
Uni Toulouse 9.4.2020: Enzym LCC baut Plastik ab:
Das verbesserte Enzym LCC baut Plastik ab, wie es die Schutzschichten von Blättern zerstört:
Plastikmüll: Verändertes Enzym recycelt Kunststoff
https://www.golem.de/news/plastikmuell-veraendertes-enzym-recycelt-kunststoff-2004-147825.html?fbclid=IwAR3THDjAooEbFHkcitEPcpIfdsIxq28EJc0VatsirGo-2hLsmKgCM4whLcQ
<Ein Enzym, das die Schutzschicht von Blättern kleinkriegt, wird auch mit Plastikflaschen fertig.
Tüten, Flaschen, Verpackungen: Plastik ist überall, die Entsorgung ist jedoch schwierig. Bei mechanischem Recycling nimmt die Qualität des Kunststoffs ab. Chemisches Recycling ist noch nicht sehr verbreitet. Das französische Unternehmen Carbios hat möglicherweise eine Lösung für das Problem gefunden: ein Enzym, das Plastik zersetzt.Mit dem Enzym soll der Kunststoff Polyethylenterephthalat (PET) recycelt werden. Das Enzym zerlegt das PET in seine beiden Bausteine Terephthalsäure und Ethylenglykol. Das Team um Alain Marty, wissenschaftlicher Leiter von Carbios, und Isabelle André von der Universität Toulouse zeigte, dass das Enzym in der Lage ist, 200 Gramm PET in 10 Stunden zu 90 Prozent abzubauen. Aus den beiden Bestandteilen konnten die Wissenschaftler dann neues PET erzeugen. Die daraus hergestellten Plastikflaschen seien genauso stabil wie die aus konventionellem PET, schreiben die Forscher in der Fachzeitschrift Nature.
Das Enzym mit der Bezeichnung LCC (von Leaf-Branch Compost Cutinase) hatten japanische Forscher 2012 auf einem Komposthaufen entdeckt. Es bricht die wachsartige Schicht auf, die die Blätter vieler Pflanzen schützt. Allerdings arbeitete das originale Enzym nur sehr langsam und zerfiel nach wenigen Tagen bei 65 Grad Celsius. Das ist die Temperatur, bei der PET weich wird, was es dem Enzym erleichtert, in das Polymer hineinzugelangen.
Das Enzym LCC war schon vergessen
Zu Beginn ihres Projekts testeten Marty und André sehr viele Mikroorganismen, ob sie sich für ein biologisches Recycling von Kunststoffen eignen. Dabei stießen sie auch auf LCC. Das Enzym sei bereits in Vergessenheit geraten gewesen, sagte Marty der britischen Tageszeitung The Guardian. Es habe sich aber als das Beste erwiesen.
[Das verbesserte LCC: 10.000x
effizienter, bis 72ºC stabil]
Das Team experimentierte dann mit Aminosäuren,
um das Enzym zu verändern. Zum einen
erreichten die Forscher, dass das Enzym auch
bei 72 Grad stabil ist - die Temperatur, bei
der PET schmilzt - und nicht wie das Original
zerfällt. Zum anderen ist das veränderte Enzym
10.000 Mal effizienter.
Der Einsatz von LCC beim Recycling könnte einige Vorteile haben: So müssen die Plastikflaschen nicht sortiert werden: Für das mechanische Recycling muss Kunststoff nach Sorten sowie nach Farben getrennt werden. Das entfällt. Das Enzym ignoriere Farben und andere Kunststoffe, sagte John McGeehan der Fachzeitschrift Science. Er ist Leiter des Centre for Enzyme Innovation an der Universität von Portsmouth und war an dem Projekt nicht beteiligt. "Das ist ein wichtiger Schritt nach vorne."
Carbios will das Enzym als Produkt auf den Markt bringen. Dazu kooperiert das Unternehmen mit dem dänischen Biotechnologieunternehmen Novozymes, das das Enzym mit Hilfe von Pilzen in großer Menge herstellen soll. "Wir sind das erste Unternehmen, das diese Technologie auf den Markt bringt", sagte Martin Stephan, stellvertretender Chef von Carbios, dem Guardian. "Unser Ziel ist es, bis 2024, 2025, im industriellen Maßstab einsatzbereit zu sein".>
https://test.rtde.me/inland/165195-moegliche-loesung-fuer-muellproblem-enzym/
Aus unserer modernen Gesellschaft ist Plastik nicht mehr wegzudenken. Allerdings lässt es sich nur schwer recyceln und belastet zunehmend die Umwelt ‒ und das über viele Jahrzehnte hinweg, weil die Inhaltsstoffe auf natürlichem Wege kaum abgebaut werden können. Nun gibt es offenbar eine Lösung für das Problem. Gefunden wurde sie in einem Labor in Greifswald.
Kunststoffe sind vielseitig und langlebig ‒ aber gerade ihre Langlebigkeit stellt ein Problem dar: Kunststoffe auf Erdölbasis zersetzen sich nur unvollständig oder gar nicht und belasten so die Umwelt. Ganz auf Kunststoffe zu verzichten, ist in unserer von Plastik abhängigen Welt jedoch noch nicht möglich. Deshalb suchen Forscher auf der ganzen Welt nach Möglichkeiten, erdölbasierte Kunststoffe zu recyceln. Doch die Umsetzung der vielen Ansätze gestaltet sich schwierig. So sind von den 8.300 Millionen Tonnen Kunststoff, die zwischen 1950 und 2015 produziert wurden, nur 600 Millionen Tonnen recycelt worden.
Eine mögliche Lösung für das Recyclingproblem liegt in plastikfressenden Enzymen, die Polyethylenterephthalat (PET)-Kunststoffe nach einer chemischen Vorbehandlung in ihre Grundbestandteile zerlegen und es somit ermöglichen, die Materialien vollständig wiederzuverwenden. Das Verfahren wurde von Chemieingenieuren und Wissenschaftlern der Universität Greifswald in Zusammenarbeit mit dem deutschen Unternehmen Covestro und Forschern aus Leipzig und Irland entwickelt.
Die Entdeckung könnte nach Angaben der Forscher dazu beitragen, eines der größten Umweltprobleme der Welt zu lösen: die Wiederverwertung von Milliarden Tonnen an Plastikmüll, die sich auf den Mülldeponien stapeln und unsere natürlichen Böden und Gewässer verschmutzen.
Die Enzyme haben demnach das Potenzial, das Recycling in großem Maßstab zu beschleunigen, sodass große Industrien ihre Umweltauswirkungen durch die Rückgewinnung und Wiederverwendung von Kunststoffen auf molekularer Ebene verringern könnten. "Die Suche nach diesen speziellen Biokatalysatoren war sehr komplex und wir mussten etwa zwei Millionen Kandidaten durchsuchen, um die ersten drei Enzyme zu finden, die nachweislich in der Lage sind, die spezielle Bindung in Polyurethan zu brechen", wird der Doktorand Yannick Branson in einer Pressemitteilung der Universität Greifswald zitiert.
Polyurethane (PUR) sind Kunststoffe oder Kunstharze, die bei der Herstellung von Matratzen, Dämmstoffen, Sportschuhen oder für Beschichtungen wie Dichtstoffe, Farben und Klebstoffe verwendet werden. Bislang sind sie nur mit hohem Energieaufwand chemisch recycelbar. Natürliche Biokatalysatoren wie Enzyme hingegen können die Kunststoffmoleküle bei nur 40 Grad Celsius und ohne den Einsatz von Chemikalien in ihre Bestandteile zerlegen. "Mit dieser bahnbrechenden Entdeckung haben wir nun die Voraussetzung geschaffen, diese Biokatalysatoren mit Methoden des Protein-Engineerings weiter zu verbessern, um sie für das industrielle Recycling von Polyurethan maßzuschneidern", betonte der ebenso an dem Forschungsprojekt beteiligte Uwe Bornscheuer, der in Greifswald die Arbeitsgruppe Biotechnologie und Enzymkatalyse leitet.
Auch für das Problem mit den weit verbreiteten Polyvinylalkoholen (PVA), die zum Beispiel in der Beschichtung von Fasern und als Verpackungsfolien eingesetzt werden, hat Bornscheuers Team eine Lösung gefunden und somit die Grundlage für ein biotechnologisches und damit nachhaltigeres Recycling geschaffen. Demnach gelang es den Forschern, drei verschiedene Enzyme so geschickt zu kombinieren, dass sie das Polymer so lange verändern, bis Fragmente entstehen, die dann wiederverwertet werden können.
Zuvor werden sie einer chemischen Vorbehandlung unterzogen, in deren Folge sich das Material in eine etwas unappetitlich aussehende Flüssigkeit verwandelt. Davon kann laut Branson ein Teil direkt wiederverwendet werden, und ein anderer Teil wird durch die Enzyme in seine Grundbausteine zersetzt. "Insgesamt wurden also die Weichen gestellt für ein vollwertiges Recycling", erklärte er im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Die Kunststoffe bestünden aus Molekülketten – sogenannten Polymeren. Wenn man diese in ihre Einheiten zerlege, könne man daraus neue Kunststoffe herstellen.
Bis die neuen "Biokatalysatoren" erstmals im großen Stil im Kunststoffrecycling eingesetzt werden, wird es allerdings noch einige Jahre dauern. Aber der erste Schritt ist getan: "Mithilfe der neu identifizierten Enzyme kommen wir unserem Ziel einer vollständigen Kreislaufwirtschaft in der Kunststoffindustrie einen Schritt näher", so Gernot Jäger, der bei Covestro das Kompetenzzentrum für Biotechnologie in Leverkusen leitet. Recycling ist der naheliegendste Weg zur Verringerung von Kunststoffabfällen. Die gängigste Methode zur Entsorgung von Kunststoffen ist neben der Deponierung die Verbrennung, die kostspielig und energieintensiv ist und schädliche Gase in die Luft abgibt.
Zu den alternativen industriellen Verfahren gehören die sehr energieaufwändigen Prozesse der Glykolyse, Pyrolyse und/oder Methanolyse. Biologische Lösungen benötigen dagegen viel weniger Energie. Zwar hat die Forschung zu Enzymen für das Kunststoffrecycling in den letzten 15 Jahren Fortschritte gemacht. Bislang hatte jedoch niemand herausgefunden, wie man Enzyme herstellt, die bei niedrigen Temperaturen effizient arbeiten können, sodass sie sowohl tragbar als auch in großem industriellem Maßstab erschwinglich sind. Die von den Forschern der Universität Greifswald entdeckten Enzyme schaffen den Abbau erstmals unter sogenannten milden Bedingungen – also unter Normaldruck und bei Temperaturen bis etwa 40 Grad. "Es sind zwei wichtige Vorteile", erläuterte Bornscheuer:
"Ich spare Energie für das Verfahren und gleichzeitig habe ich guten Zugang zu den Bausteinen, sodass ich ein Recycling des Kunststoffs erzielen kann."
Als Nächstes plant das Team, die Enzymproduktion zu steigern, um eine industrielle und umweltfreundliche Anwendung vorzubereiten. So will man in Leipzig die eigenen Forschungsergebnisse den Angaben zufolge bereits bald schon im Rahmen eines Start-Ups nutzen.