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Das Schachspiel der Mächtigen 1919-1945
oder:
Der Höhepunkt im grossen darwinistischen Fressen
Teil 19: Juli bis August 1941. Chronologie
von Michael Palomino (1995 / 2004 / 2007)
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aus: Valentin Falin: Zweite Front. Die Interessenkonflikte in der Anti-Hitler-Koalition. Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachfolger, München 1995
ergänzende Strukturdaten:
aus dtv-Atlas der Geschichte 1986, Bd. 2
Juli 1941
ab Mitte 1941
"USA": "Barbarossa" bestimmt voll und ganz die "US"-Europapolitik
(S.174)
Juli 1941?
"USA"-GB: Revision des Lend-Lease-Gesetzes
->> Welle des Chauvinismus in den "USA" (S.165)
->> Forderungen: GB soll an die "USA" mit ehemals französischen und holländischen Kolonien in Mittel- und Süd-"Amerika" bezahlen (S.166).
Sommer 1941
"USA": Pläne für eine 2.Front von der Aufklärung der Army und der Planungsgruppe des Pentagon
denn die Gelegenheit sei günstig, denn der grösste Teil der einsatzfähigen NS-Truppen sei in der SU (S.238).
"USA"-Japan: Verschiedene Ansichten in der "US"-Führung zu Japan
-- zwischen Roosevelt, State Department und de Militärs
-- die praktizierte, nach aussen sichtbare Politik ist die vierte politische Linie
-- Einheitlichkeit ist absolut nicht vorhanden (S.249).
Gemäss Aktenlage übt die "USA" keinen Druck auf Japan aus, dass Japan sich gegen die SU wendet (S.249-250).
Sommer-Herbst 1941
"USA": Roosevelt hat keine klare Linie, wartet ab
Roosevelt meint, materielle Hilfe an die Verbündete reiche aus (S.235).
in: Butler, J.R.M./Gwyer J.M.A.: Bolschaja Strategija. Ijun 1941-awgust 1942. Moskau 1967, S.205
Roosevelt plant den eigenen Sieg gegen das 3.Reich
-- Roosevelt plant eine Konfrontation mit dem 3.Reich ab Mitte 1943 (S.235)
-- bis dahin solle die "USA" in der Beobachtungsrolle bleiben (S.235-236)
in: Watson, M.S.: Chief of Staff: Prewar Plans and Preparations. Washington 1959, S.340
Roosevelts Spekulationen bei der Niederlage der Roten Armee
-- die "USA" plant die Zerschlagung des 3.Reich erst nach Ende der 1940-er Jahre
-- "US"-Militärs haben nur sich selbst als "Sieger" definiert (S.236)
Juli 1941
GB-"USA": GB-Vorschlag zur Ermunterung der SU: Westgrenzen von 22.6.1941 anerkennen - Roosevelt lehnt ab
->> Roosevelts Administration will ein solches "Zückerchen" für die SU keinesfalls, denn die Aussicht auf dieses "Zückerchen" wäre mehr Stimulans für die SU (S.221)
[GB hätte also gerne die osteuropäische Bevölkerung damals schon an den Kommunismus verraten, nur um selbst die Hände in den Schoss zu legen].
"USA": Ziel von Roosevelt ist es , "oberster Schiedsrichter" der Welt zu werden
Dabei ist gemäss Falin auch der Untergang der europäischen Kolonialreiche willkommen (S.222).
SU-GB: SU-Vorschlag zur Kooperation wird von GB abgelehnt
oder wird von GB auf die lange Bank geschoben mit Ausreden gegen eine 2.Front wie
-- starke Befestigungsanlagen
-- Mangel an Transportmitteln
-- dies ist gemäss Falin alles gelogen
-- und GB zieht auch keine anderen Aktionen in Betracht (S.241).
SU-D: Stalin erwägt Friedensverhandlungen mit Deutschland analog des Vertrags von Brest-Litowsk
Stalin gibt Berija den Auftrag für Gespräche über einen zweiter Brester Frieden mit dem deutschen Botschafter Schulenburg, der Moskau noch nicht verlassen hat. Stalin gibt auch SU-Agenten im Reich solche Aufträge zu Friedenssondierungen (S.346).
Juli-Oktober 1941
GB-"USA": Argwöhnen, ob Hitler wieder eine Verständigung mit Stalin finden wird
(S.345)
ab Juli 1941
GB-SU: Churchill taktiert gegen die SU und zerstört damit auch die Zusammenarbeit SU-"USA"
Falin:
"Churchills Offenbarungen nach dem Kriege zeigen, dass er es bewusst auf Komplikationen mit der UdSSR anlegte. Für ihn war das ein Mittel, um ein Zusammenwirken von SU und "USA" auszuschliessen." (S.359)
-- denn Churchill will selber Grossmacht sein, die er bald nicht mehr sein wird und rüstungsmässig nicht ist
-- dabei bemerkt Falin: "Selbst einige Briten konnten diese [Intrigen von Churchill] kaum ertragen." (S.359)
Juli-Dezember 1941
SU-"USA": Kaum "US"-Hilfe für die SU: nur 2 % der Hilfeleistungen von 1941-1945
(S.243)
Juli-September 1941
Japan-SU: Kein japanischer Angriff auf die SU vor einem NS-Blitzsieg
Die japanische Armeeleitung denkt, zuerst sollen die NS-Truppen eine endgültige Übermacht gegen die SU gewinnen (S.250).
in: Kriegswende, S.45
Juli-Dezember 1941
"USA"-SU: Die "USA" warnen Moskau mehrfach vor einem eventuellen japanischen Angriff
-- ist eine Aufforderung zur Wachsamkeit, nicht so wie bei "Barbarossa" den Angriff zu verschlafen
-- ist eine Aufforderung, volle Truppenstärke auch gegen Japan zu erhalten (S.253).
[nicht erwähnt:
Die gezielte Eskalation der anglo-saxonischen Mächte - kein Mittelweg
-- die anglo-saxonischen Mächte "USA" und GB führen somit eine doppelte Manipulation durch:
oo das 3.Reich wird von GB gegen die SU gelenkt
oo Japan wird von den "USA" gegen die SU gelenkt
-- es ist anzunehmen, dass die Geheimdienste in Moskau von dem Manipulationen der "USA", Japan gegen die SU manipulieren zu wollen, Kenntnis haben
-- die anglo-saxonischen Mächte betreiben gezielte Eskalation, statt einen Mittelweg zwischen Kapitalismus und Kommunismus und statt eine Deeskalation zu finden].
ab Juli 1940
D: Keine vollständige Umstellung für den Krieg
-- Hitler lässt die Industrien nur teilweise auf Kriegsproduktion umstellen
-- Hitler lässt die nicht-militärische Forschung weiterlaufen
in: Tippelskirch, Kurt von: Istoria wtoroi mirowoi woiny. Moskau 1956, S.478f. (S.530).
ab Juli 1941 ca.
SU: Stalin merkt, dass er die Propaganda für die SU entideologisieren muss
sonst bekommt er von den Westmächten keine Hilfe (S.219-220).
"USA": Vielen dämmert es, dass die SU die "USA" nie ernsthaft bedroht hat (S.220).
SU will ein Koordinationsabkommen mit GB und "USA" gegen das 3.Reich
(S.221)
in: FRUS, 1941, Vol.1, S.182
2.7.1941
Japan: Mehrheitsbeschluss für Südexpansion auf der kaiserlichen Konferenz
Beschluss von 3 Prinzipien der "nationalen Politik":
1. vorläufig kein Angriff auf die SU (S.250)
2. kein Auflösen der Achse
3. Besetzung von ganz Indochina (S.251)
Der neue Aussenminister Togo stellt die Prognose, dass der Blitzkrieg der NS-Truppen nach Asien nicht gelingen wird (S.251). Ein Abkommen zwischen Japan und den "USA" gilt nicht mehr für erstrebenswert (S.251).
in: Kriegswende, S.19,23
6.7.1941
GB: Cripps warnt Churchill in London: Es muss der SU geholfen werden
Cripps an Churchill: Wenn keine Hilfe an die SU in vollem Umfang erfolge, bedeutet das den Untergang der SU (S.217-218).
in: Gorodetski, Gabriel: Cherchill; Sowjetski Sojus posle 22 ijunja 1941 g. In: "Nowaja inowejschaja istoria". Moskau 1990, Nr.6, S.69 (S.529)
8.7.1941SU-GB: interpretierbare Hilfeerklärung von Churchill an Stalin
"Hilfe ... soweit das Zeit, geographische Bedingungen und unsere wachsenden Ressourcen erlauben." (S.214, 528)
in: Briefwechsel Stalins mit Churchill, Attlee, Roosevelt und Truman, 1941-1945. Berlin 1961, S.13 (S.528).
"USA": Memo von Joseph E.Davies an Roosevelt-Berater Hopkins zur Vorspiegelung von Sympathie für die SU
-- Joseph E.Davies ist ehemaliger "US"-Botschafter in Moskau
-- die "USA" sollen den Eindruck erwecken, dass Stalin für die "USA" nicht die Drecksarbeit gegen Hitler verrichtet
-- man muss vermeiden, dass Stalin nach einem SU-Sieg nicht auch die "USA" zum Gegner definiert
-- Churchill und Eden hätten der SU "vorbehaltlos" Hilfe zugesagt, um dieser Situation zu entgehen
-- die "USA" muss einen Separatfrieden Stalin - Hitler vermeiden, und deswegen Stalins Vertrauen gewinnen und Stalin die "freundschaftliche Haltung der "USA" zusichern (S.220).
in: Sherwood, Robert: Roosevelt i Hopkins. Moskau 1957, S.239-240
10.7.1940
SU-"USA": Feststellung von Umanski, dass das State Department die Bitte um Hilfe immer noch blockiert
-- Roosevelt nimmt dem State Department die Russlandhilfe aus der Hand und verfügt sie selbst
-- Roosevelt muss durchgreifen, wie das State Department auch schon das Lend-Lease-Programm verschlampern wollte (S.211).
10.7.1941 ca.
GB: Eden reklamiert das Schweigen der GB-Stabschefs zur SU
Eden:
"Das Zögern und die fehlende Phantasie unserer Stabschefs sind für jedermann erschreckend." (S.529).
11.7.1941
SU-"USA": Hopkins-Meldung an Umanski, dass die Bitte um Waffenlieferungen nun das State Department verlassen habe
Hopkins an Umanski: im "amerikanischen" Regierungsapparat sind viele Nazifreunde. Falin:
"Hopkins bekannte, im "amerikanischen" Regierungsapparat gebe es nicht wenige, deren 'politische Vorbehalte gegenüber der UdSSR stärker sind als ihre Loyalität bei der Erfüllung von Anordnungen des Staatschefs und des Oberkommandierenden der Streitkräfte'." (S.211)
in: Sowjetsko-amerikanskie otnoschenia, Bd.1, S.49f., S.64
ab 11.7.1941
"USA": Roosevelts Untersuchung über seine Mitarbeiter: Oberflächlichkeit
-- Roosevelt stellt die oberflächlichen Urteile der Behörden-Mitarbeiter fest
-- Roosevelt hat selbst auch "keinen festen Boden" (S.211).
"USA": Roosevelt organisiert SU-Hilfe teilweise über Lend-Lease
(S.220), aber noch ohne Lend-Lease-Zahlungsbedingungen (S.220-221).
->> Roosevelt teilt die "SU" in die Staaten "Arsenal der Demokratie" ein (S.221).
12.7.1941
GB-"USA"-SU: Abschluss eines Koordinationsabkommens gegen das 3.Reich
gemäss Falin "ein Abkommen über ein gemeinsames Vorgehen im Krieg gegen Deutschland" (S.221).
Das GB-SU-Abkommen zur strategischen Militär-Zusammenarbeit kommt auf beharrliches Drängen der SU-Seite zustande (S.263). Artikel 2 bestimmt, es dürfe mit keiner anderen Macht ohne gegenseitiges Einverständnis ein Waffenstillstand oder ein Friedensvertrag abgeschlossen werden (S.263-264).
in: Wneschnjaja politika Sowjetskogo Sojusa w period otetschestwennoi woiny. Moskau 1946, Bd.1, S.131f.
->> dies ist eine Abmachung für einen Kampf bis zum Ende
->> es soll kein Separatfriede mit Deutschland mehr möglich sein (S.264)
->> Das Abkommen ist für den deutschen Widerstand, für Goerdeler und seinen Kreis, ein schwerer Schlag
->> England führt die Kontakte zum Widerstand weiter, einfach auf niedrigerem hierarchischen Niveau (S.254).
[nicht erwähnt:
Die allgemeine Hoffnung auf den Untergang der SU geht weiter
Die GB-Autoritäten erwarten ja den Untergang der SU für August bis spätestens Oktober 1941, so dass der Vertrag bald nicht mehr gültig sein wird, so hoffen wohl fast alle GB-Autoritäten und "US"-Autoritäten].
ab 12.7.1941
GB: Kaum Hilfe an die SU: eine Evakuierung und eine Fliegerstaffel
Englands symbolische Gesten für die SU:
-- Evakuierung sowjetischer und norwegischer Bergleute von Spitzbergen
-- Entsendung von zwei Fliegerstaffeln nach Murmansk
-- mehr Hilfe leistet GB an die SU nicht (S.529).
13.7.1941
"USA"-GB: Hoopkins für eine Reise zu Churchill auf Anweisung von Roosevelt
-- keine wirtschaftlichen Abmachungen treffen
-- keine territorialen Abmachungen treffen
-- keine Verhandlungen über den Krieg (S.221).
In: Sherwood, Robert: Roosevelt i Hopkins. Moskau 1957, Bd.1, S. 542f., 546
15.7.1941
GB: Churchill behauptet, die SU-Bevölkerung sei nun "Verbündeter"
Churchill im Unterhaus über das Koordinationsabkommen:
"Es handelt sich zweifellos um ein Bündnis; das russische Volk ist jetzt unser Verbündeter." (S.221)
in: P.W.Commons, 15,7.1941; Vol. 373, Col 463
Mitte Juli 1941
Hitlers Position: Beherrschen, verwalten, ausbeuten - Besetzung des "russischen Raumes"
Hitler:
"Der Kampf um die Hegemonie in der Welt wird für Europa durch den Besitz des russischen Raumes entschieden: Er macht Europa zum blockadefesten Ort der Welt." (S.231)
in: Das deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Bd.4, S.1070f. (S.530)
18.7.1941
SU-GB: Botschaft von Stalin an Churchill mit Bitte um aktive Truppenhilfe an der Ostfront
->> die "USA" reagieren gar nicht.
Falin:
"Als Stalin die Frage nach einer 2.Front in seiner (S.240) Botschaft an Churchill vom 18.Juli 1941 offiziell ansprach, bezog Roosevelt das nicht auf sich." (S.241)
19.7.1941
Japans Südexpansion: Besetzung von Militärbasen im südlichen Indochina - Bruch mit den "USA"
Die japanisch-"amerikanischen" Verhandlungen scheitern an der "amerikanischen" Haltung, Stärke zu zeigen (S.251).
Japan will einen asiatischen "Einheitsraum" in Südostasien
analog dem deutschen Einheitsraum in Europa [und analog den "Einheitsräumen" in den "USA", Russland und China].
24.7.1941
"USA"-Japan: Die "USA" friert auch japanische Vermögen ein
(S.251)
Ende Juli 1941
GB-"USA": anglo-amerikanische Konferenz
(S.224)
30.7.1941
"USA"-SU: Hoopkins bei Stalin: Stalin mahnt die "USA" und GB
-- Stalin verlangt vom Westen die Einhaltung von Verträgen
-- Stalin kündigt ansonsten eine friedliche Koexistenz der Systeme auf
-- Hopkins behauptet, Roosevelt sei zu aller möglichen Hilfe bereit (S.222).
in: Sowjetsko-amerikanskie otnoschenia, Bd.1, S.80-81.
31.7.1941
"USA"-SU: Stalin-Hopkins: Stalins Bitten - Hopkins leere Versprechungen
-- Stalin vergleicht die SU und die NS-Rüstung
-- Stalin meint, die NS-Front wird wahrscheinlich nur noch 100km vorrücken
-- Stalin bittet so schnell wie möglich um britische Langstreckenbomber zur Bombardierung der rumänischen Ölfelder
-- Stalin bittet um "US"-Truppen, die an russischer Seite unter uneingeschränkt "amerikanischem" Kommando kämpfen könnten (S.222).
in: Sherwood, Robert: Roosevelt i Hopkins. Moskau 1957, Bd.1, S.266, 268-269.
-- Hopkins bedenkt, vor der Entsendung von schweren Waffen sei wahrscheinlich eine gemeinsame Konferenz nötig (S.222-223) mit Abstimmung der strategischen Ziele (S.223)
-- Terminvorschlag von Hopkins zwischen 1.-15.10.1941 mit dem Hintergedanken, dass es dann bereits keine SU mehr gibt (S.223)
Hopkins-Bericht an Roosevelt aus Moskau:
"Ich hielt es für unratsam, eine Konferenz abzuhalten, solange dieser Kampf noch nicht entschieden ist. Daher schlug ich [Stalin] vor, eine Konferenz zu einem so späten Datum wie möglich anzuberaumen (nicht vor dem 1. und nach dem 15.Oktober). Dann würden wir wissen, ob es noch eine Front geben werde oder nicht und wo ungefähr die Front während der kommenden Wintermonate verlaufen werde." (S.223)
in: Sherwood, Robert: Roosevelt i Hopkins. Moskau 1957, Bd.1, S.267
Der Beweis ist erbracht: "USA" und GB wollten die SU untergehen sehen
-- die SU hat alle NS-Macht alleine zu tragen
-- GB und die "USA" wollen praktisch gar keine Hilfe leisten
-- auch Cordell Hull denkt so, der "Linksaussen" der Roosevelt-Administration (S.223).
[Verdacht: Propaganda des Untermenschentums auch in GB und in den "USA"?
Wer hat das Wort "Untermensch" erfunden? vielleicht weisse Killer in den "USA"?].
August 1941
bis August 1941
Hitler gilt allgemein als grösster Feldherr seit Erschaffung der Welt
(S.473)
[nur bei der SU und bei den Pazifisten nicht].
August 1941
Barbarossa: Hitler plant die Zange gegen Moskau - die Generäle wollen Operation "Taifun" direkt gegen Moskau
Hitler will die Einkesselung von Moskau von Süden und Osten her - die NS-Generäle wollen Moskau direkt angreifen und setzen Operation "Taifun", den Sturm auf Moskau, gegen Hitler durch (S.473).
Wertung von Falin:
"Objektiv gesehen barg der von Hitler geplante strategische Durchbruch zur Wolga und zum Kaukasus unter Umgehung Moskaus von Süden und Osten damals sicher die grösste Gefahr für die UdSSR in sich." (S.473)
Die Generäle setzen sich gegen Hitler durch, und Hitler gestattet die Eigenmächtigkeiten, um die Generäle nicht zu verlieren. Später wertet Hitler, an der Niederlage der Wehrmacht gegen die SU seien die Offiziere schuld, die direkt auf Moskau marschiert seien, statt seinem Zangen-Plan zu folgen (S.473).
SU: Gefangennahme und Verhöre von SU-Offizieren
(S.195).
Die "USA" fordert führende Rolle in der Koalition - dabei gilt die "USA" noch als "neutraler" Staat
(S.330). Falin:
"Die 'führende Rolle' wurde nicht als unmittelbare und massgebliche Beteiligung an der Zerschlagung der Aggression gedeutet." (S.330-331).
Falin: Die "USA" meinen, ein symbolischer Beitrag am Krieg gegen NS-Deutschland genüge für die Wortführung bei der Nachkriegsordnung (S.331).
"USA": Roosevelt laviert zwischen 3.Reich und Japan
-- Roosevelt will Japan keinen Vorwand liefern, aus Solidarität mit dem 3.Reich die "USA" anzugreifen
-- die "amerikanischen" Militärs empfehlen, im Kriegsfall Japan neutral zu halten und Deutschland zu provozieren (S.234).
[nicht erwähnt:
-- dann wäre Deutschland im Zweifrontenkrieg und die "USA" nicht
-- Japans Geheimdienste dürften von diesen Plänen erfahren haben].
GB: Der Generalkonsul in Zürich erhält die Erlaubnis, Nachrichten über die Gegneraktivitäten entgegenzunehmen
(S.254)
in: Eberhardt, B.: Dietrich Bonhoeffer. München, 1967, S.821
in: Ritter, Gerhard: Carl Goerdeler und die deutsche Widerstandsbewegung. München 1964, S.338
August 1941-14.12.1941
"USA"-DWid: Kontakte [dann Abbruch?]
(S.254-255); manchmal gelangen die Kontakte an die Öffentlichkeit (S.255).
August / September 1941
D: Protest gegen die grausame Behandlung sowjetischer Kriegsgefangener von Admiral Canaris
Canaris bleibt der einzige der NS-Führung, der protestiert. Sein Protest bleibt ohne Wirkung (S.203).
August 1941 ca.
GB-SU: SU-Militärkommission in London strebt Koordination gegen 3.Reich an - keine Koordination
-- Führung der SU-Militärkommission unter General Filipp Golikow
-- das Foreign Office instruiert die GB-Stabschefs:
oo "äusserlich einen herzlichen Umgang mit den Russen zu demonstrieren"
oo "die Mitglieder der Mission unterhalten"
oo dem eigentlichen Problem aus dem Wege gehen (S.217).
->> Die "Grosse Allianz" existiert nicht, sondern ist ein Mythos (S.217).
in: Gorodetski, Gabriel: Cherchill; Sowjetski Sojus posle 22 ijunja 1941 g. In: "Nowaja inowejschaja istoria". Moskau 1990, Nr.6, S.71 (S.529)
"USA": Aufrüstungsbeschluss
-- Roosevelt beschliesst die Erhöhung des Armeebestands der "USA" auf 8.795.658 Mann bis Juli 1943
-- Aufteilung der Armee:
oo 215 Divisionen, darunter 61 Panzerdivisionen
oo 2 Mio. Mann bei der Air Force
oo über den Ozean sollen bis 5 Mio. Mann transportiert werden, mit maximal 2500 Schiffen auf einmal (S.240)
in: Watson, M.S.: Chief of Staff: Prewar Plans and Preparations. Washington 1959, S.343f.
in: Matloff, Maurice / Snell, Edwin M.: Strategitscheskoje planirowanije w koalizionnoi woine 1941-42, Moskau 1955, S.80.
Roosevelt schweigt aber weiterhin zu seinen eigentlichen Zielen. Dies verärgert die Militärs. Eine 2.Front wird nicht geplant (S.240).
GB-Planung für eine Landung in Kirkenes wird aufgegeben
wegen Versorgung und schlechten Wetterverhältnissen (S.242).
ab Anfang August 1941
GB-SU: GB könnte der SU Hilfe leisten, von der Krim und von Murmansk aus
-- GB könnte sowjetische Stützpunkte auf der Krim nutzen
-- so wären die rumänischen Ölfelder in Reichweite britischer Flugzeuge
-- GB könnte in Murmansk die sowjetischen Stützpunkte nutzen für Angriffe auf den Erzhafen Narvik und die Nickelgruben von Petsamo (S.534).
ab Anfang August 1941 ca. / bald nach Beginn von "Barbarossa"
D: Planung der Kriegswirtschaft für einen Krieg mit den "USA"
-- Planung der Industrieumstellung
-- Konzentration auf den Schiffbau, starke Flotte, Langstreckenbomber usw. (S.225)
in: Unternehmen Barbarossa, S.149f.
1.8.1941
"USA"-Japan: Erdölembargo der "USA" gegen Japan
(S.251)
-- das Ölembargo soll v.a. Japans Kriegsmarine einschränken und in eine "andere" Richtung leiten (S.252)
-- gleichzeitig werden Japan günstige Bedingungen angeboten für den Fall der Einstellung der militärischen Expansion in Südost-Asien (S.251)
ab Anfang August-September 1941 ca.
D-Japan: Deutsche Appelle an Japan, die SU anzugreifen
(S.253)
Japan wartet ab
-- die japanische Führung zieht keine voreiligen Schlüsse aus den Niederlagen der RA
-- in der Kwantung-Armee dürsten gleichzeitig die jungen Offiziere nach Rache für Chalchin Gol
-- die Mehrheit der japanischen Führung hält aber einen langen Krieg gegen die SU für zu riskant
-- es soll bis zur "entscheidenden Niederlage" der SU durch NS-Armeen kein japanischer Angriff gestartet werden (S.250).
in: Kriegswende, S.40,61,18
ab August 1941
"USA": Ziel von Roosevelt: die Welt der "4 Freiheiten" durchsetzen
-- eine "neue Welt"
-- die Welt der "4 Freiheiten" [Freiheit der Meere, in der Luft etc., aber nur für Weisse!!]
-- die "USA" hat alle Ruhe, Strategien zu entwickeln
-- die SU hat diese Ruhe nicht (S.137).
August / September 1941
Russlandfeldzug:
Odessa und Kertsch: Kampfgas-Einsatz der deutschen Wehrmacht
Die Verteidiger in den Katakomben werden mit Gas ausgeräuchert (S.42).
August / September 1941 ca.
Japan wirft dem 3.Reich "Alleingänge" vor
obwohl es selbst auch "Alleingänge" ohne Abstimmung mit dem 3.Reich vornimmt (S.518-519).
[nicht erwähnt:
Ab diesem Zeitpunkt hätte Hitler alle Kriege abbrechen müssen, weil die japanische Beteiligung gegen die SU ausblieb].
5.8.1941
"USA": "US"-General Gerow mahnt an eine strategische Planung zur Zerschlagung des Feindes
-- General Gerow, Leiter der operativen Abteilung des Stabes
-- Gerow verlangt einen "strategischen Plan zur Zerschlagung unserer potentiellen Gegner"
-- erst dann soll man die Kampfstärken festlegen
-- eine alleinige Erhöhung der Industrieproduktion reiche nicht (S.273)
in: Matloff, Maurice / Snell, Edwin M.: Strategitscheskoje planirowanije w koalizionnoi woine 1941-42, Moskau 1955, S.79
7.8.1941-Anfang Oktober 1941 ca.
"USA"-Japan: Japanischer Appell von Botschafter Grew zur Unterstützung von Konoe
Der "amerikanische" Botschafter in Tokyo, Joseph Grew, empfiehlt Roosevelt eindringlich, den Premier Konoe zu unterstützen, denn Konoe gilt als "liberales" Element in der japanischen Führung (S.252).
"USA"-Japan: Widerstand in der "US"-Administration gegen ein Abkommen mit Japan
-- Berlin und London reagieren auf die Idee einer Begegnung Roosevelt-Konoe argwöhnisch
-- "US"-Aussenminister Cordell Hull mauert gegen Konoe, das japanische Angebot sei für die "USA" nicht gut genug
-- so denkt auch Kriegsminister Stimson
-- Roosevelt schliesst sich Hull an
->> jede friedliche Entwicklung zwischen Japan und den "USA" wird diplomatisch blockiert (S.252).
Japan-"USA": Ministerpräsident Konoe bemüht sich vergeblich um ein Treffen mit Roosevelt
auf Honolulu oder in Alaska. [Die "USA" lassen Konoe aber scheinbar immer ins Leere laufen]. (S.252)
9.-12.8.1941
"USA"-GB: Konferenz in Placentia Bay Roosevelt - Churchill
vor der Küste Neufundlands (S.228).
GB-Seite will Bodentruppen sparen
und meint, man könne D ohne Landung auf dem Kontinent in die Knie zwingen
-- mit undurchlässiger Blockade
-- mit verstärkten Bombardements
-- mit geschickter Propaganda
->> das würde den Kampfgeist der NS-Seite brechen
->> so seien keine grossen Kontingente von Bodentruppen erforderlich (S.228).
in: Kimball, W.F.: Churchill and Roosevelt. The Complete Correspondence 1984, Vol.1, S.227-231
in: Sekretnaja perepiska, Bd.1, S.176
->> GB will nicht gegen die Armee, sondern gegen die Bevölkerung kämpfen
->> GB will die Front im Hinterland schwächen, statt die direkte Front der Soldaten
->> GB will den maximalen Seekrieg und den minimalen Landkrieg (S.228).
in: Liddell Hart, B.H.: The defense of Britain, London 1939 [?] S.44
"USA"-Seite: Roosevelt sorgt sich um den SU-Widerstand, der bald zu Ende gehen könnte
(S.228)
in: Butler, J.R.M./Gwyer J.M.A.: Bolschaja Strategija. Ijun 1941-awgust 1942. Moskau 1967, S.104
-- Roosevelt will noch keine Schlussfolgerungen für eine mögliche 2.Front-Landung ziehen
-- für Roosevelt ist die Territorialveränderung in Europa nicht so wichtig (S.228)
-- bei Roosevelt herrscht eine Stimmung von Schadenfreude und "christlichem Erbarmen" und er versucht, die SU zu "erziehen", als Bedingung, von den "USA" Hilfe zu erhalten
-- Roosevelt fordert für Hilfe an die SU eine Pax americana gegen die SU-Interessen (S.229).
Dokumente für eine Zeit nach der SU-Niederlage sind bis heute [1995] in Panzerschränken verschlossen (S.29).
gleichzeitig:
Weiterer NS-Vormarsch
-- Vorrücken auf Leningrad, Moskau und Kiew
-- Verstärkung des U-Boot-Krieges im Atlantik
-- Japan wirft neue Truppen nach Indochina und droht bis in den südlichen Pazifik und auch nach SO-Asien zu expandieren (S.229).
12.8.1941
Abfassung der Atlantic Charta: 2.Front ist kein Thema
(S.241)
"USA": Annahme des Gesetzes über die Wehrpflicht mit nur 1 Stimme Mehrheit
(S.233); Die republikanische Partei nimmt eine offene "Anti-Kriegs"-Position ein (S.233-234).
14.8.1941
Atlantic Charta: Publikation: Beginn des "US"-Weltpolizistenspiels
Die Charta ist gemäss Falin die erste Formulierung von gemeinsamen Grundsätzen zwischen GB und den "USA" überhaupt (S.230),
in: Churchill, Bd.III., 2, S.81 (S.530)
ist aber auch "keine Geburtsurkunde einer anglo-amerikanischen Verbrüderung" (S.232).
Ziel von Roosevelt:
-- Sturz der Nazityrannei
-- Weltpolizistenspiel der "USA" über die ganze Welt
-- Errichtung einer "besseren Ordnung" mit Hilfe "einer Art Polizeigewalt über die Welt" zusammen mit GB (S.230).
in: Churchill, Bd.III., 2, S.82 (S.530)
-- Abstimmung mit der SU ist nie erwähnt
-- GB bricht damit das britisch-sowjetischen Abkommen vom 12.7.1941
-- Solidaritätsbezeugung mit der SU ist nirgendwo mehr erwähnt
-- auch China ist nirgendwo mehr erwähnt (S.230).
-- von den Opfern wird nur summarisch gesprochen
-- das NS-Regime wird als "Nazityrannei" abqualifiziert [obwohl die "US"-Industrie "Barbarossa" tatkräftig unterstützt und die "US"-Industrie wesentliche Mittel für den Krieg mitliefert]
-- These der Charta: dass ein Sturz der "Nazityrannei" eine bessere Weltordnung mit "freier Willensäusserung" der interessierten Völker ergibt (S.230)
-- Forderung an Deutschland: Rückgabe besetzter Gebiete, ohne Definition, welche Gebiete gemeint sind, und ohne zeitliche Definition (S.230).
Atlantic Charta über Japan: SU soll doch noch in den Zweifrontenkrieg
-- gegenüber Japan soll die "US"- und GB-Diplomatie "aktiv" werden: Japan abhalten, nach Südwesten vorzustossen
-- Japan soll gegen Norden gelenkt werden, also gegen die SU (S.234)
-- die SU soll erst dann über Verhandlungen zwischen "USA"-GB und Japan informiert werden, wenn die Verhandlungen beginnen (S.234-235).
in: Ritter, Gerhard: Carl Goerdeler und die deutsche Widerstandsbewegung. München 1964, S.340
Falin über die "Charta":
Die Charta ist nicht zufällig, denn die "Selbstbestimmung" in Westeuropa und Osteuropa wird in GB und in den "USA" "verschieden" betrachtet.
ab 14.8.1941
Drittes Reich über die "Charta": Hitler fühlt sich herausgefordert
-- Hitler will selbst den Frieden in Europa sichern mit einem schnellen Sieg über die SU
-- Hitler will in Sachen Rohstoffe mit den "USA" gleichziehen (S.231).
Kritiker in den "USA" gegen die Atlantic Charta
-- die Bedingungen für Deutschland seien zu hart (S.232).
-- deutschfreundliche Politiker wollen Deutschland nicht reizen
-- so z.B. Cordell Hull, der einen Konflikt zwischen Deutschland und den "USA" ablehnt (S.233)
-- weitere deutschfreundliche Nazi-Kreise:
oo klerikale Kreise
oo Isolationisten
oo Reaktionäre (S.234).
"USA": Zusätzlich erfolgt Widerstand gegen die Atlantic Charta
-- von der "Kommission zur Erforschung der Grundlagen eines gerechten und dauerhaften Friedens"
-- Broschüre von John Foster Dulles:
oo Ablehnung der Charta, gleichzeitig keine Friedensversprechungen machen
oo "Kontinentaleuropa als föderale Gemeinschaft politisch reorganisieren mit "desintegriertem" Deutschland"
oo ungehinderte Expansion von "amerikanischem" Kapital v.a. nach China und Japan zulassen (S.234)
in: Dulles: Long Range Peace Objectives Including an Analysis of the Roosevelt-Churchill Eight Point Declaration. N.Y. 1941, S.1,3-4, 12-13, 26
Falin über Dulles "Friedensprogramm": ist eine Abschrift eines Goerdeler-Entwurfs vom Mai 1941 (S.234).
Mitte August 1941 ca.
"USA"-Japan: Japanische Vorschläge für ein Abkommen
-- japanische Truppen aus Indochina abziehen
-- Krieg in China durch "amerikanische" Vermittlung beenden
-- "Philippinen" sollen von Japan eine Neutralität garantiert erhalten
-- Japan und die "USA" sollen in Niederländisch-Indien gemeinsam Rohstoffe ausbeuten
-- Aufheben des Handelsembargos der "USA" (S.251).
in: Junker, D: Der unteilbare Weltmarkt. Das ökonomische Interesse in der Aussenpolitik der "USA" von 1933-1941. Stuttgart 1975
in: Kriegswende, S.230,232,244-245.
15.8.1941
GB-"USA": Gemeinsame "Botschaft" Churchills an Stalin mit Hilfsversprechen
mit der Behauptung:
-- "die Güter in maximalem Umfang zur Verfügung zu stellen"
-- dass die Politik für einen längeren Zeitraum gemeinsam abgesteckt werden müsse (S.223).
in: Sowjetsko-amerikanskie otnoschenia, Bd.1, S.101f.
21.8.1941
"USA": Botschaft von Roosevelt an den Kongress zur Atlantic Charta
-- Nazi-Deutschland sei der "Hauptaggressor der Gegenwart" [mit "US"-Industriehilfe!]
-- ein Friedenskompromiss sei ausgeschlossen
-- bei einem Frieden würde Deutschland sofort die Kontrolle von ganz Europa, Asien und den "USA" erreichen wollen
-- Warnung an die Befrieder in GB, sie sollten nicht hintenrum intrigieren (S.232)
-- Roosevelt lehnt jeden Separatfrieden ab
-- die Kritiker der Atlantic Charta sind in die Schranken gewiesen (S.232) [die "US"-Industrie darf aber weiter Profite mit dem 3.Reich machen].
in: US Congress: Congressional Record, Vol. 87, pt. 7, S.7217
Ende August
GB-Europa: Churchill wird bestürmt, mit dem 3.Reich einen Separatfrieden zu schliessen
-- vom schweizer Präsidenten E.Uetter
-- vom schweizer Bundesrat für äussere Angelegenheiten, Pilet-Golaz
-- vom türkischen Präsidenten Ismet Inönü
-- vom türkischen Aussenstaatssekretär Numan Memenencioglu
-- vom Vatikan [!]
-- von der Vichy-Regierung unter Pétain
-- von C.J. Burckhardt, jetzt Präsident vom Roten Kreuz [!] (S.264)
Ende August 1941 ca.
GB-D: Churchill-Brief an Hopkins mit Erwähnung der Möglichkeit eines Separatfriedens mit D
(S.264)
Barker, E.: Churchill and Eden at War. London, N.Y., 1978
ab August / September 1941 ca.
GB-D: Planungen für einen Westfrieden
(S.264)
[Der Blitzsieg ist nicht eingetroffen...].
Dafür kommt Babi Jar:
28.9.2011: Babi Jar bei Kiew gemäss neuer Quellenlage: Vorberetiung für die Ermordung von 50.000 Juden
aus: Welt online: Zweiter Weltkrieg: "Exekution von mindestens 50.000 Juden vorgesehen"; 28.9.2011;
http://www.welt.de/kultur/history/article13626902/Exekution-von-mindestens-50-000-Juden-vorgesehen.html
In der Schlucht Babyn Jar bei Kiew fand im September 1941 das größte einzelne Massaker des Holocaust statt. Neue Quellenfunde umreißen das Grauen.
Auch Verbrechen wollen vorbereitet sein. 105.000 Patronen für Maschinenpistolen und Pistolen wurden an den „Höheren SS- und Polizeiführer Russland-Süd“ geliefert, meldete die zuständige Außenstelle der Wehrmachtsnachschubverwaltung am 27. September 1941 nach Berlin.
Der Zweck der Lieferung war den Offizieren der regulären Armee vor Ort bekannt; ein SS-Mann fasste in Berlin die Gespräche zwischen den Himmler-Untergebenen vor Ort und den Divisionsstäben knapp zusammen: „Maßnahmen eingeleitet zur Erfassung des gesamten Judentums. Exekution von mindestens 50.000 Juden vorgesehen. Wehrmacht begrüßt Maßnahmen und erbittet radikales Vorgehen.“
"Maßnahmen gegen unerwünschte Bevölkerungsteile"
Diese Zusammenfassung gab den tatsächlichen Verlauf des Gesprächs zwischen Wehrmacht und SS korrekt wieder, die im internen Schriftverkehr als „Besprechung über Abwehrangelegenheiten in Kiew“ bezeichnet wurde. Das belegt die Notiz in einem Bericht des für Kiew zuständigen „Befehlshabers Rückwärtiges Heeresgebiet Süd“ an das Oberkommando des Heeres in Berlin vom 30. September 1941: „Größere Maßnahmen gegen unerwünschte Bevölkerungsteile werden sich jedoch als notwendig erweisen.“
Vollzug der Aktion meldete die für den Einsatz zuständige „Einsatzgruppe C“ dann am 1. Oktober 1941: „Das Sonderkommando 4a hat in Zusammenarbeit mit Gruppenstab und zwei Kommandos des Polizei-Regiments Süd am 29. und 30.9.41 in Kiew 33.771 Juden exekutiert.“ Dieses Zitat steht in einem seit langem bekannten Dokument, der „Ereignismeldung UdSSR Nr. 101“.
195 Berichte der Mordkommandos
Es gehört zu insgesamt 195 ähnlichen Berichten der SS-Mordkommandos in der deutsch besetzten Sowjetunion aus den Jahren 1941/42 und wird in unzähligen Büchern, Aufsätzen und Artikeln über den Holocaust immer wieder zitiert. Dennoch gab es bislang keine wissenschaftliche, also kritische und kommentierte sowie durch erläuternde Dokumente aus anderen Überlieferungen ergänzte Edition dieser zentralen Quelle für den Holocaust.
Immerhin fielen den vier „Einsatzgruppen“ des Reichssicherheitshauptamtes, zu denen Gestapo-Beamte, Waffen-SS-Leute, ganz normale Polizisten und Reservisten abgeordnet waren, in den ersten sieben Monaten des Kriegs an der Ostfront knapp eine halbe Million sowjetischer Juden zum Opfer, außerdem Zehntausende nichtjüdische Sowjetbürger – echte und angebliche Partisanen, Politkommissare, Kriegsgefangene und ganz einfach unbeteiligte Zivilisten.
Der große Verdienst der Editoren der Forschungsstelle Ludwigsburg um Klaus-Dieter Mallmann ist es, diese wichtigen Dokumente in einer kenntnisreich eingeleiteten und um Parallelmaterial erweiterten Ausgabe einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen. Der erste von vier geplanten Bänden ist gerade erschienen (Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt. 896 S., 59,95 Euro). Es ist bereits absehbar, dass dieses Werk in Kürze zu den wichtigsten Quelleneditionen neuerer Zeit gehören wird.
In den nie geschwätzigen, immer sehr präzisen Anmerkungen der Herausgeber findet man dann etwa den Bericht eines gewissen Werner von Froreich, Kriegsverwaltungsrat der 454. Sicherungsdivision. Er schilderte seinen Besuch am Tatort bei Kiew mit nur einem Tag Abstand: „Die Juden der Stadt waren aufgefordert worden, sich zwecks zahlenmäßiger Erfassung und zur Unterbringung in einem Lager an bestimmter Stelle einzufinden. Es meldeten sich etwa 34.000 einschließlich der Frauen u. Kinder. Alle wurden, nachdem sie ihre Wertsachen und Kleidungsstücke hatten abgeben müssen, getötet, was mehrere Tage in Anspruch nahm.“
Die Fotos des Johannes Hähle
Nach den Massenmorden wurden die Wände der Schlucht von Babyn Jar direkt neben dem traditionellen jüdischen Friedhof von Kiew gesprengt, um die Spuren des Massenmords zu verdecken. Deutsche Soldaten und Helfershelfer durchsuchten das auf dem Boden verteilte Eigentum der Opfer nach Verwertbarem; die meisten Kleider wurden ebenfalls wiederverwendet. All das dokumentierte der Fotograf Johannes Hähle, der nur wenige Tage mit Farbfilmen Kiew und den Ort des Verbrechens dokumentierte.
Obwohl Angehöriger einer Propaganda-Kompanie, ist den Arrangements einiger seiner Bilder anzusehen, dass er sich löste von der Vernichtungslogik der SS-Einsatzgruppen. Die Originale der Aufnahmen liegen heute im Archiv des Hamburger Instituts für Sozialforschung, wo sie sorgfältig aufbereitet wurden. Daher kann jetzt der Weg, den Hähle in Kiew genommen hat, ebenso genau rekonstruiert werden wie der Zeitpunkt seiner Aufnahme – zwischen dem 1. und dem 10. Oktober 1941.
Private Aufzeichnungen Kiewer Bürger
Ebenfalls zeitgerecht zum 70. Jahrestag dieses Massakers ist der schon vierte Band einer anderen großangelegten Quellen-Edition erschienen. Auf 16 Bände ist das Sammelwerk „Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden“ konzipiert, das federführend das Münchner Institut für Zeitgeschichte herausgibt. Vor allem wenig und bisher unbekannte Dokumente über den Holocaust werden hier kommentiert veröffentlicht. Zum Massaker in Babyn Jar enthält der neue Band vor allem Auszüge aus privaten Aufzeichnungen Kiewer Bürger sowie bislang nicht berücksichtigte Wehrmachtspapiere.
So notierte eine arbeitslose Lehrerin mittleren Alters namens Nartowa (der Vorname ist bis auf das Initial „L.“ unbekannt) am 26. September 1941: „Bei uns hängen sie einen Befehl nach dem anderen auf. Abzugeben sind Waffen, Uniformen, sogar Tauben. Am Ende jedes Befehls steht: ,Wer dem Befehl nicht nachkommt, wird erschossen.’“
Nachdem aber in zahlreichen Häusern des besetzten Kiews die offenbar von sowjetischer Seite hinterlassenen Spreng- und Brandbomben explodiert waren, kam ein weiterer Befehl der Besatzungstruppe hinzu. Nartowa hielt fest: „Heute herrscht irgendwie eine besondere Aufregung auf der Straße (…) Ich gehe auf die Straße und lese: ,Alle Juden haben auf dem Friedhof zu erscheinen und alle Wertsachen, Pelze und warme Sachen mitzubringen.’ Was bedeutet das?“
Zwei Tage später sah sie Menschen „in einer schier endlosen Kolonne vorüberziehen; sie füllen die ganze Straße und die Bürgersteige.“ Frau Nartowa wusste noch nicht, dass es die Kiewer Juden auf ihrem letzten Weg waren, nach Babyn Jar.
Doch sehr bald nach Beginn des Massakers verbreiteten sich Gerüchte darüber. Die Kunsthandwerkerin Irina Chorosunowa notierte am 30. September 1941, als das Morden in Babyn Jar noch in vollem Gange war: „Wir wissen noch immer nicht, was sie mit den Juden gemacht haben. Von Leuten, die auf dem Lukjanowske-Friedhof waren, werden grausame Gerüchte verbreitet.“
"Man erzählt, dass die Juden erschossen werden"
Dieser Friedhof lag unmittelbar neben dem alten jüdischen Friedhof von Kiew, dem angeordneten Treffpunkt der einheimischen Juden, und neben der Schlucht Babyn Jar: „Aber bislang ist es unmöglich, diesen Gerüchten Glauben zu schenken. Man erzählt, dass die Juden erschossen werden.“
Im Nachhinein zeigte sich, dass jedes geraunte Wort zutraf. Tatsächlich mussten die Kiewer Juden ihr Gepäck am jüdischen Friedhof zurücklassen, wurden dann durch ein Spalier von SS-Leuten und deutschen Polizisten in die Schlucht getrieben, mussten sich dort ausziehen und wurden mit Maschinengewehren erschossen. Irina Chorosunowa schrieb am 2. Oktober 1941 in ihr Tagebuch: „Leute haben gesehen, wie Autos warme Kleider und andere Sachen vom Friedhof abtransportiert haben. Die deutsche ,Sorgfalt’. Sie haben sogar schon die Trophäen sortiert!“
Die damals 28-Jährige war erschüttert, sie konnte es nicht fassen, dass sie indirekte Zeugin eines solchen Massenverbrechens wurde: „Gibt es irgendetwas Vergleichbares in der Geschichte der Menschheit? Niemand hätte sich etwas Ähnliches auch nur ausdenken können. Ich kann nicht weiterschreiben, es ist unmöglich zu schreiben, unmöglich zu versuchen, das Geschehene zu verstehen.“
Die Morde wurden Stunden später bekannt
Diese Zeugnisse sind in dem neuen Band der Edition zum ersten Mal auf Deutsch zu lesen. Dazu zählt auch die Anweisung der Kiewer Stadtverwaltung, derzufolge sämtliche „herrenlosen Gegenstände, die von Juden und anderen Personen zurückgelassen worden sind, die die Stadt Kiew verlassen haben“ angemeldet, gesammelt und „verwertet“ werden sollten. Es sind solche bislang höchstens an sehr verstreuten Stellen, vielfach aber auch gar nicht veröffentlichten Dokumente, die den Gewinn des großen Editionsvorhabens ausmachen.
Sie relativieren auch die bislang in der Forschung vorherrschende Darstellung der Täter selbst. In der Ereignismeldung Nr. 106 meldete die für das Massaker verantwortliche Einsatzgruppe C: „Die Aktion selbst ist reibungslos verlaufen. Irgendwelche Zwischenfälle haben sich nicht ergeben. Die gegen die Juden durchgeführte ,Umsiedlungsmaßnahme’ hat durchaus die Zustimmung der Bevölkerung gefunden. Dass die Juden tatsächlich liquidiert wurden, ist bisher kaum bekanntgeworden, würde auch nach den bisherigen Erfahrungen kaum auf Ablehnung stoßen.“ Insofern ergänzen sich die beiden Editionen hervorragend.
Archaische Form des Völkermords
Zusammen mit den erschütternden Fotos von Johannes Hähle illustrieren die darin abgedruckten Dokumente eines der schlimmsten einzelnen Verbrechen der Judenverfolgung, auch wenn es sich gemessen an der Gesamtopferzahl nur um einen kleinen Teil des Holocausts handelt. Mehr Menschen am selben Ort und in nur zwei Tagen sind selbst in den reinen Mordfabriken der SS auf polnischem Boden wie Belzec, Treblinka und natürlich Auschwitz nie umgebracht worden.
Babyn Jar steht damit für die archaische Form des Massenmordes, nicht die „industrialisierte“ Tötung. Etwa jedes zweite der sechs Millionen jüdischen Opfer starb durch solche Gewalt.
Die Leichen der bei Kiew getöteten Menschen wurden anderthalb Jahre später von einem SS-Sonderkommando und KZ-Häftlingen ausgegraben und auf Scheiterhaufen eingeäschert. Die vorrückende Rote Armee sollte keine Beweise für das Massenverbrechen finden. Genutzt hat diese Verschleierungstaktik nichts, denn es blieben genügend Beweise für die Untat vor 70 Jahren.>
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