4. Plünderung - en détail
Die Weissen haben ihre Herrschaft errichtet.
Sie zeigen sich nicht von einer feinen Seite.
Die Weissen sind brutale Besatzer.
Die Weissen plündern.
4.2.1.
"Christlicher" Kolonialismus mit Plündern: Frankreich in
Indien in Mahé
Eine Übersicht über die Plünderlust der Weissen
["Christen"], so kurz gefasst sie auch sei, kann nicht auf
einige berühmtere Episoden verzichten, die sich auf Kosten
der Inder zugetragen haben [S.97].
["Christlicher" Kolonialismus mit Plündern: Franzosen in
Indien in Mahé 1723]
Beispiel 1: Die Franzosen verpflichten sich 1723, um das
Niederlassungsrecht in Mahé [Süd-Indien] zu bekommen, rund
1000 Tonnen Pfeffer im Jahr zu kaufen. Aber so viel können
sie gar nicht bezahlen. Also kaufen sie nicht so viel. Also
verwirken sie das Niederlassungsrecht ... würde man denken,
und so denkt auch der dortige Radscha. Er fordert die
Franzosen auf, wieder abzuziehen - sie antworten mit der
Entsendung von vier Kriegsschiffen. Sie "erobern" die Stadt,
verlangen (und erhalten) eine "Entschädigung" und bekommen
alle ihre Privilegien schleunigst bestätigt.
["Christlicher" Kolonialismus mit Plündern: Franzosen in
Indien nehmen Geiseln, verlangen Lösegeld und rauben dann
ganze Städte aus]
Beispiel 2: Graf Lally Baron de Tollendal, Ire in
französischen Diensten, französischer Befehlshaber in
Indien, kurz bevor Frankreich dort auf der ganzen Linie den
Engländern weichen muss - Graf Lally also braucht Geld, um
seine Truppen verpflegen und bezahlen zu können, denn sie
drohen zu meutern. So marschiert man eben los, um sich etwas
zu besorgen.
Die erste Stadt, die das Lösegeld von 100.000 Rupien nicht
zahlt, wird von Lally den Soldaten zur Plünderung
freigegeben. Die Tempel werden zerstört, die Brahminen vor
die Mündung der Kanonen gebunden und erschossen.
4.2.2. "Christlicher" Kolonialismus mit
Plündern: Engländer in Indien belagern+plündern Lucknow
1858 - der Bericht von William Russel
Aber nun zu einer der wahrhaft grossen, "lohnenden"
Plünderungen der Geschichte: der Plünderung der indischen
Stadt
Lucknow [Lakhnau 200km östlich von
Delhi in Nord-Indien] durch die britische Armee 1858.
"Es gibt Kompanien, die sich rühmen können, Soldaten in
ihren Reihen zu haben, die Tausende von Pfunden reich sind",
berichtet als Augenzeuge der Korrespondent der Londoner
"Times",
William Russel, der die Belagerung
Lucknows (im Sepoy-Aufstand) mitgemacht hat. Lucknow ist die
Hauptstadt des Fürstentums Oudh (heute die Hauptstadt von
Outtar Pradesh) und wird vom englischen Befehlshaber nach
längerer Belagerung zur Plünderung freigegeben - vierzehn
Tage lang.
[Lucknow 1858: Die "christlichen" Engländer versteigern
die geraubten Diamanten, Smaragde und Perlen in GB - die
Massenmorde in Indien werden verschwiegen]
"Ich hörte von einem Mann, der selbstgefällig einem Offizier
anbot, ihm so viel zu leihen, wie er brauche, um den
Hauptmann zu bestechen. Andere haben ihren Freunden grosse
Summen zur Aufbewahrung geschickt. Bevor dieser Brief
England erreicht, werden schon viele Diamanten, Smaragde und
edle Perlen auf stille, vergnügliche Weise die Geschichte
von Erstürmung und Plünderung des Kaiserbargh erzählt haben.
Es ist wohl auch besser, dass die hübschen Trägerinnen nicht
gesehen haben, wie der glitzernde Tand errungen wurde, oder
die Szenen, als der Schatz erobert wurde.
Manche dieser Offiziere haben buchstäblich ihr Glück und
Vermögen gemacht. Es gibt gewisse kleine Kästchen in
zerbeulten Uniformkoffern, die Latifundien [Landgüter] in
Schottland und Irland enthalten [die man auf Landgütern in
Schottland und Irland finden kann] - und gemütliche
Fischerei- und Jagdpachten in jeder wild- oder lachsreichen
Gegend der Welt.
Jeder Tag bringt Neues zu der Beute hinzu. Man schätzt, dass
die Versteigerungen 600.000 Pfund Sterling bringen werden.
Wenn man alles schätzen [S.98] könnte: Den Schaden an den
Gebäuden, die Zerstörung privaten Eigentums, die
Wertverluste an Häusern und Grundstücken - und auch die
Folgen der Entvölkerung, dann würde man sagen, dass die
Hauptstadt von Oudh einen Verlust von 5 bis 6 Millionen
Pfund Sterling hingenommen hat."
[Ende des Berichts von Russel]
Russel hat ausser seinen Berichten in der "Times" 1860 zwei
Bücher über seine indischen Erlebnisse veröffentlicht. Seine
Schilderungen werden damals auch anderswo weiterverbreitet.
[Ergänzung: Bücher über den englischen
Kriegskorrespondenten William Howard Russel:
-- William Howard Russel, spezieller Korrespondent der
Times: William Russell special correspondent of the times
-- Werke von William Howard Russel: Works of William Howard
Russell
Ergänzung: Bücher von William Howard Russel selber:
-- Tabebuch aus Indien: My Diary in India, in the Year
1858-9: Volume 1 (pdf
Link)
and 2 (pdf
Link)
- pdf zum runterladen
Link
-- Die Landung bei Gallipoli und der Tod von Raglan: The
War, From the Landing at Gallipoli to the Death of Lord
Raglan (Cambridge Library Collection - History)
-- Der Burgerkrieg in Amerika: The Civil War in America
Fuller's Modern Age, August 1861 (English Edition)
-- Mein Tagebuch: Nord und Süd über den Amerikanischen
Bürgerkrieg: My Diary – North and South (Vol. 1&2):
Memoirs from the American Civil War]
Weiter im Text:
[Lucknow 1858: Die "christliche"
Plünderung der Engländer gemäss Friedrich Engels: Gold,
Edelsteine, Teppiche, Schmuck etc. - Verkauf und
Tauschhandel - die "christlichen" Engländer sind gierig
und "trunken vom Plündern"]
Friedrich Engels stützt sich auf Russell in
Korrespondentenberichten an die "New York Daily Tribune". In
Paris übernimmt
E.D. Forgues viel in sein
Buch "La Révolte des Cipayes". Nichtsdestoweniger wird man
von diesem Ereignis in der sogenannten wissenschaftlichen
Kolonialliteratur nur wenige Spuren finden. So wenige, dass
ich hier noch ein bisschen weiter zitieren möchte (aus dem
Buch von Forgues):
"Offiziere da, dort - sie laufen hinter ihren Leuten her:
Versprechungen, Drohungen, nichts nützt. Disziplin gibt es
nicht mehr. Durch die eingedrückten Tore kommen die
Plünderer heraus, mit Beute belade, von Wut berauscht, vom
Gold
erregt.
Tücher, teure Teppiche, Gold- und
Silberbrokat, Schmuckkästen mit Edelsteinen,
verzierte Waffen - sie sind unter der Last gebeugt. Einige
von ihnen, die mit Porzellan oder wundervollen Spiegeln
beladen sind, zerschlagen sie ärgerlich auf den Steinfliesen
und kehren zurück, sich wertvollere Beute zu holen. Andere
sind damit beschäftigt, Schwertgriffe loszumachen,
Pistolenläufe, Sattelknöpfe, Pfeifenrohre, die Edelsteine,
die sie verzieren.
Manche schleppen dicke und schwere Stoffe, in die wertvolle
Metalle und Perlen eingewebt sind. Andere, die nach dem
greifen, was ihnen gerade unter die Hände kommt, erscheinen,
beladen mit Bronze- oder Jadevasen, Bildern, monströsen
Steinguttöpfen ... Sie kommen heraus, in den vollen Armen
kleine Eisenkästchen, Schmuckkästchen, Kassen, Juwelen,
verzierte Waffen, Geschmeide. Einer dieser ausgelassenen
Kerle, der gerade ein Schloss gesprengt hat, das wie Blei
aussah, aber aus gutem schönem Silber bestand, zieht aus der
Schachtel ein Armband aus Smaragden, Diamanten und Perlen
hervor - alles von solcher Grösse, dass ich gar nicht an
ihre Echtheit glauben konnte. Das muss doch ein Teil von
einem Kronleuchter mit Gehänge aus falschen Steinen sein,
dachte ich.
[Tauschhandel]:
'Was gibt Euer Gnaden hierfür?' fragte er. 'Ich gebe es für
100 Rupien her - auf gut Glück!' O weh - dreimal o weh! Ich
hatte keinen Penny in der Tasche, Stewart auch nicht, die
anderen Offiziere auch nicht. Das ist so Brauch in Indien:
Der Bursche verwaltet auch die Kasse. Meiner ganz besonders
sorgfältig - er liess nie etwas in meinen Taschen, weder
Gold-Mohur noch Silber-Rupie. Hören Sie, sagte ich zu meinem
Trödler, Sie sollen Ihre 100 Rupien haben. Aber ich muss
Ihnen sagen: Wenn diese Steine echt sind, ist das [S.99]
Armband mehr wert! 'Mag sein, mag sein, um so besser für
Euer Ehren. Falsch oder echt - ich lasse sie Euer Ehren für
100 Rupien. Hier, nehmen Sie!' - Also kommen Sie dann heute
abend zum Stab - oder geben Sie mir lieber Ihren Namen und
die Nummer Ihrer Kompanie; ich werde Ihnen das Geld zukommen
lassen. - 'Aber, aber - Euer Ehren machen Witze. Weiss ich,
wo ich heute abend sein werde? Vielleicht bei allen Teufeln,
mit einer guten Kugel im Bauch! Hören Sie - ich gehe mich
mit zwei Mohurs in bar (32 Shilling) zufrieden, und eine
Flasche Rum ... Sie verstehen, heute ist kein Tag zum
Kreditgeben!'
Dies Axiom war nicht zu erschüttern, und jede weitere
Diskussion überflüssig. Der improvisierte Juwelier steckte
die fabelhaften Smaragde, deren Erinnerung mich noch heute
blendet, in ihr Kästchen zurück. Meine Chance war verpasst
..."
Russel hörte später, dass die
Edelsteine dieses
Armbandes schliesslich für 7500 Pfund Sterling
an einen Juwelier verkauft worden sind.
"Während wir über unser Geschäft verhandelten, nahm die
Plünderei phantastische Formen an. Die Soldaten stapelten im
Hof bestickte Kleider, Geschirr, Brokatmäntel,
Wappenschilder, Trommeln, Schals, Schärpen,
Musikinstrumente, Spiegel, Bilder, Bücher,
Medikamentenflaschen, Lampen, Schilde, was weiss ich! Ein
vollständiger Katalog würde 20 Seiten lang sein.
Trunken
vom Plündern - nie habe ich dies Wort, das ich
mehr als einmal gehört hatte, besser verstanden -
zerschlugen sie Waffen, um nur das Gold und die Edelsteine
der Beschläge zu behalten. Sie verbrannten die Gold- und
Silbergewebe in einem eigens dafür angezündeten Feuer, um
sie in tragbare Barren zu schmelzen. Sie zerschlugen
Porzellan und Jade aus reiner Zerstörungslust. Sie
zerbrachen die Bilder und warfen sie in Fetzen auf die Glut.
Auch Möbel dienten dazu, das Feuer zu nähern .."
So ähnlich wie Lucknow scheint übrigens auch Delhi
ausgeplündert worden zu sein.
Es leuchtet wohl ein, dass jede Million, die in Indien
gestohlen und nach England verfrachtet wird, im Vermögen des
plündernden Landes gegenüber dem geplünderten schon einen
Unterschied, einen Vorsprung, von zwei Millionen begründet.
[Friedrich Engels: Zusammenfassung mit den Daten von
William Howard Russel: Die "Christen" aus England waren
viel schlimmer als Dschingis Khan]
Engels fällt in einer Zusammenfassung der verschiedenen
Berichte Russels ein Urteil, das die Kolonialapologeten
nicht gern hören:
"Die kalmückischen Horden Dschingis Khans und Timurs, die
wie Heuschreckenschwärme auf eine Stadt herabstiessen und
alles verschlangen, was ihnen in den Weg kam, müssen für ein
Land ein wahrer Segen gewesen sein, verglichen mit dem
Einfall dieser christlichen, zivilisierten, ritterlichen,
edlen britischen Soldaten."
Ist die Plünderung Lucknows so eine Ausnahme, so etwas
Besonderes in der Begegnung zwischen Weissen und farbigen?
Beileibe nicht [S.100].
4.2.3. "Christlicher" Kolonialismus mit
Plündern: Franzosen unter Napoleon in Ägypten
Ein halbes Jahrhundert vorher, weiter im Westen: Sieg
Napoleons mit einem französischen Expeditionsheer über die
Mamelucken, in der Schlacht bei den Pyramiden.
Morand in "The Road to India":
"An diesem Abend, in Boulaq [heute ein Quartier von Kairo],
wurde fürchterlich geplündert. Unsere Soldaten bestahlen die
Leichen ägyptischer Soldaten, die ihr Geld im Gürtel
getragen hatten ... sie nahmen Douras, Kaftane, Teppiche.
Sie sassen um ihre Lagerfeuer herum, in Turbanen,
Pelzkappen, goldverbrämten Westen. Die ganze Nacht vom 3.
auf den 4. Thermidor suchten sie die Schätze Murads." (Murad
hiessen viele Sultane [web06]).
*
[S.101]