aus: Hans-Jürgen Eitner:
Hitlers Deutsche. Das Ende eines Tabus. Casimir Katz Verlag,
Gemsbach 1991
1. Die Genese der Hitler-Diktatur
ab 15. Jh.
[nicht erwähnt:
Germanenfurz an Europas
Universitäten
In Mitteleuropa existiert eine philosophische Richtung,
die besagt, dass die deutsche Bevölkerung von den
"Germanen" abstamme
-- mit Bezug auf eine "Germania" Tacitus mit
Feldzugspropaganda im römischen Reich
-- mit Bezug auf die Ausdehnung des Territoriums im Osten
bis zum Don]
-- mit Definition "germanischer Völker" als den
sprachverwandten Völkern der deutschen Sprache ab dem
Aufkommen der systematischen, "sprachwissenschaftlichen"
Linguistik
aus: Lund, Allan A.: Germanenideologie im
Nationalsozialismus. Zur Rezeption der "Germania" des
Tacitus im "Dritten Reich". Heidelberg 1995
[Die Definition der deutsch "sprachverwandten Völker" wird
in Europas Universitäten auch politisch umgedeutet und je
nach politischer Lage aktiviert oder desaktiviert. Es wird
eine politische "Freundschaft" zwischen den "germanischen
Völkern" erdichtet: Deutschland, Holland, Skandinavien,
Deutsch-Österreich, Baltenstaaten etc. Dies ist die
ideologische Basis für beide Weltkriege in Europa im 20.
Jh.].
1685-1918
Potsdam: Zweite brandenburgisch-preussische Residenz
-- Potsdam ist die wichtigste Garnisonsstadt Preussens
-- und ist die Weihestätte des alten preussischen
Gedankens (S.88).
18. Jh.
Weimar ist für 50 Jahre Residenz des Weltgeistes
(S.88)
1805
Anti-Napoleon-Koalition: England, Russland, Österreich
Preussen tritt nicht bei, aus Hoffnung auf
Eigennutz und aus Furcht.
Napoleon gewinnt gegen England, Russland und Österreich
(S.135).
1806
Napoleon gewinnt gegen das alleinige Preussen
(S.135)
1809
Napoleons Armeen gewinnen gegen Österreich
(S.136)
1813
Anti-Napoleon-Koalition England, Russland, Österreich,
Preussen
Zerstören der Hegemonie Frankreichs (S.136).
1859
Leitsatz von Karl Marx: Die Schicht bestimmt das
Bewusstsein der Menschen
Dies steht in seinem Buch "Kritik der politischen
Ökonomie": "Es ist nicht das Bewusstsein der Menschen, das
ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein,
das ihr Bewusstsein bestimmt." (S.332)
[nicht erwähnt:
Kommunismus entsteht gegen Not und Armut
Der Kommunismus u.a. unter Karl Marx entsteht als
Gegenpol zu den harten bis tödlichen Arbeitsbedingungen
der Menschen in der neu aufkommenden Industrie, in
Kohlengruben, Kinderarbeit, Hungerlöhne etc.].
1871
Deutscher Sieg gegen Frankreich - Gründung des
Deutschen Kaiserreichs
unter Bismarck (S.166)
Arbeiterschaft im Kaiserreich: Die Arbeiterschaft unter
Bismarck ist die stärkste, bestorganisierte,
bestgeschulte Arbeiterschaft Europas
(S.265)
1871-1918
Beschränkte Parteienarbeit
Die Parteien im Kaiserreich sind mit der Regierungsbildung
und mit der Exekutive befasst. Sie bekommen aber keine
Praxis, Gesetze und Massnahmen zu entwerfen, den Staat zu
manövrieren (S.35).
[nicht erwähnt:
Ganz Europa beneidet Deutschland um seine sozialen
Errungenschaften unter Bismarck. Das Kaiserreich wird
Vorbild für viele soziale Einrichtungen. Negativ bleibt
das Dreiklassenwahlrecht und rassistische Gesetze,
Todesurteile etc.].
Juden im Kaiserreich sind bereits in führenden Rollen
-- im politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben,
gehören aber durch die eigene Religion und Tradition nicht
zum "Volksganzen" (S.374)
-- Juden bezahlen im Kaiserreich etwa 3 bis 7 mal mehr
Steuern als die Nichtjuden (S.376).
Wachsender Antisemitismus in Berlin wegen grossen
jüdischen Anteilen in Berufsgruppen
Die jüdische Gemeinde Berlin ist die grösste jüdische
Gemeinde Deutschlands und die fünftgrösste jüdische
Gemeinde der Welt. 30,6 % der deutschen Juden leben in
Berlin und stellen dort 4,3 % der EinwohnerInnen. In
Berlin stellen Juden
34 % der Universitätslehrer
42 % der Mediziner
48 % der Rechtsanwälte
56 % der Notare (S.375)
1901-1930 sind 14 bzw. 9,3 % der Nobelpreisträger Juden,
was sie aber in der breiten Bevölkerung nicht
sympathischer macht (S.376).
Die Überrepräsentierung der Juden in diesen Berufssparten
in Berlin erregt Anstoss und nährt den traditionellen
Antisemitismus (S.375)
1871-1918
Einfluss der Industrie in der Kaiserzeit auf die
Kriegspolitik
Wirtschaftliche Interessenverbände können Einfluss auf die
Formulierung von Kriegszielen nehmen (S.242-243)
1871-1918
Die Bauernschaft ist enorm wichtiger Faktor mit viel
Durchsetzungsvermögen
(S.280)
1877
Geburt von Hjalmar Schacht
(dtv-Lexikon)
1890-1913
Durchschnittlicher Geburtenüberschuss in Deutschland:
1,4 %
(S.222)
1890-1900
Geburtenrate: Auf 1000 EinwohnerInnen kommen
durchschnittlich 36 Geburten
(S.222)
1900
Dissidentenzahl : 0,02 Prozent
(S.25)
1905-1925
Ansteigen der Rate unehelicher Kinder von 8,5 auf 12 %
(S.225)
1908
Hjalmar Schacht wird Vizedirektor der Dresdner Bank
und ist dabei erst 31 Jahre alt. Schacht verkörpert
Intelligenz, Ehrgeiz, Eitelkeit, Rosstäuschertricks sowie
lyrische Neigungen und gilt als Bürge für stetige
wirtschaftliche und bürgerliche Freiheiten (S.213).
1910
36,0 % der Bevölkerung sind verheiratet
(S.218)
Preussen: Unter den 100 Reichsten sind 29 Juden
(S.376)
1911-1914
Geburtenrate: 28 auf 1000 EinwohnerInnen
(S.222)
vor 1914
Angstfreies Kaiser-Vertrauen
-- die deutsche Bevölkerung geniesst ein angstloses,
geniesserisches Leben in Deutschland
-- geniesst ein behagliches Leben im Kaiserreich
-- und geniesst eine stabile Währung in Goldmark (S.15).
[nicht erwähnt:
Das Kaiserreich Bismarcks kennt viele Tabus und
Diskriminierungen, die verdrängt werden].
vor 1914
Jugendbewegung mit bereits extrem rechten Inhalten
Bereits im Jahre 1914 erfolgt die Gründung der Deutschen
Jugendbewegung mit Inhalten, die der Nationalsozialismus
später "nutzen" wird (S.51).
[nicht erwähnt:
Auch in anderen Ländern werden extrem rechte
Jugendbewegungen gegründet, in Frankreich, in England die
"Boy Scouts" etc.]
1914
Kirchenaustritte: 0,4 Promille
(S.25)
1914-1918
Geldentwertung der Goldmark
durch vermehrte Kaufkraft, aber verminderte
Warenproduktion. Bis 1918 fällt der Binnenwert der
Goldmark um 50 % (S.16).
Deutsche Kriegsausgaben: rund 151 Mia. Mark
Finanzierung:
-- 61 % durch Kriegsanleihen
-- 38,4 % durch schwebende Schulden auf
Reichsschutzwechsel
-- Kriegssteuern werden keine erhoben und die vermögen
v.a. der Besitzenden werden geschont (S.16).
"Grossraumpolitik" wird propagiert v.a. durch die
Schwerindustrie
Dabei stellt die Schwerindustrie im Kaiser-Deutschland
annexionistische Kriegszielforderungen (S.243-244).
[Die deutschen Militärs wollen auf alle Fälle Frankreich
und Russland besetzen, auch einen Teil Englands, um
Deutschland zu germanisieren. Die Anfangserfolge ergeben
Übermut und Arroganz].
Abwiegelung der Regierung gegen Inflation
Die Kaiser-Regierung wiegelt die Bedenken gegen die
Kriegsinflation ab mit den Begründungen,
-- die Sorge um das "Vaterland" sei im Krieg "wichtiger
als die Sorge um den Geldwert"
-- bei einem Sieg im Krieg werde die Inflation durch
Plünderung der Besiegten abgeschwächt werden bzw.
Plünderungen werden die Kompensation für den Wertverlust
der Goldmark sein (S.16).
Tabelle: Juden im Kaiserreich 1914-1918
kämpfen für Deutschland |
Juden total |
ca. 550.000 |
jüdische
Kriegsteilnehmer |
96.000
davon 12 % Freiwillige
|
jüdische
Frontkämpfer |
80.000 |
gefallene Juden
für Deutschland |
12.000 |
dekorierte Juden
für Deutschland |
knapp 30.000 |
beförderte Juden
in Deutschland |
knapp 20.000 |
-- diese Zahlen entsprechen dem
Reichsdurchschnitt (S.374) |
-- der Anteil gefallener jüdischer
Offiziere liegt mit 1,3 % über dem Durchschnitt
(S.375). |
2.8.1914
Abkommen zwischen
Arbeitgebern und Arbeitnehmern
-- die Arbeitgeber haben eine Fürsorgepflicht gegenüber
den ArbeitnehmerInnen
-- und die ArbeitnehmerInnen haben eine Treuepflicht
gegenüber den Arbeitgebern (S.275).
4.8.1914
Kaiser Wilhelm II. verkündet die Gleichheit der
"deutschen Brüder"
Reichsthronrede:
"Ich kenne keine Parteien und auch keine Konfessionen
mehr; wir sind heute alle deutsche Brüder und nur noch
deutsche Brüder!" (S.332)
1916
Hjalmar Schacht wird Vorstandsmitglied der Nationalbank
für Deutschland
dabei ist Schacht 39 Jahre alt, und bleibt
Vorstandsmitglied bis 1923 (S.213).
ab 1916
Versagen der Ernährungswirtschaft in Deutschland
-- es wurden keine Vorräte angelegt
-- es ist keine Erfassungsorganisation vorhanden
-- es sind keine Lebensmittelstatistiken vorhanden
-- es kommt zu Hunger in deutschen Industrie-Grossstädten
(S.433).
1916/1917
Hungerwinter in Deutschland
-- Hauptnahrungsmittel ist dabei die Kohlrübe
-- es kommt zu einer allgemeinen Unterernährung, die
Fettreserven und die Körpereiweisse der Körper werden
aufgebraucht
-- es kommt zu einer entscheidenden Schwächung von
Leistungsvermögen und Widerstandskraft (S.433)
1917/1918
Erneuter Hungerwinter in Deutschland
(S.433)
[nicht erwähnt:
Die Fleischwirtschaft schränkt die Ernährung der
Bevölkerung ein
Hätte das Kaiserreich auf vegetarische Nahrung
umgestellt, dann wäre der Hunger nicht extrem gewesen.
in: aus: Dr. med. M.O. Bruker: Unsere Nahrung - unser
Schicksal. emu-Verlags-GmbH, 56112 Lahnstein, Deutschland,
1986d:
Details:
Die Behauptung der Unverdaulichkeit von Kleie -
behauptete Minderwertigkeit des pflanzlichen Eiweiss -
Massentod in Deutschland 1917-1919
Die "Schulmedizin" in Deutschland behauptete, dass Kleie
im Magen unverdaulich sei (Bruker, S.212) und somit
Viehfutter sei (Bruker, S.211). Das war die Propaganda für
das Weissbrot ohne Kleie. Ausserdem behauptete die
Schulmedizin, pflanzliche Eiweisse seien minderwertig
(Bruker, S.211). Das war die Propaganda für den
Fleischkonsum. Prof. Wiegener der ETH Zürich
stellte schon 1915 fest, dass die dem Vieh verfütterte
Kleie auch für den Menschen absolut verdaulich ist
(Bruker, S.212-213).
Die Schulmedizin und der deutsche Staat handeln aber nicht
sondern lassen die Geldverschwendung,
Nährwerteverschwendung und die Gesundheitszerstörung an
der Bevölkerung weiter zu (Bruker, S.213), [planmässige
millionenfache schwere Körperverletzung].
Dänemark isst vegetarisch
und hat keinen Hunger
Der dänische Arzt Hindhede stellte 1915 / 1916
fest, dass Kleie hochwertig und für den Menschen gut
verdaulich ist (Bruker, S.211) und verhindert 1917 im
blockierten Dänemark mit einer grösstenteils vegetarischen
Landesernährung eine Hungerkatastrophe wie in Deutschland:
Die Schweinezucht in Dänemark wird um 4/5 und die
Rinderzucht um 1/3 reduziert.
Stattdessen lebte die Bevölkerung in Dänemark von den
800.000 Tonnen Vollgetreide, die sonst das Vieh gefressen
hätte (Bruker, S.211). In Deutschland verhungerte
gleichzeitig die Bevölkerung, weil der deutsche
Kaiserstaat das Vieh fütterte, statt alle Menschen zu
versorgen (Bruker, S.212).
[Schlussfolgerung: Der deutsche Staat beging 1917-1919
1000-fachen planmässigen Mord an seiner Bevölkerung, indem
er am kompletten Fleischkonsum festhielt und die
vollwertigen Futtermittel weiter den Tieren verfütterte.
Aber von Dänemark wollte der Kaiser nicht lernen].
1917
Diktatur in Russland
unter Lenin
(S.62)
[nicht erwähnt:
-- Lenin fährt in einem plombierten Eisenbahnwagen von
Genf nach Leningrad durch ganz Deutschland und der Kaiser
lässt dies zu
-- Deutschland lässt den kommunistischen Ideologen Lenin
absichtlich passieren, damit in Russland die Revolution
ausgelöst werde, so dass Russland dann militärisch leicht
zu besetzen sei
-- die Reise von Lenin ist deutsches, taktisches Kalkül,
und somit wird die russische Bevölkerung in 60 Jahre
Kommunismus und in 60 Jahre Extremisierung zwischen
Kapitalismus und Kommunismus gestürzt. Wir danken dem
deutschen Kaiser...]
1917,1918
Geburtenrate in Deutschland: 14 auf 1000 EinwohnerInnen
1911-1914 noch 28, 1890-1900 noch 36 auf 1000 (S.222).
1918
Korruption und Begünstigung - Opportunisten des Heeres
Ca. 1,5 Mio. Mann drücken sich zwischen Front,
Etappe und Heimat herum und entkommen so ihrem sicheren
Tod (S.468).
Die Besitzenden haben grosse Kapitalien und begünstigen
damit die Inflation (S.16).
Weimar: Gründung der
"Republik"
Verabschiedung der Verfassung der Republik im
Nationaltheater durch die Nationalversammlung
-- der Geist der Republik sollte in Humanität und Freiheit
dem preussisch-militärischen Geist von Potsdam
entgegengesetzt sein
-- die geistige Haltung der deutschen Bevölkerung ist
geteilt:
oo Millionen Deutsche teilen die
Abneigung gegen den "Geist von Potsdam"
oo Millionen Deutsche sehen in Potsdam
das Sinnbild einer grossen preussisch-deutschen
Vergangenheit strenger Grösse (S.88).
Parteien ohne Praxis in der Legislative
Die Parteien werden alleinige staatstragende Institutionen
ohne jede Praxis in der Legislative
-- haben keine Praxis, die Demokratie nach aussen hin
auszuüben
-- haben keine Praxis in Kompromisspolitik und
Interessenausgleich
-- haben Angst vor der Verantwortung (S.35).
1918-1923
Die Bauernschaft wird schuldenfrei durch Inflation
(S.201, 280)
ab 1918
Der Verlust der stabilen Kaiserzeit ist endgültig
(S.15)
Die deutschen Universitäten lösen sich aber kaum vom
autoritären Kaisertum
Die Universitäten haben unheimliche Schwierigkeiten, sich
von dem kaiserlich-wilhelminischen Gedanken zu lösen, v.a.
in den Fakultäten Geschichte, Recht und Germanistik
existieren Gedanken der Republikfeindschaft und des
antidemokratischen Denkens. Die Studenten sind allgemein
"unpolitisch" und gefühlsmässig alldeutsch-kaiserlich
(S.35).
Die kaiserliche Feiertage bleiben erhalten
Die Jahrestage der Schlacht von Sedan
(2.9.1870) und der Reichsgründung (18.1.1871) werden an
allen deutschen Universitäten pathetisch weiter gefeiert.
Die Feier des Verfassungstages der Weimarer Republik
(11.8.1919) bleibt blosse Pflichtübung in den Ferien
(S.35).
[Auch die kaiserlichen Strassennahmen bleiben Deutschland
bis heute erhalten, ohne jeden Grund, wenn man die Untaten
des Kaisers bedenkt mit Massenmord und Begünstigung des
Kommunismus auf der Welt].
Studentenverbindungen bleiben "national" und
antisemitisch
Die Studentenverbindungen bleiben wilhelminisch und sind
antijüdisch, führertreu, völkisch-nationalistisch und
militaristisch, so
-- die Burschenschaft
-- der Hohe Kösener S.C.Verband
-- der Cartellverband der katholischen farbentragenden
Studentenverbindungen (S.37).
ab 1918
Die Internate NAPOLA (Nationalpolitische
Erziehungsanstalten, Internate)
-- gehen 1918 aus den Kadettenanstalten hervor
-- Ziel ist das Heranbilden einer national ausgerichteten
Elite für alle Bereiche des Lebens (S.300).
1919
1919-1933
Weimarer Republik
Zurückscheuen der Politik vor einschneidenden
Massnahmen
Die Verantwortliche kneifen vor einschneidenden Massnahmen
(Reichsregierung, Grossunternehmen, Grossbanken,
Gewerkschaften), weil:
-- die eigentliche Situation wäre der Staatsbankrott
-- der Staat lässt somit eine begrenzte Inflation zu, die
den Absatz (Flucht in Sachwerte) und den Export fördert
-- Ermöglichung der Vollbeschäftigung, guter Bilanzen,
Ermöglichung höherer Sozialleistungen (S.16).
Die verderblichen Auswirkungen der Inflation treten erst
mit Verzögerung ein (S.16).
Sozialsystem der Gegensätze
Das Sozialsystem beruht auf dem Gegensatz von
Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Der Gegensatz wird zur
Norm (S.336).
19.1.1919
Wahlen
-- demokratische Parteien: 76,1 %, antidemokratische
Parteien ohne Splitterparteien: 23,4 % (S.40).
-- die demokratischen Parteien haben eine 3/4-Mehrheit
(S.40)
aber: Inflation: Spareinlagen haben noch 10 % des
Gegenwerts von 1914
(S.16). Die Inflation in Deutschland ist die
zweitgrösste hinter Russland (S.16).
Vermögensbeispiel: 1914: 50.000 Goldmark sind 1923 noch
0,0005 Pfennig (S.17).
1919-1921
Spitzenzeit für Kirchenaustritte
v.a. in städtischen Industriegebieten (S.25).
1919-1923
Zeit der Inflation, gesellschaftliches Trauma mit
Werteverlust und materiellen Verlusten
Die Auswirkungen:
-- Erbitterung, Hass, Wut auf die Demokratie
-- der Wahnsinn der deutschen Inflation wird beantwortet
mit dem Wahnsinn der Sehnsucht nach einer Diktatur
-- die Gläubiger sind ihre Kreditwerte los, die Schuldner
sind ihre Schulden los, die Schuldenmacher sind im
Vorteil, also die aktiven und wohlhabenden Schichten
(S.15).
Verantwortung für eine Inflation: der Staat allein (S.16).
Gemäss Gerhard Ziemer ist die Inflation 1919-1923
"ein fünfjähriges Staatsverbrechen" (S.15).
1919-1925
Gemässigter Zollschutz für die deutsche Landwirtschaft
(S.283)
1919-1933
Bewegungen gegen die Demokratie
Friede und Demokratie sind im dauernden Daseinskampf. Es
kommt zu Demonstrationen, Krawallen bis zur radikalen
Propaganda gegen die Demokratie. Die Demokratie-tragenden
Kräfte können durch die wirtschaftlichen und
soziopolitischen Zustände nicht überzeugen (S.39).
Demokratiefeindliche Parteien dürfen agieren (S.40).
1919-1933
Tucholsky verhöhnt die Weimarer Republik
-- zieht viele in die Verachtung der Republik
-- gibt der Rechten zugleich willkommene Munition für die
Agitation gegen die Republik
-- wandert 1929 nach Schweden aus (S.110)
-- Reich Ranicki beschuldigt später die extreme
Linke, die Weimarer Republik nicht geschützt zu haben
(S.110).
Uneheliche Geburten und Abtreibung
-- unverheiratet Mütter sind sehr schlecht gestellt
-- unverheiratet Mütter haben nicht einmal das gesetzliche
Recht auf das Kind (S.225).
"Humane Rassenhygiene"
ist verbreitet [?]
(S.224)
Kartellbildungen in der Industrie
-- es bilden sich Kartelle, währenddessen im Ausland der
freie Wettbewerb verteidigt wird: Produktionskartelle,
Preiskartelle, Absatzkartelle
-- die Kartelle bekommen in Deutschland Rechtscharakter
-- Nachteil: veraltete und unwirtschaftliche Unternehmen
bleiben am Leben
-- Höhepunkt der Kartellierung 1925-1928 im Bergbau zu
4/5, in der Chemieindustrie, Glasindustrie und
Papierindustrie z.T. mehr als 2/3 (S.256).
Wohnungsnot: Einrichten von Erwerbslosen-Siedlungen an
Stadträndern
mit Nutzgärten und Kleintierhaltung zwecks
Selbstversorgung (S.228)
In den deutschen höheren Schulen wird jeweils das
"Schanddiktat" von Versailles eingeprägt
und damit das Selbstwertgefühl der Jugendlichen
stark gestört
[ohne zu erwähnen, dass die deutschen Militaristen seit
1907 mit dem Schlieffenplan gleich ganz Holland, Belgien,
Frankreich und England besetzen wollten und Lenin
absichtlich durch Deutschland reisen liessen, um Russland
zu destabilisieren und Russland zu besetzen].
Ganze Bevölkerungsteile und die Kirche lehnen die Weimarer
Republik ab:
Bewegungen gegen die Demokratie
Friede und Demokratie sind im dauernden Daseinskampf. Es
kommt zu Demonstrationen, Krawallen bis zur radikalen
Propaganda gegen die Demokratie. Die Demokratie-tragenden
Kräfte können durch die wirtschaftlichen und
sozialpolitischen Zustände nicht überzeugen (S.39).
1919-1933
Kartellgericht schützt kleine Unternehmen
Schutz der kleinen Unternehmen, die ihre Produkte
billiger anbieten als die Grosskartelle (S.258).
Kirche: Protestantische Kirche hat kein positives
Verhältnis zur Weimarer Republik
wegen nationalkonservativer Grundhaltung (S.405).
Die Zentrumspartei der Katholiken lehnt die Weimarer
Republik sehr ab
(S.400)
Juden in der Weimarer Republik bleiben in führender
Rolle
Der Antisemitismus in Deutschland bleibt bis 1932 schwach,
schwächer als in den meisten anderen Staaten Europas wie
Osteuropa, England, Niederlande, Österreich (S.374).
"Humane Rassenhygiene"
ist verbreitet
(S.224) [siehe: Huonker: Psychiatrie-Holocaust].
Die "moderne" Architektur wirkt katastrophal:
"Architektur" in der
Weimarer Republik - das unmenschliche "Neue Bauen"
-- das Klischee behauptet, die Architektur der Weimarer
Zeit sei weltoffen, zukunftsfroh, sozial, engagiert,
demokratisch
-- stimmt nur zum Teil (S.197).
"Neues Bauen":
-- Verzicht auf historisch ableitbare Formen
-- Häuser mit weiss getünchten Wänden
-- durchlaufende Fenster- und Wandbänder
-- Sichtbarmachen der Konstruktion als Trägerin der Form
-- der Baustil wird getragen vom Deutschen Werkbund, von
Bauhaus, von SPD und KPD
-- das "Neue Bauen" hat grösste Bedeutung im sozialen
Wohnungsbau
-- der Baustil bleibt unverstanden, auch bei den Arbeitern
(S.194)
[der Baustil ist durch Weglassen aller historischen
Merkmale und Charakteristika nicht liebenswert und
unmenschlich, scheusslich geometrisch viereckig in rechten
Winkeln und verzichtenswert].
Kämpfe gegen das "Neue Bauen"
-- konservative Architekten bekämpfen das "Neue
Bauen" als "kulturbolschewistisch", zumindest als
"undeutsch"
-- konservative Architekten und ihre Ideen sind vertreten
in der Bauwirtschaft, in Heimatschutzvereinen, in den
Mitteparteien, Eintreten für vorindustrielle Wertsysteme:
oo Ablehnen der Grossstadt
oo Hinwendung zu Dorf und Kleinstadt
oo Leitbild: das Eigenheim (S.194).
-- zwei Richtungen der konservativen Architekten:
oo Monumentalarchitektur für
öffentliche Bauten und Industrie
oo Bauweise mit heimischen Materialien
im Interesse des Heimatschutz (S.194)
oo beide Richtungen schliessen sich
dem 1928 gegründeten NS-Kampfbund für deutsche Kultur an
mit dem Ziel, das "Neue Bauen" zu zerstören (S.195)
Theater und Film mit hohem Niveau
haben hohes Niveau, grosse Vielfalt, Theater und
Film von Weltruf (S.112).
ab 1919
Kinosucht und Theater in Deutschland
Hauptkraft ist die Verdrängung des Alltags, das
Überspielen von Angst (S.26). Entwicklung der
Filmverrücktheit, die Leute werden "kinosüchtig",
besonders die Deutschen. Die Traumfabrik ist ob der
dramatischen nationalen Situation sehr beliebt, hilft, die
latente Daseinsangst zu überspielen. Berlin wird
Filmmetropole für die ganze Welt (S.25).
Berlin wird auch zur Theaterstadt der Welt, mit Produktion
von Luftschlössern und Traumwelten, auch in München,
Hamburg, Frankfurt a.M. und Düsseldorf, Berlin zusätzlich
als Zentrum für Operette und Show in Europa (S.26).
Ausserdem: Entwicklung von Tanzwut, Sexwelle in
überbordender Lebenslust und Hektik (S.26).
Zusammenspiel der Lebenselemente des "Bösen", der Lasten,
mit den Elementen des Übersüssen, Zuckerhaften, Verhöhnung
der Werte und der Mentalität, und das bürgerliche Publikum
klatscht über seine Verhöhnung (S.27).
Extremistische Kunst
radikale, extreme Richtungen, alles erlaubt,
verunsichert die Bevölkerung noch mehr (S.27), lässt ein
Vakuum entstehen, lässt die Gefühle im bodenlosen Raum, so
dass es Platz gibt für Autoritäten, so dass Autoritäten
als Glück, als Erlösung empfunden werden (S.28).
ab 1919
Die Lehre vom "Totalen
Krieg"
-- Aufkommen dieser Strategie nach dem ersten Weltkrieg
-- Leitsatz: Am Krieg sind die gesamte Bevölkerung, ob in
der Armee oder in der Heimat, am Existenzkampf um Sein
oder Nichtsein zu beteiligen
-- es sollen alle menschlichen, materiellen und
moralischen Potentiale in den Dienst der
Vernichtungsstrategie gestellt werden (S.449).
1920
Entwurf des NSDAP-Programms
-- das Programm verlangt in Punkt 16 die sofortige
Kommunalisierung der Gross-Warenhäuser und ihre Vermietung
zu niedrigen Preisen an Klein-Gewerbetreibende (S.260)
-- Forderung einer Bodenreform, ansonsten keine
landwirtschaftlichen Anliegen (S.283).
24.2.1920
Die NSDAP präsentiert
ihr Parteiprogramm
Punkt 13 fordert die Bekämpfung der Kartelle (S.257)
Punkt 16 fordert die Förderung des Mittelstandes (S.258).
Leitsatz gegen Korruption im NSDAP-Programm
-- man bekämpfe "die korrumpierende Parlamentswirtschaft
einer Stellenbesetzung nur nach Parteigesichtspunkten ohne
Rücksicht auf Charakter und Fähigkeiten."
-- die Parteifarbe zählt, nicht die Fähigkeit
-- Folge ist Korruption, aber nicht die Zersetzung der
Macht (S.173).
1920-1939
Danzig wird [vom Völkerbund] zur "Freien Stadt" erklärt
(S.514)
6.6.1920
Wahlen
-- demokratische Parteien: 47,8 %
-- antidemokratische Parteien ohne Splitterparteien: 50,6
% (S.40).
->> die demokratischen Parteien verlieren die
Mehrheit (S.40)
Demokratiefeindliche Parteien sind in der Mehrheit
also die Menschen, die glauben, durch eine Diktatur werde
alles besser werden. Die antidemokratischen Parteien
bekennen sich zur Diktatur (S.40).
ab 1920
Hitler ist der Moralapostel in Deutschland
Rede in München 12.4.1922:
"Das ist das Gewaltigste, das unsere Bewegung schaffen
soll: diesen breiten, suchenden und irrenden Massen einen
neuen festen Glauben, der sie in dieser Zeit der Wirrnis
nicht verlässt, auf den sie schwören und bauen, auf dass
sie wenigstens irgendwo wieder eine Stelle finden (nicht
erwähnt: er meint: bei sich selbst), die ihrem Herzen Ruhe
gibt. Und das bringen wir zuwege!"
(aus: Eberhard Jäckel: Hitlers Herrschaft. Vollzug einer
Weltanschauung. Stuttgart 1986).
Hitler profitiert von der Krise des Anfangs der
Demokratie
-- gegenseitiger Klassenkampf
-- Ideologie des permanenten gesellschaftlichen Konfliktes
-- Hitler ist ein Erfüller des Bedürfnisses nach Ordnung,
mit Verachtung des Parteienstaates
-- Propaganda und Wirtschaftskrise spielen Hitler in die
Hände, schüren Angst in den bürgerlichen Massen vor dem
gesellschaftlichen Abgleiten
-- Hitler erscheint als "die Lösung aller Probleme", als
die "Verkörperung der gleichen Ängste und Sehnsüchte"
-- zur Machtübernahme muss Hitler aber 11 Jahre warten
(S.30)
[nicht erwähnt: Hitler will den Kaiserstaat mit
revolutionären Elementen weiterführen]
-- Hitler sieht die Weimarer Republik nur als
"Zwischenreich", ein nationalsozialistisches Deutschland
aber als "Drittes Reich", nach dem Ersten Reich (Heiliges
Römisches Reich deutscher Nation 962-1806), nach dem
Zweiten Reich (Kaiserreich von Otto von Bismarck
1871-1918)
-- Hitler will als Krönung ein Weltreich, das die ersten
beiden Reiche gigantisch überhöhen soll, eine Synthese der
beiden vorangegangenen Reiche, mit Raub-Imperialismus als
Mittel (S. 166).
ab 1920
Zerfall der moralischen Werte in der Weimarer Republik
-- Zunahme der strafrechtlichen Verurteilungen 1920-1923
um 31,8 %
-- Abnahme der Personendelikte um 50 %
-- Ansteigen der Vermögens- und Sachwertsdelikte auf das 2
1/2-Fache
-- Ansteigen der Diebstähle um 200 % (verdreifacht)
-- Ansteigen der Hehlerei um 500 % (versechsfacht)
-- Ansteigen der Abtreibungsrate um 100 % (verdoppelt)
(S.18)
-- Traditionen gelten nicht mehr, Entscheidungsfreiheit
kann rational noch nicht begriffen werden
-- die Menschen wissen nichts mit der Freiheit der
Demokratie umzugehen
-- die Mehrheit passt sich irgendwelchen Vorbildern an
(Konformismus) oder tut das, was von einem gewollt wird
(Totalitarismus)
-- es herrscht Experimentierphase der Demokratie (S.23)
-- die Verantwortung und Selbständigkeit zum Nutzen der
demokratischen Freiheiten sind nicht ausgebildet,
Verantwortung wird als Last empfunden und Diktaturen haben
so leichtes Spiel
-- gleichzeitig: Gefühl von Heimatlosigkeit, Entwurzelung,
zerrissene Familienbindungen, zerrissene religiöse
Bindungen (S.24), Frage nach dem Sinn des Daseins, Gefühl
des Ausgeliefert-Seins an anonyme Mächte (S.25)
Verfall der Unternehmergesinnung als soziales Trauma
-- Inflation fördern, um schnell alle Schulden zu
tilgen
-- die Industriekapitäne widersetzen sich einer
Währungsstabilisierung mit Argumenten
patriotisch-vorgeschobener Art
-- möglichst lange Gewinne aus der Geldentwertung schöpfen
-- die Inflationszeit wird zum grössten Raubzug der
Schwerindustrie gegen die deutsche Bevölkerung (S.18)
-- Anstand und Ehrlichkeit gehen in der deutschen
Gesellschaft verloren
-- langsamer Zerfall der Rechtsordnung
-- Unmoral wird belohnt, das soziale Trauma ist vollendet
-- nachhaltige Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas in
Deutschland (S.19).
ab 1920
Antisemitische Burschenschaften
Die Studentenverbindung Burschenschaft lehnt die
Aufnahme von Juden und jüdisch Stämmigen grundsätzlich ab
(S.37).
1920-1930
Schuldenlast der NSDAP - Selbstfinanzierung
Nach vier aufwändigen Wahlkämpfen überbordet die
Schuldenlast. Gerüchte besagen, starke Hintermänner und
Konzerne stützten die Partei, was nicht stimmt. Die
preussische Polizei stellt fest: Die Partei finanziert
sich grösstenteils selbst mit Eintrittsgeldern zu
Versammlungen (S.58).
2.3.1933
Propaganda gegen die Demokratie durch Arbeitervereine
z.B. durch das Organ des Vereins Deutscher
Eisenhüttenleute "Stahl und Eisen" am 2.3.1933: mit der
Behauptung, die neue Reichstagswahl habe nur einen Sinn,
wenn sie die letzte sei, und wenn "auf Wahlstimmen
keinerlei Rücksicht mehr zu nehmen sei." (S.60)
(in: Lotte Zumpe: Wirtschaft und Staat in
Deutschland 1933-1945, Berlin Ost /Vaduz 1980)
ab 1920
Integration von Elementen der Jugendbewegung im
Nationalsozialismus
zur Ausprägung der "idealistischen" Seite des
Nationalsozialismus (S.51).
Die verführerische Fassade des Nationalsozialismus
-- v.a. Jugendlichkeit
-- Kraft, Entschlossenheit
-- Wagemut
-- Opferbereitschaft (S.51).
Die Versprechen des Nationalsozialismus
Die NSDAP verspricht den jungen Mitgliedern im Falle eines
Wahlsieges Gehälter, Titel und Beute (S.51).
Die Ideen der NSDAP-Mitglieder
-- Vereinigung von Tradition und Revolution
-- Vereinigung von Überlieferung und Fortschritt
-- die besten Kräfte der Nation sollen aus allen Lagern
den neuen Staat gestalten
-- Ziel: der soziale Frieden (S.54).
Aus den genannten Elementen entsteht ein
Sendungsbewusstsein. Die Mitglieder werden "Gläubige",
glauben an politische Einheit, nationale Grösse (S.54),
soziale Volksgemeinschaft (S.55). Die Hingabe für diese
Ziele ist im Volk enorm, gefördert durch einen
Führer-Mythos, der den entwurzelten und Deklassierten den
Schein einer Orientierung, einer Ordnung bietet (S.55).
1920-er Jahre
Umstrittene Zinszahlungen bei der NSDAP
Der linke NSDAP-Flügel fordert das Abschaffen aller
Zinszahlungen, hält auch später an der Vision fest, ohne
sie aber einzufordern (S.230).
1921
Antisemitische Studentenverbindung Hoher Kösener
S.C.Verband
Die Studentenverbindung Hoher Kösener S.C.Verband
verbietet die Aufnahme von Juden und jüdisch Stämmigen
(S.37).
1921
Österreich stimmt für
den Anschluss an Deutschland - Verhinderung
-- Tirol
24.4.1921: 98,8 % Ja-Stimmen
-- Salzburg 29.5.1921: 99,3 % Ja-Stimmen
-- weitere Abstimmungen werden verhindert (S.394).
[auf Druck Frankreichs, das Deutschland am liebsten schon
1919 geteilt hätte].
ab 1921
Elemente des Nationalsozialismus: Für alle ist "etwas
dabei"
einerseits:
-- obrigkeitsstaatliches Denken (preussisch)
-- Untertanengesinnung (preussisch)
-- Machtanbetung (nicht preussisch)
-- aussenpolitische Expansion (nicht preussisch)
-- Überschätzen der eigenen Möglichkeiten (nicht
preussisch)
andererseits:
-- revolutionäre Elemente (nicht preussisch)
-- rassenideologische Elemente mit massenmörderischen
Konsequenzen (nicht preussisch)
Beispiel:
KZ Buchenwald: Der Spruch: "Jedem das Seine!" ist der
Wahlspruch des höchsten preussischen Ordens. Der
Nationalsozialismus missbraucht in zynischer Perversion
die preussischen Ideale (S.11).
Weiterer Rückgang der Geburtenrate durch Verstädterung
(S.222)
1922
Die Reparationszahlungen an Frankreich sind im
Rückstand
Frankreich seinerseits
-- ist auf die Zahlungen angewiesen, um eigene
Kriegsschulden in seiner Bilanz zu begleichen
-- beklagt eine Inflation gegenüber dem Englischen Pfund
und dem "US"-Dollar (S.19).
Die Spekulation der französischen Regierung meint, eine
Ruhrgebietsbesetzung kann positive Folgen haben:
-- die Kaufkraft des Franc wird gestärkt
-- die Reparationszahlungen werden gleichzeitig
eingetrieben (S.19).
Diktatur in Italien unter Mussolini
zeitweilig bewundert von Churchil, George B.
Shaw, Chamberlain u.a. (S.62)
Beitritt von Hermann Göring zur NSDAP
ein "Siegertyp", Jagdflieger im 1.Weltkrieg
(S.73).
1922-1932
Bayerns Justizminister Franz Gürtner verpasst die
Ausweisung Hitlers nach Österreich
(S.186)
ab Juli 1922
Die Inflation galoppiert - Hyperinflation
wegen grosser Staatshaushaltsdefizite und grosszügiger
Geldmengenhandhabung (S.16).
Oktober 1922-April 1926
Mussolini schafft die Gleichschaltung in Italien in 3
1/2 Jahren
(S.85)
.1923
Antisemitische Studentenverbindung "Cartellverband"
Die Studentenverbindung Cartellverband verbietet
die Aufnahme von Juden und jüdisch Stämmigen bis zu den
Grosseltern (S.37).
Die Krise der Weimarer
Republik
ist eine Krise in vier Bereichen gleichzeitig:
-- politische Krise: Es fehlen überzeugende Führungskräfte
-- wirtschaftliche Krise
-- gesellschaftliche Krise: Zum ersten Mal hat die
Bevölkerung so viele liberale Freiheiten, aber keine
Erfahrung mit den Freiheiten: Es entsteht kein
Gleichgewicht der Kräfte
-- geistige Krise: Durch Freiheiten bilden sich Extreme,
die sich nicht mehr verstehen, die sich gegenseitig ein
frustrierendes Gefühl produzieren (S.30).
-- die geistig leere Menschenmasse wird auf Hitler
ansprechbar
-- der geistig leere Mensch lässt sich auch gerne
einordnen in die hitlersche, scheinbar sinnerfüllte
Kulturgemeinschaft
-- die Menschen ohne feste, religiöse, traditionelle oder
soziale Bindungen sehen im Nationalsozialismus einen Sinn,
der das Leben erfüllend macht
-- der Nationalsozialismus vermittelt Werte und
Verwirklichung im Handeln
-- Hitler vermittelt einen Glauben, dass dann alles besser
würde
-- wer an Hitler glaubt, opfert Freizeit und Geld, sogar
das Leben mit der Vorstellung, einen wichtigen Beitrag für
die strahlende Zukunft Deutschlands zu leisten
-- die NSDAP-Mitglieder haben den Willen, sich Hitler
unterzuordnen
-- der Nationalsozialismus wird Religions- und
Glaubensersatz [nicht erwähnt: und Kaiserersatz]
-- z.B. haspeln sogar Künstler und Schriftsteller Hitler
nach (S.31).
Arbeiter und Mittelstand verarmen - Alterskapitalien
gehen verloren
-- der Reallohn eines gelernten Arbeiters ist auf
die Hälfte des Niveaus von 1913 gesunken
-- ein gelernter Arbeiter arbeitet für ein Pfund Butter 2
Tage, für ein Paar Stiefel 6 Wochen
-- das mittelständische Bürgertum verarmt
-- Alterskapitalien, die über Jahrzehnte angespart worden
sind, gehen verloren (S.17).
Gewinner der Inflation
-- Börsenbarone, Profitgeier und Ausländer (Aufkaufen
ganzer Schätze und von Grundbesitz für ein paar Dollars)
(S.17)
-- die alte Geld- und Machtelite weiss, ihre Vermögen zu
vermehren (S.19)
-- der grösste Inflationsgewinner ist Hugo Stinnes
(1870-1924), kauft sich mit Bankkrediten einen
Mammutkonzern zusammen, ist ein "Arier", und ist bald
seine Schulden los (S.17)
-- Umschichtungen der Vermögensverhältnisse
-- Vernichtung der Hoffnung auf Eigentum
-- Vernichtung von Eigentumswerten (S.17)
-- nur in Russland ist es noch schlimmer (S.18).
Nationalökonom Moritz Julius Bonn (1873-1965)
nennt die Inflationspolitik "eine kapitalistische Variante
der kommunistischen Enteignungspolitik" (S.18).
1923
Diktatur in Spanien unter Miguel Primo de Rivera
(S.62)
"Arier-Paragraph" in
katholischen Studentenorganisationen
Juden werden aus katholischen Studentenorganisationen
ausgeschlossen (S.376)
[nicht erwähnt: Damit ist bewiesen, dass die Kirche
grosser Helfer für militanten Antisemitismus ist].
Gründung des Hetzblattes
"Der Stürmer" in Nürnberg
-- durch
Franken-NS-Gauleiter Julius Streicher (1885-1946)
-- der "Stürmer" wiederholt die alte Parole des
"Historikers" Heinrich von Treitschke (1834-1896)
von 1879: "Die Juden sind unser Unglück"
-- Hauptthema sind obszöne Berichte über angebliche
jüdische Sexualverbrechen und Ritualmorde an Christen
-- Hitler schätzt dieses Blatt
-- innerhalb der NSDAP gilt der "Stürmer" aber als
vulgär-pornographisches Hetzorgan und wird bis 1933 nicht
sonderlich ernst genommen
-- der "Stürmer" hält sogar lange Zeit NS-Sympathisanten
vom Eintritt in die NSDAP ab (S.377)
11.1.1923
Besetzung des Ruhrgebiets durch belgisch-französische
Truppen
Reaktion:
-- die Berliner Reichsregierung appelliert an den
"passiven Widerstand" an Rhein und Ruhr
-- der Produktionsausfall steigert sich auf bis zu 40 Mio.
Goldmark pro Tag
-- der Staat erhöht künstlich zum Ausgleich die Geldmenge,
produziert damit eine Hyperinflation, und spezielle
wirtschaftliche Gruppen profitieren davon. Erst als keine
der entscheidenden politischen und wirtschaftlichen
Gruppen mehr eindeutige Vorteile aus der Hyperinflation
ziehen kann, wird die Mark-Stabilisierung politisch
möglich (S.19).
Folgen:
Geldentwertung ist katastrophal (S.19).
-- Bauern: weigern sich, ihre Ernten gegen wertloses
Papiergeld zu verkaufen. Es droht eine allgemeine
Hungersnot (S.19)
-- in Deutschland herrscht eine allgemeine Angst vor
Verlust
-- die Bevölkerung bekommt den Eindruck einer
schwankenden, zerfallen den Welt
-- zwischen den Bevölkerungsgruppen
entsteht der Eindruck von Disharmonie, Düsterkeit und
Qual, allgemeines Unverständnis der einzelnen
Bevölkerungsgruppen zueinander
-- die Kunst drückt die Disharmonie aus und wird nicht
mehr verstanden (Malerei, Dichtung, Musik)
-- es entsteht eine bisher ungekannte Hemmungslosigkeit
und Freiheit [Kompensation auf das staatliche Chaos],
Blühen von Kunst, Korruption, Revolution und Reaktion bis
zum Fanatismus (S.20)
24.4.1923
München: Hitlers Wort über Kapitalismus
"Das Kapital ist nicht die Herrin des Staates, sondern
sein Diener." (S.212)
26.9.1923
Abbruch des Ruhr-Widerstandes
13.10.1923 und 8.12.1923
Ermächtigungsgesetze zur
Überwindung der Folgen der Ruhr-Besetzung und der
Inflation
Aufgrund des parlamentarischen Recht werden die
Ermächtigungsgesetze zu verfassungsändernden Gesetzen,
werden mit 2/3-Mehrheit des Reichstags beschlossen (S.95).
November 1923
Hjalmar Schacht wird Reichskommissar bei der
Mark-Stabilisierung
bringt der Mark neues, internationales Ansehen (S.213).
Frankreich: Die Ruhrgebietsbesetzung lohnt sich nicht
Der französische Franc stabilisiert sich nicht,
weil durch die Besetzung des Ruhrgebietes immer eine
kriegerische Auseinandersetzung droht und kein
internationales Vertrauen in Frankreich aufkommt (S.20).
15.11.1923
Notmassnahmen in der Weimarer Republik
-- Ausrufen des militärischen Ausnahmezustandes
-- Notverordnung des Reichspräsidenten:
-- Zwangskurs 1 Billion Papiermark = 1 Rentenmark (S.19)
-- keine Vermehrung der Geldmenge mehr, Ausbalancierung
der öffentlichen Haushalte
-- Festsetzen des Devisenkurses 4,20 Rentenmark = 1
"US"-Dollar, wie 1914 vor dem Krieg (S.19).
Keine Ahndung gegen das Staatsverbrechen Inflation
Es erfolgt keine Klage gegen das
Staatsverbrechen "Inflation", weil alle politischen
Parteien daran beteiligt waren mitsamt der gesamten
grossen Industrie. Die Industrie ist aber nicht
einklagbar, weil sie die Arbeitsplätze stellt (S.20).
Gewinner der Hyperinflation
-- Landwirtschaft: Lebensmittel braucht man immer
-- der städtische Hausbesitz: Mieten
-- die Industrie: speziell die Schwerindustrie, erhöhte
Machtentfaltung und Konzentration
-- der Staat: Schulden lösen sich in Nichts auf (S.16).
Verlierer der Hyperinflation
die Sparer: Spargelder, Bankguthaben, Pfandbriefe (S.16).
Keine Ahndung gegen das Staatsverbrechen Inflation
Es erfolgt keine Klage gegen das Staatsverbrechen
"Inflation", weil alle politischen Parteien daran
beteiligt waren mitsamt der gesamten grossen Industrie.
Die Industrie ist aber nicht einklagbar, weil sie die
Arbeitsplätze stellt (S.20).
Ende 1923
Resultat der Umschichtungen durch die Inflation
-- Verlust der bürgerlichen Werte (Sparsamkeit)
-- Verlust der moralischen Werte (steigende Besitz-,
Vermögens- und moralische Delikte, Plünderungen, Krawalle,
Schiebungen, Schleichhandel)
-- Besitzkonzentration: 0,4 % der Industriebetriebe
besitzen 1925 30 % des Industrievermögens
-- masslose Verarmung der ganzen Mittel- und Unterschicht,
z.T. Hungerzustände, Kinderelend
-- die Neureichen veranstalten Schlemmereien,
ausschweifende Tanzwut (S.20).
Die Gesellschaft erkennt die Notwendigkeit eines
Neuaufbaus der Gesellschaft mit dem allgemeinen Gefühl:
Inflation wolle man nie wieder (S.20).
Diese Unflexibilität ist wiederum gefährlich, denn in
Notsituationen die Währung zu halten wird Opfer in der
Wirtschaft und in den internationalen Beziehungen fordern
(vorausgesagt von Felix Somary, Finanzberater und
Bankier, Vortrag in Wien 10.9.1926) (S.20).
ab 1923
Der "Jude" als Sündenbock der Inflation
-- viele Deutsche, die viel verloren haben, sind durch die
Inflation "deklassiert" und stellen sich die Schuldfrage
-- "der Jude" wird als "kleiner Spekulant" gesehen, wird
für alle in- und ausländische Schieber und Spekulanten
verantwortlich gemacht (S.17).
Gesinnungswandel durch die Inflation
Die Junge Generation ist überzeugt, dass die Welt
von Verrückten oder Verbrechern regiert wird (S.17).
Weiteres Ansteigen der kriminellen Delikte, kaum noch
Gewährleistung der staatlichen Kontrolle (S.18).
1923-1928
Die Bauernschaft kann keine grossen Gewinne machen, die
Währung bleibt stabil
(S.280)
1923-1932
Weimarer Republik:
Verbrechervereine feiern jährliches Bestehen
Verbrechervereine
-- offenes Abhalten der Jahresbälle der Verbrechervereine,
oft mit Einladung eines Kriminalbeamten, der die Kapelle
auch noch dirigiert
-- Betreiben eigener Verbrecherhilfsorganisationen, auch
für Ehefrauen von einsitzenden Verbrechern, eigene
Anwälte, Starverteidiger werden zu "Ehrenmitgliedern"
dieser Vereine (S.177).
Die Kriminalitätsraten: bleiben hoch (S.176).
Folge: Die Weimarer Republik hat ihr Ansehen beim
Mittelstand verspielt
v.a. bei Angestellten, Handwerkern, Kaufleuten
(S.334).
[Die Sehnsucht nach einem Kulturwechsel und Wechsel des
Staatssystems wächst].
1924
Aufwertung der Guthaben
nur bei den Sparkassen - der Run auf Sparkassen
-- nach der Währungsnormalisierung 1924 erfolgt bei den
Bankeinlagen der Kleinsparer keine Aufwertung des
Geldwertes
-- die Sparkassen geben den Kleinsparern 15-25 %
Geldwerterhöhung
-- es erfolgt eine Massenbewegung zu den Sparkassen
-- die Sparkassen werden sozusagen Sammelstelen für
Depositengelder (S.231).
Hitler hat die Idee vom deutschen "Volksauto"
Vorbild Hitlers ist der amerikanische
Autofabrikant Henry Ford, das Fliessbandsystem des
Modells T mit schlussendlich über 15 Mio. Stück (S.316).
4.5.1924
Wahlen
-- demokratische Parteien: 45,7 %
-- antidemokratische Parteien ohne Splitterparteien: 53,7
% (S.40).
7.12.1924
Wahlen
-- demokratische Parteien: 45,7 %
-- antidemokratische Parteien ohne Splitterparteien: 49,3
% (S.40).
ab 1924
Hitler vergleicht sich mit Jesus
(S.49)
1925
568.000 Juden in Deutschland
-- 0,9 % der Gesamtbevölkerung
-- 50 % der Juden sind Selbständige
-- 61 % der Juden sind im Handel und Gewerbe, in der
Gesamtbevölkerung nur 16,4 %
-- die Juden in Deutschland sind sehr tüchtig, stellen
5 % der Universitätslehrer, Journalisten,
Theater-Intendanten
10 % der Ärzte und Zahnärzte
16 % der Rechtsanwälte
25 % der Einzelhandelsdetaillisten
30 % der Kleiderdetaillisten
48 % der Privatbanken
70 % des Feinmetallhandels
79 % der Warenhäuser (S.375).
Das Saarland gehört zum
französischen Zollgebiet
und Frankreich macht offene Anstalten der Annexionspolitik
im Saarland (S.392).
Gründung der SS als
"Schutzstaffel" für Adolf Hitler
ist die reinste Verkörperung der NS-Konzeption einer
Weltanschauungspartei im Sinne der Führergewalt.
Mitglieder bis 1933 sind:
-- Ex-Freikorpsmitglieder
-- Intelligenzler mit abgebrochener Berufsausbildung
-- arbeitslose Akademiker
-- kleinbürgerliche Parteiveteranen
-- Herausbilden einer Führerclique unter diesen
Mitgliedern, die bis 1945 die entscheidenden Positionen
der SS inne hat (S.364).
1/3 der Mütter bei der AEG-Betriebskasse sind ledig
haben aber gegenüber dem Kind und sozial fast keine Rechte
im Gegensatz zu Familien (S.225).
Adolf Hitler wird Mitglied des ADAC
Hitler ist Auto-Fan, Mercedes-Fan (S.316).
30,3 % der Beschäftigten sind Bauern, erhalten aber nur
13,0 % des Volkseinkommens
(S.280)
1925-1939
Rückgang der Rate unehelicher Kinder von 12 auf 7,7 %
(S.225)
1925-1930
Wohnungsbau in der Weimarer Republik: Mietskasernen
Zwischen 1925-1930 sind 6.6 % aller öffentlichen Ausgaben
für Wohnungsbau
-- gute, solide, hygienische und rationelle Neubauten
(S.226), aber Flachdach und Mietskasernen (S.228)
-- plus staatliche Zuschüsse bei Mieten (S.226).
ab 1925
Hitler in Mein Kampf: Er will Bedürfnisse der
Bevölkerung besser erfüllen als die Demokraten
Hitler kennt die Fakten und Bedürfnisse und verspricht,
sie zu erfüllen. Mein Kampf:
"Der deklassierte Arbeiter will Arbeit; der deklassierte
Angestellte will standesgemässes Auskommen; der
deklassierte Gewerbetreibende will Aufwertung seines durch
Zinslast, Konkurrenz und Steuerdruck entwerteten
Besitzes...; der deklassierte Fabrikant wie der
deklassierte Aktionär wünschen staatliche Aufträge; der
deklassierte Landwirt fordert staatliche Mindestpreise.
Bund und schillernd zieht der Umsturz heran." (S.41)
Hitler entscheidet über die [vorerst inoffizielle]
Gauleiterberufung ab 1925 selbst
Kriterien Hitlers:
-- es wird von Hitler blinder Gehorsam verlangt ohne
intellektuell-juristische Hemmungen
-- es wird Ergebenheit vor Hitler verlangt (S.163).
Handhabung der Beziehung zwischen Hitler und den
[vorerst inoffiziellen] Gauleitern
-- Sicherstellung der Ergebenheit mit guten finanziellen
Bezügen in Form hoher Staatsposten
-- absolute Treue (S.163) wird mit Handlungsfreiheit
belohnt (S.164).
Ständig erhöhter Agrar-Zollschutz
Subventionen und Import-Kontingentierungen von
Agrarprodukten (S.283)
ab 1925 ca.
Erste Kunstverbote in nationalsozialistisch regierten
deutschen Ländern
Extreme Kunst wird in nationalsozialistischen Ländern
verboten, z.B. in Thüringen durch Wilhelm
Frick (1877-1946): Er lässt alle modernen Bilder aus
dem Weimarer Schlossmuseum als "Schandmale deutscher
Negerkultur" entfernen. Dieses Vorgehen findet Beifall in
weiten bürgerlichen Kreisen (S.22).
1926
Diktatur in Polen unter Jozef Pilsudski
(S.62)
Diktatur in Portugal unter Antonio de Oliveira Salazar
(S.62)
Gründung des Nationalsozialistischen Deutschen
Studentenbundes (NSDStB)
-- ist antisemitisch
-- ist antimarxistisch (S.37)
-- ist z.T. sozialrevolutionär
-- Bemühungen für Werkstudenten
-- Einsetzen für Verbindungen mit Arbeitern (S.38).
28.2.1926
Hitler findet Krieg "normal"
-- Krieg ist für Hitler normaler Lebenszustand:
"Das letzte Ziel der Politik ist der Krieg."
-- Hitlers Verhältnis zum Frieden:
"Es zeigt sich, dass der Stärkere vor Gott und der Welt
das Recht hat, seinen Willen durchzusetzen ... Die ganze
Natur ist ein dauerndes Ringen zwischen Kraft und Schwäche
... im ewigen Kampf ... ist Menschheit gross geworden - im
ewigen Frieden geht sie zugrunde."
-- Hitler hat seine Begründung und Rechtfertigung für den
Krieg [und alle wissen es].
[nicht erwähnt:
An den Universitäten der ganzen Welt erhält Hitler
Unterstützung durch die Fächer Darwinismus,
Vererbungslehre. Ausserdem hilft Hitler der Kommunismus
als Gegenspieler].
4.7.1926
Gründung der
Hitler-Jugend HJ
als "Hitlerjugend - Bund deutscher Arbeiterjugend":
-- Mindestalter 14 Jahre
-- Gründungsversammlung mit 300 Mitgliedern
-- bis 1932 kaum beachtet und ohne viel Bedeutung
-- bis 1928 müssen alle 18-jährigen JH-Mitglieder in die
SA übertreten (S.343)
-- die HJ hat einen Ruf für rüpelhaftes Auftreten (S.343)
-- die HJ ist am stärksten in Nord- und Mitteldeutschland,
Schlesien und Ostpreussen, am schwächsten in Bayern,
Oberpfalz, Schwaben, Nordfranken
-- die HJ fordert zeitweise mehr Mut und Opferbereitschaft
als die freien Jugendbünde (S.343).
1927
Land Preussen: 77 % der Studenten fordern den
"Arier-Paragraphen"
(S.376)
6.8.1927
Hitler schwärmt von "Volksgemeinschaft"
Hitler:
"Sie fühlen in der Volksgemeinschaft nichts anderes als
einen Rückversicherungsvertrag für die Rentabilität des
eigenen Betriebes." (S.336)
Winter 1927/1928 - 1930
Bauerndemonstrationen in Schleswig-Holstein -
Schuldnerrevolte
-- Bauern verweigern Steuer- und Zinszahlungen
-- die Bauern gründen eine Bewegung unter eigener Flagge:
silberner Pflug, silbernes Schwert auf schwarzem Grund
-- "Landvolksbewegung" (S.281) mit Ausbreitung bis
Pommern, Ostpreussen, Schlesien usw.
-- Bombenanschläge auf Finanz- und Landratsämter (S.282)
-- die Stimmung unter den Bauern ist v.a. in den
protestantischen Gegenden sehr empfänglich für die NSDAP,
Hinwendung zur NSDAP aus Protest gegen die Republik und
die DNVP
-- niemand in der Weimarer Republik findet sich, die
Forderungen der Bauern zu vertreten ausser die NSDAP,
Hitler hat "leichtes Spiel", Bauern auf seine Seite zu
ziehen (S.282).
1928
Ausschalten der Sozialrevolutionäre beim
Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NSDStB)
durch den Studenten Baldur von Schirach,
aus alter aristokratischer Offiziersfamilie mit
künstlerischem Einschlag: Ausschalten der
sozialrevolutionären Elemente (S.38).
Gründung des Deutschen Studentenverbandes
-- bejaht Demokratie
-- republikanische Gruppen
-- sozialistische Gruppen
-- jüdische Gruppen (S.38)
Bauernfamilien sind 14,7 % der Gesamtbevölkerung -
keine Teilhabe am Wachstum
-- Einkommen in Bauernfamilien pro Kopf: 646 RM
-- Einkommen im Volks-Durchschnitt: 1105 RM pro Kopf
-- die Bauern leben einkommensmässig 44 % unter dem
Durchschnitt (S.280)
[nicht erwähnt: Selbstversorgung]
26.2.1928
Stresemann, Reichsaussenminister, über die
unglaubwürdige Demokratie in Deutschland
Stresemann:
"Wir stehen in einer Krise des Parlamentarismus, die schon
mehr als eine Vertrauenskrise ist" (S.35).
13.4.1928
Hitler widerruft eine Bodenreform, weil er Widerstand
befürchtet
Es folgt die Umwandlung des Bodenreformartikels in einen
Artikel gegen jüdische Spekulationsgesellschaften (S.283).
20.5.1928
Wahlen
-- demokratische Parteien: 49,4 %
-- antidemokratische Parteien ohne Splitterparteien: 45,1
% (S.40).
ca. 1928 / Ende 1920-er Jahre
Stimmung der Leere in Deutschland
Der deutsche Mensch steht der Gefahr gegenüber zu
glauben,
-- das Leben sei ohne Sinn
-- er bleibe schlussendlich alleine (Vereinsamung)
-- Gefühl der Leere und Sinnlosigkeit des Daseins (S.28).
Das Gefühl des Alleinseins und der Leere hat entscheidende
Bedeutung für die Gesellschaft (S.28):
-- die Einwohner leben zu fast der Hälfte in Gemeinden bis
5000 Einwohnern, wenden sich schaudernd ab vom
politisch-wirtschaftlich-kulturellen "Wirrwarr"
-- die Einwohner halten Ausschau nach einem "starken
Mann", der endlich wieder "Ordnung" schafft
-- die Einwohner fühlen, dass das Dasein in der
entgötterten Welt labil ist, dass es dauerhafte Labilität
bedeuten könnte (S.29)
-- der Nationalsozialismus wird für die Leute wieder
Lebensinhalt, ist die Antwort auf die übertriebene
Freiheit, auf die übertriebene Extreme, auf die
Unsicherheiten, die durch den Liberalismus und den
Kapitalismus entstanden sind (S.29).
ab 1928
Die NSDAP ist ab der Formulierung der "Berufung" und
der Eliminierung der Führer-Wahl Eigentum Hitlers
(S.167).
1929
Diktatur in Jugoslawien unter König Alexander I.
(S.62)
Warenhausketten in Deutschland
sind unter 5 verschiedenen Konzernen aufgeteilt
-- dann: Einheitspreisgeschäfte mit wenigen Warengruppen
und Preisstufen
-- aufstrebend: der Konsumverein
-- Warenhäuser und Einheitspreisgeschäfte werden zur
zusätzlichen Konkurrenz für den ohnehin schon abnehmenden
Mittelstand (S.260).
Studentenwahlen: 10-15 % nationalsozialistisch
(S.39)
1929-1932
Rezession nach dem Börsencrash in New York
-- das Volkseinkommen sinkt um über 40 %
-- das Jahreseinkommen eines Arbeiters sinkt um mehr als
50 %
-- der Bruttowert der Industrieproduktion sinkt um über 50
%
-- der Bruttowert der besonders krisenempfindlichen
Industriegüter sinkt um rund 60 % (S.201).
November 1929-1933
Wirtschaftskrise: Gewinner und Verlierer
Verlierer: kleinere und mittlere konzernfreie und
kartellfreie Unternehmen
Preisrückgang: -60 % bei Verbrauchsgütern (S.257)
Gewinner: die Kartelle
Sie überstehen die vom Markt her gebotenen Preissenkungen
wesentlich besser, erschweren so eine marktwirtschaftliche
Anpassung, Preisrückgang: nur -28 % bei Investitionsgütern
(S.257).
November 1929-1933
Wirtschaftskrise: Schrumpfen der Binnenmärkte in ganz
Europa
Folge:
-- alle wollen exportieren
-- alle schützen ihre Binnenmärkte
-- die europäischen Länder bekriegen sich wirtschaftlich
-- jeder hat im Ausland irgendwo Schulden
-- der Aussenhandel sinkt und kommt als Kompensation für
die Krise nicht in Frage
-- alle Staaten müssen ihre Reserven angreifen, die Gold-
und Devisenbestände
-- bis 1932 müssen 17 europäische und 12 Übersee-Staaten
die Devisen-Zwangswirtschaft einführen (S.238)
-- fast überall herrschen Protektionismus und
Autarkietendenzen (S.239).
ab 1929
Die Arbeit verliert ihren Wert
(S.201)
Steuerermässigungen für die Landwirtschaft
-- erhöhte Subventionen
-- Bürgschaften für Umschuldungsdarlehen
-- Übernahme von Zinsverpflichtungen bankrotter Betriebe
(S.283).
1929-1933
Die Bauernschaft geht
Bankrott durch Preiszerfall
-- Preiszerfall der Agrarprodukte
-- Konsumrückgang infolge Massenarbeitslosigkeit
-- Verelendung der landwirtschaftlichen Bevölkerung, v.a.
in Ost- und Norddeutschland
-- Landwirte im Westen arbeiten ohne Verdienst
-- Landwirte im Osten: arbeiten um ihre Existenz (S.281)
-- ab 1929 decken die Preise der landwirtschaftlichen
Produkte kaum noch die Gestehungskosten
-- oft werden Höfe von den Bauern selbst abgebrannt, um
den Schulden zu entkommen oder Versuch des
Versicherungsbetrugs
-- manchmal lassen die Bauernfamilien ihre Höfe stehen
(Ostelbien)
-- Landarbeiter mancher Höfe bekommen gar keinen Lohn mehr
-- Abwanderung von Höfen
-- die Gläubiger der Bauern bekommen keine Zinsen
(S.281).
Die Studentennot in der Wirtschaftskrise
-- die Studenten werden besonders hart getroffen
-- die Zukunft scheint ihnen ungesichert
-- das traditionell hohe Prestige wird durch die Not
gemindert
-- viele StudentInnen suchen Halt in
völkisch-nationalistischen Vorstellungen (S.37).
Neuer Tiefpunkt der Geburtenrate, sogar rückläufige
Geburtenrate - "Untervölkerung"
-- der Erhalt des Volkes erscheint gefährdet
("Geburtlichkeit") (S.223).
-- die NS-Propaganda malt das Gespenst der
"Untervölkerung" an die Wand (S.223).
1928: 18,6 Geburten auf 1000 EinwohnerInnen
1932: 15,1 Geburten auf 1000 EinwohnerInnen
1933: 14,7 Geburten auf 1000 EinwohnerInnen (S.224).
1930-1933
Anfang 1930
Versanden der bäuerlichen Schuldnerrevolte Anfang 1930
-- die NSDAP ist für die Bauern die letzte Rettung
-- Hoffen auf Steuernachlass
-- Hoffen auf Brechung der Zinsknechtschaft
-- Hoffen auf Schuldenstreichung
-- Sicherung des Erbes (S.282).
(Roman darüber: Hans Fallada: "Bauern, Bonzen und
Bomben")
1930
Die Regierung Brüning regiert mit Notverordnungen
diktatorisch
-- 5 präsidiale Notverordnungen, 98 Reichstagsgesetze
(S.45)
-- die Parteien begraben damit den Parlamentarismus
(S.44).
Hitler verdammt die Gymnasien der Weimarer Republik
wegen Vetternwirtschaft
Hitler zu Otto Wagener 1930:
"Da schleifen wir zur Zeit die grössten Strohköpfe durch
die Gymnasien und Hochschulen, nur weil der Vater sich in
gehobener Stellung befindet oder weil er das Geld dazu
hat!"
Dies müsse sich ändern, so Hitler (S.298).
Deutschland hat das erste Fernsehen Europas und
UKW-Radio
-- vollelektronisches Fernsehbild. Erstes Fernsehprogramm
im Umkreis von 50 km, noch ohne Ton (S.302).
-- Berlin hat das erste UKW-Radio (S.302).
[nicht erwähnt:
-- die "Wissenschaft" der Technik ist in Deutschland
hervorragend
-- die "Wissenschaft", wie man Leute beschäftigt, ist eine
einzige Katastrophe
->> es fehlt das Gleichgewicht zwischen
Erfindergeist und Recht auf Arbeit].
Die Arbeiterschaft in der Wirtschaftskrise
-- die Gewerkschaften verlieren an Boden
-- keine ausreichende Hilfe mehr an die Arbeitslosen
möglich
-- Senken der Tariflöhne ist nötig
-- Arbeiter wenden sich von den Gewerkschaften ab (S.265)
NSDAP: fast 70 % der Mitglieder sind jünger als
40 Jahre (S.51)
SPD: überalterte Partei: nur 10 % der Mitglieder sind
unter 40 Jahre (S.51).
Kirche: Die Fuldaer Bischofskonferenz warnt vor der
NSDAP und verbietet NSDAP-Mitgliedschaft
denn die NSDAP sei "unchristlich" (S.401)
Der einsame Warner Alfred Rosenberg (1893-1946)
Der Ideologe Rosenberg schreibt 1930:
Rosenberg fordert Führernaturen mit freier
Selbstverantwortung, wenn der
"lutherhafte Führer nicht nur sich selbst verwirklichen,
sondern auch über seinen Tod hinaus ein dauerhaftes, auf
einen Höchstwert eingeschworenes Reich schaffen möchte."
Ansonsten wird ein neues Reich nach dem Tod des Führers
zusammenbrechen (S.171).
ab 1930
Aufstieg von Hitler
-- Hitler ist kein "Betriebsunfall" deutscher Geschichte
-- der Nationalsozialismus ist nicht allein als Konsequenz
"innerer Strukturfehler" der deutschen Gesellschaft zu
erklären (S.11)
sondern:
-- der Nationalsozialismus knüpft an geistige Strukturen
der deutschen Gesellschaft an
-- Hitler nutzt die geistigen Strukturen der deutschen
Gesellschaft für sich aus, formt sie um, nutzt alte
deutsche Sehnsüchte aus
-- der Nationalsozialismus verbindet konträre Elemente,
konservative und revolutionäre Elemente, Elitäres und
Egalitäres, Vereinen von Geschichte und der Mehrheit der
Gesinnung der Bevölkerung (S.12).
1930-1932
Spitzenzeit für Kirchenaustritte
v.a. in städtischen Industriegebieten (S.25).
1930-1933
Brünings Machtlosigkeit - NSDAP und DKP blockieren die
Demokratie
-- bei Reichstagswahlen hatte Hitler nie die Mehrheit
-- aber es steht keine akzeptable mehrheitsfähige
Alternative zur Verfügung
-- Nationalsozialisten und Kommunisten können die
Demokratie zusammen blockieren (S.46).
Brünings Idee der Präsidialdiktatur
-- die Regierung muss den Reichstag ausschalten
(monatelange Vertagungen), um die Totalblockade des
Staates zu verhindern
-- Verbot der extremen Parteien und Kampfverbände
-- die vollziehende Gewalt wird auf Kommandierenden der
Generale der sieben Wehrkreise übertragen (S.46).
Die Präsidialdiktatur wird nicht verwirklicht wegen
Bürgerkriegsgefahr zwischen der Reichswehr und den 50 %
Wähleranteilen von NSDAP und KPD (S.46).
Anwachsen der NSDAP
Alle möglichen Angehörigen sozialer Schichten laufen zur
NSDAP über. Die NSDAP wird zu einer Partei gegen die
Klassen und Stände. Alle Fehler der vorherigen Zeit sind
"vergessen". Hitler sieht sich als Integrationsfigur:
-- die junge Generation wirft der alten Generation
Versagen vor und geht mehrheitlich zur NSDAP
-- die Arbeiterschaft stösst v.a. 1930-1932 zur NSDAP,
weil die Arbeitslosigkeit so bedrücken wird, und
weil die Arbeiter von der NSDAP am stärksten politisiert
werden ["benutzt" werden] (S.49).
1930-1933 ca.
Zentrumspartei befürwortet Koalition mit der NSDAP
Die Funktionsfähigkeit des Staates erscheint wichtiger als
demokratisch-liberale Prinzipien (S.400).
1930-1932
Die Juden geraten genauso in die Wirtschaftskrise wie
die Nichtjuden
(S.376) [ausser ein paar Bonzen, Juden wie Nichtjuden].
6.3.1930
Hitler verkündet ein grosszügiges NSDAP-Agrarprogramm
-- Hitler kündet die Erfüllung fast aller Wünsche und
Forderungen der Landwirtschaft an
-- die Wünsche und Forderungen sind z.T. sehr
gegensätzlich
-- Ankündigung: Zusicherung von Rittergütern
-- Ankündigung: Auflösen überschuldeter Latifundien
-- Ankündigung: Aufteilen in Kleinbauernstellen (S.283).