Kommentar
Mit dem Scheinargument eines
"Grossen Sprung nach vorn" propagiert Mao seine völlige
Unfähigkeit im psychologischen und ökonomischen Denken. Das
Desaster der grössten Hungersnot aller Zeiten 1958-1961 ist
bis heute ungesühnt. China beklagt 30-60 Mio. Tote. Drei Jahre
später aber im Jahr 1964 imponiert China mit der Atombombe,
und Rache gegen seine Kritiker will Mao auch noch, und die
Medien und die Bevölkerung machen weiter mit...
Michael Palomino
Januar 2006
Quellen
-- Robert C. North: Der chinesische Kommunismus.
Kindler Uni-Bibliothek 1966
-- John F.
Fairbank: Geschichte des modernen China 1800-1985;
dtv 1986
-- Haydt,
Mathias et alia: Ostasien-PLOETZ. Geschichte Chinas,
Japans und Koreas zum Nachschlagen; Verlag Ploetz, Freiburg /
Würzburg 1986
-- verschiedene Internetbeiträge
für Rahmendaten:
-- Hermann Kinder/Werner Hilgemann: DTV Atlas zur
Weltgeschichte Bd. I. und II. 21.Auflage, München 1986
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Strom durch Kooperative...
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1958
Strom durch Kooperative
Plakat: Strom durch Kooperative, China 1958:
"Installierung von elektrischem Licht in der Kooperative."
1958
(http://www.iisg.nl/~landsberger/tg.html)
1958
Ende der Säuberung nach den
"100 Blumen"
Mao hat die Macht in der Partei mit seinem dogmatischsten
Gefolge fest im Griff. Jetzt kann Mao den "Grossen Sprung nach
vorn" befehlen...
(http://www.gmu.edu/departments/economics/bcaplan/museum/chinhung.htm)
Chruschtschow-Besuch in
Peking
(Fairbank, S.311)
als neuer Regierungschef der SU (Fairbank, S.314). Mao wittert
in der SU Korruption und will sie in China auf jeden Fall
bekämpfen (Fairbank, S.318).
Nikita S. Chruschtschow, Portrait
Maos Führungsclique versucht in der Folge vergeblich einen
kommunistischen Gegenkurs gegen Chruschtschows Mittelweg dem
Kapitalismus gegenüber. China unternimmt vergeblich
Anstrengungen, in der Dritten Welt in Afrika und Asien neue
Verbündete gegen die Sowjetunion zu finden. Eine Afrikareise
von Chou Enlai bleibt ohne Erfolg (Fairbank, S.314).
Maos Enttäuschung über Russlands Nichteinsatz von
Atomwaffen
China ist mehr und mehr über Russland enttäuscht, das
von Atomwaffen gegen den Kapitalismus keinen Gebrauch macht:
-- das russische Atomwaffenarsenal wird nicht aggressiv
genutzt
-- es kommt ab 1958 sogar eine "Entspannung" zwischen Moskau
und den "USA" zustande, ohne dass mit China Rücksprache
genommen wird
-- Verhandlungen zwischen
Chruschtschow und
Eisenhower
enden im "Geist von
Camp David" mit Fotos von
Chruschtschow am "amerikanischen" Bankett etc.
->> die Stimmung zwischen
Moskau und
Peking
ist immer mehr getrübt (North, S.212).
Kontroverse zwischen Peking und Moskau
Gegenseitig werfen sich Moskau und Peking vor, die
"Einheit des sozialistischen Lagers" zu untergraben.
->> Die kapitalistischen Staaten reiben sich die Hände
und meinen, die nationalen Interessen von Russland, China und
den anderen kommunistischen Staaten würden die kommunistischen
Interessen überlagern (North, S.213).
ab 1958
Grenzstreit China-Indien jahrelang
(North, S.209).
Mai 1958
Voraussage der Atombombe auch in China
General
Liu Ya-Lou, Kommandeur der Luftwaffe
der chinesischen Kommunisten, sagt voraus, China werde "in
näherer Zukunft" Atomwaffen und Raketen produzieren (North,
S.232).
Mitte 1958
Chinesisches Wirtschaftsprogramm und Mao-Parole vom
"Grossen Sprung nach vorn" (englisch: "Great Leap forward"
GLF)
Die Konkurrenzsituation Maos
zur Sowjetunion
Um eine Eigenständigkeit und Unabhängigkeit von der
Sowjetunion zu erreichen, propagiert Mao ein
"Wirtschaftsprogramm" des "Grossen Sprung nach vorn".
(http://www.chinatour.com/countryinfo/history.htm#prc)
Mao hat dabei die Vorstellung, Stalins
Industrialisierungsprogramm zu kopieren, bei gleichzeitiger
Einführung des "wahren Kommunismus", mit der Eliminierung
aller Spuren von Individualismus, die Stalin noch toleriert
hatte.
(http://www.gmu.edu/departments/economics/bcaplan/museum/chinhung.htm)
Maos Helfer für den "Grossen
Sprung nach vorn"
Gemäss Jasper Becker im Buch "Hungry Ghosts" sind dies z.B. Hua Guofeng, Zhao Ziyang, Hu
Yaobang und Kang
Sheng.
Maos Helfer beim
"Grossen Sprung nach vorn":
Hua Guofeng, Hu Yaobang, Zhao Ziyang und Kang
Sheng
Ausserdem tun die neuen bäuerlichen Kader alles für ihren
"Führer Mao". Sie meinen, mit Revolutionen weiter "befreien" zu
müssen und wissen nicht, was sie tun (Fairbank, S.313).
17.-30.8.1958
Peitaiho: Sitzung des
erweiterten Politbüros: Mao kann seine Politik der "Drei
Roten Banner" behaupten
(Haydt u.a., S.62)
Die "Drei Roten Banner" verkörpern
-- die "Generallinie des sozialistischen Aufbaus"
-- den "Grossen Sprung nach vorn"
-- die Volkskommunen (Haydt u.a., S.63).
Damit distanziert sich Mao vom sowjetischen Modell und bricht
einen graduellen quantitativen Wandel für China ab. Er plädiert
für eine "ununterbrochene Revolution" und eine gleichgewichtige
Entwicklung von Industrie und Landwirtschaft. Die Landwirtschaft
soll sich über die Schaffung grösserer Produktionseinheiten und
eine intensivere Mobilisierung der Arbeitskraft der Bevölkerung
durch Massenbewegungen zum Motor der Entwicklung werden (Haydt
u.a., S.63).
Mao erwartet vom neuen Kurs nicht nur "schnellere, bessere und
mehr Ergebnisse", sondern auch eine verstärkte Weiterentwicklung
des politischen Bewusstseins der Bevölkerung. Im Mittelpunkt
steht die Volkskommune, die neue "Grundeinheit der
sozialistischen Gesellschaftsordnung", mit ihren
Produktionsbrigaden und Produktionsgruppen, aufgeteilt in die
Fachbereiche Industrie, Landwirtschaft, Handel, Erziehung und
Verteidigung (Haydt u.a., S.63).
Die Volkskommunen sollen das Wirtschaftswachstum fördern, die
Unterschiede zwischen Stadt und Land, Kopf- und Handarbeit,
Arbeiter und Bauern verringern, den Einsatz der Arbeitskräfte
verbessern und den "konkreten Weg für den Übergang zum
Kommunismus" erkunden. Maos Clique führt Masseneinsätze für
Infrastrukturmassnahmen durch, z.B. Strassenbau,
Bewässerungsanlagen etc. (Haydt u.a., S.63).
Die neuen Kulte: Rote Fahnen bei der Dorfankunft - Trommeln und Gongs
Die Propagandamittel sind dabei sehr verschieden und werden
vor Ort von den örtlichen Führer improvisiert.
(http://www.mindground.net/glp.html; Meisner,
Maurice: Mao’s China: A History of the People’s
Republic. New York: Macmillan, 1979)
Maos Funke stürzt das Land ins Chaos mit nur halb durchdachten
Massnahmen. Typisch ist, in Dörfer mit roten Fahnen
einzumarschieren, Trommeln und Gong zu spielen, und Feuerwerk
abzulassen, um einen neuen Lebensstil einzuweihen.
(http://www.mindground.net/glp.html; Leung,
Laifong: Morning Sun: Interviews with Chinese
Writers of the Lost Generation. New York: M.
E.Sharpe, 1994, S.200-201)
In Hebei z.B. kündigt das Provinzkomitee ehrgeizig an: "Die
grossen Fortschritte des überall vorhandenen Sprungs nach vorn
haben die Massen und die Kader geschult. Die Bevölkerung hat
nun uneingeschränktes Vertrauen in die Richtigkeit der
Parteiführung und anerkennt vollkommen die Überlegenheit des
sozialistischen Systems und die grosse Tapferkeit der
arbeitenden Bevölkerung im Kampf mit der Natur."
(http://www.mindground.net/glp.html; Qiyu,
Shi. “The Decline of a Moral Regime.”
Comparative Political Studies 27.2 (1994):
S.272-297, S.278).
Die Zwangskollektivierung
aller Bauern: Befehl zur Einrichtung von "Volkskommunen"
Zur Erhöhung der Getreideproduktion sollen alle Bauern auf
kollektivierten Höfen arbeiten. Ausserdem soll jede
Arbeitskraft zur Stahlproduktion genutzt werden.
(http://www.chinatour.com/countryinfo/history.htm#prc)
Konkret:
oo Zusammenschluss der Bauern in Kommunen
oo Anlage von "Volkshochöfen" zur
Herstellung von Roheisen auch auf dem Lande (North, S.191)
oo Bau von Haushalts-Fabrikationsstätten, und neben
Volkshochöfen auch Anlage von Minengruben.
(http://www.msnbc.com/modules/china_taiwan/1950.asp)
Die ohnehin schon unterdrückerischen "Kollektiven" werden nun
zu völlig totalitären "Volkskommunen" umorganisiert. Private
Gemeinschaften werden völlig abgeschafft und kommunale Küchen
eingerichtet, die für die gesamte Dorfbevölkerung kochen
sollen, in Chayashan
in der Provinz Henan
als erste, für 40.000 Mitglieder.
(http://www.gmu.edu/departments/economics/bcaplan/museum/chinhung.htm;
Jasper
Becker: "Hungry Ghosts", 1996, S.83)
Die Volkskommunen rauben den Bauern jegliche Privatsphäre. Die
Bauern müssen allen Besitz abgeben und werden als
Fabrikarbeiter behandelt, organisiert in Teams und Brigaden.
Sie müssen die Arbeit machen, zu der sie befohlen werden. Sie
müssen in Kantinen essen, und oft müssen sie zusammen in
Baracken schlafen. Familienleben und Traditionen, persönlicher
Besitz und Privatsphäre, persönliche Initiative und
indiviuelle Freiheiten werden für 1/7 der Bevölkerung
zerstört.
(http://www.gmu.edu/departments/economics/bcaplan/museum/comfaq.htm#part7;
R.J.
Rummel: China's Bloody Century)
Konkret: Alle werden gleich arm. Die Mehrheit der Chinesen ist
nun immer mehr desillusioniert und wendet sich dem alten
Familienkult zu. Die Bauern gelten weiter als minderwertig und
unzivilisiert (Fairbank, S.340).
Maos Prinzipienfehler: Er
sperrt Ingenieure und Wissenschaftler ein - Parteitreue
statt Fachkompetenz
Das Herz der Kampagne des "Grossen Sprungs nach vorn" ist Maos
Behauptung, dass wissenschaftliche und ökonomisch gesetzte
Rahmenbedingungen ein Unsinn der bürgerlichen Propaganda
seien. Die Kommunistische Partei Chinas behauptet dafür eine
neue wissenschaftliche Doktrin: Das von der revolutionären
Führung geführte Volk kann alles erreichen. Mao begreift
nicht, dass die Natur so funktioniert, wie sie es will, und
nicht so, wie eine Ideologie es will...
(http://www.gmu.edu/departments/economics/bcaplan/museum/chinhung.htm)
[Maos intellektuelle Unterentwicklung und Verbortheit harrt
noch der psychologischen Untersuchung].
Das Ziel des "Grossen Sprungs nach vorn" ist also die
Vernichtung der Intelligenz auf das Niveau der Bauern. Mao
lässt verkünden, Bücher und Fachkräfte seien überflüssig
(Fairbank, S.299).
Mao setzt also auf Ideologie statt auf Fachwissen. Er
verzichtet auf kompetente Leute, wenn sie nicht auf der
Parteilinie sind, nach dem Motto:
"Besser einen Roten als einen Experten."
So setzt Mao immer total unqualifizierte Ideologen an
Schaltstellen von Projekten, wo wirklich technische Erfahrung
nötig wäre.
(http://www.chinatour.com/countryinfo/history.htm#prc)
Mao meint, dass allein ein "rotes"
Bewusstsein den Fortschritt bringen würde.
(http://www.knerger.de/Erlaeuterungen/hauptteil_erlaeuterungen.html#grossersprung)
Beim "Sprung nach vorn" werden hochqualifizierte Ingenieure
und Wissenschaftler als "bürgerliche Experten" eingestuft und
inhaftiert oder zu Handarbeit verurteilt.
(http://www.mindground.net/glp.html; Becker,
Jasper. Hungry Ghosts: Mao’s Secret Famine.
Rev. ed. New York: Henry Holt, 1998, S.63)
Als die Partei dann Tausende neuer Schulen, Universitäten und
Forschungsinstitute gründet, ist bei der Besetzung der
Lehrstühle auf dem Land die Loyalität zur Partei eher gefragt
als die Fachkompetenz.
(http://www.mindground.net/glp.html; Zhou,
Xueguang. “Unorganized Interests and Collective
Action in Communist China.” American Sociological
Review 58.1 (1993): 54-73, S.61).
Die Bauern schlachten alles,
bevor es eingezogen wird - oder die Bauern ziehen sogar weg
Die Reaktion auf die neuen Bräuche des "Sprungs nach vorn"
sind unterschiedlich. Bauern schlachten in einem Anfall von
Wahn alle zum Einzug vorgesehenen Tiere, so dass sie nicht
mehr von den neuen Kommunen konfisziert werden können.
(http://www.mindground.net/glp.html;
MacFarquhar, Roderick, Timothy Cheek, and Eugene Wu,
Hrsg.: The Secret Speeches of Chairman Mao: From the
Hundred Flowers to the Great Leap Forward.
Cambridge: Harvard UP, 1989, S.328)
Interne Berichte sprechen sogar von gewalttätigem Widerstand.
Bauern schlagen die Parteikader und verlassen die Kommune und
nehmen dabei Korn und Tiere mit.
(http://www.mindground.net/glp.html; Becker,
Jasper. Hungry Ghosts: Mao’s Secret Famine.
Rev. ed. New York: Henry Holt, 1998, S. 54).
Die Integration in die
Kommune wird mit Raub assoziiert
In vielen Kommunen kommt statt des Geistes der
"Kommunisierung" (gongchan feng) die Befürchtung auf, die
Partei wolle den Leuten alles rauben. Örtliche Parteiführer
beschlagnahmen Besitz und sogar ganze Handwerkereinrichtungen,
um sie in die neuen Kommunen zu integrieren. So werden die
Menschen durch hastige und ehrgeizige Beschlagnahmungen
privater Güter von der Kommunisierung abgeschreckt.
(http://www.mindground.net/glp.html; Zhang,
Zhihong. “Rural Industrialization in China: From
Backyard Furnaces to Township and Village
Enterprises.” East Asia: An International
Quarterly 17.3 (1999): 61-88, S.64)
Propaganda des Überflusses
für die Zeit nach dem "Sprung nach vorn" - kurzer Überfluss
- und dann nichts mehr
Die Loyalität der Bevölkerung für die Anstrengungen beim
"Sprung nach vorn" kommt von Versprechungen, dass nach den
grossen Dimensionen, die an ein 1000-jähriges Werk erinnern,
zwangsweise ein hoher Wohlstand eintreten müsse. In einigen
Provinzen lassen die Parteiführer die Menschen denn auch so
viel essen wie sie wollen. Sie essen in zwei Wochen so viel,
wie für drei Monate vorgesehen ist...
(http://www.mindground.net/glp.html; Yang, Dali
L. Calamity and Reform in China: State, Rural
Society, and Institutional Change Since the Great Leap
Famine. Stanford: Stanford UP, 1996, S.55)
Dieser Vorgang wird auch andernorts bestätigt:
"Die Kommunalisierung sorgt für einen weiteren Rückgang der
Nahrungsmittelversorgung, aber dieses Mal durch die
Konsumation von Lebensmitteln: Die Gemeindeküchen feiern eine
neu gefundene "Blüte" und versorgen die Leute grosszügig mit
Gratis-Essen, bis eine Lebensmittelknappheit auftritt."
(http://www.gmu.edu/departments/economics/bcaplan/museum/chinhung.htm)
Maos erste eigene
"Wirtschaftspolitik" endet im Desaster - der falsche Gehorsam
Mao trifft die alleinige Schuld am Desaster, und die Führung
der KPCh ahnt die Katastrophe nicht. Die Tüchtigkeit und
Ordnung in China in der Zeit von 1950 bis 1958 geht damit für
lange Zeit verloren (Fairbank, S.295). Mit dem "Grossen Sprung
nach vorn" (GSV) löst sich Mao erstmals vom Vorbild der
Sowjetunion. Der GSV ist die erste eigene Wirtschaftspolitik
Maos. Es ist der Versuch der Industrialisierung mit Hilfe der
traditionellen Herrschaft über die Landbevölkerung. Mao lässt
quasi die Zwangsarbeit der Kaiserzeit wieder einführen: Statt
der kaiserlichen Befehlswirtschaft herrscht nun die
kommunistische Befehlswirtschaft (Fairbank, S.296). Die KPCh
nimmt dabei die Stellung des Kaisers und des kaiserlichen
Personals ein (Fairbank, S.297).
Dem Personal ist der traditionelle Gehorsam wichtiger als das
Wohl der Bevölkerung:
-- die Verhaltensvorschriften befehlen Unterwürfigkeit
-- die Kommunikation ist egalitär vereinheitlicht
-- und die Bauern sind weiterhin sehr gefügig (Fairbank, S.297).
[Weil in Maos System niemand warnen darf, passiert die geplante
Katastrophe...]
Gleichzeitig erfolgt auch noch
Schuldendienst für das Ausland
Der Schuldendienst für das Ausland in Form von Agrarprodukten
wird ausgebaut, und die Investitionsfonds für China werden
erhöht (Fairbank, S.303).
Die Organisation von Brigaden
zur Massensklaverei
-- die Bevölkerungsmassen werden in Brigaden organisiert
(Fairbank, S.300)
-- die Massen werden zum Masseneinsatz einberufen, beim Bau von
Deichen, Bewässerungskanälen, Stauwerken zur Landgewinnung,
Stauwerken zum Anlegen neuer Seen etc. (Fairbank, S.299)
-- ganze Regimenter von Bauern marschieren mit Hacken und Körben
in militärischen Formationen auf die Felder, mit Fahnen und
unter Trommeln, in Andeutung eines Krieges gegen die
widerspenstige Natur (Fairbank, S.301)
-- es werden wirtschaftliche Verbesserungen versprochen
(Fairbank, S.298), aber die Produktivität bleibt zweitrangig
(Fairbank, S.299).
14 Millionen Jugendliche werden 1958 aufs Land geschickt
(Fairbank, S.340).
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Sprung
nach
vorn: Bauern mit Schubkarren, Provinz
Guangdong 1958-1961
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Sprung
nach vorn: Bauern graben Kanal von Hand,
Zhengzhou, Provinz Henan
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Bautätigkeit beim "Sprung nach
vorn"
-- Trockenlegung von Seen, Bau von Strassen und Dämmen von
Hand
-- intensivierte Arbeit in Minen
(http://www.mindground.net/glp.html; Bardeen,
William T.: “The Great Leap Forward: Environment and
Development in China.” Harvard International
Review 17.3 (1995), S.64-69, S.64).
Maos
landwirtschaftliche Massnahmen beim "Sprung nach vorn"
Diktator Mao befielt den chinesischen Bauern, neue, vom
stalinistischen Medizin-Biologen Lsyenko abgeleitete, pseudo-wissenschaftliche
Landwirt- schaftsmethoden [u.a.] auszuprobieren.
Erfahrenen Bauern wird unter Waffengewalt befohlen, ihre
"altmodischen" Landbaumethoden durch die "wissenschaftlichen"
Methoden des Marxismus zu ersetzen. In Wahrheit wird das
bäuerliche, wissenschaftliche Erfahrungs- wissen zugunsten
eines Nonsens abgeschafft.
(http://www.gmu.edu/departments/economics/bcaplan/museum/chinhung.htm)
Die Befehle für die Bauern:
-- Verbreitung neuer Tierzuchtmethoden und
Verbreitung von neuartigem Saatgut
-- Hauspflanzungen, tiefes Pflügen, verbesserte
Fruchtbarkeit, neue Landwirtschaftsgeräte
-- verbesserte Feldwirtschaft, verbesserte
Kontrolle über Feldplagen, und verbesserte Bewässerung.
(http://www.mindground.net/glp.html; Becker,
Jasper. Hungry Ghosts: Mao’s Secret Famine. Rev.
ed. New York: Henry Holt, 1998, S.70).
Der "Grosse Sprung nach vorn"
ist de facto eine Realisierung grosser Bauvorhaben im Stil der
Kaiserzeit mit Massensklaverei der Bauern analog der Sklaverei
beim Bau des Grossen Kanals in der Ming-Zeit. Den
Dorfvorstehern wird beim "Grossen Sprung nach vorn" befohlen,
für so und so viele Tage eine bestimmte Anzahl Leute zu
stellen. Meist werden in Körben mit Stangen über den Schultern
gewaltige Erdmassen bewegt oder in Steinbrüchen gearbeitet.
Mao lässt - wie die Kaiser dei Wei der Sung oder der Ming -
durch Massenzwangsarbeit Grossprojekte ausführen (Fairbank,
S.313).
Propaganda für die Studenten
"hinauf in die Berge und hinunter in die Dörfer"
Plakat 1958:
Studenten auf die Berge und hinunter in die Dörfer:
Willkommensgruss. Von der "Umerziehung" steht nichts
geschrieben...
Die Kader und Intellektuellen werden 1958 im Rahmen des
"Grossen Sprung nach vorn" aus den Städten aufs Land
geschickt, um auf Landwirtschaftsniveau aus erster Hand mit
praktischer Arbeit Erfahrung zu sammeln.
(http://www.iisg.nl/~landsberger/m7.html)
Mit dem Vorwand, Leute bei den Bauern "praktische Erfahrung"
sammeln zu lassen, können alle Oppositionellen isoliert
werden...
Maos These vom "Papiertieger": "Imperialists and All
Reactionaries are Paper Tigers" ["Imperialisten und alle
Reaktionäre sind Papiertiger"]
-- die wirtschaftlichen, politischen und sozialen Kräfte der
Geschichte stehen auf der Seite des revolutionären Sozialismus
-- der Kapitalismus habe keine Zukunft (North, S.212).
Der "Sprung nach vorn" gegen
die Sowjetunion und gegen England
Frühere Produktionsziele werden korrigiert und neue,
ehrgeizige Ziele definiert (North, S.191). In der Folge sollen
über 700.000 landwirtschaftliche Genossenschaften in ein paar
Monaten in 26.000 Volkskommunen umgewandelt werden (North,
S.192)
für eine radikale Modernisierung der Wirtschaft.
(http://www.msnbc.com/modules/china_taiwan/1950.asp)
Dabei sind der Mao-Führung die ökonomischen Ziele gar nicht so
wichtig, sondern es soll v.a. der in Maos Augen abtrünnigen
Sowjetunion gezeigt werden, dass China auf einem eigenen Weg
zu einem besseren Wirtschaftsentwicklung fähig ist als die SU,
und dadurch auch erfolgreicher als das sowjetische Modell, dem
China bisher eifrig gefolgt war. Und in höchstens 15 Jahren
soll die Wirtschaft Englands
überholt werden, so der Plan der Mao-Führung.
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Plakat für den "Sprung nach vorn" 1958: Drei Jahre
arbeiten und Chinas Gesicht verändern:
"Arbeite drei Jahre lang hart. Verändere das Gesicht
von China. Brich mit England, und brich mit
Amerika." |
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China Sprung
nach vorn 1958: Drachenschiff mit Parole "Grösser,
schneller, besser, billiger", und armes Taiwan
rechts unten.
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Die 5-Jahres-Pläne sind der
Führung zu langsam. Die Radikalen in der Mao-Führung
versuchen, sich gegenseitig mit unrealistischen Parolen zu
übertreffen wie "grössere, schnellere, bessere, und billigere"
Produktion. Propagandaplakate spielen der Bevölkerung - oft
auf einem Drachen dargestellt - einen Reichtum durch die
Befolgung dieser Parolen vor, und oft wird Taiwans Bevölkerung
als arm dargestellt, die unter der Kuomintang und den "USA" zu
leiden habe.
(http://www.iisg.nl/~landsberger/glf.html)
Die Mao-Führung glaubt in übertriebenem Mass an die Macht der
Propaganda. Es komme nur auf den Willen drauf an, und wenn man
den subjektiven menschlichen Dimensionen der Geschichte
Vorrang einräumen würde, so würde die Bevölkerung schon fähig
sein, eine Umwandlung der konkreten Hindernisse zustande zu
bringen. Folglich wird ein noch nie da gewesener
Propagandafeldzug geführt, der an Herz und Nieren geht. Dabei
ist die Propaganda zweigeteilt: für eine Produktion von
Massenstahl, und für die Bildung von Volkskommunen.
Überrissene Produktionszahlen aus Konkurrenzdenken -
Folter - die Unfähigkeit zur Korrektur - Getreideexporte (!)
Gleichzeitig wird den örtlichen Parteisektionen ein enormer
Druck aufgesetzt, so dass Produktionszahlen nach aufwärts
gefälscht werden. Die gefälschten Zahlen werden von höheren
Rängen ernst genommen und danach die neuen Dorfquoten
eingeschätzt. Wenn die Quoten dann nicht eingehalten werden
können, so werden die unseligen Bauern gesucht und gefoltert,
um verstecktes Getreide herauszugeben. Wie in der ukrainischen
Hungersnot unter Stalin müssen die fruchtbarsten Gebiete die
höchsten Quoten erfüllen und leiden deswegen am meisten.
(http://www.gmu.edu/departments/economics/bcaplan/museum/chinhung.htm)
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Bonbonwerbung
1958 für Sprung nach vorn 1958-1961: "Heil dem Sieg
des Maoismus! Heil dem grossen Sprung nach vorn!"
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Erst nach einer Klagewelle
wird Mao bewusst, was da für ein Unsinn veranstaltet wird,
denn ohne Werkzeuge können keine hohen Produktionsraten
erzeugt werden.
(http://www.mindground.net/glp.html; Schram,
Stuart, Hrsg.: Chairman Mao Talks to the People:
Talks and Letters 1956-1971. Trans. John
Chinnery and Tieyun. New York: Random, 1974, S.106).
Die Führung um Mao aber reagiert auf Maos Alarm nicht, sondern
meint, ihre Karriere sei nur dann sicher, wenn die hohen
Produktionsvorgaben der Unterführer erreicht würde. Dies führt
zu einer wahnsinnigen Produktion von Produkten ohne Qualität,
nicht brauchbaren Produkten und Lügnerei über die
landwirtschaftlichen Erträge.
(http://www.mindground.net/glp.html;
MacFarquhar, Roderick, Timothy Cheek, und Eugene Wu,
Hrsg.: The Secret Speeches of Chairman Mao: From the
Hundred Flowers to the Great Leap Forward.
Cambridge: Harvard UP, 1989, S.248)
Dabei besteht je nach Dichte an Parteimitgliedern ein
Unterschied. Gebiete mit niedrigem Anteil an Parteimitgliedern
folgen eher den überrissenen Produktionsvorgaben, um ihre
Treue zur Partei zu beweisen.
(http://www.mindground.net/glp.html; Yang, Dali
L. Calamity and Reform in China: State, Rural
Society, and Institutional Change Since the Great Leap
Famine. Stanford: Stanford UP, 1996, S.245).
Und wie in Russland während der Hungersnot in der Ukraine wird
während der Hungersnot in China aus China noch Getreide
exportiert...
(http://www.gmu.edu/departments/economics/bcaplan/museum/chinhung.htm)
Der "Sprung nach vorn" in der
Stahlproduktion - der "Volksstahl" ist aber unbrauchbar...
Als letzte Massnahme des "Sprung nach vorn" befielt Mao die
Stahlproduktion und die Produktion von Industrieprodukten in
jedem Dorf.
(http://www.gmu.edu/departments/economics/bcaplan/museum/chinhung.htm)
Mao meint, damit nun auch die Schwerindustrie zu
dezentralisieren (Fairbank, S. 300).
Es soll so viel Stahl produziert werden, dass am Ende die
Industrieproduktion Englands überholt werden kann. Das Leben
wird für diese Stahlschlacht militarisiert. Überall werden in
Hinterhöfen kleine Stahlöfen aufgebaut, die rund um die Uhr in
24-Stunden-Schichten bewacht werden müssen. Um die geforderten
Quoten der Metallsammlungen zu erreichen, werden Kochtöpfe und
Türklinken eingeschmolzen.
(http://www.iisg.nl/~landsberger/glf.html)
Die Menschen müssen ihren Bestand an Töpfen und Pfannen
einschmelzen, um die geforderten Quoten zu erreichen.
(http://www.gmu.edu/departments/economics/bcaplan/museum/chinhung.htm)
Die stärksten Männer und Frauen bewachen die ineffizienten
Öfen Tag und Nacht. Dabei werden grosse Holz- und Waldreserven
aufgebraucht und jeder letzte Rest an Metall oder Eisen
eingeschmolzen.
(http://www.mindground.net/glp.html MacFarquhar,
Roderick, Timothy Cheek, and Eugene Wu, eds. The
Secret Speeches of Chairman Mao: From the Hundred Flowers
to the Great Leap Forward. Cambridge: Harvard UP,
1989, S.327).
Erst später wird offensichtlich, dass dieser in Massen
produzierte Volksstahl von so geringer Qualität ist, dass man
ihn nirgendwo verwenden kann. Die Auswirkungen für die Umwelt
sind katastrophal.
(http://www.iisg.nl/~landsberger/glf.html)
Der "Sprung nach vorn": Enteignung der Bauern - die
Gründung von "Volkskommunen" auf dem Land
Die Bauern werden nun komplett enteignet, so dass der Zustand
wieder hergestellt ist, der vor der Landreform herrschte, nur
dass die Landlords durch die Staatsdiktatur ersetzt sind.
(http://www.iisg.nl/~landsberger/tg.html)
Auf dem Land werden die verschiedenen ländlichen Kooperativen
zu grossen Volkskommunen zusammengeführt. Das ländliche Leben
wird komplett kollektiviert, z.B. mit Kantinen, wo gratis
Lebensmittel abgeliefert werden. Die örtlichen Vertreter
setzen aber die Produktionszahlen im übermässigen Eifer und im
"abgehobenen" Enthusiasmus sowie aus Angst, als rote Laterne
gebrandmarkt zu werden, unrealistisch immer höher und höher
an.
(http://www.iisg.nl/~landsberger/glf.html)
Der "Sprung nach vorn": Keine
Arbeitskräfte für die Ernte verfügbar
Da jeder bei der Stahlproduktion beschäftigt ist, fehlen
Arbeitskräfte für die Ernte. Wenn die Ernte eingebracht würde,
wie die enthusiastischen Berichte es versprechen, dann "wäre
Kommunismus gerade um die Ecke", wie es im Herbst 1958 der
allgemeine Glaube zu sein scheint.
(http://www.iisg.nl/~landsberger/glf.html)
Kein "Sprung nach vorn"
in China - Peking-China erlebt 3 Jahre Hungersnöte,
Umstürze und Flüchtlingsströme
(http://www.msnbc.com/modules/china_taiwan/1960.asp)
und Millionen Hungertote: 20
bis 60 Millionen
Am verfehlten "Sprung nach vorn" sterben ca. 20 Millionen
Chinesen an Hunger.
(http://www.newseum.org/century/j_timeline/87_1958_great_leap/index.htm)
Zwischen 1958 und 1960 sterben beim "Sprung nach vorn" um die
30 Millionen Menschen an Hunger.
(http://www.sinophilia.org/china/storia3.htm)
Von 1958 bis 1960 produzieren Fehlplanung und schlechte
Führung 30 Millionen Hungertote. Offiziell gibt die Regierung
dem "schlechten Wetter" die Schuld.
(http://www.chinatour.com/countryinfo/history.htm#prc)
Es ist vielleicht die grösste Hungersnot, die die Welt je
erlebt hat.
(http://www.mindground.net/glp.html)
Fairbank gibt 20-30 Mio. Todesopfer an, durch die destruktive
Politik der KPCh, eine der grössten Katastrophen der
Menschheitsgeschichte (Fairbank, S.295).
Die Untersuchungen von Jasper Becker in seinem Buch "Hungrige
Geister" / "Hungry Ghosts" (1996) kommen für die Jahre
1958-1961 gar auf Schätzungen von 30 bis 60 Millionen
unnatürlichen Todesfällen.
(http://www.gmu.edu/departments/economics/bcaplan/museum/chinhung.htm)
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Chinas "Grosser
Sprung nach vorn": Chinesenkind mit Hungerbauch vor
dem Hungertod, 1958 ca.
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Die landesweite Hungersnot - zu Friedenszeiten ohne
Not
Becker zeigt in seinem Buch "Hungrige Geister" / "Hungry
Ghosts" auf, dass die gesamte Hungersnot beim "Grossen Sprung
nach vorn" von Menschenhand gemacht ist und nicht mit
"Mismanagement" entschuldigt werden kann. Es handelt sich um
böswillige Gleichgültigkeit gegenüber dem menschlichen Leben.
Die landesweite Hungersnot kann nicht mit natürlichen
Bedingungen erklärt werden, weil die Klimaten in China zu
unterschiedlich sind, dass eine solche Hungersnot überall
gleichzeitig auftreten würde. Die Hungersnot ist zudem weder
von Bürgerkrieg noch durch eine barbarische Invasion von
aussen her verursacht, sondern durch einen einseitigen Krieg
der chinesischen Regierung gegen das chinesische Volk.
(http://www.gmu.edu/departments/economics/bcaplan/museum/chinhung.htm)
1958-1961 / während des
"Grossen Sprungs nach vorn"
Hygienekampagnen z.B. zur
Ausrottung der "vier Pestarten": Ratten, Spatzen, Fliegen
und Moskitos (chu si hai yundong)
(http://www.iisg.nl/~landsberger/ws.html;
http://www.marxists.org/reference/archive/mao/selected-works/volume-5/mswv5_67.htm)
Meldungen zum "Grossen Sprung nach vorn"
11.7.2012: Massentod und Kannibalismus mit 36
Millionen Hungertoten
Buchempfehlung:
Yang Jisheng:
"Grabstein – Mùbei. Die große chinesische Hungerkatastrophe
1958-1962". (Übers. von Hans Peter Hoffmann. S. Fischer,
Frankfurt/M. 800 Seiten, 28 Euro. ISBN: 978-3-10-080023-7)
aus: Welt online: Maos "Großer Sprung": Menschheitsexperiment
mit 36 Millionen Toten; 11.7.2012;
http://www.welt.de/kultur/history/article107301487/Menschheitsexperiment-mit-36-Millionen-Toten.html
<Als
Eltern ihre Kinder aßen: Zwischen 1958 und 1962 sollte
China zum Industriestaat kollektiviert werden. Ein
Zeitzeuge beschreibt die unfassbaren Details der größten
Hungerkatastrophe der Geschichte.
Von Michael Holmes
Auf dem Friedhof
der Geschichte erinnert jedes Grabmal an mehr Tote, als
unsere Vorstellungskraft fassen kann. Entlang seiner
Hauptachse liegen die großen und gut gepflegten Gräber, vor
denen die meisten Besucher stehen bleiben, den Kopf senken
und trauern. Hier hat der chinesische Journalist Yang Jisheng
fast zwanzig Jahre unermüdlich an einem Stein gearbeitet.
"Mit diesem Buch
errichte ich einen Grabstein für meinen Vater und 36 Millionen
Chinesen, die an Hunger starben, für das System,
das ihren Tod verursachte und vielleicht für mich selbst" –
so eröffnet er sein monumentales Werk über Maos "Großen
Sprung" und die Hungersnot der Jahre 1958 bis 1962. Damals
nutzte man Grabsteine als Baumaterial. Dieser soll den
Seelen der Ermordeten Trost spenden und die Lebenden mahnen.
Der junge Yang
gehörte zu den eifrigsten Kommunisten seiner Schule, als
sein Vater verhungerte. Aber sein Glaube an Mao und die
Partei war unerschütterlich. Von 1966 bis 2001 arbeitete er
für die staatliche Presseagentur Xinhua. Erst das
Tiananmen-Massaker öffnete ihm die Augen.
Menschen aßen sich gegenseitig
Er begann überall
im Land interne Parteidokumente über die Hungerzeit zu lesen
und mit Zeugen der Katastrophe zu sprechen. Aus diesen
Recherchen entstand die bisher umfassendste Studie über
dieses historische Menschheitsverbrechen.
Viele bezweifeln
die Größenordnung der Hungersnot. Yang hat alle relevanten
Daten aus den Provinzen zusammengetragen, gründlich
ausgewertet und mit dem bisherigen Forschungsstand
verglichen. Seiner gut begründeten Schätzung zufolge fanden
rund 36 Millionen Menschen den Tod. Das größte
Menschenexperiment resultierte in der größten
Hungerkatastrophe der Geschichte. Yang lässt Überlebende die
"blutigen Geschichten" hinter den "dürren Todeszahlen"
erzählen.
Hungernde kämpften
um winzige Essensreste. Sie stopften sich Würmer, Ratten,
Baumrinde und Lehm in den Mund. Einige brachte der
Hungerdämon so weit, das Fleisch ihrer Eltern, Kinder oder
Geschwister zu essen. Ganze Dörfer wurden ausgelöscht, die
Opfer in Massengräbern verscharrt.
Hölle aus Angst
Zudem wurden
Hunderttausende aufgrund von Gedanken, Gerüchten oder
winzigen Verfehlungen als Volksfeinde gebrandmarkt. Auf
endlosen Massenversammlungen zwang der schreiende Mob "die
Konterrevolutionäre" in erniedrigende Körperhaltungen,
bespuckte und verprügelte sie. Yang schildert eine Hölle aus
Hunger, Angst und Schmerz, deren unterster Kreis allen
drohte, die sich kein Lächeln über den versprochenen Himmel
auf Erden mehr abringen konnten.
Meist werden
jedoch die Ursachen der Hungersnot bestritten. Yang legt
überzeugend dar, dass diese "in Jahren mit ganz normalen
Ernteerträgen, ohne Krieg und ohne Seuchen" wütete. Er
zeichnet nach, wie der totalitäre Leviathan alles und jeden
erfasste und mit sich in den Abgrund riss.
Der Terror war allgegenwärtig
Als der Hunger
begann, reichte das revolutionäre System "bis in die
entlegensten Dörfer" und griff tief in "die Köpfe und
Leiber" jedes Einzelnen ein. "Die Ausdehnung seiner Macht
erreichte ein nicht mehr zu steigerndes Maximum". Die Bauern
arbeiteten, aßen und schliefen in riesigen Volkskommunen.
Parteiorganisationen beherrschten die Wirtschaft, das
Alltagsleben, die Kultur.
Die Parolen,
Lieder und roten Fahnen waren so allgegenwärtig wie der
Terror. Eine winzige Machtelite kontrollierte sämtliche
Ressourcen des Riesenreiches und entschied darüber, was,
wann und wie zu geschehen hatte. Deshalb muss den Marxismus
der Parteiführer ernst nehmen, wer das Ausmaß des Hungers
und der Gewalt verstehen möchte.
"Schneller,
weiter, besser!", befahl Mao, der "Große Vorsitzende", der
jeden Chinesen als einen Soldaten in der Schlacht der
Superlative sah. Die Enteignungskampagnen wurden radikaler,
die Säuberungen grausamer und die Baupläne gewaltiger. Die
Planziffern für Landwirtschafts- und Industrieerzeugnisse
stiegen in astronomische Höhen.
Der "chinesische Solschenizyn"
Die Regierung
forderte Getreidemengen, welche die Bauern unter keinen
Umständen hätten liefern können. Gleichzeitig zwang sie
Millionen dazu, Staudämme und Bewässerungsanlagen sowie
unzählige Hochöfen zur Stahlproduktion zu errichten. Die
Abschaffung des Privateigentums vernichtete die
Arbeitsanreize der Bauern. Also mussten die Parteikader sie
mit Härte zur Knochenarbeit auf den Feldern und Baustellen
treiben.
Yang gibt dem
"von der Gloriole des Ideals umleuchteten Regime" die Schuld
am Hunger. Seine tiefgehenden Analysen zeigen, wie sich in
einem System ohne Demokratie, Meinungsfreiheit und
Eigentumsrechte "kleine Fehler zu großen ausweiten".
Er wird bereits
als der "chinesische Solschenizyn" gefeiert. Wie dessen
"Archipel Gulag" stellt auch seine Anklageschrift eine
Gefahr dar – für Chinas Machthaber, die sie verboten haben,
und für das Selbstbild der zahllosen Linken in aller Welt,
die Maos Revolution unterstützt haben.>
23.8.1958
Quemoy: Zweiter chinesisch-kommunistischer Angriff auf
Inseln Quemoy
Heftige Bombardements auf Quemoy. Die "USA" verwerfen Chiang
Kai-Sheks Vorschlag, im Gegenzug das Festland zu bombardieren,
liefern an Taiwan aber bald Kampfjets und Luftabwehrraketen,
sowie Amphibienfahrzeuge für Angriffe und Versorgung vom Meer
aus, als ein gesunkenes Taiwan-Schiff den Hafen blockiert.
(http://en.wikipedia.org/wiki/Chinese_Civil_War)
23.8.-5.10.1958
Peking-China beschiesst die
Taiwan-Inseln Quemoy und Matsu
Moskau verweigert China für diese Aktionen die Rückendeckung.
Moskau unterstützt chinesische Massnahmen zur Besetzung
Taiwans nicht. Der Konflikt zwischen Peking und Moskau über
die Weltpolitik bricht offen aus (Haydt u.a., S.64).
7.9.1958
Quemoy: Versorgungskonvoi für
Quemoy bleibt unbeschadet
Ein taiwanesischer Konvoi für die Insel Quemoy wird von den
"USA" eskortiert. Peking-China unterlässt jeden Beschuss.
(http://en.wikipedia.org/wiki/Chinese_Civil_War)
September bis Dezember 1958
Peking-China: Schaffung
von 25.000 "Volkskommunen"
Mao rät im September 1958 dringend zur Schaffung von
Volkskommunen (North, S.233). Gegen Ende des Jahres ist fast
die gesamte Landbevölkerung in über 25.000 Volkskommunen
zusammengefasst (Haydt u.a., S.63).
"Barfuss-Ärzte"
Damit verbunden ist der Aufbau von Gesundheitszentren mit
Angestellten als Teilzeit-Bauern und Teilzeit-Ärzten. Da diese
meist barfuss unterwegs sind, werden sie als "Barfuss-Ärzte"
bekannt.
(http://www.iisg.nl/~landsberger/bfd.html)
ab Mitte September 1958 ca.
GSV: Die Fehlplanungen
fliegen auf - lokale Fälle von aktivem Widerstand
(Haydt u.a., S.63)
Oktober 1958
Konferenz in Chengchow:
Korrekturen am "Grossen Sprung nach vorn"
aufgrund von Widerstand in der Bevölkerung (Haydt u.a., S.63).
18.10.1958
Offizieller Protest Indiens
gegen eine chinesische Strasse in Kaschmir
Indien protestiert formell gegen den Bau einer von China
angelegten Strasse durch das umstrittene Aksai-Chin-Gebiet im
nördlichen Kaschmir (Haydt u.a., S.64).
25.10.1958
Peking verkündet die
Bombardierung der Insel Quemoy nur an ungeraden Tagen
(http://en.wikipedia.org/wiki/Chinese_Civil_War)
Auch eine zweite grosse Beschiessung der benachbarten Inseln
Quemoy
und
Matsu durch die chinesischen Kommunisten schlägt
fehl wegen erbittertem Widerstand der Nationalchinesen (North,
S.232).
Bis zum Ende dieser zweiten Taiwan-Strassen-Krise wird Quemoy
mit 500.000 Artilleriegeschossen bombardiert. 3000 Zivilisten
und 1000 Soldaten werden getötet oder verletzt.
(http://en.wikipedia.org/wiki/Chinese_Civil_War)
In der Folge werden die Inseln Quemoy und Matsu Hauptthemen im
folgenden "amerikanischen" Wahlkampf...
(http://en.wikipedia.org/wiki/Chinese_Civil_War)
November 1958
Konferenz in Wuchang:
Korrekturen am "Grossen Sprung nach vorn"
aufgrund von Widerstand in der Bevölkerung (Haydt u.a., S.63).
Dezember 1958
Konferenz in Wuhan:
Korrekturen am "Grossen Sprung nach vorn"
aufgrund von Widerstand in der Bevölkerung (Haydt u.a., S.63).
1958
Verharmlosung der Überbevölkerung in China
Mao muss die These der Überbevölkerung am 8.Parteitag
erstmals durchtesten. Mao wiegelt ab:
-- die Riesenbevölkerung wird als Aktivposten gesehen
-- das Bevölkerungswachstum muss nicht eingeschränkt werden
(North, S.193).
Ende 1958
Peking-China hat insgesamt
eine gute Ernte eingefahren
(Fairbank, S.301)
1959
Mao lässt das
Justizministerium auflösen
(Fairbank, S.355)
Februar bis März 1959
Konferenz in Chengchow:
Korrekturen am "Grossen Sprung nach vorn"
aufgrund von Widerstand in der Bevölkerung (Haydt u.a., S.63).
März 1959
Pulverfass Tibet wegen
chinesischen Siedlern und chinesischen Behörden
In Tibet führen soziale Spannungen mit chinesischen Siedlern
und Konflikte der chinesischen Behörden mit den religiösen
Führern zu einem Aufstand (Haydt u.a., S.62).
April 1959
Konferenz in Shanghai:
Korrekturen am "Grossen Sprung nach vorn"
aufgrund von Widerstand in der Bevölkerung (Haydt u.a., S.63).
Insgesamt müssen das Tempo gedrosselt, die Planziele
herabgesetzt, die Kommunalisierung abgebaut und den
Produktionsgruppen wieder grössere Rechte zugestanden werden
(Haydt u.a., S.63).
27.4.1959
1. Plenarsitzung des II.
Nationalen Volkskongresses
--
Liu Shaoqi wird
zum Staatspräsidenten gewählt
--
Mao tritt
freiwillig in die "zweite Führungslinie" zurück und widmet
sich verstärkt der "Parteiarbeit" (Haydt u.a., S.64).
Frühling 1959
"Sprung nach vorn":
Erste Anzeichen des Scheiterns - weiterhin Verkündung
inexistenter "Siege"
Schon im Frühjahr 1959 wird klar, dass die Dinge beim "Grossen
Sprung nach vorn" aus den Händen gleiten. Durch die massive
Konzentration auf Stahlproduktion und Landwirtschaft, werden
die Bereiche Produktion und Transport schwer beeinträchtigt.
Die Realität stimmt immer weniger mit den Abbildungen auf den
geschönten Berichten an die Regierung überein. Einige Führer,
darunter
Chen Yun,
warnen vor dem Resultat dieses "Gehirnfiebers", das ganz China
betrifft. Die radikaleren Vertreter verkünden aber weiterhin
inexistente Siege in der Produktion.
(http://www.iisg.nl/~landsberger/glf.html)
Die Medien reagieren nicht
Die Medien schützen die Wirtschaftspolitik der Partei
weiterhin.
(http://www.sinophilia.org/china/storia3.htm)
Die Kommunikationslücke beim
"Grossen Sprung nach vorn"
Gemäss Schriftsteller
Jong
Chang ("Wilde Schwäne") entstehen die Hungersnöte und
der Massenhungertod wegen der fehlenden Kommunikation zwischen
den verschiedenen Regionen im Land. Millionen Leute sind
überzeugt, dass in anderen Provinzen Naturkatastrophen die
Ursache für ihre eigene Hungersituation ist.
(http://www.sinophilia.org/china/storia3.htm)
Mao erreicht seine Ziele
nicht: Überbevölkerungsproblem
Maos Prognosen der Lebensqualitätsverbesserung kommen nicht
auf das prophezeite Niveau, denn das Bevölkerungswachstum
frisst alle Fortschritte wieder auf (North, S.193).
Überbevölkerung in China: Die Theorie von Marx und Lenin
auf der Probe
Die Theorie:
Ein Land ist überbevölkert, weil zwischen technologischem
Niveau der Gesellschaft und der Angemessenheit und Wirksamkeit
des politischen und wirtschaftlichen Systems eine Lücke
klafft.
->> These: Jedes Bevölkerungsproblem ist eine Folge der
Differenz zwischen Wirtschaftssystem und produzierenden
Kräften, der Arbeiterschaft. Somit kommt es automatisch zum
Zusammenstoss zwischen Kapital und Arbeitskraft, und zu einer
relativen Überbevölkerung und Unterbeschäftigung
->> Lösungsthese: Das Proletariat soll die Macht
ergreifen und sich so ein produktiveres und gerechter
organisiertes wirtschaftliches politisches System etablieren
(North, S.193).
Im Falle Russlands stand eine Überbevölkerung aufgrund des
weiten Landes der Sowjetunion nie zur Diskussion. Die These
wird in China zum ersten Mal getestet: Die Neuorganisation der
Gesellschaft soll die Unterbeschäftigung bewältigen (North,
S.193).
ab Februar 1959 ca.
Peking-China:
Zerfallserscheinungen in der Kommunistischen Partei
Als Resultat der dauernden Klagen über die Fantasievorgaben
der Parteiführer beginnt die Partei selbst an Legitimität zu
verlieren.
(http://www.mindground.net/glp.html; Qiyu,
Shi: “The Decline of a Moral Regime.”
Comparative Political Studies 27.2. (1994): 272-297,
S.273)
Diejenigen, die über die Wahrheit mit ihren katastrophalen
Zuständen in den Kommunen Bescheid wissen, machen ihren Laden
zu. Parteikader verweigern die Arbeit, und andere
schwerwiegende Abgänge des sich auflösenden Systems werden
verschwiegen.
(http://www.mindground.net/glp.html; Becker,
Jasper. Hungry Ghosts: Mao’s Secret Famine.
Rev. ed. New York: Henry Holt, 1998, S.80).
Wer die gefälschten Forderungen ernst nimmt und sie direkt
bekannt gibt, der macht nur noch politischen Selbstmord.
Inzwischen erreicht die Wahrheit auch die gesamte Partei.
(http://www.mindground.net/glp.html; Clark,
Colin: “Economic Development in Communist
China.” The Journal of Political Economy 84.2
(1976): S.239-264, S.239)
Frühling 1959
Peking-China: Auflösen der
Statistikbehörde - Einrichtung von "Stationen zur
Verbreitung guter Nachrichten"
(englisch: "good news reporting stations").
(http://www.mindground.net/glp.html; Clark,
Colin: “Economic Development in Communist
China.” The Journal of Political Economy 84.2
(1976): S.239-264, S.239)
Mao meint, er müsse die Wirtschaft dezentralisieren und
schafft das zentrale Amt für Statistik ab, so dass die
Parteiführung im Blindflug arbeitet und bald über die Vorgänge
im Land jeglichen Überblick verliert. Die Kommunen selbst
sollen die örtlichen Finanzen, Investitionen,
Gesundheitsprogramme, kulturelle Aufgaben und weitere Aspekte
der bäuerlichen Gesellschaft übernehmen. Die Dezentralisierung
soll bis zum Niveau der Selbstversorgung der Regionen
betrieben werden, wie z.B. die Stahlproduktion in Hinterhöfen
(Fairbank, S.300).
Mao meint, mit der Dezentralisierung und der Abschaffung des
Amts für Statistik hätten die Bauern nun alle Freiheiten.
Dabei ist genau das Gegenteil der Fall: Ohne statistische
Kontrolle wartet der Massentod (Fairbank, S.306).
Die Folgen der Dezentralisierung ohne Statistik sind
katastrophal:
-- die örtlichen Kader bekommen mehr Macht, werden den
Anweisungen der Zentrale gegenüber kritischer und missbrauchen
gleichzeitig ihre Macht an der Bevölkerung
-- die Rolle der Ministerien und der Experten geht zurück, die
Agitatoren haben alle Macht (Fairbank, S.300).
So geht jegliche Ordnung im Land verloren (Fairbank, S.300).
10.3.1959: Die Niederschlagung des Aufstands in
Tibet
Pekings Anschuldigungen an Indien wegen Tibet -
Gebietsansprüche
Peking beschuldigt Indien, es unterstütze den
Aufstand in Tibet. China beansprucht ein Territorium von
etwa 100.000 km2 Land
innerhalb der indischen Grenzen (North, S.233).
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Tibet-Aufstand
10.3.1959 endet mit dem Einzug chinesischer Panzer
in Lhasa.
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Tibetaufstand
1959: Statuenreste der Sommerresidenz des Dalai Lama
in Norbulingka
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10.3.1959
Tibet: Aufstand und
Niederschlagung mit Pekings Militärgewalt
Am 10. März 1959 kommt es zu einem tibetischen Volksaufstand,
der von der kommunistisch-chinesischen Armee brutal
niedergeschlagen wird und 87.000 Tibetern das Leben kostet.
Unmittelbar darauf flüchtet der Dalai Lama ins Exil nach
Indien.
(http://tibet.logic.at/TibetohneMythos/content/page03.html)
Vom Ausland aus verkündet der Dalai Lama die tibetische
Unabhängigkeit.
(http://uk.encarta.msn.com/media_461544800_761567065_-1
_1/Tibetan_Leaders_with_Mao_Zedong.html)
Tibetische Opferzahlen
1959-1965 - Beginn der Chinesisierung / "Sinisierung" Tibets
Ab der Niederschlagung des Tibet-Aufstandes herrschen in Tibet
systematische politische, wirtschaftliche, religiöse und
kulturelle Unterdrückung. Über 1,2 Millionen Tibeter (das
entspricht jedem 5ten Tibeter) sind in direkter Folge der
chinesischen Besetzung durch Hungertod, Folter, Massaker,
Hinrichtung, Selbstmord und im Kampf umgekommen.
(http://tibet.logic.at/TibetohneMythos/content/page03.html)
Die Peking-chinesische Propaganda behauptet,
man habe Tibet vom alten feudalistischen System befreit. Dabei
verursachen die Peking-chinesischen Truppen 1,2 Millionen tote
Tibeter und zerstören fast das gesamte kulturelle Erbe.
(http://www.sinophilia.org/china/storia1.htm)
Unmittelbar nach dem Aufstand beginnen die
grossen Zerstörungen in Tibet. Anlässlich des Besuchs von
Bundeskanzler Helmut Kohl in Lhasa im Juli 1987 legt der
Vize-Gouverneur von Tibet, Pu
Qiong, Zahlen vor, wonach 1959 bis 1965 79,6 Prozent der Kultstätten
sowie 93,3 Prozent der
Mönche und Nonnen der religiösen Intoleranz zum Opfer
fallen. Es handelt sich um gezielte anti-tibetische Massnahmen
zur Vernichtung der tibetischen Kultur unter den Funktionären
der KPChina.
Die offizielle chinesische Geschichtsschreibung schiebt die
Zerstörungswut in Tibet wahrheitswidrig den Roten Garden der
Kulturrevolution 1966-1968 in die Schuhe, um von der
Destruktivität der KPChina in den 1950er und 1960er Jahren
abzulenken. Bei Beginn der Kulturrevolution gibt es aber nicht
mehr viel, was noch zerstört werden kann...
Es beginnt die Invasion und
Versetzung chinesischer Bevölkerung nach Tibet, die
"Sinisierung". Peking gibt dazu immer besonders niedrige
Zahlen an, und objektive Zählungen sind verboten.
(http://de.wikipedia.org/wiki/Diskussion:Tibet)
Chinesen werden bei der Vergabe von Arbeitsplätzen
vorgezogen und die Arbeitslosigkeit der Tibeter steigt.
Pekings Priorität ist die Ausbeutung der Bodenschätze in
Tibet und die Verstärkung der chinesischen Kontrolle.
Die chinesische kommunistische Diktatur von Peking
-- lässt über 6000 tibetische Klöster zerstören (99,9 %
aller Klöster)
-- lässt tibetische Medizinschulen zerstören
-- lässt historische Bauten zerstören
-- lässt Kult- und Wertgegenstände rauben und einschmelzen
-- lässt literarisches Erbe verbrennen
-- lässt Tibeterinnen zwangssterilisieren und lässt bei
Tibeterinnen zwangsweise Abtreibungen durchführen
-- lässt in Tibet eine rücksichtslose Zwangskollektivierung
durchführen, so dass die Lebensgrundlage von Bauern und
Nomaden vernichtet wird
-- lässt 8 Mio. Chinesen in Tibet ansiedeln, so dass die 6
Mio. Tibeter im eigenen Land zur Minderheit werden
-- definiert Chinesisch an tibetischen Schulen zur
offiziellen Sprache.
Die Ausrottung des tibetischen Volkes ist somit
offensichtlich.
(http://tibet.logic.at/TibetohneMythos/content/page03.html)
Zerstörungen
in Tibet: Beispiel Tschagpori
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Der Berg
Tschagpori in Tibet mit einer medizinischen
Schule 1958 ca.
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Der Berg
Tschagpori in Tibet mit einem Sendeturm, die
medizinische Schule ist abgerissen, ab 1959 ca.
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"La Chine": Peking-Chinas
Propaganda behauptet, Tibet sei "befreit"
Zitate aus der chinesischen französisch-sprachigen Zeitung für
das Ausland "
La Chine", No. 12,
1959:
Keiner steht für Tibets
Rechte ein - vermehrte Spannungen zwischen Peking-China und
Indien
1959, 1961 und 1965 verabschiedet die UNO Resolutionen, in
denen die Besetzung Tibets verurteilt und an die VR China
appelliert wird, die Menschenrechte zu achten und das
Selbstbestimmungsrecht Tibets wiederherzustellen. Es findet
sich aber kein Staat bereit, auf die Einhaltung dieser
Resolutionen zu dringen, und die kommunistische Regierung in
Peking beachtet die UNO-Resolutionen nicht.
(http://tibet.logic.at/TibetohneMythos/content/page03.html)
Als Folge der chinesischen Niederschlagung des
Tibet-Aufstandes verstärken sich die Spannungen im Verhältnis
zwischen Peking-China und Indien.
(http://www.msnbc.com/modules/china_taiwan/1950.asp)
Peking-China: Die Hungersnot
schreitet fort
27.4.1959
Liu Shao-Ch'i wird nach Mao neuer Vorsitzender der VR China
(North, S.202)
ab Mai 1959 ca.
Weniger Ernte - falsche
Meldungen - zu hohe Besteuerungen - erster Hunger -
Schuldendienst (!) - kein Hunger in den Städten - auch die
Frauen in den Brigaden
Das Wetter ist weniger günstig und die Ernte niedriger. Die
Meldungen der unteren Kader sprechen aber von einer enormen
Produktionssteigerung mit mehr als einer Verdoppelung.
Folglich handelt die KPCh-Regierung nach den hereinkommenden
Meldungen: Die Requisitionen der Regierung bleiben hoch. Die
Bauern müssen aufgrund der falschen Meldungen der unteren
Kader alles hergeben und geraten systematisch in die
Hungersnot [in Friedenszeiten] (Fairbank, S.302).
Mao lässt den Schuldendienst weiter in Form von
Landwirtschaftsprodukten abwickeln. In der Folge werden die
Bauern mit Requisitionen völlig ausgeraubt. Es bleiben ihnen
20 bis 50 % der minimal notwendigen Kornmenge (Fairbank,
S.303).
Die Städte bleiben ausreichend versorgt, so dass das Ausland
von der Hungersnot nichts bemerkt. Die Industrie in den
Städten wird weiter ausgebaut (Fairbank, S.303-304).
Am Ende werden auch die Bauersfrauen in die Arbeitsbrigaden
eingezogen, um die überrissenen Produktionsziele zu erreichen,
aber alles Trommeln und Agitieren nützt nichts (Fairbank,
S.304).
Peng Te-Huai warnt wiederholt vor den Folgen dieser Politik
(Fairbank, S.302).
[Die Bauern, die in Massenbrigaden eingezogen sind, können
nicht nur nicht ernten, sondern sie können auch nicht neu
ansäen].
20.6.1959
Die "SU" kündigt den
chinesisch-sowjetischen Atomwaffenhilfsvertrag
(Haydt u.a., S.64)
Juli 1959
Grenzkrieg China-Indien -
Moskau unterstützt China nicht
(Haydt u.a., S.64)
|
Peng Dehuai, Marschall 1955. Er kritisiert
1959 den Sprung nach vorn und wird gleich
entlassen...
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2.7.-16.8. 1959
Peking-China: Plenum in
Lushan (Provinz Kiangsi): Entlassung des kritischen
Verteidigungsminister Peng Dehuai
Die Unzufriedenheit über den "Sprung nach vorn" kommt am
Lushan-Plenum offen zum Ausbruch. Eigentlich ist am Treffen
beabsichtigt, dass die "Linken" der kommunistischen Bewegung
den Ton angeben würden. Am Ende wird die Veranstaltung ein
Schlagabtausch zwischen den Befürwortern der Bewegung
(angeführt von Mao) und den Gegnern (ungewollt angeführt von
Verteidigungsminister
Peng
Dehuai). Dabei ist ein privater Brief Pengs an Mao
die Grundlage, der aber von Mao an alle Anwesenden verteilt
wird.
(http://www.iisg.nl/~landsberger/glf.html)
Peng Dehuai nennt in
seinem Brief die Ursache für den misslungenen "Grossen Sprung
nach vorn": der Vorsitzende.
(http://www.mindground.net/glp.html;
MacFarquhar, Roderick: The Origins of the Cultural
Revolution. Bd.2. New York: Columbia UP, 1983,
S.216).
Dabei sind Mao und Peng auch in militärischen Fragen
gespalten: Mao will unbedingt die Atombombe, kombiniert mit
einer Guerilla-Armee. Peng Te Huai aber möchte auf die
Atombombe verzichten, dafür die Armee nach russischem Standard
modernisieren (Fairbank, S.303).
Mao reagiert somit
auf Peng Dehuai mit Angriff und Entschuldigung gleichzeitig:
"Das verursachte Chaos ist ein grosses, und dafür trage ich
die Verantwortung."
(http://www.mindground.net/glp.html;
Schram,
Stuart, Hrsg.: Chairman Mao Talks to the People:
Talks and Letters 1956-1971. Trans. John
Chinnery and Tieyun. New York: Random, 1974,
S.146).
Als Resultat wird Verteidigungsminister Peng Dehuai von seinen
Ämtern entlassen und durch
Lin
Biao ersetzt.
(http://www.iisg.nl/~landsberger/glf.html)
Peng und seine Anhänger werden ihrer Ämter enthoben (Haydt
u.a., S.64).
Statt Antworten auf die Probleme beim "Grossen Sprung nach
vorn" zu finden, wird ein Flügelkampf gestartet, und der
"Grosse Sprung nach vorn" läuft weiter in die Katastrophe.
(http://www.iisg.nl/~landsberger/glf.html)
Mao muss weitere Korrekturen am GSV vornehmen (Haydt u.a.,
S.64).
Ab diesem Rauswurf tendiert die KPCh zur Spaltung:
-- es bilden sich verstärkt Fraktionen und Seilschaften
-- es bilden sich Gruppen, nur um andere von der Macht
fernzuhalten
-- dabei werden ideologische Differenzen meist nur vorgegeben,
um überhaupt eine Gruppe bilden zu können (Fairbank, S.337).
Mao verrät ab diesem Zeitpunkt mit dem fortgesetzten "Grossen
Sprung nach vorn" seine eigenen politischen Ziele: die
"Befreiung", und die "Neue Demokratie". Nachdem das Desaster
offensichtlich wird, schaut er nur noch auf den Machterhalt.
Maos Ideal bleibt dabei verschwommen (Fairbank, S.339).
Neue Anti-Rechts-Kampagne -
Spaltung der Partei - die Unterernährung - die Kombination
von Unwissen und blindem Gehorsam
Mao lässt aus Rache gegen Peng Dehuais Kritik gleich extra den
den "Grossen Sprung nach vorn" fortsetzen und intensivieren.
Mao kombiniert dazu eine neue Anti-Rechts-Kampagne. Die KPCh
spaltet sich (Fairbank, S.302).
-- die Hungersnot vervielfacht sich
-- alle Einwände der Ministerien gegen die eifernden
Agitatoren nützen nichts
-- die lokalen Führer (untere Kader) melden weiterhin Erfolge
(Fairbank, S.302)
-- Ministerpräsident Chou Enlai und Wirtschaftsminister Chen
Yun versuchen vergeblich, die Führung zur Vernunft zu bringen
(Fairbank, S.303)
-- die Produktion in der Schwerindustrie und in der
Leichtindustrie gehen weiterhin zurück
-- durch Unterernährung (Fairbank, S.302) und Überarbeitung
(Fairbank, S.303) werden die Massen krankheitsanfällig, die
Sterblichkeit schnellt in die Höhe, und die KPCh weiss nichts
davon (Fairbank, S.302).
Die gesamte KPCh-Führung, die noch aus der Zeit von Yenan
stammt, hat keine Kenntnisse in Ökonomie. Im Zusammenspiel mit
"revolutionärem Fieber" und mit der chinesischen Sitte des
blinden Gehorsams ergibt sich die Hungerkatastrophe (Fairbank,
S.304).
1959,
Mitte ca.: Propaganda für den "Sprung nach vorn" |
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CD-Cover:
Plakat vom Sprung nach vorn 1958-1963:
Schmiedehammer und Kommunistenbinde.
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Plakat:
Sprung nach vorn 1959: Die Schlachttrommel immer
lauter schlagen! |
Plakat:
Sprung nach vorn 1959: Das Wachstum wird vom
Drachen und vom Phoenix gebracht.
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ab Mitte 1959
Peking-China: Der
Zusammenbruch der sozialen Strukturen - eine
Getreidelieferung an die SU - weiterhin "Produktionsziele"
Fernab der Parteielite fällt als Folge des "Grossen Sprungs
nach vorn" die Kernstruktur der Gesellschaft immer mehr
auseinander. Die Hungersnöte weiten sich bereits durch die
Provinzen aus. Getreide der Kommunen wird beschlagnahmt.
Ironischerweise ist es genug, um noch einmal eine Exportquote
an die Sowjetunion zu erfüllen.
(http://www.mindground.net/glp.html; Spence,
Jonathan D.: The Search for Modern China. New York:
Norton, 1990, S.583)
Die Krankheit der Beschränktheit bei den Produktionszielen
bleibt bestehen. Die Ziele für die Kohleproduktion werden von
30 Mio. auf 270 Mio. Tonnen gesteigert, bei Getreide von 185
Mio. auf 525 Mio. Tonnen, und in diesem Stil werden auf allen
ökonomischen Gebieten Daten produziert.
(http://www.mindground.net/glp.html; Mosher,
Steven W: Broken Earth: The Rural Chinese. New
York: Macmillan, 1984, S.264)
Zeugenaussagen von
Geflüchteten:
Zusammenbrechende Bauern -
Hungerzüge von Städten in die Dörfer und umgekehrt
Die hilflose Bevölkerung sucht verzweifelt nach Nahrung und
gerät am Ende sogar in den Kannibalismus. Jasper Becker
beschreibt in seinem Buch "Hungry Ghosts" / "Hungrige Geister"
den Verfall in den Provinzen Henan, Anhui, Tibet und anderen.
(http://www.gmu.edu/departments/economics/bcaplan/museum/chinhung.htm)
Zeugenaussagen im Buch "The Communist Party of China and
Marxism: 1921-1985" von
Laszlo
Ladany:
"Bauern fehlte die Kraft zum Arbeiten, und einige brachen in
den Feldern zusammen und starben. Die Verwaltungen der
Stadtregierungen und Schulen entsandten in der Nacht Leute in
die Dörfer, um Lebensmittel zu kaufen, im Tausch gegen Kleider
und Möbel. In Shenyang [ehem. Mukden] berichteten die
Zeitungen von Kannibalismus. Hoffnungslose Mütter erdrosselten
ihre Kinder, die nach Nahrung schrien. Viele Berichte
handelten von Dorfbevölkerungen, die in die Städte strömten,
um nach Nahrung zu suchen. So blieben viele Dörfer leer und
nur die Alten, die aus Schwäche nicht mehr laufen konnten,
blieben zurück. Es ging das Gerücht um, dass die Bauern ihre
Lebensmittelvorräte auch in Erdgruben versteckten.
(http://www.gmu.edu/departments/economics/bcaplan/museum/comfaq.htm#part7;
Laszlo
Ladany, The Communist Party of China and Marxism:
1921-1985)
Der Mechanismus, Leichen zu
verheimlichen, um mehr Essensrationen zu erhalten
Die Familien erhalten das Essen aus der Gemeindeküche. Ein
Familienmitglied holt jeweils für die Familie die
Essensrationen ab. Tote werden so lange wie möglich in den
Häusern verborgen gehalten, um auch noch für das tote
Familienmitglied eine Essensration zu erhalten. Im Bezirk
Guangshan wird eine Frau
mit drei Kindern verhaftet, nachdem sie den Körper eines der
Kinder hinter der Tür versteckt gehalten hatte und in der
Verzweiflung begonnen hatte, den Körper aufzuessen.
(http://www.gmu.edu/departments/economics/bcaplan/museum/chinhung.htm;
Jasper
Becker: "Hungrige Geister" 1996)
Autonome Überlebenspolitik in
den Provinzen
Die von Hungersnöten betroffenen Provinzen führen eine
Überlebenspolitik ein, indem sie alle Arbeiten auf die
Landwirtschaft und auf die Versorgung von Arbeitskräften
konzentrieren.
(http://www.mindground.net/glp.html; Yang, Dali
L.: Calamity and Reform in China: State, Rural Society,
and Institutional Change Since the Great Leap
Famine. Stanford: Stanford UP, 1996, S.75)
26.8.1959
Chinesisch-kommunistische Produktionsziele nicht erreicht
Die ehrgeizigen 1958 gesetzten Ziele werden nicht
erreicht (North, S.192). Die Pekinger Führung gibt zu, dass
die Produktionsziffern für 1958 weit übertrieben waren. Die
Produktionsziele für 1959 werden von den Planungsbeamten
drastisch herabgesetzt (North, S.192,233).
4.9.1959
Spaltung zwischen der
Sowjetunion und Peking-China
Propagandistische Wende Moskaus gegen Pekings Aggression
wegen Indien
Die Nachrichtenagentur Tass in Moskau veröffentlicht
den ersten offenen Angriff in der chinesisch-sowjetischen
Kontroverse. Die Position Pekings im Grenzstreit zwischen
China und Indien wird von Moskau hart kritisiert (North,
S.233).
Ab dieser Spaltung ist Peking-China aussenpolitisch noch mehr
um "befreundete Staaten" bemüht.
(http://www.iisg.nl/~landsberger/ff.html)
September 1959
Mao-Bericht nach China-Reise: Wirtschaftsprogramm zum Teil
ohne Rückhalt
Nach einer Rundreise durch sein eigenes Land
berichtet Mao:
-- Fortschritte in der industriellen Entwicklung in China sind
vorhanden
-- es fehlt aber eine industrielle Massenbewegung, die zum
Teil von einigen entscheidenden Leuten als "ländlicher
Arbeitsstil" und "Guerilla-Angewohnheit" abgetan und
verhindert werde (North, S.192).
->> Mao fordert die Verdoppelung der Anstrengung bei der
Eisen- und Stahlproduktion
->> Mao warnt, die Landwirtschaft nicht zu
vernachlässigen und fordert die Erweiterung der Volkskommunen
(North, S.192).
Dagegen:
Mao nimmt keine Rücksicht auf lokale Gegebenheiten
->> in vielen Gegenden haben die landwirtschaftlichen
Kommunen wenig Ähnlichkeit mit den disziplinierten
"Musterkommunen" Chinas
->> Überschwemmungen und Dürre schränken die Programme
von Mao zusätzlich ein (North, S.192)
30.9.1959
Chruschtschow-Besuch in
Peking zum 10-Jahre-Jubiläum - Chruschtschow Kritik am "Grossen
Sprung nach vorn"
Chruschtschow hält Mao für einen romantischen "Abweichler" mit
ungenügendem Urteilsvermögen. Mao schürt die Konkurrenz
zusätzlich mit der Behauptung, China würde durch das System
der Volkskommunen eher zum Kommunismus gelangen als Russland.
Chruschtschow ist auch vehement gegen Maos Pläne der
Bombardierung der Inselgruppe Quemoy, denn so könne das
Bündnis zwischen der SU und China in Konfrontation mit dem
anderen Bündnis zwischen Taiwan und den "USA" geraten.
Chruschtschow sucht daher den Modus Vivendi mit den "USA",
verweigert Mao jede Hilfe im Quemoy-Konflikt und nimmt die
Zusage zurück, China Atombomben zu liefern (Fairbank, S.311).
Die Differenzen zwischen Moskau und Peking sind unüberbrückbar
und verschärfen sich (Haydt u.a., S.64).
Oktober 1959
Peking-China hält an der
Nationalfeier am "Grossen Sprung nach vorn" fest
-- an der generellen Linie des "Grossen Sprung nach vorn" mit
Volkskommunen und Staalkampagne wird festgehalten
-- die Bewegung entwickelt sich 1959-1961 in eine Katastrophe,
verbunden mit Naturkatastrophen
-- es entwickeln sich Hungersnöte mit Millionen Hungertoten.
(http://www.iisg.nl/~landsberger/glf.html)
Herbst 1959
Mao umgibt sich mit Kritikern
und kann nur noch reagieren - die Überlebensstrategie
Zu Beginn des Herbst ergänzt Mao sein Personal mit Kritikern.
Er gibt einen Befehl an alle Provinz-Parteikomitees heraus:
"Unternehmen Sie auf der Basis ihrer aktuellen Lage alle
effektiven Massnahmen, holen Sie alle verfügbare Arbeitskraft
heraus, die herausgeholt werden kann, stärken Sie die erste
Front der landwirtschaftlichen Produktion, und ändern Sie
schnellstens die schlimme Situation der gegenwärtigen
fehlenden Arbeitskraft."
(http://www.mindground.net/glp.html;
MacFarquhar, Roderick: The Origins of the Cultural
Revolution. Bd. 2. New York: Columbia UP,
1983, S.324)
Damit reagiert Mao nur auf Initiativen, die in der Provinz
bereits unternommen worden sind, darin eingeschlossen eine
gewisse Überlebenspolitik, die seit über drei Monaten
eingeführt worden ist.
(http://www.mindground.net/glp.html; Yang, Dali
L.: Calamity and Reform in China: State, Rural Society,
and Institutional Change Since the Great Leap
Famine. Stanford: Stanford UP, 1996, S.75)
26.10.1959
Erneut chinesisch-kommunistische Gebietsansprüche gegen
Indien
Das Aussenministerium in Peking behauptet erneut,
beträchtliche nördliche indische Gebiete seien "immer
chinesisches Territorium gewesen" (North, S.233).
4.12.1959
Taiwan: Erste Amnestie:
Freilassung des nationalistischen Kuomintang-Generals Du
Yuming
Du Yuming, der Kriegsheld auf dem Kriegsschauplatz von Burma,
wird anlässlich der ersten Amnestie vom 17.9.1959 nach über 10
Jahren Gefängnis freigelassen.
Die Amnestie gilt auch einer besseren Beziehung zu
Grossbritannien für ein geplantes diplomatisches Treffen mit
General
Montgomery im
April 1960, und die Freilassung von
Du Yuming speziell gilt auch als Zeichen, dass
dessen Neffe, Nobelpreisgewinner
Yang Zhenning, zurückkehren könne.
(http://www.uglychinese.org/war.htm)
ab 1959
Personenkult: Popularisierung
der Mao-Literatur in vereinfachten Ausgaben
unter Leitung von Lin Biao (Verteidigungsminister 1959-1971).
Dazu gehören
-- das "Kleine Rote Buch"
-- die "Drei immer gelesenen Artikel"
-- die "Ausgewählten Werke von Mao Zedongs Werken" (1964)
-- die "Ausgewählten militärischen Schriften von Mao Zedong"
(1963) u.a.
(http://www.iisg.nl/~landsberger/mzdt1.html)
Die politische Auseinanderesetzung wird dadurch nicht nur
vereinfacht, sondern degeneriert dadurch auch in Klischees,
fixe Formulierungen und leere Slogandrescherei.
(http://www.iisg.nl/~landsberger/mzdt1.html)
Der Mao-Kult kann so die Götter der Bauernreligionen immer
mehr verdrängen (Fairbank, S.340).
Die Politisierung der Armee
und die Militarisierung Chinas unter Lin Biao
Lin Biao politisiert
und ideologisiert mit dem "Kleinen Roten Buch" die gesamte
chinesische Armee (Fairbank, S.305):
-- er beseitigt in der Armee die Rangabzeichen der Offiziere
-- er erneuert das System der politischen Kommissare
-- Gesinnung gilt mehr als Leistung, der
Ex-Verteidigungsminister Peng wird herabgestuft
-- die Volksbefreiungsarmee wird als Vorbild für die
Bevölkerung dargestellt, und damit wird ganz China
militarisiert (Fairbank, S.305).
Zur Politisierung der Armee stellt Lin Biao Maos Frau
Chiang Ching als Leiterin
der "Kulturabteilung" der Armee ein. Chiang Ching ist
weiterhin eine Frau ohne diplomatisches Talent, die sich nur
mit Intrigen durchsetzen kann. Lin Biao verhilft ihr
wesentlich zum Aufstieg. Chiang Ching selbst schart als eigene
Machtbasis eine Gruppe sonst unbedeutender Intellektueller aus
Shanghai um sich [woraus später die "Viererbande" hervorgeht]
(Fairbank, S.323).
1960
Erst jetzt begreift die
KPCh-Führung, dass die Bauern verhungern
und dass die gesamte Wirtschaft am Boden liegt. Mao muss
zugeben, dass er von Ökonomie keine Ahnung hat, und dass er
der Hauptschuldige ist (Fairbank, S.302).
1960 ca.
Peking-China: Nachlassen des Schwungs im "Sprung nach vorn"
->> die KPCh muss erkennen, dass die
Intelligenz weiter unentbehrlich ist
->> die KPCh sucht den beschränkten Dialog mit den
Intellektuellen, erlaubt die akademische Diskussion, verbietet
aber den ideologischen Streit (North, S.201)
->> von beiden Seiten erfolgt nun eine viel
vorsichtigere Reaktion, auch von der Seite der Intellektuellen
(North, S.201).
1960
Taiwan: Verfassungsänderung
für eine endlose Präsidentschaft
Im Jahr 1960 braucht der Präsident Chiang Kai-Shek eine neue
Rechtfertigung, noch eine weitere Regierungsperiode regieren
zu können. Sein Verfahren schwächt die konstitutionelle
Regierung. Basierend auf einer Interpretation der Judicial
Yuan Grand Justices, wird die Anzahl der gesetzlich
vorgeschriebenen Mitglieder der Nationalversammlung massiv
reduziert, um eine Änderung am Übergangsgesetz vorzunehmen und
dem Präsidenten die Macht zu erteilen, bis zu seinem Tod
Regierungszeiten aneinanderzureihen. Damit wird die
verfassungsmässige Beschränkung der Anzahl Regierungszeiten
für den Präsidenten umgangen.
ab 1960
Pulverfass Tibet: Bodenreform
gegen die Klöster
Eine umfassende Landreform in Tibet bricht die traditionelle
Klosterherrschaft. Die sozialistische Gesellschaftsordnung
Chinas wird durchgesetzt (Haydt u.a., S.64).
1960 ca. bis 1980
Taiwan: Entstehung des
taiwanesischen Wirtschaftswunders
(http://www.taiwan-info.de/html/deutsch/TWPAPERg.htm)
Anfang 1960er Jahre
Peking-China beansprucht weiter Gebiete von Russland, v.a.
in der Mandschurei
S.206)
auch von der Sun-Propaganda her, die über "verlorene
Gebiete" klagte und immer wieder zitiert wird. Als
"chinesisches Territorium" gelten nach Sun
-- alle grösseren Vertragshäfen
-- die kleinen Länder, die früher China tributpflichtig waren:
- die
Loochoo-(Ryukyu-)Inseln
- Siam
- Borneo
- der Sulu-Archipel |
- Java
- Ceylon
- Nepal
- Bhutan |
- Korea
- Taiwan/Formosa
- die Pescadores-Inseln
- Burma und Annam (North, S.208). |
|
Suns Geschichtsschreibung lautet:
"Noch früher in diesem Jahrhundert haben wir
Burma und
Annam verloren […]; sobald Annam Frankreich überlassen
wurde, besetzte England Burma, und China wagte nicht zu
protestieren." (North, S.208)
[Gemäss dieser Geschichtsschreibung soll China das Recht auf
weitere Expansionen haben...]
Und auch gegenüber Russland werden Gebietsansprüche
angemeldet:
-- das Flussbecken des
Amur und des
Ussuri
(North, S.208)
-- das Gebiet nördlich der Flüsse
Ili,
Khokand
und
Amur (North, S.209)
sowie Gebiete südlich des Himalaja in
Indien, alles Gebiete, die
nach Suns Zitat einmal an die Nachbarn "verloren gegangen"
waren (North, S.209).
->> komischerweise bezeichnen Mao und Chiang Kai-Shek
gleichsam alle die riesigen Gebiete als "historischen Boden
der Chinesen" (North, S.209)
->> START ZU EINEM NEUEN CHINESISCHEN IMPERIALISMUS
1960, März-Mai?
Ideologischer Bruch zwischen
der Sowjetunion und Peking-China
(http://www.msnbc.com/modules/china_taiwan/1960.asp)
Februar bis Mai 1960 ca.
Naturkatastrophen zusätzlich
zum "Grossen Sprung nach vorn"
-- langer Winter
-- massive Trockenheit in ganz China, Plagen und Krankheiten
-- schlimmste Taifune der letzten 50 Jahre überfluten 12
Provinzen.
(http://www.mindground.net/glp.html;
MacFarquhar, Roderick, Timothy Cheek und Eugene Wu,
Hrsg.: The Secret Speeches of Chairman Mao: From the
Hundred Flowers to the Great Leap Forward.
Cambridge: Harvard UP, 1989 S.322).
Peking-China: Anarchie im Kampf
ums überleben
[Ganz Peking-China
wird nun zu einem einzigen Konzentrationslager...]
Das Ministerium für öffentliche Sicherheit und das
Justizministerium realisieren in der ersten Hälfte des Jahres
1960 beide durch interne Dokumente die Härte der Hungersnot.
Es kommt zu 96.200 antikommunistischen Vorfällen und 5,7 Mio.
Fällen von Sabotage, Mord und Diebstahl. Plünderungen sind
schon seit Mitte 1959 im Gang.
(http://www.mindground.net/glp.html; Qiyu,
Shi: “The Decline of a Moral Regime.”
Comparative Political Studies 27.2 (1994):
S.272-297, S.280-281)
In der Zwischenzeit sind ungefähr 30 % der
landwirtschaftlichen Einheiten Chinas wieder zur Form des
Privathaushalts und zur Produktion ohne zentrale Leitung
zurückgekehrt.
(http://www.mindground.net/glp.html; Yang, Dali
L.: Calamity and Reform in China: State, Rural
Society, and Institutional Change Since the Great Leap
Famine. Stanford: Stanford UP, 1996, S.241).
16.4.1960
Pekings Propaganda "Rote
Fahne" greift Moskau an
In einem Artikel des Parteiorgans "Rote Fahne" anlässlich des
90. Geburtstags von Lenin werden die "revisionistischen
Tendenzen" der sowjetischen Politik angegriffen (Haydt u.a.,
S.64).
Mai 1960
Peking-China:
Leere
Getreidespeicher in Peking, Tianjin und Shanghai -
Depression bei Mao
Damit wird die Katastrophe landesweit
(http://www.mindground.net/glp.html,
Becker,
Jasper: Hungry Ghosts: Mao’s Secret Famine.
Rev. ed. New York: Henry Holt, 1998, S.80)
Mao reagiert
schockiert und versinkt in eine tiefe Depression. Gemäss
seinem Bibliothekar sitzt er manchmal lange Zeit ins Leere
starrend und nichts tuend in totaler Stille.
(http://www.mindground.net/glp.html; Yang, Dali L.:
Calamity and Reform in China: State, Rural Society, and
Institutional Change Since the Great Leap Famine.
Stanford: Stanford UP, 1996, S.72).
[Der starre Hitzkopf Mao ist nicht fähig, den Mittelweg
zwischen Kapitalismus und Kommunismus zu sehen...]
Mai-September 1960
Russland gibt seine Stütze für China auf - der
"Arbeitererfinder", der "Arbeiterwissenschaftler"
Russland ruft Tausende seiner Techniker aus China
zurück (North, S.201,233).
->> in China wird das Problem, wer wissenschaftliche
und wer technische Funktion ausübt, noch schwieriger (North,
S.201).
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Plakat
immer noch mit dem Sprung nach vorn 1961:
Lang lebe die Generalslinie,
Werkmeisterjubel
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Die KPCh versucht, aus den eigenen Reihen Fachleute zu
rekrutieren und erfindet den "Arbeitererfinder" und den
"Arbeiterwissenschaftler". Wichtiger ist dabei die "rote"
Gesinnung als "fachkundig" zu sein. Die KPCh verfolgt das
Ziel, Fachleute auswechselbar machen. Es wird behauptet,
dass "ein guter Kommunist" alles könne (North, S.201).
Die mangelnden Fachleute verschlimmern weiter den "Grossen
Sprung nach vorn" (Haydt u.a., S.64).
Mitte 1960-1963
Die drei Jahre werden auch
die "Drei bitteren Jahre" genannt
(Haydt u.a., S.64)
1961
Peking-China: Abermals Milderung des
Umerziehungsprogramms
(North, S.198)
Die Plakate werben aber noch 1961 für den "Sprung nach
vorn": "Lang lebe die Generalslinie!" Werkmeisterjubel.
[Es ist nur noch das Plakat, das jubelt...]
Juli bis August 1960
Zweite Peitaiho-Konferenz:
Neue Investitionen in die Landwirtschaft
Die Parteipolitik wird nun zunehmend von Mitgliedern
der ersten Führungslinie um Liu und Deng Xiaoping beherrscht
und beschliesst eine weitere Revidierung der Politik des
"Grossen Sprungs nach vorn". Liu und Deng
Xiaoping proklamieren die Linie "Landwirtschaft als
Grundlage und Industrie als führender Faktor". In der Folge
wird in den Agrarsektor verstärkt investiert (Haydt u.a.,
S.65).
ab August 1960 ca.
Verteidigungsminister Lin
Piao beginnt, die Volksbefreiungsarmee zu ideologisieren
Der neue Verteidigungsminister Lin Piao beginnt, die
Volksbefreiungsarmee in eine "grosse Schule des Denkens Mao
Tse-Tungs" zu verwandeln. In einer Reihe von Kampagnen wird
die Armee von nun an zur "Verbesserung des Arbeitsstils"
angehalten und auf die Linie Maos eingeschworen (Haydt u.a.,
S.65).
1961
KPCh verliert an Ansehen -
Zunahme der Korruption
Mao sieht, dass er mit der KPCh in diesem Zustand nicht mehr
viel zu tun haben will (Fairbank, S.307).
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Liu Shaoqi,
Portrait der 1960er Jahre
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Mai 1961
KPChina: Innerparteilicher
Kampf unter Liu Shaoqi gegen Mao
Die Hungersnot in China endet mit einem hoffnungslosen
innerparteilichen Kampf gegen Mao, angeführt von Liu Shaoqi.
(http://www.gmu.edu/departments/economics/bcaplan/museum/chinhung.htm)
ab 1961
Publikationen von "Mao
Zedongs Gedanken" für Ideologisierung der Armee
Die Zitate werden 1961 erstmals für den Gebrauch in der
Volksbefreiungsarmee unter Lin
Biao publiziert. In der Folge existieren
verschiedene Versionen und Zusammenstellungen, je nach
politischem Schwerpunkt und spezifischem Zeitpunkt der
Publikation. Mao setzt sich darin z.B. an das Ende der Kette
von Marxismus und Leninismus.
(http://www.iisg.nl/~landsberger/mzdt.html)
Oktober 1961
"Sprung nach vorn": Die
Zeitung "China Wiederaufbau" meldet Erfolge
Die Zeitung "China Wiederaufbau" (englisch: "China
Reconstructs"):
"Das bisher unter dem 8-Punkte-Programm [zur Agrarproduktion
1958] Erreichte half uns, die Verluste der
Naturkatastrophen, die unser Land in den letzten drei Jahren
getroffen haben, zu reduzieren."
(http://www.sinophilia.org/china/storia3.htm)
Ende 1961
Der Massenmord durch
den "Sprung nach vorn" - der Stillstand in Peking-China
Schätzungsweise 23 Millionen Menschen kommen in den
Hungersnöten ums Leben, die durch die Fehlplanungen beim
Programm des "Sprung nach vorn" ausgelöst werden.
(http://www.iisg.nl/~landsberger/glf.html)
Das Erbe dieser
riesigen Hungersnot mit bis zu 30 Mio. chinesischen
Todesopfern vernichtet das landwirtschaftliche Wachstum
für die nächsten sechs Jahre. Erst im Jahr 1965 wird der
Gleichstand mit 1957 erreicht.
(http://www.mindground.net/glp.html; Clark, Colin:
“Economic Development in Communist China.” The Journal
of Political Economy 84.2 (1976): S.239-264, S.244)
Die westlichen
Intellektuellen schweigen zur Hungersnot - die Medien
berichten - die Politik versagt
Die "amerikanische" Presse berichtet, die Weltpresse zieht
die Möglichkeit einer Hungersnot in Erwägung.
(http://www.gmu.edu/departments/economics/bcaplan/museum/chinhung.htm)
Ein BBC-Kommentator erklärt, dass er sich nicht vorstellen
könne, dass es in einem so gut organisierten Land wie China
zu einer weit verbreiteten Hungersnot kommen könne.
(http://www.gmu.edu/departments/economics/bcaplan/museum/comfaq.htm#part7;
Laszlo
Ladany, The Communist Party of China and Marxism:
1921-1985)
Die westlichen Intellektuellen und die westlichen
China-"Experten" verhalten sich den Geschehnissen während
des "Grossen Schritts nach vorn" gegenüber gleichgültig. Die
meisten westlichen Gelehrten akzeptieren Pekings Propaganda
als Tatsachen. Viele ausländische Besucher - von
Feldmarschall Montgomery bis zu Edgar Snow, François Mitterand und Gunnar Myrdal - halten
sich an die offizielle maoistische Linie. Peking gelingt es,
die westliche Politik absolut über die Vorgänge in China zu
täuschen.
(http://www.gmu.edu/departments/economics/bcaplan/museum/chinhung.htm;
Jasper
Becker: Hungry Ghosts, 1996, S.301)
Schliessung von Unternehmen
- 20 Mio. Städter müssen aufs Land
Die Auswirkungen des "Grossen Sprungs nach vorn" auf
Industriegebiete sind vergleichsweise gleich hoch. 100.000
Unternehmungen werden zwischen 1960 und 1965 geschlossen,
und 20 Millionen Menschen werden aus den städtischen
Gebieten abgezogen, um das landwirtschaftliche Desaster und
die nachfolgende Stagnation etwas abzumildern.
(http://www.mindground.net/glp.html; MacFarquhar,
Roderick,
Timothy Cheek, und Eugene Wu, Hrsg.: The Secret
Speeches of Chairman Mao: From the Hundred Flowers to
the Great Leap Forward. Cambridge: Harvard UP,
1989, S.330).
Die
hochqualifizierten Ingenieure und Wissenschaftler, die Mao
hat einsperren oder zu Handarbeit verurteilen lassen,
hätten diesen Massenmord und den Verlust an natürlichen
Ressourcen verhindern können.
(http://www.mindground.net/glp.html; Becker,
Jasper. Hungry Ghosts: Mao’s Secret Famine.
Rev. ed. New York: Henry Holt, 1998, S.63)
Der kleine Anteil der
Naturkatastrophen an der Hungersnot beim "Grossen Sprung
nach vorn"
Auf das Konto von Naturkatastrophen gehen vielleicht 1
Million von 30 Million Toten. Die Schuldzuschiebung der
Führung der KPChina an die Natur erfolgt aber in
Parallelität zu Lenin und Stalins Methode der
Kollektivierung, deren Hungersnot auch von der Natur
verursacht gewesen sein soll.
Maos Verbrechen ist aber schlimmer zu werden, denn er konnte
auf die Erfahrung von Lenin und Stalin zurückgreifen. Er
wusste, dass Kollektivierung oft zu Massentod führt. Mit
Waffengewalt und mit vollem Wissen befahl er die Hungersnot.
(http://www.gmu.edu/departments/economics/bcaplan/museum/comfaq.htm#part7)
Die neue Führung - Mao
zieht sich nach Shanghai zurück - der dauernde
Fraktionskampf
China ist mit einem totalen wirtschaftlichen Zusammenbruch
konfrontiert. Erst im Jahr 1961 beginnt die Neuausrichtung
der Wirtschaft unter der Führung von Liu Shaoqi, Deng Xiaoping, Chen
Yun und anderen. Mao übernimmt die Verantwortung
für die Katastrophe und zieht sich nach Shanghai zurück. Von
dort intrigiert er für seine Rückkehr an die Macht. Hierzu
wird er gegen diejenigen, die den Karren aus dem Dreck
gezogen haben, eine "Grosse proletarische Kulturrevolution"
anzetteln...
(http://www.iisg.nl/~landsberger/glf.html)
Mao meint, mit einer neuen Bewegung die korrupte KPCh
ablösen zu können. Liu Shaoqi und Deng Xiaoping glauben, die
Korrektur innerhalb der Partei vollziehen zu können
(Fairbank, S.307).
Mao zieht sich in das zweite Glied zurück. Liu Shaoqi wird neuer
Staatschef (Fairbank, S.305). Peng Chen wird Führer des Parteikomitees und
Hauptsitz der Kritik. Mao meint in der Folge, die
Volksrevolution könnte in falsche Bahnen geraten, wie es
seiner Meinung nach in der Sowjetunion mit Chruschtschow der
Fall ist (Fairbank, S.306):
-- die russische Führung würde den Gleichheitsgedanken
verlassen
-- Russland lasse die Bildung einer neuen herrschenden
Klasse privilegierter Städter und Techniker zu, überwacht
von der Geheimpolizei (Fairbank, S.307).
Deswegen will Mao an die Macht zurück, indem er seine
Anhänger an die Macht zurückbringt. Er sammelt 1962-1965
eine Fraktion gegen den "Revisionismus" der Sowjetunion, der
unter Deng auch in China Fuss fassen könnte (Fairbank,
S.307).
Dem Wiederaufbau Chinas unter Liu Shaoqi und Deng Xiaoping liegen reale Berichte
zugrunde. Die Grundzüge des Wirtschaftsprogramms stammen von
den langfristigen Empfehlungen des "fünften Mannes" der
Hierarchie, Chen Yun,
Spezialist für Volkswirtschaft. Zur Steigerung der
landwirtschaftlichen Produktion wollen Liu und Deng die
"indiviuelle Verantwortung" stärken. Mao dagegen meint, der
Klassenkampf sei ein besserer Anreiz. Mao bleibt somit in
seinen Vorstellungen einer romantischen Bauernmobilisierung
stecken. Fortan bekämpfen sich diese beiden "Linien" - die
Deng-Fraktion und die Mao-Fraktion - die ökonomische
Vernunft und die Anhänger des Klassenkampfs. Lin Biao, der neue
Verteidigungsminister nach Peng, schliesst sich Maos Meinung
des Klassenkampfs an (Fairbank, S.305).
Mao sinnt nach Rache gegen die Deng-Fraktion, [die aus Maos
Sicht mit marktwirtschaftlichen Anreizen Verrat begeht]. Mit
seiner Hetzpolitik gegen die staatlichen Institutionen
strebt er mittels Klassenkampf die Zerstörung des von der
Deng-Fraktion geführten China an (Fairbank, S.305).
Offiziell dürfen sich die Fraktionsführer Mao und Deng aber
nicht angreifen, da offiziell eine "Einheit" der Partei
immer noch besteht. In der Folge wird die alte Methode
angewandt, Intellektuelle als Sprachrohr der Fraktionen
einzuspannen: Die Journalisten und Schriftsteller schreiben
Artikel, Kommentare und Bücher im Sinn der jeweiligen
Fraktion:
-- mit Kritik am "Grossen Sprung nach vorn"
-- mit Kritik an Maos Methoden der Massenmobilisierung
-- z.T. mit Infragestellung der Mao-Erklärung von 1942, dass
alle Literatur der Revolution zu dienen habe (Fairbank,
S.306).
Gemäss der Angabe des Ex-Häftlings Harry Wu in seinem Buch
"Laogai: The Chinese Gulag"
/ "Der chinesische Gulag" (1992) nimmt die
totalitäre "Umerziehung" von Insassen in
Sklaven-Arbeitslagern ab. Dafür nimmt das Bestreben
zu, die Arbeitskraft auszunützen.
(http://www.gmu.edu/departments/economics/bcaplan/museum/comfaq.htm#part7)
Der Graben zwischen Parteiführung und der chinesischen
Bevölkerung wird beträchtlich und kann nie mehr repariert
werden. Die wirtschaftlichen Verbesserungen sind ultimativ,
wenn ein Umsturz vermieden werden soll.
(http://www.mindground.net/glp.html)
Offiziell bleiben die Volkskommunen bis 1984 intakt, obwohl
sie 1961 faktisch auseinander gefallen sind.
(http://www.mindground.net/glp.html; Zhang,
Zhihong. “Rural Industrialization in China: From
Backyard Furnaces to Township and Village
Enterprises.” East Asia: An International
Quarterly 17.3 (1999): S.61-88, S.66)
Die Ereignisse um den Massenmord beim "Grossen Sprung nach
vorn" werden bis 1981 vertuscht.
(http://www.mindground.net/glp.html; Womack,
Brantly: “Where Mao Went Wrong: Epistemology and
Ideology in Mao’s Leftist Politics.” The
Australian Journal of Chinese Affairs 10.16
(1986): S.23-40, S.26)
Die Entwicklung der
Dorf-Autonomie
Die Ereignisse haben ihre gesellschaftlichen Auswirkungen,
die sich unter der Oberfläche entwickeln. Die chinesische
Bevölkerung entwickelt einen Spürsinn für ökonomische
Initiative und erreicht eine inoffizielle Dorf-Autonomie,
lange vor dem Abgang von Mao 1976. Die Geduld des
chinesischen Landvolks ist dabei bewundernswert.
(http://www.mindground.net/glp.html)
Die heimliche
Liberalisierung
Die Partei entschliesst sich erst nach 1960 zum Stop der
Katastrophe, als moderate Leute wie Zhou Enlai eine
heimliche Liberalisierungspolitik einleiten und die
landwirtschaftliche Produktion auf eine vernünftigere Basis
stellen.
(http://www.sinophilia.org/china/storia3.htm)
1960er Jahre
Chinas Armeestruktur unter
Lin Biao und die Militarisierung der Landschaft
Die Armee wird in den 1960er Jahren zu einem wichtigen
Terrorfaktor zur Stützung des Mao-Regimes:
-- ca. 38 reguläre Armeen sind über die 11 Militärbezirke
verteilt
-- dazu kommen regionale Streitkräfte in 28
Provinzmilitärbezirken, schlechter ausgerüstet, aber mit
angegliederter "Volksmiliz" und mit Arbeitsbrigaden mit
Millionen Teilzeitsoldaten ohne einheitliche
Kriegsausbildung (Fairbank, S.319).
Die Armeen werden gegen Aufstände eingesetzt. Manche Armeen
betreiben zur Wahrung der Autarkie in Anlehnung an die
Kaiserzeit eine eigene Landwirtschaft und kleine örtliche
Gewerbebetriebe in Nachahmung des halb-autarken
Grenzvorposten-Systems (tun-tien) der Kaiserzeit (Fairbank,
S.319).
Die politische Kontrolle ist vollständig. Manche Marschälle
wurden noch von Chou Enlai in Whampoa während der Zeit unter
Chiang Kai-Shek ausgebildet (Fairbank, S.320). Viele
Armeeangehörige sind Parteimitglieder. Der erste
Parteisekretär einer Provinz ist meist auch der erste
politische Kommissar des Militärbezirks (Fairbank, S.321).
Zudem ist die Armee für Landbewohner eine der wenigen
Karrieremöglichkeiten. Dabei gilt ein Quotensystem. Nur 10 %
der Wehrpflichtigen werden überhaupt eingezogen. Nach 3-4
Jahren Militärdienst kann der Militärdienstleistende im
Heimatort führende Stellungen einnehmen. Die Armee ist somit
eine Schule zur Heranbildung kommunistischer Funktionäre,
die dann als politisch "verlässlich" gelten. Die
Provinzialregierungen und die Sicherheitsdienste sind von
Militärs nur so gespickt. Die Miliz umfasst 7-9 Millionen,
die jährlich 3-6 Wochen Waffenübung absolvieren. Die
Grundmiliz besteht aus 15-20 Millionen mit jährlich wenigen
Tagen Waffenübung, meist ohne Feuerwaffen (Fairbank, S.321).
1962 ca.
Immense Fehlschläge im "Sprung nach Vorn" durch
unsachgemässe Planung
Bei der Analyse des GSV stellt sich heraus, dass
das Programm eher von Parteiführern als von Wissenschaftlern
und Technikern entworfen wurde, von Leuten also, die mehr
"rot" als "fachkundig" waren (North, S.194).
Moralzerfall bei der Armee
- die Treue bleibt...
Nach dem misslungenen "Grossen Sprung nach vorn" ist die
Moral bei der Armee wie bei der Bevölkerung geschwächt. Die
regionale Armee unter Lin
Piao bleibt treu kommunistisch, ist Mao weiterhin
ergeben und dient ihm als Machtbasis (Fairbank, S.321).
Januar bis Februar 1962
Erweiterte Arbeitskonferenz
des ZK in Peking - Spaltung der Partei
Nun schliesst sich auch Liu Shaoqi der Kritik des "Grossen
Sprungs nach vorn" an und tritt für eine weitere
Liberalisierung der Wirtschaftspolitik und für die
Rehabilitierung einiger "Rechtsabweichler" ein. Die
verschiedenen Meinungsgruppen beginnen sich zu "Fraktionen"
mit eigenen Programmen bis zur Polarisierung zu verhärten,
vor allem in den Bereichen Kultur, Ideologie und Propaganda
(Haydt u.a., S.65).
August 1962
Maos Offensive gegen Liu
Shaoqi und Deng Xiaoping
Auf der vorbereitenden Arbeitskonferenz für das 10. Plenum
des VIII. ZK in Peitaiho startet Mao eine Offensive gegen
die Konsolidierungspolitik von Liu und Deng Xiaoping (Haydt
u.a., S.65).
24.-27.9. 1962
Peitaiho: 10. Plenum des
VIII. ZK
Mao setzt seine polarisierende Linie fort. Er warnt vor
kapitalistischen Tendenzen, betont die Fortsetzung des
Klassenkampfes auch in der Phase des Sozialismus und
verweist auf die Bedeutung der Erziehung "revolutionärer
Nachfolger". Er setzt eine Bestätigung der Lushan-Resolution
vom August 1959 durch, er verhindert die Rehabilitierung von
"Rechtsabweichlern". In der Praxis wird aber die Politik
Lius und Deng Xiaopings fortgeführt (Haydt u.a., S.65).
Liu und Deng Xiaoping betreiben die Konsolidierung Chinas
mit der Grundlage der "Drei Freiheiten - eine Festlegung"
mit folgenden Massnahmen:
-- Ausdehnung der privat genutzten Landparzellen
-- freier Handel mit den dabei gewonnenen Produkten
-- privates Kleingewerbe
-- Festsetzung der Produktionsquoten auf der Ebene der
bäuerlichen Haushalte
-- Vertrauen auf die Privatinitiative und auf materielle
Anreize
-- Aufwertung von Fachwissen, Planung und stärkere
Dezentralisierung der Wirtschaft (Haydt u.a., S.65).
20.10. bis 22.11. 1962
Chinesische Invasion in Indien und Rückzug - Moskau auf
Seite Indiens - Peking unterstützt Pakistan
China und Indien führen einen kurzen Krieg um die
nordindische Provinz Assam.
(http://www.msnbc.com/modules/china_taiwan/1960.asp)
Truppen der chinesischen Kommunisten fallen entlang der
Himalajagrenze in Indien ein (North, S.233) und dringen tief
auf indisches Gebiet vor (Haydt u.a., S.65-66). Dann erklärt
China einseitig den Waffenstillstand und zieht seine Truppen
zurück (Haydt u.a., S.66).
Russland verschleiert seine Sympathien für Indien kaum
(North, S.211).
Ab diesem Zeitpunkt umschmeichelt China Indiens Rivalen:
Pakistan.
(http://www.msnbc.com/modules/china_taiwan/1960.asp)
ab 1962
Peking-China agiert
politisch völlig unabhängig
Mit dem Jahr 1962 ist der Bruch zwischen Peking-China und
der Sowjetunion komplett, und China beginnt, sich selbst als
die "andere" Supermacht zu positionieren, während es sich
noch vom "Grossen Sprung nach vorn" erholt.
(http://www.chinatour.com/countryinfo/history.htm#prc)
Kampagne zur Einschränkung
des Nachwuchses - Verhütungsmittel
Das Mao-Regime beginnt eine Kampagne gegen die Frühehe
(North, S.193). Offiziell wird abgeraten, in den ersten
Jahren der Ehe zu viele Kinder zu haben.
plus: Anraten von späteren Heiraten
plus: Warnen der "jungen Leute" vor verfrühten Bindungen
plus: Appell an die Forderungen der Gesellschaft (North,
S.194).
Aussenstehende warnen auch mehr und mehr (North, S.194).
Verhütungsmittel sind allgemein erhältlich. Eine
Familienplanung bleibt aber bis 1970 freiwillig.
(http://www.iisg.nl/~landsberger/pop1.html)
ab 1962 ca.
Die neuen unwissenden
Bauernkader stören die Landwirtschaft noch zusätzlich
(Fairbank, S.340). Die Bauernkader agieren auch mit
Fremdenfeindlichkeit gegen die Eliten (Fairbank, S.365).
1963: Neue
Bildungsoffensive auf dem Land mit Maos Programm -
definitive Trennung der kommunistischen Bewegung
zwischen Moskau und Peking - Beschluss der
Nicht-Verbreitung von Atomwaffen zwischen der "USA",
"SU" und England
1963
Mao mit neuer
Bildungsoffensive
Mao lanciert eine
Bildungskampagne und schafft sich so ein Netzwerk auf dem
Lande gegen die Deng-Fraktion (Liu Shaoqi und Deng Xiaoping) (Fairbank, S.307).
20.5.1963
Mao bringt die
Verabschiedung der "Sozialistischen Erziehungsbewegung"
durch
Das ZK der KPCh stimmt der Durchführung einer von Mao
konzipierten "Sozialistischen Erziehungsbewegung" zu, die
schon auf dem 10. Plenum des VIII. ZK vom September 1962 in
Aussicht genommen worden ist. Mao will mit dieser Kampagne
den Klassenkampf verschärfen und das politische Bewusstsein
"heben". Die Parteipragmatiker um Liu [und Deng
Xiaoping] versuchen mit dieser Kampagne die
Disziplinierung des Parteiapparates und die Stabilisierung
des Parteieinflusses auf dem Lande zu verstärken (Haydt
u.a., S.66).
30.5.1963
Vermittlungsversuch aus der
"SU" für die KPCh
Das ZK der KPdSU schlägt in einem Brief an das ZK der KPCh
die Aufnahme bilateraler Gespräche auf Parteiebene zur
Bereinigung der bestehenden Differenzen vor (Haydt u.a.,
S.66).
In der Folge wird unter Maos Leitung eine "Generallinie"
herausgearbeitet (Haydt u.a., S.66).
14.6.1963
Maos Vorschlag an die "SU"
für eine "Generallinie": Mao will der Kommunistenführer
sein
Die chinesische Parteiführung nimmt die Einladung des ZK der
KPdSU für bilaterale Parteigespräche an und legt den unter
Maos Leitung erarbeiteten "Vorschlag zur Generallinie der
internationalen kommunistischen Bewegung" vor. Mao fordert
darin:
-- die Beendigung der Politik der Koexistenz zwischen
Kapitalismus und Kommunismus
-- die Ablehnung des parlamentarischen Wegs zum Sozialismus
-- die Ablehnung der These vom Absterben des Klassenkampfes
im Sozialismus
-- und die "Generallinie" warnt vor dem "Revisionismus"
(Haydt u.a., S.66).
5.7.1963
Die chinesische Delegation
in Moskau verändert nichts
Eine chinesische Delegation unter der Leitung von Deng
Xiaoping und Peng Chen vertritt erfolglos die maoistischen
Punkte für die kommunistische Bewegung. Die Gespräche werden
schliesslich ergebnislos beendet (Haydt u.a., S.66).
5.8.1963
Die "USA", Grossbritannien
und die "SU" beschliessen die Nichtverbreitung von
Kernwaffen
(Haydt u.a., S.66)
1964: Chruschtschows
Philosophie der "Koexistenz" wird beendet - erste
chinesische Atombombe
1964
Chou Enlai präsentiert
erstmals sein Programm der "Vier Modernisierungen"
betreffend Industrie, Landwirtschaft, Wissenschaft und
Technik (Fairbank, S.340).
10.7.1964
Maos neue
Zwischenzonen-Theorie gegenüber Japan
Mao benutzt den Besuch einer Delegation der Sozialistischen
Partei Japans dazu, eine neue Version seiner
Zwischenzonen-Theorie vorzustellen. Ihr zufolge bestehen
zwischen den "USA" und den sozialistischen Ländern zwei
grosse Zwischenzonen, die zum einen von den
unterentwickelten Staaten und zum anderen von den
entwickelten Mächten Westeuropas sowie von Japan gebildet
werden. Den Staaten der beiden Zwischenzonen empfiehlt Mao,
mit den sozialistischen Ländern zusammenzuarbeiten, um
imperialistische Aggression abzuwehren (Haydt u.a., S.66).
14.7.1964
Mao nennt Chruschtschow
Staatsführung "Pseudokommunismus"
Mit der Veröffentlichung des Grundsatzartikels "Über den
Pseudokommunismus Chruschtschows und die historischen Lehren
für die Welt" erreicht die Kritik am innen- und
aussenpolitischen Kurs der Sowjetunion ihren bisherigen
Höhepunkt (Haydt u.a., S.66-67).
September 1964 ca.
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Nikita
S.
Chruschtschow
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Chruschtschow
lässt alle russischen Techniker in China abziehen
samt den Konstruktionsplänen. Die Sowjetunion und Mao
bezichtigen sich gegenseitig des Verrats am Kommunismus.
Maos Propagandamaschine bezeichnet in der Folge die
Sowjetunion pauschal als "revisionistisch" (Fairbank,
S.311).
14.10.1964
Chruschtschow wird aus der russischen Führung entfernt
(http://www.weltchronik.de/dcx/dcx_1965.htm)
aufgrund seiner gescheiterten Wirtschaftspolitik und der
gebrochenen Beziehungen zu China.
(http://de.wikipedia.org/wiki/Chruschtschow)
Alexej Kossigin wird Ministerpräsident, Leonid Iljitsch Breschnew
übernimmt den Parteivorsitz der KPdSU.
(http://www.weltchronik.de/dcx/dcx_1965.htm)
China erwartet nach der Entlassung Chruschtschows in
Russland einen Wendepunkt gegen den liberalisierten Kurs
gegenüber dem "Westen" (North, S.215).
Taiwan verliert bei einem
Luftangriff auf Peking-China 150 Mann
(http://en.wikipedia.org/wiki/Chinese_Civil_War)
Chang Kai-Shek mit seiner Frau 1964
1964: Immer
noch Propaganda für den "Sprung nach vorn" und
Personenkult
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Plakat Sprung nach
vorn 1964: "Lang lebe die Generallinie, der
Sprung nach vorn, und die Volkskommune, Fahne!"
1964
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Plakat des
Personenkults 1964: "Maos Werke sind wie die
Sonne"
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[Dabei geht die Sonne für alle Todesopfer des "Sprungs nach
vorne" schon lange unter...]
1964
Die KPCh beginnt "vier
Säuberungen" gegen die neuen Ausbeuter - dörfliche Kader
Dörfliche Kader aus typischen Angestelltenberufen, die
Herrenallüren über die Bauern zeigen, sollen durch
bäuerlich-stämmige Dorfaktivisten ersetzt werden. Die Kader
zeigten dabei folgendes Fehlverhalten:
-- eine kleine Korruption
-- Betreiben von Günstlingswirtschaft
-- sie betreiben kaum körperliche Arbeit
-- sie erteilen willkürliche Befehle
-- Bereicherung (Fairbank, S.307).
Mao lässt gegen die Kleindespoten auswärtige Kader in die
Dörfer schicken (Fairbank, S.307-308). Die Arbeitsausschüsse
bleiben einige Wochen im Dorf und nehmen Beschwerden auf.
Die Beschuldigten werden dann auf Kampfversammlungen
vorgeführt und ihnen Geständnisse abgepresst, nach
demselben Verfahren von 1950 gegen die Grossgrundbesitzer
(Fairbank, S.308).
Die höheren Parteifunktionäre sind gegen Massenversammlungen
und bremsen Maos Aktionen. Mao sucht sich in der Folge immer
mehr die Macht ausserhalb der KPCh, denn sein Ideal, die
Bauern zu "befreien" und zu alphabetisieren, erfüllte sich
bisher nicht (Fairbank, S.308).
Neue Schulen für die Bauern
- schwache Schulen ohne Lehrer - Schlüsselpunktschulen
Mao fordert Werkstudiums-Schulen, ähnlich den "Schulen des
Volkes". Es werden 1000 Mittelschulen auf Werkstudentenbasis
eingerichtet. Die Schulzeit wird auf 10 Jahre begrenzt, der
Lehrplan vereinfacht, alle Lehrbücher umgeschrieben. Da aber
gleichzeitig Lehrermangel besteht, weil die Intellektuellen
alle entlassen wurden, kommt auch dieses Bildungsprogramm
nicht in Schwung (Fairbank, S.308).
Mao lässt in der Folge Bauern zu "Wissenschaftlern" erklären
und verteilt ihnen Lehrstühle. Das Niveau der Werkschulen
sinkt in der Folge unter das übliche Schulniveau. Die
Werkschulen mit ihrer Halbbildung bekommen einen schlechten
Ruf, und die Bauern sehen bald, dass die Kinder nur über das
reguläre Schulsystem die Oberklasse erreichen. Sie behalten
die Kinder folglich lieber zu Hause (Fairbank, S.308).
Die Lehrer der regulären Schulen schlagen eine eigene Taktik
ein, um das Niveau ihrer Schulen zu bewahren (Fairbank,
S.308-309). Sie gründen so genannte Schlüsselpunktschulen,
um die besten Lehrer und Schüler zu konzentrieren, mit
staatlichem Prüfungssystem als Abitur. So bleiben Bauern-
und Arbeiterkinder in den Werkschulen hängen, und die
Intellektuellenfamilien füllen die Schlüsselpuntkschulen
(Fairbank, S.309).
Gleichzeitig hetzt Maos Losung "Vergesst nie den
Klassenkampf" gegen die Intellektuellenfamilien bis zum
Ausschluss von Studenten aus unerwünschten Häusern
(Fairbank, S.309).
Insgesamt bleibt das chinesische Schulsystem damit
zweigleisig. Chinas Klassenstruktur lässt sich [wegen
Lehrermangels] nicht über das Schulsystem ändern.
Gleichzeitig fürchtet die KPCh eine Akademikerschwemme und
schränkt den Zugang zum Studium ein. Damit verstärkt sich
die Jugendarbeitslosigkeit (Fairbank, S.309).
Lohnunterschiede zwischen
Arbeitern
In der Arbeiterschaft erreichen qualifizierte Arbeiter einen
höheren Lohn und sichere Stellung gegenüber Ungelernten. Der
Gleichheitsgrundsatz stimmt auch da nicht, und das
revolutionäre Potential nimmt zu (Fairbank, S.309).
Publikation des "Kleinen
Roten Buches": "Zitate des Vorsitzenden Mao" (Mao zhuxi
yulu)
(http://www.iisg.nl/~landsberger/cult.html)
Das "Kleine Rote Buch" wird bis 1968 740 Millionen Mal
verkauft. Es wird auch im Westen bekannt, ist aber nicht das
einzige Mao-Buch im Westen. Die Volkstageszeitung ("People's
Daily"), das Sprachrohr der Partei, verbreitet täglich
wechselnde Mao-Zitate, die in Rot auf dem Titelblatt
gedruckt sind. Einige Zitate werden auch auf Postern
abgedruckt.
(http://www.iisg.nl/~landsberger/myl.html)
Das "Kleine Rote Buch" mit den "Aussprüchen des Vorsitzenden
Mao" wird von General Lin
Biao zur Armee-Ideologisierung herausgegeben und
später in der Kulturrevolution an Demonstrationen verwendet
(Fairbank, S.326).
1964:
Personenkult: Mao-Zitate auf Plakaten mit der
roten Strahlensonne
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Plakat
des Mao-Personenkult 1964 ca.: Mao-Zitate:
"Beachte die Lektionen der Geschichte. Die
persönliche politische Einstellung muss immer von
Neuem bestätigt werden. Du sollst dies nicht nur ein
paar Leuten, sondern der ganzen Bevölkerung
erzählen. Mao Zedong"
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Plakat
des Mao-Personenkult 1964 ca.: Mao-Zitate:
"Dies ist eine Volksbewegung. Sie darf kein
Rückschritt sein. Sie soll nicht an der Oberfläche
und örtlich begrenzt bleiben. Diese Bewegung soll 5
Ziele erreichen: Einfachheit, Einheit, Effizienz,
Sicherheit und die Abschaffung der Bürokratie. Mao
Zedong"
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Kriegsflagge
Japans 1889-1945: eine rote Sonne...
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[Mao wird dabei immer als "rote Sonne"
dargestellt, was sehr an die militärische Nazi-Fahne von
Japan im Zweiten Weltkrieg erinnert. Die zerstörerische
Kraft der "roten Sonne" scheint in der Mao-Führung niemand
bemerken zu wollen...]
16.10.1964
Chinas Atombombenzündung
(North, S.233)
in Lop Nur im
Westen der Provinz Xinjiang.
(http://www.msnbc.com/modules/china_taiwan/1960.asp)
->> China erwartet, dass ihm ein neuer Status
in der Welt zuerkannt werde
->> es kommt Bewunderung für China in der Welt auf,
v.a. unter den jungen Nationen in Afrika und Asien
->> chinesische Misserfolge von vorher werden
vertuscht (North, S.215).
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Chinas
Atombombe im Oktober 1964
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Mit der Atombombe meinen die chinesischen
Militaristen, es sei nun ein neuer Grad der Modernisierung
in der nationalen Verteidigung erreicht.
(http://www.cbw.com/asm/xpdeng/soldier.html)
1964: Erste
diplomatische Anerkennung für Peking-China durch
Frankreich
Peking-China
versucht in der Folge immer wieder, die Frage nach
der Aberkennung von Taiwan (das "Freie China") in
der UNO-Generalversammlung zur Sprache zu bringen.
(http://www.taipeitimes.com/News/local/archives/1999/12/31/17830)
Mit der Abtrennung von Russland und der eigenen
ersten Atombombe gewinnt Peking-China in der
ganzen Welt mehr und mehr diplomatische
Anerkennung. Taiwan wird in der Politik des Kalten
Krieges immer unwichtiger und scheint, die
Unterstützung des Hauptverbündeten "USA"
allmählich zu verlieren. Washington und Peking
entwickeln immer engere Bindungen, um die
sowjetische Expansion einzudämmen.
(http://news.bbc.co.uk/hi/english/static/in_depth/asia_pacific/2000/
taiwan_elections2000/1955_1972.stm)
Mit dieser Anerkennung - und es stehen noch viel
mehr "diplomatische Anerkennungen" an - kann Mao
nun gegen seine inneren Gegner vorgehen, gegen die
er nach dem "Grossen Sprung nach vorn" im Mai 1961
verloren hat. Mao inszeniert das Hetzwerk der
"Kulturrevolution"...
Tibet wird
geistig enthauptet
Peking setzt die religiösen und weltlichen
Oberhäupter in Tibet, den Dalai Lama und
den Pantschen
Lama, offiziell ab (Haydt u.a., S.67).
21.12.1964 bis 4.1.1965
Peking: III.
Nationaler Volkskongress: Maos Kritik an der
Kultur- und Erziehungsarbeit nimmt zu
(Haydt u.a., S.67)