamien und Media
verschleppt. Die entvölkerte Region von Samaria wurde mit
Kolonnen aus fünf syrischen Bezirken neu besiedelt, und aus
diesen Siedlern entwickelte sich die Nation der Samariter.
Deshalb sahen die Juden - nördlich wie südlich dieser Region -
Samaria als ein verbotenes Gebiet an und empfanden eine tiefe
Abneigung gegenüber den Samaritern.
[Neue assyrische Besetzung
unter König Nabucodonosor - neue Deportationen von Juden
nach Babylon]
Anderthalb Jahrhunderte später wird auch das Königreich im
Süden, Juda, erobert. Der König Nabucodonosor von Babylon, dem
neuen Königreich der Chaldäer - Nachfolger des zerstörten
Königreichs der Assyrer -, fällt in Juda ein, erobert und
zerstört seine Hauptstadt Jerusalem. Der Tempel Salomons wird
in Brand gesetzt.
[Diesen Tempel gab es gemäss Finkelstein-Silberman nicht].
Eine auserwählte Bevölkerungsschicht (S.117)
wird in babylonischer Gefangenschaft in zwei
Deportationsgruppen ins Exil geführt.
[Entlassung der Deportierten
unter Kyros - aber keine Rückkehr]
Von nun an beginnt ein neuer Abschnitt in der Geschichte der
Israeliten. Nachdem Kyros Babylon erobert hat, ordnet er die
Freilassung der Gefangenen an. Wie in dem Buch Esdras in der
Bibel nachzulesen ist, sorgte Kyros mit ganzem Einsatz dafür,
dass die Israeliten nach Jerusalem zurückkehren und dort den
grossen Tempel aufbauen konnten. Dennoch - und gegen die
Verordnung des Kyros - erlaubte man den Juden nicht,
zurückzukehren, da die neuen Bewohner befürchteten, man würde
ihnen in diesem Fall ihren Besitz rauben. Hierbei ist zu
berücksichtigen, dass die Freiheit von den Juden nicht
bedeutete, dass sie von dem persischen Imperium unabhängig
würden, da Judäa weiterhin ein Teil des Imperiums war und der
Verwalter von Judäa von den persischen Königen abhängig war.
[Darius: Assyrische
Reichserweiterung bis nach Indien - keine Rückkehr der
jüdischen Stämme - Buch Esdra: 1 1/2 Jahre Fussmarsch in
Richtung Osten - Juden in Asareth - die These der erneuten
Deportation]
Nun betritt Darius, der König der Könige, die Szene. Er hielt
ein weites Imperium zusammen, das sich vom griechischen
Archipel im Westen bis nach Indien im Osten erstreckte und
dabei m Norden bis nach Bactria (Afghanistan) reichte. Darius
eroberte Indien mit einem mächtigen Heer. Das persische
Imperium wurde von den Baktrern, Skythen und Parthern
aufgelöst. Das Imperium der Parther erstreckte sich im Osten
bis zu dem Fluss Jhelum in Indien. Auf diese Weise wird
deutlich, wie die zehn israelitischen Stämme zu Untertanen
verschiedener Königreiche geworden sind.
Andererseits ist im Alten Testament an keiner Stelle von einer
Rückkehr der zehn Stämme nach Palästina die Rede.
Und Thomas Holditch schreibt in seinem Werk "The Gates of
India" (Seite 49):
Mit der letztendlichen Zerstörung des assyrischen
Königreichs verlieren wir die zehn Stämme Israels auf den
Augen (S.118)
die sich für mehr als ein
Jahrhundert unter die Einwohner Mesopotamiens und
Armeniens gemischt hatten. Die Geschichte vermittelt uns
keine Aussagen über ihre Existenz als Nation.
Im zweiten Buch Esdras (1329-36),
das genau so wie das erste von von der Kirche als Gottes Wort
angenommen, später jedoch auf dem Tridentinischen Konzil
abgelehnt wurde,da die göttliche Eingebung fehle, wird
behauptet, dass die zehn aus Israel deportierten Stämme
niemals in ihr eigenes Land zurückkehrten, und dass sie sich
sogar noch weiter davon entfernten; das heisst: weiter nach
Osten. Dort wird ebenfalls gesagt, dass sie, um jenes Land zu
erreichen, einen langen Weg zurücklegen mussten, der
anderthalb Jahre dauerte, und dass diese Gegend, in die sie
gingen, Asareth heisst. So erinnert uns auch Al-Haj Khawaja
Nazir Ahmad (5) daran
(5) Al-Haj Khwaja Nazir Ahmad,
Autor der umfangreichen Studie "Jesus in Heaven on Earth",
Lahore, Azeez Manzil, 1952.
dass in dem Werk "Tabaqat-i-Nasiri" auf Seite 179 steht, dass
zu Zeiten der Shansabi-Dynastie in Asareth ein Volk namens
Bani Israel (die Söhne Israels) lebte und sich dem Handel
widmete. Hazir Ahmad zitiert dann Thomas Ledlie, der in seinem
Buch "More Ledlian" (6),
(6) Thomas Ledlie: "More
Ledlian"; Calcutta Review, Januar 1898
als er über den Ursprung der Afghanen schreibt, Auskünfte
gibt, die Asareth mit dem Bezirk Hazara in der nördlichen
Provinz von Pakistan in Zusammenhang bringt. Und das Gebiet
von Kaschmir liegt direkt an dem Gebiet von Hazara an. Aber
die alte Grenze von Hazara befand sich auf der anderen Seite
des Indus, und weiter oben, in der Nähe von Chilas, verlief
sie bis in das Territorium von Kaschmir.
Im weiteren führt Nazir Ahmad in einer ausführlichen Erklärung
aus, wie zu jener Zeit die Eroberer neuer Königreiche die
eroberten Gebiete besiedelten (meistens mit ihren Gefangenen),
um neue Zivilisations- und Handelszentren einzurichten. Er
sagt in dem Zusammenhang, dass (S.119)
es nichts Natürlicheres gäbe, als dass Tiglatpileser, der
seine Eroberungen in Asien bis an Indiens Grenzen ausdehnte,
oder auch Sargon oder Nabucodonosor einen Teil der Bewohner
der neuen israelitischen Nation deportiert hätten, um ihren
Besitz im Osten zu besiedeln.
[Raues Klima im Indus-Tal als
Grund des Stops weiterer assyrischer Besetzungen - die Söhne
Israels östlich von Persien]
Dann, nachdem er festgestellt hat, dass die grossen Eroberer
auf ihrem Weg in den Orient genau bis zu den okzidentalen
Grenzen Indiens gelangen, zum Punjab nämlich, dem Tal des
Indus, schlussfolgert er, dass dieses Phänomen auf den
natürlichen Grund zurückzuführen ist, dass sich der
abendländische Mensch dort, im Industal, der rauen
klimatischen Bedingungen bewusst wurde, die in Indiens Ebenen
herrschen. Dort stoppten Tiglatpileser, Darius und Alexander
der Grosse ihren Vormarsch. Des weiteren argumentiert Nazir
Ahmad, dass, wenn die zehn israelitischen Stämme mit den
Eroberern bis in die weit abgelegenen Länder im Osten
vorgedrungen sind, sie genau dort angehalten haben, wo die
Eroberer ihr Eindringen beendeten.
Somit liegen für uns berechtigte Gründe für die Annahme vor -
sagt er -, die zehn vertriebenen Stämme Israels in
Afghanistan, Gagh, Bokhara, Khorasan, Kokhant, Samarkand und
im Tibet, auch im westlichen Teil Chinas und in Indien, im
Norden Pakistans und in Kaschmir finden zu können.
Natürlich lassen sich Reste von Israeliten in Mesopotamien und
noch westlicher gelegenen Ländern finden. Und es ist von
ausserordentlicher Bedeutung, dass die Juden in Palästina, in
Arabien, in der Türkei, in Mesopotamien und in Persien sich
selbst als Juden bezeichnen, während diejenigen, die jenseits,
also östlich von Persien leben, sich Bani Israel nennen, Söhne
Israels also.
Gehen wir jedoch zu einigen Texten über, die über die
israelitische Abstammung der Afghanen und Kaschmirer
berichten. (S.120)