Kapitel 1. Krisenzeit: 1929-1932
[1.5.
Osteuropa: Missernten, Nationalismus und
Wirtschaftskrise provozieren ab 1928/1929 brutalen
Antisemitismus]
[1928/9: Osteuropa:
Missernte - Destabilisierung des Judentums
wirtschaftlich und politisch - Regierungsmassnahmen
gegen Juden]
Die Massen der Juden legten unter den schlimmsten
Bedingungen, wirtschaftlich und politisch. Nach der Krise
von 1926-1926 kam im Jahr 1928/1929 in ganz Osteuropa eine
weitere grosse Missernte, die die Wirtschaft dieser Länder
betraf. Die jüdische Mittelklasse war noch in weiten
Teilen vom Kleinhandel abhängig, der sich zwischen Stadt
und Land abspielte. Ausserdem waren die Juden in ganz
Osteuropa Bauern und wurden durch jede Missernte weiter
wirtschaftlich geschwächt. Die jüdische Position wurde nun
immer mehr prekär.
Dies betraf auch die politische Position der Juden. Seit
die Bauern in all diesen Ländern die Bevölkerungsmehrheit
stellten, unternahmen die verschiedenen Regierungen
Anstrengungen, ihnen das Leben zu erleichtern. Die direkte
wirtschaftliche Verbindung mit den Juden und ihre
Unfähigkeit, den jüdischen Händlern und Handwerkern die
Preise zu bezahlen, hatte zur Folge, dass sich das
Verhältnis der Bauern zu den Juden in einen politischen
Antagonismus trieb, der in weiten Teilen der Bevölkerung
in Nationalismus und in Antisemitismus seinen Ausdruck
fand. Während diese Tendenzen seit Jahrhunderten in der
Bevölkerung ausgestreut worden waren, so wurden sie nun
virulent, als die Wirtschaftskrise und der schärfere
Nationalismus Ende der 1920er Jahre zusammenfielen. (S.28)