Eine Zukunft der Knolle?
Hier soll nicht über die Versuchedes früheren Kieler
Oberbürgermeisters Karl-Heinz Luckardt berichtet werden, der
sich seit Jahren bemüht, »Tomatoffeln« zu züchten, eine
Pflanze, die oben Kartoffeln und unten Tomaten trägt (oder
ist’s umgekehrt?), sondern über Veränderungen in den Genen
der Kartoffel.
Die Kartoffel war für den europäischen Menschen ein
ungewohntes Nahrungsmittel mit bisher ungewohnten
Bestandteilen. Für die aus China eingeführte Apfelsine oder
für die neuseeländische Kiw
i gilt
Gleiches. Es ist daher nicht auszuschließen, daß die
Kartoffel anfänglich doch einigen europäischen Mägen
unverträglich war und Hautreizungen oder andere
Allergien auslöste, die von den Menschen
damals mit Lepra oder Skrofeln verwechselt wurden oder
bestehende Krankheiten zum Ausbruch brachten; es ist auch
nicht auszuschließen, daß europäische Menschen nach
Kartoffelverzehr starben, weil sie »ungesund« war und nur
(Mendelsche Gesetze!) die »dominanten« Typen überlebten.
Das Apfelsinen- oder Kartoffel-Argument wird zuweilen von
den Befürwortern der Freiland-Versuche benutzt, um durch
Gentechnik veränderte
Pflanzen als ungefährlich und unschädlich darzustellen: Nur,
es ist kein Argument
für gen-technisch veränderte
Nahrungspflanzen. Gen-Technik ist
differenzierter zu betrachten. Gen-Technik kann bejahen, der
zugleich akzeptiert, daß die gen-technisch veränderte
Pflanze in die Umwelt gelangt, dort nicht regional
beschränkt bleibt, zeitlich grundsätzlich nicht limitiert
ist und die Folgen auf andere Lebewesen ursprünglich
unbekannte Folgen haben kann. Es ist wie mit der
Atomtechnik: Im Schadensfall ist es regional nicht
begrenzbar (wie Tschernobyl gezeigt hat), ist zeitlich
unbegrenzt (was mit der Halbwertzeit zusammenhängt) und hat
ungeahnte Konsequenzen (wie Strahlungsopfer).
Der evangelische Theologe Günter Altner geht davon aus, daß
jedes Lebewesen – und hier schließt er die Pflanzen und
namentlich die Kartoffel ausdrücklich mit ein – eine eigene
»Kreaturwürde« habe: »Alle Geschöpfe sind in ihrem
Kreatursein gleich.« Altner vertritt die Auffassung eines
»allen Organismen eignenden Lebenswillen
(Intentionalität)«. In der gentechnischen Veränderung,
nicht in der Verwertung erkennt Altner eine Verletzung der
Intentionen und Würde der Kartoffel.Ein Schweizer aus
Küßnacht schrieb aus Anlaß der (gescheiterten)
Volksabstimmung über ein Verbot der Gentechnik:
»Es ist doch ein totaler Widerspruch, an einen Schöpfer
der Erde zu glauben und trotzdem fürs Genmanipulieren zu
sein. Denn wer dafür ist, zeigt damit an, daß der Schöpfer
miserable Arbeit geleistet hat.«
Aber Gentechnik an Pflanzen kann auch eine Verletzung der
Würde des Menschen sein. Für die Ur-Einwohner Amerikas war
es undenkbar, Mais oder Kartoffeln zu manipulieren. Mais
und Kartoffeln waren Lebewesen, deren Reinheit zu bewahren
war. Hybridisation, der Kern der modernen Züchtung, hätte
der Göttlichkeit der Pflanze widersprochen.
Die Kartoffel an sich ist von hohem Nährwert, kann aber zu
einem Produkt verarbeitet werden, daß diesen Nährwert auf
ein Minimum herabsetzt und dennoch vor Fett trieft: Pommes
frites. Die Firmen Monsanto und Frito-Lay werden mit einer
neuen maßgeschneiderten Kartoffel Erleichterung von
Gewissensnot und Gewichtszunahme verschaffen: Die von
ihnen zu chips verarbeiteten Knollen enthalten ein Gen aus
Kolibakterien, das für die Stärkeproduktion zuständig ist.
Die Knolle produziert mit diesem Gen dreißig bis sechzig
Prozent mehr Stärke, ist fester und enthält weniger Wasser.
Beim Braten und Fritieren nimmt sie entsprechend weniger
Fett auf – »Functional Food« werden diese Schöpfungen
genannt. Karl Marx’ elfte Feuerbachthese aus dem Frühjahr
1845 abgewandelt:
Die Menschen haben (bi
sher)
die Kartoffel
nur
verschieden interpretirt;
es kommt drauf an sie
zu verändern. Der gesamte intellektuelle und
finanzielle Forschungsaufwand in Europa und Nordamerika
richtet sich auf die Veränderung der allgemeinen
Nahrungsmittel wie Weizen, Mais,
Reis
und Kartoffeln, für die es weltweit lukrative Märkte gibt;
zahlreiche traditionelle Gemüse- und Weinsorten, viele
angestammte Sorten von Kartoffeln, Hafer, Weizen, Gerste,
Wassermelonen und Tomaten in Chile sind inzwischen
ausgestorben. Die weniger profitablen Hülsenfrüchte, die –
wie die Strauch- und Erbsenbohne in Indien – vielfach große
regionale Bedeutung haben, werden dagegen (noch)
vernachlässigt.
Auf einer Ende 1999 vom »Boehringer Ingelheim Fond«
ausgerichteten Konferenz am Titisee im Schwarzwald mußten
Zellbiologen und Entwicklungsbiologen zugeben, daß sie den
Mechanismus des Wachstums von Lebewesen noch nicht
verstehen, auch wenn es ihnen gerade gelungen ist, die
Informationskaskaden bei der Hefe
Saccharomyces
cerevisiae zu durchschauen; die Auswirkungen
gentechnisch vergrößerter Kartoffeln könnten also nicht nur
für jene unangenehm sein.
Eine Ausnahme von den regional bedeutsamen Pflanzen gibt es
inzwischen: Die Süßkartoffel, die ein Grundnahrungsmittel in
vielen tropischen Ländern ist. Die
Batate ist arm
an verschiedenen essentiellen Aminosäuren. Forscher um C.
F. Prakash an der Tuskegee University in Alabama haben dem
jetzt abgeholfen: Sie fügten den Erbanlagen für ein
Speicherprotein einen Abschnitt hinzu. In ersten
Anbauversuchen stellte sich heraus, daß die erwartete
geringere Ertrags-Ausbeute sich nicht bestätigte; die
Ausbeute sei sogar geringfügig höher gewesen. Dieses
unerwartete Ergebnis kann bedeuten, daß eine Manipulation an
einer Stelle/einem Gen an/in Pflanzen Auswirkungen an
unerwartet anderen Stellen haben kann, die kurzzeitig nicht
überblickt werden (und auch nicht erforscht werden).
Abermals: Gen-Veränderungen sind differenziert zu
betrachten, auch wenn die hier beschriebene Veränderung an
der Süßkartoffel den Labor-Hamstern wohl bekam.
Entgegen den Beteuerungen der Gen-Ingenieure sind etliche
Probleme noch ungelöst. Nichtsdestotrotz finden in den USA
über dreitausend Feldversuche mit gen-veränderten Pflanzen
statt, mit Mais, Tabak, Tomaten, Sojabohnen, Tomaten,
Baumwolle und natürlich (in Idaho) mit Kartoffeln; da liegt
Deutschland mit sechsundzwanzig Freiland-Versuchen (1995)
auf Platz 6, Frankreich mit 164 gen-manipulierten Aussaaten
an der Spitze in Europa. Insgesamt sind Ende 1997 mit Mais
rund 1100, mit Raps rund 600, mit Kartoffeln (an dritter
Stelle) rund 400, mit der Tomate rund 330 und mit Soja rund
300 Freilandversuche durchgeführt worden.
Eine weitere Veränderung der Kartoffel ist durch eine
Einkreuzung von verschiedenen Wildsorten gezüchtet worden;
eine Kartoffelsorte mit klebrigen Blättern soll den
Schädlingen das Leben auf der Knolle schwer machen. Diese
haarige Kartoffel hat sich sogar als resistent gegen den
Kartoffelkäfer gezeigt, denn die klebrige Blätterflüssigkeit
führt zu erheblicher Magenverstimmung und Verstopfung.
Gegen Kartoffelkäfer helfen aber auch manche Raubwanzen;
Laborversuche haben gezeigt, daß die von Kartoffelkäfer
befallenen Pflanze einen »Hilferuf« ausschickt – in Form von
Duftstoffen, die sie verströmt und die die Raubwanze, ein
natürlicher Feind der Käfer, anlockt.
Wir Verbraucher müssen auch damit rechnen, daß gen-technisch
veränderte Kartoffeln in »Modefarben« auf unsere Teller
gelangen: orangefarbiges Kartoffelmus und violette frites.
In den USA sind auf der Grundlage von wilden
südamerikanischen Pflanzen von Charles Brown vom
US-Landwirtschaftsministerium farbige Kartoffeln gezüchtet
worden. Brown behauptet, daß die Farbpigmente im Körper wie
Antioxidantien wirken und deshalb besonders gesund seien;
die bunten Kartoffeln enthalten auch vier Mal soviel Lutein
und Zeaxanthin als die üblichen Kartoffeln. Doch noch müssen
wir warten, denn diese Züchtungen sind noch extrem
krankheitsanfällig und bringen nur geringe Ernteerträge –
aber die US-Farmer »sehen in den bunten Sorten
Möglichkeiten, eine neue Marktlücke zu erobern« (die bisher
nicht vermißt wurde).
Im
Max-Planck-Institut für molekulare
Pflanzenphysiologie sind 1998 Kartoffeln gentechnisch
so verändert worden, daß sie bei Kälte nicht mehr so leicht
süß werden; bei der Analyse des Stärkestoffwechsels wurde
ein Protein entdeckt, daß den Phosphatgehalt der Knolle
steuert. Fehlt der Eiweißstoff, enthält die Kartoffel nur
wenig Phosphat – ist der Phosphatgehalt gering, so ist die
Viskosität und Quellfähigkeit der Knolle geringer und bei
einer Lagerung bei 4 Grad Celsius erweist sich die Stärke
stabiler als bei normalen Kartoffeln.
In Indien haben Wissenschaftler um Asis Datta von der
Jawaharlal Nehru Universität in Neu Delhi eine Kartoffel
gentechnisch mit dem GenAm1 aus der Amaranthpflanze
aufgerüstet. Die Amaranthpflanze ist eine getreideähnliche
Pflanze, die zu den Fuchsschwanzgewächsen gehört und früher
vor allem in Südamerika als Nahrungspflanze angebaut wurde.
Die neue Kartoffel, die sich bereits in der Testphase
befindet und dessen Zulassung durch die indische Regierung
erwartet wird, enthält mehr Proteine und einen hohen Anteil
der essentiellen Aminosäuren Methionin und Lysin (wichtig
für die Entwicklung des Gehirns).
Eine Kieler Firma führte bei einer Ausstellung in Berlin
vor, daß bestimmte Gene (entzündungshemmend wirkende
Proteine) aus der menschlichen Haut in die Kartoffel
eingesetzt werden kann, die dann wiederum solche Proteine
produziert: Der Syntheseapparat für Menschen und Kartoffeln
ist gleich.
Französische Forscher haben festgestellt, daß die trickreich
eingepflanzten Gene nicht immer an Ort und Stelle bleiben,
sondern mitunter auch in Wildpflanzen auftauchen; hierbei
wechselt der Blütenstaub manchmal und unter bestimmten
(nicht kontrollierbaren) Umständen auf andere Arten, gar
Gattungen, über. Das ist bei der Kartoffel bisher noch nicht
beobachtet worden: Unsere heimischen Nachtschattengewächse
lassen sich keine Kartoffelpollen aufdrängen, sagen
britische Botaniker, aber – wie gesagt – es ist noch nicht
beobachtet worden. Stichwort BSE: Irgendwie im Rind gelandet
– soweit zur Qualität britischer Forschung.
Die Kartoffel steht nach Raps (in Europa auf Platz 1; in den
USA auf Platz 8), Mais und Sojabohnen an dritter Stelle der
gen-tech
nisch veränderten Pflanzen. In den
USA gehen etwa zwei Drittel der Versuche auf das Konto von
Pflanzenzüchtungen, die gegen Insekten, Viren,
Pilze oder Unkraut (!) resistent sind; so
wurde erst das Wildkrautvernichtungsmittel »B
asta«
(bei Hoechst heißt es »Liberty«) mit dem Wirkstoff
Glyphosinat (die Bezeichnung bei Monsanto) erfunden (der
sich bereits auf nahe verwandte Pflanzen übertragen hat),
damit jetzt von der belgischen Firma »Plant Genetic Systems«
eine Gen-Änderung vorgenommen werden muß: Ein Gen-Forscher
sagt dazu: »Die
Konzerne basteln sich
jetzt die Pflanzen, die zu ihren Giften passen.«
Dabei könnte man durch die richtige Auswahl von Wildgräsern
in den Kartoffelfurchen dafür sorgen, daß Schädlinge
abgeschreckt werden: Afrikanische Bauern, die sich die
Segnungen der Chemiekonzerne nicht leisten können, pflanzen
zum Beispiel (auf Empfehlung des »Internationalen Zentrums
für Ökologie und Physiologie der Insekten« in Nairobi) im
Maisfeld afrikanische Gräser der Art
Melinis minutiflora,
die durch die Bildung flüchtiger Stoffe gefräßige Raupen
abschrecken und gleichzeitig Stengelbohrer anlocken, die
sich in den Larven der Schmetterlingsraupen entwickeln und
diese damit unschädlich machen. Bei dem
Nachtschattengewächs Tomate sind erfolgreich Versuche mit
Jasminsäure durchgeführt worden, die das Immunsystem der
Pflanzen aktiviert.
In den Anden hat sich herausgestellt, daß eine Lupinenart
namens Tarwi sich hervorragend eignet als Dünger auf
Kartoffelfelder. Die Erträge der indianischen Bauern stiegen
rasch. Da benötigt man natürlich keinen chemischen Dünger
mehr.
Die sog. Life Science Konzerne wie Monsanto verlieren aber
langsam das (geschäftliche) Interesse am Agrobusiness, denn
an immer mehr Orten wehren sich die Verbraucher (und deshalb
auch der Handel) gegen genetisch veränderte Nahrung. So
verzichtet Monsanto Ende 1999 auf seine sogenannte
Terminator-Technologie, bei der die Pflanzen steril sind,
nur einmal Frucht tragen und sich nicht mehr (selbst)
vermehren können; aber Monsanto hat einen Trick gefunden,
eine Art genetischen Schalter in Mais einzubauen, mit dessen
Hilfe sich die »High-Tech«-Funktionen nach einer Saison
automatisch ausknipsen.
Im »Centro Internacional de la Papa« in Lima beschäftigen
sich rund einhundertfünfzig Forscher mit der Kartoffel.
Hauptaufgabe des Kartoffel-Instituts ist die Sammlung von
Wildsorten und die Suche nach Kartoffelpflanzen, die gegen
die vielen Krankheiten (insbesondere die Krautfäule)
resistent sind. Das Institut hat 1500 Wildknollenmuster,
3500 alte Sorten und 6500 Süßkartoffelarten katalogisiert
– darunter Knollen, die größer sind als Kohlrüben,
pechschwarze Winzlinge oder die gelben Krummen, für’s Auge
näher an der Banane als bei der Kartoffel; die meisten
Neuentdeckungen werden um den Titicacasee herum gemacht.
Charles Darwin war noch der Auffassung, »Der Mensch ruft
grundsätzlich keine Variabilität hervor.« Da hat sich Darwin
geirrt: Jetzt übertragen Züchter aus beliebigen Bereichen
der Natur spezielle Eigenschaften auf das Genom von Pflanzen
Jetzt kommt das Leuchten der Glühwürmchen, die
Frostresistenz der Flunder, die Krankheitsabwehr von Viren
und beispielsweise das Bakterium
Bacillus thuringiensis
in die Pflanzen und damit über die Nahrungsmittelkette
in den Menschen.
»G.O. Wissen online« (http://www.g-o.de) berichtet unter
Bezugnahme auf BBC, daß Wissenschaftler an der Universität
Edinburgh unter Leitung des Biologen Tony Trewavas
gentechnische Methoden (1999) eingesetzt haben, um
festzustellen, wann eine Pflanze ausreichend Wasser hat.
Diese Wissenschaftler haben Kartoffeln mit fluoreszierenden
Quallen gekreuzt; die so entwickelten Gen-Kartoffeln (oder
was immer dieses Produkt sein mag) leuchten immer dann gelb
auf, wenn das Wasser auf dem Feld knapp wird. Das von den
Quallen stammende Leucht-Gen wird in den Kartoffelpflanzen
durch eine spezielle Säure aktiviert, die bei Wassermangel
entsteht. Es sei nicht daran gedacht, daß diese neuen
Kartoffelpflanzen feldweise ausgepflanzt werden – acht
»Kontrollpflanzen« pro Hektar würden ausreichen, den
Wasserbedarf des Feldes festzustellen. Damit nicht genug:
Die Edinburgher versuchen jetzt, gentechnisch veränderte
Kartoffel zu entwickeln, die unterschiedlich farbig leuchten
können – je nachdem, ob die Pflanze Wasser, Nitrat- oder
Phosphatdünger benötigt. Vielleicht gelingt es ja auch
noch, den Kartoffeln das Lesen und Schreiben beizubringen.
Die selben schottischen Wissenschaftler haben an der Knolle
festgestellt, wie sich Pflanzenviren durch ein Gewächs
bewegen. Mit einem gen-technischen Trick koppelten diese
bio-technischen Fanatiker an das Hülleneiweiß des
Kartoffelvirus PVX das fluoreszierende Protein der schon
erwähnten Meeresqualle. Das Virus verteilte sich innerhalb
von zwei Wochen über alle Organe der Kartoffel. Im Mesophyll
zwischen der oberen und unteren Blatthaut vermehrte sich das
Virus am stärksten.
Manche Versuche sind
nicht nur buchstäblich abartig.
Die Fachhochschule Aachen, das Agrikulturchemische Institut
in Bonn und das Stahlbauunternehmen Küppers in Heinsberg
haben ein Verfahren entwickelt, daß den Düngebedarf
pflanzengerecht ermittelt und exakt dosiert in den Boden
einbringt. Zum Düngen wird eine Ammonium-Harnstoff-Lösung
verwendet; gepflanzt und gedüngt wird in mehreren Reihen
gleichzeitig Der Dünger wird mittels einer Düngeschar (vor
dem Traktor) unterirdisch unmittelbar vor dem Pflanzvorgang
(mittels Pflugschar hinter dem Traktor) eingebracht. Die
Ammonium-Harnstoff-Lösung kristallisiert im Boden und bildet
ein Depot, in das Bodenbakterien nicht eingreifen können,
während die Pflanze dieses Depot aufspürt und es mit Wurzeln
umschließt. Das Verfahren wird von der Fachwelt als sehr gut
bezeichnet. Und ist doch wohl ethischer, als Quallen auf dem
Kartoffelacker auszusetzen. Gen-Technik erlaubt es
umgekehrt, menschliche Gene in Pflanzen einzubauen; so haben
Forscher des amerikanischen Unternehmens »Martek Bioscience«
das menschliche Gen für ein Glukose-Transport-Protein auf
die Alge
Phaeodactylum tricornutum übertragen,
damit diese ohne die üblicherweise unabdingbare
Lichteinwirkung wachsen kann.
Es ist ja alles sehr beachtlich, was in Bezug auf die
richtige Düngung vorgenommen wird, denn unsere
Kulturpflanzen verwerten (weltweit und im Durchschnitt) nur
ein Drittel der als Dünger verabreichten
Stickstoffverbindungen; der Rest bleibt im Boden, sickert
ins Grundwasser oder verflüchtigt sich als Gas. Der
einfachste und preiswerteste Weg, Dünger besser zu nutzen,
besteht nach Auffassung von William Raun und Gordon Johnson
von der Oklahoma State University in Still
water
darin, die Gewächse in Fruchtfolge statt in Monokultur
anzubauen. Das wäre die Wiedereinführung einer
wissenschaftlich modifizierten Drei-Felder-Wirtschaft, ohne
darauf hinzuweisen, daß bereits
Liebig
ähnliche Thesen vertrat. Der Grundgedanke lautet, daß die
Fruchtbarkeit des Bodens auf mineralischen Bestandteile
beruht, die bei jeder Ernte dem Boden entzogen werden..
Sofern diese Minerale nicht in irgendeiner Form dem Boden
zurückgegeben werden, wird die Fruchtbarkeit des Bodens
unvermeidlich sinken. Eine Drei-Felder-Wirtschaft würde
diesen Prozeß hinauszögern.
Ein rundes Viertel der Gen-Veränderungen soll die
Ertragskraft oder die Qualität (farbige
Baumwolle, schnittfeste Tomaten) steigern. Der frühere
Bundesminister Rexrodt (FDP) meint 1997, daß die
gen-technisch manipulierte Kartoffelproduktion »umwelt- und
ressourcenschonender (sei) als die herkömmliche«. Rexrodt
meinte sogar, daß diese Gentechnik einen Beitrag zur
besseren Nutzung der sich verkleinernden Ackerfläche
leisten könne. DIE ZEIT hierzu: »Schön, wenn die Menschheit
sich bald aus dem Blumentopf ernähren kann.«Das Problem all
dieser neuen Pflanzen ist, daß es neben den Kulturpflanzen
vielfach wildlebende Verwandte gibt, die von freifliegenden
Pollen beeinflußt werden. Auch Pflanzenschutzmittel finden
sich auf angrenzenden Feldern wieder, da sich bis zu vierzig
Prozent der Herbizide in die Luft verflüchtigen. Laut
Greenpeace geht jede dritte Vergiftung eines Landarbeiters
auf Glyphosat zurück. Deshalb ist die Sorge vor
Freiland-Versuchen nicht unberechtigt; ob man – wie der
amerikanische Gen-Technik-Gegner Jeremy Rifkin und die
Gruppe »Earth first« – Sabotageakte ausüben muß, ist
zumindest diskutabel. Wenn Gen-Technik unproblematisch wäre,
so hätte doch die US-Firma Advanced Genetic Sciences nicht
illegal auf dem Dach ihres Verwaltungsgebäudes
gen-manipulierte Erdbeerpflanzen aussetzen müssen! In
Österreich setzte in der »Vegetationsperiode« 1996 die
Firma »Zuckerforschung Tulln GmbH« illegal gentechnisch
veränderte Kartoffeln – es ist also nicht nur ein
nordamerikanisches Thema.
Die Einfügung von Genen aus anderen Pflanzen ist nicht ohne
Risiken: So enthält die Paranuß ein Speicherprotein
25-Albumin, gegen das manche Menschen allergisch sind und
das – ohne vorherige Verträglichkeitsprüfung – in
Mais und
Sojabohne
verpflanzt wurde. Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig es ist,
jene Pflanzen und Früchte zu
kennzeichnen,
die Inhaltsstoffe einer anderen Art enthalten; eine der
Hauptgefahren ist die Entstehung von Stoffen, die auf
»Nicht-Ziel-Organismen« giftig oder allergen wirken.
Margaret Visser:
»Die moderne Technik genießt hohes Ansehen, doch wenn der
Eindruck entsteht, daß sie die Verbraucher aus Profitgier
täuscht, dann reagieren wir empört und wütend, ganz
gleich, wie clever das Täuschungsmanöver sein mag. Die
Menschen sind in bezug auf ihre Ernährung schon immer
empfindlich gewesen. Industriell bearbeitete
Nahrungsmittel zu essen heißt, die Entscheidung darüber,
was man ißt, wildfremden Leuten zu überlassen. Unter
diesen Bedingungen ist Vertrauen eine heikle Sache.«
Eine weitere Veränderung der Kartoffelgene wird durch die
bei der Tabakpflanze vorgenommenen Übertragung eines
bakteriellen Gens erfolgen: Forscher an der schwedischen
Universität Lund übertrugen das Gen für die sog.
Cholin-Dehydrogenese; dieses Enzym katalysiert die Bildung
von Glycin-Betain (einer osmotisch aktiven Substanz), die
Zellen unempfindlich gegen sonst schädliche
Salzkonzentrationen macht. Durch den Erwerb der bakteriellen
Erbanlage erlangen die transgenen Pflanzen die Fähigkeit,
einen Teil ihren Cholingehalts für die Herstellung eines
Schutzfaktors zu nutzen. Damit können Tabak, Kartoffeln,
Tomaten und Mais (alles amerikanischen Urgewächse) auf Böden
wachsen, die durch ständige Bewässerung eine höhere
Salzkonzentration aufweisen. Gen-Technik wird auch
eingesetzt (1987 fand ein Feldexperiment der University of
California statt), um die Kartoffel (und die Erdbeere) gegen
Frost unempfindlicher zu machen.
Der Widerstand der heutigen Kartoffelsorten gegen den Pilz
Phytophthora
infestans, der in Irland so verheerend wirkte,
erfolgte durch die Einkreuzung südamerikanischer
Wildknollen. Dem Pilzbefall wird mit Fungizidenvorgebeugt.
Das klappt nicht immer: In Nordamerika breitet sich seit
Anfang 1998 ein neuer bösartiger Stamm des Erregers der
Kartoffelfäule aus. Gegen die Epidemie von »US-8«, dem
neuen Stamm des
Phytophthora infestans, ist noch
keine Keule entwickelt worden, denn dieser Mehltaupilz ist
resistent gegen die bisher eingesetzten Spritzmittel.
Malzextrakt tötet auch den »US-8 ab.
Biologen der Universität für Landwirtschaft in Wageningen
haben in den
Phytophthora infestans,der über mehrere
Zellkerne verfügt, ein zusätzliches Exemplar eines
bestimmten Gens eingefügt; daraufhin wurden in diesem
Zellkern die entsprechende chromosomale Erbanlage als auch
die eingeschleuste Gen-Kopie inaktiviert
(»Gene-silencing«). Das eingeschleuste Gen führte
unerwarteterweise auch zur Stillegung der Erbanlagen in den
übrigen Kernen der Zelle. Inwieweit die für
Gene-silencing
wichtigen Ribonukleinsäuremoleküle beim Erreger der
Kartoffelfäule entstehen und sogar den Zellkern verlassen
können, um in andere Zellkerne einzudringen, wird jetzt
erforscht. Es zeigt sich jedoch an diesem Beispiel, daß für
die Anpflanzung gen-technisch veränderter Nahrungsmittel die
Biologen wohl noch ein paar Hausaufgaben zu erledigen haben.
Auch die »Bintje« ist eine durch »Menschenhand« veränderte
Knolle: Jahrzehntelanges Besprühen mit Gülle und Jauche
veränderte die ursprünglich schmeckende Knolle. Die
deutschen Touristen sollten nicht zur Tulpenblüte nach
Amsterdam fahren, sondern zur Kartoffelblüte nach Geldern,
denn inzwischen gibt es mehr Kartoffeläcker als Tulpenfelder
– und der Exportwert der Kartoffeln ist auch höher. Etwa ein
Viertel des holländischen Bauernlandes ist für die
Aardappelen reserviert.
Die Mitarbeiter des
Max-Planck-Instituts für
Züchtungsforschung in Köln-Vogelsang sind jedoch
guter Hoffnung, daß es gelingt, durch eine
molekular-biologische Charakterisierung entsprechender
Resistenz-Gene eine natürliche Widerstandskraft gegen die
Kraut- und Knollenfäule zu finden. Den Forschern ist es
Ende 1997 gelungen, die Kartoffel durch eine gentechnische
Manipulation zu veranlassen, gezielt eigene Zellen zu
opfern, um dem
Phytophthora infestans den Nährboden
zu entziehen und damit seine weitere Ausbreitung zu
beenden. In die Knolle wurde ein Bakterien-Gen implantiert,
so daß die Kartoffel das Enzym Barnase produzieren kann.
Dies erfolgt jedoch erst, wenn sich der Pilz (oder andere
Schädlinge) im Gewebe festsetzt. Noch befindet sich diese Ge
nmanipulation im
Freiland-Versuchsstadium, da es ja sein könnte, daß sich
Bodenmikroben die neuen Gene aneignen und unkontrolliert
weiterverbreiten. Einstweilen gelang es diesen Forschern mit
finanzieller Unterstützung der Industrie anstelle der
gewöhnlichen
Kartoffelstärke Amylopektin
in die Knolleeinzuarbeiten, was als Rohstoff in Hunderten
von Produkten (auch der Nahrungsmittelindustrie)
angewendet wird.
Kanadische Wissenschaftler haben in Kartoffelpflanzen
Peptide eingebaut, die ursprünglich von Motten und
Honigbienen stammen und diese vor verschiedenen Mikroben
schützen. Die Agrarforscher an der Universität in British
Columbia unter Leitung von William Kay haben diese
genetischen Informationen auf zwei Kartoffelsorten
übertragen. In Laboruntersuchungen wurde festgestellt, daß
diese Knollen gegen den
Phytophthora infestans
immun waren; auch wenn die Knollen vielen Erregern
ausgesetzt wurden, zeigten die Kartoffeln keinerlei
Krankheitserscheinungen. Peptide werden beim Kochen
zerstört; Fütterungsversuche an Ratten sollen gezeigt haben,
daß die transgenen Kartoffeln keine negativen Auswirkungen
hervorrufen.
In die Kartoffelsorten »Van Gogh« und »Diamant« haben
holländische Kartoffelforscher mittels einer
gen-technischen Manipulation eine spezielle Erbanlage
eingebaut, die verhindert, daß angeschnittene Kartoffeln
sich bräunlich (durch Hemmung der Synthese des Enzyms
Polyphenoloxydase) verfärben (nun ist es nicht mehr nötig,
die Kartoffeln bei der Verarbeitung in der
Lebensmittelindustrie zu schwefeln!). Der Wissenschaftliche
Ausschuß der Europäischen Union war Ende 1998 genötigt, die
holländische Firma
Avebe aufzufordern, ihre
Freilandversuche mit Kartoffeln mit einem eingebauten Gen
zu unterlassen, da dieses Gen resistent gegen ein auch in
der Humanmedizin eingesetztes Antibiotikum ist.
Aber die
Klone in den Geschäftsleitungen in manchen
transnationaler (glokalisierter) Bio-Unternehmen geben nicht
auf, wenn sie das verwirklichen können, was sie sich beim
Onkel-Doktor-Spielen ausgedacht haben:
In der Schweiz wurden Mitte April 1999 zwei Anträge auf
Freisetzungs-Versuche (Kartoffel und Mais) abgelehnt, da die
Unbedenklichkeit für Mensch und Umwelt bei der Freisetzung
von gentechnisch veränderten Pflanzen nicht gewährleistet
sei. Hinsichtlich des Mais‘ würde die Pollen der
T25-Maisplanze möglicherweise auf ein Feld mit »normalem«
Mais gelangen und dort könnten bei einer Befruchtung
genetisch veränderte Maiskörner entstehen. Das Schweizer
»Bundesamt für Umwelt« lehnte den Freiland-Versuch
insbesondere auch deshalb ab, weil das in die Kartoffel
eingebrachte genetische Material Resistenzgene gegen
Antibiotika enthalte, die in der Humanmedizin verwendet
würden. Jede Maßnahme, die zur Resistenzentwicklung gegen
Antibiotika beitragen könnte, würde strikt abgelehnt. Seit
Mai 1997 regelt eine »Novel-Food«-Verordnung der
Europäischen Union d
ie Zulassung von
genetisch veränderten Organismen für die
Lebensmittelherstellung. Erlaubt sind eine Soja-, drei Raps-
und fünf Maissorten; darüber hinaus gibt es aus der Zeit
davor noch eine
Mais-Variante von
Novartis und eine Sojabohnen-Sorte von Monsanto.
In Chile und Brasilien, dem Land mit der größten
biologischen Vielfalt
(Biodiversität)
der Erde, werden Ende des 20. Jahrhunderts heimische
Kartoffeln in Freilandversuchen erprobt, die man mit Genen
der Seidenraupe ausgestattet hat; die Kartoffeln können
somit das Enzym
Lysozym sowie das bakterielle Gift
Attacin
bilden. Ein Tier-Pflanze-Versuch! Beide Stoffe schützen die
Knolle vor einer Kartoffelkrankheit, die durch Bakterien der
Gattung Erwinia ausgelöst wird. In einer
kolumbianisch-nordamerikanischen Kooperation wird versucht,
besonders ertragreiche, leider aber krankheitsanfällige,
Sorten von Kassawa widerstandsfähiger zu machen.
In gen-technisch veränderte Kartoffelsorten eingeschleuste
zusätzliche Erbanlagen schützen gegen den Kartoffelkäfer,
so daß die gelbe Gefahr gebannt werden könnte, wenn sich die
deutschen Politiker (Adam Smith: »listige Geschöpfe«) nicht
immer gegen die
progressiven Landwirte und die
Züchtungsforscher stellen würden. Die »FAZ«, zumeist
unkritische Befürworterin jeglichen
technisch-chemisch-biologisch-shareholder-orientierten
Fortschritts, weist daraufhin, daß sich gen-technisch
veränderte Pflanzen den Einsatz von Chemikalien verringern,
was sicherlich richtig ist. Verwunderlich sei, so zitiert
die »FAZ«, daß sich gerade die ökologisch-orientierten
Landwirte gegen den Einsatz de
r neuen
Pflanzensorten wenden würden. Die in Frankreich und
Großbritannien
erzielten Fortschritte einzuholen dürfte
für Deutschland kaum mehr möglich
sein; aber die »FAZ« schöpft Hoffnung, da doch
Deutschland mit seinen Stärken in der Grundlagenforschung
Nischen (so Heinz Saedler vom
Max-Planck-Institut für
Züchtungsforschung) erschließen könne. Kartoffeln, die
eine industriell wertvolle neue Stärkezusammensetzung
enthalten, wie sie in Zusammenarbeit mit der
Kleinwanzlebener Saatzucht (Umsatz 1998: 620 Millionen Mark)
entwickelt wurden, seien ein
ermutigendes Beispiel.
Die Argumente für oder gegen Gen-Technik bewegen sich
manchmal auf dem Niveau der Meinungen über die Eisenbahn:
»Durch die hohe Geschwindigkeit bei der Fahrt wird das Blut
aus dem Gehirn zurückgedrängt«. Das jedenfalls behaupteten
1820 bayerische Ärzte wegen der Geschwindigkeit von fünfzehn
Kilometern je Stunde.
Nun muß man für Untersuchungen an der Knolle, einem der
wichtigsten Nahrungsmittel der Menschen, Verständnis haben:
Wenn jedoch der Biologe Charles J. Arntzen vom
Boyce
Thompson Institute for Plant Research (New York)
Kartoffeln derart manipuliert, daß sie ein Bakterienprotein
produzieren, das beim Menschen Durchfall auslösen kann,
dann ist wohl der Punkt erreicht, »Genfood« kritischer zu
bewerten, zumal diese schrumplige Kartoffel schlecht
schmeckt. Arntzen ließ zunächst nur die üblichen Labormäuse
in den Erdapfel beißen, die darauf Antikörper gegen das
fremde Protein bildeten; Ziel seiner Untersuchungen und
Gen-Veränderungen ist es, Obst und Gemüse zu entwickeln,
das den klassischen Impfstoff mit der Spritze gegen
Infektionen ersetzt. Carol Tackets von der Universität of
Maryland in Baltimore schuf eine Kartoffel, die dem
Durchfall vorbeugt; Tackets Kartoffel enthält ein fremdes
Gen, das das bakterielle Eiweiß eines
Escherichia coli-Stammes
produziert und nach Genuß die Abwehrkräfte mobilisiert. Die
ersten Forschungsberichte mit elf Testpersonen über einen
Zeitraum von drei Wochen wurden Mitte 1998 veröffentlicht;
»Nebenwirkungen wurden
nicht beobachtet« – schreibt
Focus:Schlampiger Journalismus oder bedeutet dies,
was geschrieben steht: Nicht beobachtet (weil die Forscher
kurzsichtige Brillenträger sind), aber möglich und/oder
vorhanden (nur noch nicht erwähnt)?, denn ein
Drei-Wochen-Zeitraum mit nur elf Testpersonen widerspricht
wohl jeder seriösen wissenschaftlichen Untersuchungs- und
-statistikmethode (das lernt man im ersten Semester anhand
von Wagenführ).
Kanadischen Wissenschaftlern ist es 1997 erstmals gelungen,
ein vom Menschen stammendes Gen für das Enzym
Glutaminsäure-Decarboxylase (GDC) in Kartoffeln (und in
nikotinarme Tabakpflanzen) einzuschleusen; in den Pflanzen
wurde das Eiweiß korrekt hergestellt und gespeichert. Der
Vorteil einer so veränderten Kartoffel? Beim Menschen
verursachen Antikörper, die gegen das GDC-Enzym gerichtet
sind, eine Autoimmunkrankheit, die zu Diabetes führt.
Besonders gezüchtete Mäuse, die üblicherweise an Diabetes
erkranken, wurden jetzt mit den neuen Kartoffeln gefüttert:
Die Diabetes-Häufigkeit halbierte sich bei den Mäusen. Beim
Kartoffelsetzen spricht man: »Wir setzen drei Kartoffeln den
Menschen zum Brot, den Mäusen zum bittern Tod.« Vor der
Kartoffelzeit wurde dieser Zauberspruch beim Legen der
ersten Garbe in der Scheune gesprochen. »Wenn sich naht
Sankt Stanislaus / dann rollen die Kartoffel raus.«
Amerikanische Forscher setzten mittels veränderten
Kartoffeln bei der menschlichen Diabetes ein Gift ein, daß
Entzündungen der Bauchspeicheldrüse verhindert, denn diese
ist im Verlauf der Diabetes oftmals Ziel von überschüssigen
körpereigenen Immunzellen; entwickelt der Körper zu viele
Immunzellen, blockiert er die Insulin-produzierenden Zellen
der Bauchspeicheldrüse. Mit solchen gen-veränderten
Kartoffeln werden dem Körper sogenannte Autoantigene
zugeführt, die eine Sättigung des Immunsystems erreichen;
die Immunzellen sind damit beschäftigt, die Antigene aus
der Nahrung abzubauen, so daß die Bauchspeicheldrüse
ungehindert Insulin produzieren kann.
Kalifornische Bio-Technologen von der Loma-Linda-Universität
haben die Kartoffel Anfang 1998 genetisch so modifiziert,
daß sie einen Cholera-Impfstoff enthalten; bei Mäusen haben
diese Knollen die Immunabwehr gegen Cholera deutlich erhöht;
früher half eingeriebenes Kartoffelmehl gegen die Cholera.
Problem kann werden, daß gen-technisch veränderte
Nahrungsmittel die natürliche Immunabwehr deutlich
verringern oder daß sich Viren entwickeln, die mit
herkömmlichen Medikamenten nicht mehr zu bekämpfen sind.
Monsanto hat eine Kartoffel entwickelt, die gleich acht
verschiedene Fremdgene (»Darf’s ein bißchen mehr sein, Frau
Doktor?«) in sich trägt. Der heutige Unterschied zwischen
Nahrungsmittel und Medikament wird verschwinden:
Nutraceuticals
werden unseren Magen bestimmen. Das »ZEIT-Magazin« 1999:
«Insulinmilch und Apfelsinen mit integriertem Lepra- oder
Choleraschutz kauft man dann in der Apotheke.« Es gilt nur
noch ein Geschmacks-Problem zu lösen, denn rohe Kartoffeln
sind keine Delikatesse, beim Kochen zerfallen die
immunisierenden Substanzen; vielleicht kann man ja
menschliche Gene so verändern, daß eine rohe Knolle als
Spezerei empfunden wird.
Aber auch der Unterschied zwischen Tier und Pflanze wird
verschwinden. Zum Beispiel können mit speziellen Fischgenen
empfindliche Obstsorten resistenter gegen Kälte werden. Man
denke nur an die Oankali oder Ooloi, die sich seit
Jahrtausenden ihrer jeweiligen Umwelt anpassen und mit ihren
Genen »handeln«.
Versuche an der Banane und an gen-manipulierten Reis (in
Japan, gegen Halsinfektionen) werden gleichfalls
durchgeführt. Noch ist solch manipuliertes Grünzeug – halb
Lebensmittel, halb Arznei – nicht realisiert, aber
langfristige Folgen sind nicht auszuschließen, wenn
es tatsächlich zur »Schluckimpfung« mittels Obst und
Gemüse kommen sollte.
Seit Anfang der 1990er Jahre forscht in Bologna ein
»Consorzio della patata tipica« an einer Verbesserung der
Kartoffel. 1999 wurde als Ergebnis der Bemühungen eine
»Kartoffel der ewigen Jugend« patentiert. Die von der
chemischen Fakultät der Universität Bologna unter Leitung
der Professoren Bodoni. Pifferi und Biagi gezüchtete Knolle
enthält einen erhöhten Anteil von Selen, wodurch die
Kartoffel den Cholesterin-Spiegel noch stärker senkt.
Bemerkenswert: Die Knolle ist nicht gentechnisch verändert,
sondern wird mit einem Spezialkompost gedüngt, der auf die
Blätter aufgesprüht wird. Das als Radikal im Körper
agierende Selen bleibt auch beim Kochen oder Braten in der
Kartoffel erhalten.
Schottische Forscher vom »Rowett Research Institute« in
Aberdeen wollten 1989 in der Kartoffel eine neue Form der
Insektenabwehr erproben. Sie übertrugen deshalb verschiedene
Erbanlagen anderer Pflanzen auf die Kartoffel. Besonders
strafwürdig an diesen Gen-Übertragungen ist, daß diese
»Forscher« in eine der Kartoffelpflanzen die Erbanlage für
ein Lektin (Eiweißstoffe, die reich mit Zuckerketten
bestückt sind) vom Schneeglöckchen und in eine andere das
Gen für das als Concanavalin A bezeichnete Lektin der
südamerikanischen »Madagaskarbohne« übertrugen. Von diesen
beiden Lektinen ist seit langem bekannt, daß sie für
Säugetiere giftig sind; in Südamerika kommt es wiederholt zu
tödlichen Vergiftungen, weil die (Schwert-)Bohnen roh
verzehrt wurden (erst beim Kochen wird die toxische Wirkung
zerstört). Tests (mit Ratten) mit diesen manipulierten
Kartoffeln ergaben eine deutliche Schwächung der
immunologischen Abwehr. Einige Wochen später wird
mitgeteilt, daß in dem von der britischen Regierung
unterstützten Forschungseinrichtung alles ganz anders
gewesen sei: Man hätte nur unveränderten Kartoffeln den
natürlich vorkommenden Giftstoff
Con A (man spricht
nicht mehr von dem oben genannten Concanavalin A – Con A ist
neutral verwirrender) zugefügt. Bleibt die Frage: Wird’s
dadurch besser?
Ach ja, Arpad Pusztai, der die Gen-Kartoffeln mit seinem
Mitarbeiter Stanley Ewen erzeugte und über seine Aberdeener
Forschungsarbeiten berichtete, wurde entlassen, weil nicht
alles mit richtigen Dingen zuging. Pusztai: »Ich halte es
für unfair, unsere Mitbürger als
Versuchskaninchen
zu verwenden.« Der »Deutsche Bund für
Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde« in Bonn erklärte
zu den Versuchen von Pusztai, daß sie keine Aussagen über
die Sicherheit gentechnisch hergestellter Produkte zuließen:
»Lebensmittel, die derartige Wirkungen hätten, wie dies die
angeblichen Forschungsergebnisse zur englischen
›Gen-Kartoffel‹ aufzeigen, wären niemals zugelassen worden.«
Prinz Charles ist ein entschiedener Gegner dieser
gentechnischen Veränderungen – im Gegensatz zu Tony Blair,
der keinen Grund zur Besorgnis sieht (da muß den
Premierminister wohl erst wieder seine Frau verklagen,
damit er begreift, welche Politik er betreibt).
Anzumerken ist – erstens –, daß sich die Gentechniker
(weltweit) in den 1970er Jahren Regeln gaben, wie sie mit
der damals neuen Technik umgehen wollten und dabei sagten
sie zu, alle Experimente zu unterlassen, die absehbar zu
einem potentiell gefährlichen Ergebnis führen. Anzumerken
ist – zweitens –, daß man englischen Nahrungsmitteln nicht,
überhaupt nicht, trauen darf, und bei dieser
Fortschritts-Euphorie der Labour-Regierung wird es zukünftig
eher noch schlimmer. Und das wiederum läßt das Schlimmste
für Deutschland befürchten, denn Tony Blair ist deutschen
Sozialdemokraten mehr als nur ein
local hero.
Friedrich Engels:
»Freut euch nicht zu sehr, wenn ihr einen Sieg über die
Natur erlangt habt. Für jeden solchen Sieg wird sich die
Natur an uns rächen.«
zurück an den Anfang dieser
Seite
Anmerkungen
1 Der Anfang dieses Jahrhunderts
von dem Wiener Kinderarzt Clemens von Pirquet geprägte
Begriff charakterisiert eine Überreaktion, eine abweichende
Reaktion des Immunsystems, die bis zum anaphylaktischen
Schock, zum Kreislaufstillstand, führen kann, von »allos«
anders und »ergon« Verrichtung.
Kartoffeln können bei Kindern nach Forschungen belgischer
Wissenschaftler um Liliane de Swert vom Universitätshospital
Gasthuisberg in Leuwen Allergien auslösen. Eine solche
Allergie kommt zwar nicht häufig vor, doch gerade deshalb
wird sie häufig verkannt. Die untersuchten Kinder litten
unter hartnäckigen Ekzemen, die nicht auf die üblichen
Verdächtigten (Kuhmilch, Hühnereiweiß, Getreide oder Soja)
zurückzuführen waren. Die ungewöhnliche Allergie verlor sich
bei Erreichen des sechsten Lebensjahres – jedenfalls bei
gekochten Kartoffeln. Möglicherweise sind die Kartoffeln gar
nicht schuld an der Allergie. Die Forscher sollten in ihre
Untersuchungen auch die Böden einbeziehen, in dem die
Knollen wuchsen. Bei den üblichen Chemiekeulen und
Gülleeinbringungen ist es doch unvermeidbar, daß Kinder
Allergien entwickeln.
zurück
2 Das griechische Wort »Gen«
wurde 1909 von dem dänischen Biologen Wilhelm Johannsen zur
Bezeichnung der Erbfaktoren ausgewählt.
zurück
3 Die Firma Monsanto ist in
Großbritannien mit einem Freilandversuch mit Mais
gescheitert, weil der Mikrobiologe Dr. John Heritage,
Mitglied in einem Regierungskomitee »Neue Ernährung und
Prozesse«, darauf hinwies, daß das veränderte Gen »Bla«
Meningitiskranke unempfindlich gegen Penizillin mache.
Arbeiter, die den Staub gen-manipulierter Pflanzen einatmen,
könnten hierdurch gefährliche Bakterien in der Kehle
entwickeln (Affenwärter in den zoologischen Gärten sind
vielfach infiziert mit Affenviren).
Niederländische Forscher wiesen nach, daß die natürliche
Widerstandskraft durch genetisch verändertes Essen
beeinflußt wird. Der bei Prince Charles verbotene Maisanbau
wird auf 350 Hektar am Kaiserstuhl (Deutschland) mit einer
Sondergenehmigung angebaut. Da hat der Teufel den Beelzebub
losgelassen. Anfang Juli 1999 haben die EU-Umweltminister
entschieden, keine weiteren neuen Freilandversuche
zuzulassen und keine neuen Genehmigungen für den Anbau
transgener Pflanzen und zu deren Nutzung in Lebensmitteln zu
erteilen.
zurück
4 Es sind mehr als zehntausend
Reis-Arten gezählt, unterscheidbar durch Geschmack, Geruch
und Farbe (hellrot, blau, violett, gelb, beige bis weiß);
aber es sind auch schon einige wichtige Arten wegen des
gezüchteten sog. Wunderreises ausgestorben, deren
Fähigkeiten heute gebraucht werden. In Europa gilt nur noch
das, was den Brüsselern (und vielleicht nur diesen) schmeckt
– magenkranke Sadisten hat die FAZ sie genannt, weil sie nur
noch das zulassen wollen, was ihren Normen entspricht.
Die FAZ im November 2000: »... ein westfälischer
Schweinezüchter, der nach alter Väter Sitte wagt, im eigenen
Wald zu mästen, macht sich strafbar, weil der Gülleabfluß
nicht in die genormten Betonrinnen fließt. ... Die
Massenproduktion gleichschmeckender Fertiggerichte – ist das
am Ende Europas Leitkultur?«
zurück
5 An der Universität Frederico
II. in Neapel bekämpft man den Pilz (Alternaria-, Bortytis-
und Rhizoctonia-Pilze) in der Kartoffel mit einem Enzym vom
Pilz T
richoderma harzianum, nachdem das Gen für
Endochitinase eingeschleust wurde.
zurück
6 Die wichtigsten (und größten)
Unternehmen im Agrobiotech-Geschäft sind Monsanto, DuPont,
Syngenta (Zusammenschluß von Novartis Agribusiness und
Zeneca Agrochemicals) und AgrEvo. In Deutschland versucht
die Kleinwanzlebener Saatzucht AG, sich als Nischenprodukt
die Zuckerrübe untertan zu machen. In der Bundesrepublik –
wie in allen anderen Industrieländern – wird die
Pflanzengenomforschung staatlich unterstützt (unter der an
sich schon bezeichnenden Bezeichnung GABI: Genom-Analyse im
Biologischen System Pflanze).
zurück
7 Es gibt zwei Methoden, fremde
Gene in eine Kartoffel einzuschleusen: Entweder durch
Infektion mit
Agrobacterium tumefaciens, einem
Tumorerreger, der in den Zellkern eindringt und die
Pflanzen-DNS teilweise durch eigene Gene ersetzt oder durch
Beschuß mit einer »Gen-Kanone«. Bei breitblättrigen Arten
wie die Kartoffel ist die Tumorerzeugung besonders gut
geeignet, während die Gen-Kanone für Getreide besser
geeignet ist (bei der Gen-Kanone sind die Ergebnisse nicht
immer exakt vorhersehbar). Bei der Gen-Veränderung mittels
des
Agrobacterium tumefaciens schwimmen
fingernagelgroße Stücke in Petrischalen mit einem
gallertartigen klaren Nährsubstrat, in denen gentechnisch
veränderte Agrobacteria gespritzt werden. Dem so
eingeschleusten Gen des
Bacillus thuringiensiswird
als »Markierung« ein zweites Gen beigefügt, das zumeist die
Resistenz gegen ein bestimmtes Antibiotikum überträgt (das
ermöglicht übrigens eine einfache Kontrolle des geistigen
Eigentums durch Genanalyse). Der atomare Beschuß von
Pflanzen ist keine Einschleusung von Genen, sondern erzeugt
Mutanten nach dem Zufallsprinzip.
Was – so müßte man sich fragen – geschieht mit dem »gene
flow«, dem Genfluß, der durch die Übertragung von Pollen
erfolgt. Genfluß findet normalerweise nur zwischen eng
verwandten Pflanzen statt. Das bedeutet, daß der freie
Austausch von Genen eingeschränkt ist. So weit so gut (oder
schlecht). Doch wenn gentechnisch veränderte Pflanzen in
Regionen gepflanzt werden, in denen üblicherweise nah
verwandte (Wild-)Pflanzen wachsen, beispielsweise mit
Kartoffeln in den peruanischen Anden, was wird dann dort
passieren?
Wenn ein übertragenes Gen in der Umwelt erst einmal ein
neues Wildkraut oder einen resistenten Schädling erzeugt
hat, lassen sich die daraus resultierenden Folgen nicht
einfach beseitigen: Dieses neue Wildkraut, dieser resistente
Schädling ist zum Bestandteil der Natur geworden. Die
Gentechnik-Firmen werden sich dann etwas Neues einfallen,
was man in der Betriebswirtschaftslehre auch als
Kuppelproduktion bezeichnen könnte: Die gentechnisch
veränderte Pflanze »funktioniert« nur noch, wenn zugleich
neue Herbizide eingesetzt werden..
zurück
8 Liebigs Thesen entsprachen dem
Muster des damals gerade aufgekommenen
Energieerhaltungssatzes und den damaligen Theorien der
Geldwirtschaft: wenn man mehr ausgibt als man hat oder hinzu
erwirbt, wird man ärmer.
zurück
9 Der Verwalter der »Home Farm«
des Prinzen von Wales, David Wilson, weist in einem
Interview (2002) daraufhin, daß die Absatzpreise von
ökologisch und nicht gen-manipulierten Produkten weit über
den Preisen der »herkömmlichen« Produkte lägen. Die an
Fläche gemessene Ernteausbeute sei zwar geringer (bei Weizen
rund sechzig Prozent, bei Hafer, Roggen und Bohnen rund drei
Viertel gegenüber dem »traditionellen« Anbau). Doch die
Kostenersparnis übersteige den Ertragsverlust. Im
Weizenanbau würden auf der »Home Farm« für rund 0,4 Hektar
rund dreiundzwanzig Pfund für Samen ausgegeben werden; der
konventionelle Bauer aber komme aufgrund des zusätzlichen
Einsatzes von Kunstdünger und Pflanzenschutzmitteln auf rund
100 Pfund für die selbe Fläche. Es sei auch kostengünstiger,
anstelle von Landmaschinen zusätzliche Arbeitskräfte
einzustellen, weil das Vieh auf Ökobauernhöfen häufiger
bewegt werde.
Vom Schweizer Forschungsinstitut für organische
Landwirtschaft in Frick wurde Mitte 2002 das Ergebnis einer
Langzeitstudie veröffentlicht über Nutzen und Erträge
verschiedener Anbausysteme. Es ergab sich in dem seit 1978
begonnenen Vergleich, daß der Ökolandbau deutlich geringere
Erträge erwirtschaftet, aber was die Effizienz der
Energieausnutzung, die langfristige Stabilität der Böden und
vor allem die biologische Vielfalt angeht, steht das
chemiefreie Anbau eindeutig vorn. Mit Mineraldünger und
chemischen Pflanzenschutzmitteln erbringt der Boden rund
zwanzig Prozent höhere Erträge bei Weizen und Klee; die
Einbußen bei Kartoffeln sind deutlich höher – mitunter bis
zu fünfzig Prozent; das hängt mit dem Befall durch den
Erreger der Kraut- und Knollenfäule, dem Pilz Phytophthora
infestans, zusammen. Deutlich höher ist die Vielfalt der
Pflanzen auf den Ökofeldern ebenso wie schädlingsvertilgende
Spinnen, Käfer und andere Insekten. Außerdem war ein bis zu
vierzig Prozent höheres Angebot an Mykorrhiza-Pilzen, die
die Wurzeln bei der Aufnahme der nahrungsmittel
unterstützen, festzustellen.
zurück
10 Margaret Visser: »In einem
nordamerikanischen Supermarkt gibt es nichts, das nicht in
irgendeiner Weise mit Mais in Berührung gekommen wäre –
abgesehen von Frischfisch, und selbst der wurde
höchstwahrscheinlich in Kisten angeliefert, deren Material
teilweise aus Mais besteht. Fleisch
ist zum größten
Teil Mais.« Deshalb ist Mais die bevorzugte Pflanze für
Gen-Manipulationen. Seit 1922 steht kommerziell nutzbarer
Hybrid-Mais zur Verfügung. Bis 1950 gab es noch – seit den
1920er Jahren immer seltener werdend – Ausstellungen für
Mais (mit Preisrichtern und Mais-Königinnen), aber da jetzt
alle amerikanischen Farmer den gleichen Mais der selben
Firma anbauen, ist auch dieser schöne Brauch ausgestorben.
Und so wird’s den Kartoffel-Königinnen auch gehen.
zurück
11 Am 6. November 1996 wurden
erstmals gen-manipulierte Sojabohnen in Hamburg angelandet,
und diese mit »normalen« anderen Bohnen zu Margarine, zu
Dressings und zu Öl und weiteren rund 30.000 Produkten
verarbeitet (ohne jegliche Kennzeichnung). Wenn’s denn
wirklich so ungefährlich ist: Warum dann keine
Kennzeichnung für das euphemistische »Novel
Food«?
zurück
12 Die Europäer fordern, daß
gentechnisch veränderte Nahrungsmittel gekennzeichnet
werden, die US-Amerikaner betrachten dies als ein
Handelshemmnis im Sinne der WTO-Regeln. Grundlage der Regeln
ist der »Codex Alimentarius«
zurück
13 N. U. Haase von der
Bundesanstalt für Getreide-, Kartoffel- und Fettforschung
(Abt. Kartoffeltechnologie) in Detmold gab einen wertvollen
Hinweis zur Kartoffel-Stärke: Stärke besteht aus zwei
Komponenten, dem Amylopektin und der Amylose. In der Natur
kommen fast immer beide Komponenten gleichzeitig vor. Durch
intensive konventionelle Züchtung ist es gelungen, die
Amylose zu entfernen. Deshalb ist heute eine sog.
Wachsmaisstärke und eine Wachsreisstärke erhältlich, die vor
allem in der Lebensmittelindustrie genutzt wird. Die
Versuche, bei der Kartoffelstärke die Amylose zu
entfernen, waren erfolgreich (unter Verwendung moderner
Zuchtmethoden, insbesondere in den Niederlanden – dort
stehen – 1999 – zwei Sorten in der Zulassungsprüfung).
Eine derartige Wachskartoffelstärke unterliegt der
Novel-Food-Verordnung. Damit ist eine Verwendung im
Lebensmittelbereich nicht ohne weiteres möglich;
Amylopektin-freie Stärken (als Gegenstück) sind bisher
nicht geschaffen worden.
Der Erfinder Artur Fischer (»Fischer-Dübel«) gründete 2001
einen Betrieb, in dem er Konstruktionsspielzeug (Artur
Fischer TiP) aus Kartoffelstärke herstellt: »Das ist
unglaublich, was man damit alles machen kann. Die Stärke
bindet sofort und ist unheimlich stabil.«
zurück
14 Der »Bt«-Mais von Novartis
kann sich gegen einen Nachtschmetterling wehren, den die
Firma Novartis für sieben Prozent der jährlichen
Ernteausfälle verantwortlich macht: den Maiszünsler. Dessen
Raupe frißt sich in den Stengel der Pflanze hinein, um sich
dort fett zu futtern; sie läßt sich mit dem Gift des
Bacillus
thuringiensis (Bt) bekämpfen. Bt ist in die
Erbsubstanz der Maispflanze implementiert worden und
produziert jetzt ein Gift gegen den Zünsler. Dieses Gift
wandelt sich erst im Darm des Insektes zum eigentlich Toxin
um, in dem es die Darmwände auflöst, so daß die Raupe
stirbt. Ist es unzulässig, daran zu denken, daß dieses Gift
vielleicht auch die Darmwand des Menschen auflösen könnte,
was ja hoffentlich von Novartis nicht beabsichtig ist? Die
amerikanische Umweltbehörde
Environmental Protection
Agency (EPA) erließ spezielle Regeln für den Anbau des
Bt-Maises. Es soll damit erreicht werden, daß sich
widerstandsfähige Insekten nicht vermehren. Aber neueste
Untersuchungen zeigen, sie tun’s doch und geben ihre
Resistenz an ihre Nachkommen weiter.
zurück
15 Die höchste Biodiversität
findet sich Gebieten, wo evolutiv kalkulierbare mittlere
Störungen als dynamisches Element wirken – wie an
Straßenrändern. Für Deutschland gilt, daß die einmaligen
Arten bedroht oder gar schon ausgestorben sind, in der Summe
aber ist die Biodiversität höher als früher.
zurück
16 Ein Gen des
Bacillus
thuringiensis schützt die Kartoffel gegen den Käfer.
In Georgien wurden diese Pflanzen bereits feldmäßig gesetzt.
Angeblich sei die Ernte aber deutlich schlechter
ausgefallen, denn ein Großteil der Pflanzen wurde
vernichtet, nicht vom Kartoffelkäfer, sondern von dem
berüchtigten Pilz Phytophthora, für den die Kartoffeln jetzt
anfälliger waren. Dumm gelaufen für Monsanto, denn mit
dieser Gen-Kartoffel-Sorte »Naturmark NewLeaf« sollte der
Markt erobert werden.
zurück
17 Hervorhebungen kursiv sind
Zitate aus der »FAZ« vom 26.3.1996. Niemand möge behaupten,
daß die Journalisten der »FAZ« nicht auch an ihre
Kindeskinder und die Folgen der Gen-Manipulationen
denken.
zurück
18 In das Erbgut von asiatischen
Zierfischen (Oryzias latipes) wurde ein Gen für ein
menschliches Wachstumshormon eingeschleust – ein Experiment,
das auch an Lachsen vorgenommen wird. Diese transgene Fische
reiften wesentlich schneller heran und produzieren mehr
Eier. Im Konkurrenzkampf um einen Partner haben größere
Fische bessere Chancen; deshalb breitete sich das Hormongen
schnell in einer Population aus; dummerweise starben die
transgenen Nachfahren bereits vor dem Erreichen des
Fortpflanzungsalters, so daß die Population schrumpfte. Es
sollte doch möglich sein, auch die Kartoffeln mit einem
entsprechenden menschlichem Gen zu verändern!
zurück