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Panama-Papiere, Meldungen 01

6.4.2016: Das sind die Panama Papers -- 6.4.2016: Ein Auswanderer "Fonseca" geht nach Panama und gründet eine Firma - Anwaltskanzlei "Mossack Fonseca" -- 6.4.2016: <Die Stellungnahme von Mossack Fonseca> -- 6.4.2016: Anwaltskanzlei Fonsecca: Briefkastenfirmen z.B. für Rebellenfinanzierung - und ein Geheimagent "Werner Mauss" alias Claus Moellner -- Regierungen und ihre Briefkastenfirmen -- Mauricio Macri, Präsident Argentiniens -- Hosni Mubarak, ehemaliger Präsident Ägyptens -- Sigmundur Davíð Gunnlaugsson, Premierminister Islands -- Iyad Allawi, ehemaliger Premierminister des Irak -- Wladimir Putin, Präsident Russlands -- Salman bin Abd al-Asis, König Saudi-Arabiens -- Mian Mohammed Nawaz Sharif, Premierminister Pakistans -- Petro Poroschenko, Präsident der Ukraine -- Ali Abu al-Ragheb, ehemaliger Premierminister Jordaniens -- Khalifa bin Zayid bin Sultan al-Nahyan, Präsident der Vereinigten Arabischen Emirate -- Ahmad Ali al-Mirghani, ehemaliger Präsident des Sudan -- Juan Carlos, ehemaliger König von Spanien -- Lansana Conté, ehemaliger Präsident Guineas -- Hamad bin Khalifa bin Hamad al-Thani, ehemaliger Emir Katars -- Bidsina Iwanischwili, ehemaliger Premierminister Georgiens  -- 6.4.2016: Panama Papers - mein Haus, meine Yacht, mein Briefkasten -- Ehevertrag oder Offshore-Firma? Scheidung will gelernt sein -- Wie sich Boote, Bilder und anderes Vermögen einfach auflösen können -- 6.4.2016: Rennfahrer Nico Rosberg und seine Briefkastenfirma, um "international zu agieren"

Die Briefkastenfirmen, die
                  durch die hochkriminelle Anwaltskanzlei Fonsecca
                  gegründet wurden, auf den Britischen Jungferninseln
                  sind es am meisten
Die Briefkastenfirmen, die durch die hochkriminelle Anwaltskanzlei Fonsecca gegründet wurden, auf den Britischen Jungferninseln sind es am meisten


Meldungen ab 6.4.2016

präsentiert von Michael Palomino


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Süddeutsche Zeitung online, Logo

6.4.2016: Das sind die Panama Papers

http://panamapapers.sueddeutsche.de/ [ohne Datum]

2,6 Terabyte - das bislang größte Datenleck

11,5 Millionen Dokumente und 214 000 Briefkastenfirmen: In etwa 80 Ländern recherchieren Journalisten in den Panama Papers. mehr ...

http://panamapapers.sueddeutsche.de/articles/56ff9a28a1bb8d3c3495ae13/

Von Bastian Obermayer, Frederik Obermaier, Vanessa Wormer und Wolfgang Jaschensky

Vor über einem Jahr kontaktierte eine anonyme Quelle die Süddeutsche Zeitung und übermittelte auf verschlüsseltem Weg interne Dokumente der panamaischen Kanzlei Mossack Fonseca. Eine Firma, die weltweit anonyme Briefkastenfirmen verkauft, mit deren Hilfe sich wiederum so ziemlich alle Geschäfte verschleiern lassen. Auch die schmutzigen.

Aber es blieb nicht bei ein paar Dokumenten. Es wurden über die Monate mehr, bis am Ende rund 2,6 Terabyte Daten im Besitz der SZ waren: Das größte Leak, mit dem Journalisten je gearbeitet haben. Die Quelle verlangte dafür kein Geld und keine Gegenleistung, außer ein paar Maßnahmen zur Sicherheit.

Die Daten geben einen seltenen Einblick in eine Welt, die eigentlich nur im Verborgenen existieren kann. Sie belegen, wie eine globale Industrie, angeführt von großen Banken, Anwaltskanzleien und Vermögensverwaltern, die Besitztümer von Politikern, Fifa-Funktionären, Betrügern und Drogenschmugglern, aber auch von Milliardären, Prominenten und Sport-Stars in aller Verschwiegenheit verwaltet.

Die Kooperation

Die Süddeutsche Zeitung hat sich dafür entschieden, die Dokumente gemeinsam mit dem International Consortium for Investigative Journalists (ICIJ) auszuwerten. Das ICIJ hatte zuvor bereits die Recherchen an Projekten wie Offshore-Leaks, Lux-Leaks und Swiss-Leaks koordiniert, an denen die SZ auch beteiligt war. Panama Papers ist die größte bislang dagewesene grenzüberschreitende Zusammenarbeit dieser Art: Rund 400 Journalisten von mehr als 100 Medienorganisationen in rund 80 Ländern recherchierten in den vergangenen zwölf Monaten in den Dokumenten. Darunter waren zum Beispiel Teams des Guardian und der BBC in England, von Le Monde in Frankreich und La Nación in Argentinien. In Deutschland arbeiteten Journalisten von SZ, NDR und WDR mit, in der Schweiz die Sonntagszeitung, in Österreich das Wochenmagazin Falter und der ORF. Das genaue Vorgehen wurde bei mehreren Treffen in Washington, München, London und Lillehammer abgestimmt.

Die Entstehung

Die Daten

Die Panama Papers umfassen 11,5 Millionen Dokumente - mehr als die von Wikileaks veröffentlichten Botschaftsdepeschen, Offshore-Leaks, Lux-Leaks und Swiss-Leaks zusammen. Hauptsächlich handelt es sich um E-Mails, PDFs und Fotodateien sowie Auszüge aus einer internen Datenbank von Mossack Fonseca. Die Daten reichen von den 1970er-Jahren bis ins Frühjahr 2016.

Cablegate/Wikileaks (2010): 1,7 GB - Offshore-Leaks / ICIJ (2013): 260 GB - Luxemburg Leaks / ICIJ 82014): 4 GB - Swiss Leaks / ICIJ (2015): 3,3 GB

Die Süddeutsche Zeitung überprüfte die Authentizität auf vielfache Weise, etwa durch den Vergleich mit öffentlichen Registern, Zeugenaussagen und Gerichtsurteilen. Hinzu kommt: Bereits vor gut zwei Jahren hatte ein Whistleblower den deutschen Behörden interne Daten von Mossack Fonseca verkauft. Dieser Datensatz ist wesentlich älter und erheblich kleiner - es handelt sich offenbar um Daten zu lediglich ein paar hundert Offshore-Firmen. Dadurch war es den SZ-Journalisten aber möglich, einen Teil der Dokumente abzugleichen.

Aufgrund der von den Behörden gekauften Daten durchsuchten Fahnder im vergangenen Jahr die Wohnungen und Büros von etwa 100 Personen, auch bei der Commerzbank fand eine Razzia statt. In der Folge erklärten sich die Commerzbank, die HSH Nordbank sowie die Hypovereinsbank wegen der Geschäfte mit Mossack Fonseca zu Strafzahlungen in Millionenhöhe bereit. Mittlerweile haben auch andere Länder Daten aus jenem kleineren Fundus erworben, etwa die USA, Großbritannien und Island.

Das System

Die Struktur der geleakten Daten sieht so aus: Für jede Briefkastenfirma hat sich Mossack Fonseca einen Arbeitsordner angelegt. Darin befinden sich E-Mails, Verträge, Abschriften, eingescannte Dokumente und weitere Schriftstücke, die mit der jeweiligen Offshore-Firma in Verbindung stehen. Manchmal mehrere tausend Seiten. Um den Berg an Dokumenten überhaupt durchsuchen zu können, mussten die Dateien zuerst indiziert, also systematisch erfasst werden. Die Süddeutsche Zeitung nutzte hierfür das Programm Nuix, mit dem auch internationale Ermittlungsbehörden arbeiten. Auf hochleistungsfähigen Rechnern brachten die Süddeutsche Zeitung und das ICIJ Millionen Dokumente in eine maschinenlesbare – und vor allem leicht durchsuchbare - Form. Dieser Prozess nennt sich "optical character recognition" (OCR), optische Zeichenerkennung. Aus Bildern - eingescannten Ausweise, unterschriebenen Verträge - wurde recherchierbarer Text. Dieser Schritt war wichtig, damit die Journalisten einen möglichst großen Teil der Daten ähnlich wie bei Google über eine einfache Suchmaske durchforsten konnten.

Durch die digitale Aufbereitung war es möglich, die Daten mit Hilfe von Listen zu durchsuchen - wichtige Politiker, internationale Verbrecher, bekannte Sportstars. Die Liste „Parteispenden-Affären“ umfasste am Ende 130 Namen, die UN-Sanktionsliste mehr als 600. In wenigen Minuten glich der mächtige Such-Algorithmus die Listen mit den 11,5 Millionen Dokumenten ab.

Wie sich die Leak zusammensetzt: in den 11,5 Millionen Dokumenten sind folgende Dateitypen enthalten:
  • E-Mails: 4.804.618
  • Datenbankformate: 3.047.306
  • PDFs: 2.154.264
  • Bilder: 1.117.026
  • Textdokumente: 320.166
  • Sonstige: 2242

Die Recherche

Mit jedem gefundenen Namen begann eine aufwändige Recherchearbeit: Welche Rolle spielt die Person in dem Firmengeflecht? Woher kommt das Geld? Wohin fließt es? Ist das Konstrukt legal?

Generell gilt nämlich: Der Besitz einer Offshore-Firma ist für sich nicht illegal. Es gibt auch eine Reihe von Geschäften, für die es logisch erscheint, zu einer Offshore-Firma zu greifen. Aber wer sich in den Panama Papers umsieht, stellt sehr schnell fest, dass es in der überwältigen Zahl der Fälle vor allem um eines geht: die Verschleierung der wahren Inhaber der Firmen. Das erschwerte auch die Arbeit der Journalisten. Oftmals halten die Vermittler der Offshore-Firmen – Banken, Anwälte, Vermögensberater – den Namen der Kunden nämlich geheim oder setzen Strohmänner ein. Tausenden Spuren gingen die Journalisten innerhalb der internationalen Kooperation nach und prüften Belege, studierten Verträge und sprachen mit Experten.

Tatsächlich finden sich unter den teilweise kriminellen Kunden Mossack Fonsecas Mitglieder diverser Mafia-Banden, Spuren zu Bestechungsskandalen und korrupten Staats- und Regierungschefs. Der spektakulärste Teil der Unterlagen ist der über die mutmaßlichen Offshore-Firmen von zwölf aktuellen und früheren Staatschefs – sowie Spuren zu Dutzenden weiteren Spitzenpolitikern, ihren Familien, engsten Beratern und Freunden. Daneben finden sich fast 130 weitere Politiker aus der ganzen Welt unter den Kunden der panamaischen Kanzlei, darunter viele Minister.

Die Firma

Die Firma im Zentrum aller Geschichten ist Mossack Fonseca, der panamaische Offshore-Dienstleister, der in Dutzenden Büros auf der ganzen Welt, etwa in Zürich, London oder Hongkong, seine Briefkastenfirmen verkauft. Für gar nicht mal so viel Geld, oft nur 1000 Dollar, bekommt man eine anonyme Firma, die zu diesem Zeitpunkt nur eine bloße Hülle ist. Gegen Aufpreis stattet Mossack Fonseca diese Firma mit sogenannten Scheindirektoren aus und verschleiert auf Wunsch auch den wahren Inhaber der Aktien dieser Firma. So bekommt man eine Offshore-Firma, deren Sinn und Eigentümer von außen nicht festzustellen sind. Mossack Fonseca hat Zigtausende dieser Firmen gegründet, verkauft und verwaltet. Die Dokumente geben ein detailliertes Bild davon ab, wie Mossack Fonseca Tag für Tag Sanktionsbrüche und Beihilfe zur Steuerhinterziehung und Geldwäsche in Kauf nimmt.>

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6.4.2016: Ein Auswanderer "Fonseca" geht nach Panama und gründet eine Firma - Anwaltskanzlei "Mossack Fonseca"
Die Firma
http://panamapapers.sueddeutsche.de/articles/56f2c00da1bb8d3c3495aa0a


[Herr Schäuble schützt offensichtlich den deutschen Auswanderer Fonseca].

<Von Hans Leyendecker, Frederik Obermaier, Bastian Obermayer und Vanessa Wormer

Der Anblick ist schon aus der Ferne gewaltig: Dutzende Wolkenkratzer, säuberlich aufgereiht am Rande des Pazifiks. Stumme Zeugen eines Reichtums, der auch aus dem Geschäft mit dem geheimen Geld stammt. Landeanflug auf Panama City. Unten, vor der Küste, liegen die Containerschiffe, die auf die Einfahrt in den Panamakanal warten, am Horizont ist der Urwald zu erahnen. Irgendwo dazwischen, knapp hinter den Hochhäusern, liegt der Finanzdistrikt. Dort ist der Hauptsitz der Kanzlei Mossack Fonseca, die nicht nur Premierministern und Diktatoren geholfen hat, ihre Gelder zu verstecken, sondern auch Drogenkartellen, Mafia-Clans, Betrügern, Waffendealern und Regimen wie Nordkorea oder Iran. Vielleicht kann man es so zusammenfassen: Mossack Fonseca half und hilft einigen der größten Schurken dieser Welt, ihre Machenschaften zu tarnen. 

Im Mittelpunkt: die Kanzlei des Deutschen

Ihren Gründer Jürgen Mossack, 68, nennt dort unten im Finanzdistrikt kaum einer beim Namen. Er ist „der Deutsche“.

Er und seine Kanzlei verkaufen seit fast 40 Jahren anonyme Briefkastenfirmen, meist ausgestattet mit Scheindirektoren, um zu verschleiern, wer sich dahinter verbirgt. Mossack Fonseca ist einer der weltweit größten Anbieter dieser Dienste, und jetzt steht die Firma im Mittelpunkt der Panama Papers, eines Projekts, das bei der Süddeutschen Zeitung seinen Anfang nahm.

Beginnend vor etwas mehr als einem Jahr wurden der SZ über Monate hinweg interne Daten von Mossack Fonseca zugespielt – insgesamt 2,6 Terabyte. In diesem riesigen Datenhaufen recherchierten in den vergangenen zwölf Monaten rund 400 Investigativ-Reporter aus mehr als 80 Ländern, von mehr als 110 Medien, koordiniert von der SZ und dem Internationalen Konsortium für Investigative Journalisten (ICIJ) in Washington.

Man tut sich schwer, die spektakulärsten Fälle zu nennen. Ist es die Spur, die offenbar zu Wladimir Putins innerstem Zirkel führt – und zu Hunderten Millionen US-Dollar? Sind es die Offshore-Firmen des aktuellen Premierministers von Island und zwei seiner Minister? Ist es das Treiben der korrupten Fifa-Funktionäre, oder ist es die Briefkastenfirma von Barcelonas Superstar Lionel Messi?

1. Brasilien: Der Lava-Jato-Skandal ist der grösste Korruptionsskandal Lateinamerikas
2. Guinea: Korruptionsskandal um den Milliardär Beny Steinmetz
3. Island: Isländische Regierungsmitglieder nutzen heimlich Offshore-Firmen
4. Deutschland: Deutsche Banken helfen ihren Kunden, Steuern zu hinterziehen
5. Schweiz: Fifa-Funktionäre sind der Korruption verdächtig
6. Im Siemens-Korruptionsskandal wurden Millionen aus schwarzen Kassen geschleust
7. Ukraine: Während der Krieg tobte, wurde eine Briefkastenfirma für Petro Poroschenko gegründet
8. Syrien: Die Geldgeber des Krieges umgehen Sanktionen
9. Saudi-Arabien: Mutmassliche Unterstützer von Al-Qaida zählen zu den Kunden von Mossack Fonseca
10. Iran: Der iranische Staat wickelte offenbar Öl-Geschäfte offshore ab
11. Russland: Putins innerster Zirkel schleust Millionen durch ein Netzwerk von Briefkastenfirmen
12. China: Chinas Elite und ihre Verwandten verstecken ihren Reichtum.

Es geht aber nicht nur um die Kunden. Aus den Unterlagen geht auch hervor, dass sich Mossack Fonseca, kurz Mossfon, mutmaßlich bisweilen nicht an Gesetze gehalten hat: Unter dem Schutz von Mossfon wurden offenbar Sanktionen gebrochen, Beihilfe zur Hinterziehung geleistet und mit Geldern aus illegaler Herkunft gearbeitet. Belege dafür, dass Mossfon-Mitarbeiter über ihre zweifelhaften Kunden Bescheid wussten, finden sich an etlichen Stellen. Dafür sorgen die mehr als elf Millionen Dokumente des Leaks, darunter alleine rund fünf Millionen E-Mails.

Mossack Fonseca hat durch dieses Leak das verloren, was die Firma im Innersten ausmacht: absolute Geheimhaltung.

Eine Spurensuche in Panama-City

Die Fahrt vom Flughafen in den Finanzdistrikt der Stadt ist eine Fahrt durch die Extreme, die Panama prägen. Nur wenige hundert Meter von den enggedrängten Hütten der Slums ragen die in der Sonne glitzernden Fassaden der Wolkenkratzer in die Höhe, verkantet, schräg oder eingedreht. Der Sitz von Mossack Fonseca, ein verglastes, dreistöckiges Gebäude, wirkt neben den futuristischen Hochhäusern wie aus der Zeit gefallen.

Vor dem Eingang patrouillieren Wächter, und am Empfang – das geht aus internen E-Mails hervor – liegt eine Liste von unerwünschten Personen aus. Journalisten sind gerade besonders unerwünscht.

Auch die Süddeutsche Zeitung bekommt kein Interview mit Jürgen Mossack. Eine Sprecherin erklärt, die Partner der Kanzlei gäben grundsätzlich nie Interviews. Auf einen Brief mit Fragen, der an seine Privatadresse geht, antwortet Jürgen Mossack per E-Mail: Die Antwortfrist sei zu kurz bemessen. Man erklärt ihm, er könne sich auch mehr Zeit nehmen, kein Problem. Es kommt keine Antwort.

Seine Kanzlei Mossack Fonseca lässt rund 50 konkrete Fragen zu ihrem Tun unbeantwortet. Sie verschickt lediglich ein Statement mit Allgemeinen Aussagen, und der Erklärung, Mossack Fonseca halte sich stets an alle Gesetze.

Es ist kein Zufall, dass die Kanzlei „des Deutschen“ ausgerechnet in Panama floriert. In keinem anderen Land dieser Welt ballen sich die Offshore-Dienstleister derart wie in Panama, das wie eingeklemmt zwischen Costa Rica und Kolumbien genau da liegt, wo der amerikanische auf den lateinamerikanischen Kontinent stößt. Hier, in den Tropen, schlägt das Herz der Offshore-Welt.

Jürgen Mossack wird 1948 Tausende Kilometer entfernt geboren, im Fürther Rathausstift. Seine Familie, die Mutter Verkäuferin, der Vater Maschinenbauer, verlässt Deutschland Anfang der Sechzigerjahre in Richtung Panama. Hier geht Jürgen Mossack zur Schule und studiert anschließend Jura. Nach dem Examen arbeitet er bei Kanzleien in Panama und in London, bevor er 1977 in Panama-Stadt seine eigene Kanzlei gründet: die Jürgen Mossack Lawfirm.

Zu dieser Zeit herrscht eine Militärjunta unter dem korrupten General Omar Torrijos, die 1983 abgelöst wird von Diktator Manuel Noriega. Für Mossacks Anwaltskanzlei, die sich auf Briefkastenfirmen spezialisiert, laufen die Geschäfte dennoch. Tatsächlich wurde Panama unter Noriega – der auf dem Gehaltszettel diverser Drogenhändler stand – zum Bankenzentrum des kolumbianischen Medellín-Kartells. Eben weil man dort ganz hervorragend seine Geschäfte fernab der Öffentlichkeit abwickeln konnte, verlässlich und sicher.

Mindestens einer der großen Drogenbosse dieser Zeit, der Mexikaner Caro Quintero, war unter Jürgen Mossacks Kunden. Quintero ließ 1985 einen US-Agenten entführen, foltern und töten, daraufhin starteten die USA eine wütende Jagd auf ihn. Im April 1985 wurde Quintero verhaftet – nur ein paar Tage zuvor hatte ein Mittelsmann bei Mossacks Kanzlei eine Firma gründen lassen, in die Vermögen von Quintero floss, eine Villa in Costa Rica etwa. Als Scheindirektor fungierte Jürgen Mossack. 

In einem internen Mail-Verkehr, in dem es um besagte Villa geht, schreibt Jürgen Mossack:

Jürgen Mossack, 21. März 2005, 12:28 Uhr

Verglichen mit R. Caro Quintero war Pablo Escobar ein Säugling. Ich möchte nicht zu denen gehören, die er besuchen wird, wenn er aus dem Gefängnis kommt.

Über die Jahre erwirbt sich „der Deutsche“ in Panama einen gewissen Ruf. Er sei nicht sonderlich wählerisch, was seine Kunden angehe, heißt es, und im Umgang sei er eher direkt, aufbrausend, durchsetzungsstark. Kein Freund großer Worte, aber einer der schnellen Entscheidungen. Besser, man habe ihn auf seiner Seite, sonst könne es unangenehm werden. Derjenige, der das erzählt, hat beide Erfahrungen hinter sich.

Im Frühjahr 1986 tat sich Mossack mit dem panamaischen Anwalt Ramón Fonseca Mora zusammen, es entstand die Kanzlei Mossack Fonseca. Heute ist Ramón Fonseca, 64, in Panama ein politisches Schwergewicht: Er war Berater mehrerer Präsidenten, ist stellvertretender Vorsitzender der Regierungspartei Panameñista und hat derzeit einen Sitz im Kabinett des aktuellen Präsidenten Juan Carlos Varela inne.

Auch Ramón Fonseca bekam Mitte März eine Anfrage der Süddeutschen Zeitung zu allen Vorwürfen. Auch Fonseca beantwortete die Fragen nicht. Aber einige Tage später erklärte er, seine Posten als Präsidentenberater und Vize-Chef der Regierungspartei vorläufig ruhen zu lassen. Fonseca, der auch ein preisgekrönter Schriftsteller ist, führte auf Twitter aus, er tue dies, um „seine Firma und seine Ehre zu verteidigen“.

Die Kommentarspalten panamaischer Webseiten bebten von der Wut seiner Verehrer auf all die, die gegen das angeblich so saubere Offshore-Geschäft agitierten.

In offiziellen Stellungnahmen erklärt Mossack Fonseca immer wieder, die Firma würde nicht direkt mit Endkunden arbeiten. Sondern nur mit den Vermittlern, also Banken oder Vermögensverwaltern. Tatsächlich stattet Mossfon ihre Endkunden, wenn gewünscht, sogar mit anonymen E-Mail-Adressen aus, unter Tarnnamen wie „Winnie Pooh“ und „Harry Potter“, „Kämpfer“ oder „Azkaban“, „Vater“, „Tochter“ oder „Sohn“. Das klingt dann selbt in förmlichen Wendungen so:

Von: Mossfon Trust Corporation An: Winnie Pooh, Mitwoch, 30. April 2008

Sehr geehrter Herr, wir beziehen uns auf unser Meeting mit Harry Potter und unseren Anruf vor zwei Tagen.

 Ist das jetzt eine normale Kundenbeziehung?

Tatsächlich hört man über die „Firma des Deutschen“, dass sie die Regeln und Vorschriften der Branche wohl nicht ganz so streng umsetzt, wie sie vorgibt. So sei es kein Wunder, dass Mossack Fonseca in den vergangenen Jahren immer wieder in Skandale verwickelt wurde.

Das Prinzip von Mossack Fonsecas Geschäftsmodell ist einfach: Für oft nur 1000 Dollar bekommt man eine anonyme Firma. Gegen Aufpreis stattet Mossfon diese Firma mit sogenannten Scheindirektoren aus und verschleiert damit den wahren Inhaber. Nach außen ist die Firma eine Black Box, niemand sieht, was drinnen vorgeht.>

Das Geschäftsmodell: Wie Mossack Fonseca seinen Kunden hilft, Geschäfte zu verschleiern:

1. Eine Person will Geld verstecken oder dessen Herkunft verschleiern. Zum Beispiel: Vermögen von dem Finanzamt verheimlichen oder Drogengeld waschen. Die Person wendet sich an Mossack Fonseca.

2. Mossack Fonseca hilft, eine Briefkastenfirma zu gründen und unterstützt bei der Einrichtung eines Kontos. Auf Wunsch des Kunden wird ein Scheindirektor eingesetzt, der alle Transaktionen abzeichnet.

3. Der Scheindirektor unterschreibt, ohne dass der wahre Eigentümer in Erscheinung treten muss, der trotzdem mit der Firma machen kann, was er will.

4. So kann der wahre Eigentümer - ohne namentlich in Erscheinung zu treten - Immobilien, Aktien oder anderes kaufen.

Generell gilt: Der Besitz einer solchen Offshore-Firma ist für sich nicht illegal. Es gibt auch eine Reihe von Geschäften, für die es eine logische Wahl zu sein scheint, zu einer Offshore-Firma zu greifen. Aber wer sich in den Panama Papers umsieht, stellt sehr schnell fest, dass es in der überwältigen Zahl der Fälle vor allem um eines geht: zu verschleiern, wem die Firma in Wahrheit gehört. 

Sie belegen, wie die globale Offshore-Industrie im Verbund mit großen Banken, Anwaltskanzleien und Vermögensverwaltern, in aller Verschwiegenheit die Besitztümer von Politikern, Fifa-Funktionären, Betrügern und Drogenschmugglern, aber auch von Milliardären, Prominenten und Sport-Stars verwaltet. 

Igor Angelini, Chef der Finanzermittlungseinheit von Europol, erklärt, dass Briefkastenfirmen auch eine „wichtige Rolle bei Geldwäsche-Aktivitäten im großen Maßstab“ spielen. Gleiches gelte für Korruption: Offshore-Firmen würden besonders genutzt, „um die Bestechungsgelder weiterzuleiten“. Mossfon hat in den fast 40 Jahren seiner Existenz Hunderttausende solcher Firmen gegründet, verkauft und verwaltet, in Panama, auf den Britischen Jungferninseln oder in anderen Steueroasen. 

Auch die Filialen und Partnerbüros von Mossack Fonseca verteilen sich über die ganze Welt.

Das weltweite Netz der
                        Anwaltskanzlei Flonsecca, Weltkarte
Das weltweite Netz der Anwaltskanzlei Flonsecca, Weltkarte
Die Briefkastenfirmen,
                        die durch die hochkriminelle Anwaltskanzlei
                        Fonsecca gegründet wurden, auf den Britischen
                        Jungferninseln sind es am meisten
Die Briefkastenfirmen, die durch die hochkriminelle Anwaltskanzlei Fonsecca gegründet wurden, auf den Britischen Jungferninseln sind es am meisten


Die Welt der Offshore-Geschäfte ist eine eigene Welt mit speziellen Vorgehensweisen. In den Panama Papers finden sich verschiedene Dokumente, die einen detaillierten Einblick in die Geschäfte mit Briefkastenfirmen geben. Aus Millionen dieser Dateien und Dokumente ergibt sich ein interessantes Bild. 

Ein Beispiel: Einzelne von Mossack Fonseca eingesetzte Personen fungierten etwa als Scheindirektoren Hunderter oder Tausender Firmen. Diese Personen unterschrieben Blanko-Vorlagen für Dokumente oder Verträge, mutmaßlich ohne zu wissen was mit ihrer Unterschrift und diesen Dokumenten später passieren würde. Je nach Vorhaben des Mossfon-Kunden im Hintergrund wurden die Dokumente später mit dem passenden Vertragstext ausgestattet.

So sehen diese Blanko-Dokumente aus:

Das Blankodokument der
                        hyperkriminellen Anwaltskanzlei Fonsecca zur
                        Gründung einer Scheinfirma
Das Blankodokument der hyperkriminellen Anwaltskanzlei Fonsecca zur Gründung einer Scheinfirma
Ein ausgefülltes Dokument
                        der Anwaltskanzlei Fonsecca zur Gründung einer
                        Scheinfirma
Ein ausgefülltes Dokument der Anwaltskanzlei Fonsecca zur Gründung einer Scheinfirma

Zuletzt wurden vor wenigen Wochen mehrere Mitarbeiter des brasilianischen Mossfon-Büros vorübergehend festgenommen. Sie sollen in den sogenannten Lava-Jato-Skandal verwickelt sein, einen der größten Korruptionsskandale Lateinamerikas. Mehrere Milliarden US-Dollar sollen in dunklen Kanälen verschwunden sein. Eine Mitarbeiterin soll Dokumente vor der Polizei versteckt und schließlich vernichtet haben. Ein brasilianischer Staatsanwalt erklärte, es gebe Beweise dafür, dass Mossack Fonseca eine „riesige Geldwaschanlage“ sei.

Auch in Deutschland wird nach SZ-Informationen schon länger gegen die Verantwortlichen von Mossack Fonseca ermittelt. Deutsche Fahnder hatten vor einiger Zeit interne Mossack-Fonseca-Daten von einem Whistleblower gekauft. Dieses Material enthält zwar nur einen Bruchteil der Panama Papers – aber schon das reichte aus, um eine Razzia bei der Commerzbank durchzuführen und rund hundert Hausdurchsuchungen bei Endkunden und Bankern. Die Commerzbank willigte am Ende ein, 17 Millionen zu bezahlen, damit das Verfahren eingestellt wurde.

Die Prognose fällt nicht schwer: Es wird weitere Verfahren geben, nach den Veröffentlichungen in mehr als 80 Ländern.

Einer, der davon möglicherweise auch betroffen sein wird, ist der Schweizer Christoph Zollinger, 57. Er fungierte etliche Jahre als dritter Partner der Kanzlei, zog sich aber vor einiger Zeit weitgehend aus der Firma zurück. Der Grund dafür sei gewesen, behauptet er nach rund 15 Jahren bei Mossack Fonseca, dass er sich „nicht mit dem Offshore-Business als solches identifizieren“ könne.

Wer in diesen Tagen in Panama in Cafés und Büros mit Leuten aus der Finanzbranche redet, mit Anwälten, Konkurrenten oder ehemaligen Geschäftspartnern von Mossack Fonseca, der trifft auf viel Verständnis. Und auf den Stolz der Branche, auf das Gefühl, als winziges Land viel erreicht zu haben. Dass Panama weltweit als Steueroase gilt, noch immer auf der schwarze Liste der EU steht, und gerade erst von der grauen Liste der OECD gestrichen wurde? Dass Mossack Fonseca schon vor den Enthüllungen der Panama Papers mit den Helfern von Diktatoren in Verbindung gebracht wurde? All das wird auf den Neid und die Missgunst anderer Länder geschoben. Die panamaische Elite ist eine kleine, eingeschworene Gesellschaft.

In dieser Gesellschaft ist Jürgen Mossack eine Autorität. Er ist zwar – anders als Ramón Fonseca – niemand, der den öffentlichen Auftritt zelebriert. Aber auch er weiß die Insignien der Macht zu schätzen. Etliche Jahre war er im „nationalen Rat für Außenbeziehungen“ der panamaischen Regierung, er ist angesehenes Mitglied im Rotarier-Club und diversen Berufsverbänden, er legte sich einen Helikopter zu, eine Yacht, stattliche Karossen. 

Das Offshore-Geschäft ist für Menschen wie ihn ein äußerst einträgliches, Jürgen Mossack, „der Deutsche“, ist offenkundig vielfacher Millionär.

Wer durch die Straßen des Villenviertels Altos de Golf kreuzt, in dem Jürgen Mossack hinter einer hohen Mauer in einer schicken Villa lebt, hat das Gefühl, er sei hier durchaus standesgemäß untergekommen. Vor den Häusern stehen grobschlächtige Geländewagen und teure Limousinen, von den Ecken der Grundstücksmauern beobachten Kameras die Besucher, Stacheldraht, Elektrozäune und Wachleute sollen Eindringlinge abhalten. Zwei ehemalige panamaische Präsidenten wohnen nicht weit von ihm, auch Diktator Manuel Noriega hatte in den Achtzigern hier residiert.

Waffen-SS, CIA, BND

Als Jürgen Mossack in Panama zum erfolgreichen Geschäftsmann avanciert, ist seine Familie längst wieder in Deutschland. Die Eltern kehrten offenbar Anfang der Siebzigerjahre zurück, ebenso seine Schwester und sein Bruder, der inzwischen Honorarkonsul der Republik Panama in Wiesbaden ist. Die Eltern zogen wieder nach München, wo der Vater, Erhard Mossack, direkt nach dem Zweiten Weltkrieg von US-Truppen festgesetzt worden war. Mossack, ein Waffen-SS-Mann, hatte im Krieg als Rottenführer in einem Totenkopf-Regiment gedient.

Und damit nicht genug: Eine SZ-Anfrage zu Erhard Mossack kommt vom Bundesnachrichtendienst ohne Auskunft zurück. Dort lägen zwar Dokumente vor, diese könnten jedoch „das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder“ gefährden.

Und welche Ironie, dass auch der Sohn dieses Mannes mit allen Seiten Geschäfte macht: Die geleakten Dokumente zeigen CIA-Leute ebenso wie BND-Mitarbeiter, Waffenschmuggler, Drogenhändler oder Helfer des nordkoreanischen oder des iranischen Regimes. Unter ihnen zum Beispiel: Rami Makhlouf, der Cousin des syrischen Diktators Baschar Al-Assad. Makhlouf gilt als Finanzier des syrischen Regimes, deswegen steht er seit Jahren auf so gut wie allen Sanktionslisten. Er bringt den Panama Papers zufolge – auch über Offshore-Firmen von Mossfon – Geld heran, mit dem Assad dann Giftgas herstellen und Foltergefängnisse unterhalten kann. Makhlouf ist schon fünfzehn Jahre Kunde, als die Mossfon-Compliance-Abteilung Anfang 2011 warnt und dafür wirbt sich von ihm zu lösen. Die Partner sind nicht beeindruckt. Christoph Zollinger, der Schweizer, antwortet und wischt die Bedenken beiseite. Er schreibt, er sehe keine Fakten, nur Gerüchte. Zollinger sagt heute, diese Entscheidung sei ein Fehler gewesen.

Im Frühjahr 2015 fragt der Schweizer Tagesanzeiger Mossack Fonseca, warum man mit dem Assad-Cousin Geschäfte gemacht habe. Eine Sprecherin antwortet:

"Mossack Fonseca WUSSTE NICHT, dass Herr Makhlouf oder irgendwelche anderen Assad-Verbündete indirekt unsere Dienstleistungen nutzen oder missbrauchen!“


Wissentlicher Sanktionsbruch, das könnte für Jürgen Mossack zum Problem werden. Denn „der Deutsche“ besitzt, soweit man weiß, noch immer die deutsche Staatsbürgerschaft. Damit drohen ihm, sollte er tatsächlich geholfen haben, UN-Sanktionen zu umgehen, mehrere Jahre Haft. Nicht sein einziges Problem in diesen Tagen.>


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Süddeutsche
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6.4.2016: <Die Stellungnahme von Mossack Fonseca>

Die Stellungnahmen von Mossack Fonseca zu diesen Recherchen dokumentiert die Süddeutsche Zeitung hier 


http://panamapapers.sueddeutsche.de/articles/56fd26cfa1bb8d3c3495aba1/

Im Zentrum der Panama-Papers-Enthüllungen steht der panamaische Offshore-Dienstleister Mossack Fonseca (Mossfon). Die Süddeutsche Zeitung hat Mossfon gemeinsam mit dem Internationalen Consortium für Investigative Journalisten (ICIJ) mehrere Schreiben mit Bitte um Stellungnahme geschickt. Mossfon antwortete mit zwei allgemeinen Stellungnahmen, die an dieser Stelle im Original und in deutscher Übersetzung wiedergegeben werden.

Schreiben vom 9. März 2016:

“Our firm, like many firms, provides worldwide registered agent services for our professional clients (e.g., lawyers, banks, and trusts) who are intermediaries. As a registered agent we merely help incorporate companies, and before we agree to work with a client in any way, we conduct a thorough due-diligence process, one that in every case meets and quite often exceeds all relevant local rules, regulations and standards to which we and others are bound.

However, filing legal paperwork to help incorporate a company is a very different thing from establishing a business link with or directing in any way the companies so formed. We only incorporate companies, which just about everyone acknowledges is important, and something that’s critical in ensuring the global economy functions efficiently. In providing those services, we follow both the letter and spirit of the law. Because we do, we have not once in nearly 40 years of operation been charged with criminal wrongdoing. We’re proud of the work we do, notwithstanding recent and willful attempts by some to mischaracterize it.

Finally, it is well established that many countries (e.g. UK, USA) have trust laws that permit a person or enterprise to represent a third party in a fiduciary capacity, which is 100% legal and serves an important purpose in global commerce.“

– Deutsche Übersetzung –

“Unser Unternehmen bietet, wie viele andere auch, weltweite Vertreter-Tätigkeiten für professionelle Mandanten (z.B. Rechtsanwälte, Banken oder Fonds) an, die ihrerseits als Vermittler agieren. Unsere Arbeit als eingetragener Vertreter besteht allein darin, dass wir bei der Anmeldung von Gesellschaften helfen. Bevor wir ein Mandat annehmen, überprüfen wir dieses in einem sorgfältigen internen Prüfverfahren, das die für uns und andere geltenden örtlichen Vorschriften in jedem Fall erfüllt und oft noch übertrifft.

Dabei ist es etwas völlig anderes, ob man nur die nötigen Anträge für die Registrierung einer Gesellschaft ausarbeitet oder man mit der so geschaffenen Gesellschaft selbst eine Geschäftsverbindung eingeht bzw. sogar deren Geschäfte lenkt. Wir beschränken uns auf die Anmeldung von Gesellschaften, was allgemein als wichtige Aufgabe anerkannt wird und unverzichtbar ist, um die Weltwirtschaft effizient funktionieren zu lassen. Dabei handeln wir im Einklang mit Recht und Gesetz. Weil das so ist, sind wir in vierzig Jahren Arbeit noch nicht einmal wegen strafbaren Fehlverhalten angeklagt worden. Wir sind stolz auf unsere Arbeit, ungeachtet der jüngsten Versuche von manchen, diese absichtlich in falschem Licht darzustellen.

Schließlich darf als bekannt gelten, dass zahlreiche Staaten (etwa Großbritannien und die USA) es gesetzlich ermöglichen, dass einzelnen Personen oder Unternehmen treuhänderisch Dritte vertreten. Dies ist zu 100 Prozent legal und leistet einen wichtigen Beitrag zum weltweiten Wirtschaftsverkehr."

Schreiben vom 22. März 2016

„We have received and reviewed the questions you sent us relating to the business of Mossack Fonseca and parties alleged to have conducted business with the firm.

We cannot provide responses to questions that pertain to specific matters, as doing so would be a breach of our policies and legal obligation to maintain client confidentiality. Although we cannot provide such information to the media, we have always contributed information to the pertinent authorities when it has been requested. However, we can confirm that the parties in many of the circumstances you cite are not and have never been clients of Mossack Fonseca. We encourage you to verify your sources, comprehend the essence of the industry dedicated to company formation, and understand how this business has functioned historically versus the changes that have taken place recently to ensure transparency into the identity of ultimate beneficial owners and to improve safeguards within the international financial system in which Mossack Fonseca operates.

Nonetheless, we respectfully take this opportunity to provide additional insights into our business and its role, and to briefly comment on some of the issues brought by you in your questionnaire. Before you report your story, please consider the following facts:

We provide company incorporation and related administrative services that are widely available and commonly used worldwide.

Incorporating companies is the normal activity of lawyers and agents around the world. Services such as company formations, registered agent, and others are frequently used and provided in many worldwide jurisdictions, including the United States and the United Kingdom.

Moreover, it is legal and common for companies to establish commercial entities in different jurisdictions for a variety of legitimate reasons, including conducting cross-border mergers and acquisitions, bankruptcies, estate planning, personal safety, and restructurings and pooling of investment capital from investors residing in different jurisdictions who want a neutral legal and tax regime that does not benefit or disadvantage any one investor.

Our services are regulated on multiple levels, often by overlapping agencies, and we have a strong compliance record.

Our business is regulated by several different oversight and enforcement agencies, including the Banking Superintendence of Panama and the Intendancy of Non-financial Regulated Services Providers. We are also subject to regulatory oversight and enforcement in all of the other jurisdictions where we incorporate companies. In addition, we have always complied with international protocols such as the Financial Action Task Force (FATF) and, more recently, the U.S. Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) to assure as is reasonably possible, that the companies we incorporate are not being used for tax evasion, money-laundering, terrorist finance or other illicit purposes.

The FATF, in particular, praised Panama in its February 2016 plenary session, saying specifically that Panama has made “significant progress in improving its AML/CFT (anti-money laundering and combating the financing of terrorism) regime.” The FATF, subsequent to the plenary session, removed Panama from its gray list.

We are responsible members of the global financial and business community.

We conduct thorough due diligence on all new and prospective clients that often exceeds in stringency the existing rules and standards to which we and others are bound. Many of our clients come through established and reputable law firms and financial institutions across the world, including the major correspondent banks, which are also bound by international “know your client” (KYC) protocols and their own domestic regulations and laws.

If a new client/entity is not willing and/or able to provide to us the appropriate documentation indicating who they are, and (when applicable) from where their funds are derived, we will not work with that client/entity. Indeed, the documents you cite in your reporting show that we routinely deny services to individuals who are compromised or who fail to provide information we need in order to comply with our KYC and other obligations.

Our due diligence procedures require us to update the information that we have on clients and to periodically verify that no negative results exist in regards to the companies we incorporate and the individuals behind them. Again, the documents you cite in your reporting show that we routinely resign from client engagements when ongoing due diligence and updates to sanctions lists reveal that a beneficial owner of a company for which we provide services is compromised.

For 40 years Mossack Fonseca has operated beyond reproach in our home country and in other jurisdictions where we have operations. Our firm has never been accused or charged in connection with criminal wrongdoing.

However, we are legally and practically limited in our ability to regulate the use of companies we incorporate or to which we provide other services. We are not involved in managing our clients’ companies. Excluding the professional fees we earn, we do not take possession or custody of clients’ money, or have anything to do with any of the direct financial aspects related to operating their businesses.

We operate in jurisdictions with increasingly stringent financial and legal controls.

All of the jurisdictions where we have operations have made significant strides in their efforts to comply with global protocols to prevent abuse of their financial and corporate systems. This includes preventing money laundering, combatting terrorist financing and preventing tax evasion.

Most of the jurisdictions have formal tax information exchange agreements with several countries that are approved by the Organization for Economic Cooperation and Development (OECD). Panama has nine formal OECD-approved tax information exchange agreements, including with the United States and Canada, and 16 double taxation agreements (which include provisions for information sharing between authorities) with countries such as Ireland, Luxembourg and the Netherlands included in this group. The OECD has recognized Panama for improving the government’s access to information about beneficial ownership of entities incorporated in its jurisdiction as well as for improving the sharing of such information with authorities in other jurisdictions.

To quote from the OECD’s most recent peer review of Panama: “The 2014 Supplementary Agreement noted the significant progress made by Panama in expanding its exchange of information network since the 2010 Phase 1 Report, which bought the number of signed EOI (exchange of information agreements) agreements from one to 25.”

In addition, Panama, the British Virgin Islands (BVI), and the United States have agreed to terms for financial institutions in their jurisdictions to comply with the U.S. Treasury’s Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA). This act ensures that American citizens with accounts in these territories declare and pay any taxes on income or investments earned in them that are due to the U.S. Internal Revenue Service.

We regret any misuse of our services and actively take steps to prevent it.

We regret any misuse of companies that we incorporate or the services we provide and take steps wherever possible to uncover and stop such use. If we detect suspicious activity or misconduct, we are quick to report it to the authorities. Similarly, when authorities approach us with evidence of possible misconduct, we always cooperate fully with them.

With regards to some of the allegations contained in your questionnaire, we would like to comment as follows:

(a) Tax Evasion and Avoidance: We strongly disagree with any statement implying that the primary function of the services we provide is to facilitate tax avoidance and/or evasion. Our company does not advise clients on the structuring of corporate vehicles and the use they may make of same; and we likewise do not offer solutions whose purpose is to hide unlawful acts such as tax evasion. Our clients request our services after being duly advised by qualified professionals in their places of business. Moreover, it should be made clear that tax avoidance and evasion are not the same thing. For example, a client can use the structures provided by us for tax optimization of his/her estate, such as taking advantage of provisions in treaties for avoiding international double taxation. Such behavior is perfectly legal.

(b) Due Diligence on Clients: To begin with, approximately 90% of our clientele is comprised of professional clients, such as international financial institutions as well as prominent law and accounting firms, who act as intermediaries and most of them are regulated in the jurisdiction of their business. In the case of Panama, Law 2 of 2011 allows the information and documentation on the final beneficiary to be held in custody by the professional regulated client. Likewise, BVI’s 2008 AML Act allowed the information regarding the final beneficiary to be held in custody by such regulated client until December 2015. Thus, most of the persons mentioned in your questionnaire are not our clients nor do they appear in our database as persons related to the companies we formed. Due diligence procedures were carried out in accordance with the laws in place at the time the companies and cases you made reference to were incorporated and in existence. Also, be aware that a significant percentage of our clients are banking institutions, trust companies, lawyers, and accountants who are also obliged to perform due diligence on their clients in accordance with the KYC and AML regulations to which they are subject. In addition to the above, we do have some end-user clients—we have never denied this fact, and in these cases, as in all others, we have complied with all applicable due diligence procedures.

(c) Politically Exposed Persons (PEPs): We have duly established policies and procedures to identify and handle those cases where individuals either qualify as PEPs or are related to them. As per our Risk Based Approach, PEPs are considered to be high risk individuals. Hence, enhanced due diligence procedures apply in these cases. Also, periodic follow-up is conducted to assure that no negative results are found. Lastly, you should bear in mind that according to international KYC policies, PEPs do not have to be rejected just for being so; it is just a matter of proper risk analysis and administration.

(d) Sanctions Lists and Convicted Criminals: Our company does not foster or promote unlawful acts. The very documents you cite in your reporting show specific instances demonstrating that once these types of situations are identified, we routinely discontinue the provision of our services. The Service Provision Agreements signed with our clients impose on them the obligation to notify us as soon as they have knowledge of a client of theirs having been either convicted or listed by a sanctioning body. Likewise, we have our own procedures in place to identify such individuals, to the extent it is reasonably possible. Bear in mind that we have an obligation to follow an orderly administrative process when resigning from client engagements. The time it takes for us to resign as registered agent from the involved companies varies depending on our internal procedures and the regulations of the respective country or jurisdiction. Also, sometimes the authorities require the registered agent not to file any resignation in order to prevent obstructing their investigation. In any case, our company always complies with the filing of the respective reports according to the governing laws of the specific country or jurisdiction.

Notwithstanding the above, we would like to take this opportunity to clarify that we have never knowingly allowed the use of our companies by individuals having any relationship with North Korea, Zimbabwe, Syria, and other countries mentioned by you that might have been considered as a threat to any other country’s national security or that have been listed by a sanctioning body. If for some reason, unbeknownst to us, some company formed by us ended up in the hands of people having such relations for whatever criminal or unlawful purpose, we strongly condemned that situation and took and will continue taking any measures that are reasonably available to us.

(e) Provision of Company Secretarial Services: Company Secretarial Services are legal services that allow a professional company provider to act on behalf of a company that is owned by third parties. Company Secretarial Services are not used to hide the identity of the real owners of the company as for instance, a director is not in its nature the owner of the company. These services often include directorships and facilitate document filings before the authorities and registry of a company’s jurisdiction. For example, a secretary might help a company register for taxes and file for licenses, manage patents and trademarks, tax returns and other documentation to be handled and filed. Company Secretarial Services are provided by many firms to professional clients and investors all over the world. The same director or company secretary can act on behalf of many different companies in different jurisdictions. That is widely accepted and perfectly legal, especially in cases where the purpose of a company is to be a holding company or own immovable or movable property. The fact that many companies have the same directors and/or address does not mean that such companies are connected in any way, as is commonly assumed. In the case of professional service providers, usually a director or company/corporate secretary has no economic interest or commercial link to the company’s activity and he/she does not endorse, participate or assist in the commercial or passive roles of a company in any way. Following the pre-established guidelines, the secretary appoints agents and attorneys that then carry out the administration of the company. Our company is not the only one providing this type of service. You can take a look at UK law firms’ websites and you will find more information about the provision of this service.

Below please find a small sample of companies that offer company secretarial services:

• Elemental CoSec, London, UK

• CT Corporation, New York, USA

• The Corporation Service Company, Delaware, USA

• National Registered Agents, Inc., USA

• InCorp Services, Inc., Nevada, USA

• My LLC, California, USA

• Northwest Registered Agent LLC, WA, USA

• Swift Formations, UK

• DeMontford Bell, UK

• CG Incorporations, UK

• TCS Group International, UK

• MILS Corporation Ltd., UK

• HGN Limited, UK

• A & P Intertrust Corporation, Canada

(f) Shareholders and Beneficial Owners: Closely related to the point above, as part of the services our trust company provides, we often constitute trusts for shares. As a result, your allegations that we a provide shareholders with structures supposedly designed to hide the identity of the real owners, are completely unsupported and false. These types of services are always supported by the existence of legally recognized vehicles utilized for such purposes by all service providers in this industry. Even though we do provide shareholdership services through the legal structures already explained, we do not provide beneficiary services to deceive banks. Banks currently carry out their due diligence procedures just as we do. It is difficult, not to say impossible, not to provide banks with the identity of final beneficiaries and the origin of funds.

(g) Administrative Penalties: It is mentioned in your questionnaire, that we have been fined by the BVI authorities for non-compliance with AML regulations. Please be aware that these are administrative fines imposed by the regulator to registered agents when the intermediaries or professional clients do not comply with their contractual obligation of informing the registered agent of a client of theirs having been either convicted or listed by a sanctioning body. If you recall, we already explained that as regulated professional clients, BVI’s 2008 AML Act allowed the information regarding the final beneficiary to be held in custody by such regulated clients. But if the intermediary does not comply as required, the registered agent is penalized. You can access the Regulator’s website and you will find that we are not the only agents who have been penalized for this. In fact, this was very common up to December 2015, when the cited law allowed full reliance on intermediaries. Since then, the law has been changed. You will also be able to verify that the fines referred by you were applied before said change occurred.

(h) Backdated Documents: The issuance of documents with a retroactive date is a well-founded and accepted practice when the decisions made with regard to the particular document are recorded in resolutions approved before or when the transaction in particular has taken place and the formalization is still pending. Such practice is common in our industry and its aim is not to cover up or hide unlawful acts. As we have previously stated, our company does not foster or promote unlawful acts.

(i) Destruction of Documents: As to your allegations about this matter, we do not know what the source of your information is, and we categorically deny their veracity. Let us be clear that it is not our policy to hide or destroy documentation that may be of use in any ongoing investigation or proceeding.

Finally, we will not answer any questions related to private information regarding our company founding partners as we do not see the public interest behind said inquiries. Likewise, we will not make any reference to the statistics and other “factual” information about numbers and amounts since they are far from being accurate. In relation to our asset management company, same does not have the capacity by law to use, move, or dispose of in any way their clients’ money.

You may consider this document as our response to your questionnaire. However, it should not be considered as a validation of the information contained therein, and especially to the method by which said information was obtained. From the way you present your “facts”, it appears that you have had unauthorized access to proprietary documents and information taken from our company and have presented and interpreted them out of context. We trust that you are fully aware that using information/documentation unlawfully obtained is a crime, and we will not hesitate to pursue all available criminal and civil remedies. “

– Deutsche Übersetzung –

“Wir haben Ihre Fragen zu den Geschäften von Mossack Fonseca und von Dritten, die angeblich mit diesem Unternehmen zu tun hatten, erhalten und geprüft.

Auf Fragen zu Einzelfällen können wir nicht eingehen, da wir damit unsere rechtlichen Verpflichtungen und Praxis zum vertraulichen Umgang mit Kundendaten verletzen würden. Obgleich wir solche Informationen nicht an die Medien herausgeben, haben wir mit den zuständigen Behörden auf Anfrage stets kooperiert. Allerdings können wir bestätigen, dass die Parteien in vielen der von Ihnen angeführten Sachverhalte keine Kunden von Mossack Fonseca sind oder waren. Es wäre anzuregen, dass Sie Ihre Quellen überprüfen, sich mit der grundlegenden Funktionsweise der mit Gesellschafts-Gründungen befassten Branche vertraut machen und begreifen, welche Reformen dort zuletzt bereits umgesetzt worden sind, um die Identität des letztlich wirtschaftlich Berechtigten (ultimate beneficial owner) transparent zu machen sowie um das System des internationalen Finanzverkehrs, in dem Mossack Fonseca agiert, sicherer zu machen.

Nichtsdestotrotz möchten wir diese Gelegenheit nutzen, um zum besseren Verständnis unseres Unternehmens beizutragen und um einige der von Ihnen in Ihrem Fragebogen aufgeworfenen Punkte kurz zu bewerten.

Wir bieten Dienstleistungen bei der Gesellschafts-Gründung und bei damit verwandten Vorgängen an, wie sie weltweit angeboten und vielfach nachgefragt werden.

Gesellschaften anzumelden ist die normale Tätigkeit von Rechtsanwälten und Agenten weltweit. Bei der Strukturierung oder Registrierung von Unternehmen darf in zahlreichen Staaten externe Unterstützung in Anspruch genommen werden, so etwa in den USA und Großbritannien.

Es gibt zahlreiche legitime Gründe, wieso Unternehmen einzelne Unter-Gesellschaften auf verschiedene Staaten und Rechtsordnungen verteilen. Zu diesen Gründen zählen etwa grenzüberschreitende Unternehmenskäufe und Fusionen, Insolvenzen, die Verwaltung von Vermögen, Erwägungen zur persönlichen Sicherheit sowie die Zusammenarbeit von verschiedenen Investoren aus verschiedenen Ländern, die gemeinsam einen neutralen Gerichts- und Steuer-Ort suchen, an dem keiner der Partner gegenüber dem anderen im Vor- oder Nachteil ist.

Unsere Dienstleistungen sind auf vielfache Weise reguliert - oft durch sich überlappende Regelungssysteme - und wir blicken auf eine Bilanz nachweisbar hoher Normtreue zurück.

Unser Unternehmen unterliegt verschiedenen Aufsichts- und Vollzugsbehörden, insbesondere Panamas Oberster Finanzaufsicht sowie der Aufsichtsbehörde für nicht-finanzielle Dienstleistungen. Ebenso unterliegen wir den Aufsichts- und Vollzugsbehörden in allen übrigen nationalen Rechtsordnungen, in denen wir Gesellschaften eingetragen haben. Daneben befolgen wir internationale Vorgaben wie jene der Financial Action Task Force (FATF) und neuerdings des US-amerikanischen Gesetzes zur Steuerehrlichkeit bei Auslandskonten (Foreign Account Tax Compliance Act, FATCA), um im Rahmen des uns Möglichen zu gewährleisten, dass die von uns angemeldeten Gesellschaften nicht für Steuerflucht, Geldwäsche, Finanzierung terroristischer Aktivitäten oder anderen gesetzwidrigen Zwecken genutzt werden.

Die Financial Action Task Force (FATF) hat bei ihrer Sitzung im Februar 2016 ein Lob für Panama ausgesprochen. Panama habe „bei der Verbesserung seiner Maßnamen gegen Geldwäsche und Terror-Finanzierung beachtliche Fortschritte erzielt“. Nach dieser Sitzung hat die FATF den Staat Panama von ihrer grauen Liste gestrichen.

Wir sind verantwortungsvolle Mitglieder der internationalen Finanz- und Wirtschaftswelt.

Wir überprüfen jeden potenziellen Neu-Mandanten mit einem Maß an Sorgfalt, das oft über das gesetzlich Geforderte hinausgeht. Viele unserer neuen Mandate kommen über etablierte und angesehene Rechtsanwaltskanzleien oder Finanzinstitute in aller Welt zu uns. Darunter sind die führenden Korrespondenzbanken, welche ihrerseits an internationale Regularien nach dem „Kenne Deinen Kunden“-Prinzip wie auch an ihr jeweiliges nationales Recht gebunden sind.

Sollte ein neuer Mandant/eine juristische Person nicht willens oder in der Lage sein, uns angemessene Nachweise über seine Identität und ggf. die Herkunft seiner Mittel zu erbringen, so werden wir mit ihm/ihr nicht zusammenarbeiten. Tatsächlich belegen gerade die Dokumente, die Sie in Ihrer Berichterstattung erwähnen, dass wir regelmäßig die Zusammenarbeit mit solchen Individuen ablehnen, die kompromittiert sind oder uns nicht jene Informationen offenlegen, die wir für die Einhaltung von „Kenne Deinen Kunden“-Regeln und anderer Verpflichtungen benötigen.

Unser internes Prüfverfahren verlangt, dass wir die Kenntnisse über unsere Mandanten regelmäßig erneuern und sicherstellen, dass sich hinsichtlich der Person und der von ihr anvertrauten Gesellschaft kein Negativbefund eingestellt hat. Die von Ihnen in Ihrer Berichterstattung zitierten Dokumente zeigen gerade, dass wir, wie erwähnt, regelmäßig Mandantenbeziehungen beenden, sobald unsere Prüfverfahren oder laufend aktualisierten Sanktionslisten ergeben, dass ein hinter einem Auftraggeber stehender wirtschaftlich Berechtigter kompromittiert ist.

Seit 40 Jahren arbeitet Mossack Fonseca in unserem Heimatstaat sowie in anderen Rechtsordnungen ohne jede Beanstandung. Nie sind wir einer Straftat beschuldigt oder angeklagt worden.

Allerdings sind unsere Möglichkeiten, die von uns betreuten Gesellschaften zu überwachen, aus rechtlichen wie praktischen Gründen begrenzt. Wir sind in die laufenden Geschäfte unserer Mandanten nicht eingebunden. Abgesehen von den Gebühren, die wir in Rechnung stellen, verfügen wir über kein Geld unserer Mandanten und verwalten auch keines. Auch sind wir in keiner Weise direkt eingebunden in die finanzielle Seite von deren Geschäften.

Wir arbeiten in Rechtsordnungen, die ihre finanziellen und rechtlichen Kontrollen zunehmend verstärken.

Alle nationalen Rechtsordnungen, in denen wir tätig sind, haben bedeutende Schritte hin zur Umsetzung solcher internationaler Abkommen unternommen, die den Missbrauch ihrer Wirtschafts- und Finanzsysteme etwa für Geldwäsche, Terror-Finanzierung oder Steuerflucht verhindern sollen.

Die meisten dieser nationalen Rechtsordnungen haben formelle Abkommen zum Steuerdaten-Austausch mit mehreren anderen Staaten geschlossen; eine Praxis, welche die Zustimmung der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) genießt.

Panama unterhält neun formelle, von der OECD gutgeheißene Abkommen zum Steuerdaten-Austausch, insbesondere mit den USA und Kanada, zudem 16 Doppelbesteuerungs-Abkommen (einschließlich einzelner Klauseln zum Steuerdaten-Austausch) mit Staaten wie Irland, Luxemburg und den Niederlanden. Die OECD hat die erfolgreichen Bemühungen Panamas, die Identität der wirtschaftlich Berechtigten von in Panama registrierten Gesellschaften besser nachvollziehbar zu machen, ebenso anerkannt wie die Erfolge beim verbesserten Austausch solcher Informationen mit den Behörden anderer Rechtsordnungen.

Im jüngsten OECD-Bericht zu Panama heißt es: „Die Zusatzvereinbarung von 2014 hält fest, dass Panama den Kreis der Staaten, mit denen es eine Partnerschaft zum Steuerdaten-Austausch eingegangen ist, seit dem Berichtsjahr 2010 signifikant vergrößern konnte, von 1 auf 25.“

Zudem haben Panama, die Britischen Jungferninseln und die USA sich darauf geeinigt, dass Finanzinstitute in allen diesen drei Rechtsordnungen an die Vorgaben des US-amerikanischen Gesetzes zur Steuerehrlichkeit bei Auslandskonten gebunden sind (Foreign Account Tax Compliance Act, FATCA). Dieses Gesetz stellt sicher, dass US-Bürger, die in diesen Gebieten Konten haben, ihre Steuerschuld gegenüber der US-Finanzverwaltung begleichen.

Wir bedauern jedweden Missbrauch unserer Dienstleistungen und unternehmen aktiv Schritte, um diesen zu verhindern.

Wir bedauern jedweden Missbrauch von Gesellschaften, die wir angemeldet haben, oder von Dienstleistungen, die wir erbracht haben, und unternehmen Schritte, um Derartiges aufzudecken und, so weit möglich, zu stoppen. Wenn wir verdächtige Aktivitäten oder Fehlverhalten erkennen, beeilen wir uns stets, dies den Behörden zu melden. Gleichfalls kooperieren wir stets rückhaltlos mit Behörden, die sich mit Belegen für mögliche Fälle von Missbrauch an uns wenden.

Im Hinblick auf einige der Vorhalte in Ihrem Fragebogen möchten wir folgende Einschätzungen abgeben:

a) Steuerflucht und -vermeidung: Wir widersprechen aufs Deutlichste allen Einlassungen, die nahelegen, die von uns angebotenen Dienstleistungen dienten zuvorderst dem Zweck der Steuervermeidung und/oder Steuerflucht. Weder berät unser Unternehmen Mandanten darin, wie sie Unter-Gesellschaften strukturieren und solche Strukturen nutzen können; noch bieten wir Lösungen an, die dazu dienen, gesetzwidrige Handlungen wie Steuerflucht zu verschleiern. Unsere Mandanten nehmen unsere Dienstleistungen auf Empfehlung ausgewiesener Fachleute an ihrem Standort-Staat in Anspruch. Auch gilt zu beachten, dass Steuervermeidung und Steuerflucht nicht gleichzusetzen sind. Zum Beispiel kann ein Mandant die von uns angebotenen Strukturen dazu nutzen, um sein Vermögen steuerlich zu optimieren, indem er von geltenden Klauseln gegen Doppelbesteuerung Gebrauch macht, die zu internationalen Abkommen gehören. Dies ist vollkommen legal.

b) Überprüfung von Mandanten: Es sei hier vorausgeschickt, dass unsere Mandantenschaft zu etwa 90 Prozent aus Fachleuten besteht, etwa aus internationalen Finanzinstituten oder bekannten Rechtsanwalts- oder Steuerberatungskanzleien, die ihrerseits als Vermittler agieren und insofern in ihren eigenen Rechtsordnungen einer Regulierung unterliegen. In Panama zum Beispiel gestattet Gesetz 2 aus 2011 solchen professionellen Vermittlern, dass sie die Information und Dokumentation über den letztlich Berechtigten einer Gesellschaft verwahren und schützen. In ähnlicher Weise gestattete auf den Britischen Jungferninseln das 2008 verabschiedete Gesetz gegen die Geldwäsche noch bis Dezember 2015, dass der professionelle Vermittler die Information über den letztlich Berechtigten für sich behält. Insofern sind die meisten der in Ihrem Fragebogen genannten Personen nicht unsere Mandaten, und sie tauchen auch nicht in unserer Datenbank auf als Personen, die mit den von uns geformten Gesellschaften zu tun haben. Unsere pflichtgemäße Überprüfung unserer Mandanten entsprach stets den zeitlich und örtlich geltenden Vorschriften. Beachten Sie, dass ein bedeutender Anteil unserer Mandaten aus Banken, Treuhand-Gesellschaften, Rechtsanwälten und Rechnungsprüfern besteht, die ihrerseits die Pflicht haben, ihre Mandanten gemäß „Kenne Deinen Kunden“-Regularien und Geldwäsche-Gesetzen zu überprüfen. Gewiss gibt es daneben auch Endnutzer unter unseren Mandanten - dies haben wir nie bestritten, und in diesen Fällen haben wir, wie auch sonst, sämtliche Vorschriften und Prüfverfahren eingehalten.

c) Politisch exponierte Personen (PEPs): Um zu erkennen, wann es sich bei einem Individuum um eine PEP oder eine mit einer solchen verwandte Person handelt, wenden wir bewährte Leitlinien und Prüfverfahren an. Gemäß unseren Leitlinien zur Risikobewertung gelten PEPs als stark risikobehaftete Individuen. Deshalb sind in ihren Fällen erhöhte Anforderungen an die pflichtgemäße Überprüfung zu stellen. Zudem werden diese Personen regelmäßig von Neuem nachuntersucht, um sicherzugehen, dass nicht inzwischen negative Befunde vorliegen. Bedenken Sie, dass internationale „Kenne Deinen Kunden“-Richtlinien keineswegs verlangen, dass PEPs in jedem Fall als Mandanten abgewiesen werden; es ist vielmehr eine Frage ordentlicher Risiko-Analyse und Verwaltung.

d) Sanktionslisten und verurteilte Straftäter: Weder unterstützt unser Unternehmen gesetzwidrige Handlungen noch fördert es diese gar. Gerade die Dokumente, die Sie selbst in Ihrer Berichterstattung anführen, veranschaulichen Fälle, in denen wir unsere Dienste sofort nach Erlangung der Kenntnis von solchen Sachverhalten beendet haben. Die Dienstverträge, die wir mit unseren Mandanten schließen, verpflichten diese, uns unverzüglich zu informieren, falls sie davon erfahren, dass deren Mandanten strafrechtlich verurteilt oder auf eine Sanktionsliste gesetzt worden sind. Gleichzeitig betreiben wir unsererseits Prüfverfahren, um solche Individuen so weit wie möglich zu erkennen. Zu bedenken ist, dass wir verpflichtet sind, ein ordnungsgemäßes Verfahren einzuhalten, wenn wir den Vertrag mit einem unserer Mandanten kündigen. Die Zeit, die wir für eine solche Kündigung benötigen, variiert je nach dem Verlauf unseres internen Verfahrens sowie nach den rechtlichen Vorgaben des betreffenden Landes oder der betreffenden Rechtsordnung. Teils verlangen auch die Behörden, dass der Vertrag nicht aufgekündigt wird, um nicht die Ermittlungen der Behörden zu stören. Jedenfalls wahrt unser Unternehmen nach der Kenntnisnahme von solchen Sachverhalten stets das geltende Recht in dem jeweiligen Land oder der jeweiligen Rechtsordnung.

Dessen unbeschadet möchten wir bei dieser Gelegenheit klarstellen, dass wir niemals wissentlich zugelassen haben, dass unsere Gesellschaften von Individuen genutzt werden, die Beziehungen zu Nordkorea, Simbabwe, Syrien oder anderen von Ihnen erwähnten Staaten unterhalten, welche die nationale Sicherheit eines anderen Landes bedrohen oder auf einer Sanktionsliste stehen. Wenn aus irgendeinem Grund und ohne unser Wissen dennoch eine von uns geformte Gesellschaft in die Hände von Leuten gelangt ist, die für gesetzwidrige Zwecke solche Beziehungen unterhalten, dann haben wir dies stets aufs Schärfste verurteilt und alle verfügbaren Maßnahmen ergriffen.

e) Die Leistungen eines Gesellschafts-Sekretärs: Ein Gesellschafts-Sekretär ist ein Dienstleister, der legal im Namen einer Gesellschaft auftreten darf, die einem Dritten gehört. Die Dienste eines Gesellschafts-Sekretärs dienen nicht dazu, die Identität der wahren Eigentümer eines Unternehmens zu verschleiern; schließlich ist auch ein Geschäftsführer nicht per se der Eigentümer der Gesellschaft. Die Dienste eines Gesellschafts-Sekretärs beinhalten oft die Geschäftsführung sowie die ordnungsgemäße Registrierung der Gesellschaft in der betreffenden Rechtsordnung. Zum Beispiel kann ein Gesellschafts-Sekretär dabei helfen, eine Gesellschaft ordnungsgemäß steuerlich anzumelden, Genehmigungen zu beantragen, Patente, Schutzzeichen und Steuerbescheide zu verwalten. Zahlreiche Unternehmen in aller Welt bieten Dienste als Gesellschafts-Sekretär für professionelle Mandanten und Investoren an. Derselbe Geschäftsführer oder Gesellschafts-Sekretär kann im Namen von vielen verschiedenen Gesellschaften in unterschiedlichen Rechtsordnungen handeln. Dies ist weithin akzeptierte, völlig legale Praxis, besonders wenn es sich um Gesellschaften handelt, deren Zweck lediglich darin besteht, als Holding zu dienen oder Vermögenswerte - Immobilien oder Mobilien - zu verwalten. Der Umstand, dass zahlreiche Gesellschaften sich denselben Geschäftsführer und dieselbe Anschrift teilen, lässt auch nicht den Schluss zu, dass diese Gesellschaften in irgendeiner Weise untereinander verknüpft sind, wie oft angenommen wird. Ein professioneller Gesellschafts-Sekretär hat selbst meist kein wirtschaftliches Interesse und keine eigene kaufmännische Verbindung zur Tätigkeit der betreffenden Gesellschaft, er fördert sie nicht und nimmt nicht selbst an ihr Teil. Gemäß der vorab getroffenen Vereinbarung bestellt der Gesellschafts-Sekretär lediglich Bevollmächtigte und Rechtsanwälte, welche das operative Geschäft besorgen. Unser Unternehmen ist nicht das einzige, das diese Art von Dienstleistung anbietet. Ein Blick auf die Webseiten einiger britischer Rechtsanwaltskanzleien genügt, um mehr über die Angebotslage zu erfahren.

Eine kleine Auswahl von Unternehmen, welche die Leistungen eines Gesellschafts-Sekretärs anbieten:

• Elemental CoSec, London, Großbritannien

• CT Corporation, New York, USA

• The Corporation Service Company, Delaware, USA

• National Registered Agents, Inc., USA

• InCorp Services, Inc., Nevada, USA

• My LLC, California, USA

• Northwest Registered Agent LLC, Washington, USA

• Swift Formations, Großbritannien

• DeMontford Bell, Großbritannien

• CG Incorporations, Großbritannien

• TCS Group International, Großbritannien

• MILS Corporation Ltd., Großbritannien

• HGN Limited, Großbritannien

• A & P Intertrust Corporation, Kanada

f) Gesellschafter und wirtschaftlich Berechtigte: Unsere Treuhandgesellschaft verwaltet oft treuhänderisch Gesellschaftsanteile; dies hat Ähnlichkeiten mit dem soeben Beschriebenen. Ihr Vorwurf, wir würden Gesellschaftern Strukturen anbieten, die dafür geschaffen seien, die Identität der wahren Eigentümer zu verschleiern, ist indessen vollkommen haltlos und falsch. Diese Art von Dienstleistung basiert stets auf rechtlich anerkannten Konstruktionen, die zu diesem Zweck von allen Anbietern in der Branche angewendet werden. Obwohl wir durchaus in dem soeben erläuterten rechtlichen Rahmen die Aufgaben eines Gesellschafters für andere übernehmen, schlüpfen wir nicht in die Rolle des wirtschaftlich Berechtigten, um Banken zu täuschen. Banken überprüfen ihre Geschäftspartner derzeit genauso sorgfältig, wie wir es tun. Es ist schwierig, um nicht zu sagen unmöglich, die Identität eines letztlich wirtschaftlich Berechtigten und die Herkunft von Geldmitteln vor einer Bank zu verheimlichen.

g) Bußgelder: In Ihrem Fragebogen wird erwähnt, dass wir von den Behörden der Britischen Jungferninseln wegen der Verletzung von Vorschriften gegen die Geldwäsche mit einem Bußgeld belegt worden seien. Gestatten Sie den Hinweis, dass es sich dabei um Verwaltungs-Bußgelder handelt, die gegen uns als Vermittler verhängt wurden, weil unsere professionellen Mandanten nicht deren vertraglicher Pflicht nachkamen, uns als Vermittler darüber in Kenntnis zu setzen, dass deren End-Mandaten entweder strafrechtlich verurteilt oder auf eine Sanktionsliste gesetzt worden waren. Wie Sie sich erinnern, haben wir oben erläutert, dass das Geldwäsche-Gesetz der Britischen Jungferninseln von 2008 es diesen professionellen Mandanten erlaubte, die Identität von deren Auftraggebern, also den letztlich Berechtigten, für sich zu behalten. Nutzt der professionelle Mandant dies aus, um unerkannt Regeln zu brechen, so wird dafür der Vermittler bestraft. Wir sind nicht die einzigen Vermittler, die seinerzeit aus diesem Grund bestraft wurden, wie aus der Webseite der zuständigen Behörde der Britischen Jungferninseln hervorgeht. Bis Dezember 2015 kam dies sogar sehr häufig vor; solange eben das Gesetz den professionellen Mandanten einen Wissensvorsprung zugestand. Seither ist das Gesetz geändert worden. Sie werden ebenfalls verifizieren können, dass die von Ihnen erwähnten Bußgelder noch vor dieser Gesetzesänderung verhängt wurden.

h) Zurückdatierte Dokumente: Die Ausfertigung von rückwirkend datierten Dokumenten ist eine begründete und weithin akzeptierte Praxis, soweit die dokumentierte Entscheidung bereits zuvor anderweitig dokumentiert worden ist oder die betreffende Transaktion bereits stattgefunden hat und nur noch formalisiert werden soll. Die Praxis ist in unserer Branche verbreitet, und ihr Ziel ist nicht die Vertuschung von gesetzwidrigen Handlungen. Wie bereits ausgeführt, unterstützt unser Unternehmen keine gesetzwidrigen Handlungen.

i) Aktenvernichtung: Uns ist nicht bekannt, auf welche Quelle Sie Ihre Vorwürfe zu diesem Punkt stützen, und wir bestreiten sie kategorisch. Um es deutlich zu sagen: Es entspricht nicht unseren Gepflogenheiten, Unterlagen zu verstecken oder zu vernichten, welche noch für laufende Ermittlungen nützlich sein können.

Abschließend beabsichtigen wir nicht, Fragen nach persönlichen Informationen der Gründer unseres Unternehmens zu beantworten, da wir kein öffentliches Interesse hieran erkennen können. Ebenso werden wir nicht auf die von Ihnen referierten Statistiken oder Zahlen- und Datenangaben eingehen, da diese der Wirklichkeit nicht nahekommen. Bezüglich unserer Vermögensverwaltungs-Gesellschaft ist zu sagen, dass diese von Rechts wegen nicht dazu befugt ist, das Geld ihrer Mandanten zu verwenden, zu bewegen oder in irgendeiner Weise beiseitezuschaffen.

Dieses Schreiben können Sie als unsere Antwort auf Ihren Fragebogen betrachten. Wir bestätigen damit jedoch nicht die dort enthaltenen Informationen und insbesondere heißen wir nicht die Art ihrer Erlangung gut. Die Art und Weise, wie Sie Ihre „Fakten“ präsentieren, lässt darauf schließen, dass Sie unbefugten Zugang zu vertraulichen Dokumenten und Informationen unseres Unternehmens gehabt haben, die Sie sodann aus dem Kontext gerissen präsentieren und interpretieren. Wir dürfen davon ausgehen, dass Sie wissen, dass die Verwendung von rechtswidrig erlangten Informationen/Dokumenten eine Straftat darstellt, und werden nicht zögern, deswegen straf- und zivilrechtlich vorzugehen.“

Übersetzung: Ronen Steinke

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Süddeutsche Zeitung online, Logo

6.4.2016: Anwaltskanzlei Fonsecca: Briefkastenfirmen z.B. für Rebellenfinanzierung - und ein Geheimagent "Werner Mauss" alias Claus Moellner

Spuren in Panama Papers führen zu legendärem Geheimagenten Werner Mauss

Das Phantom
http://panamapapers.sueddeutsche.de/articles/56efffbd2f17ab0f205e639b/

[ohne Datum]

<Von Gianna Niewel, Frederik Obermaier und Bastian Obermayer

Die Villa des Agenten gleicht einer Festung: zur Straße hin schmale Fenster, die Fassade aus grauem Natursandstein, davor Pflanzen. Das weitläufige Gelände im rheinland-pfälzischen Altstrimmig ist abgeriegelt mit dunkelgrünem Maschendrahtzaun, drei Reihen Stacheldraht, meterhohen Tannen. Wer diese Botschaft nicht versteht, dem helfen grellgelbe Schilder: „Achtung, bissige Hunde. Sicherheit durch Alarmanlage“. Ein Wanderweg führt am Grundstück entlang, auch hier Zäune, sogar gemauerte Wehrtürme. In der Ferne erkennt man die türkis-grünen Dächer der Reithallen. Irgendwo muss auch ein Tennisplatz sein.

Die Nachbarn des Agenten dachten jahrelang, hier wohne ein Richard Nelson, Vertreter einer amerikanischen Stahlfirma, samt Frau. So hatte sich Werner Mauss Ende der 1960er-Jahre vorgestellt, unter diesem Namen hatte er das Anwesen auch erworben.

Im Grundbuch stand zumindest bis Anfang März eine Offshore-Firma namens Nolilane als Eigentümerin.

Das Anwesen von Werner Mauss,
                Eigentümerin ist eine Briefkastenfirma namens Nolilane -
                Grundbuchauszug

Sie ist eine von mindestens zwölf Briefkasten-Firmen, die Werner Mauss ausweislich der Panama Papers bei dem Dienstleister Mossack Fonseca (Mossfon) führte und zum Teil immer noch führt.

Mossfon steht seit Sonntag im Zentrum der weltweiten Panama-Papers-Veröffentlichung, nachdem der Süddeutschen Zeitung rund 2,6 Terabyte an internen Daten zugespielt worden waren. Allerdings taucht der Name Werner Mauss in all den Daten kein einziges Mal auf. Die Firmen und Bankkonten laufen allesamt auf den Namen Claus Möllner. Dieser Claus Möllner hat einen gültigen deutschen Pass, ausgestellt am 16. Mai 2014 in Rheinland-Pfalz, und er hat eine Frau namens Michaela Möllner, mit ebenfalls noch gültigem deutschen Pass.

Pass: Möllner ist Mauss
Pass: Möllner ist Mauss

Aber diesen Claus Möllner gibt es nicht. Möllner ist Mauss.

Und Werner Mauss ist ein Phantom.

Er ist eine der mysteriösesten Figuren in der Geschichte der Bundesrepublik. Er war als Privatagent im Einsatz für Staaten, Konzerne und Einzelpersonen, er war in Skandale und Affären verwickelt, er hat mit der kolumbianischen Guerilla und der libanesischen Hisbollah über Geiselfreilassungen verhandelt und den RAF-Terroristen Rolf Pohle in Griechenland aufgespürt. Er hat verschwundene Giftfässer gefunden, den gestohlenen Kölner Domschatz gehoben und die entführte Leiche des Milliardärs Friedrich Karl Flick wiederbeschafft. Er arbeitete für den Bundesnachrichtendienst, den Verfassungsschutz und das Bundeskriminalamt. Dort nannten sie ihn „die Institution M.“.

Um Mauss ranken sich viele Gerüchte. Er sei „ein Dunkelmann im wahrsten Sinne“, schrieb der ehemalige Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust. Mauss soll Polizisten bestochen haben, um an Behördenwissen zu kommen, er soll Lösegeld in die Höhe getrieben haben, um selbst zu profitieren, er soll Steuern hinterzogen haben – alles Vorwürfe, die Mauss explizit bestreitet. Nach SZ-Informationen läuft jedoch seit Längerem ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Bochum gegen ihn. Es geht um den Verdacht der Steuerhinterziehung in Millionenhöhe.

Und jetzt stößt man in den Panama Papers auf ein heimliches Offshore-Reich, dessen Anonymität Mauss alias Möllner sorgfältig bewahrt: In der ohnehin diskreten Welt der Steueroasen hat Mauss durch seinen Tarnnamen eine zweite Schicht über seine Briefkästen gezogen. Selbst wer herausfindet, wem die zwölf Firmen gehören, landet nur bei einem Claus Moellner:

Briefkastenfirma von Phantom
                Claus Moellner
Briefkastenfirma von Phantom Claus Moellner

Die Kontakte zu Mossack Fonseca laufen fast ausschliesslich per Fax:

Fax von Claus Moellner alias
                Mauss
Fax von Claus Moellner alias Mauss

über einen deutschen Mittelsmann in Luxemburg, Volker B., einen früheren Spitzenmanager der ehemaligen Dresdner Bank.

Seine Ansprechpartner bei Mossack Fonseca notieren in einem Dokument, das in den Panama Papers liegt:

Memo Mossack Fonseca
Bitte diesen Fall wegen der Prominenz des finalen Eigentümers mit höchster Vertraulichkeit behandeln.

Ein deutscher Mitarbeiter von Mossack Fonseca darf den prominenten Kunden dann aber doch persönlich kennenlernen: Kurz vor Weihnachten 2005 gibt es ein Treffen mit B., Mauss und dessen zweiter Ehefrau in Luxemburg. Das Treffen sei gut gelaufen, hält der Mossfon-Mitarbeiter später in einer Notiz fest, er sei gut zurechtgekommen mit dem „sehr vielversprechenden“ Kunden, der „sehr spezielle Behandlung“ verdiene. Allerdings nennt der Mossfon-Mann seinen Kunden in der Notiz verräterischerweise „Werner Möllner“.

Werner, nicht Claus. Werner wie Werner Mauss.

Mit Tarnnamen kann man schon mal durcheinanderkommen – vor allem, wenn es so viele sind. Für Werner Mauss findet sich in den Panama-Papers auch noch der Alias „Richard Nelson“; und „Alexander Nelson“ als mutmaßlicher Deckname des Sohns. Insgesamt sind in den vergangenen 50 Jahren Dutzende Tarnnamen öffentlich geworden: Mauss nannte sich „Horst Faber“ und „Dr. Lampe“, schlicht „Jacques“ oder etwas exquisit „Marlowe“, wie er auf Anfrage selbst bestätigt. Als „Otto John“ verfolgte er Autodiebe, als „Herbert Rick“ machte er seinen Flugschein und heiratete seine zweite Frau Letizia.

Vom Pferdewirt zum Terroristenjäger

Die Agentenkarriere des Werner Mauss verlief eher untypisch. Der Sohn eines Kaufmanns hatte sich als Pferdewirt, Reitlehrer und Staubsaugervertreter versucht, bevor er 1961 eine Detektei gründete. Er spionierte untreue Ehemänner aus, arbeitete für Versicherungen und machte sich so einen Namen, oder besser: viele Namen. Bald suchten die Geheimdienste seine Hilfe. Mauss übernahm, wo für staatliche Stellen Schluss war. So wurde er in den 60er- Jahren zu einem Privatagenten, wie man ihn fürs Kino nicht klischeehafter hätte erfinden können: Versehen mit falschen Identitäten reiste er im Privatflugzeug um die Welt, um Verbrecher und Terroristen zu jagen. Nach eigener Zählung war Mauss an der Festnahme von mehr als 2000 Gesetzesbrecher beteiligt; so behauptet er es auf seiner Homepage.

Und wenn er heimkam in sein Dorf, erwarteten ihn seine Pferde, sein Jaguar E-Type und ein Zoo im Garten – für die Frankfurter Rundschau ein „bemerkenswert aufwendiger Lebensstil“ aus „ungeklärten Quellen“.

Die Panama-Papers zeigen nun: Mauss hatte offenbar Zugriff auf insgesamt zwölf Briefkastenfirmen, die zwischen 1980 und 2014 in Panama und auf den Niederländischen Antillen gegründet wurden. Die Existenz von zweien hat er gegenüber dem Focus zugegeben, gemeint waren wohl die Transacta Valores und die Nolilane, welcher zumindest Anfang März noch immer Mauss’ Villa gehörte. Außerdem lassen sich Mauss alias Möllner noch weitere Firmen aus den Panama Papers zuordnen: Boreal Management, Capriccio Management, Bradler International, Corporación de Inversiones Cascabel, Goldborn Overseas, Goodwin Holdings Corp, Nerball Enterprises, Zabo S.A., Baird Ressources und Anysberg International:

Briefkstenfirma Anysberg
                International
Briefkstenfirma Anysberg International

Vier davon waren Ende 2015 noch aktiv.

Das Konstrukt ist verschachtelt, alle Firmen werden oder wurden von unterschiedlichen Direktoren geleitet, viele über Jahre von anonymen Inhaberaktien gehalten; andere Anteile gehörten einer Liechtensteiner Stiftung namens Micuwe, die von dort ansässigen Treuhändern verwaltet wird.

Eine derartige Menge von Briefkastenfirmen ist nicht billig, allein für das Jahr 2011 wurden Mauss alias Möllner laut den Panama-Dokumenten 23 725 Dollar für den Unterhalt in Rechnung gestellt.

Aber wofür das Ganze? In den Panama-Papers findet man Hinweise darauf, dass einige Firmen Bankkonten halten oder hielten, etwa bei der UBS in Hamburg und auf den Bahamas, bei der Dresdner Bank Lateinamerika und der panamaischen Multibank. Auf einem der Konten befanden sich offenbar brasilianische Staatsanleihen im Wert von etwa einer Million Dollar, deren Zinsen nach Hamburg flossen. In weitere Firmen hat Mauss Luxus-Immobilien in Panama-Stadt, Wohnungen in der Mailänder Straße in Frankfurt sowie ein Investmentportfolio gepackt. Möglicherweise meinte Werner Mauss die Schätze seines geheimen Offshore-Imperiums, als er 2001 dem Stern sagte: „Ich habe eine gute Altersversorgung.“

Es bleiben aber drei Firmen, deren Zweck aus den Mossack-Fonseca-Daten überhaupt nicht ersichtlich wird. Zudem wird auch nicht klar, aus welchen Quellen die zahlreichen Konten gefüllt wurden.

Millionen für Rebellen überweist man nicht vom Girokonto

Wofür braucht Mauss seit 35 Jahren anonyme Firmen? Eine naheliegende Vermutung wäre, dass Mauss diese anonymen Firmen und Konten genutzt hat, um die Provisionen für seine geheimen Geschäfte unauffällig kassieren zu können. Oder vielleicht auch, um Lösegelder zu bewegen. Mauss hat an der Befreiung etlicher Geiseln mitgewirkt. Nun kann man etwa an kolumbianische Rebellen aber nicht von jeder Sparkasse aus siebenstellige Summen überweisen. Eine Panama-Firma mit Konto auf den Bahamas wäre dafür gerade in den 80er- und 90er-Jahren, als die Banken noch erheblich laxere Regeln hatten, wohl ideal gewesen.

Dazu würde passen, dass der Ex-Manager der Dresdner Bank, Volker B. –Mauss’ Luxemburger Mittelsmann – in vertraulicher Runde erzählt haben soll, er sei hier und da in geheimer Mission mit Geiselfreikäufen befasst. B. bestreitet dies. Mauss sei nicht sein Kunde, er, B., stehe diesem nur „aus freundschaftlicher Verbundenheit“ in banktechnischen Fragen mit Rat zur Seite.

Mindestens ein Teil des Offshore-Geflechts dient offenbar ohnehin profanen Zwecken. Ein Mossfon-Mitarbeiter hielt in einem internen Memo fest, der Kunde wolle vor allem „Schutz seines Vermögens und Steuervorteile“. Allein die Firma Anysberg Internatinoal war den Panama Papers zufolge im Jahr 2014 mindestens eine Million Dollar Wert.

Briefkastenfirma Anysberg
                International über 1 Million Dollar Wert
Briefkastenfirma Anysberg International über 1 Million Dollar Wert

Geschäftsführer der Briefkastenfirma Anysberg
                International: Das Phantom Claus Moellner
Geschäftsführer der Briefkastenfirma Anysberg International: Das Phantom Claus Moellner

Besitzer der Briefkastenfirma Anysberg
                International: Das Phantom Claus Moellner
Besitzer der Briefkastenfirma Anysberg International: Das Phantom Claus Moellner

Als die beiden Offshore-Firmen Nolilane und Transacta Valores 1997 in den Fokus des Spiegel gerieten, sagte Mauss dem Magazin, die „hierauf entfallenden Steuern“ würden „selbstverständlich gezahlt“. Tatsächlich finden sich in den Panama-Papers Steuerunterlagen. Allerdings auch nur für diese beiden Firmen.

Eine interessante Frage in all dem Gewirr von Tarnidentitäten und Tarnfirmen ist auch: Wer zahlt denn eigentlich Steuern? „Jacques“ oder „Dr. Lampe“? Oder „Claus Möllner“? Der Mauss-Biograf Peter Schumacher behauptete 1997 unter Berufung auf eine Zeitung, auf den Namen Werner Mauss gebe es im zuständigen Finanzamt seit 1978 weder Steuerakte noch Steuernummer. Auf eine Anfrage der Grünen erklärte die Bundesregierung 1997, die Gelder, die Mauss vom BND bekommen habe, seien „an Hand pauschalierter Sätze versteuert“ worden. Also: Pi mal Daumen.

Im Januar 2007 tauchte Mauss im Büro des rheinischen CDU-Innenpolitikers Wolfgang Bosbach auf. Mauss behauptete, von einem Journalisten erpresst worden zu sein, er fühle sich gefährdet und er warnte Bosbach, bei einer anstehenden Steuerprüfung bestünde die Gefahr, dass hochbrisantes Material an die Öffentlichkeit gelange. Könne man da nichts machen? Bosbach rief tatsächlich den damaligen nordrhein-westfälischen Finanzminister Helmut Linssen an, der Bosbach an einen Abteilungsleiter verwies. Kurioserweise musste Linssen 2014 als CDU-Bundesschatzmeister zurücktreten, weil bekannt wurde, dass er eine Briefkastenfirma führte, und zwar wie Mauss mit Hilfe von Mossack Fonseca.

"Ich kämpfe gegen Tod und Teufel"

Als die SZ Mauss im März dieses Jahres Dutzende Fragen schickt, geschieht etwas Bemerkenswertes: Der Schattenmann, von dem es bis in die 80er-Jahre nicht einmal ein Foto gab und der Journalisten scheut wie Fledermäuse das Licht, bittet um ein Treffen. In der Kanzlei seines Stuttgarter Anwalts plaudert Mauss über vergangene Zeiten, zeigt Fotos, die ihn und seine Frau mit bewaffneten Guerilleros zeigen, erzählt, wie er Ganovenbanden unterwandert und Halunken reingelegt, den Friedensprozess in Kolumbien vorangebracht und mit der Hisbollah verhandelt habe. „Ich kämpfe gegen Tod und Teufel“, sagt er. Was das konkret heißt, wolle er aber nicht sagen. Aus Sicherheitsgründen.

Dann übergibt er ein 44-seitiges Konvolut. Es sind seine Antworten, beziehungsweise die seines Anwalts auf die Fragen der SZ. Mauss habe niemals Polizisten bestochen, heißt es darin, keine Steuern hinterzogen und seine Firmen gegenüber den Finanzbehörden offengelegt. Zu den Tarnnamen ist in dem Dokument zu lesen, Mauss habe im Rahmen seiner Undercover-Einsätze „von den dazu befugten Behörden eine Vielzahl von Tarnausweisen zur Abwehr von Gefahren und für die Unterwanderung krimineller Vereinigungen erhalten“.

Mündliche Nachfrage: Auch den Reisepass auf den Namen „Claus Möllner“?

Mauss zuckt, blickt zu seinem Anwalt, verneint.

Er besitze also keinen Reisepass auf den Namen „Claus Möllner“?

Blick zum Anwalt. Kopfschütteln.

Noch einmal: Er besitze also keinen Reisepass auf den Namen „Claus Möllner“ und habe auch keinen solchen benutzt? Schließlich befinden sich in den Panama-Papers Kopien solcher Reisepässe, einer davon – zu sehen auf dem Foto unten auf dieser Seite – ist bis heute gültig. Nach ein paar Minuten Bedenkzeit gibt Mauss vage zu verstehen, die Verantwortung für diesen Pass liege nicht bei deutschen Behörden, diese hätten lediglich „maximal unterstützt“. Was aber meint er damit? Die genauen Hintergründe lässt Mauss auch auf Nachfrage im Dunkeln. Die Frage, woher Werner Mauss einen aktuellen deutschen Pass auf den Namen Claus Möllner hat, ist politisch brisant. Solche echten Pässe auf falsche Namen sind neben Menschen im Zeugenschutz den Geheimdiensten und V-Leuten vorbehalten. Aber sogar diese müssen die Papiere nach Ende ihrer Tätigkeit in der Regel abgeben. Solche Pässe in den falschen Händen können die ideale Tarnung für Straftaten sein.

Das Glück, ein anderer zu sein

Zwar ist bekannt, dass Mauss jahrelang ohne Probleme Pässe bekam, auf Namen wie Seidel, Schröder oder Möllner. Aber der wohl wichtigste Regierungskontakt von Mauss, Bernd Schmidbauer, ist schon seit 1998 nicht mehr Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt. Unter der rot-grünen Regierung war für Mauss nichts mehr zu holen. Innenminister Otto Schily soll sogar einen Spitzenbeamten abgesetzt haben, weil dieser Mauss angeblich zu nahe stand. Anfang 2016 erklärte die Regierung, Mauss habe von Bundesbehörden seit 2000 keine Tarn-Papiere mehr bekommen.

Aber woher hat Werner Mauss die Papiere dann?

Wie das rheinland-pfälzische Innenministerium bestätigt, hat eine Gemeindeverwaltung Mauss 2014 den Möllner-Pass ausgestellt, jedoch offenbar nicht auf Veranlassung des Landes – und wenn man der Regierung glaubt, eben auch nicht auf Betreiben des Bundes. Dass ausländische Geheimdienste das Ganze veranlasst haben, halten mit der Sache betraute Beamte für nahezu ausgeschlossen. Eine Mitarbeiterin der zuständigen Gemeinde erklärte auf Anfrage, Mauss alias Möllner habe den alten Pass mit dem falschen Namen seit 2000 zweimal gegen einen neuen getauscht. Sie habe darin bislang kein Problem gesehen. Schließlich werde in die offiziellen Datenbanken üblicherweise ein Sperrvermerk eingetragen, wenn jemand eine Tarnidentität nicht mehr benötige und keine neuen Papiere mehr ausgestellt werden sollen. Im Fall Möllner fehlte dieser Sperrvermerk aber, wie die Frau am Telefon erzählt. Aber warum fehlte der Vermerk? Hat da vielleicht jemand aus alter Verbundenheit Mauss geholfen? Ohne offiziellen Auftrag?

Beim Treffen in Stuttgart gehen Mauss die Fragen allmählich auf die Nerven. Er schlägt mit der Faust auf den Tisch, redet sich in Rage, wird laut, weicht aus. Zum Abschied kommt Mauss noch einmal auf seine streng geheimen Aufträge zurück: Die SZ könne ihn doch mal begleiten, irgendwann. Eine ganz große Sache sei das. Man dürfte nur jetzt nicht über ihn, die Tarnpapiere und die Briefkastenfirmen berichten. Sonst sei alles dahin.>

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Süddeutsche Zeitung

Regierungen und ihre Briefkastenfirmen
Spuren in die Staatsspitze
http://panamapapers.sueddeutsche.de/articles/57003a73a1bb8d3c3495affd/

Präsidenten, Premierminister und Könige: Die Panama Papers enthüllen, wie Politiker in der Offshore-Welt Geschäfte verschleiern.

Regierungen mit
                      Briefkastenfirmen, Grafik
Regierungen mit Briefkastenfirmen, Grafik

Mauricio Macri, Präsident Argentiniens

Verbindung zu den Panama Papers: Mauricio Macri taucht in den Daten als ehemaliger Direktor einer Firma auf.

Offshore-Hintergrund: Macri war laut einem Dokument gemeinsam mit seinem Vater Francisco und seinem Bruder Mariano Direktor der Firma Fleg Trading Ltd. auf den Bahamas. Diese wurde 1998 von Mossack Fonseca gegründet und 2009 wieder aufgelöst. In seinen Vermögenserklärungen 2007 und 2008 hat Macri sie nicht angegeben. Zu der Zeit war er Bürgermeister von Buenos Aires. Ein Sprecher Macris schrieb auf Anfrage des ICIJ und der SZ, dass Macri die Firma nicht gelistet habe, weil er nicht mit Kapital daran beteiligt gewesen sei, sondern nur gelegentlich als Direktor.

Hosni Mubarak, ehemaliger Präsident Ägyptens

Verbindung zu den Panama Papers: Sein Sohn Alaa Mubarak taucht in den Daten als Besitzer einer Firma auf.

Offshore-Hintergrund: Alaa Mubarak war laut den Daten bis 2015 Besitzer der Offshore-Firma Pan World Investments Inc., die im Dezember 1993 auf den Britischen Jungferninseln gegründet worden war. Den Panama Papers zufolge hat Alaa Mubarak sie für sein Vermögen „aus seinen Businessaktivitäten im Finanzsektor“ genutzt. 2012 stufte die Kanzlei Mossack Fonseca Alaa Mubarak noch als „geringes Risiko“ ein, obwohl er und sein Vater Hosni Mubarak zu diesem Zeitpunkt schon etwa ein Jahr lang auf einer EU-Sanktionsliste standen. Die Bank Credit Suisse Genf fror laut den Dokumenten als Konsequenz der Sanktionen das Vermögen ein. 2014 schrieb eine Mitarbeiterin der Kanzlei Mossack Fonseca: „Wir haben sehr wenig Kontrolle“ über die Verwendung der Firma, „wenn wir überhaupt eine haben.“ Erst im April 2015 beendete Mossack Fonseca das Geschäft mit Pan World.

Sigmundur Davíð Gunnlaugsson, Premierminister Islands

Verbindung zu den Panama Papers: Sigmundur Davíð Gunnlaugsson taucht als Ex-Anteilseigner einer Firma in den Daten auf.

Offshore-Hintergrund: Abgeordnete müssen nach Auskunft des isländischen Parlaments Firmen melden, bei denen sie mehr als 25 Prozent halten. Sigmundur Davíð Gunnlaugsson aber verschwieg offenbar seine Briefkastenfirma Wintris Inc., als er im April 2009 in das Parlament gewählt wurde. Dabei hielt er zu dem Zeitpunkt die Hälfte der Anteile der Firma. Die zweite Hälfte gehörte seiner heutigen Frau Anna Sigurlauf Pálsdóttir. Wenige Monate nach seinem Einzug ins Parlament verkaufte er ihr seine Hälfte - für den symbolischen Betrag von einem US-Dollar. Konfrontiert mit den Rechercheergebnissen der SZ sagte Gunnlaugsson, die Firma sei den Steuerbehörden bekannt gewesen, die Recherchen „kompletter Unsinn“. „Der Premierminister und seine Frau haben sich an das isländische Recht gehalten“, schrieb einer seiner Sprecher auf Anfrage. Gunnlaugson erklärte auf Anfrage, die Anteilsscheine seien zwar auf ihn und seine spätere Frau ausgestellt worden, weil sie schon damals ein gemeinsames Konto gehabt hätten. Es sei aber klar gewesen, dass die Firma seiner Frau gehöre.

Iyad Allawi, ehemaliger Premierminister des Irak

Verbindung zu den Panama Papers: Allawi taucht als Anteilseigner und einziger Direktor von Firmen in den Daten auf. 

Der Offshore-Hintergrund: Den Panama Papers zufolge hielt Ayad Allawi 2013 eine Immobilie in London über die Firma Moonlight Estates Limited offshore. Die Firma wurde 2009 auf den Britischen Jungferninseln gegründet. Allawi taucht außerdem im Jahr 2000 als Anteilseigner einer weiteren Firma auf, die bis zur Auflösung 2013 eine Immobilie in Kingston upon Thames hielt. Deren geschätzter Wert lag bei einer Million Pfund. Ein Sprecher Allawis teilte auf Anfrage mit, dass der Besitz, den Allawi über Offshore-Firmen in Großbritannien gehalten habe, nach britischem Recht versteuert werde und man alle Steuern gezahlt habe.

Wladimir Putin, Präsident Russlands

Verbindung zu den Panama Papers: Wladimir Putins enger Freund Sergej Roldugin ist in den Daten.

Offshore-Hintergrund: Der Cellist Sergej Roldugin hat laut den Panama Papers mithilfe mutmaßlicher Komplizen in wenigen Jahren rund zwei Milliarden US-Dollar durch ein komplexes Firmengeflecht geschleust. Er ist seit fast 40 Jahren ein sehr guter Freund des Präsidenten Wladimir Putin, Taufpate seiner ersten Tochter Maria und hat vor 16 Jahren einmal in einem Interview gesagt, Putin sei für ihn wie ein Bruder gewesen. Die Firmen, die laut Panama Papers für Sergej Roldguin eingerichtet wurden, häuften offenbar über rückdatierte Aktiendeals, verdächtige Honorare in Millionenhöhe und mutmaßlich nie zurückgezahlte Kredite viel Geld an. Das floss offenbar nicht nur an Wladimir Putins engsten Zirkel, es profitierte wohl auch Putins eigene Familie. Vieles spricht dafür, dass mit dem Geld das Ski-Resort Igora gekauft worden ist, in dem im Februar 2013 die pompöse Hochzeit von Putins zweiter Tochter Katerina stattgefunden haben soll.

Salman bin Abd al-Asis, König Saudi-Arabiens

Verbindung zu den Panama Papers: König Salman steht als Anteilseigner in den Daten.

Offshore-Hintergrund: König Salman Abd-al-Asis taucht in einem Dokument aus dem Jahr 2008 als Anteilseigner der luxemburgischen Firma Shaf Corporation auf. Seine inzwischen verstorbene erste Frau, fünf Söhne und eine Tochter waren laut den Daten weitere Teilhaber. Der luxemburgischen Firma, deren formaler Zweck „Familienvermögensmanagement“ war, gehörten Anteile an vier weiteren Briefkastenfirmen. Ein Dokument aus dem Jahr 2005 nennt Salman Abd-al-Asis außerdem als „hauptsächlichen Nutzer“ der Yacht M/Y Erga. Sie fährt unter britischer Flagge und gehört der Firma Crassus Limited, die im April 2004 auf den britischen Jungferninseln gegründet wurde.

Mian Mohammed Nawaz Sharif, Premierminister Pakistans

Verbindung zu den Panama Papers: Die Tochter des früheren und jetzigen Premierministers Mian Mohammed Nawaz Sharif ist in den Daten.

Offshore-Hintergrund: Sharifs Tochter Mariam Safdar war laut den Panama Papers die Besitzerin der Firma Nielsen Enterprises Limited und Nescoll Limited auf den Britischen Jungferninseln. Eine der beiden Firmen wurde 1993 gegründet, in dem Jahr, in dem die erste Amtszeit von Nawaz Sharif als Premierminister endete, die andere ein Jahr danach. Die Firmen besaßen jeweils ein Grundstück in Großbritannien, „belegt von dem Besitzer und seiner Familie“, so steht es in einer internen Mail von Mossack Fonseca. Beide Grundstücke befinden sich in London in der Park Lane, in der Nähe des Hyde Parks.

Petro Poroschenko, Präsident der Ukraine

Verbindung zu den Panama Papers: Petro Poroschenko steht in den Daten als zeitweiliger alleiniger Anteilseigner einer Firma.

Offshore-Hintergrund: Im Wahlkampf versprach Petro Poroschenko, sich „ausschließlich um das Wohl des Landes“ zu kümmern und die meisten seiner Firmen zu verkaufen. Etwa drei Monate nach seinem Wahlsieg aber wurde ausweislich der Panama Papers eine Briefkastenfirma auf den Britischen Jungferninseln gegründet – mit Poroschenko als alleinigem Anteilseigner. Eine zyprische Anwaltskanzlei, die als Vermittler Poroschenkos auftrat, schrieb in einer internen Mail an Mossack Fonseca, der Präsident sei zwar ein Politiker, aber die Firma habe „nichts mit politischen Aktivitäten zu tun“. Auf SZ-Anfrage erklärte die Pressestelle Poroschenkos, dessen neu gegründete Briefkastenfirma sei „Teil des Prozesses“, um Poroschenkos Vermögen in einen Trust zu überführen. Der Präsident habe längst „alle Informationen bezüglich seines Vermögens, seiner Ausgaben und seines Einkommens“ offengelegt. Tatsächlich taucht der Name der Firma Prime Assets Partners Limited jedoch nicht in der entsprechenden Vermögenserklärung für das Jahr 2015 auf.

Ali Abu al-Ragheb, ehemaliger Premierminister Jordaniens

Verbindung zu den Panama Papers: Ali Abu al-Ragheb war laut den Daten Direktor von mehreren Firmen. 

Offshore-Hintergrund: Im Juli 2003, nur wenige Monate bevor er als Premierminister zurücktrat, wurden Ali Abu al-Ragheb und seine Frau Yursa Direktoren der Firma Jaar Investment Ltd. auf den Britischen Jungferninseln. In einem nicht unterzeichneten Dokument steht, die Firma wolle ein Bankkonto bei der Arab Bank in Genf einrichten. 2008 wurde die Firma deaktiviert. Ali Abu al-Ragheb war zeitweise auch Direktor dreier Firmen auf den Seychellen. 

Khalifa bin Zayid bin Sultan al-Nahyan, Präsident der Vereinigten Arabischen Emirate

Verbindung zu den Panama Papers: Der Präsident der Vereinigten Arabischen Emirate, Scheich Khalifa, war laut den Daten der Besitzer von mehreren Briefkastenfirmen. 

Offshore-Hintergrund: Scheich Khalifa besaß zumindest zeitweise über mehrere Briefkastenfirmen Immobilien offshore, die in teuren Wohngegenden Londons liegen. Zum Beispiel, so steht es in einem Dokument aus dem Jahr 2007, hielt seine Firma Devonshire House ein Hotel in der Victoria Road im Stadtteil Kensington in London.

Ahmad Ali al-Mirghani, ehemaliger Präsident des Sudan

Verbindung zu den Panama Papers: Ahmad Ali al-Mirghani war laut den Daten Direktor und Anteilseigner einer Firma.

Offshore-Hintergrund: In den Panama Papers wird Ahmad Ali al-Mirghani als Direktor und Anteilseigner der Firma Orange Star Corporation Limited genannt. Als er 2008 starb, betrug der Wert seiner Aktien etwa 2,7 Millionen US-Dollar.

Juan Carlos, ehemaliger König von Spanien

Verbindung zu den Panama Papers: Juan Carlos Schwester María del Pilar de Borbón ist als ehemalige Direktorin einer Firma in den Daten genannt.

Offshore-Hintergrund: María del Pilar de Borbón wurde im August 1974 Direktorin der panamaischen Firma Delantera Financiera S.A. Aus den Daten geht hervor, dass ihr Mann Luis Alfonso Gómez-Acebo zeitgleich mit ihr Direktor und Schatzmeister der Firma wurde. Zudem war ihr Sohn Alejandro Gómez-Acebo de Borbón von 2006 bis zur Auflösung der Firma im Jahr 2014 Direktor der Delantera Financiera.

Lansana Conté, ehemaliger Präsident Guineas

Verbindung zu den Panama Papers: Mamadie Touré, die Ehefrau des 2008 verstorbenen Präsidenten Lansana Conté, war laut den Daten die Bevollmächtigte einer Firma.

Offshore-Hintergrund: Im November 2006 erhielt Mamadie Touré laut den Panama Papers die Vollmacht über eine Firma namens Matinda, gegründet auf den Britischen Jungferninseln. Über diese soll Mamadie Touré Bestechungsgelder erhalten haben, um sich im Gegenzug dafür einzusetzen, dass ein Bergbaukonzern 2008 die wertvollen Schürfrechte der Simandou-Berge im Süden Guineas erhalten hat. Mamadie Touré hat aber bereits vor den ermittelnden US-Behörden eingestanden, mehrere Millionen Dollar Bestechungsgelder erhalten zu haben, um ihren Mann zu beeinflussen.

Hamad bin Khalifa bin Hamad al-Thani, ehemaliger Emir Katars

Verbindung zu den Panama Papers: Hamad bin Khalifa bin Hamad al-Thani war laut den Daten Anteilseigner von mehreren Firmen. Offshore-Hintergrund:

Aus den Panama Papers geht hervor, dass Hamad bin Khalifa bin Hamad al-Thani offenbar im September 2013 der mehrheitliche Anteilseigner der Offshore-Firmen Rienne S.A. und der Yalis S.A. war. Jeweils ein Viertel der Anteile der Firma Yalis gehörte Scheich Hamad bin Jassim al-Thani, dem ehemaligen Premierminister Katars.

Bidsina Iwanischwili, ehemaliger Premierminister Georgiens

Verbindung zu den Panama Papers: Bidsina Iwanischwili war den Daten nach der Besitzer einer Firma.

Offshore-Hintergrund: Der Ex-Premierminister, der laut Forbes ein geschätztes Vermögen von 4,8 Milliarden US-Dollar besitzt, war den Panama Papers zufolge der Besitzer der Firma Lynden Management Ltd. Die Firma wurde 2006 auf den Britischen Jungferninseln gegründet. In einer Mail vom März 2015 wird Iwanischwili immer noch als Besitzer der Firma genannt. Premierminister Georgiens war er 2012 und 2013.>


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6.4.2016: Panama Papers - mein Haus, meine Yacht, mein Briefkasten

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/panama-papers-panama-papers-mein-haus-meine-yacht-mein-briefkasten-1.2935677

Auch Superreiche sind nur Menschen: Mehr als das Finanzamt fürchten sie nur die Ehefrau - im Scheidungsfall.

Von Nicolas Richter

Hawaii, der Inselbundesstaat im Pazifik, ist für alle Lebenslagen gerüstet. Möchte ein Liebespaar seine Hochzeit im Sonnenuntergang feiern, so kann es Pauschalangebote an diversen Stränden buchen, einschließlich örtlicher Musiker, die in bunten Hemden auf der Ukulele spielen. Möchte sich ein Ehepartner wiederum scheiden lassen und sucht er jemanden, der Zivilklagen zustellt, so finden sich ebenfalls engagierte lokale Dienstleister.

Einer von ihnen ist Christopher Williams, ein freiberuflicher Gerichtsvollzieher, der meist Räumungsklagen überreicht, zuweilen aber auch Scheidungsfälle übernimmt. Als Überbringer schlechter Nachrichten ist er doppelt gerüstet: Er beherrscht Kampfsportarten, hält sich aber gleichzeitig für sehr einfühlsam. Ende 2010 legt er sich so ins Zeug, als wäre er Privatdetektiv: Er lauert am Flughafen von Lihue, nordwestlich von Honolulu auf Kauai, und lässt dabei eine versteckte Kamera laufen.

Diesmal wartet er nicht auf einen säumigen Mieter, sondern auf einen russischen Oligarchen, den das Magazin Forbes für einen der reichsten Menschen überhaupt hält. Er heißt Dmitrij Rybolowlew und ist Mitte vierzig; nach dem Ende der Sowjetunion hat er mit dem Verkauf von Düngemittel sagenhaften Reichtum angehäuft. Man nennt ihn den "Kali-König". Allein seine Kunstsammlung soll Hunderte Millionen Dollar wert sein.

Aber natürlich sind auch Oligarchen nur Menschen. Rybolowlew soll untreu gewesen sein, Ehefrau Jelena verlangt die Scheidung, nun streiten sie sich unter anderem um ein Anwesen mit Palmenhain an der hawaiianischen Küste, welches der Ehemann von dem Schauspieler Will Smith gekauft haben soll. Deswegen hat Jelena Rybolowlewa nun den Gerichtsvollzieher engagiert: Er soll ihrem Mann eine Zivilklage in die Hand drücken; so möchte sie ihre Ansprüche auf das Haus anmelden.

Der Gerichtsdiener Williams behauptet, er habe die Klage damals tatsächlich an den Mann gebracht - wenn auch nur unter schwerem körperlichen Einsatz. Sein Film zeigt Geländewagen, die durch ein Tor fahren, mutmaßlich die des Oligarchen. Da springt Williams auf, jagt ihnen nach, gelangt an das offene Fenster eines fahrenden Wagens, keucht, ruft "Dmitrij!" (Den Nachnamen sagt er nicht, weil er ihn nicht aussprechen kann.) Auf dem Film lässt sich der Adressat zwar nicht erkennen, trotzdem ruft Williams "served" - "hiermit zugestellt".

So skurril der vermeintliche Beweisfilm auch ist: Er veranschaulicht, mit welchem Aufwand die reichsten Ehepaare der Erde operieren, wenn sie am Ende ihrer Beziehung um weltweit verstreutes Vermögen kämpfen. Der Rosenkrieg der Rybolowlews hat jahrelang vor der gesamten Weltöffentlichkeit stattgefunden. Es ist bekannt, dass die Ehefrau ihren Mann verdächtigte, das gemeinsame Vermögen zu verstecken. Dmitrij Rybolowlew hat diesen Vorwurf stets zurückgewiesen, und im vergangenen Herbst einigten sich beide Seiten schließlich auf einen Vergleich.

Dennoch ist die Geschichte der Rybolowlews noch immer ein Schulfall dafür, wie die reichsten Menschen ihr Geld und ihre Güter auf Steuerparadiese verteilen. Und was das bedeutet, wenn die Ehe kaputt ist und es gilt, das Vermögen nicht nur aufzuteilen, sondern überhaupt wiederzufinden. Interne Dokumente der panamaischen Kanzlei Mossack Fonseca verraten, mit welcher Dringlichkeit die Anwälte Jelena Rybolowlewas im Scheidungsverfahren versuchten, Gemälde, Möbel und eine Yacht sicherzustellen, von denen sie glaubten, der Ehemann habe sie böswillig verschwinden lassen.

Das Material, das der Süddeutschen Zeitung zugespielt und von Journalisten weltweit ausgewertet worden ist, zeigt ferner, dass die Kanzlei ihre Verschleierungsdienste wohl auch bewusst im Zusammenhang mit Ehescheidungen geleistet hat. Vermögende Kunden (meist Männer) baten die Offshore-Experten bei Mossack Fonseca, Geld vor jemandem zu verstecken, den sie wohl noch mehr fürchteten als das Finanzamt: die eigene Ehefrau. Die Berater, denen nichts Menschliches fremd zu sein scheint, zeigten sich hilfsbereit.

Teil 2:

Ehevertrag oder Offshore-Firma? Scheidung will gelernt sein

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/panama-papers-panama-papers-mein-haus-meine-yacht-mein-briefkasten-1.2935677-2

Scheidungen sind, wenn man das Emotionale ausblendet, letztlich auch nur ein Kuhhandel. Wie im Film "Ein (un)möglicher Härtefall" mit George Clooney sitzen sich am Ende die Anwälte beider Seiten gegenüber. Der Anwalt der Frau sagt: "Meine Mandantin ist bereit, sich mit 50 Prozent des Vermögens zufriedenzugeben." Der Anwalt des Mannes heuchelt Entrüstung: "Was? Warum nur 50? Warum nicht 100? Und wenn wir schon träumen, warum nicht 150?"

Aber die Vorausschauenden unter den Reichen lassen es gar nicht so weit kommen. Entweder schließen sie rechtzeitig einen Ehevertrag ab, der den Schaden sozusagen von vornherein begrenzt. Oder aber sie wählen den kreativen Weg und sorgen mit Hilfe von Verschleierungsprofis wie der Kanzlei Mossack Fonseca dafür, dass 100 Prozent des Vermögens erst gar nicht zur Debatte stehen, weil ein Großteil davon in Stiftungen und Briefkastenfirmen verschwunden ist.

In einem E-Mail-Wechsel Anfang 2015 zum Beispiel, gefunden in den Panama Papers, diskutieren zwei Mitarbeiter Mossack Fonsecas über die Wünsche eines Mandanten aus Thailand: Der möchte wissen, wie er ein Treuhand-Vermögen vor seiner Frau schützen könne. "Sollte die Ehefrau die Begünstigte sein und die Kinder noch minderjährig - wie lässt es sich da verhindern, dass einem die Frau bei der Scheidung das ganze Vermögen wegnimmt? Gibt es einen Königsweg?", fragt ein Mitarbeiter den anderen.

In Ecuador haben Mitarbeiter Mossack Fonsecas einem Mandanten Tarnfirmen angeboten, weil der Mann rechtzeitig vor der Scheidung "Vermögenswerte übertragen" wollte. In einem anderen Fall schrieb ein Mitarbeiter der Kanzlei in Luxemburg augenzwinkernd an einen Kollegen: "Der folgende Fall dürfte eine leichte Herausforderung für Dich sein. Aber benutze Dein Wissen nicht für Dich persönlich ;-) Also: Ein Niederländer möchte Teile seines Vermögens schützen vor den unangenehmen Folgen einer Scheidung (am Horizont!). Was empfiehlst Du? Kann man eine altmodische Stiftung benutzen, um den Zugang der Ex-Frau zu verhindern?"

Manchmal, aber selten, ist es die Frau, die Geld versteckt. So findet sich in den Unterlagen Mossack Fonsecas auch der Fall einer Frau aus Peru, die mit einem mächtigen Mann verheiratet war. Ihren Vermögensberatern verriet sie, dass sie Tarnfirmen benutzte, um ihrem Mann geerbtes Geld zu verheimlichen.

Im Fall Rybolowlew gegen Rybolowlewa wurde ein Betrug zwar nie bewiesen, aber auch hier standen das abgrundtiefe Misstrauen zwischen den Eheleuten und der Verdacht von Offshore-Schiebereien im Mittelpunkt. Die Ehepartner hatten sich als Medizinstudenten kennengelernt und 1987 in Russland geheiratet. Nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs wandelte er sich zum Geschäftsmann und handelte mit Kaliumchlorid. Mitte der 90er-Jahre zog er mit Frau und beiden Töchtern in die Schweiz. Schließlich verlangte sie am 22. Dezember 2008 vor einem Genfer Gericht die Scheidung. Nach Schweizer Recht stand ihr damit die Hälfte des gemeinsamen Vermögens zu.

Die Rybolowlews waren, so erklärten es ihre Anwälte, "fabelhaft reich". In der globalen Liste vermögender Menschen von Forbes stand der Mann an 59. Stelle; der Lebensstil der Familie war entsprechend. Unter anderem wiesen die Anwälte der Frau auf eine "sehr beeindruckende Sammlung moderner Kunst" hin, dazu gehörten Gemälde von Modigliani, Picasso, van Gogh, Monet und Rothko.

Allerdings war es zumindest für die Frau schwierig, die Vermögensverhältnisse zu entwirren und der Reichtümer habhaft zu werden. Erstens hatte Dmitrij Rybolowlew lange vor der Scheidung einen Großteil seines Vermögens an Treuhand-Konstrukte auf Zypern übertragen, um angeblich die Töchter zu versorgen; und jetzt war unklar, ob dieses gewachsene Vermögen zur Scheidungsmasse gehörte.

Vor allem aber fungierten als Eigentümer der kostbaren Gemälde, der Möbel und der Yacht nicht Herr und Frau Rybolowlew selbst, sondern drei Briefkastenfirmen auf den Britischen Jungferninseln. Die Ehefrau wusste nicht genau, ob sie auf diese Firmen Einfluss hatte, jedenfalls fürchtete sie, dass ihr Mann die Firmen allein kontrollierte und die Kostbarkeiten somit jederzeit verschwinden lassen konnte. Die Briefkastenfirmen hatte einst Mossack Fonseca eingerichtet.

Teil 3:

Wie sich Boote, Bilder und anderes Vermögen einfach auflösen können

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/panama-papers-panama-papers-mein-haus-meine-yacht-mein-briefkasten-1.2935677-3

Aus Sicht der Frau schien sofort klar zu sein, dass sie ihren Anteil am gemeinsamen Vermögen nur mit einem globalen Kraftakt würde eintreiben können. Bereits eine knappe Woche nach Beginn des Scheidungsverfahrens in Genf, am 30. Dezember 2008, erschienen drei ihrer Anwälte vor einer Richterin auf Tortola, der Hauptinsel der British Virgin Islands (BVI). Die Advokaten dankten "Eurer Ladyschaft", dass sie sich zwischen Weihnachten und Neujahr Zeit nahm und entschuldigten sich, weil sie wegen der Feiertage nur mäßig vorbereitet waren.

Nach diesen Höflichkeiten erläuterten sie ihren Verdacht, dass Dmitrij Rybolowlew die Familienschätze verschwinden lasse. Die Gemälde zum Beispiel, darunter van Goghs "Landschaft mit Olivenbaum" und "Pierrettes Hochzeit" von Picasso - seien immer in Genf gelagert worden, wo die Familie auch lebte. Doch nun seien mehrere dieser Bilder nach Singapur und London verschoben worden. Die Anwälte erwähnten auch kostbare Möbel sowie die gemeinsame Yacht My Anna, die 60 Millionen Dollar gekostet habe und nominell einer Briefkastenfirma namens Treehouse gehöre. Frau Rybolowlewa fürchte, so erklärten es ihre Vertreter, dass ihr Mann die Yacht aus dem Hoheitsgebiet der Jungferninseln oder der Schweiz entfernen und ihr somit entziehen würde.

Am Ende sah auch die Richterin ein "echtes Risiko", dass sich Boot, Bilder und andere Güter der russischen Klägerin "auflösen" könnten. Das Gericht ordnete an, die Vermögenswerte der Briefkastenfirmen vorübergehend einzufrieren.

Der Fall Rybolowlew aber beschäftigte nicht nur die Justiz auf den Jungferninseln, sondern auch in einem knappen halben Dutzend anderen Ländern, wie Schweiz, England, Singapur, Zypern, USA. In Amerika erregte Dmitrij Rybolowlew damals mit mehreren Immobilienkäufen Aufsehen: ein Penthouse am Central Park in Manhattan für 88 Millionen Dollar, ein Anwesen Donald Trumps in Palm Beach für 95 Millionen sowie das Haus von Will Smith in Hawaii für 20 Millionen Dollar.

"Er wirft Geld aus dem Fenster wie ein betrunkener Seemann", spottete David Newman, ein Anwalt der Frau. Auch er unterstellte, dass der Oligarch sein Geld mit allen Mitteln in Sicherheit bringen wollte. Jelena Rybolowlewa wiederum machte ihr Recht an den Immobilien geltend, deswegen verpflichtete sie etwa in Hawaii den Gerichtsvollzieher Williams mit seiner versteckten Kamera.

Dmitrij Rybolowlew ist ein medienscheuer Mann, auf Anfrage hat er für diesen Artikel nicht Stellung genommen. Es ist nie bewiesen worden, dass er mit dem Vorsatz handelte, Vermögen vor seiner Frau zu verstecken; er selbst hat das mehrmals bestritten. Aber in Fällen dieser Art liegt der Verdacht natürlich nahe. "Je größer die zeitliche Nähe mancher Geschäfte zu einer Scheidung ist, desto wahrscheinlicher, dass ein Ehepartner versucht, den anderen zu betrügen", sagt Sanford Ain, ein Anwalt in Washington.

Natürlich kann es Betrug und damit eine Straftat sein, Familienvermögen zu verstecken, um es bei der Scheidung nicht teilen zu müssen. Die Kanzlei Mossack Fonseca hat auf Anfrage erklärt, sie bedauere "jeden Missbrauch von Firmen, die wir gründen oder von Diensten, die wir anbieten. Wo immer es möglich ist, leiten wir Schritte ein, um solchen Missbrauch aufzudecken oder zu beenden." Aber die geleakten Dokumente über Fälle aus Thailand, Luxemburg und Ecuador legen nahe, dass die Mitarbeiter Bescheid wussten, dass manche Mandanten ihr Geld absichtlich vor ihren künftigen Ex abschotten wollte.

Im Fall der Rybolowlews urteilte die Genfer Justiz zunächst im Jahr 2004, dass die Frau 3,3 Milliarden Euro erhalte, womit das als teuerste Scheidung der Geschichte galt. In zweiter Instanz aber wurde das in Zypern treuhänderisch verwaltete Vermögen anders bewertet, und die Richter sprachen der Frau nur noch eine halbe Milliarde zu. Im Herbst vergangenen Jahres legten die Eheleute den Streit schließlich bei. Wie viel Geld sie von ihm bekam, ist ein Geheimnis geblieben.

Aber der Fall dürfte noch lange als Warnung dafür dienen, dass besonders Ehefrauen auch leer ausgehen können. Vor allem dann, wenn sie nicht genug Bargeld besitzen für globalen Rechtsbeistand. Der Anwalt Sanford Ain aus Washington sagt, er habe in einem Scheidungsfall eine Frau gegen den Mann vertreten - und dessen Firmengeflecht habe er nur mithilfe eines Diagramms durchschauen können. "Es sah aus, als hätte man einen Haufen Spaghetti aufs Papier geworfen." Es habe zwei bis drei Millionen Dollar gekostet, alle Vermögenswerte zu ermitteln. Solche Anwälte muss man sich erst einmal leisten können.

Die Gewinner im Fall Rybolowlew sind die Dienstleister in der Welt der Steueroasen. Allein auf den Jungferninseln: Die örtliche Filiale Mossack Fonsecas half dabei, die Eigentumsverhältnisse der russischen Familie zu verschleiern. Eine andere Kanzlei auf Tortola half der Frau später dabei, Bilder und Boot aus einer Briefkastenfirma ins wirkliche Leben zurückzuholen.

Verhüllungs- oder Enthüllungsindustrie - lukrativ ist sie in jedem Fall.

Mitarbeit: Will Fitzgibbon>

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6.4.2016: Rennfahrer Nico Rosberg und seine Briefkastenfirma, um "international zu agieren"
Nico Rosberg, der Vertrag mit Mercedes und die Offshore-Firma
http://www.sueddeutsche.de/sport/panama-papers-nico-rosberg-der-vertrag-mit-mercedes-und-die-offshore-firma-1.2936517

<Der Formel-1-Star verhandelte womöglich selbst einen Vertrag mit Mercedes, den dann eine Briefkastenfirma abschloss. Ein seltsames Geschäft.

Von Mauritius Much und Bastian Obermayer

Aus der Ferne wirkt das Verhältnis von Nico Rosberg und dem Mercedes-Formel-1-Team einfach und klar: Rosberg, der Vizeweltmeister, ist einer der beiden Fahrer des Teams, und dafür wird er von Mercedes ordentlich bezahlt. Die Rede war zuletzt von 50 Millionen Euro für drei Jahre.

Wenn man sich die Sache genauer anschaut, wird sie ziemlich verwirrend. Und man wundert sich. Denn offensichtlich wird Nico Rosberg nicht von Mercedes bezahlt, er hat offensichtlich nicht einmal einen Vertrag mit Mercedes - weil der Rennstall offensichtlich einen Vertrag mit einer Briefkastenfirma geschlossen hat, der die Rechte an Nico Rosbergs Fahrkünsten zu gehören scheinen.

Seltsam? Allerdings. Vor allem, weil keiner der Beteiligten diese Konstruktion genauer erklären will.

Am Dienstag bestätigte Rosbergs Anwalt die Existenz einer Firma auf den Britischen Jungferninseln. Deren Zweck seien "haftungsrechtliche Fragen" sowie die Möglichkeit, "international zu agieren." Mit steuerrechtlichen Fragen habe das nichts zu tun. Sämtliche Vergütungen, die er durch den Mercedes-Rennstall erhalte, seien an Rosbergs steuerlichen Wohnsitz Monaco bezahlt und dort versteuert worden. Der Daimler-Konzern erklärte, sein "Compliance Management System" sei "risikobasiert", und man habe "bezogen auf unsere Geschäftspartner und unsere Aktivitäten in dieser Konstellation bislang keine Auffälligkeiten" festgestellt.>

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Geld verstecken nach Siemens-Art bis nach Andorra hinauf
Goldener Schein

http://panamapapers.sueddeutsche.de/articles/570c9daba1bb8d3c3495ba29/

<Von Frederik Obermaier, Bastian Obermayer und Jan Strozyk

Fast eine halbe Milliarde Dollar, und das in Gold: was für eine Überweisung. Diese Summe soll laut den Panama Papers im November 2013 auf dem Konto eines ehemaligen Siemens-Managers auf den Bahamas eingegangen sein. 375 077,83 Feinunzen Gold: Das entsprach damals etwa 480 Millionen US-Dollar.

Das Konto auf den Bahamas, geführt von der französischen Bank Société Générale, gehörte einem nahezu unbekannten Deutschen. Sein Name: Hans-Joachim Kohlsdorf, 57. Er war für Siemens mehrere Jahrzehnte lang in wichtigen Funktionen vor allem in Lateinamerika tätig.

Die 480 Millionen Dollar sind eines der größten Rätsel in den Panama Papers: Wie käme, wenn der Betrag stimmt, jemand wie Kohlsdorf an so viel Geld? Was hat es mit dem angeblichen Gold-Transfer auf sich? Und was hat er möglicherweise mit der Affäre um die schwarzen Kassen bei Siemens zu tun? Mit dem größten Schmiergeldskandal also, den die deutsche Wirtschaft je erlebt hat; einem Skandal, der etliche Manager den Job kostete, auch im Vorstand und Aufsichtsrat. Die Staatsanwaltschaft war jahrelang beschäftigt. Über Jahrzehnte hinweg hatten Hunderte Siemens-Manager ein weltweites Netz aus geheimen Konten und Firmen betrieben, über das Beamte, Politiker oder Geschäftspartner bestochen und mehrere Milliarden Euro Schmiergeld gezahlt wurden.

Wer diskret schmieren will, nutzt am besten Offshore-Firmen

Auch gegen Kohlsdorf, den Mann mit dem Bahamas-Konto, wurde ermittelt, er hat in Vernehmungen bei der Münchner Staatsanwaltschaft eingeräumt, schwarze Kassen geführt zu haben - und zwar für mehrere Siemens-Landesgesellschaften in Lateinamerika. Allerdings kam er glimpflich davon. Weil man ihm nicht nachweisen konnte, dass er selber Personen bestochen hatte, und er zudem bei der Aufklärung half, stellte die Staatsanwaltschaft München das Verfahren gegen ihn im Jahr 2012 wegen Geringfügigkeit ein. Kohlsdorf musste lediglich eine Geldauflage von 40 000 Euro zahlen.

Die Strafverfolger äußerten sich damals sehr wohlwollend über ihn. Kohlsdorf habe "ausschließlich in falsch verstandenem Unternehmensinteresse" gehandelt und zudem die "vollständige Rückführung" der noch vorhandenen Schwarzgeld-Millionen ermöglicht.

Ein Persilschein, sozusagen. Aber war er berechtigt? Hat Kohlsdorf wirklich das gesamte Geld zurückgeführt?

Die Panama Papers legen den Verdacht nahe, dass dem nicht so ist, Kohlsdorf sich sehr wohl aus den Schwarzgeldkonten bedient und er nicht das gesamte Geld an Siemens zurückgezahlt haben könnte.

Die geleakten Dokumente der Kanzlei Mossack Fonseca werfen dabei in mancherlei Hinsicht ein neues Licht auf den Siemens-Skandal; sie enthalten Erkenntnisse, die damals auch die Münchner Ermittler nicht hatten. So ist etwa neu, dass Mossack Fonseca ein wichtiger Partner für Siemens war und mehrere Briefkastenfirmen betreute. Denn wer diskret schmieren will, nutzt am besten Offshore-Unternehmen.

Schwarzgeld für Staatsdiener und Geschäftspartner

Kohlsdorf war lange einer der wichtigsten Manager von Siemens in der Region. Er leitete von 1997 an die Geschäfte in der Andenregion und von 2003 bis 2009 in Mexiko. Insgesamt hatte er, wie er bei der Staatsanwaltschaft aussagte, Zugriff auf mehr als 100 Millionen Dollar Schwarzgeld, das von 2008 an wieder mehrheitlich an Siemens zurückgeführt wurde. Mit einem Teil des Schwarzgelds sind wohl Geschäftspartner und Staatsdiener belohnt worden, die Siemens Aufträge verschafft hätten.

Bei Mossfon galten Kohlsdorf und die anderen Siemens-Manager als besondere Kunden. Das seien "Leute mit sehr viel Geld", heißt es in einem internen Memo der Kanzlei. Diese seien mit "höchster Vertraulichkeit" zu behandeln. Die Kanzlei impfte ihren Mitarbeitern ein, keinerlei Dokumente an Kohlsdorf zu schicken. Alles müsse in Panama bleiben.

Die Dienstleistungen von Mossfon umfassten alles, was wichtig war, um sich und die Kunden von Siemens zu schützen. So wird der Name von Kohlsdorf in den Unterlagen fast durchweg abgekürzt: "Señor K." Sogar anonyme E-Mail-Konten mit Code-Namen wie "Azkaban" werden eingerichtet. Azkaban, so heißt das Zauberergefängnis in der Welt von Harry Potter. Manchmal aber waren die Verwalter der Tarnfirmen und ihre Kunden unvorsichtig. Ein anderer Code-Name für ein E-Mail-Konto lautet "Bruni" - so heißt Kohlsdorfs Mutter.

Ermittler und Staatsanwälte scheitern an Mossack Fonseca

Doch die Geheimhaltung funktionierte, selbst dann, als im November 2006 das Schmiergeldsystem bei Siemens aufflog und anschließend Fahnder, Anwälte und Wirtschaftsprüfer den Konzern durchleuchteten. Die Ermittler bekamen in der Regel nur den deutschen Teil der Affäre zu sehen: Wie Siemens über die Jahre hinweg mit Scheinrechnungen und fingierten Beraterverträgen viel Geld aus der offiziellen Buchhaltung ausgeschleust hat, um schwarze Kassen für Schmiergeld zu schaffen. In den Münchner Ermittlungsakten sind zahlreiche Briefkastenfirmen von Liechtenstein bis in die Karibik notiert, das schon. Manchmal schafften es die Staatsanwälte sogar, Schmiergeldempfänger in Russland oder Nigeria zu benennen.

Aber Mossack Fonseca blieb den Ermittlern verborgen. Was die Kanzlei für Siemens getan hat, wissen sie nicht. Die Münchner Staatsanwaltschaft schickte ein Rechtshilfeersuchen nach Panama. Die wesentlichen Fragen blieben aber unbeantwortet. Die Ermittler betrachteten es als sinnlos, ein weiteres Rechtshilfeersuchen nach Panama zu senden.

So blieben die Verbindungen von Siemens zu Mossfon weitere neun Jahre, bis heute, im Dunkeln - auch die Verbindungen von Kohlsdorf. Dieser packte am 10. Juni 2008 drei Stunden lang bei der Staatsanwaltschaft aus, ohne dass die Ermittler danach die Verbindung zu Mossfon gekannt hätten. Noch am selben Tag verschickte Kohlsdorfs Kontaktmann bei Mossack Fonseca, ausweislich der Unterlagen, eine interne Rundmail. Er habe heute eine "schlechte Nachricht" erhalten. Es könnte sein, dass die Siemens-Millionen zurück nach Deutschland gingen. Das bedeute, "dass wir diese Gelder und den Kunden Gillard verlieren werden".

Gillard Management war eine Briefkastenfirma mit Konten in Panama, Singapur und der Schweiz. In die Verwaltung der Firma waren, wie Mailwechsel und die geleakten Dokumente zeigen, Kohlsdorf und weitere Siemens-Leuten involviert. Das Seltsame dabei: Gillard wurde erst 2007 gegründet, also viele Monate nach Beginn der Siemens-Affäre im November 2006. Über die Konten von Gillard flossen in der Folge viele Millionen Dollar, wobei sich die Gründe dafür im Detail nicht nachvollziehen lassen. Eine Anfrage der SZ dazu beantwortete Mossack Fonseca nicht. Kohlsdorf wiederum bestreitet, eine Firma namens Gillard Management zu kennen. In internen Mails benennen Mossfon-Mitarbeiter ihn aber als Initiator der Firmengründung.

Der Goldhandel wird für Sekunden ausgesetzt

Das ist nicht das einzige Mysterium. Das größere Rätsel sind die rund 480 Millionen Dollar in Gold, die laut Panama Papers im Herbst 2013 auf dem Konto von Kohlsdorf bei der Société Générale auf den Bahamas gelandet sein sollen. So steht es in einer Kontenübersicht, in der Mossack Fonseca die Bankgeschäfte festgehalten hat, welche die Kanzlei für ihre Kunden erledigte. In der Übersicht tauchen Tausende Geldtransfers auf, mal in Dollar, mal in Euro, mal in Gold. Fein säuberlich haben die Mossfon-Mitarbeiter aufgeführt, an wen das Geld ging. Manchmal waren es nur ein paar Tausend Dollar, die den Besitzer wechselten. Manchmal flossen auch ein paar Millionen Dollar von einem Offshore-Konto auf ein anderes - oder gar ein zweistelliger Millionenbetrag. Ein Betrag von 480 Millionen Euro wäre eher ungewöhnlich.

Vergleicht man Zahlungen aus der Übersicht mit Dokumenten aus den Panama Papers und anderen Quellen, dann spricht viel dafür, dass diese Zahlungen offenbar stattgefunden haben. Das betrifft auch Zahlungen, bei denen Kohlsdorfs Name auftaucht und die über das Konto bei der Société Générale auf den Bahamas gingen; Kohlsdorf hat der SZ bestätigt, dass das Konto ihm gehörte.

Und die 480 Millionen Dollar in Gold? Flossen die auch? Und gehörten die ihm?

Kohlsdorf bestreitet, dass auf seinem Konto je derart hohe Beträge eingegangen seien. Die Société Générale richtet aus, sie könne nicht bestätigten, dass sie eine Zahlung in dieser Größenordnung in ihren Büchern registriert habe.

Ein absurder Zufall will es, dass just an jenem Tag, an dem auf Kohlsdorfs Konto das Gold gelandet sein soll, an der Londoner Börse der Goldhandel für eine Zeit angehalten wurde. Der Preis für Gold war in zehn Sekunden um zehn US-Dollar gefallen - ein Anzeichen für Marktmanipulation. Eine Marktbewegung von einer halben Milliarde kann schon Entwicklungen auslösen. Ob ein Zusammenhang besteht, ist unklar, die Londoner Börse gibt keine Details bekannt. Auch die deutsche Finanzaufsicht Bafin, die damals unter anderem Ermittlungen gegen Société Générale eingeleitet hatte, schweigt.

Ob es die 480 Millionen Dollar in Gold tatsächlich gegeben hat? Dazu lässt sich außerhalb der Panama Papers bislang nichts finden. Und falls doch? Hat Kohlsdorf sich irgendwo ein paar Hundert Millionen geliehen, um zu spekulieren? Hat er versucht, die Summe auf sein Konto zu transferieren, aber Société Générale hat das am Ende abgelehnt und deshalb "nicht registriert", wie die Bank betont? Denkbar ist vieles.

Sicher ist aber: Das Konto auf den Bahamas taucht auch an anderer Stelle in den Panama Papers auf. Man findet beispielsweise eine Überweisung von der Briefkastenfirma Gillard, jener Firma, die Kohlsdorf angeblich nicht kennt, auf sein Konto.

Überweisung Siemens
Überweisung Siemens

Nicht alles Schwarzgeld fließt zurück an Siemens

Kohlsdorf übergab der Staatsanwaltschaft sogar Unterlagen über ein Konto von Gillard bei einer Bank in Panama, in denen er als Berechtigter genannt wird. Der Name der Firma ist in den Papieren aber nicht genannt. Laut Unterlagen, die Kohlsdorf den Ermittlern überließ, hatte das Konto am 30. Juni 2008 einen Wert von 4 189 696,17 US-Dollar; an anderer Stelle sprach Kohlsdorf in der Vernehmung von sechs Millionen.

In jedem Fall handelt es sich um Geld, das Siemens gehört. Doch tatsächlich erhielt der Konzern von jenem Konto nur 4,1 Millionen US-Dollar zurück. In den Panama Papers findet sich aber ein Kontoauszug von eben jenem 30. Juni 2008 - und demnach waren auf dem Konto in der Tat zwei Millionen Dollar mehr deponiert als in den Akten der Staatsanwaltschaft vermerkt: nämlich 6 141 461,79 US-Dollar.

Diese zwei Millionen Dollar verblieben auf dem Konto, als die Rückzahlung an Siemens fortschritt - und auch danach. Kohlsdorf ließ davon ausweislich der Unterlagen von Mossack Fonseca Anleihen kaufen und tätigt andere Investments. Später deponierte er das Geld offenbar auf einem neuen Konto der Gillard Management bei einer Bank in Andorra, der Andbanc.

Bankauszug Siemens in
                  Andorra bei der Andbanc
Bankauszug Siemens in Andorra bei der Andbanc

Es wird noch kurioser: Im Oktober 2012, als das Ermittlungsverfahren gegen Kohlsdorf eingestellt war, wanderten von Andorra zwei Millionen Dollar auf ein Konto der UBS in Zürich, das laut Überweisungsbeleg einem Mitarbeiter der Bank gehörte.

Zu der Zeit arbeitete Kohlsdorf seit drei Jahren nicht mehr für Siemens.

Beinahe wäre die Überweisung nach Zürich gescheitert, denn Angestellte der Compliance-Abteilung von Mossfon googelten den Namen des Bankers und fanden anonyme Hinweise, dass er in Geldwäsche verwickelt gewesen sei; vor allem aber vermissten sie eine Kopie seines Passes. Aber der Betreuer von Kohlsdorf bei Mossfon, ein Deutscher, wischte alle Bedenken vom Tisch. Warum aber bekam der UBS-Banker das Geld? Auf Anfrage erklärt er, er könne dazu nichts sagen; nur so viel: Er habe nie privat von Siemensgeldern profitiert. Auch die UBS will sich nicht äußern. Eine Quelle aus dem Innersten der UBS, die mit allen Einzelheiten vertraut ist - dem Datum, dem Betrag und auch der Gillard Management - nennt als Inhaber des fraglichen Nummernkontos aber einen anderen Namen: nicht den Banker, sondern Hans-Joachim Kohlsdorf selbst.

Sollte dies stimmen, hätte der ehemalige Siemens-Manager also - nach der Einstellung des Verfahrens gegen ihn - das restliche Schwarzgeld auf sein Schweizer Konto geschoben. In einer Vernehmung bei der Münchner Staatsanwaltschaft ein paar Jahre zuvor hatte Kohlsdorf noch erklärt, er habe "von den Konten nie privat Gelder entnommen". Für die Staatsanwaltschaft trug das entscheidend dazu bei, das Verfahren gegen ihn einzustellen. Auf die Frage der SZ, ob ihm das Konto bei der UBS gehört, antwortete Kohlsdorf nicht.

Auch das verbliebene Geld auf dem Konto in Andorra wurde ausweislich der Panama-Papers verteilt. 80 000 Euro erhielt Mossack Fonseca als Provision. 20 000 Dollar ließ Kohlsdorf an einen ehemaligen Siemens-Kollegen in Ecuador überweisen. Blieben 50 000 Dollar.

Ein Mitarbeiter von Mossack Fonseca schrieb in einer Mail an Kohlsdorf:

Von: XXXX@mossfon.com An: hjidd.50@XXXX.com, Freitag, 09. November 2012

Fehlt doch noch unser Freund in EC und der Saldo; habe der Bank schon angekündigt, dass der Endsaldo zu Gunsten eines „Freundes“ gezahlt wird. Lassen Sie uns Ecuador erledigen und dann komme ich mit dem Endsaldo zurück, sollten knapp 50k sein, OK? Sollte dann kein Problem mehr sein.

Dieser "Freund" war Kohlsdorf selbst. Und so landeten die 50 000 US-Dollar ausweislich der Panama Papers im Frühjahr 2013 genau dort, wo ein halbes Jahr später die 480-Millionen Dollar-Transaktion eingegangen sein soll: bei der Société Générale auf den Bahamas.

Siemens erklärt zur Gründung der Gillard Management und den Geldflüssen, man wisse nichts dazu. Diese Vorgänge seien "außerhalb der Wissens- und Einflusssphäre von Siemens abgewickelt" worden.

Ein alter Kamerad braucht dringend Cash

Aber selbst das ist noch nicht das Ende der Geschichte. Ein anderer früherer Siemens-Mann bediente sich offenbar ebenfalls bei einer der von Mossfon verwalteten Firmen, der Casa Grande Development, die in den Akten der Münchner Staatsanwaltschaft als Tarnfirma für schwarze Kassen genannt wird. Seinem Mossfon-Berater schrieb er, er brauche "dringend Cash". Seine "alten Kameraden" hätten ein "Finanzloch" von mehr als einer halben Million bei ihm hinterlassen. Der Ex-Siemensianer ließ sich von der Firma von 2009 an nach und nach 630 000 Dollar überweisen. Mal wurde das Geld den Unterlagen zufolge als "Grundsteuer" deklariert, mal als Beraterhonorar. Er kassierte, obwohl er laut den Münchner Ermittlungsakten 2008 erklärt hatte, "die Ansprüche für die noch auf den Bankkonten befindlichen Gelder an die Siemens AG" abgetreten zu haben. Auf Anfragen reagierte er nicht.

Von den Schwarzgeldkonten in Südamerika hat Siemens den Panama Papers zufolge 32 Millionen Dollar zurückbekommen. Im Konzern ist man bis heute guten Glaubens, das sei alles gewesen. Im Juli 2010 stellte der damalige Siemens-Rechtsvorstand Peter Solmssen eine Bestätigung aus, dass sämtliche von Kohlsdorf verwalteten und von ihm "dargelegten Geldbeträge" zurückgeführt worden seien. Siemens glaubte wie die Justiz, es mit einen reuigen Sünder zu tun zu haben. Kohlsdorf zahlte auch fristgerecht die 40 000 Euro Geldauflage, darunter 10 000 Euro an den Bayerischen Landesverband für Gefangenfürsorge. Damit, notierte die Staatsanwaltschaft im August 2012, "ist das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung beseitigt".

Was also hat es mit all dem auf sich? Kohlsdorf erklärt es so: Sein E-Mailkonto sei Anfang 2014 gehackt worden, insofern handele es sich bei allen Dokumenten offenbar um Fälschungen. Gleichzeitig bestätigt er, dem widersprechend, einzelne Überweisungen und die Existenz des Kontos auf den Bahamas. Zu den 480 Millionen Dollar in Gold sagt Kohlsdorf, er habe noch "nie im Leben so eine absurde Situation" gesehen. Um das Rätsel aufzuklären, werde er Kontoauszüge der Société Générale einholen, sagt er Ende Februar zu.

Auf Nachfragen dazu antwortet Kohlsdorf jedoch seither nicht mehr.

Mitarbeit: Hans Leyendecker, Klaus Ott>

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