aus: Hans-Jürgen
Eitner: Hitlers Deutsche. Das Ende eines Tabus.
Casimir Katz Verlag, Gemsbach 1991
4.
September 1939 bis zum Ende: Hitlers Krieg um einen
Endsieg - Euphorie bis zur Selbstvernichtung
September 1939
Polenfeldzug: 18
Tage Krieg mit Verbitterung und Rachegefühl
(S.425); Hitler beginnt,
Europas Völker mit seinen Armeen zu vergewaltigen
(S.426).
1.9.1939
6 Uhr früh:
Führer-Aufruf zum Beginn des Krieges mit Polen
im "Grossdeutschen
Rundfunk" (S.472).
Kriegsbeginn:
Abhören von Auslandsendern wird unter Strafe gestellt
-- das Verbreiten von
Nachrichten von Auslandsendern wird mit Zuchthaus oder
mit dem Tod bestraft
-- das Hören von
Auslandsendern nimmt trotzdem weiter zu (S.302).
10 Uhr: Hitler
fährt zum Reichstag, kaum Leute auf den Strassen, nur
vereinzelter Beifall
-- Hitler spürt deutlich
die gedrückte Stimmung im Volk
-- die Bevölkerung hat
Erinnerungen an das Ende des Weltkrieges von 1918 und
will keinen Krieg
-- im Reichstag
verkündet Hitler trotzdem offiziell den Krieg (S.472).
Der Gehorsam
dominiert trotz Skepsis - "patriotische Gründe"
Die deutsche Bevölkerung
folgt Hitler mehrheitlich gehorsam in den Krieg, mit dem
Gefühl, für Deutschlands "Grösse" und "Zukunft" die
unerlässlichen Opfer bringen zu müssen. Treuegefühle
dominieren. Opposition wäre hochgradige nationale
Untreue. Sogar NS-Gegner zeigen sich bereit, aus
"patriotischen Gründen" und "Pflichtgefühl" Hitler in
den so ungewünschten Krieg zu folgen (S.472).
4.9.1939
Kriegswirtschaftsverordnung
KWVO:
"Anpassung" der Löhne an die Kriegsverhältnisse
-- Streichung der Zuschläge
für Überstunden
-- Streichung der
Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit
-- Aufhebung der
Arbeitszeitbegrenzung
-- vorläufige
Urlaubssperre (S.473).
Kriegszuschlag auf
Löhne/Kriegssteuer
-- alle Jahreseinkommen
bis 2400 RM sind kriegssteuerfrei, dies sind 60 Prozent
der Lohnsteuerpflichtigen
-- Löhne über 2400 RM
müssen zu Lohn- und Einkommenssteuer noch 50 Prozent
Kriegszuschlag bezahlen (S.474).
Reaktion: Unruhe unter
der Arbeiterschaft, Forderung nach Milderung der
Massnahmen (S.473)
Reaktion: stufenweises
Entschärfen der KWVO
DAF-Leiter Robert Ley
und die Industrie fordern die Entschärfung der KWVO,
denn die Sympathie der Arbeiterschaft ist nur so zu
erhalten (S.473).
ab September 1939
Die
immer schärfere Judenverfolgung wird oft verdrängt
-- die Judenfrage tritt
im Bewusstsein der Öffentlichkeit vollständig in den
Hintergrund
-- die Bevölkerung hat
meist andere Sorgen als antisemitischer Propaganda
zuzuhören
-- die Bevölkerung wird
gegenüber der jüdischen Bevölkerung meist gleichgültig
und handelt opportunistisch antisemitisch
-- gemässigte
Spitzenfunktionäre und Spitzenbeamte der NSDAP helfen
bis Ende 1940 einzelnen jüdischen Bekannten ihres
Bekanntenkreises
-- es opponiert niemand
gegen die nicht abreissende Flut antijüdischer
Verordnungen (S.385).
Frauen: Nur wenige
deutsche Frauen gehen freiwillig in die
Rüstungsindustrie
(S.325)
Reichskanzlei:
Bormann konzentriert die Vorzimmer-Schleusen auf sich
(S.174) [und bestimmt
dadurch wesentliche Teile der Politik mit, ohne dass es
jemand merkt].
Überwachung der
Nicht-NS-Literatur der jungen Aussenseiter-Generation
(S.118)
1.9.1939-10.5.1940
Hitlers Wehrmacht
umfasst 2,6 Mio. Mann
(S.460)
Luftkrieg auf
militärische Ziele - Städtebombardements
(S.441) Eitner:
"In einer Vorphase des
Luftkrieges 1. September 1939 bis 10. Mai 1940 greifen
beide Seiten nur militärische Ziele an."
[Diese Aussage ist
falsch: Städtebombardements in Polen]
4.9.1939
RAD-Verordnung:
RAD-Pflicht für Mädchen
-- 14- bis 18-jährige
Mädchen werden "weltanschaulich" und körperlich geschult
-- Leitsatz: "straff,
aber nicht stramm - herb, aber nicht derb"
-- und: "Jugend soll
von Jugend geführt werden", nicht wie vor 1933 oft von
Geistlichen oder Pfarrersfrauen (S.330)
-- z.T. entstehen so
fanatische Führerinnen, die an NS und Hitler glauben,
insgesamt gesehen mit wenig Machtmissbräuchen (S.331).
19.9.1939
Einzug Hitlers in
Danzig
-- Hitler: "Danzig war
deutsch, Danzig ist deutsch geblieben und Danzig wird
von jetzt an deutsch sein, solange es ein deutsches Volk
gibt und ein Deutsches Reich!"
-- Hitler hat Recht,
beim Untergang des Reiches ist Danzig 1945 nicht mehr
deutsch... (S.514)
Ende September 1939
Deutschland besiegt
Polen - Kriegsbegeisterung, "Treue" und
Friedenshoffnung
-- die Beklemmungen in
der deutschen Bevölkerung über Krieg lösen sich
-- Soldaten, die aus
Polen zurückkommen, werden bewundert
-- der militärische
Sieg weckt Begeisterung, selbst bei anfangs besonnen
Leuten
-- gleichzeitig will
die Bevölkerung Frieden
-- es gehen Gerüchte
herum über einen baldigen Friedensschluss mit den
Westmächten (473).
-- die "Treue" zu
Hitler ist fast unbegrenzt trotz aller Pflichten und
Entbehrungen, denn die Entwicklung seit 1933 mit dem
erreichten Wohlstand bleibt unvergessen, Hitler ist ein
Mythos geworden
-- Hitler seinerseits
will keine einschneidende Kriegswirtschaft (473).
ab Oktober 1939
[Die Party zerstört
sich selbst]:
Hitler
zerstört seinen Staat
-- es entsteht eine
pluralistische Anarchie
-- der Leiter des
SD-Inlandnachrichtendienstes Otto Ohlendorf
(1907-1951) über Hitler während des Krieges:
"Der Führer hat nicht
nur den Staat verneint als Selbstzweck, sondern ihn in
einer Form vernichtet, dass er auch nicht mehr als
Instrument zur Verfügung stand." (S.172)
[Wäre Hitler Ende
September 1939 gestorben, er wäre immer noch als einer
der grössten Staatsmänner in die weltweiten
Geschichtsbücher eingegangen...].
Unterhaltung der
Bevölkerung im Krieg durch Goebbels-Propaganda
-- Goebbels lässt
absichtlich Freiräume zu, organisiert diese als
unpolitische Unterhaltung
-- die Auflagen
tendenzfreier Bücher sorgt für Zerstreuung, hält den
Leser vom Widerspruch zum NS-Regime fern
-- Ziel Goebbels am
28.7.1939:
"den breiten
Millionenmassen unseres Volkes in ihrem schweren
Daseinskampf so viel wie möglich Entspannung,
Unterhaltung, Erhebung und Erbauung zu vermitteln."
(S.144)
Goebbels weiss: Gerade
der Rückzug ins Unpolitische und Private lähmt möglichen
Widerstand und mildert die Zumutungen des NS-Regimes.
Programm des Reichsrundfunks:
64 Prozent
unterhaltende Musik, nur 3,5 Prozent Politik, nur 2,9
Prozent Zeitfunkberichte (S.144).
-- Motto im 3.Reich:
"Leichte Muse für schwere Zeiten": Operetten, Revuen,
Varietés, Kabaretts, Filme
-- bis 1941
Hollywoodfilme in den Kinos
-- Beispiel Berliner
"Wintergarten" (S.474): Es gastieren die
Meisterclowns Grock: Adrian Wettach
(1880-1959) und Charlie Rivel (1896-1983)
-- Beispiel Kabarett
in Berlin: Kabarettist Werner Finck
(1902-1978), der zuvor mit Berufsverbot belegt worden
war und eine Rubrik im "Berliner Tageblatt" leitete
-- Beispiel Komiker
Weiss Ferdl (1883-1949) und Karl Valentin
(1882-1948) in München: kritische Bemerkungen zum Regime
bleiben ungeahndet (S.475).
-- "Wunschkonzert
für die Wehrmacht" ab 1.10.1939 am
Sonntagnachmittag:
oo vereint
"geistig" Front und Heimat, während der Sendung
"Wunschkonzert" sind in Deutschland die Strassen wie
leergefegt,
oo organisiert
als grosse Saalveranstaltung aus dem Berliner Funkhaus
unter Leitung des Ex-Schauspielers Heinz Goedecke
(1902-1959), Sprecher am Deutschlandsender
oo die
Sendung ist 4 Stunden lang, Auftritt von Stars der
leichten und ernsten Unterhaltung ohne Gage
oo das
Schlusswort Goedeckes zu jedem Wunschkonzert:
"Das
Wehrmachts-Wunschkonzert geht jetzt zu Ende -
die Heimat reicht der
Front nun ihre Hände -
die Front reicht ihrer
Heimat nun die Hand.
Wir sagen: Gute Nacht,
auf Wiederhören,
bis wir zum nächsten
Male wiederkehren -
Auf Wiedersehen! sagt
das Vaterland!" (S.475)
2.10.1939
Familiengeld für
deutsche Mütter, deren Männer im Wehrdienst stehen: 85
Prozent des Nettoeinkommens von Mann und Frau
Der Unterhalt der
Familien ist meist bequem gewährleistet (S.454).
8.11.1939
Münchner Attentat
auf Adolf Hitler [im Bürgerbräukeller] erfolglos
(S.403); Das Attentat
des Schreiners Johann Georg Elser misslingt,
weil Hitler seine Rede abbricht und geht. Die Bombe
detoniert, als Hitler den Saal schon verlassen hat
(S.411).
Katholische
Kirchenglocken läuten als Dank für das Überleben
Hitlers nach dem Attentat
und Dankeshymnen wie
"Grosser Gott wir loben dich" (S.403).
[Die Kirche scheint
jeden Sinn für Gerechtigkeit verloren zu haben].
9.11.1939
Synagogenvernichtungen
Kirche: keine
öffentlichen kirchlichen Proteste (S.403).
16.11.1939
Entschärfung der
KWVO: Bewilligung von Zuschlägen
(S.473)
17.11.1939
Entschärfung der
KWVO: Aufheben der Urlaubssperre
(S.473)
ab 21.11.1939
Manipulation:
nur noch eine zentrale Wochenschau: "Deutsche
Wochenschau"
-- die Bevölkerung geht
weiterhin oft ins Kino, und die Wochenschau bleibt
"populär"
-- Goebbels
rühmt die Wochenschau als das "beste
Volksführungsmittel", z.T. bis ins Detail manipulierte
Filme (S.480) und inszenierte Filmwerke der Propaganda
-- die Wochenschau
suggeriert Tatkraft der NS-Führung und Schlagkraft der
Wehrmacht (S.481).
12.12.1939
Entschärfung der
KWVO: Bewilligen weiterer Zuschläge, aber nur ab der
11. Arbeitsstunde
(S.473)
Ende 1939
Verteilung des
Firmenkapitals
12,5 % aller
Aktiengesellschaften besitzen 78,5 % des gesamten
Aktienkapitals
Ende 1933: 7,4 %
besitzen 73,8 % des gesamten Aktienkapitals (S.258).
ab 1939
Einrichtung der
Akademie für Jugendführung in Braunschweig
-- Lehrpersonal wie
Führeranwärter pflegen kritisches Bewusstsein
-- das kritische
Bewusstsein findet Ausdruck in der Bibliothek der
Akademie, hat verbotene Literatur
-- politische
Einstellung: Bejahen von Nationalsozialismus und
Diktatur, aber nicht nach Schablone, sondern Ausprägen
einer eigenen HJ-Gesinnung
-- Kritik an der
hässlichen Alltagswirklichkeit
-- Vorstellung einer
Führerdemokratie (S.418).
1939-1941
HJ im Krieg:
Ablehnung der HJ in Grossstädten
-- Berlin, Leipzig,
Hamburg, Frankfurt, in den Industrierevieren
Nordrhein-Westfalen, Sachsen (S.350)
-- Hitler-Treue lassen
sich mit Hitler zusammen fotografieren (S.351).
1939-1945
Absoluter
Niedergang des deutschen Handwerks
(S.259)
Der Schwarzmarkt
mit nicht rationierten "Luxusartikeln"
-- v.a. mit schnell
verderbliche Waren und Gebrauchsgütern des "gehobenen
Bedarfs"
-- illegaler
Warentausch, genannt "Schieberei"
-- harte
Strafmassnahmen, denn die "Volksgemeinschaft" ist
gefährdet und die Propaganda gegen die Alliierten würde
bei fortgesetzter Schieberei ihre Wirkung verlieren
(S.478).
Widerstand:
Karikaturist Ohser zeichnet politische Karikaturen für
die Zeitung "Das Reich"
(S.476)
Deutsche Arbeiter
im Krieg stehen zu Hitler
stehen mit beispielloser
Pflichterfüllung hinter Hitler und hinter dem 3.Reich
-- jeder Arbeiter hat
die Empfindung, es sei sein Staat
-- Streikaktionen
bleiben Randerscheinungen: Ruhrkumpels, Hamburger
Werftarbeiter, Dortmunder Hafenarbeiter etc. (S.278).
VW
produziert Kriegsautos
-- Produktion von 51.000
geländegängigen Kübel- und rund 15.000 Schwimmwagen
-- es sind dank
fehlender Wasserkühlung ausgezeichnete Fahrzeuge, auch
unter harten Bedingungen, auch in Afrika und in Russland
(319).
[nicht erwähnt:
Kollaboration der
"US"-Industrie für Hitlers Kriege].
1939/1940
D-GB-Frieden:
Chamberlain akzeptiert nur Göring
-- Chamberlain ist noch
1939/1940 zu einem moderaten Frieden mit dem Dritten
Reich bereit
-- Voraussetzung wäre
eine von Göring geführte Reichsregierung
-- Hitler müsste seinen
Führerposten abgeben und Minister werden
-- Göring getraut sich
aber nicht, sich offen gegen Hitler zu stellen (S.158).
Bilanz 1939
Deutschland
erreicht das höchste durchschnittliche
Wohlstandsniveau in seiner bisherigen Geschichte
(S.265)
1939-1945
Das Lebensniveau im
Krieg bleibt lange erhalten
(S.265) [um die
Heimatfront "bei Laune" zu halten].
Tabelle:
Lebensmittelverbrauch im Dritten Reich |
1935-1938 |
3043
Kalorien / Tag |
|
1939/1940 |
2435
Kalorien / Tag |
20 %
weniger als in Friedenszeiten |
1940/1941 |
2445
Kalorien / Tag |
20 %
weniger als in Friedenszeiten |
|
|
(S.434) |
Die Übergewichtigen klagen anfangs über
Hunger (S.435).
[Die Bevölkerung im
3.Reich merkt bis 1941 insgesamt keine grosse
Unterversorgung an Nahrungsmitteln und nimmt oft den
Krieg gedankenlos hin].
Unterhaltung der
Bevölkerung im Krieg durch Goebbels-Propaganda
-- Goebbels lässt
absichtlich Freiräume zu, organisiert diese als
unpolitische Unterhaltung
-- die Auflagen
tendenzfreier Bücher sorgt für Zerstreuung, hält den
Leser vom Widerspruch zum NS-Regime fern
-- Ziel Goebbels am
28.7.1939: "den breiten Millionenmassen unseres Volkes
in ihrem schweren Daseinskampf so viel wie möglich
Entspannung, Unterhaltung, Erhebung und Erbauung zu
vermitteln." (S.144)
-- Goebbels weiss:
Gerade der Rückzug ins Unpolitische und Private lähmt
möglichen Widerstand und mildert die Zumutungen des
NS-Regimes. Programm des Reichsrundfunks:
64 % unterhaltende
Musik, nur 3,5 % Politik, nur 2,9 % Zeitfunkberichte
(S.144).
1940
"Gute
Laune": Film "Wunschkonzert"
wird erfolgreichster (S.475)
Film des 3.Reiches mit 26,5 Mio. Besuchern (S.476).
Zeitung "Stürmer":
Beurlaubung von Streicher
-- wegen sexuellen
Eskapaden und dubiosen Geschäften
-- Bildung einer
massiven innerparteilichen Opposition gegen den
"Psychopathen Streicher"
-- Streicher wird 1940
von allen Parteiämtern beurlaubt (S.377).
Malerei, Kunst,
Ästhetik: Betonung des "Heroischen"
(S.190).
Das
Universitätsniveau in Deutschland sinkt
Die Anzahl
Habilitationen ist gegenüber 1933 gemäss einer Umfrage
durch die Reichskanzlei gesunken (S.102).
Rückgang der
Scheidungsrate auf unter 50.000
15,5 % aufgrund von
Zerrüttung (S.221), davon fast 50 % nach längerer Ehe
(S.222).
VW-Sparen
-- die Arbeiter wollen
nun unbedingt ein Auto und nehmen dafür höhere
Akkordleistungen und Überstunden in Kauf (S.318)
-- es existieren
336.668 VW-Sparverträge, die dem Staat 285 Mio. RM
bisher 285 Mio. RM anvertrauen, Wochenraten 6 RM
-- mit diesem Geld wird
das VW-Werk hauptsächlich finanziert (S.318).
1940 bis Sommer 1943
300.000
fertiggestellte Wohnungen, viel zu wenig
Hitler:
-- Gründung eines
"Deutschen Wohnungshilfswerks"
-- Verwerfen des
Wohnungsbauprogramms
-- Errichten von
Behelfswohnungen, die schneller und in grösserer Zahl
gebaut werden können, heissen im Volksmund "Ley-Lauben",
da sie eher Gartenhäuschen gleichen (Ley =
Reichskommissar für sozialen Wohnungsbau)
-- Ziel: 1 Mio.
Behelfswohnungen jährlich
-- der Luftkrieg
zerstört zum Teil alle Vorhaben (S.230).
März 1940
Deutsche Besetzung
Norwegens
drei Wochen dauernder
Feldzug gegen weit überlegene englische Flotte, Sieg
eingekesselter Gebirgsjäger bei Narwik (S.425).
[nicht erwähnt:
12.3.1940
"Frieden" zwischen
Finnland und der Sowjetunion - die Wirkung
Die Rote Armee ist
derart desorganisiert, dass die finnische Armee aus
Langläufern nicht besiegt werden kann.
Folge: Die ganze Welt
meint, die Rote Armee sei leicht zu besiegen und freut
sich auf die Vernichtung des Kommunismus in einem
künftigen Russlandfeldzug Deutschlands
In: Valentin Falin:
Zweite Front].
20.3.1940?
Berlin: angebliche
Verbrennung von Resten "entarteter Kunst"
Göring bedient sich ,
füllt seine Privatsammlung auf (S.191).
Mai/Juni 1940
Frankreichfeldzug:
Rache für Versailles 1919
Sieg in 6 Wochen gegen
die ruhmreichste Armee Europas, die französische Armee.
Wirkung:
-- der Sieg wird für
die deutschen Soldaten zum Aufputschmittel
-- die Soldaten /
"Landser" siegen singend und kämpfend, [oft kampflos]
-- es entsteht in den
deutschen Soldaten ein unbegrenzter Glaube an Hitler,
denn sie haben ja gesiegt
-- die "Landser"
besiegen singend Europa, sie fühlen sich selbst nicht
als Vorkämpfer einer Verge- (S.425) waltigung der Völker
Europas
-- die kopflosen
"Landser" haben nicht einmal das Gefühl, einer
schlechten Sache zu dienen, kein Bewusstsein, keine
Aufklärung (S.425).
6.5.1940
Rationierung des
Feinbackwerks ("Kuchenkarte")
Unruhe unter Arbeitern
(S.434).
11.5.1940-31.12.1941
Erste
Phase des Luftkriegs mit Sprengbomben im Reich
-- relativ geringe
Zerstörungswirkung, aber erhebliche moralische
Splitterwirkung
-- "nur" 219
Luftkriegstote monatlich bei 120 total zerstörten
Wohngebäuden (S.441)
26.5.1940
Gründung der
Wochenzeitung "Das Reich"
-- ist dem "Observer"
nachempfunden, ist im unüblichen Grossformat
-- Spitzenpublizisten,
auch "unerwünschte" aus der Weimarer Zeit, geben
gründliche und detaillierte Information über Politik,
Kultur (zeitweise fast 50 % Anteil) und Wirtschaft
(S.145)
-- das Echo auf diese
Zeitung ist riesig, Auflage 1944 1,4 Mio., ins Ausland
250.000 Exemplare
-- die Korrespondenten
und freien Mitarbeiter machen nach 1945 weiter Karriere
(S.145).
-- Theodor Heuss
ist bis Dezember 1940 freier Mitarbeiter in "Das Reich"
(S.145-146)
Mitte 1940
Hitler
versetzt das Dritte Reich in einen Siegestaumel -
Hitler gilt bei der grossen Mehrheit der europäischen
Bevölkerung als "Genie"
-- lauter Siege
-- kaum Verluste
-- Reaktion der
Bevölkerung: ist teils benommen, teils fast
selbstverständliche Genugtuung, teils erfüllt von
Überheblichkeit
-- die Bevölkerung
hofft auf Frieden mit dem Westen
-- die Frauen werden
von ihren Männern aus den besetzten Gebieten mit
Geschenken überhäuft (476): Kaffee, Schokolade, Speck,
Seidenstrümpfe, Stoffe, Parfums auf Frankreich,
Pelzmäntel und Silberfüchse aus Norwegen etc. (477)
[nicht erwähnt:
-- die Käufe in den
besetzten Gebieten kommen nur dank einem künstlich hoch
gehaltenen Wechselkurs der Reichsmark zustande
-- die Käufe gehen so
weit bis die Geschäfte leer sind
-- die Bevölkerungen
der besetzten Staaten haben bald nichts mehr, weil die
deutschen Soldaten mit ihrer starken RM alles weggekauft
haben;
In: Tewes, Ludger:
Frankreich in der Besetzungszeit 1940-1943. Die Sicht
deutscher Augenzeugen. Bouvier-Verlag, Bonn, 1998
-- viele hochrangige
Franzosen wollten die Republik nicht mehr und
ermunterten die französische Armee kaum zu Widerstand.
Hitler besetzte ein mentales "Kartenhaus";
In: Valentin Falin:
Zweite Front, Knaur 1995].
Siegesfeiern im 3.
Reich - Krieg dient dem beruflichen Aufstieg
-- es ist der Höhepunkt
für die Bewunderung Hitlers, denn der "Erbfeind
Frankreich" ist besiegt
-- die NS-Gegner müssen
tief beeindruckt die Leistung Hitlers und der Wehrmacht
anerkennen, auch ehemalige SPD- und KPD-Angehörige
(S.476)
-- der eigene Wille
geht der Mehrheit der deutschen Bevölkerung verloren,
das Urteilsvermögen geht verloren
-- Hitler bezeichnet
seinen Krieg als Mission, der Eroberungskrieg wird
populär (S.477)
-- Hitlers Siege sind
auch Element zur Beförderung mittels
Kriegsauszeichnungen: Für viele Subalternbeamte,
Volksschullehrer, Angestellte usw. bedeutet die
Beförderung zum Offizier Aufstieg, soziales Ansehen,
spätere Arbeitsplatzsicherheit (S.477).
[Die Gesellschaft in
den besetzten Gebieten wird bei den deutschen Soldaten
kaum beachtet...].
Hitler setzt für
das "Neue Europa" deutschfreundliche Bedingungen fest
-- künstlich
festgesetzte Wechselkurse [die RM ist immer am meisten
wert]
-- besetzte Länder
werden attraktive Käufermärkte für Deutsche
-- bis 1940 profitiert
die deutsche Bevölkerung vom Krieg, die deutsche
Bevölkerung geniesst den Krieg, angenehm fröstelnd, in
der Wochenschau, die Werbung für Krieg macht
-- der Führer ist bis
jetzt unfehlbar (477).
ab Juli 1940
Expansion der
Deutschen Bank, Dresdner Bank und Commerzbank in
Belgien, Luxemburg, Holland und Frankreich
-- mit Beteiligungen und
Unterbeteiligungen
-- enge Tuchfühlung mit
der SS, Dresdner Bank mit Beinamen "SS-Bank" (S.243).
August 1940
Hitlers
Kriegserfolge geben Hitler den Nimbus der
Unverwundbarkeit - Widerstand in Sachdiskussion
-- erst jetzt entsteht
Widerstand mittels sachlicher Kritik und Detailfragen
-- Beteiligte sind der
Heeres-Generalstab, Auswärtiges Amt, Adel; es formt sich
eine (S.415) prinzipielle Opposition (S.416), dann eine
radikale Fronde und Verschwörung
-- dann wird das Ziel
ein Attentat und ein Umsturz
-- aber die grosse
Masse steht hinter Hitler (S.416).
ab August 1940 ca.
Antisemitismus
unter
dem Vichy-Regime
-- rüder Antisemitismus,
Denunziation von Juden und Widerstandskämpfern
-- viele Franzosen
leisten den deutschen Henkern Beihilfe
-- die deutsche Gestapo
ist auf französische Kollaborateure angewiesen:
französische Informanten, Spione, Erpresser, Folterer
und Mörder
-- die französische
Masse lebt im Opportunismus mit der Parole "Attentisme"
(S.374).
Die
Widerstandsbewegung "Résistance" in Frankreich
hat bis 1943 kaum Schlagkraft
(S.374).
25. / 26.8.1940
Erster
Luftangriff auf Berlin - Hitlers Ruf ist erstmals
angeschlagen
-- Neugierige (S.441)
bestaunen die schwarz gefärbten Ruinen und holen sich
Souvenirs aus abgeschossenen Feindmaschinen
-- Görings
Versicherung, dass der Feind Berlin nicht erreichen
könne, ist als Prahlerei entlarvt und die
Unverwundbarkeit als falsches Gefühl aufgedeckt (S.442).
3.11.1940
Entschärfen der
KWVO: Bewilligen von Zuschlägen ab der 9.
Arbeitsstunde
(S.473).
15.12.1940
Führer-Erlass:
Ausarbeiten eines Wohnungsbauprogramms für die
Nachkriegszeit
Es soll den Deutschen
möglich sein, mit "Geburtenzuwachs die Lücken zu füllen,
die der Krieg dem Volkskörper als Opfer auferlegt."
Dafür braucht es neuen Wohnungsbau... (S.229)
Minimalforderungen:
80 % als 3-Z-Wohnungen
74m2
10 % als 4-Z-Wohnungen
86m2
10 % als 2-Z-Wohnungen
62m2
-- jedes Haus mit
Luftschutzkeller
-- staatliche
Subventionen
-- Gesamtkosten
(S.229): sind so hoch wie die gesamte Rüstung und der
Westwallbau von 1934-1939 zusammen (S.230).
ab 1940
Anregung in
NS-Kreisen, auch aussereheliche Kinder zu fördern -
keine Statistiken ab 1940
um die Geburtenrate im
Krieg beizubehalten. Ab 1940 existieren im 3.Reich keine
Statistiken über aussereheliche Kinder mehr. Eitner
vermutet ein bewusstes Verschweigen, weil die Rate wohl
im NS-Sinn zu hoch ist (S.225).
1940-1945
"Gute
Laune" durch Unterhaltungsfilme im Reich und im
restlichen Westeuropa und "Amerika"
(S.482).
Kino im Krieg ist
willkommene Ablenkung
1939: 624 Mio.
Kinobesucher, 1943: 1,1 Mrd.
Kinobesucher
-- Orte mit Filmtheater
haben eine ansteigende Besuchsrate von 12,2 auf 20,2
Kinobesuche pro Jahr, obwohl die Eintrittspreise von 77
auf 86 Pfennig steigen
-- Schlagwort: "Gute
Laune"
-- Propagandafilme sind
nur 14 Prozent, v.a. "Jud Süss" von 1940
-- ansonsten werden
international anerkannte Filme und Liebesschnulzen der
Unterhaltung gezeigt wie "Bel ami" (1939), "Romanze in
Moll" (1943), "Träumerei" (1944), "Unter den Brücken"
(1944/1945) etc. (S.121)
[Motto: ja nicht
denken, sondern Gehirn ausschalten].
1940-1943
Judendeportationen
aus
dem 3.Reich: die "Absiedelung"
Die Deportationen werden
z.T. als "Absiedelung" bezeichnet (S.385):
-- die Bevölkerung
glaubt, dass die jüdische Bevölkerung nicht wieder
kommen wird, wie das Wort "Absiedelung" dies besagt
-- an eine Vernichtung
der jüdischen Bevölkerung glaubt die deutsche
Bevölkerung nicht
-- die Deportationen
werden aber auch zunehmend unpopulär (S.385)
-- jüdische Koffer, die
von den Juden nicht mitgenommen werden dürfen, stehen
z.T. tagelang auf der Strasse beim Ausgangsbahnhof der
Deportation, ohne angerührt zu werden (S.382).
Widerstand gegen die
Judendeportationen ist nur unter Todesgefahr möglich
(S.382), z.T. in SS-Chefetagen: Man lässt Juden
entkommen oder schützt Juden vor Deportationen (S.383).
1940-1945
Der
"Volksgerichtshof" VGH im Krieg schickt scharenweise
Leute in Arbeitslager
-- es entsteht ein
reibungsloses Zusammenspiel von Innenverwaltung,
Justizverwaltung und KZ-System, Reibungen kommen
höchstens vor wegen Verfahrensfragen und
Kompetenzstreitigkeiten
-- es herrscht
Arbeitskräftemangel, und die Bürgermeister stehen beim
SS-Apparat Schlange, um Arbeitslager errichten zu
dürfen, weswegen der VGH oft Verurteilungen zu
Arbeitslagern ausspricht (S.184).
[Im organisierten
Klatschpublikum des VGH sitzt der jugendliche Helmuth
Schmidt].
Massive NS-Attacken
gegen die katholische Kirche
-- die Kirche muss sich
im Krieg gegen massive Angriffe des NS-Regimes wehren
-- beispiellose
Radikalisierung der NS-Innen- und Rassenpolitik (S.403).
Kirche:
Katholische Mitläuferschaft für die "Euthanasie"
-- Josef Mayer,
Moraltheologe aus Paderborn, bezeichnet Euthanasie 1940
als "vertretbar"
-- die meisten Bischöfe
schweigen und meinen, die Leute könnten nicht mehr von
ihrem Hitler-Glauben abgehalten werden
-- auf die Massaker an
der jüdischen Bevölkerung und die Deportationen erfolgt
kein amtskirchlicher Protest (S.403).
Widerstand Kirche:
Bischöfe gegen Euthanasie
-- Bischof Konrad
Graf von Preysing, Berlin (1880-1950)
-- Bischof Clemens
August Graf von Galen, Münster (1878-1946),
genannt der "Löwe von Münster" (S.403).
Überlebenstaktik
der
deutschen Männer: Bestechung für "uk"
-- alle wollen
"unabkömmlich" ("uk") gestellt werden
-- es fliessen
Schmiergelder, so auch von Bauern, die "uk" erklärt
werden möchten, haufenweise Bestechungsgeschenke
-- die
Wehrmacht-Behörden werden von Landsern
"Lieferantenzentralen" genannt, weil sie für
Lieferanten-Söhne Heimatposten liefern
-- am besten ist es,
sich zu einer "Sonderverwendung" im fast unentwirrbaren
Geflecht der Dienststellen einsetzen zu lassen, so führt
man noch ein gehobeneres Leben als in Zivil (S.452).
1940-1945
200.000 bis 400.000
freiwillige Ausländer arbeiten im 3.Reich für den
"Endsieg"
-- bis 1941 haben die
ausländischen Arbeiter bessere Lebensbedingungen als in
der Heimat
-- von den
ausländischen Arbeitern sind die Mehrheit Franzosen
(S.450)
-- beste
Lebensbedingungen im 3.Reich haben Dänen, Flamen,
Schweizer, Ungarn
-- weniger gute
Lebensbedingungen haben Franzosen, Belgier, Holländer
(S.457).
ab 1940
Rationierung von
Kaffee: 2,5 kg pro Jahr
Folge: blühender
Schwarzhandel mit Kaffee: Ende 1940 kostet 1 kg Kaffee
40 RM. Der Preis steigt stetig (S.440).
ab 1940 ca.
Entstehen
der Tauschgesellschaft
v.a.: Kleidermarken
gegen Essmarken: Die Stadtbevölkerung braucht Essmarken,
die Landbevölkerung braucht Kleidermarken (S.437,439).
1940er Jahre
Hitlers
Projekte für Deutschland nach dem Krieg
-- Hitler will das
Wirtschaftsleben nach dem Krieg einschneidend verändern
-- gerechte Verteilung
des Reichtums
-- Hitler sucht im
Wirtschaftsleben bis zu seinem Ende einen "dritten Weg"
zwischen Kapitalismus und Sozialismus (S.204):
-- Versuch des
Verbindens der Vorteile der privaten Initiative und
ökonomischer Konkurrenz mit den Vorteilen staatlicher
Wirtschaftslenkung
-- es kommt nicht zur
Neudefinition oder Definition ökonomischer Formeln
(S.205).
[Komischerweise aber
versucht Hitler, den "dritten Weg" mit Krieg zu
erreichen: Er wollte ja gewinnen...]
1941
3.Reich: Über 70 %
der Industrieproduktion ist kartellisiert
(S.257)
Kirche: Verbot der
katholischen Monatszeitschrift "Stimmen der Zeit" von
Delp
(S.404)
Nolde wird aus der
Reichskammer der bildenden Künste ausgeschlossen
-- Nolde erhält
Malverbot und Ausstellungsverbot
-- Nolde malt weiter
auf seinem Hof Seebüll/Nordfriesland
-- Nolde malt bis 1945
etwa 1300 Aquarelle, die heute als Meisterwerke gelten
(S.193).
Die Arbeiterschaft
beklagt die Kriegsgewinnler
-- deutsche Plutokraten
-- Direktoren,
Fabrikbesitzer, Angestellte und Händler
-- Partei- und
Staatsdiener (S.478).
Hitler stiftet die
Auszeichnung Deutsches Kreuz in Gold
-- für ausserordentliche
Tapferkeit vor dem Feind
-- ein achtstrahliger
Silberstern mit stilisiertem Lorbeerkranz in Gold
(S.523).
März-Juni 1941
Der Industrielle
Schulte meldet der westlichen Industrie vorzeitig den
Überfall auf die UdSSR
(S.248).
April-Mai 1941
Balkanfeldzug:
Sieg
und Besetzung
(S.477): Deutsche Besetzung
Jugoslawiens und Griechenlands(S.425).
[nicht erwähnt:
Der Balkanfeldzug war
nicht geplant, sondern ist eine Aktion gegen den Umsturz
in Belgrad. Damit geht wertvolle Zeit für den
Russlandfeldzug verloren].
Mai 1941
Siegesstimmung in
der deutschen Wehrmacht gegen Russland
-- Witz: Jeder deutsche
Soldat wiegt zwei gegnerische Soldaten auf
-- dabei: mehr als 80
Prozent der Verluste erleidet die Wehrmacht durch die
Rote Armee (S.460).
ab Mai 1941
Expansion der
Deutschen Bank, Dresdner Bank und Commerzbank auf dem
Balkan
-- mit Beteiligungen und
Unterbeteiligungen
-- enge Tuchfühlung mit
der SS, Dresdner Bank mit Beinamen "SS-Bank" (S.243)
10.5.1941
Vizekanzler Rudolf
Hess fliegt nach England
[wird dort als
Kriegsgegner festgehalten] (S.174)
Martin Bormann wird
Leiter der Parteikanzlei
(S.174)
Mai / Juni 1941
OKW und OKH rechnen
mit 2-3 Mio. russischen Kriegsgefangenen
-- es werden keine
Vorbereitungen getroffen für deren Transport,
Verpflegung, Unterkunft
-- die Russen gelten
als "Untermenschen", gelten nichts, und ein
Arbeitseinsatz von Russen im NS-Reich ist nicht
vorgesehen (S.457)
-- die Russen stehen
für die NS-Führung hierarchisch noch unter den Polen und
kaum höher als Tiere
-- die russischen
Menschenmassen würden in "riesiger tierischer Masse" die
anderen überrennen können (S.429)
2.6.1941
Weitere
Rationierungen
-- Kürzung der
Wochen-Fleischration um 20 % von 500 g auf 400 g
-- Rationierung von
Kartoffeln (S.434).
12.6.1941
Rationierung von
Pferdefleisch auf Marken
(S.434)
ab 22.6.1941
Russlandfeldzug
um
Lebensraum mit Ziel der Vernichtung des Kommunismus
- Krieg des "Abendlandes" gegen den "Bolschewismus"
-- Devise: Lebensraum-,
Eroberungs- und Vernichtungskrieg
-- Propaganda:
"Verteidigung des Abendlandes gegen den östlichen
Bolschewismus und westliche Plutokratien"
-- Aufbau eines
ideologischen Hasses gegen die Russen in ungeahntem
Ausmass: Russen werden zu "Untermenschen" gestempelt,
alle Taten sind erlaubt
-- nach dem geltenden
Kriegsvölkerrecht ist der Russlandfeldzug kriminell
-- deutsche Truppen
kooperieren
oo mit
finnischer Wehrmacht
oo mit
italienischen, ungarischen, rumänischen, slowakischen,
kroatischen Verbänden
oo mit
Freiwilligen, meist in der Waffen-SS oder SS-Einheiten,
aus Spanien, Schweden, Dänemark, Frankreich, Belgien,
Holland und Norwegen (426)
[nicht erwähnt: die
Entsendung einer schon vorbereiteten schweizer
SS-Einheit wurde von der schweizer Regierung aus
"Neutralitätsgründen" im letzten Moment unterbunden].
- die Bevölkerung
empfängt die deutschen Armeen zuerst als "Befreier",
besonders in der Ukraine
[nicht erwähnt:
-- die
kommunistisch-linken Bevölkerungsteile sind bereits mit
der Roten Armee ins innere Russland geflüchtet, so dass
nur noch die rechtskonservativen Teile der Bevölkerung
vorhanden sind].
-- die russischen
Soldaten gehen mit deutschen Gefangenen ebenso wenig
zimperlich um wie umgekehrt]
-- russische
Kriegsgefangene bleiben ohne Dach und Nahrung in Lagern
mit bestialischen Zuständen
-- die russische
Führung weiss davon und informiert die Rote Armee
entsprechend, so dass der Widerstand auf kommunistischer
Seite immer härter wird
-- die Wehrmacht duldet
die Grausamkeiten an den russischen Soldaten
-- die Wehrmacht lässt
auch die Zersetzung der "Soldatenehre" durch die Befehle
Hitlers zu
-- z.T. beteiligen sich
Teile der Wehrmacht an den Ausrottungsaktionen gegen
Juden, die Soldaten handeln apathisch auf Befehl (S.427)
-- die russische und
die deutsche Seite kämpfen an der Front mit nie
gekannter grausamer Härte (S.427)
-- die Soldaten unter
Hitler geraten in ausweglose Situationen bis hin zu
Mordaktionen
-- die Vorstellung der
Soldaten, für die "Sache des Westens" zu kämpfen, bleibt
aber erhalten (S.426)
-- der Treue-Eid auf
Hitler heisst stete Pflichterfüllung des deutschen
Soldaten in jedwelchem Kampf, Klima und Strapaze
-- die Soldaten bleiben
grossenteils ihrem Hitler-Eid treu, glauben an den Sieg
und an die "gute Sache" (S.427)
21.6.-Ende Juli 1941
ca.
Hohe Kriegsverluste
der deutschen Seite in den ersten 5 Wochen
- 3/4 der Gesamtverluste
des 2.Weltkriegs erleidet die Wehrmacht in den ersten 5
Wochen des Russlandfeldzuges
- die Masse der
kampferfahrenen Mannschaften, Unterführer und Offiziere
wird getötet (S.460)
21.6.1941-Dezember 1941
Erste Welle von
Judenmassakern in Osteuropa unter Duldung der
Wehrmachtführung
-- nach dem Weiterzug
der Front beginnt das Gemetzel an der dortigen jüdischen
Bevölkerung durch SS-Kommandos, geduldet oder gestützt
durch die Wehrmacht (426) z.B. Babi Jar, westlich von
Kiew, am 29./30.9.1941 (427)
[nicht erwähnt:
Massaker gegen Juden werden von den übrig gebliebenen
rechtsgerichteten Bevölkerungsteilen z.T. auch ohne
jeden Befehl organisiert, z.T. schon nach dem Abzug der
Roten Armee und noch vor der deutschen Besetzung.
Beispiele in Weissrussland:
In:
-- Bernhard
Chiari: Alltag hinter der Front. Besatzung,
Kollaboration und Widerstand in Weissrussland 1941-1944.
Droste Verlag Düsseldorf, 1998
-- Nechama
Tec: Bewaffneter Widerstand. Jüdische Partisanen
im Zweiten Weltkrieg. Bleicher Verlag, Gerlingen 1996;
orig.: "Defiance, the Bielski Partisans". Oxford
University Press, Inc., New York 1993]
ab Juli 1941
NSDAP-Frauen
glauben die Gräuel des Krieges nicht
und organisieren
Wohnungen für ausgebombte Familien (326).
Neue Strafe des
NS-Systems: Kritik in der Wehrmacht wird mit
"Frontbewährung" an der Ostfront bestraft
(535)
ab Juli 1941 ca.
Erkennungsnummer
für Leichen der Landser
-- es existiert sogar
eine Vorschrift für den Knoten, wie die Leichennummer zu
befestigen sei
-- Landser-Jargon für
die Nummer: "Grabstein" (S.469).
Juli-Dezember 1941
3,35 Mio. russische
Kriegsgefangene vegetieren in bestialischen Umständen
-- Einzäunung an Ort und
Stelle im Wald oder auf dem nackten Steppenboden
-- schon am Anfang
kommt es fast zum Verhungern
-- die russischen
Kriegsgefangenen sind schutzlos ohne warmes Essen der
Witterung ausgesetzt
-- keine Medikamente,
keine Baracken, Entstehen von Wahnsinnstaten und
Kannibalismus
-- die verlumpten
Gefangenen werden von der deutschen Propaganda gefilmt
und so willkommene zur Propaganda "gegen den
Untermenschen", und die deutsche Bevölkerung reagiert
zunächst durchaus positiv gegen die russischen
Gefangenen... (S.429).
Juli 1941-1942
Von 3,35 Mio.
russischen Kriegsgefangenen sterben zwei Drittel
-- sterben an Kälte,
Fleckfieber oder Ermordung durch SS-Einsatzgruppen
-- sterben mit Wissen,
Duldung und Mithilfe der Wehrmacht
-- Wehrmachteinheiten
und SS-Einheiten organisieren Arbeitsteilung bei der
Liquidierung von russischen Kriegsgefangenen (S.429).
Juli 1941-1945
Insgesamt sterben
3.3 Mio. russische Kriegsgefangene in deutscher
Kriegsgefangenschaft
(S.429)
29.7.1941
Der
Reichsarbeitsdienst RAD wird von 1/2 auf 1 Jahr
verlängert
(S.331)
August 1941 ca.
Osteuropa: Ansturm
auf Anwerbung für Deutschland
Vor allem in der Ukraine
und in Weissrussland melden sich Männer freiwillig, um
im 3.Reich für das NS-Regime für einen Sieg gegen
Stalins Kommunismus zu arbeiten (S.458)
[nicht erwähnt: Im
Reich erhalten die Osteuropäer viel höhere Löhne, so
dass es v.a. monetäre Gründe sind, die die Leute ins 3.
Reich treibt; In: Chiari: Alltag hinter der Front 1998]
-- das NS-Regime hat
1941 grosse Auswahl an freiwilligen Arbeitern
-- Zwangsdeportationen
erfolgen ab Sommer 1942 (S.459) [nach Ausbleiben des
Blitzsieges gegen Moskau].
ab 1.9.1941
Judensternpflicht
im
"Altreich"
(S.385)
29./30.9.1941
Judenmassaker u.a.
bei Babi Jar an 33'771 Juden
-- Männer, Frauen und
Kinder werden tot in die Schlucht von Babi Jar geworfen
-- das Massaker wird
vom Oberkommando der 6. Armee für die SS-Sonderkommandos
vorbereitet
-- Heeres-Lkw fahren
die Kleider der Erschossenen ab
-- Heeres-Pioniere
sprengen die Ränder der Schlucht so ab, dass die Leichen
von der Erde bedeckt werden
-- die meisten Soldaten
leisten wortlos ihre "Pflicht" (S.427), ist eine
"ausweglose Verstrickung" in Verbrechen (S.426)
-- die deutschen
Soldaten sind weiter überzeugt, "für die Sache des
Westens" zu kämpfen (S.426).
Oktober 1941-Februar
1943
Die Rückschläge für
die NS-Truppen werden vom Volk als Sabotage
interpretiert
-- der Führer sei
schlecht beraten worden
-- der Führer habe
nichts gewusst (S.484).
[und der "Führer" wurde
schlecht beraten, nur hat er sich von seinen Generälen
übertölpeln lassen und die Situation nicht mehr im
Griff... besser, er wäre bald gestorben...]
20.10. / 10.11.1941
Parole
"Eisernes Sparen" zur Geldbeschaffung des NS-Staates
-- Einführen des
freiwilligen "Eisernen Sparens" am 20.10. / 10.11.1941
-- ein Kriegsende mit
einem Sieg wird vorausgesetzt
-- Festlegen gut
verzinster Spareinlagen, die bis 12 Monate nach
Kriegsende gesperrt blieben sollen
-- es ist gleichzeitig
das Ausnutzen des Überschwangs der Kriegserfolge und das
Abschöpfen von Kaufkraft, somit auch Vorbeugung gegen
Inflation (S.217).
15.11.1941
Fuldaer
Bischofskonferenz: Kein gemeinsames Hirtenwort gegen
die NS-Diktatur
-- ein Drittel der
Anwesenden verweigert die Zustimmung
-- es geht um das
Überleben der Kirche als Ganzes
-- die Bischöfe haben
die Vorstellung, man könne die Kirche bewahren ohne
aktiven Widerstand, ohne volle Kooperation, durch
Anpassung und durch Widerstehen
-- Tausende mutige
Pfarrer, Mönche und Nonnen leisten Widerstand bis ins
KZ, auch Mitglieder der katholischen Arbeiterbewegung
(S.403).
Dezember 1941
Niederlage
der deutschen Wehrmacht vor Moskau
(S.477):
-- erster schwerer
Schock für die deutsche Bevölkerung
-- verschleiernde
Wehrmachtsberichte (S.478).
-- Hitlers
Blitzkriegsstrategie ist gescheitert. Zum ersten Mal ist
Hitler in der Defensive (S.474).
11.12.1941
[Pearl
Harbour - Kriegserklärung der "USA" gegen Japan] -
Kriegserklärung Hitlers gegen die "USA"
Die deutsche Bevölkerung
kann die Entwicklung nur erahnen (S.478), denn der
geistige Horizont ist dermassen eingeengt, dass die
Folgen oft nicht abgesehen werden (S.479).
20.12.1941
Goebbels-Aufruf
zur
Wintersachensammlung für das Ostheer
-- ist nochmals ein
schwerer Schock für die deutsche Bevölkerung
-- Sammlung bis in die
letzten Dörfer mit Appell an den Patriotismus
-- ist auch ein
Ablenkungsmanöver von der Niederlage vor Moskau (S.478)
-- der Führer ist nicht
mehr unfehlbar, die Popularität ist angeschlagen, die
Euphorie verfliegt
-- die Schlauesten
beginnen, sich unauffällig von der NSDAP abzusetzen
-- die Soldaten haben
immer noch Siegeszuversicht (S.478).
ab Winter 1941
Die Wochenschau
suggeriert Vormärsche der Wehrmacht, die es nicht gibt
(S.481).
Ende 1941
NS-Führungsschicht
sieht die NS-Niederlage voraus
weil ein Ermattungskrieg
eintreten wird wie im Ersten Weltkrieg (S.479).
Winter 1941/1942
Neue
Tabus: Winter, U-Boot, Rheinregion
Die Unterhaltungsmusik im
Radio hat folgende Themen zu meiden:
-- kein Winter-Thema
wegen der Niederlage vor Moskau
-- keine U-Boot-Lieder
wegen hoher U-Boot-Verluste
-- keine fröhlichen
Rheinlieder wegen der Luftangriffe auf die rheinischen
Städte (S.481).
1941-1945
Kaum militärische
deutsche Frauenarbeit im Krieg
-- Hitler belässt die
Frauen bei der Familie
-- die Arbeitsreserve
von 5 Mio. deutschen Frauen bleibt ungenutzt, anders als
in England
-- das Manko lässt
Hitler durch Zwangsarbeiter ausgleichen
-- die Frauenlöhne sind
dermassen niedrig, dass es sich für Frauen nicht lohnt
zu arbeiten (S.454).
1941/1942
Untersuchung der
Deutschen Arbeiterfront DAF an Fremdarbeitern
-- Untersuchung des
DAF-Instituts für Arbeispsychologie und
Arbeitspädagogik: Testen der Fähigkeiten von rund
400.000 Fremdarbeitern
--
Fähigkeits-Abstufungen bei Männern:
1. Franzosen
2.
Russen,Polen,Griechen
3. Jugoslawen
4. Holländer,Norweger
5. Italiener
--
Fähigkeits-Abstufungen bei Frauen:
1. Russinnen
2. Polinnen
3. Griechinnen
4. Französinnen,
Jugoslawinnen (S.458).
Resultat:
Die DAF muss zugeben,
dass auch Ostarbeiter "vielfach hervorragende,
arbeitsame und anständige Arbeitskräfte" sind (S.459).
Mutterschutz:
-- Ostarbeiterinnen
erhalten auf Order der DAF nur minimalen Mutterschutz
-- andere Arbeiterinnen
sollen gleichen Mutterschutz wie deutsche Mütter
erhalten: Bulgarinnen, Italienerinnen, Kroatinnen,
Slowakinnen, Spanierinnen, Ungarinnen (S.458).
1941-1945
HJ im Krieg: rund
800.000 Kinderlandverschickungen
-- die Kinder werden
klassen- und schulweise aus luftkriegsgefährdeten
Gebieten aufs Land geschickt
-- Verschickung nach
Mittel- und Ostdeutschland, teils auch in besetzte
Gebiete, allein 500.000 in Ostpreussen, im Warthegau, in
Oberschlesien, in der Slowakei ( S.348-349).
HJ
im Krieg: Hitler-Treue marschieren mit ihrem Hitler in
den Tod
- HJ-Lied:
"Es zittern die
morschen Knochen
der Welt vor dem
grossen Krieg
Wir haben den Schrecken
gebrochen,
für uns war's ein
grosser Sieg.
Wir werden weiter
marschieren,
wenn alles in Scherben
fällt;
denn heute da hört
(gehört) uns Deutschland
und morgen die ganze
Welt!" (S.351)
Heimatfront: HJ und
BdM übernehmen militärische Aufgaben
-- Wachdienst,
Luftschutz, Altmaterialsammlung, Land- und
Ernteeinsatz u.a.
-- Tätigkeit in
Feldlazaretten, Kindergärten, Bahnhofsdienst (S.351).
Die alternative
Jugend im Krieg
-- es bilden sich
illegale Jugendbanden bis zur Fortsetzung
jugendbündischer Gruppen
-- Ziel des
Widerstands: Vereinigung im unpolitischen Abseits, aber
auch aus privater Bequemlichkeit
-- der Widerstand zur
HJ an sich reizt viele Jugendliche
-- Kennzeichen:
extravagante Kleidung, karierte Hemden, verbeulte Hüte,
furchterregende Siegelringe usw.
-- bekannte Gruppen:
oo im
Rheinland die "Edelweisspiraten": Wille, die Abende und
Wochenenden unkontrolliert von der HJ auszuleben
oo die
"Swing-Jugend": Real- und Oberschüler mit noblen
Adressen und reichlich Bargeld aus gehobener
Mittelschicht in Grossstädten, lange, karierte,
englische Sakkos, Schuhe mit dicken Kreppsohlen,
auffallende Schals, Diplomatenhut, Regenschirm, als
Abzeichen Frackhemdenhut mit farbigem Stein, z.T. war
die Swing-Musik verboten, da die NS-Führung die Texte
für "anstössig" hielt (S.350).
Die NS-Führung fürchtet
durch die unabhängigen Gruppen die "politische
Zersetzung der Jugend" (S.351).
ab 1941
Deportationen:
Reichsinnenministerium "nicht zuständig"
Das Reichsministerium
des Inneren achtet sorgfältig (S.173) darauf, dass
Deportationsmassnahmen durch Verordnungen abgestützt
werden, die ausdrücklich seine Nichtzuständigkeit
festlegen (S.174).
Die SS gewinnt
entscheidenden Einfluss auf die NAPOLA (Nationalpolitische
Erziehungsanstalten)
(S.301)
Lebensmittelverbrauch
im Krieg
1941/1942: 1928
Kalorien/Tag (36,6 % weniger als im Frieden)
1942/1943: 2078
Kalorien/Tag (31,7 % weniger als im Frieden)
(S.434)
Es erfolgen keine
Klagen mehr über Hunger. Die Übergewichtigen haben eine
Zwangsdiät durchgemacht (S.435).
[Die Bevölkerung im
3.Reich ist eingeschränkt, hungert aber immer noch
nicht, so dass der Krieg im Zusammenhang mit der
"Unterhaltung" aus Radio und Kino immer noch relativ
harmlos erscheint].
Qualität der
Lebensmittel
-- bleibt bis
Kriegsende im 3.Reich befriedigend
-- Brot: Ausgleich von
Roggen und Weizen durch Mais- und Kartoffelmehl, wird
planmässig erst verkauft, wenn es 1 Tag alt ist, "hält"
so länger "vor"
-- einschneidende
Qualitätseinbussen treten ein:
oo bei
Butter und Margarine (Wassergehalt)
-- weitere Massnahmen:
oo Verwendung
neuer Zusammensetzungen bei Fetten
oo verringerter
Fettgehalt in der für Kinder zugeteilten Vollmilch
oo gewisse
Zusätze bei der Wurst (S.436)
-- Gemüse: meist
Weisskohl, ist bis Ende 1941 frei erhältlich
-- die Obst-Erfassung
versagt wegen fehlender Einlagerungen völlig (S.436).
Die
Arbeit der Bauersfrauen
Die Bauersfrauen
arbeiten
-- im Durchschnitt 75
Wochenstunden
-- im Krieg 82
Wochenstunden
-- im Krieg zur
Erntezeit 100 Wochenstunden (S.435-436).
ab 1941 ca.
Ernährung im
3.Reich
-- Ernährung auf dem
Lande: Reichsnährstandskontrollen greifen nicht
-- Partei- und
Wirtschaftsführer decken sich über den Schwarzen Markt
ein
-- KZ-Insassen und
Häftlinge bekommen bei Nichtarbeit 20 % geringere
Rationen (oft nur 1000 Kalorien)
-- KZ und Lager mit
Polen und Russen: Polen und Russen erhalten
Nahrungsmittel schlechtester Qualität mit hohem
Abfallanteil, statt Eiweiss und Fett: Kohlehydrate.
Folge: Hungerödeme und Hungertod
-- Fremdarbeiter und
westliche Kriegsgefangene erhalten Rationen wie die
deutsche Zivilbevölkerung (S.437).
ab 1941 ca.
Widerstand
in der SS: SS-Frondeure
4 Gruppen von
SS-Frondeuren:
1. ein kleiner Kreis um
Reichskriminaldirektor Arthur Nebe (1894-1945).
Die Widerständler dieser Gruppe werden Partner der
Verschwörer des 20. Juli 1944, Ziel: Ermordung Hitlers,
mit dabei:
Paul Kanstein,
seit 1937 Leiter der Gestapo-Leitstelle in Berlin und
Schlüsselfigur aller Putschpläne (dirigiert die Berliner
Polizei)
2. einige Führer der
Waffen-SS im Generals-Rang: Ziel: Hitler aus der
Kriegsführung ausschalten, Anstreben eines
Waffenstillstands mit den Westmächten
3. Kreis um den Chef
des SD-Auslandsnachrichtendienstes Walter
Schellenberg (1910-1952), Ziel: Sonderfriede mit
den Westmächten. Diese Gruppe war zeitweise von Himmler
gebilligt
4. ein grosser Kreis
hoher SS-Führer von Werner Best bis Otto
Ohlendorf. Ziel: keine Regime-Änderung, aber nach
dem Krieg soll das 3.Reich erneuert werden (S.421).
-- Ohlendorf: durch
Beteiligung am Massenmord in Südrussland (Ermordung von
90.000 Menschen, meist Juden) (S.421) wird versucht, ihn
sich "gefügig" zu machen, was misslingt (S.421)
-- Ohlendorf gibt im SD
unzensierte Meldungen, sammelt kritische Feldpostbriefe
und schreibt die Verfasser an, glaubt an ein gereinigtes
Regime nach dem Endsieg (S.422).
1941-1945
KdF-Luxusdampfer
werden beliebte Truppentransporter und Lazarettschiffe
(S.312)
Schuschnigg bleibt
im Prominenten-KZ
(S.154)
1942
Verbesserung des
Mutterschutzes
um den Frauen die
Furcht vor der Doppelbelastung Kind - Arbeit zu nehmen
(S.225).
Malerei, Kunst und
Ästhetik verdrängen die Wirklichkeit
(S.190)
Der Industrielle
Schulte meldet der westlichen Industrie die
Massenerschiessungen an osteuropäischen Juden
was im State Department
als Gerücht bewertet wird (S.248).
Die Industriellen
rechnen mit einem Sieg gegen Russland
(S.246)
VW: Hitler
propagiert das Auto als Glück
in Tischgespräche:
-- "Meine Liebe gehört
dem Automobil. Das Auto hat mir die schönsten Stunden
meines Lebens geschenkt." (S.316)
-- der VW werde der
"Wagen der Zukunft", nach allen Kriegserfahrungen werde
der VW bei Auswertung der Erfahrungen der "europäische
VW" schlechthin sein
-- Hitler stellt sich
eine Lieferzahl nach einem "Endsieg" von 1-1,5 Mio.
Stück jährlich vor, und Hitler behält Recht (S.318).
Ostfront:
Die Kampfkraft und die Ausbildung der deutschen
Infanterie der Ostfront nehmen ab
-- die erfahrenen Leute sind
1941 meist gefallen
-- der Ersatz hat 6-8
Wochen Ausbildung, der "Kampfwert" sinkt
-- durchschnittliche
"Lebensdauer" eines Infanteristen an der Ostfront Juli
1941-Juni 1944: 2 1/2 Monate
-- es herrschen grösste
Verzweiflung und verborgene Angst (S.460)
-- erfahrene Landser
(S.460) nehmen innerlich Abschied vom Leben und kämpfen
dennoch weiter, dies sind ungeschriebene
Frontgeschichten
-- über die Verluste
und die Vermissten wird in den Wehrmacht-Stäben genau
Buch geführt
-- die Zahl der
Vermissten steigt stetig an (S.461)
Einsetzen
russischer Kriegsgefangenen zur Arbeit im Reich
unter entsetzlichen,
entwürdigenden Bedingungen (S.430).
Kirche: Der
katholische Theologe Alfred Delp wechselt zum
Widerstand
in den Kreisauer Kreis
und entwirft eine christliche Sozialordnung für
Deutschland (S.404).
Kirche:
Kirchenführer Wurm wendet sich gegen die Juden
Wurm schreibt, er habe
schon früh auf die Gefahren "jüdischer Überfremdung"
hingewiesen (S.408).
Widerstand Kirche:
Der reformierte Widerstand bleibt antisemitisch
z.B. die Vorschläge für
ein Deutschland nach Hitler in der Denkschrift des
Bonhoeffer-Kreises im Anhang: "Vorschläge für eine
Lösung der Judenfrage":
-- nach dem Ende des
NS-Regimes sollen die Grenzen für "jüdische
Rückwanderung" gesperrt werden
-- der Staat dürfe
Massnahmen ergreifen, "um dem unheilvollen Einfluss
einer Rasse auf die Volksgemeinschaft zu wehren"
(S.408).
"Gute
Laune": Bildung des Deutschen Tanz- und
Unterhaltungsorchester DTU
mit 38 Mann unter Franz
Grothe/Georg Haentzschel. Das DTU spielt gepflegte
Swingmusik im deutschen Radio, bis Herbst 1943 in
Berlin, dann wegen des Luftkriegs in Prag. Aufnahmen auf
Magnettonbändern, Weltneuheit, bei den Alliierten noch
nicht bekannt (S.482).
"Gute Laune" durch
Unterhaltungsfilme auch in den "USA"
(S.482).
Schlemmergerüchte
um die Partei- und Staatsführung
-- die Bevölkerung
verfolgt aufgedeckte Fälle von
Kriegswirtschaftsverbrechen
-- die Bevölkerung
achtet auf Herkunft und Rang der Angeklagten
und auf die Höhe des Strafmass
-- bei Strafe unter dem
Todesurteil wird immer Verdacht gehegt, das milde Urteil
schütze einen "Bonzen", der mit in die
Kriegswirtschaftsverbrechen verstrickt sei, was vielfach
stimmt (S.482)
Stimmungsbarometer:
der Text von Todesanzeigen
-- die Familien können
den Wortlaut von Todesanzeigen der Gefallenen selbst
bestimmen
-- der SD beobachtet
die Texte wachsam:
oo ab
1941/1942 wird die Formel "in stolzer Trauer" seltener,
"in tiefer Trauer" oder "in tiefem Schmerz" häufen sich,
"Heldentod" steht immer in Verbindung mit "für Volk und
Vaterland" oder "für Führer (482), Volk und Vaterland"
(483)
oo ab
Mitte 1942 ca. geht die Erwähnung Hitlers in den
Todesanzeigen stark zurück auf einstellige Prozentraten,
was dem SD gar nicht gefällt (483).
1.3.1942-31.5.1944
Zweite
Phase des Luftkriegs auf das Reich: mit massierten
Angriffen auf Flächenziele
-- Masseneinsatz
hochwirksamer Phosphor-Brandbomben
-- es folgen
aufeinander: Sprengbombe, die heult -
Brandbombe/Phosphorbombe, die zischt - Luftmine, die
gurgelt (S.442)
Brandbombe:
-- wirkt 4-5 mal
zerstörender als eine Sprengbombe, kleine Einzelbrände
wachsen zu verheerenden Gross- und Flächenbränden
zusammen
-- die Bevölkerung muss
lernen, während des Luftangriffs ins Dachgeschoss zu
steigen, um dort zischende Phosphor-Brandbomben mit
Schaufeln durch die Dachluken auf Strassen, Höfe und
Gärten zu werfen
Luftminen:
-- Wirkung verheerend
mit Detonations-Druckwellen (S.442).
-- Hilfe für
Bombenopfer: gestaffeltes System für Sonderzuteilungen
(S.443)
-- in den
Feuerlöschtrupps sind Freiwillige, auch Polen, Russen,
Franzosen. Frauen übernehmen Luftschutzwarten (S.446)
-- die
Volksgemeinschaft wird zur Leidensgemeinschaft,
Familenbanden bewähren sich, schrecklichste Bedingungen
(S.445).
Der Widerstand gegen
Hitler schmilzt durch die alliierten Luftangriffe auf
die Städte
-- Entstehen von
Apathie und Vergnügungssucht, sogar Erbitterung bei
NS-Gegnern gegen die Alliierten
-- die brutalen
Luftangriffe auf die Zivilbevölkerung deutscher Städte
lassen den Widerstand gegen Hitler zusammenschmelzen
-- der Hass gegen
Endland und die "USA" wächst (S.445).
[Dieselben Vorgänge
finden auch in Frankreich statt, wo englische und
"amerikanische" Flieger viel mehr Zerstörungen anrichten
als die deutsche Invasion 1940 zerstört hat. In: Ludger
Tewes: Frankreich in der Besetzungszeit 1940-1943].
[Es tritt mit den
Flächenbombardements genau die gegenteilige Wirkung ein,
die von der englischen Churchill-Führung und
Luftmarschall Harris erwartet wird. Die
Rüstungsproduktion im 3.Reich geht nicht zurück, und
trotzdem bombardieren englische und "amerikanische"
Bomber weiter die deutsche Zivilbevölkerung. Die
Industrie will man erben...].
21.3.1942
Hitler projektiert
den Arbeitseinsatz für Kriegsgefangene
-- Hitler ernennt den
Thüringer Gauleiter Fritz Sauckel zum
Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz
-- Sauckel führt in den
besetzten Gebieten grausame Massendeportationen von
Frauen, Männern und Kindern durch (S.450).
5.4.1942
Hitler bezeichnet
sich in einem Tischgespräch selbst als
"Taschenspieler"
(S.93)
6.4.1942
Weitere
Rationierungsmassnahmen bei Lebensmitteln
-- Kürzung der Rationen
bei Fleisch und Fett von 400 g (2.6.1941) auf nun 300 g
Fleisch pro Woche (S.434).
-- 125 g Butter / Woche
(vorher 150 g)
-- 65,62 g Margarine /
Woche (vorher 96,87 g)
-- 2 kg Brot /Woche
(vorher 2,5 kg)
-- Fett: 61 %
weniger als im Frieden. Folge: Die Stimmung im Volk
erreicht nun einen Tiefpunkt (S.435).
26.4.1942
Hitlers letzte
Reichstagsrede: Forderung nach der alleinigen
Entscheidungsgewalt in Gesetz, Justiz und
Lebenstraditionen (S.479) - Hitler will "Drückeberger"
verfolgen (S.480)
- viele begrüssen die
Macht Hitlers
- viel fragen sich,
wieso der Führer Mängel und Schwächen des (S.479)
Regimes öffentlich macht
- die unteren Schichten
hoffen, dass Hitler der Korruption in Behörden und
Partei ein Ende setzt (S.480).
[und kaum jemand
zweifelt am "Führer" selbst].
ab Mai 1942
Arbeitskräftemangel
im
Dritten Reich - Zwangsdeportation zur Arbeit
-- es gibt 7,8 Mio.
deutsche Arbeitskräfte weniger als im Mai 1939
-- die Zahl der
Kriegsgefangenen beträgt 3,9 Mio., die Hitler für seinen
Krieg einsetzen will (S.450)
-- Löhne für die
Kriegsgefangenen: Russen oder Polen müssen nach Steuer-
und Lagerabzügen monatlich mit 30 RM auskommen (S.450).
Die deutsche
Bevölkerung hilft den Ostarbeitern nur wenig zum
Überleben
-- die meisten Deutschen
im Dritten Reich zeigen wenig Interesse, den bestialisch
gehaltenen Fremdarbeitern zu helfen, sondern zeigen
Gleichgültigkeit
-- viele Deutsche
übertreten aber die Bestimmungen, um Fremdarbeitern das
Überleben zu erleichtern, v.a. deutsche Frauen (S.459).
[Dieselben
Verhaltensweisen treten bei der polnischen Bevölkerung
auf gegenüber KZ-Insassen: Gleichgültigkeit, oder nur
kleine Hilfen].
Profit der
Fremdarbeiter im Schwarzhandel
-- einzelne
Fremdarbeiter werden im Schwarzhandel reich
-- in Berlin leben ca.
400.000 ausländische Zivilarbeiter besser als die
deutsche Bevölkerung selbst, ausser Russen und Polen,
die nicht in Berlin sind
-- die Fremdarbeiter
fühlen sich von den Gesetzen nicht betroffen (S.459).
Sommer 1942
Grösste Ausdehnung
des NS-Imperiums Nordkap-Kaukasus-Nordafrika -
"Normalität" im 3.Reich
-- grosse Teile der
deutschen Bevölkerung glauben noch immer an einen Sieg
-- das NS-Regime im
Dritten Reich versucht immer noch, eine "Normalität"
vorzuspielen, indem Rationen heraufgesetzt werden
-- die
Bekleidungsindustrie produziert gegen Kleiderkarten
weiterhin modische Artikel, wenn auch mit Ersatzstoffen
-- letzter Schrei sind
kantenfreie Sandalen aus angeschliffenem Plexiglas mit
reizvoller Lichtwirkung (S.479) [in den Farben des
Lichtspektrums]
-- Hitler zieht sich
von der Bühne mehr und mehr zurück, wird unsichtbar und
unhörbar (S.479).
Erste Gerüchte,
Hitler sei physisch oder psychisch krank
(S.481)
Sommer 1942-1944
Zwangsdeportationen
ins
Dritte Reich
-- massenweise Deportationen
aus dem Baltikum, aus der Ukraine und aus Weissrussland
-- es kann in diesen
Ländern keine nationale Bewegung mehr gegen den
Bolschewismus aufgebaut werden, weil die Leute fehlen,
und weil der Hass auf Deutsche zunimmt (S.459).
bis September 1942 ca.
Drittes Reich: Mit
wenigen Ausnahmen erwarten die deutschen Industriellen
einen deutschen Sieg gegen Moskau
(S.246)
30.9.1942
Hitler-Rede im
Berliner Sportpalast
Hitler bedauert, er
leide unter Arbeitsüberlastung (480).
ab Oktober 1942 ca.
Die
"Gute Laune" wird bei ernster Kriegslage immer
erotischer
-- je weniger "Brot" es
gibt, desto wichtiger werden die "Spiele" (S.481)
-- in den Revuen und
Varietés lockern sich die Sitten, indem fast nackte
Mädchen auftreten (S.474)
-- alles, was vor dem
Krieg als "dekadent" galt, wird nun propagiert: Pariser
Damenmode, britische Herrenmode
-- Schlafzimmer mit
französischen Betten werden Hauptspielplätze
-- die Negligés der
Damen werden durchsichtiger, die Bettszenen werden
lasziver, in Badewannen verzichtet man auf verhüllenden
Badeschaum, die Erotik gilt nun als "künstlerisch
wertvoll" (S.481).
19.10.1942
Erhöhen von
Fleisch- und Brotrationen
-- Erhöhen der
Fleischration von 300 g (6.4.1942) um 50 g auf 350 g pro
Woche (S.435)
-- Erhöhen der
Brotration von 2 kg pro Woche um 250 g auf 2,25 kg pro
Woche (S.435).
November 1942
"Gute Laune":
Goebbels verlangt "optimistischen Ton"
bei Komponisten, Textern
und Unterhaltungsstars, und die Anweisung wird befolgt
(S.482).
Ende 1942
Stalingrad:
Untergang der 6. Armee
Hitler schweigt (S.452).
1942-1944
KZs
und Massaker in Osteuropa [sowie der Bunkerbau im
Reich] mit Judenvernichtung werden von der Ostfront
geschützt
-- die Wehrmacht schützt
indirekt die KZ-Einrichtungen und ihre "Arbeit"
-- nur das Durchhalten
der deutschen Soldaten an der Ostfront garantiert die
grosse Vernichtung an Juden in den KZs und Massakern
(S.426)
-- die Gerüchte um
Vernichtungslager und Massaker werden nirgendwo
beweisbar erhärtet, und so kann sich aus den Gerüchten
nur in Ausnahmefällen ein geschlossenes Bild ergeben
(S.386)
Der Massentod in
Konzentrationslagern in Osteuropa ist bekannt
-- die Geheimhaltung
ist nicht durchführbar
-- ermordete Gruppen:
Zeugen Jehovas, Kranke, Juden Zigeuner
-- ab Mitte 1943 ist in
der Berliner Bevölkerung die Ermordung der Juden
verbreitet: durch Urlauber über Polizei, SS, Wehrmacht,
Partei und Bürokratie hinaus
-- die deutsche
Bevölkerung will es aber nicht wissen
-- nur wenige begreifen
aber: Der NS-Staat legalisiert politische Verbrechen,
gipfelnd im Massenmord an ganzen Volksgruppen, weil die
Bevölkerung das Terror-System alltäglich hinnimmt
(S.183).
Die
Ineffizienz des Hitler-Regime
Allein die Organisation der
Judendeportationen und KZs in Osteuropa [sowie der
Bunkerbau] benötigen einige 100.000 wehrfähige deutsche
Männer, während Kranke und Krüppel an der Front stehen
(S.451).
[nicht erwähnt:
Angestammte
mitteleuropäisch-jüdische Bevölkerung lässt man nach
Osteuropa deportieren und dort an Krankheiten sterben,
verhungern oder in Massenexekutionen erschiessen.
Gleichzeitig lässt man osteuropäische Bevölkerung ins
Dritte Reich bringen. Eine grössere Ineffizienz ist kaum
vorstellbar].
1942-1945
Kriegsgefangene
als
Arbeiter im Dritten Reich
Tabelle:
Ansteigen der Anzahl Kriegsgefangener und
ausländischer Arbeitskräfte im Dritten Reich |
1942
|
4,665 Mio. |
1943
|
5,740 Mio. |
August
1944 |
7,652 Mio., davon 5,722 Mio.
Zivilarbeiter
(S.451)
|
-- das NS-Regime stellt [nach der Niederlage vor Moskau]
kriegsgefangene Soldaten zur Arbeit ein und wird
von deren Arbeitsleistung abhängig
-- Industriebetriebe
wetteifern um ausländische Kriegsgefangene (S.450)
-- Leute vom Balkan,
Italiener und Spanier haben schlechte Lebensbedingungen,
Russen und Polen werden versklavt
-- z.B. Polen:
oo Gesellschaft
mit Deutschen ist verboten
oo abends
und nachts Ausgehverbot
oo Verbot
des Besuchs von Gaststätten und Gottesdiensten
oo Todesstrafe
für sexuelle Beziehungen mit Deutschen (457)
-- die bestialischen
Lebensbedingungen finden Ausdruck in einer hohen
Sterblichkeit, bei Russen und Polen schlussendlich
gleich hoch, bei Russen und Italienern 1944 am höchsten
(458).
ab 1942
Schwarzmarkt:
Tausch- und Schleichhandel
-- bestimmte
Tauschverhältnisse
-- Handwerker können in
Ware bezahlt werden
-- Entstehen einer
Geheimsprache, z.B. "Fahrkarte 1.Klasse" ist der
Ausdruck für "Butter"
-- Bohnenkaffee ist am
begehrtesten (S.440-441).
Frauen-Idealistinnen
glauben nicht an Gräueltaten
-- alles, was über
Gräueltaten geflüstert wird, ist für sie dummes oder
böswilliges Geschwätz
-- die Idealistinnen
wollen immer nur das "Beste" (S.325).
Massentod in
Konzentrationslagern in Osteuropa ist bekannt
-- die Geheimhaltung
ist nicht durchführbar
-- ermordete Gruppen:
Zeugen Jehovas, Kranke, Juden Zigeuner
-- ab Mitte 1943 ist in
der Berliner Bevölkerung die Ermordung der Juden
verbreitet: durch Urlauber über Polizei, SS, Wehrmacht,
Partei und Bürokratie hinaus
-- die deutsche
Bevölkerung will es aber nicht wissen
-- nur wenige
begreifen: Der NS-Staat legalisiert politische
Verbrechen, gipfelnd im Massenmord ganzer Volksgruppen
(S.107).
1943
Zerstörung von
knapp 90 Gross- und Mittelstädten in Ruinenfelder
(S.442-443)
Deutsche in
Grossstädten: noch 15-18 Mio. EinwohnerInnen
-- 1939 waren es noch 24
Mio.
-- die deutschen
Grossstädte werden Ziel des Luftkriegs (S.441).
Krupp stösst
Reichsanleihen ab und stellt Ansprüche auf
Schadensersatz für Kriegsschäden
Krupp drängt auf das
Eintreiben von Schulden des Reiches und tätigt keine
neuen Investitionen in neue Rüstungswerke (S.246).
Die Berufe der 33
Gauleiter im 3. Reich
7 Volksschullehrer
5 mittlere Beamte
4 Bankangestellte
3 kaufmännische
Angestellte
3 selbständige
Kaufleute
2 Matrosen
1 Berufs-Unteroffizier
1 ehemaliger aktiver
Offizier
2 aus verschiedenen
Berufen
nur 5 aus akademischen
Berufen (S.163)
Bildung und
Lebenserfahrung im Allgemeinen: Lehre, Soldat im
1.Weltkrieg, ein oder zwei Auszeichnungen, eine
Beförderung, Eintritt in die NSDAP,
NSDAP-Ortsgruppenführer (S.163).
Ordensburg
Vogelsang wird Entbindungsheim für Frauen aus dem
bombengeschädigten Köln
(S.200)
Hjalmar Schacht
wird als Minister ohne Geschäftsbereich entlassen
hält Kontakt zum
konservativen Widerstand (S.215).
Anfang 1943
Das NS-Regime
beschliesst eine Bausperre für zivile Bauten
(S.504).
Ostfront und
Westfront: Deutsche Kriegsgefangene wollen Hitler
nicht vergessen
Die deutschen
Kriegsgefangenen sehen Hitler weiterhin im Licht seiner
früheren Siege. Das Bewusstsein bleibt stehen beim Stand
des Reichs bis September 1941 vor der ersten Niederlage
(S.492).
Hitler versteckt
sich, hält nur noch zwei öffentliche Reden
spricht dafür fünf mal
über Radio und hält Gedenkansprachen (S.495).
Bausparkassen mit
"lebhaftem Geschäft" in der Spekulation
-- die Bausparkassen
verzeichnen Neuabschlüsse, obwohl Bausperre herrscht
-- die Spekulanten
spekulieren darauf, nach einem Endsieg zu bauen (S.504).
Die ganze
[männliche] Bevölkerung im 3.Reich ist im
Kriegskreislauf
mit der bewussten
Verdrängung unbequemer Informationen, auch bei
Spitzenfunktionären (S.383).
Judenrettung
Manche NS-Kämpfer und
SS-Prominente stellen sich schützend vor Juden:
oo Gauleiter
Wilhelm Kube, Generalkommissar von Weissruthenien
(Weissrussland), verklagt Polizeioffiziere wegen
Ausschreitungen gegen Juden und stellt die zur
Vernichtung nach Minsk deportierten Juden unter
seinen persönlichen Schutz
oo SS-Obergruppenführer
Werner Best sabotiert als Reichsbevollmächtigter
in Dänemark die Juden-Deportation und lässt etwa
7000 dänische Juden ins neutrale Schweden entkommen
oo Staatssekretär
Wilhelm Stuckart im Reichsministerium des Innern
rettet ab 1942 107.000 "Mischlinge" und rund 28.000
Juden in "Mischehen" vor der Ermordung (S.383).
Die Kampfkraft und
der Kampfwert der deutschen Infanterie sinkt immer
schneller
-- da der Ersatz immer
weniger Ausbildung und Erfahrung mit sich bringt
-- "frontbewährte"
Divisionen müssen Bataillone und Kompanien abgeben,
damit diese als Kader für Neuaufstellungen fungieren
können
-- viele Regimenter des
"alten Ostheeres" büssen ihren Zusammenhalt ein, alte
Landser fühlen sich unter jungen Rekruten und oft
unerfahrenen Offizieren unwohl und deprimiert (460).
14.-26.1.1943
Konferenz
von Casablanca: Beschluss der "bedingungslosen
Kapitulation"
Roosevelt und
Churchill verkünden die bedingungslose Kapitulation -
Auswirkungen
-- dies sei die einzige
Möglichkeit der Kriegsbeendigung
-- der Widerstandswille
in der deutschen Bevölkerung wird wieder stärker
-- die Erklärung ist
der grösste Schlag für die deutschen Widerstandsbewegung
(S.484), denn der Widerstand kann keine Alternativen
anbieten
-- die deutsche
Bevölkerung und die deutschen Soldaten werden eng an
ihren Zerstörer, Hitler, gebunden, verteidigen das Land
gegen die bedingungslose Kapitulation, verteidigen damit
Hitler und reissen Deutschland in den Untergang (S.485)
-- viele Widerständler
geben nun den Widerstand auf mit der Einstellung, in der
Zeit der Krise müsse man alle politischen Differenzen
vergessen und "zusammenstehen" (S.486)
16.1.1943
Erster
Wehrmachtbericht, der den Kessel von Stalingrad zugibt
dabei ist die 6. Armee
schon seit 2 Monaten eingeschlossen (S.483)
25.1.1943
"Gute
Laune" wird zusammengestrichen
-- Schlager werden fast alle
abgesetzt
-- Sketche und
Humoristen werden ganz abgesetzt
-- populäre Lieder der
Freude werden ganz gestrichen, z.B. "Und wieder geht ein
schöner Tag zu Ende" (S.483).
27.1.1943
Arbeitspflicht
und
Meldepflicht für alle Männer von 16-65 und alle Frauen
von 17-45
-- für Aufgaben der
Reichsverteidigung
-- Entstehen einer
blühenden Korruption: v.a. die Frauen der oberen
Schichten finden Schlupflöcher, der
Arbeitspflicht zu entgehen:
oo Meldung
zur Kinderpflege
oo ehrenamtliche
Arbeit in der NSDAP und im DRK
oo Scheinanstellungen
bei befreundeten Firmen
-- die Arbeitsämter
setzen sich mehr für die Befreiung der Betroffenen als
für die Mobilisierung ein
-- Frauen werden auch
kaum bestraft für "Arbeitspflicht-Drückebergerei"
(S.454).
30.1.1943
Goebbels-Rede:
"Der
Glaube versetzt Berge!"
"Dieser bergeversetzende
Glaube muss uns alle erfüllen!"
[nicht erwähnt: Die
Kirchen haben sich bestimmt geschmeichelt gefühlt].
Landser spötteln: Die
Berge werden an den falschen Platz versetzt (S.486).
ab 30.1.1943
Anwendung
von Matthäus 1720 zum "Berge versetzen":
"Wenn ihr Glauben habt wie
ein Senfkorn, so werdet ihr zu diesem Berge sagen: Geh
fort von hier, dorthin! Und er wird fortgehen." (S.486).
ab Januar 1943
Formieren neuen
Widerstands gegen das NS-Regime quer durch alle
Schichten
-- aus politischen und
v.a. aus moralischen Motiven
-- z.T. erfolgt
beispielloses Märtyrertum (S.416)
-- Zukunftsvisionen des
Widerstand:
oo Befürworten
des Rechtsstaates
oo Beibehalten
autoritärer Ideen
oo Skepsis
gegenüber der Demokratie nach der Erfahrung mit der
Weimarer Republik
oo Grenzen
von 1938 (S.416).
2.2.1943
Kapitulation der 6.
Armee in Stalingrad - 91.000 deutsche Kriegsgefangene
-- die NS-Seite beklagt
125.000 Gefallene oder Erfrorene
-- 34.000 Verwundete
und Kranke konnten ausgeflogen werden (S.483).
3.2.1943
Das
deutsche Radio meldet die Kapitulation von Stalingrad
-- Text:
"Der Kampf um
Stalingrad ist zu Ende. Ihrem Fahneneid bis zum letzten
Atemzug getreu, ist die 6. Armee unter der
vorbildlichen Führung des Generalfeldmarschalls Paulus
der Übermacht des Feindes und der Ungunst der
Verhältnisse erlegen..." (483)
-- es folgt das Lied
vom "Guten Kameraden"
-- es folgen beide
deutschen Nationalhymnen
-- es folgt die
rumänische und die kroatische Nationalhymne
-- es folgt 3 Minuten
Funkstille
-- der Hitler-Mythos
ist entscheidend in allen Volksschichten geschwächt und
die Schuld Hitler selbst zugeschoben, Tiefststand der
Volksstimmung (S.484), der Mythos wirkt aber immer noch,
weil der ganze Aufbau und viele Einrichtungen mit Hitler
direkt verbunden sind (S.485): Der Führer steht über
jeder Kritik (S.486)
-- ab jetzt wird in der
Bevölkerung auch über eine Niederlage des Krieges
nachgedacht (S.484).
Butterwitz in der
Bevölkerung
Es wird bald mehr Butter
geben, weil Führerbilder bald "entrahmt" werden müssten
(S.484).
4.2.-6.2.1943
Dreitägige
Staatstrauer im Dritten Reich: Kinos, Theater und
Vergnügungsstätten bleiben geschlossen
(S.484)
10.2.1943 ca.
Goebbels feilt eine
Rede für die Ausrufung des "Totalen Krieg"
Die Rede wird ein
Meisterstück der Demagogie (S.453).
18.2.1943
Goebbels
ruft eigenmächtig den "Totalen Krieg" aus
(S.452).
-- Motto: "Totaler
Krieg - kürzester Krieg!"
-- Stalingrad wird als
"grosser Alarmruf des Schicksals" bezeichnet
-- Forderung der
totalen Mobilisierung aller verfügbaren Kräfte bei
spartanischer Lebensführung für die gesamte deutsche
Bevölkerung (S.453).
-- Goebbels versichert
die Wiederauferstehung des Mittelstands:
"Nach dem Krieg wird
der Mittelstand sofort wieder in grösstem Umfang
wirtschaftlich und sozial wiederhergestellt."
-- im Interesse der
Rüstung wird ein Höchstmass kapitalistischer
Rationalität garantiert und der Wettbewerb eingeschränkt
(S.259).
24.2.1943
Die deutsche
Wochenschau deutet "Stalingrad" zur Vorwärtsstrategie
um
-- mit Appell an den
Totalen Krieg von Goebbels vom 18.2.1943
-- die Bilder von
ekstatisch jubelnden Massen verfehlen bei der
Bevölkerung ihre Wirkung nicht (S.484).
ab Februar 1943 / ab
der Kapitulation in Stalingrad
Endsieg wird
unmöglich - die deutsche Bevölkerung hofft auf
Vermeidung einer Niederlage
(S.483).
Die Wehrmacht sitzt
in der Falle: Hitler vertrauen oder bedingungslose
Kapitulation zulassen geht beides nicht
-- beides will die Masse
der deutschen Soldaten nicht
-- schwere Niederlagen
und Fehlentscheidungen Hitlers spielen keine Rolle, und
Hitler gewinnt an Vertrauen durch die Bedingung der
"bedingungslosen Kapitulation"
-- die Wehrmacht kämpft
mit dem "Mut der Verzweiflung" (S.463).
Ostfront:
Spaltung der Wehrmacht in Gesinnungen alter und junger
Landser
-- offener Defätismus der
älteren Landser
-- die jungen Soldaten
wollen die 6. Armee rächen
-- die immer stärker
unterlegene deutsche Infanterie kann nur noch mit
Panzern und starker Artillerie-Vorbereitung "nach vorn"
gebracht werden, örtliche Erfolge sind auch ohne Hilfe
möglich durch "bewegliche Kampfführung" (S.461).
Stille
Drückebergerei in der Wehrmacht
-- die Grenze zwischen
Gehorsam und Fahnenflucht verwischt aus dem Drang,
überleben zu wollen
-- z.B. der
"Heimatschuss": willkommene Fleischwunde als Verletzung
mit Auskurieren in der Heimat, was die Überlebenschancen
erhöht
-- Selbstverstümmelung
(ist auch in den alliierten Armeen üblich) (S.461) mit
Fleischwunden bis zur dauernden Verkrüppelung
-- Vorgesetzte streben
nach einer "günstigen Verwendung", weniger gefährdete
Posten, man wartet nur auf die Gelegenheit, sich
abzusetzen, zu "stiften", bzw. man hält sich möglichst
auf der "Stifterstrasse" auf
-- Bau von
"Angstbunkern" aus Beton oder Balken
-- man lässt Nachbarn
oder Untergebene, Vorder- oder Hintermänner im Stich um
abzuhauen, wenn die Befehlslage keinen Gegenbefehl
gegeben hat
-- Soldatenwitz über
die Drückebergerei der Oberen der Wehrmacht: "Der Führer
weiss es, Gott ahnt es, und uns geht
es nichts an..." (S.462)
März 1943-Januar 1944
Drittes Reich: Monatlich
gibt es 8100 Luftkriegstote und es werden 14.733
Wohngebäude zerstört
(S.443).
26.3.1943
Österreichs
Bevölkerung in innerer Emigration
Feststellung von Carl
Goerdeler am 26.3.1943 in einer Denkschrift, dass
alle Schichten der österreichischen Bevölkerung dem
Dritten Reich "innerlich die Gefolgschaft aufgesagt
[aufgekündigt]" hätten (S.397).
März/April 1943
Gerüchte über
Hitlers Gesundheit: Hitler sei krank, verrückt, blind,
nervenkrank
(S.485).
ab März/April 1943
Hitler-Witze in
scharfer Form
-- die Hitler-Witze sind
ein neues Element der Gesellschaft
-- Schlagerstrophe von
1942
"Es geht alles vorüber,
es geht alles vorbei, auf jeden Dezember folgt wieder
ein Mai"
wird ergänzt:
"Zuerst geht der
Führer, dann die Partei", oder: "Im April fällt der
Hitler, im Mai die Partei" (S.485).
-- Hitler-Grüsse werden
von Angehörigen von Gefallenen demonstrativ verweigert
-- Beflaggungen zum
Führer-Geburtstag sind deutlich spärlicher als 1942
(S.485).
1.4.1943
Goebbels wird
Stadtpräsident von Berlin
(S.448)
11.4.1943
Goebbels beklagt,
das Volk habe keine Siegesperspektive mehr
in seinem Tagebuch
(S.487). Goebbels plant eine Welle der Opfer für die
Wehrmacht, so dass der Glaube an den Sieg durch die
Opfer wieder stärker werde (S.487).
12.4.1943
Martin
Bormann wird "Sekretär des Führers" - Bormanns
Einfluss bei Hitler
-- er ist die wirkende
oberste Figur der Partei hinter den Kulissen
-- Bormann wird bald
vielgefürchtet und gehasst
-- Bormann verfolgt
Missliebige (S.174) mit Niedertracht und Brutalität,
weicht kaum von Hitler
-- Bormann bestimmt den
Ablauf, was bei Hitler politisch passiert und was nicht
-- Bormann beeinflusst
Hitler mit abfälligen Bemerkungen über ausgesuchte
Dinge, die es zu diskriminieren gilt
-- Bormann entscheidet
über Briefe, die Hitler vorgelegt werden, und die im
Papierkorb verschwinden (S.175)
-- Bormann ersetzt die
Adjutanten und stellt nach und nach "seine" Leute ein
-- nur wenige
unmittelbare Mitarbeiter Hitlers geraten nicht in
Bormanns Überwachungsnetz
-- am Ende sind sogar
die Gauleiter vom Wohlwollen Bormanns abhängig, v.a.
die, die keine "alten Zeiten" mit Hitler erlebt haben
-- Bormann macht sich
mit seinem Fleiss, seinem Gedächtnis, seiner schnellen
Auffassungsgabe für Hitler unentbehrlich, Bormann macht
erstklassige Recherchenarbeit, beeinflusst dabei aber
Hitler in seinem Sinn, was Hitler scheinbar kaum bemerkt
-- Bormann hält für
jedes Problem auf jeden Fall immer einen Lösungsweg
bereit
-- Bormanns Effizienz
imponiert Hitler, und so hat Hitler volles Vertrauen zu
ihm (S.175)
19.4.1943
Goebbels-Rede zum
Führer-Geburtstag: Goebbels prophezeit fragend
-- eine "neue, nie
dagewesene Entwicklung unserer nationalen Geschichte"
-- oder: vielleicht
wird der Krieg "überhaupt die Geschichte unseres Volkes
abschliessen" (S.487)
ab 19.4.1943
Die Wochenschau
wird zum Problem, weil man fast nichts mehr zeigen
könne
so beklagt Goebbels
(S.487).
Mai 1943
Untersuchung der
Deutschen Arbeiterfront DAF: bessere Behandlung der
Kriegsgefangenen bringt mehr Arbeitsleistung
-- russische Arbeiter
leisten 70-80 Prozent eines deutschen Arbeiters
-- Betonen des
Zusammenhangs Arbeitsleistung - Arbeitsbedingungen:
Essen, Hygiene, Kleidung, Lohn, gegenseitiges Verstehen
-- für die SS sind dies
z.T. völlig ideologiefremde Tatsachen
-- die DAF stellt ein
Berufsschulungsprogramm für Ostarbeiter auf (S.458).
Juni 1943
Goebbels
gibt Filmauftrag "Kolberg"
an Regisseur Veit Harlan,
engagierter Nazi. Produktionskosten: 8,5 Mio. RM,
teuerster Film im 3.Reich. Er wird im Winter 1944/1945
fertig (S.505).
Mitte 1943 ca.
Der Glaube an den
Endsieg in führertreuen Gruppen
Hans Fallada vom
Propagandaministerium appelliert intern an den Endsieg:
"Wir müssen an den Sieg
glauben, sonst ist alles sinnlos ... Wir sind die Herren
der Welt, bestimmt die von Europa." (S.486)
24.6.1943
Aufstellen
der "12.SS-Panzerdivision Hitlerjugend"
-- ist der Höhepunkt der
Kampf- und Todesbereitschaft der hitlertreuen Jugend
-- 16-18 Jahre alte
Burschen ohne Kampferfahrung, dafür kämpferische
Begeisterung bis zur Tollkühnheit (S.351)
-- Muntermacher für die
Burschen: z.B. das HJ-Lied
"Nun lasst die Fahnen
fliegen
in das grosse
Morgenrot,
das uns zu neuen Siegen
leuchtet oder brennt
zum Tod!" (S.352)
-- Einsatz in der
Normandie-Schlacht im Raum Caen, grösste
Tapferkeit
-- die "Amerikaner"
nennen die Division anfangs spöttisch "Baby-Division"
-- die Division wird im
Kessel von Falaise eingekesselt, nur 600
Überlebende (352).
Juli 1943
Berlin: Goebbels
lässt Frauen und Kinder evakuieren, Bunker und
Deckungsgräben ausheben
Goebbels bleibt bei den
Berlinern ungewöhnlich populär, geht zu Bombenopfern,
schafft unbürokratisch Abhilfe (S.448).
11.7.1943
Bormann gibt
geheime Anweisung, dass über eine "Gesamtlösung" der
Judenfrage nicht gesprochen wird
-- Martin Bormann,
Leiter der Parteikanzlei
-- geheime Anweisung,
bei öffentlicher Behandlung der Judenfrage habe "jede
Erörterung einer künftigen Gesamtlösung" zu unterbleiben
-- man solle sagen,
Juden würden "geschlossen zu zweckentsprechendem
Arbeitseinsatz" im Osten abtransportiert
-- ab 11.7.1943
verschwindet die Judenverfolgung weitgehend aus aus dem
öffentlichen Bewusstsein (S.385)
-- es gibt nur Gerüchte
und Berichte über die Zustände in den KZs in Osteuropa,
kaum Beweise (S.386).
[nicht erwähnt:
Die Häftlinge kommen im
Bunkerbau für unterirdische Produktionsstätten für
Düsenjäger, Raketen und Panzer zum Einsatz mit hohen
Todesraten. Andere Häftlinge müssen die Wunderwaffen
montieren. Zum Teil werden die überlebenden Häftlinge
kurz vor dem Abzug in den Stollen zugesprengt und
lebendig begraben].
20.7.1943
Die
Arbeitsverteilung gemäss Denkschrift von Albert Speer
an Hitler: Es kämpfen nur 10 Prozent der Werktätigen
-- Arbeiter in Rüstung,
Industrie und Bergbau [Bunkerbau]: 6,22 Mio.
-- Angestellte in
Verwaltung, Handel und Banken: 7,63 Mio.
-- Wehrmacht: 10,5
Mio., davon in Kampfdivisionen: 2,3 Mio., in fechtenden
Truppen: 1,2-1,5 Mio.
-- es kämpfen nur 10
Prozent der Werktätigen
-- in der Roten Armee
kämpfen 90 Prozent der Werktätigen
-- Hitler denkt über
den "Totalen Kriegseinsatz" nach (S.455).
23.7.1943
Verhaftung von
Hjalmar Schacht, im Prominenten-KZ bis Kriegsende
(S.215)
25.7.1943
Sturz
von Mussolini in Rom - Entsetzen der NS-Führung in
Berlin
(S.487).
Luftkrieg
-- riesige Flächenbrände
-- Zehntausende von
Toten und Hunderttausende von Obdachlosen
-- oft übertriebene
Gerüchte über Luftkriegsverluste
-- die NS-Propaganda
beginnt sich zu verbrauchen (S.487).
Hitler-Auftrag
an
Goebbels, den "Totalen Kriegseinsatz" auszurufen
-- "das Höchstmass von
Kräften für Wehrmacht und Rüstung freimachen"
-- Anpassung des
öffentlichen Lebens an die Erfordernisse des totalen
Krieges (S.455):
-- Ausmerzen der
Korruption
-- Einführen der
60-Stunden-Woche statt wie bisher 52
-- Einführen der
56-Stunden-Woche für Frauen in der Industrie
-- Verhängen einer
vorläufigen Urlaubssperre
-- Heraufsetzen der
Frauenarbeitspflicht von 45 auf 50 Jahre
--
Scheinarbeitsverhältnisse sollen beseitigt werden
-- alle Verwaltungen
sollen 30 Prozent ihrer Arbeitskräfte für die Rüstung
abgeben
-- Stillegen aller
Hochschulen ausser medizinisch-naturwissenschaftliche
Bereiche (S.456)
-- Schliessen von
Theater, Kabarett, Varieté, Schauspielschulen,
Orchestern, Konservatorien
-- Einstellen der
KdF-Truppenbetreuung
-- Theater- und
Filmnachwuchs muss in die Rüstungsindustrie
-- Einstellen der
schöngeistigen Buchproduktion
-- scharfes
Einschränken der Presse
-- nur noch 4-seitige
Tageszeitungen
-- Verbot von
Ausstellungen, Messen, Kongressen
-- scharfe Beschränkung
des Reiseverkehrs
-- Schliessung von
bestimmten Geschäften und Vergnügungslokalen
-- Untersagen
bestimmter Schönheitspflege, z.B. Verbot von Dauerwellen
(S.456).
Goebbels-Parole für
den "Totalen Kriegseinsatz": "1 Mio. Menschen = 100
Divisionen = Sieg!"
-- Goebbels übergibt
850.000 Leute der Wehrmacht
-- die Landser nennen
diese Leute "Goebbels-Spende"
-- die Leute sind z.T.
untauglich und viele sind nicht ausgebildet (S.457).
ab 26.7.1943
Grossangriff auf
Hamburg und andere Grossangriffe - Wirkungen und
Wunderglauben
-- beschleunigt die
Erkenntnis deutscher Ohnmacht
-- NS-Parolen werden
langsam endgültig unglaubwürdig
-- die Anstrengungen
der NS-Volksfürsorge NSV werden anerkannt:
Evakuierungen, Transporte, Verpflegung, Rettung alter
Menschen (S.487), von Kranken, Müttern und Kleinkindern,
Einrichtung von Suppenküchen nach Luftangriffen,
Organisation von Meldestellen für Vermisste etc.
-- die NSV wird zum
letzten "Rettungsanker" der Heimatfront (S.488)
-- die Bevölkerung
glaubt der NS-Parole nach "Wunderwaffen" und nach einer
Kriegswende, denn die Bevölkerung will nicht wehrlos
sein
-- die Bevölkerung will
nicht umsonst ein 3.Reich aufgebaut haben, das nun
verloren gehen soll
-- aber das "Wunder"
tritt nicht ein (S.488).
Herbst 1943
Ostfront:
Einführung des Begriffs "Krisenfestigkeit" zur
Bewertung der Divisionen
Nur verhältnismässig
wenige Divisionen gelten als "krisenfest" (S.462)
18.10.1943
Hitler vor
bulgarischen Gästen brüstet sich mit seinen Verlusten
-- ein Mann, der alles
verliere, sei ein wahrhaft fanatischer Kämpfer (S.446)
-- Hitler besucht nie
eine zerbombte Stadt (S.446)
in derselben Runde:
NS-Grössen sehen
die Städtezerstörungen positiv
Bormann und Goebbels
sehen sogar noch einen Vorteil, wenn die Städte neu
aufgebaut würden, denn dann vollziehe sich die totale
NS-Sozialrevolution (S.446).
ab Oktober 1943 ca.
Italienische
Kriegsgefangene im Dritten Reich
-- Ex-Soldaten Italiens
werden im 3. Reich eingesetzt
-- die deutsche
Bevölkerung reagiert auf die Italiener mit eisiger
Verachtung. Sie stehen für sie bald auf gleicher Stufe
wie die Russen und Polen (S.457).
1.11.1943
Verbesserung der
Umstände für Kriegsgefangene
(S.450): Kriegsgefangene
sollen 88 RM erhalten für Arbeit, die deutsche Arbeiter
für 200 RM erledigen (S.451).
8.11.1943
Hitler spricht zum
letzten Mal am Partei-Gedenktag
(S.480)
18.11.-3.12.1943
5 Grossangriffe auf
Berlin
- 2212 britische Bomber
- dies ist der Beginn
der Luftschlacht um Berlin, für die RAF das wichtigste
Ziel (S.447).
[ohne grosse Wirkung,
denn die Rüstung produziert z.T. schon unterirdisch].
ab 18./19.11.1943
Schlacht
um Berlin
-- monatelanges
Bombardement Berlins
-- der Widerstandswille
Berlins erhärtet sich.
Witz:
"Berlin ist eine Stadt
der Warenhäuser,
denn dort waren
Häuser!"
-- in Berlin sind keine
Flächenbrände möglich wie in Hamburg, da Berlin eine
widerstandsfähigere Bausubstanz aufweist
-- das Leben nach jedem
Angriff geht am nächsten Morgen weiter, Theater und Kino
bis 21.4.1945
-- die wenigsten ahnen,
dass Berlin nach der Kriegsniederlage nicht mehr
Hauptstadt sein wird (S.443).
27.11.1943
Führer-Befehl:
Mindestens 1 Mio. Mann sollen die Front verstärken
verhallt ungetan
(S.452).
3.12.1943-Mai 1945
Sinnlose Zerstörung
von Berlin durch die alliierte Luftangriffe - perfekte
Luftschutzorganisation
-- 363 Luftangriffe,
18.468 Flugzeuge, 45.517 Tonnen Bomben auf Berlin
-- von 1,54 Mio.
Wohnungen werden 730.000 oder 47,4 Prozent zerstört
-- 35.000-50.000 Tote
durch die Bombardierungen
-- schätzungsweise 5000
Verletzte und 30.000 Obdachlose pro Luftangriff
-- der Anteil der
Todesopfer im Verhältnis zur Dauer und zum Aufwand ist
relativ niedrig
-- Berliner haben eine
hohe "Luftschutz-Disziplin" und zeigen sich als
"stoische und mutige Berliner" (S.447)
-- Organisation der
zivilen Luftabwehr durch den Berliner Gauleiter Goebbels
(S.448)
-- nach Entwarnung
fahren Soldaten in Divisionsstärke in die Stadt, um
Trümmer von den Strassen zu räumen und Zugänge frei zu
legen, gefolgt von Sanität und Feuerwehr sowie
Verpflegungskolonnen
[die Partei kann sich
jedes Mal neu bewähren!]
-- Wiederherstellung
der öffentlichen Verkehrsmittel (S.447-448), Reparatur
von Telefon-, Wasser- Stromversorgung "im Eiltempo"
-- Umquartierung der
Ausgebombten
-- die Brände sind nach
jeder Bombennacht unter Kontrolle, der Verkehr läuft
wieder, und alle Berliner erreichen ihren Arbeitsplatz
-- Post, Bahn, Presse,
und die "Gute Laune" Theater, Konzerte laufen bis fast
zum Kriegsende und passen sich den Bombenzeiten an,
versetzen ihre Spielzeiten entsprechend (S.448).
1943-1944
Hitler und führende
Industrielle haben regelmässige Kontakte
(S.243)
1943/1944
Ernährung im
3.Reich
-- immer noch 1981
Kalorien pro Tag (34,9 Prozent weniger als im Frieden)
-- Faktoren, die Hunger
verursachen:
oo Mehr-
und Nachtarbeit
oo Strapazen
durch Luftangriffe (weniger Schlaf)
oo Folge:
Der Nahrungsbedarf wird höher als im Frieden, bleibt
ungedeckt, wird überstanden (S.435).
ab 1943
Die
Judendeportationen sind nicht mehr im öffentlichen
Bewusstsein
(S.385)
Einsetzen von
Jugendlichen bei der Flugabwehr Flak
-- Jugendliche 15- bis
18-jährig, zum Teil erst 14-jährig, werden als
Luftwaffenhelfer eingesetzt
-- anfangs meist
klassenweiser Einsatz an der Flak und Einsatz in nicht
mehr als 50 km Distanz
-- Schulung zum
Richtkanonier in den Zentren des Bombenkriegs
-- Vormittags Schule,
nachmittags HJ-Dienst, nachts Flak-Einsatz
-- keine Fragen um den
Zweck des Einsatzes, denn für diese Jugendlichen ist der
Krieg die Realität, sie sehen in ihrem Einsatz einen
"Sinn" (S.352)
Beispiel Manfred
Rommel Jg. 1928: Einstellungen als Hitler-Junge:
-- man stellte sich
unter Nationalsozialismus wunderbare Sachen vor
(S.354-355):
-- der Einzelne ist
nichts, die Gemeinschaft ist alles (S.355), analog
"Gemeinnutz geht vor Eigennutz" (S.342)
-- der Einsatz für
Deutschland und für den Führer ist "Ehrensache"
-- die Bekämpfung des
Bolschewismus und die Errichtung eines germanischen
Grossreichs sind Lebensinhalt
-- neue Menschen zu
kreieren, die sich nicht wegen des Geldes, sondern wegen
der Ehre einsetzen, ist Lebensinhalt
- die Jugend ist sehr
gut manipuliert, auch gegen die jüdische Bevölkerung mit
Ausnahme der Juden, die man kannte (S.355)
- kritische
Lehrpersonen (S.355,348) werden von den Jugendlichen
angegriffen mit dem Argument, die Lehrer hätten die
"neue Zeit" nicht begriffen
- Adolf Hitler ist der
grösste aller lebenden Menschen
- der Einsatz bei der
Flak ist eine Ehre mit dem Gefühl, dass die Jugend für
"voll" genommen werde (S.355).
Folgen
der Zwangsdeportationen: Kaum ziviler Widerstand gegen
die Rote Armee in Osteuropa
(S.459)
Die "Résistance" in
Frankreich
-- gewinnt Schlagkraft
nach der Invasion von "US"- und englischen Truppen in
Italien
-- 45.000
Widerstandskämpfer (S.374).
ab 1943/1944
Substanzverschleiss
in der Bevölkerung im 3.Reich
-- Mangel- oder
Unterernährung: knappe Eiweiss- und Fettzufuhr bei hoher
Kohlehydrat-, Kochsalz- und Flüssigkeitsaufnahme
-- die
seelisch-körperliche Leistungsfähigkeit nimmt ab
-- die Widerstandskraft
nimmt ab (S.436)
1944
Denunzierung von
Karikaturist Ohser wegen politischer Witze: U-Haft,
Selbstmord
Er entzieht sich gemäss
Eitner dem "sicheren Todesurteil" [ob es vollstreckt
worden wäre, bleibe dahingestellt] (S.476).
Rückgang der
Verbrauchsgüter um fast 33 Prozent gegenüber 1939
-- die Zivilbevölkerung
hat an Verbrauchsgütern nur noch etwa 50-60 Prozent des
Vorkriegsstandens
-- dies sind ca. 10
Prozent weniger als im Tiefpunkt der Wirtschaftskrise
1932 (S.474)
These von Franz
Neumann (1900-1965): Hitler zerstört den Staat
vollends
Neumann: Nach der
Beseitigung der "Relikte des rationalen
Verwaltungsstaates" (S.173) wird "sich das Dritte Reich
in eine mehr oder minder organisierte Anarchie"
verwandeln (S.173).
42 NAPOLA (Nationalpolitische
Erziehungsanstalten)
(S.300)
Die Arbeit der HJ
geht stur weiter
Noch 1944 werden
"Musische Wettbewerbe" ausgetragen: Wettbewerbe für
Freihandzeichnen, Malerei, Graphik, Plastik, Weberei,
Lyrik, Epik, Dramatik, Musikkomposition (S.349).
Landwirtschaftserzeugung
im 3.Reich
Getreide: 75 Prozent
des Vorkriegsstandes (S.435).
Ausländische
Arbeiter in der deutschen Landwirtschaft: fast 50
Prozent
Polen, Russen,
Franzosen, Italiener, Ungarn, Slowaken. Ohne sie wäre
die Landwirtschaft schon 1940 zusammengebrochen (S.436).
Arbeitskreis unter
Rudolf Stahl
-- Stahl ist
Vizepräsident der Reichsgruppe Industrie RI
-- Formulierung eines
Programms zum Übergang auf Friedenswirtschaft:
Lohnordnung, Preisordnung, Marktordnung, Währungsfragen
etc. (S.252).
[Stahl phantasiert, die
deutsche Industrie könne nach einer Niederlage selbst
bestimmen, wie das Wirtschaftssystem in Deutschland
aussehen würde].
Widerstand:
Verhaftung von Alfred Delp, Prozess durch Freisler am
VGH
(S.404)
VW
produziert V1-Raketen bei 70 Prozent des Umsatzes
-- die V1-Rakete macht 70
Prozent des Werksumsatzes aus
-- die Belegschaft
besteht aus insgesamt 17.000 Mann, 2/3 davon
Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene, KZ-Häftlinge, die keine
Entschädigung erhalten (S.319)
[Es ist Sklaverei wie
bis 1850 in den Kolonialstaaten "üblich"].
RAD:
Dienstverlängerung auf 1 1/2 Jahre
(S.331)
Hitler betrügt die
deutsche Bevölkerung mit Verdrängung der Wahrheit
-- Hitler weiss, dass
der Krieg verloren ist
-- Hitler weiss, dass
das deutsche Volk 1944 "sichtlich zusammenbricht"
-- Hitler entzieht sich
der Konsequenz und schiebt die Schuld anderen zu: dem
Vernichtungswillen Churchills, Roosevelts und Stalins,
die mit dem Judentum eine Allianz geschlossen hätten
(S.432).
Unverbesserliche:
Zweifel an Hitler verbieten sich die Deutschen selbst
-- z.B. der BdM-Führerin
Renate Finck, 18-jährig:
"Wer einmal zweifelt,
muss selbst weiterdenken. Wohin werde ich geraten, wenn
ich weiterdenke? Da überfällt mich wahnsinnige Angst.
Aber Treue will Opfer, auch das Opfer des eigenen
Denkens, eigener Menschlichkeit, persönlicher Liebe"
aus: Renate Finck:
Mit uns zieht die neue Zeit 1979, S.163-164 (S.535,
542).
1944?
Jagdflieger
Hans-Ulrich Rudel fliegt trotz amputiertem Bein weiter
(S.528)
ab Anfang 1944
Deutsche
Industrielle suchen Verbindung mit dem Ausland
-- Gründung eines
Arbeitskreises für aussenwirtschaftliche Fragen beim
Reichswirtschaftsministerium
-- Zusammenarbeit mit
dem Planungsamt des Rüstungsministeriums und der
Reichsgruppe Industrie und Handel mit ausgezeichneten,
internationalen Verbindungen
-- u.a. ist die
Kriegsschuldenregelung nach dem Kriege das Thema
-- Aufnahme einer
Nachkriegsplanung nach der Hitler-Aera (S.247).
ab Anfang 1944 ca.?
Das
Ersatzheer hat kaum Fronterfahrung
-- Führung des Ersatzheers
unter Generaloberst Friedrich Fromm (1888-1945)
-- Befehlshaber des
Ersatzheers: Heinrich Himmler (S.470)
-- die Vorgesetzten
sind Unteroffiziere, Feldwebel, Stabsfeldwebel mit
Fronterfahrung, "Etappenhengste", die einen "tadellosen"
Job machen, damit sie nicht selber kämpfen müssen
-- die Vorgesetzten
machen oft keinen Unterschied zwischen Schikane und
Drill oder Training: Formalexerzieren, Appelle,
stumpfsinnige Zielübungen, Auswendiglernen unzähliger
Waffenteile
-- die Niederlagen der
Ostfront werden kaum ausgewertet und die neuen Einheiten
des Ersatzheeres ohne Kampftraining in die Hölle der
Ostfront geschickt
-- nur einmal wird
gelernt, schnell und geschickt Schützenlöcher auszuheben
oder der Bau von Unterständen
-- ansonsten wird
"Angriff" geübt, zum Erschrecken der alten Landser im
Ersatzheer
-- die Ersatztruppen
haben kaum Schanzmaterial (S.469): Werkzeuge zum
Verteidigungsbau wie Beile, Pickel, Spaten, Sägen, Holz.
Die Truppenführung handelt höchst fahrlässig, in
Dilettantismus und Kommissbürokratie (S.470).
Januar
- Mai 1944
30.1.1944
Hitler bejubelt
immer noch die "Volksgemeinschaft"
"An der Spitze aller
Taten der nationalsozialistischen Revolution" stehe
"ohne Zweifel der Aufbau der deutschen
Volksgemeinschaft." (S.335)
Februar 1944-Juni 1944
monatlich 5539
Luftkriegstote und 9445 Wohngebäude zerstört (S.443).
25.3.1944
Gleichstellung
aller Kriegsgefangener
(S.450).
8.4.1944
RAD: Verpflichtung
der "Arbeitsmaiden" zur Luftverteidigung auf 1 1/2
Jahre
-- zuerst Innendienst
-- dann Flakhelferin an
Flak und Nachtscheinwerfer
-- dann Ausbildung an
den Geschützen und Zielgeräten selbst (S.331).
20.4.1944
Der SD berichtet
über das Erschlaffen des Wunderglaubens in der
Bevölkerung
-- die Bevölkerung sei
der enttäuschten Hoffnung überdrüssig
-- die Bevölkerung
glaube nicht mehr "an ein erlösendes Wunder"
-- die Bevölkerung hat
den Krieg "bis obenhin satt" und ein baldiges Ende sei
erwünscht (488)
-- die NS-Führung sieht
die SD-Berichterstattung sehr kritisch bis defätistisch
(S.489).
Mai 1944
Die Zahl der
Vermissten übersteigt die Zahl der Gefallenen
(S.461)
Mai/Juni 1944
Industrieller
Widerstand für das Hitler-Attentat
Einige hohe Industrielle
unterstützen die Verschwörung des 20. Juli 1944, z.B.: Eduard
Schulte, Generaldirektor des Giesche-Konzerns in
Breslau (S.248).
Juni
1944
35.000
Behelfswohnungen sind fertig, 23.000 im Bau
(230)
1.6.1944-8.5.1945
Dritte
Phase des Luftkriegs: gegen Infrastruktur
-- Angriffe auf das ganze
Reichsgebiet, Verkehrsnetz und Treibstoffwerke (S.443)
-- Feindflugzeuge
beschiessen zunehmend Zivilisten gezielt mit Bordwaffen
(S.445-446). Folge: Ab jetzt werden abgeschossene
feindliche Piloten gelyncht (S.446).
6.6.1944
Alliierte
Landung in der Normandie
(S.489)
[Das Warten auf das
Attentat
-- die gelandeten
alliierten Armeen warten auf das Attentat, das vom
deutschen Widerstand angekündigt ist
-- wenn Hitler ermordet
worden ist, wollen die west-alliierten Armeen
widerstandslos bis Berlin fahren, während die Ostfront
gegen die Rote Armee weiter die Ostfront hält
-- so könnte
Deutschland etwa so gross bleiben wie bis 1938
-- die west-alliierten
Armeen nutzen die verwirrte Lage in Frankreich nicht, um
bereits jetzt vorzustossen].
12.6.1944-27.3.1945
Beschuss
Londons mit V1-Raketen
bringt aber keine
Kriegswende (S.491)
25.6.1944
Kritik zum Hoffen
auf einen Endsieg durch die V1-Rakete in Das Reich
Hans Schwarz van
Berk gibt zu bedenken, dass "sehr selten ... ein
Krieg durch eine einzige neue Waffe im Augenblick
entschieden" worden ist (S.491).
26.6.1944
Ostfront: Einbruch
der Front zwischen den Pripjetsümpfen und dem Fluss
Düna auf Länge von 350 km
Das Ostheer ist
eingekesselt (S.247).
ab Sommer 1944
Bildung
einer neuen Unterwelt in deutschen Grossstädten
-- Kriminelle, Deserteure,
politisch Verfolgte, entwichene Häftlinge, entwichene
Fremdarbeiter, umherirrende Kriegsgefangene, Hehler,
Schwarzhändler, Polizeispitzel, Abenteurer
-- der Zulauf schwillt
an, je näher die Front anrückt (S.494).
26.6.1944
Hitler-Rede vor
etwa 100 Rüstungsindustriellen: kaum Beifall
-- Rede im Hotel
"Platterhof" auf dem Obersalzberg
-- kühle Resonanz der
Industriellen
-- das Ostheer ist bei
den Pripjetsümpfen eingekesselt, das Westheer ist am
Zurückweichen
-- am Ende der Rede
erfolgt 1/2 Minute Pflichtbeifall (S.247).
Juni-September 1944
Die Zahl der
Vermissten übersteigt die Zahl der Gefallenen um das
Sechsfache
(S.461)
Juli
1944
ab Mitte 1944 ca.
Die
Korruption in der Wehrmacht nimmt zu
-- Zorn der Frontsoldaten
auf die Zahlmeister und Intendanten, beide im
Offiziersrang, aber mit schlechtem Ansehen (S.467)
-- die Vorgesetzten der
Soldaten schlemmen, während die Soldaten kaum den Hunger
stillen können
-- v.a. Luftwaffe,
Kriegsmarine und Waffen-SS sind besser versorgt als der
hart kämpfende Infanterist
-- Zahlmeister erfinden
durch Schiebereien "Fehlbestände" an Soldaten, als
Vorbereitung, um deren Konten zu plündern
-- Zahlmeister warten
auf Fliegerbomben, um die "Fehlbestände" als "durch
Feindeinwirkung vernichtet" angeben zu können, um deren
Konten zu plündern
-- Zahlmeister und
Intendanten plündern viele Depots bis zum Abzug vor den
Alliierten
-- Zahlmeister und
Intendanten zerstören Vorräte, damit sie den Alliierten
nicht in die Hände fallen
-- die Ausgabe von
Vorräten an die deutschen Soldaten wird auch bei
Bevorstehen der alliierten Invasion noch verweigert,
weil keine "vorschriftsmässige Ausgabebescheinigung"
vorliegt, dann werden die Vorräte im letzten Moment
verbrannt, z.B. in Klein Machnow bei Berlin am
22.5.1945 (S.468).
Korruption und
Begünstigung in der Wehrmacht - Opportunisten der
Wehrmacht
-- vermehrte
Wehrmacht-Einzelreisende
-- Urlauber von der
Wehrmacht
-- Kommandierte an
sicherere Orte
-- Versetzte mit
Marschbefehl an sicherere Orte
-- Leute mit
Sonderausweisen
-- Leute mit
Wehrmacht-Fahrscheinen
-- Marschverpflegung
besorgen ist nicht schwer
-- Reisen durch halb
Europa sind so möglich, wenn man das System durchblickt
(468).
Folgen:
-- gefüllte Züge, die
sowieso nur noch nachts fahren oder bei Fliegeralarm
stehen müssen
-- kaum noch Kontrollen
möglich durch die Geheime Feldpolizei, im Volksmund
"Kettenhunde", denn die Kontrollen kommen nicht mehr
durch den Zug
-- gefüllte Bahnhöfe
-- gefüllte
Übernachtungsheime und Verpflegungsstationen
-- mindestens eine
ganze Armee ist immer "auf Achse" und entzieht sich
allen Strafen zum Trotz dem Frontdienst, wie schon 1918
(S.468).
Partisanen der
Alliierten
-- bleiben oft unerkannt
-- werden sogar
unerkannt mitbeköstigt (S.468).
Juli 1944
Westen:
Alliierte gewinnen die Operationsfreiheit (S.489) in
Frankreich (S.490)
Osten: Die Heeresgruppe Mitte wird mit 350.000 Mann
eingekesselt und vernichtet
gemäss Eitner ein
"Super-Stalingrad" (S.490).
Dolchstoss-Legende
der Soldaten
Die Front sei durch
Verzögerungen oder gar Sabotage des Nachschubs verraten
worden (S.490).
Bormann
unterbindet die öffentliche SD-Berichterstattung
Der Führer-Sekretär meint,
der SD sei Sprachrohr des Defätismus. Es gibt keine
SD-Berichte mehr (S.489).
Der Grossteil der
Bevölkerung verkennt die wirkliche Lage des 3.Reichs
-- z.T. immer noch
Wunderglauben und vertrauensvolle Hoffnungen
-- die Bevölkerung
sucht andere Friedenslösungen als den Kampf und flüchtet
sich in Illusionen (S.489).
Die Industriellen
brechen mit der Hitler-Führung
Ost- und Westfront
rücken auf das Reich zu und der Konsens mit dem
NS-Regime zerbricht (S.246).
17.7.1944
Tagebucheintrag von
Thomas Mann in den "USA": Er verteidigt den
Nationalsozialismus
ohne die Verführung zu
erkennen:
"Man soll nicht
vergessen und sich nicht ausreden lassen, dass der
Nationalsozialismus eine enthusiastische,
funkensprühende Revolution, eine deutsche Volksbewegung
mit einer ungeheuren seelischen Investierung von Glauben
und Begeisterung war." (S.156-157)
20.7.1944
Das
Attentat auf Hitler durch Oberst i.G. Claus Graf
Schenk von Stauffenberg schlägt fehl
(412).
[Die
West-Alliierten haben den Poker gegen Stalin verloren
- das absolute Fiasko der West-Alliierten:
-- jetzt müssen sich die
west-alliierten Truppen mühsam bis Berlin vorkämpfen
-- Stalins Rote Armee
wird Berlin vor den west-alliierten Truppen erreichen
-- Deutschland wird
viel kleiner werden als 1938, weil Stalin seine Grenze
nach Westen verschieben wird, wenn die Rote Armee in
Berlin einmarschiert].
Die Beteiligten
Beteiligte sind oft
solche, die das 3.Reich 1933 als "Lichtblick"
befürwortet haben:
-- Carl Friedrich
Goerdeler (1884-19445), 1920-1930 zweiter
Bürgermeister von Königsberg/Ostpreussen (412),
1930-1937 Oberbürgermeister von Leipzig, zugleich
Reichskommissar für Preisüberwachung, vorgesehen 1944
als Reichskanzler nach der Ermordung Hitlers. Sein Ziel:
Aufbau einer neuen Monarchie
-- Wilhelm Canaris
(1887-1945): Leiter des Amtes Ausland / Abwehr im
Oberkommando der Wehrmacht OKW
-- Hans von
Dohnanyi (1902-1945), Reichsgerichtsrat
-- Ulrich von
Hassel (1881-1944): 1932-1938 Botschafter in Rom,
1944 vorgesehen als Reichsaussenminister
-- Helmut James
Graf von Moltke (1907-1945): 1939-1944
Kriegsverwaltungsrat im OKW
-- Johannes Popitz
(1884-1945): 1933-1944 preussischer Finanzminister
-- Erwin von
Witzleben (1881-1944): 1941/1942 Oberbefehlshaber
West in Paris, 1944 nach Hitlers Ermordung vorgesehen
als Oberbefehlshaber der Wehrmacht
-- sie haben alle die
Hoffnung auf erträgliche Friedensbedingungen bei einer
Nicht-NS-Regierung (S.413)
-- SPDler Leber
ist mit dabei, dann hingerichtet (S.111).
Wirkung des
misslungenen Attentats: Solidarität in der Wehrmacht -
Ablenkung für Propaganda
-- das Attentat kettet
die deutschen Soldaten noch mehr an Hitler (428)
-- das NS-Regime ist
vorübergehend gestärkt und die sozialen Ressentiments
gegen die Angehörigen der alten Oberschichten verstärken
sich (S.489)
-- propagandistisches
Ausnutzen der Situation: Man gibt den Attentätern und
den sozialen Schichten dieser Menschen die Schuld an der
Kriegssituation im Sinn wie: "Dem Führer bleibt auch
nichts erspart!"
-- Ablenken vom
Frontgeschehen (S.489)
-- Hitler nutzt
Vergeltungsmassnahmen aus zur Vorbereitung einer
erneuten Sozialrevolution (S.492).
-- die Mehrheit der
Deutschen lehnt eine Ermordung Hitlers im Krieg ab
-- das Attentat und die
Folgen lenken von der West- und Ostfront ab (S.489)
-- die Frontsoldaten
verurteilen das Attentat als Landesverrat angesichts der
wankenden Fronten
-- die Frontsoldaten
werfen den Attentätern vor, sie hätten unter Hitler auch
Karriere gemacht, als es dem Reich noch gut gegangen sei
-- die Frontsoldaten
sind nicht imstande, die Gesamtzusammenhänge zu erkennen
und verteidigen Hitler bis ins Grab (S.490).
[Die Fehlkalkulation der
West-Alliierten
Die Alliierten hatten
mit einem erfolgreichen Attentat gerechnet, um dann ohne
Widerstand nach Berlin zu marschieren. Nun steht ein
schwerer Weg bevor, und die Rote Armee wird als erste
Berlin erreichen; In: Valentin Falin: Zweite Front
1995].
30.7.1944
Goebbels in Das
Reich prophezeit den Endsieg mit furchtbaren
Kriegsmitteln
(S.491)
[Düsenjäger, Raketen,
chemische Kampfgase wie Sarin etc.].
Der Artikel "Ein
Attentat und seine Antwort" in Das Reich
über die Hintergründe
des Attentat, ist gemäss Eitner ohne jede
diskriminierende Polemik (S.490).
August
1944
Hitler nach dem
Attentat
-- Anordnungen: den
Verschwörern blitzschnell den Prozess machen
-- Hitler lässt sich
alle Vernehmungsprotokolle vorlegen
-- Hitler erfährt von
den weitverzweigten Netzen der Widerstandskämpfer
Hitler und die
Konfrontation mit den Motiven der Attentäter
-- Hitler gibt vor, sich
kaum mit den Motiven der Attentäter zu beschäftigen
Hitler lässt alle
Beteiligten als Landesverräter exekutieren, spricht sich
aber nicht über Hochverrat aus (S.431)
-- Besuch Hitlers bei
den verletzten Offizieren am 2.8.1944: Hitler:
"Ich weiss,
Stauffenberg, Goerdeler und Witzleben haben geglaubt,
das deutsche Volk durch meinen Tod zu retten. Aber
bisher hat man nur das eine ermitteln können: Diese
Leute hatten überhaupt keinen festen Plan darüber, was
sie nachher tun wollten." (S.432)
Diese Behauptung
Hitlers stimmt gemäss Eitner nicht, denn Pläne waren
fest vorhanden. Hitlers Aussage ist aber überraschend
milde, weil er vielleicht insgeheim den Verschwörern
ehrenhafte Motive zubilligt, oder: Er will insgeheim
ermordet werden, damit er aus seiner geistig
festgefahrenen Situation befreit wird (S.432).
Tabelle:
7,652 Mio. ausländische Arbeitskräfte im Dritten Reich |
Russen |
2,8
Mio. |
36,8
% |
über 50 % Frauen
von durchschnittlich 20 Jahren |
Polen |
1,7
Mio. |
22,3
% |
über 50 % Frauen
von durchschnittlich 20 Jahren |
Franzosen |
1,3
Mio. |
17,0
% |
über 50 % Frauen
von durchschnittlich 20 Jahren |
Italiener |
590.000 |
7,7 % |
|
Belgier |
250.000 |
3,3 % |
|
Anteil
der Ausländer an der Gesamtbeschäftigung: 26,5
% |
|
|
|
(S.451) |
NS-Geist der
"Volksgemeinschaft" lebt immer noch
-- junge Deutsche haben
immer noch das Gefühl, mit Arbeit für den NS-Staat die
Mission der "Volksgemeinschaft" und klassenlosen
Gesellschaft zu erfüllen
-- junge Deutsche
glauben bis zuletzt, sie hätten diese Mission freiwillig
auf sich genommen (S.493).
-- die grosse Mehrheit
der deutschen Bevölkerung glaubt nicht mehr, dass die
grosse Überlegenheit der Alliierten mit Tapferkeit zu
schlagen ist
-- die NS-Propaganda
propagiert die Nationalidee, Opferbereitschaft,
Gläubigkeit, Gehorsam, Soldatentugenden
-- die NS-Propaganda
bagatellisiert die eigenen Niederlagen und bauscht die
Schwierigkeiten der Alliierten auf
-- die Bevölkerung hält
weiterhin zum Regime, weil die Alliierten weiterhin
Luftangriffe fliegen, bedingugnslose Kapitulation
fordern, einen Morgenthau-Plan für Deutschland
entwickeln [Deutschland als Agrarstaat
entindustrialisieren], und die "USA" mit dem
Bolschewismus koaliert (S.493)
Absinken des
Vertrauens in Hitler
-- wegen brutalen
Luftangriffen auf die Zivilbevölkerung
-- die Invasion im
Westen wird, entgegen allen Ankündigungen, nicht
zurückgeschlagen
-- die Wehrmacht
befindet sich im Westen und im Osten im Rückzug (S.491)
-- "Wunderwaffe V1"
bringt keine Wende (S.491).
ab August 1944
Industrieller
Widerstand drängt auf "Westkonzeption"
d.h. Friede im Westen,
Krieg gegen die Sowjetunion (S.249).
ab August 1944 ca.
Plünderungen
zwischen Abzug der deutschen Polizei und dem Einrücken
der Alliierten
-- an der West- und an der
Ostfront
-- Plünderung von Läden
und Proviantämtern: Lebensmittel Spirituosen, Gebrauchs-
(S.518) güter
-- Faustrecht,
Schlägereien bis zum Todschlag, Plünderer werden
totgetrampelt oder kommen anders ums Leben
-- Plünderung
verlassener Häuser der Wohlhabenden
-- NS-Symbole werden
vernichtet
-- Hitler-Bilder,
NS-Bücher, Belobigungen, Uniformen usw. werden zu
handlichen Bündeln verschnürt, versteckt oder verbrannt
(S.519).
1.8.1944
Weltneuheit:
Postleitzahlen im Postverkehr durch die Deutsche
Reichspost
Die Postleitzahlen sind
eine Weltneuheit der Rationalisierung wegen
Personalmangel (S.491-492).
Eröffnung der
"Grossen Deutschen Kunstausstellung" im Haus der
Deutschen Kunst in München
Das "Haus der Deutschen
Kunst" ist unter Tarnnetzen bisher unbeschädigt
geblieben (S.492).
München-Riem:
Pferderennen um das "Braune Band"
und Ausgabe einer
Sonderbriefmarke dazu (S.492).
Hannover: Eröffnung
eines Freilicht-Filmtheaters ohne Rauchverbot
(S.492).
Himmler fordert das
Ende des "verfluchten Etappengeistes" im Ersatzheer
-- aber der Schlendrian
bleibt
-- kein Training der
Verteidigungstechniken (S.470).
1.-10.8.1944
"US"-Befragung
deutscher Kriegsgefangener
-- 68 Prozent vertrauen
Hitler, 17 Prozent nicht, der Rest bleibt ohne Meinung
-- 52 Prozent glauben
an einen deutschen Endsieg, 11 Prozent nicht, der Rest
bleibt ohne Meinung
-- 66 Prozent glauben
an deutsche, kriegsentscheidende Geheimwaffen, 15
Prozent nicht, der Rest bleibt ohne Meinung (S.492)
-- unter deutschen
Kriegsgefangenen der Westfront lebt der NS-Geist weiter,
v.a. wegen der sozialen und wirtschaftlichen Leistungen,
wegen der Überwindung der Klassengegensätze (S.492).
2.8.1944
Hitler besucht
Attentat-Verletzte im Rastenburger Reserve-Lazarett
-- ohne sichtbare
Schutzmassnahmen
-- Hitler wird von
Patienten, verletzten Soldaten, umringt und es werden
mit ihm Fotos gemacht (S.490)
-- ein Attentat auf
Hitler wäre möglich gewesen, aber die, für die ein
Attentat möglich gewesen wäre, jubeln
demjenigen zu, der Deutschland in den Untergang führt
(S.491).
10.8.1944
Konferenz
von Industriellen und Banken in Strassburg zur
Vorbereitung der deutschen Niederlage [und zur
Vorbereitung des Vierten Reiches]
-- Vertrauliche
Aussprache in Strassburg im "Hôtel de la Maison Rouge"
-- Beteiligte:
Vertreter führender Rüstungskonzerne: Krupp,
Röchling, Messerschmitt, Rheinmetall-Borsig, Thyssen,
BBC, Hermann-Göring-Werke, Vertreter des Rüstungs-
und Wirtschaftsministeriums
[nicht erwähnt:
schweizer Banken]
-- Wortführer: Friedrich
Scheidt, Vorstandsmitglied des Kahla-Konzerns,
Leiter der Amtsgruppe Industrieelle Selbstverwaltung im
Rüstungsministerium Speer (S.249).
-- keine
Protokollführung, nur Bericht eines
"US"-Geheimdienstagenten vom 7.11.1944:
-- Scheidt stellt fest,
dass der Krieg für Deutschland verloren sei
-- Propagierung von
Massnahmen zur Sicherung der Nachkriegsposition und zur
Rettung der Industriesubstanz
-- jeder Industrielle
soll selber Fühlung mit ausländischen Firmen aufnehmen,
separate Verträge abschliessen auf individuelle Art
-- Gründung von
Scheinfirmen im Ausland zwecks Kapitalverlagerung
-- Verstecken von
Forschungs-, Konstruktions- und Produktionsunterlagen
-- Vorbereitungen
treffen für die Aufnahme erheblicher Auslandskredite für
die Nachkriegszeit (S.249)
-- vorbildliche
Zusammenarbeit von Krupp, Leica, Zeiss und HAPAG
mit "US"-Firmen (S.250)
-- Anlage neuer
Bankkonten im neutralen Ausland
-- Aufstockung
bestehender Guthaben im Ausland
-- Ankauf von Betrieben
im Ausland durch einheimische Mittelsmänner
-- Gründung von
Niederlassungen im Ausland für die Nachkriegszeit
-- Zusage des
Rüstungsministeriums, den strafbaren Kapitalexport zu
decken
-- Dezentralisierung
der Banksafes wegen Bombenkrieg in Berlin, läuft seit
Herbst 1943
-- seit Sommer 1944
läuft die Verlagerung der Bankguthaben ins Reichsinnere
und in den Westen Deutschlands
-- angesichts des
möglichen Vordringens der Roten Armee auf Oberschlesien
verlangen die Grossbanken Bürgschaften der
Konzern-Muttergesellschaften für Kredite an deren
schlesische Werke, etwa Bergwerksverwaltung
Oberschlesien GmbH der Reichswerke Hermann
Göring AG in Kattowitz, und fordern die
zunehmende Kontenverlagerung ostdeutscher Unternehmen
auf Bankfilialen im Westen Deutschlands (S.251).
10.8.1944
Ostfront: Die Rote
Armee steht an San und Weichsel
(S.249)
Westfront:
"Amerikanische" Panzerdivisionen sind an der Loire im
Bewegungskrieg
(S.249)
12.8.1944
Bormann befiehlt
eine "Aktion zur rücksichtslosen Ausmerzung aller
Verräter, Defätisten und ähnlicher Handlanger des
Feindes"
Jeder Partei- und
Volksgenosse oder anderen Bürger soll man auf Verdacht
hin "vorläufig festnehmen" (S.492).
13.8.1944
"Das Reich"
bejubelt auf dem Titelblatt die V1-Rakete
Verfasser des Artikels:
Werner Höfer, OT-Kriegsberichterstatter (S.491).
21.8.1944
Gleichstellung der
Ernährung der Russen in Lagern mit den übrigen
Kriegsgefangenen
(S.437)
22.8.1944
"Aktion Gewitter"
gegen Abweichler
-- gegen rund 5000
ehemalige Minister, Bürgermeister, Parlamentarier,
Parteifunktionäre, politische Beamte der Weimarer
Republik (492)
-- Ziel: das
Führungspotential für eine Nachfolgeregierung nach
Hitler "ausschalten" (S.493).
25.8.1944
Paris geht in
alliierte Hand
(S.493)
31.8.1944
Einführen der
60-Stunden-Woche im 3.Reich
ist eine Erleichterung
für die Bevölkerung! (S.474)
September
1944
September 1944 ca.
Inoffizieller
Propagandafilm über das Attentat "Verräter vor dem
Volksgerichtshof"
-- der Film wird nur
Gauleitern in geschlossener Sitzung gezeigt
-- mit
propagandistischer Ausschlachtung des VGH
-- das Regime fürchtet
bei öffentlicher Aufführung unkontrollierbare
Volksreaktionen, v.a. wegen der Tobsuchtsausbrüche des
VGH-Präsidenten Roland Freisler (S.180).
September 1944
Die
Besatzungszonen werden unter Wirtschaftskreisen
bekannt
Folge: Umgruppierung der
Industrien, Verlegungen etc.
[Parallele: Stalin
hatte 1941 vor dem Russlandfeldzug auch Industrien samt
Arbeitern hinter den Ural verlegt; siehe: Encyclopaedia
Judaica: Holocaust, Rescue from].
Der Text bei
Todesanzeigen wird vorgeschrieben
mit Formel "für Führer,
Volk und Reich", um den Rückgang der Erwähnung Hitlers
bei Todesanzeigen zu vertuschen (S.483).
Westfront an der
Reichsgrenze
Ostfront an der
Weichsel
(S.491)
September 1944/Herbst
1944
Der
Volksglaube, dass Leiden einen Sieg bringe
-- die Hitler-Gläubigen
meinen, die "Hammerschläge der Vorsehung" müssten
verkraftet werden, um zum Endsieg zu gelangen
-- die Wehrmacht hat
immer noch den Glauben an ein glimpfliches Ende oder
einen Remis-Frieden
-- das Aufhalten der
alliierten Truppen an den Reichsgrenzen gibt wieder Mut,
ist jedoch keine deutsche Stärke, sondern eine Pause der
Alliierten zur Konzentration der Kräfte (S.494)
-- die NSDAP ist am
Nullpunkt ihres Ansehens, Parteiabzeichen werden nur
noch ungern getragen
-- die NSDAP sieht sich
mit deutscher Kriegsschuld und bestialischen
Mordaktionen im Osten konfrontiert, was mehr und mehr in
der Bevölkerung bekannt wird (S.496).
ab 8.9.1944
London
wird durch V2-Raketen beschossen
Die V2 weckt neue Hoffnungen
bei den Endsieg-Gläubigen, die nicht lange anhalten
(S.496).
11.9.1944
Westalliierte
"amerikanische" Truppen überschreiten erstmals die
Reichsgrenze
-- Zerschlagen des
Westheers (493)
-- das Bild deutscher,
rückkehrender Truppen aus Frankreich: unordentliche
Uniformen, betrunkene Soldaten, betrunkene
Nachrichtenhelferinnen / "Blitzmädel", Lastwagen mit
Mobiliar, Teppichen, Gemälden, Lebensmitteln und
französischen Mädchen (S.494).
23.9.1944
OKW-Befehle
sprechen beim Westheer von "Auflösungserscheinungen in
der Truppe"
(S.493)
25.9.1944
Führer-Erlass über
den Deutschen Volkssturm DVSt
wird vom Beauftragten
Bormann einen ganzen Monat unter dem Tisch gehalten und
nicht bekannt gegeben (S.494)
[wahrscheinlich, um bei
den Alliierten nicht als "schwacher Gegner" dazustehen
bzw. um die Entwicklung abzuwarten].
Oktober
1944
Oktober 1944-April 1945
Ungarn unter
deutscher Besetzung unter Szálasi
-- Pfeilkreuzler-Führer
Ferenc Szálasi (1897-1946)
-- blutiger Terror des
Regimes an der Seite Hitlers (S.280).
ab Oktober 1944
RAD-Mädchen an
Scheinwerfer-Batterien
(S.330); die Flak ist
1944/1945 bis zu 1/3 mit Mädchen besetzt (S.331).
1.10.1944
Zeitung
"Das Reich": Hitler-Eid soll auch nach Hitlers Tod
gültig sein
Reinhard Höhn, Staatsrechtler, behauptet
in einem Artikel in "Das Reich" (S.170), der Eid auf den
Führer sei auch nach dessen Tod noch gültig (S.170-171).
11.10.1944
Ostpreussen wird
von Spitzen der Roten Armee angegriffen
(S.495)
14.-21.10.1944
Schlacht um Aachen
(S.495)
Mitte Oktober 1944
"US"-Befragung bei
deutschen Kriegsgefangenen
-- 42 Prozent vertrauen
Hitler, 43 Prozent nicht, Rest ohne Meinung
-- 28 Prozent glauben
an den Endsieg, 57 Prozent nicht, Rest ohne Meinung
-- 33 Prozent glauben
an Geheimwaffen, 52 Prozent nicht, Rest ohne Meinung
-- der Endsieg ist also
nicht so wichtig, aber im Vertrauen auf den Führer
herrscht Ausgeglichenheit (S.495), und dennoch glauben
mehr als 1/4, dass Hitler das Blatt noch wenden kann
(S.496).
18.10.1944
Deutscher
Volkssturm DVSt
-- Himmler gibt den
Führer-Erlass über den Deutschen Volkssturm DVSt bekannt
-- in Königsberg
(S.494-495)
-- am Jahrestag der
Völkerschlacht bei Leipzig von 1813 (S.495)
-- Aufstellen aller
"waffenfähigen" 4-5 Mio. Männer der Jahrgänge 1884 bis
1938, von 16-60 Jahren, wenn tauglich und bis anhin ohne
kriegswichtige Aufgabe (S.494)
-- der Aufruf zum DVSt
wirkt eher deprimierend als anfeuernd, ist ein Zeichen
der Schwäche
-- die Beteiligten
müssen befürchten, bei Flucht als Partisan erschossen zu
werden (S.495).
21.10.1944
Aachen fällt als
erste deutsche Grossstadt in alliierte Hand
-- ist zu 65 Prozent
zerstört
-- Westalliierte und
Ostalliierte sind noch 550 km von Berlin entfernt
(S.495).
[und die Wehrmacht an
der Westfront betreibt ein absolut destruktives Spiel,
den West-Alliierten weiter Widerstand zu leisten, wenn
nicht ein grosser Teil Deutschlands kommunistisch werden
soll].
25.10.1944
Himmler-Erlass zur
"Bekämpfung jugendlicher Cliquen"
gegen die
nonkonformistische Subkultur, Einrichtung von Jugend-KZs
(S.351).
26.10.1944
Eva Braun verfasst
ihr Testament
(S.495)
November
1944
9.11.1944
Proklamation
Hitlers
-- flösst Labilen und
Leichtgläubigen wieder Vertrauen ein
-- suggeriert
Sicherheit und belebt Hoffnungen (S.496).
-- gleichzeitig geht
das Gerücht um, Hitler leide an starken Depressionen,
sei schwächlich und hinfällig wie ein alter Mann
-- Hitler wird auch
depressiv, wirkt schwächlich (S.496)
-- Hitler spricht aber
immer noch breite Volksschichten an, und so lange er
lebt, ist der Durchhaltewillen noch weit verbreitet
ungebrochen, denn schwerste Opfer müssen doch einen Sieg
ergeben oder zumindest ein Remis
-- NS-Hoheitsträger
argumentieren, das Leid von heute würde in der
Endabrechnung positiv zu Buche schlagen (S.497).
11.11.1944
Der
"Völkische Beobachter" gibt zu, dass real der Krieg
nicht zu gewinnen sei
-- Appell an "eiserne
Standhaftigkeit"
-- das Schicksal sei
"entgegen allen Gesetzen der Vernunft" möglich zu
"bezwingen"
-- so könne "das
scheinbar unausweichliche Schicksal ändern" (S.496).
15.-30.11.1944
"US"-Befragung
deutscher Kriegsgefangener
64 Prozent vertrauen
Hitler, 22 Prozent nicht, Rest ohne Meinung
50 Prozent glauben an
Endsieg, 27 Prozent nicht, Rest ohne Meinung
53 Prozent glauben an
Geheimwaffen, 29 Prozent nicht (S.496).
29.11.1944
Bildung eines
Wehrmachthelferinnenkorps
-- für Frauen ab 18
Jahren
-- auf Basis
freiwilliger Meldungen
-- später durch
Einberufungen (S.497).
Dezember
1944
8.12.1944
Flugblattaufruf von
50 deutschen Generalen aus Russland an Wehrmacht und
Volk zum sofortigen Ende des Krieges und zum Sturz des
NS-Regimes
-- ist beschwörend, aber
psychologisch unglücklich formuliert
-- findet im Ostheer
fast kein Echo, auch weil deutsche Soldaten wissen, was
sie in Russland erwarten würde (S.497).
10.12.1944
Goebbels-Artikel in
Das Reich: "Die Entscheidungsrunde"
-- Erläutern der
düsteren Kriegslage
-- "Wir kämpfen jetzt
mit dem Rücken an der Wand. Das ist selbstverständlich
sehr gefährlich, bietet aber auch eine ganze Reihe von
Vorteilen" (S.498)
[nicht erwähnt: Es
existiert keine Wand, denn Deutschland ist umzingelt].
17.12.1944
Der "Völkische
Beobachter" beschwört die Treue deutscher Soldaten zum
Führer und zum Kampf
Artikel von Herbert
Reinecker, Waffen-SS-Kriegsberichterstatter:
"Der junge Soldat ist
dem Führer treu, weil er sich selber und seinem
Schicksal treu ist. Es ist ihm undenkbar, nachzudenken,
aufzugeben, oder vor Schwierigkeiten zu kapitulieren..."
(S.498)
20.12.1944 ca.
Goebbels-Motto für
Weihnachten: "Ein Fest der starken Herzen"
(S.498)
24.12.1944
Goebbels im
Deutschlandsender: wünscht sich die Toten lebendig -
im Namen der Toten müsse das 3.Reich weiter bestehen
"Über die Gräber
vorwärts! Die Toten sind stärkere Heere als wir auf dem
Lande, als wir auf dem Meere. Sie schreiten uns voran.
Im Lärm der Schlachten des Krieges gingen sie von uns.
Beim Dröhnen der Glocken eines siegreichen Friedens
werden sie zu uns zurückkehren. Mehr als allen Lebenden
sind wir ihnen das Reich schuldig. Das ist die (S.498)
einzige Forderung, die sie uns hinterlassen haben."
(S.499)
Weiterhin:
"Gute Laune" im Dritten Reich
-- Filme und Schlager von Zarah
Leander mit Endgage von
800.000 RM pro Jahr, ab 1943 in Schweden
-- Schlagersängerin Marika
Rökk, Rosita Serrano bis 1943, Strienz
mit Spottliedern auf Churchill und
Verherrlichung der "Soldatenfrau" etc. (S.499).
-- Durchhalte-Schlager
"Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern" aus dem
Film "Paradies der Junggesellen" 1939 von Bruno
Balz/Michael Jary, gesungen von den Schauspielern
Hans Brausewetter, Heinz Rühmann
und Josef Sieber (S.500)
--
Soldatenbrautschlager "Lili Marleen", gesungen
von Liselotte Helene Andersen, wird ab 18.1.1941
täglich um 21:57 Uhr zum Zapfenstreich im Soldatensender
gesendet über alle Fronten hinweg, berühmt, mit
Variationenbildung in allen Sprachen und Musikstilen,
voller Liebe, Trennungsleid, Trost,
mit Trauer und
Todesahnung, wird deswegen im März 1944 von Goebbels
verboten (S.500).
Ende 1944
Ardennenoffensive
bringt den Endsieggläubigen wieder Siegeshoffnungen
Die Wehrmacht operiert
wieder offensiv, was auf viele Deutsche wie eine
Erlösung wirkt (S.497).
[Hitler will den
West-Alliierten zeigen, dass die Wehrmacht noch kämpfen
kann, um bei allfälligen Verhandlungen besser
dazustehen. Nur dank einer 5 Tage anhaltenden Nebeldecke
kann die Wehrmacht so weit vorstossen].
Preussen, Pommern
und Schlesien haben gedämpfte Zuversicht
-- immer noch werden die
traditionellen Treibjagden veranstaltet (S.500)
-- der Glaube an den
Tannen-Mythos von 1914 ist verbreitet (S.500-501) mit
der Hoffnung, die "russische Dampfwalze" werde
aufgehalten und bezwungen
-- das Vertrauen in
Hitler und in die Wehrmacht ist besonders ausgeprägt
(S.501).
[Durch den falschen
Glauben wird die dortige Bevölkerung viel zu spät zur
Flucht angeregt].
31.12.1944, 23:50 Uhr
ca.
Grossdeutscher
Rundfunk lässt von Heinrich George das "Preussische
Bekenntnis" lesen
-- von Carl von
Clausewitz 1812
-- Schlusssatz: "dass
ich mich nur glücklich fühlen würde, einst in dem
herrlichen Kampf um Freiheit und Würde des Vaterlandes
einen glorreichen Untergang zu finden!"
-- dann Deutschlandlied
-- um 0:00 Glocken des
Kölner Dom, dann Chorgesang "Oh Deutschland hoch in
Ehren" (S.501).
-- um 0:05 spricht
Hitler:
oo aus
den Trümmern der Zerstörung werden neue Städte entstehen
oo die
soziale Neugestaltung werde im Sinne eines
"Volksstaates" entstehen
oo "Ein
Volk, das in Front und Heimat so Unermessliches leistet,
so Furchtbares erduldet und erträgt, kann niemals
untergehen. Im Gegenteil: Es wird aus diesem Glutofen
von Prüfungen sich stärker und fester erheben als jemals
zuvor in seiner Geschichte!"
oo viele
Wankelmütige lassen sich wieder zum Führer hin
manipulieren (S.501).
Ende 1944
Hitler beauftragt
Goebbels, die Wehrmacht zu untersuchen: "auszukämmen"
wird nicht mehr wirksam
(S.457).
Berlin hat noch
2,83 Mio. EinwohnerInnen
1939: 4,34 Mio. (S.447).
1944-1945
Hitler zerstört die
ganze deutsche Gesellschaft, die er 1933-1938 selbst
geformt hat
(S.279).
25 Prozent der
Arbeitskräfte im 3.Reich sind gezwungene
AusländerInnen oder Kriegsgefangene
in der Landwirtschaft
fast 50 Prozent (S.451).
Keine
Evakuierungsvorbereitungen in Preussen und
Ostdeutschland
-- Gauleiter und untergebene
Kreis- und Ortsgruppenleiter bereiten keine Evakuierung
vor und stellen die Frontlage falsch dar
-- die Bevölkerung ist
den Gauleitern und Kreis- und Ortsgruppenleitern
ausgeliefert
-- es wird keine Flucht
oder Evakuierung vorbereitet, obwohl die militärischen
Vorgesetzten diese sicher gebilligt
hätten (S.471).
Wehrmacht-Verwaltung
bleibt erhalten und verschlingt Kraft und Geld
-- ca. 3,5 Mio. Menschen
sind in der Wehrmacht-Bürokratie beschäftigt
-- unvorstellbarer
Papierkrieg und Vorschriften (S.468)
-- die
Wehrmacht-Verwaltung wird nicht effizient, weil die
Beteiligten sich alle als "unabkömmlich" geben wollen
und nicht an die Front wollen, dafür ist der "Dienst"
tadellos (S.469).
SS-Intellektuelle
streben nach der Entflechtung des Staates
nach Trennung der
Grosskonzerne von der Bürokratie und der Wirtschaft
(S.205).
RAD-Divisionen
ungenügend ausgerüstet,
aber kampfstark (S.330).
Rund 52.000 Mädchen
in der Wehrmacht
-- Jahrgang 1920-1924
-- statt in den RAD
eingezogen zu werden (S.331).
1944-1945
Wichtige Rolle der
Gauleiter bei der zivilen Landesverteidigung
(S.163). Erst jetzt
wird den Funktionären der NSDAP klar, dass sie von
Hitler zu einem Opfer missbraucht werden (S.165).
Aufstellen von
Divisionen aus dem Reichsarbeitsdienst RAD
ungenügend ausgerüstet,
leisten den Alliierten zähen Widerstand, manipuliert
u.a. durch das HJ-Lied
"Ein junges Volk steht
auf", 3. Strophe verherrlicht den Krieg:
"Und welcher Feind auch
kommt mit Macht und List
seid nur ewig treu, ihr
Kameraden!
Der Herrgott, der im
Himmel ist
liebt die Treue und die
jungen Soldaten
Vor uns marschieren mit
sturmzerfetzten Fahnen
die toten Helden der
jungen Nation
und über uns die
Heldenahnen
Deutschland, Vaterland,
wir kommen schon!" (S.330)
Winter 1944/1945
Berlin: 1 Pfund
Kaffee kostet 400 RM, entspricht 20 Liter Benzin für
Fluchtzwecke
(S.440)
1944/1945
Ernährung im
3.Reich
-- weniger als 1800
Kalorien/Tag, ist unter dem Existenzminimum
-- Beginn der absoluten
Hungerernährung (S.436).
80 Prozent der
deutschen Grossstädte sind zerstört
(S.443)
ab Ende 1944
Ostfront:
Die Wehrmacht ermöglicht die Flucht der Ostdeutschen
aus Ostdeutschland
-- verzweifeltes Aushalten
gegen die Rote Armee ermöglichst die Massenflucht der
deutschen Ostbevölkerung über die Weichsel, Ostsee und
Oder
-- z.T. hoch angesehene
"Tapferkeitstaten" nicht im Sinn der NS-Treue, sondern
aus dem Zwang der Lage (S.462), ist manchmal ein
"Ausreissen nach vorn", um die Gefahr zu unterlaufen
(S.463).
1945
Widerstand:
Hinrichtung von Alfred Delp
katholischer Theologe
(S.404).
Ordensburgen werden
besetzt
-- Vogelsang:
"amerikanisch" kampflos besetzt
-- Crössingsee: ab März
1945 unter polnischer Verwaltung, Nutzung unbekannt
(S.200).
Ostfront:
Psychische Entwicklungen fordern die Soldaten aufs
Äusserste
-- HJ-Soldaten werden an
die Front geschickt im Glauben, nur sie könnten noch die
Wende herbeiführen, sie sind ahnungslos
-- die HJ-Soldaten sind
gedrillt und werden bei Ausfall der Offiziere
unberechenbar gefährlich dank Fanatismus,
Selbstvertrauen, Eigenwillen und Einfallsreichtum
-- wenn erfahrene
Landser aufgeben, springen fanatische HJ-Soldaten ein,
mit hoher Verlustrate (S.463).
-- der deutsche Soldat
ist belogen, betrogen, verraten und verleugnet, auf sich
selbst gestellt, alle Werte zerfallen, Pflicht und Ehre
gelten nicht mehr (S.463), nur noch Kampf aus der Angst
heraus gegen das Verrecken im Erdloch (S.464)
-- aufkommende Frage
nach dem Sinn des Lebens, Freiheit und Gewissen sind bei
den Soldaten nur Thema des Spottes
-- erst jetzt sinkt die
Moral der Truppe, die meisten finden sich mit dem Tod ab
und entwickeln Feigheit und Panik oder auch Mut und neue
Tapferkeit im "richtigen" Moment (S.464)
Ostfront und
Westfront: Die Wehrmacht verlängert gleichzeitig das
NS-Regime
(S.462)
Verbrennen
der Hakenkreuzfahnen in den Haushalten
Im Zuge der alliierten
Besetzung 1945 wird die Hakenkreuzfahne in Küchenherden
und Stubenhöfen so massenhaft verbrannt, wie sie vorher
überall gehangen hat (S.86).
Deutsche
Flüchtlinge stossen bei deutschen Bauern auf
Kaltblütigkeit
Die Flut von Evakuierten,
Flüchtlingen und Heimatvertriebenen, doppelte Verlierer
des Krieges, stösst bei den deutschen Bauern auf kalte
Herzen. Die Bauern treten den Flüchtenden mit harter
Selbstsucht entgegen, die reichen Bauern schlimmer als
die ärmeren, die betont religiösen noch schlimmer als
die unauffällig frommen. Später wird dieses Verhalten
oft verdrängt (S.291).
Widerstand: Speer
sabotiert die Selbstzerstörungsbefehle Hitlers gegen
die eigene Industrie
(S.253)
Kinderlager in
Ostpreussen, Warthegau, Oberschlesien und Slowakei
werden von der Roten Armee überrannt
(S.349); [Flucht in
Trecks mit vielen toten Kindern]
Enteignungen
deutscher Betriebe in Ostdeutschland
-- Enteignung deutschen
Industrieeigentums in der sowjetischen Zone: IG-Farben,
Siemens, AEG, Flick, Wintershall etc.
-- Entzug erheblichen
Potentials (S.252).
Januar
1945
1.1.1945
Neujahrsansprache
von Hitler: Ankündigung einer neuen
Gesellschaftsordnung
"Ein Volk, das in Front
und Heimat so Unermessliches leistet, so Furchtbares
erduldet und erträgt, kann niemals untergehen. Im
Gegenteil: Es wird aus diesem Glutofen von Prüfungen
sich stärker und fester erheben als jemals zuvor in
seiner Geschichte!" (S.501)
Jagdflieger
Hans-Ulrich Rudel bekommt die höchste
Tapferkeitsauszeichnung
-- fliegt mit
amputiertem Bein weiter gegen die Luftangriffe
-- Auszeichnung:
Goldenes Eichenlaub mit Schwertern und Brillanten zum
Ritterkreuz (S.528).
Januar-März 1945
Flüchtlingstrecks
aus
Ostpreussen und Pommern
-- über vereiste und
verschneite Landstrassen nach Westen
-- Weichsel, Frisches
Haff und andere Flusswege sind zugefroren und befahrbar
-- wer stürzt und den
Weg blockiert, wird beiseite gestossen, v.a. von
zurückflutenden, aufgelösten
Wehrmacht-Nachschubeinheiten, die brutal gegen die
eigenen Landsleute vorgehen
-- französische
Kriegsgefangene fahren die Pferdewagen ihrer
Bauersfrauen
-- dank des
Pferdebestandes kann sich die Bevölkerung zu einem
grossen Teil retten, bei Motorisierung hätte Benzin
gefehlt und es wäre keine Flucht möglich gewesen
-- die Treck-Verluste,
die aufgrund mangelnder Organisation geschehen, gehen
auf Konto der selbstherrlichen Gauleiter und Kreis- und
Ortsgruppenleiter, die die Vorbereitung der Evakuierung
verweigert haben
-- Abstumpfen aller
Empfindungen, Überbeanspruchung, z.T. Elend, Todesfälle
(470).
Flucht über die
Ostsee in Schiffen
-- zusammengedrängte
Flüchtlingsmassen in den Hafenstädten
-- die Kriegsmarine mit
790 und die Handelsmarine mit 175 Schiffen retten ca.
1,6 Mio. Menschen vor der Roten Armee
-- die Evakuierung
erfolgt ungeplant, denn die NS-Führung verweigerte die
Organisation als Defätismus und Feigheit (S.466?).
ab Anfang 1945
Bildung von
zusammengewürfelten Alarmeinheiten
-- zusammengesetzt auf
Urlaubern, Versprengten, Genesenen, Trossangehörigen,
Rekruten, Soldaten mit "niedrigem Tauglichkeitsgrad",
verschiedenste Charaktere, die nicht zusammen passen.
Leute, die ein Gewehr in der Hand hatten, zusammen mit
kaum ausgebildeten, jungen Soldaten, kaum Erfahrung mit
Infanteriewaffen (S.466)
-- kein
Zusammengehörigkeitsgefühl, kaum bekannte Offiziere und
Vorgesetzte, keine Stammrollen, keine Feldpostnummern
-- sehr hohe Verluste
als ein festgefügter Verband
-- bei Verwundung lässt
man den Verwundeten im Stich, weil man ihn nicht kennt
-- es sind z.T.
Soldaten, die bei ihren alten Einheiten als "vermisst"
gelten, und diese schont man nicht, weil sie
militärbürokratisch nicht mehr existieren
-- die Alarmeinheiten
haben kaum "Kampfwert" (S.467).
Offiziere setzen
sich immer mehr ab
und produzieren Panik
bei den Soldaten, die orientierungslos werden und immer
mehr demoralisiert sind (S.467).
ab Januar 1945
Ostdeutschland:
Französische Fremdarbeiter helfen deutschen Frauen,
der Roten Arme zu entkommen
(S.459)
Anfang 1945
Himmler-Befehl,
dass kein KZ-Häftling lebend in alliierte Hände fallen
dürfe
->> stufenweise
Evakuierung der KZs ins Reichsgebiet (S.515)
[bzw. Todesmärsche,
Massenerschiessungen, oder die überlebenden Häftlinge
werden in Bunkerbauten lebendig begraben].
ab Anfang 1945
Alliierte jagen mit
Jagdflugzeugen einzelne Zivilisten
zielen ohne militärische
Notwendigkeit auf zivile Radfahrer, FussgängerInnen,
Bauern, auch Kühe auf der Weide (S.509) [auch auf Kinder
auf dem Schulweg etc.].
ab Januar 1945
NS-Filmindustrie
dreht bis zum letzten Moment
-- in Berlin, Prag,
Wien: UFA, Tobis, Terra, Bavaria, Berlin-Film, Wien-Film
-- unter
Tiefflieger-Beschuss, Tonstörungen
-- Aufnehmen
friedlicher gestriger und bürgerlicher Geschichten ohne
Krieg (S.505)
-- die Filmtitel
strahlen meist eine makabre Munterkeit aus, z.B. die
Gruselkomödie "Spuk im Schloss" (S.506).
1.-14.1.1945
"US"-Befragung an
Kriegsgefangenen
62 Prozent vertrauen
Hitler, 30 Prozent nicht, Rest ohne Meinung
44 Prozent glauben an
Endsieg, 42 Prozent nicht, Rest ohne Meinung
47 Prozent glauben an
Geheimwaffen, 40 Prozent nicht (S.496).
6.1.1945
Aufruf
zum "Volksopfer"
-- Motto: "Helft neue
Divisionen ausrüsten!"
-- Kleidung,
Ausrüstungsgegenstände, Becher, Wolldecken, Schuhe,
Spaten, Regenmäntel etc. (S.501)
-- Bormann ordnet an,
alle Parteiuniformen mit Ausnahme einer
Gebrauchsgarnitur abzugeben
-- viele spenden dem
"Volksopfer" ihre letzte Habe (S.502).
12.1.1945
Grossoffensive
der
10-fach überlegenen Roten Armee an der Weichsel
-- innert dreier Tage ist
das deutsche Ostheer weitgehend zerschlagen,
panikartiger Rückzug, kaum noch Befehlsführung
-- Rückzug von der
Weichsel an die Oder in kleinen oder grösseren
Soldatengruppen bei Eis und Schnee, Mangel an Wasser und
Salz, Hunger und Schlaflosigkeit (S.502), ein Marsch von
600 km (S.503)
15.1.1945 ca.
Himmler-Aufruf
gegen Drückeberger
-- gegen Soldaten, die
sich von der Front entfernen
-- man solle die
"Feiglinge mit dem Scheuerlappen zur Front hauen"
(S.502).
18.1.1945
Marienburg/Westpreussen:
Bockauktion des Schafzüchterverbandes
-- mit 400 Schafböcken
-- die herannahende
Rote Armee wird verdrängt (S.502).
19.1.1945
Die Rote Armee
dringt bei Oppeln in Schlesien ein
(S.502)
25.1.1945
Marienburg /
Westpreussen ist von der Roten Armee eingeschlossen
-- wird belagert und zu
45 Prozent zerstört
-- Besetzung erst am
8.3.1945 (S.502).
26.1.1945
Schloppe / Pommern:
Gauleiter Coburg hält beruhigende Ansprache, eine
Flucht sei unwahrscheinlich
-- Gauleiter Franz
Schwede-Coburg (1888-1960)
-- Rede auf dem
Marktplatz von Schloppe, 30 km südwestlich von
Deutsch Krone
-- Leute, die die
Flucht bereits vorbereitet hätten, sollten ihr
Fluchtgepäck wieder auspacken, da keine Gefahr besteht
-- jede Räumung sei im
übrigen verboten (S.503)
29.1.1945
Schloppe / Pommern:
Angriff der Roten Armee und Massenflucht
Gauleiter Schwede-Coburg
ist in Schloppe nicht mehr zu sehen (S.503).
30.1.1945
Hitler-Ansprache
des Abgesangs
-- 20 Minuten, so kurz
wie sonst nie, monoton, schlechteste Ansprache
-- die Panzer der Roten
Armee stehen an der Oder 60 km vor Berlin
-- Hitler vermittelt
mit der Hoffnung auf eine "Kriegswende" bei
Endsieggläubigen immer noch Zuversicht, auch wenn er
verschweigt, mit welchen neuen Waffen das geschehen soll
und wie die alliierten Luftangriffe eingedämmt werden
sollen (S.503).
Filmaufführung
"Kolberg" in Berlin und in La Rochelle/Frankreich
ist Durchhalteappell mit
dem Vergleich der Belagerung von Kolberg vor der
Invasion Napoleons (S.505).
31.1.1945
Ende
der Verlust-Statistik der Wehrmacht
-- nachweislich Gefallene,
einschliesslich Waffen-SS: 1.809.361
-- nachweislich
gestorbene: 191.338
-- zusammen: 2.000.699
(S.646)
-- Vermisste:
1.902.704, Zahl der Toten unter den Vermissten unbekannt
(S.464)
-- Zahl der in
Kriegsgefangenschaft Verstorbenen bleibt unbekannt
(S.465).
Februar
1945
Schwarzmarkt
-- 1 Liter Benzin = 40
RM = 20 Zigaretten
-- 20 Liter Benzin = 1
Pfund Kaffee = 1 kg Butter (S.441).
ab Februar 1945
Der "Kolberg"-Film
wird im feindfreien Reichsgebiet gezeigt als
Durchhalteappell
(S.505)
ab Anfang Februar 1945
ca.
Zerstörerische
deutsche Truppen auf dem Rückzug
-- SS-Truppen plündern
ganze Dörfer mitten in Deutschland, z.B. SS-Truppen in
Pommern
-- die 9. Armee
beschlagnahmt das Schlossgut von Christoph von Pfuel
in Jahnsfelde. Das Schlossgut wird von der
deutschen Soldateska demoliert und geplündert, auf
Danziger Schränke werden Panzerfäuste abgeschossen etc.
(S.508).
Spaltung
des deutschen Bewusstseins: Befreier und Besetzer
Westfront:
-- Kollaboration der
westdeutschen Bevölkerung mit den Alliierten (S.508),
denn diese sind nun Garanten für ein sicheres Leben, man
ist "davongekommen" (S.509)
-- die Bevölkerung
begrüsst die alliierten Truppen (S.509)
-- Hitler bekommt
deswegen Zornesausbrüche und deutsche Soldaten in
Kriegsgefangenschaft sind irritiert, verblüfft oder
entsetzt (S.509)
-- die Wehrmacht kann
einzelne Orte wieder zurückerobern, die Bevölkerung
reagiert mit unverhohlener Abneigung, denn man will
keine Bombenangriffe oder Jagdbomber gegen Zivilisten
mehr sehen
-- die westdeutsche
Bevölkerung verflucht jeden weiteren Kriegstag, hat z.T.
noch Vorräte, die den deutschen Soldaten aber
vorenthalten werden
-- die westdeutsche
Bevölkerung bereitet den "Amerikanern" volle Tische,
Kuchen und Wein, Schlafstätten etc.
-- besonders aktive
örtliche NS-Funktionäre werden von der Bevölkerung
gelyncht, noch bevor die Alliierten diese ausfindig
machen können (S.509).
Ostfront:
-- der Kampf gilt als
Schicksalskampf der Nation, niemand denkt an Ergebung
(S.509)
-- die Wehrmacht kann
einzelne Orte wieder zurückerobern, die Bevölkerung
jubelt für die Wehrmacht als Befreier vom Kommunismus
(S.508-509)
-- manche Ostdeutsche
ahnen, dass nun "700 Jahre deutsche Geschichte östlich
der Oder in Blut und Schrecken, in Vergewaltigung, Brand
und Mord" enden werden (S.509).
1.2.1945
Die Rote Armee
besetzt das Oder-Ufer - Schock in Berlin
-- noch vor 3 Wochen war
die Rote Armee an der Weichsel 600 km weit weg
-- Oberschlesien ist
kommunistisch besetzt, das letzte Drittel Ostpreussens
steht unter russischem Feuer
-- Berlin wartet auf
seinen "Gnadenstoss" (S.503)
-- die Wehrmacht
besteht nur noch aus "Kampfgruppen", oft demoralisiert,
ohne viel Bewaffnung
-- die deutsche,
militärische Führung ist erschüttert (S.503)
-- die Oderstellung ist
überhaupt nicht ausgebaut, man kann die Stellung kaum 24
Stunden halten (S.504).
[und die "Wunderwaffen"
kommen nicht, weil das Dritte Reich keinen Treibstoff
mehr hat. Die kommen dann erst im Korea-Krieg, als die
"USA" und die "SU" fast dieselben Düsenjäger haben...]
Neue Produkte für
die Flucht aus Berlin auf dem Schwarzmarkt
-- in Berlin entwickelt
sich neu ein bis dahin unbekannter Schwarzer Markt für
Autos, Benzin, Reisepapiere, Wehrmacht-Marschbefehle, im
Tausch gegen Gold, Brillanten, Genussmittel etc. für die
schnelle Flucht aus Berlin
-- falsche Papiere im
"Satz" mit Reisepass, Wehrpass, Arbeitsbuch, Z-Karte für
den Volkssturm kosten 80.000 RM
-- Judensterne kosten
"grössere Beträge", denn diese schützen vor Fronteinzug
(S.504)
ab 1.2.1945 ca.
Hohe Beamte und
Reichsminister wollen nicht mehr nach Berlin
nach Urlaub oder
Dienstreisen (S.504).
1.2.-9.5.1945
Die Zahl der
Gefallenen bleibt unbestimmt
(S.464)
4.2.1945
Letztes Bauinserat
in Das Reich: "Im Krieg sparen - später bauen!"
der Ludwigsburger
Bausparkasse (S.504).
5.2.1945
Bormann an seine
Frau: Die NS-Führung bestehe aus ganz grossen
Optimisten
-- man vertraue dem
Schicksal
-- es sei unmöglich,
dass der Führer das Volk nach dem Aufstieg nun so fallen
lasse:
"Wenn man uns noch
Chancen zubilligen will, muss man ein ganz grosser
Optimist sein! Aber wir sind's. Wir vertrauen unserem
Schicksal. Es ist ja einfach undenkbar, dass das
Schicksal unser Volk und seinen Führer diesen
wunderbaren Weg führte, um uns nun endgültig fallen und
verschwinden zu lassen." (S.504)
8.2.1945
Anglo-"amerikanische"
Westoffensive
-- Rückzug der deutschen
Wehrmacht in zerschlagenen Resten zum rechten Rheinufer
-- die zerschlagenen
Reste sind oft ohne schwere Waffen und Fahrzeuge
-- die Zivilbevölkerung
zeigt zunehmend weisse Fahnen (S.506).
10.2.1945 / 19.2.1945
Die Wochenschau
zeigt Flüchtlingsströme aus dem deutschen Osten
Gleichzeitig wird die
"Wende" beschworen, die es "für Europas Schicksal" zu
erreichen gebe (S.506)
14.2.1945
Himmler-Befehl
gegen
Plünderungen durch deutsche Soldaten
Himmler, nun Befehlshaber
des Ersatzheeres:
"Aus der Bevölkerung
kommen in steigendem Masse Klagen, dass Häuser, die von
ihren Bewohnern verlassen wurden, durch deutsche
Soldaten geplündert wurden ... Wer plündert, ist
unverzüglich zu erschiessen." (S.508)
14.2.1945
Anglo-"amerikanische"
Front erreicht den Rhein bei Emmerich
(S.506)
18.2.1945
Panzertruppenkommandant
Manteuffel erhält höchsten Hitler-Orden
Brillanten zum
Eichenlaub mit Schwertern des Ritterkreuzes, nur an 28
Offiziere vergeben (S.524)
20.2.1945
Der 2000.
Kriegstag: Niederschlesien ist fast gänzlich
kommunistisch besetzt
Beginn der Belagerung
Breslaus, erbitterte Kämpfe bis 6.5.1945 (S.506)
Das NS-Regime setzt
noch ein Sommersemester der Hochschulen an vom
16.4.-15.8.1945 [!] (S.507)
21.2.1945
Die Stimmung im
3.Reich ist mehrheitlich auf dem Nullpunkt - die
Haltung ist z.T. angekratzt
-- Feststellung des
Reichspropagandaministeriums
-- das Bürgertum und
das Bauerntum v.a. in katholischen Gebieten sind in
Lethargie und halten den Krieg für verloren
-- die Arbeiterschaft
ist pflichtbewusst und gegenüber kommunistischen
"Zersetzungsversuchen" immun, hält zum Führer und
fordert scharfes Durchgreifen
-- wartende Soldaten an
Bahnhöfen haben es nicht eilig, zur Truppe zu kommen
(S.?)
23.2.1945
Westfront: Beginn
der Kämpfe um Jülich vor Köln und Region Saarbrücken
(S.507)
24.2.1945
Hitlers
Proklamation zum 25. Jahrestag der Verkündung des
Parteiprogramms
-- ist Hitlers letzte
öffentliche Verlautbarung (S.507), nicht mehr von Hitler
gesprochen, sondern vom Parteigenossen Nr. 2, Hermann
Esser in München
-- Hitler attackiert
das "unnatürliche Bündnis zwischen ausbeuterischem
Kapitalismus und menschenvernichtendem Bolschewismus"
-- Hitler prophezeit
die "geschichtliche Wende [...] noch in diesem Jahr"
-- Hitler lobt die
Bevölkerung: "Was die Heimat erduldet, ist entsetzlich,
was die Front zu leisten hat, übermenschlich"
-- kaum noch Wirkung
auf die Bevölkerung
-- gleichzeitig heftige
Strassenkämpfe in Jülich und Region Saarbrücken (S.507)
27.2.1945
Das 3.Reich besteht
noch aus dem Gebiet zwischen Rhein und Oder
(S.508)
[mit haufenweise
unterirdischen Rüstungsindustrien für Düsenjäger und
Raketen, aber es steht kaum noch Treibstoff zur
Verfügung, die Düsenjäger und Raketen einzusetzen].
ab Februar 1945 ca.
Widersprüche bei
deutschen Soldaten
-- die deutschen
Soldaten stehen im Widerstreit zwischen Befehl und
Gehorsam, Pflichterfüllung und Selbsterhaltung
-- Orden und
Beförderungen reichen nicht mehr aus, um die Kampfmoral
zu erhalten
-- das NS-Regime lässt
gegen zögernde deutsche Soldaten Standgerichte,
drakonische Strafen und Terror auffahren mit Erhängen
-- Hitler: Für "feige"
und "verräterische" Soldaten ist die Kugel zu schade
-- die Wirkung der
Massnahmen hat nur eine aufschiebende Wirkung (S.512).
Deutsches
Kamikaze: Einsatz des 1-Mann-U-Boot "Biber"
-- die Mini-U-Boote sind mit
je zwei Torpedos bestückt, mit Auto-Benzinmotor und
Elektromaschine
-- beschränkter
Aktionsradius: "Biber" kommt in die Nähe des Feindes,
aber nicht mehr zurück
-- opferbereite
Freiwillige melden sich für den "Biber"-Einsatz
massenhaft, auch Frauen: in der Hoffnung, durch das
Selbstopfer das untergehende Deutschland zu retten
(S.512) [durch Ertrinken oder Ersticken].
März
1945
Berlin: Für viel
Geld ist luxuriöses Essen im Restaurant weiterhin
möglich
mit Wild, Muscheln, Wein
(S.512).
Die NS-Propaganda
hat keinen Boden mehr
(S.510); Goebbels
bekommt laufend Briefe mit Kritik an der Kriegsführung
und mit Kritik am Führer (S.510).
Danzig:
Flüchtlingsstrom in den Häfen von Danzig und
Gotenhafen
-- den deutschen Truppen
in Danzig fehlen immer mehr schwere Waffen und Munition.
Die Luftangriffe und Artillerieangriffe der Roten Armee
machen Danzig zum Flammenmeer
-- überladene
Flüchtlingsschiffe bei Sturm
-- Gerücht in Danzig,
der einstige Präsident des Danziger Senats, Hermann
Rauschning, habe im schweizer Radio versichert,
Danzig bleibe eine freie Stadt, und viele Danziger hüten
daher ihren alten Danziger Pass in der Hoffnung, damit
geschützt zu sein (S.496).
"US"-Befragung an
Kriegsgefangenen
31 Prozent vertrauen
Hitler, 52 Prozent nicht, Rest ohne Meinung
11 Prozent glauben an
Endsieg, 78 Prozent nicht, Rest ohne Meinung
14 Prozent glauben an
Geheimwaffen, 77 Prozent nicht (496).
Film "Spuk im
Schloss" - die Filmzensur gibt auf
-- der Film verhöhnt die
Ahnenforschung
-- der Film ironisiert
mittelständische Traumberufe
-- der Film spielt auf
das Exil an
-- die Zensur lässt den
Film passieren
-- die Zensur hört auf
zu existieren (S.506).
Rammjäger
"Sonderkommando Elbe": Die Luftwaffe plant den Einsatz
der Jäger Me 109-G als "Rammeinsatz" mit "Aufopferung"
-- jeder Pilot, alles
junge Offiziersanwärter, verpflichten sich, notfalls
durch Rammen den Feindbomber zum Absturz zu bringen
-- die Piloten müssen
eine Schweigepflicht unterschreiben (S.518).
Frühjahr 1945/März 1945
ca.
Die NS-Propaganda
wird absolut unglaubwürdig
(S.504-505), denn
-- Ost- und Westfront
sind zusammengebrochen
-- die Kriegswirtschaft
befindet sich im Zusammenbruch (S.505).
-- Witz:
"Nach dem Krieg kaufe
ich mir ein Fahrrad und sehe mir Deutschland an. - Und
was machst du am Nachmittag?" (S.505)
1.3.-7.5.1945
Häftlingsmärsche/Todesmärsche
mit Hungertod, Kältetod, Tod durch Entkräftung
und Ermordung
(S.515)
-- z.B. von Dachau
durch Oberbayern in Richtung Süden mit
"Marschverpflegung": 1 Fünftellaib Brot, 50g Margarine,
1 Dreikantkäse
-- die Märsche finden
unter SS-Führung meist bei Dunkelheit statt aus Angst
vor Tieffliegern
-- für die deutsche
Bevölkerung wird der KZ-Terror nun erstmals lebendig
erkennbar
-- Versuche, den
Häftlingen Brot und Wasser zu geben, werden von der SS
unterbunden
-- Route: Gauting -
Starnberg - Bad Tölz - Tegernsee (516).
5.3.1945
Restreich:
Einberufen von Jahrgang 1928 zur Wehrmacht
Restreich: Ausdehnen
des Volkssturms auf Jahrgang 1929
(S.510)
Einberufen
Jugendlicher in die Wehrmacht: rund 600.000 des
Jahrgangs 1929
-- Aufruf, sich
freiwillig zu melden, ein Grossteil folgt diesem Aufruf
-- Bilden des "dritten
Volkssturms", die Jugend soll mit Gewehren, Handgranaten
und Panzerfäusten gegen russische und "amerikanische"
Panzer kämpfen
-- Aufruf zum
"siegreichen Endkampf (S.352) zur Verteidigung des als
Festung ausgebauten Olympiastadion, Aufruf durch
Sportorganisator Carl Diem (S.353)
-- Hitlerjungen fallen
an der Oder, in Breslau, in Berlin usw. getreu dem
Versprechen:
"Führer, dir gehören
wir
wir Kameraden dir!"
(S.353).
6.3.1945
Köln "amerikanisch"
besetzt
(S.510)
7.3.1945
Die Wehrmacht
erobert Eisenbahnknotenpunkt Lauban zurück
-- dies ist der letzte
erfolgreiche operative Panzerangriff der Ostfront
- die NS-Propaganda
bauscht den Erfolg planmässig auf (S.511)
8.3.1945
Die Rote Armee
besetzt Marienburg
(S.502)
10.3.1945
Ostpommern
kommunistisch besetzt ausser Kolberg
-- Flüchtlingsstrom über
die Ostsee
-- Kolberg bindet
kommunistische Truppen und erleichtert den Abzug der
Flüchtlinge (S.511).
11.3.1945
Heldengedenktag in
bedrückender Stimmung
z.B. verweigern die dazu
angetretenen Einheiten und Zuschauer in
Marktschellenberg bei Berchtesgaden den Ruf "Sieg Heil"
(S.511-512)
Hitler-Besuch bei
der 9. Armee in Neu-Hardenberg an der Oderfront
-- Hitler wird von
Flüchtlingen und abgekämpften Frontsoldaten erkannt und
umdrängt
-- die Oderfront hofft,
so lange durchhalten zu können, bis die Westalliierten
im Rücken erscheinen und den Krieg beenden (S.510).
Goebbels-Rede in
Görlitz mit letzter Suggestion und Rhetorik
-- dies ist die letzte
öffentliche rhetorische Rede von Goebbels
-- ist gemäss Hilmar
Hoffmann eine "rhetorische Orgie"
-- die Rede wird später
in Rhetorik-Seminaren als exemplarisch für verbale,
mimische, gestische Suggestivwirkung analysiert
(S.511).
13.3.1945
Himmler-Weisung an
das Ersatzheer gegen den "sonntäglichen Dienstbetrieb"
(S.470)
16.3.1945
Die Wochenschau
zeigt Kriegsmüdigkeit und Goebbels
-- abgezehrte Gesichter
der Rüstungsarbeiter
-- kampfesmüde Soldaten
-- Goebbels-Rede gilt
als "Hoffnungsschimmer" und wirkt auf die restlichen
Endsieggläubigen (511).
18.3.1945
Kolberg fällt in
kommunistische Hand
(S.511)
19.3.1945
Ostfrontbeispiel:
Die 4. Armee ist auf der Flucht über die Ostsee:
"deutsches Dünkirchen" bei Balga
-- auf der Halbinsel Balga/Ostpreussen
zählt die 4. Armee ihre Divisionen nur noch nach der
Anzahl Gewehre
-- keine Zählung mehr
nach Regimentern, Bataillonen und Kompanien
-- wegen Mangel an
Maschinengewehren oder Gewehren kann nur noch auf nahe
Entfernung geschossen werden
-- Flucht und Desertion
häufen sich, Soldaten ergeben sich gruppenweise, die
Masse hält aus (S.465)
[nicht erwähnt:
wahrscheinlich kein Erschiessen der Fahnenflüchtigen
durch die eigenen Leute wegen Munitionsmangel].
-- Sicherungsfront für
die Einschiffung zur Flucht übers Meer
-- Verlustrate 91
Prozent: 9 von 300 Mann der 24. Panzerdivision überleben
-- es sind mehr
Offiziere als Mannschaften im Schützengraben
-- schlechte
Befehlsgebung und Disziplinlosigkeit (S.465)
-- Tote werden nach
Hinten gebracht und der Moment des Gedenkens zur Pause
genutzt, ohne grosse innere Bewegung (S.465-466)
-- Stapeln der "toten
Kameraden" wie Kartoffelsäcke, keine Beerdigungen, denn
die Erde ist zu hart und keine Zeit vorhanden
-- der zähe Widerstand
der 4. Armee ermöglicht die Flucht von 100.000en
Ostpreussen in Richtung Oder (S.466)
-- der Strand zwischen
Rosenberg und Balga wird zu einem "deutschen
Dünkirchen", die Soldaten schwimmen auf Benzinkanistern
und improvisierten Flössen (S.465)
-- Rückgang des
Bestandes von 13.3.1945 150.000 Mann auf 60.000 Mann und
70.000 Verwundete (S.466)
20.3.1945
Hitler schreitet
eine Einheit HJ-Jungen der Oderfront ab, der jüngste
ist 12 Jahre alt
(S.514)
24.3.1945
Die West-Alliierten
erkämpfen den Rheinübergang unter Montgomery (S.512),
breiter Vormarsch an der Westfront
(S.513)
-- Zusammenbruch des
Westheeres der Wehrmacht, kein Nachschub, kaum noch
Treibstoff, grosse Teile flüchten waffenlos ins zentrale
Deutschland (S.513)
-- Bauernschaft hat
z.T. immer noch den Glauben, der Führer habe "noch etwas
in Reserve", interpretieren die gegnerische Besetzung
als eine von Hitler gestellte "Falle" (S.513).
-- Goebbels notiert,
der Endsiegglaube sei in den meisten Teilen des Volkes
"endgültig dahin", und auch der Führer stehe nun mehr
und mehr in der Kritik
-- Gerücht in
Ostpreussen und in Bayern, Hitler halte noch ein mildes
Gas in Reserve, um sein Volk durch einen sanften Tod aus
allem Elend zu erlösen (S.513)
27.3.1945
Letzte Wochenschau
des NS-Regimes, es ist das letzte Filmdokument von
Hitler
(S.514)
28.3.1945
Goebbels bemerkt,
dass wenigstens in Berlin eine organisierte
Verteidigung existiert
-- Tagebucheintrag
-- Goebbels will "dem
Feind" eine "Schlacht liefern, wie sie einzig in der
Geschichte des Krieges dastehen soll." (S.514-151)
Gleichzeitig stehen
die Alliierten in Limburg, Giessen, Marburg,
Frankfurt, Mannheim etc.
(S.515)
Appell von Axmann
an die HJ: "Es gibt nur Sieg oder Untergang"
-- Appell von
Reichsjugendführer Arthur Axmann
-- Appell:
"Es gibt nur Sieg oder
Untergang. Seid grenzenlos in der Liebe zu eurem Volk
und ebenso grenzenlos im Hass gegen den Feind. Eure
Pflicht ist es, zu wachen, wenn andere [gemeint:
Wehrmacht, NSDAP, HJE] müde werden; zu stehen, wenn
andere weichen. Eure grosse Ehre sei aber eure
unerschütterliche Treue zu Adolf Hitler!" (S.353)
Ostfront:
Übersetzen der Trümmer der 4. Armee über die Ostsee
anfangs 350.000 Mann,
hat noch 60.000 Kampffähige und 70.000 Verwundete
(S.466)
[aber praktisch keine
Waffen mehr].
28./29.3.1945 / Ende
März
Erbitterte
Strassenkämpfe in Danzig
Die Zivilbevölkerung
ermuntert die erschöpften deutschen Soldaten, sich zu
ergeben (S.514).
Ende März 1945
Ganz
Westdeutschland hofft auf ein baldiges Ende des
Krieges
(S.513)
30.3.1945
Danzig
kommunistisch besetzt, zu ca. 50 Prozent zerstört,
Altstadt zu 90 Prozent zerstört
(S.514)
31.3.1945
Ganz Oberschlesien
ist kommunistisch besetzt
(S.508)
Durchhalteparolen
von Werner Naumann: Jeder Wald, jeder Platz, jede
Hecke eine Festung
-- Staatssekretär im
Propagandaministerium, Werner Naumann
-- Rede in München von
Naumann:
"Jede Hecke, jeder
Wald, jeder Platz haben eine Festung zu sein! ... Wenn
der Führer am 24. Februar sagte, dass wir in diesem
Jahr die historische Wende erzwingen, dann ist das für
uns eine Realität. Worauf sie sich bezieht, wissen wir
nicht. Der Führer weisse es." (S.515)
Westfront: deutsche
Kriegsgefangene
-- das Ruhrgebiet ist
von Westalliierten eingeschlossen, "Ruhrkessel" mit rund
300.000 deutschen Soldaten
-- massenweises Ergeben
in westliche Kriegsgefangenschaft
-- der SD macht bittere
Bemerkungen auf die "Sendung" des Führers (S.515).
April
1945
Anfang April 1945
2000 gefallene
Hitlerjungen auf dem Reichssportfeld des
Olympiastadion
Carl Diem,
Sportorganisator, wird als Sportwissenschaftler mit
einer Büste am Maratontor geehrt (353).
ab April 1945
Viele Deutsche
empfinden sich als Hauptopfer Hitlers
- schweigende
Verbitterung (515).
April 1945
Hitler ist für die
Bevölkerung psychologisch tot
-- bleibt aber
weitgehend von Hassgefühlen verschont
-- auch ostdeutsche
Flüchtlinge hassen Hitler nicht und erkennen nicht, dass
Hitler der Auslöser für den Krieg und die Wahnsinnstaten
ihrer Opfer ist
-- aber die Bevölkerung
merkt: Kein Opfer kann das Reich mehr retten (S.516)
-- die Hoheitsträger
der NSDAP setzen sich immer mehr aus Berlin ab und
schliessen sich damit selbst aus der "Volksgemeinschaft"
aus (S.518).
Anfang April-Mai 1945
Unverbesserliche:
Widerstand gegen die Niederlage
-- Unbelehrbare handeln
weiter nach den Strukturen des NS-Staates
-- Denunziationen von
NS-Kritikern mit Erschiessungen oder Erhängen in der
Wehrmacht und im Volk bis zuletzt (S.520)
-- die
Unverbesserlichen weigern sich "standhaft" zu
akzeptieren, dass Hitlers Versprechen leer geworden
sind: Im Schweigen hüte Hitler das Geheimnis das zur
"Rettung" führe
-- die Hitler-Jungen
und Blitzmädchen oder RAD/BdM-Mädchen wollen sich ihre
Träume von einer besseren Welt nicht nehmen lassen, die
Traumwelt soll erhalten bleiben (S.526).
Unverbesserliche
wollen nichts verloren geben
-- solange Hitler lebt,
ist der Krieg nicht verloren
-- solange Hitler lebt,
ist kein Missstand unheilbar
-- solange Hitler lebt,
ist die Idee immer noch stärker als alle menschliche
Unzulänglichkeit
-- so z.B. Oberst Hans-Ulrich
Rudel (S.1916-1982), der trotz Beinamputation
weiter Jagdflieger fliegt und als Idol für die Jugend
dasteht (S.528).
ab 1.4.1945
Wehrwolf-Bewegung
durch
mobile Langwellensender
-- die verbliebenen
Reichssender proklamieren den "Wehrwolf", die "Bewegung
der nationalsozialistischen Freiheitskämpfer in den
besetzten West- und Ostgebieten des Reiches"
-- Losung: "Hass ist
unser Gebet, Rache unser Feldgeschrei!"
-- Kritik an
Ex-Würdenträgern des 3.Reiches
-- kein grosses Echo in
der Bevölkerung
-- HJ- und SS-Fanatiker
führen gemäss Wehrwolf Sabotageakte aus: Überfälle auf
Verpflegungs- und Treibstofflager, Mordanschläge auf
"Kollaborateure" der Militärregierung und alliierte
Offiziere (S.517)
2.4.1945
Bormann-Appell an
die "höchste Stunde der Bewährung"
Appell über die noch
intakten Reichssender:
"Jetzt ist die höchste
Stunde der Bewährung gekommen. Die Gefahr erneuter
Versklavung, vor der unser Volk steht, erfordert unseren
letzten und höchsten Einsatz! ... Ein Hundsfott, wer
seinen vom Feind angegriffenen Gau ohne ausdrücklichen
Befehl des Führers verlässt, wer nicht bis zum letzten
Atemzug kämpft! ... Reisst hoch die Herzen und
überwindet alle Schwächen! Jetzt gilt nur noch die
Parole: Siegen oder fallen!" (S.517)
3.4.1945
Goebbels beklagt
intern die Absatzbewegung der Hoheitsträger der NSDAP
-- das füge der Partei
schwersten Schaden zu
-- im Volk schwinde das
Vertrauen (S.518).
4.4.1945
Westfront:
alliierte Besetzung von Osnabrück, Suhl und teilweise
Würzburg und Karlsruhe
(S.516)
-- "amerikanische"
Besetzung von Fulda, Kassel
-- englische Besetzung
von Münster und in Richtung Elbe
-- kaum noch Widerstand
(S.517)
5.4.1945
Ankündigung
der Hungersnot durch die Gauämter
gleichzeitig: rascher
Anstieg der Krankheitsfälle, der Säuglings- und
Kindersterblichkeit (S.437).
Empfehlung der Gauämter:
"Neuartige Nahrungsmittel" / Ersatznahrungsmittel
- Raps
- Rapskuchen
- Mohnkuchen
- Leinsamen
- Kastanien
- Eicheln
- Zucker- und
Runkelrüben
- Seradella
- Klee
- Luzerne
- Wildpflanzen
- Wildbeeren
- Wurzeln
- Pilze
- Frösche
- Schnecken
- Kiefer- und
Fichtennadel-Jungtriebe als Tee gegen
Skorbut-Erkrankungen (Vitamin-C-Mangelkrankheit bei
Früchte- und Gemüsemangel)
- bei Hungerödemen
(S.439): absolute Bettruhe, kalorien- und eiweissreiche
Ernährung, wenn möglich (S.440).
5.4.1945?
SD-Bericht: Hunger,
sinkender Wunderglaube, Selbstmorde, Schuldfrage
-- es droht Hunger im
3.Reich
-- der letzte
Wunderglaube ist am Verlöschen
-- Selbstmorde aus
echter Verzweiflung nehmen zu (S.519), Selbstmordwelle
v.a. in den Ostprovinzen (S.525) von der Ostsee bis zur
Moldau, v.a. aus Furcht vor der Roten Armee oder
aus düsterer Zukunftserwartung, Mehrfach-Suizide
ganzer Familien und Gruppen (S.526)
-- es stellt sich die
Frage nach der Schuld für die Niederlage (S.519)
-- das Vertrauen war
falsch und es verbreitet sich eine grosse Trauer und
Niedergeschlagenheit, Bitterkeit und Zorn, und Angst vor
der russischen Besetzung (S.520).
7.4.1945
Kamikaze-Rammjäger
"Sonderkommando Elbe": Rammeinsatz der Luftwaffe gegen
1200 4-motorige Bomber mit 700 Begleitjägern
-- 150 Einsätze
-- über 50 Prozent
opfern ihr Leben
-- das war das "letzte
Aufgebot", die Luftwaffe besiegelt damit ihren Untergang
-- Verlegung der Reste
des "Sonderkommando Elbe" nach Klagenfurt (S.518).
8.4. 1945
Goebbels beklagt
"schwache Charaktere"
-- im Leitartikel
"Kämpfer für das Ewige Reich" in Das Reich
-- die Herzen seien
nicht mehr fest und wanken und zittern
-- Goebbels beklagt
eine "Lethargie bei den schlaffen und schwachen
Charakteren" (S.520).
9.4.1945
Englische und
"amerikanische" Besetzung von Göttingen und Würzburg
nur noch punktueller
Widerstand (S.520)
10.4.1945
Englische und
"amerikanische" Besetzung von Essen, Hannover,
Braunschweig
nur noch punktueller
Widerstand (S.520).
11.4.1945
Luftangriff auf
Nürnberg
Ausfall der
Elektrizität, kaum Wasser (S.522).
12.4.1945
Windsheim / Bayern:
Frauendemonstration vor dem Rathaus gegen den
Kampfkommandanten der Wehrmacht
-- der Kommandant soll
die Wehrmacht zum Abzug bewegen
-- eine Demonstrantin
dringt in den Gefechtsstand ein
-- der Kommandant
fordert Jagdbomber an (S.520).
"US"-Truppen
überqueren bei Magdeburg die Elbe, Bilden eines
Brückenkopfs bei Barby
(S.521)
13.4.1945
Wien kommunistisch
besetzt
(S.521)
13.4.1945
Mord in
Windsheim/Bayern: Sippenhaft auf Vermutung
-- ein
Gestapo-Angehöriger der Nürnberger Gestapo lässt sich
angebliche Anführerinnen der Frauen-Demonstration nennen
-- Auffinden einer der
genannten Frauen, wird als "Rädelsführerin" bezeichnet,
wird im Beisein ihres Mannes erschossen, ohne dass sie
ein Wort hat sagen können (S.520)
-- auf ihre Leiche
kommt ein Schild: "Eine Verräterin wurde gerichtet!"
(S.521)
15.4.1945
Abstand Westfront -
Ostfront noch 150 km
(S.521)
NS-Propaganda:
"Das OKW nimmt die
Schlacht zwischen Oder und Elbe an und wird sie
siegreich entscheiden." (S.521)
Soldatenwitz:
Die Panzerfaust ist für
die Ostfront verboten, da ihr Rückstrahl die Westfront
gefährdet (S.521).
Berlin:
Untergangsstimmung und unzählige Orgien
-- Orgien von Soldaten
in Abendstunden in dunklen Bezirken am Zoo,
Wittenbergplatz, Kurfürstendamm
-- Frauen zeigen sich
hemmungslos und jagen jungen Soldaten nach
-- allgemeiner Exodus
der Dienststellen von Partei, Staat und SS aus Berlin
-- in Berlin tauchen
geschätzt 20.000 Deserteure, Versprengte usw. unter
(S.521).
16.4.1945
Russische
Grossoffensive gegen Berlin - deutsches "Kamikaze"
-- Start deutscher
"Kamikaze"-Flieger gegen russische
Unterwasser-Oder-Pontonbrücken
-- "Einsatzstab
Freiheit"
-- Ju 87, Ju 88, Me 109
voller Sprengstoff, vorübergehende Zerstörung von
Oderübergängen (S.521).
17.4.1945
Berlin: Die
Verteidigung bricht zusammen - Nürnberg von
"amerikanischen" Truppen eingeschlossen
(S.522). Schlacht um
Nürnberg
-- mit Erbitterung und
schonungslose Härte
-- mit MG und
Panzerfäusten (S.522)
19.4.1945 Abend
"Amerikanische" und
englische Besetzung von Verden/Aller, Lüneburger
Heide, Halle, Leipzig, Bitterfeld u.a.
Goebbels spricht über
die restlichen Reichssender zum Führergeburtstag
-- Goebbels: Das
Schicksal Deutschlands stehe "auf Messers Schneide"
-- Goebbels proklamiert
die Illusion, dass Führer und Volk immer noch eins
seien, als Sieg
-- Deutschland erwarte
ein neuer glücklicher Anfang mit Hitler als Führer
-- Hitlers Ziel sei
"unsichtbar hinter den Trümmerbergen"
-- wegen Strommangels
bleibt die Goebbels-Rede oft ungehört, wird in den noch
erscheinenden Zeitungen abgedruckt (S.522).
Berliner Hotel
Adlon Unter den Linden 77 serviert weiterhin Kohlrabi
auf Silberplatten
(S.522)
20.4.1945
"Amerikanische"
Besetzung von Nürnberg
(S.522)
ab 20.4.1945 ca.
Russische
Artillerieangriffe auf Berlin
(S.448)
21.4.1945, 17:30 Uhr
Weiterhin: "Gute
Laune": Opernkonzert in Berlin im Schauspielhaus am
Gendarmenmarkt
-- mit Szenen aus
Mozarts "Zauberflöte" und Verdis "Aida"
-- wie wenn es keinen
Krieg geben würde (S.448)
21.4.-2.5.1945
Endkampf
um Berlin
-- mindestens 5000
17-jährige Hitlerjungen sind offiziell im Einsatz
-- z.B. befehligt der
26-jähirge Ex-Napola-Schüler Dieter Kersten ein
Bataillon von 300 HJ-Jugendlichen (S.353)
-- bald sind nur noch
50 HJ-Jugendliche am Leben, die auch nach der
Kapitulation noch gegen die Russen kämpfen und den Tod
in russischer Gefangenschaft vorziehen
-- dies ist ein
schauerlicher Höhepunkt der Indienstnahme des "treuen
Opfermuts"
22.4.1945
Letztes Erscheinen
der Zeitung "Das Reich" in Berlin
Goebbels fordert
"Widerstand um jeden Preis" (S.523).
ab 22.4.1945
Flucht der
Mitarbeiter der Parteikanzlei Berlin in Richtung
Flensburg
Die Kreisleiter in
Mecklenburg und Schleswig-Holstein wollen nicht
wahrhaben, dass es mit dem Nationalsozialismus zu Ende
geht (S.520).
23.4.1945
Flucht
der Parteikanzlei der NSDAP aus Berlin in Richtung
Flensburg
Die Chefs der NSDAP kämpfen
nicht (S.517).
24.4.1945
Rote
Armee in Berliner Vororten
(S.518)
Ansammlung hoher
NS-Führer in der Neuen Reichskanzlei
-- Offiziere, Beamte,
NS-Hoheitsträger, SA-Führer, SS-Führer, suchen Schutz
-- kein Bitten auf
Einsatzbefehl von Hitler
-- Bitten um
Sonderbehandlung
-- lamentieren, saufen,
Fluchtkoffer vorbereitet, z.T. Zivilanzüge mit roten
Schlipsen (518).
26.4.1945
Goebbels wird
schizophren mit seinen Aufrufen an die Berliner im
Radio
"Die Stunde vor
Sonnenaufgang ist die dunkelste Stunde. Um so
strahlender und prächtiger wird dann unser Siegesadler
in den neuen Tag, in die Sonne stürmen!" (S.523)
Dann werden das
Deutschlandlied und das Horst-Wessel-Lied abgespielt
(S.523).
dann:
Russisches Radio
übernimmt die deutschen Radiofrequenzen
mit Lagemeldungen über
die besetzten Orte und Quartiere (S.523).
Hitler-Orden an
Reichsjugendführer Arthur Axmann: Deutsches Kreuz in
Gold
Worte Hitlers:
"Ohne Ihre Jugend wäre
es weder hier in Berlin noch in ganz Deutschland
möglich, den Kampf überhaupt fortzusetzen!" (S.523)
Goebbels verflucht
die "verräterische Westmark" [das Rheinland]
(S.509-510):
-- diese Bevölkerung
sei es nicht wert, "dass man sie einen Teil Deutschlands
heisse"
-- Goebbels, selbst
Rheinländer, ist in Berlin eingeschlossen (S.510).
München bereitet
die Verteidigung vor - Boykotte von Befehlen
-- Vorbereitung der
Verteidigung unter Gauleiter Paul Giesler
(S.523-524)
-- gleichzeitig will
der kommandierende General des Wehrkreises VII eine
Schlacht um München vermeiden und leitet zurückgehende
Wehrmacht-Einheiten um München herum
-- Gieslers
Befehl zur Vorbereitung von Brückensprengungen wird
nicht ausgeführt: Der Kommandeur des
Pionier-Ersatzbataillons 7 schickt die Masse seines
Bataillons "nach Hause" und lässt die 50.000 kg
Sprengstoff vergraben (S.524).
26.4.1945, 9:35 Uhr
Vorpommern: Befehl
zur Erschiessung von Fahnenflüchtigen
-- vom Oberbefehlshaber
der 3. Panzerarmee in Vorpommern, General der
Panzertruppen, Hasso von Manteuffel (1897-1978)
-- Befehl:
"Ich habe Veranlassung,
nochmals mit schärfstem Nachdruck auf Befehle über
Einschreiten gegen die z.Zt. in besonders hoher Zahl
auftretenden Versprengten und Drückeberger hinzuweisen
... sollten kämpfende Teile bei Feindfeuer oder gar
Feindangriff kampflos ihre Stellungen verlassen, so
haben alle rückwärtig eingesetzten schweren Waffen, Flak
und Artillerie in direktem Beschuss in diese Haufen zu
schiessen." (S.524)
27.4.1945, 22:20 Uhr
Ostfront:
Massenflucht der deutschen Wehrmacht von der Oder
-- Bericht von
Panzertruppenkommandant Manteuffel:
"Die Hälfte der
Divisionen der 3. Panzerarmee und gesamte Flak haben
Kampf eingestellt. 100ß000 Mann flüchten in Richtung
Westen! Ich habe so etwas nicht mal 1918 gesehen ... Der
Krieg ist verloren, die Soldaten haben gesprochen ...
Was der Soldat konnte, hat er getan ..." (S.524)
-- Manteuffel ist für
"schnelles Absetzen" nach Westen, um auf der westlichen
Seite der Elbe in anglo-amerikanische
Kriegsgefangenschaft zu gehen (S.524).
27./28.4.1945
Letzte Atemzüge der
Wehrmacht in Berlin
-- deutsche Kampftruppen
haben keine Verbindung untereinander
-- körperliche
Verfassung ist am Nullpunkt, keine Ablösung, keine
Ruhezeiten, keine regelmässige Verpflegung
-- kein warmes Essen,
kaum Brot
-- keine Aufnahme von
Verwundeten, denn Zivilisten wollen Deutsche nicht in
ihren Kellern haben
-- sich ergebende
deutsche Kindersoldaten erschiessen sich beim Eindringen
der Russen
-- Einheiten der
Berliner Polizei gehen mit weissen Fahnen in
Kriegsgefangenschaft und schiessen auf Soldaten, die sie
daran hindern wollen (S.525)
Zum Teil
bürokratische Vorgänge in der Wehrmacht wie im
Frieden:
-- Beförderungen
-- Wachablösungen im
Stechschritt (S.529).
27.4.1945
Letzte Ausgabe des
"Völkischen Beobachter"
(S.525)
29.4.1945
München:
"US"-Truppen stehen vor München
Waffen-SS-Einheiten
rücken aus München ab
-- das Luftgaukommando
löst sich und sein Standort-Bataillon auf
-- nur wenige Einheiten
verschanzen sich (S.524).
Letzte Ausgabe des
"Panzerbär"
Kampfblatt für die
Verteidiger Gross-Berlins (S.525)
29./30.4.1945
Deutschland ist in
zwei Kampfräume aufgespalten
(S.525)
30.4.-27.5.1945
Rationierung und
Zuteilung für Normalverbraucher
-- 5,8 kg Brot, 300 g
Nährmittel, 1 kg Fleisch, 1/2 kg Zucker, 375 g Fett, 10
kg Kartoffeln
-- keine Marmelade,
keine Eier (S.525).
30.4.1945
Selbstmord
Hitlers
[Gerüchte um eine
heimliche Abreise in U-Booten in Richtung Argentinien
halten sich hartnäckig und können nie widerlegt werden,
weil tatsächlich mehrere U-Boote in den Kriegsbilanzen
fehlen; In: Armin Risi: Der multidimensionale Kosmos,
Band3, 1999].
Übergabe der Stadt
München an die "US"-Truppen
-- Gauleiter,
Oberbürgermeister sind geflüchtet
-- die Reste der um
München stehenden Kampfgruppen sind geflüchtet
-- die München-Ausgabe
des "Völkischen Beobachter" erscheint, wird aber nicht
mehr ausgeliefert (S.529).
Ende April 1945
Reichsjugendführer
Axmann setzt sich nach Hitlers Selbstmord aus dem
Führerbunker ab, wird verhaftet
(S.353)
1.-8.
Mai 1945
Mai 1945
Deutschland liegt
voll Trümmer, Kadaver, Leichen, Ruinen
(S.529)
Unverbesserliche
wollen auch nach Hitlers Tod weiterkämpfen
(S.530).
Sudetenland:
Sudetendeutsche sind die "Treuesten der Getreuen"
und werden dafür gemäss
Bruno Kreisky "furchtbar büssen müssen"
mit Vertreibung durch die tschechische Regierung
und Bevölkerung (S.534).
Die "USA" klauen
6300 Kunstbilder aus Deutschland
werden erst 1986
zurückerstattet, im Armeemuseum Ingolstadt nicht
öffentlich zugänglich. Die Verarbeitung des Krieges ist
1986 immer noch nicht abgeschlossen (S.190).
Berlin: 2/3 der
Industrieanlagen sind noch betriebsfähig [!]
(S.448)
[Die alliierten
Bombenangriffe haben viel "genützt": Die Alliierten
wollen intakte Industrieanlagen erben...]
ab Mai 1945
Vergangenheitsbewältigung
der NS-Zeit ist nur schwer machbar
Das Verhalten richtet
sich ähnlich dem Nietzsche-Wort:
"Das habe ich getan,
sagt mein Gedächtnis. Das kann ich nicht getan haben,
sagt mein Stolz - schliesslich gibt mein Gedächtnis
nach..." (S.527)
-- die deutsche
Bevölkerung steht nach den Zerstörungen vor derart
riesigen Aufgaben, dass ein Nachdenken über die
Vergangenheit kaum erfolgt, ein Reden erst recht nicht
(S.532)
-- die Meinung, der
Nationalsozialismus sei an sich "eine gute Idee" gewesen
und sei nur schlecht verwirklicht worden, kann sich
lange halten (S.532)
1.5.1945
Wehrmachtsbericht
meldet Verteidigung des Berliner Stadtkerns
(S.527)
1.5.1945, 22:03 Uhr
Reichssender
Hamburg meldet, dass Hitler gefallen sei
"Aus dem
Führerhauptquartier wird gemeldet: Unser Führer Adolf
Hitler ist heute Nachmittag (exakt: 30. April 1945,
15.30 Uhr HJE) auf seinem Befehlsstand in der
Reichskanzlei bis zum letzten Atemzug gegen den
Bolschewismus kämpfend, für Deutschland gefallen. Am 30.
April hat der Führer den Grossadmiral Dönitz zu
seinem Nachfolger ernannt." (S.527)
-- nur 4 Reichssender
in deutscher Hand: Böhmen/Prag, Breslau, Graz und
Hamburg
-- sind nur mit Strom
empfangbar
-- die Meldung des
"Heldentods" von Hitler findet kaum Verbreitung (S.527)
-- die Wehrmacht-Reste
reagieren teils gleichgültig, teils bestürzt, einige mit
Schock
-- für viele Offiziere
und Mannschaften ist es wie eine Erlösung (S.527)
-- Schock bei vielen
Hitler-Jungen, Tränen über den Verlust einer
Vater-Figur, z.B. bei Günter Gaus, Jg. 1929 oder Lothar
Loewe, JG. 1929, Meldegänger und Panzerbekämpfer in
Berlin mit einem schockartigen Gefühl der Leere (S.528)
-- neue
Selbstmordwelle, nicht nur bei NS-Aktivisten, angeblich
mehr Frauen als Männer, die eine Welt ohne Hitler nicht
erleben wollen, z.B.: Herr und Frau Goebbels mit ihren
Kindern durch Vergiftung (S.529)
-- die grosse Mehrheit
der Bevölkerung trauert nicht um Hitler, die eigenen
Leiden und die der Angehörigen sind zu gross
-- z.T. Alkoholismus
-- z.T. Selbstfindung
- Wechsel des Grusses
auch von hohen SS-Führern "Guten Tag" statt "Heil
Hitler" (S.531)
2.5.1945
Keine
Befehlsgebundenheit mehr bei den meisten Offizieren
(S.528).
Dachauer
Häftlingsmarsch wird "amerikanisch" befreit
-- ca. 50 Prozent der
Häftlinge ist unterwegs umgekommen
-- Hunderte sterben
später an den folgen (S.516)
Selbstmord von
Bormann, Hitler-Sekretär
nach dem Ausbruch aus
dem Führerbunker in Berlin (S.517)
Tag der Berliner
Kapitulation
Unverbesserliche:
Waffen-SS erschiesst sich gegenseitig
-- auf dem Gelände der
Schultheiss-Brauerei
-- französische und
belgische Angehörige der Waffen-SS (S.530)
Rügen: die
Bevölkerung ist fast antideutsch
-- die Wehrmacht
befürchtet im Kampffalle Sabotage und Verrat
-- die Bevölkerung der
Hafenstadt Sassnitz fühlt sich sehr zur
neutralen Haltung Schwedens zugezogen und würde sich am
liebsten Schweden anschliessen, als deutsch zu bleiben
(S.530)
-- Rügen war 1325-1648
deutsch, 1648-1814 schwedisch, ab 1815 preussisch bei
Pommern (S.530).
2.-7.5.1945
Rammjäger begehen
Sabotage hinter der russischen Front in Ungarn
in Raab,
Steinamanger, Stuhlweissenburg, erreicht durch
Fussmärsche (S.518).
4.5.1945
Kapitulation von
Nordwestdeutschland
(S.530)
5.5.1945
Dönitz lässt die
Wehrwolf-Bewegung verbieten
(S.530)
Eine
Waffen-SS-Gruppe im Bad Segeberger Forst / Holstein
lehnt die Kapitulation für Nordwestdeutschland ab
-- verweigern die
Waffenabgabe
-- Dönitz muss eigene
Fallschirmjäger gegen die Waffen-SS-Gruppe einsetzen
-- die Waffen-SS-Gruppe
macht kollektiven Selbstmord, statt zu kapitulieren
(S.530).
6.5.1945
Breslau
kommunistisch besetzt
(S.506)
Wolframnitz/Olbramovice
in Süd-Mähren: NSDAP-Feiern zum "Heldentod von Adolf
Hitler"
-- die dortige 1.
Panzerarmee unter General Walther K.Nehring hält
die Front
-- nur wenige
Überläufer, kaum noch Munition und Treibstoff
-- die Dorfbevölkerung
beteiligt sich mit "Treue" zum Führer, HJ-Buben und
BdM-Mädel, Kranzniederlegung des Bürgermeisters (S.533)
-- dreifaches "Sieg
Heil" und "Deutscher Gruss", Deutschlandlied und
Horst-Wessel-Lied (S.534).
7./8.5.1945
Ende der
allgemeinen KZ-Evakuierung mit Todesmärschen
mit der versuchten
Räumung des Lagers Reichenau/Sudetenland (S.516).
8.5.1945
Gesamtdeutsche
Kapitulation
(S.530)
Unverbesserliche:
letzter Feindflug von Major Erich Hartmann
-- mit Me 109-G, 1405.
Feindflug, Abschuss eines russischen Yak
11-Jagdflugzeugs aus 60 Metern
-- ist der 825.
Luftkampf, der 352. Luftsieg, die Hartmann meist an der
Ostfront errungen hat
-- Hartmann ist
der erfolgreichste Jagdflieger des 2.Weltkriegs (S.531).
Die 12.
SS-Panzerdivision Hitlerjugend besteht noch aus 455 Mann
und einem Panzer (S.352).
8./9.5.1945 Nacht
Abschiedsfeier von
SS-Gruppen vom NS-Staat
-- Beispiel Böhmen:
SS-Führer der Heeresgruppe Mitte: loderndes Feuer,
Gesang mit Hitlergruss mit SS-Treuelied: "Wenn alle
untreu werden, so bleiben wir doch treu" (S.530)
-- einer nach dem
anderen erschiesst sich (S.531).
ab 9.5.1945
Jagdflieger
Hans-Ulrich Rudel mit amputiertem Bein distanziert
sich bis zu seinem Tod nicht deutlich vom NS-Regime
(S.528)
Unverbesserliche
tauchen
unter
-- nehmen neue Namen an
-- flüchten sich in die
Vorstellung, Hitler sei noch am Leben
-- verweigern die
Anerkennung von Beweisen für Hitlers Verbrechen
-- nur manche bereuen
(S.532).
4. Die Enttarnung eines
falschen Glaubens nach der Niederlage
ab 9. Mai
1945
9.5.1945
Bilanz
des Luftkrieges für Deutschland: 635.000 Tote
sowie:
-- 879.000 Verwundete
ohne Todesfolge
-- 654.000 total
zerstörte Wohngebäude
-- 4,11 Mio. zerstörte
Wohnungen
-- 13,7 Mio. Obdachlose
-- 55,5 Prozent der
Wohnungen der Gross- und Mittelstädte sind zerstört
-- riesige Schäden an
Kulturbauten, Bibliotheken und Museen
-- Schaden durch
Luftkriegsschäden in Geldwert: 20-22 Prozent des
Volksvermögens von 1939: 110-120 Mrd. RM (S.444).
Verluste
der deutschen Seite: fast 2,6 Mio. Mann
fast genau so viel Mann, wie
die Wehrmacht am Anfang hatte, davon 3/4 in den ersten 5
Wochen des Russlandfeldzuges (S.460)
[nicht erwähnt: an der
Flak starben auch Frauen].
Der letzter
Wehrmachtsbericht lobt den "deutschen Soldaten"
"Der deutsche Soldat
hat, getreu seinem Eid, in höchstem Einsatz für sein
Volk, für immer Unvergessliches geleistet." (S.427)
Berlin: 2/3 der
Berliner Industrieanlagen sind betriebsfähig!
[Die können die
Alliierten nun demontieren und erben... gut daneben
gezielt...]
Berlin: 50 Prozent der
Wohnungen sind total zerstört oder schwer beschädigt und
unbewohnbar
(S.448)
Bilanz:
Bücherverbrennung 1933 und 1941-1945
Wahrscheinlich sind mehr
Bücher geächteter Autoren durch alliierte Luftangriffe
verbrannt als durch NS-Massnahmen (S.105).
[nicht erwähnt:
-- die alliierte
Herrschaft in Deutschland lässt wiederum Massen an
unliebsamen Büchern verbieten, die das 3.Reich in seiner
Identität geprägt haben
-- es erfolgt keine
kulturpolitische Aufarbeitung der Vergangenheit, weil
durch die Not der Bevölkerung die seelische Suche nach
Identität überspielt wird
-- es erfolgt auch
keine kulturpolitische Aufarbeitung des Rassismus in den
"USA", des rassistischen Kolonialismus von England und
Frankreich
-- Menschenrechte
werden von GB und Frankreich unterschrieben, sollen aber
in den Kolonien nicht gelten...].
ab 9.5.1945
Die
deutsche Presse respektiert gewisse Tabus bzw. meidet
gewisse Fragen zur Geschichte
(S.I). Dadurch entsteht
ein klischeehaftes Bild des 3.Reichs:
-- brutaler Zwang
-- totalitäre
Überwachungsgesellschaft (S.II).
Alliierte
Umerziehungspropaganda
sieht in Friedrich dem
Grossen einen geistigen Ahnherrn von Hitler (S.11)
Wiederaufbau der
Industrie in den Westzonen
-- Rascher Aufbau aller
Positionen, diesmal auf westlich-alliiertem Boden
-- ist möglich, weil
Speer z.T. Hitlers Selbstzerstörungsbefehle sabotiert
hat
-- die Fundamente der
deutschen Wirtschaft bleiben erhalten (S.253).
Inhaftierung
und Freilassung der Gross-Industriellen
-- fast alle Konzernherren,
Grossbankiers und führende Manager sitzen im Gefängnis
oder in Internierungslagern
-- Verdacht:
Beteiligung an Kriegsverbrechen
-- diese Herren und
Kollaborateure haben Hitlers Krieg z.T. immer
unterstützt
-- Freilassung nach ein
paar Jahren, Wiedererlangen der alten Spitzenpositionen,
z.B. Friedrich Flick, der prominenteste
NS-Wehrwirtschaftsführer (S.253).
NAPOLA-Schüler, die
Karriere machen, bleibt die NAPOLA überwiegend in
guter Erinnerung
(S.301)
Karl Arnhold
vom einstigen Deutschen
Institut für Technische Arbeitsschulung (DINTA) und in
ab 1933 in der DAF, betreibt die Gesellschaft für
Arbeitspädagogik (S.309).
Beschimpfung von
Künstlern des Dritten Reichs
Künstler, die unter
Hitler sich haben für das Dritte Reich einspannen
lassen, müssen sich beschimpfen lassen (S.120), u.a. die
naive Filmemacherin Leni Riefenstahl (S.127).
Hugenberg
bestreitet, Hitler zur Macht verholfen zu haben
-- er ist ohne Fähigkeit
der politischen Einsicht und Selbstkritik
-- auf Hugenberg bleibt
ein hohes Mass an Mitverantwortung, für den
Zusammenbruch des freiheitlichen Staates verantwortlich
zu sein
-- Hugenberg konnte
aber nicht verurteilt werden (S.94)
[nicht erwähnt: wenn
Hugenberg Hitler nicht geholfen hätte, so hätte jemand
anders geholfen].
Universitätsprofessoren
wälzen ihre Verantwortung oft ab
-- Eingeständnisse
eigenen Fehlverhaltens sind selten
-- die deutschen
Professoren zeigen "im Ganzen keinen Charakter", so Emil
Julius Gumbel aus dem Exil
-- die Pension ist den
Professoren wichtiger als die Idee der Universität
-- die Aufarbeitung der
Rolle der Universitäten ist kaum erfolgt (S.103)
Den überlebenden
"Landsern" dämmert erst jetzt der Verbrecher Hitler
-- die meisten deutschen
Soldaten sehen erst nach 1945, dass sie Dienst für den
Verbrecher Hitler geleistet haben
-- die Soldaten können
mit sich selbst brechen, denn Hitler hat den Eid mit
seinem Volk gebrochen (S.428).
Das KZ-System und
Vernichtungssystem wird erst jetzt der grossen Masse
der Bevölkerung bekannt
(S.386)
[aber der Bunkerbau mit
seinen Massenopfern an Häftlingen bleibt offiziell
unbekannt].
Idealistinnen der
NSDAP brechen zusammen
-- denn für sie bricht
ihre Welt zusammen (S.325)
-- der Glaube an Hitler
geht aber weiter trotz aller KZ-Wirklichkeiten
-- Aussprüche: "Das hat
der Führer nicht gewollt"
-- Aussprüche: "Der
wirkliche Nationalsozialismus war sauber und anständig"
-- die Wirklichkeit sah
leider anders aus (S.326).
NS-Idealisten
ziehen sich enttäuscht aus dem öffentlichen Leben
zurück
-- Leute, die wirkliche
NS-Idealisten waren, so genannte "Alte Kämpfer" [gegen
den Kommunismus] ziehen sich ab 1945 tief enttäuscht
zurück (S.417)
-- v.a. die weiblichen
RAD-Führerinnen idealisieren ihre Arbeit, ohne das
NS-Regime kritisch bewerten zu können (331)
-- allgemein wird dem
RAD nach 1945 keine Schuld zugeschoben, denn es war für
die meisten ein "positives Erlebnis", trotz der
"Schleiferei" (330)
ab Mai 1945
Die
Kirche grenzt weiterhin Juden aus
-- Hilfe an
Heimatvertriebene, Ausgebombte, Kriegsgefangene,
Entnazifizierte
-- keine Hilfe an
überlebende Juden und Christen jüdischer Herkunft
(S.408).
Keine
Verurteilung der NS-Richter und NS-Staatsanwälte
Kein einziger NS-Richter und
Staatsanwalt wird rechtskräftig verurteilt, weder vom
VGH noch anderer NS-Gerichte. Es ist eine lautlose
Amnestie der NS-Justiz.
Die Juristen behalten
nach 1945 oft sogar ihre Ämter, wie wenn nichts
geschehen wäre. Ihr Opportunismus lässt sie ihre
Wandlung zum demokratischen Justizwesen, ohne moralische
Skrupel, durchstehen (S.184).
KZ-Befürworter
auch
nach der Niederlage
Oft wird privat bedauert,
dass es für gewisse Aussenseiter keine KZs mehr gibt:
Feinde von Links, Asoziale, Gemeinschaftsfremde etc.
(S.178).
Geldsystem im
zusammengebrochenen Deutschland
Die Reichsmark ist nach
Kriegsende fast wertlos. Die Zeit bis 1948 wird
überbrückt mit der erstaunlich inflationsfesten,
kursstabilen, mit dem Weltmarkt verbundenen
"Zigarettenwährung":
-- eine "US"-Zigarette
= 6-7,5 RM = ein durchschnittlicher Wochenlohn
-- Lebensmittelmarken
-- Schwarzmarkt
(S.441).
VW
nach Kriegsende wird Symbol des westdeutschen
Wirtschaftswunders
-- der VW wird in rund 150
Ländern erfolgreichstes Auto der Welt
-- der VW überholt 1972
in Anzahl das T-Modell von Henry Ford
-- in den "USA" wird
der VW Käfer (engl. "Beetle") zum beliebtesten deutschen
Produkt (S.319).
Freiwillige
ausländische Arbeitskräfte wollen nun gezwungen worden
sein
Die 200.000 bis 400.000
freiwilligen Ausländer, die 1940-1941 ins 3. Reich
gekommen sind, sagen nun meist, sie seien unter Druck
gekommen und seien miserabel behandelt worden. Sie
wollen die Kollaboration abstreiten (S.450).
[Die einfachen Arbeiter
begreifen die Zusammenhänge mit dem Poker der Alliierten
nicht und müssen einen "Sündenbock" haben...].
NS-Einrichtungen
werden
DDR-Vorzeigeobjekte
Nach 1945 macht die SED
NS-Einrichtungen zum Volkseigenen Betrieb und propagiert
die Einrichtung als DDR-Sozialpolitik (S.306).
Der Reichsnährstand
RNSt bleibt als Organisation erhalten bis 1948
Die alliierten
Militärregierungen übernehmen die Organisation ohne
Änderung drei Jahre lang (S.291).
NS-Staatsrechtler
Reinhard Höhn arbeitet unter falschem Namen als
Heilgymnast
nimmt nach einer
Amnestie in der britischen Zone wieder seinen richtigen
Namen an (S.171).
Hungersnot
in Deutschland
-- Durchschnittsverbrauch
1945/1946: 1412 Kalorien täglich, ist schlimmer als
1917/1918
-- Hungerwinter
1945/1946
-- Andauern des Hungers
und der Unterernährung bis Jahreswende 1947/1948
(S.436-437).
Komponisten und
ihre "gesäuberten" Werkeverzeichnisse
Komponisten und Verleger
"entnazifizieren" ihre Werksverzeichnisse, entfernen
Kompositionen mit starkem NS-Geist aus ihren Listen,
z.B. Wolfgang Fortner: Die Partituren für das
von ihm geleitete HJ-Bann-Orchester sind nicht mehr
greifbar (S.118).
"Widerstand" wird
aufgebauscht
Viele Deutsche prahlen
mit Handlungen des Widerstand, der kaum oder gar nie
stattgefunden hat. Viele Deutsche deuten ihre Handlungen
auch um, um besser da zu stehen (S.409).
Diskussionen um die
Soldatentreue
Was gilt mehr: das
Märtyrertum der Aktivisten vom 20. Juli 1944 oder der
Soldatentod der Eidgetreuen? Die Diskussionen kommen an
kein Ende (S.428).
Kirche: Die
katholische Kirche behauptet konsequenten
NS-Widerstand und Nicht-Wissen der NS-Gräuel
sind Lügen (S.403).
Kirche: Die
evangelische Kirche grenzt Juden von der Hilfe aus
und hilft nur
Heimatvertriebenen, Ausgebombten, Kriegsgefangenen,
Entnazifizierten. überlebenden Juden und Christen
jüdischer Herkunft hilft die Kirche nicht, ist totales
Versagen (S.408).
3,2 Mio. deutsche
Kriegsgefangene in Russland: es sterben rund 1,1 Mio.
(S.430)
Ehemalige
Adolf-Hitler-Schüler machen Karriere
z.B. Harry Krüger
als Filmschauspieler, Werner Lamberz als
SED-Ideologe, Theo Sommer als Chefredakteur der
Wochenzeitung "Die Zeit" (S.299).
Werner Höfer macht
im öffentlichen Rundfunk und Fernsehen Karriere
--
OT-Kriegsberichterstatter und Endsiegbefürworter
-- zuletzt Karriere mit
der Sendung "Frühschoppen" 1952-1987 (S.491).
ab Mai 1945
Herbert Reinecker
macht Karriere als Kriminalfilmautor im deutschen
Fernsehen
als ehemaliger
Waffen-SS-Kriegsberichterstatter und Produzent des
Luftwaffe-Propagandafilms "Junge Adler" von 1942
(S.498).
Karriere von Lale
Andersen und "Lili Marleen"-Lied
"Lili Marleen"-Lied
bleibt internationaler Hit, Lale Andersen macht
internationale Karriere mit Chansons und Seemannsliedern
(S.500).
Österreich:
Konsequente Verdrängung der Jahre 1938-1945
-- Schaffen einer Atmosphäre
der "verfolgten Unschuld"
-- die opportunistische
Haltung Österreichs kommt den Alliierten entgegen, denn
sie wollen das Bewusstsein um eine deutsche Kultur und
einen deutschen Sprachraum und Grossdeutschland
auslöschen
[nicht erwähnt:
Österreich ist lebenswichtig für die "USA" und England
gegenüber dem kommunistischen Russland, jede Lebenslüge
wird in Kauf genommen]
-- Deutsche in
Österreich werden unter beschämenden Umständen aus
Österreich hinausgeworfen
-- es herrscht
Verschweigen, Verdrängen, Verleugnen der
NS-Vergangenheit, ein totaler Opportunismus (S.373).
Frankreich: Feiern
einer Résistance, die kaum eine Rolle spielte
Es ist das Überspielen
von NS-Kollaboration und Antisemitismus in Frankreich
(S.374).
Judenhetzer Leers
setzt sich nach Italien und Argentinien ab
-- setzt bis 1955 unter
deutschen Exilanten seine Propaganda fort
-- nimmt ab 1955
Wohnsitz in Kairo, tritt als "Oma Main von Lern"
zum Islam über
-- ist im
Auslands-Propagandadienst unter Präsident Gamal Abd
el Nasser tätig (S.378)
Die NS-Manipulanten
des Rundfunks Haentzschel, Grothe und Schwerkolt ab
15.2.1942 machen nun weiter Karriere
(S.482).
nach 1945
Reichsautobahn:
Falsche Thesen
-- These: die RAB habe nur
der Arbeitsbeschaffung gedient (S.321)
-- Realität: Beim
Autobahnbau wurden nur 220.000 Arbeiter beschäftigt,
sind nur 5 Prozent der Arbeitslosen (S.321).
-- These: die RAB habe
dem Nachschub im Krieg gedient und sei nur für den
Kriegsnachschub gebaut worden
-- Realität: die
Betondecke ist viel zu dünn gebaut für Panzer und
schwere Lastwagen (S.321).
Mai 1945
Geschätzt: 219.000
Zigeuner ermordet [oder lebendig begraben im
Bunkerbau]
davon 15.000 der 20.000
deutschen Zigeuner (S.363).
ab 9.5.1945
Für NSDAP-Frauen
bricht eine Welt zusammen
-- Zwangsbesuch von KZs
mit Bergen von Häftlingsleichen verhungerter Häftlinge
-- NSDAP-Frauen lassen
oft auch dann nicht vom Führer los mit dem Spruch:
"Das hat der Führer
nicht gewollt!"
oder:
"Der wirkliche
Nationalsozialismus war sauber und anständig!" (S.326)
ab 9.5.1945
[Erfahrung von Michael
Palomino an seinen "Eltern":
Psychopathenkinder/Trümmerkinder
-- Kinder des Krieges,
die in Trümmern, in Bunkern und ohne Vater aufwachsen
müssen, nehmen Hitler oft als Vaterfigur oder sind nach
dem Krieg ohne feste Identität, weil die Vaterfigur
nicht feststeht, aber das Kriegsverhalten dominiert
-- der Krieg gilt immer
als Vergleich für tägliche Handlungen, z.T. ist jede
Brutalität erlaubt, die "weniger schlimm" ist als die
Umstände im Krieg].
ab 9.5.1945
Die
Grossindustriellen lügen, sie seien zur Rüstung und
zum Krieg gezwungen worden
-- es blieb die eigene
Verantwortung und die freie Entschlusskraft des
Unternehmens grundsätzlich bestehen
-- die Spielräume der
Industrie sind grösser als das NS-Schlagwort
"Befehlswirtschaft" es ausdrückt
-- die Industriellen
gehen über unvermeidliche Anpassungen hinaus, v.a. bei
Arisierung und Zwangsarbeit (S.245).
Die Grossindustriellen
lügen, sie seien gegenüber NS-Prominenten in "kühler
Reserve" gestanden
ist eine Legende
(S.243).
Mai-Juni 1945
Inhaftierung fast
aller Konzernherren und Grossbankiers und vieler
führender Manager
-- in Gefängnissen oder
Internierungslagern
-- Verdacht der
Beteiligung an Kriegsverbrechen
-- die deutsche
Bevölkerung kann sich kein Freikommen dieser
Kriegsgewinnler vorstellen (S.253)
-- Friedrich Flick
bleibt 5 Jahre Gefangener der Siegermächte (S.253).
Juni 1945
Albert Speer will
"guten Kern" im Nationalsozialismus erkennen
-- einwandfreie
Lebensweise Hitlers
-- ausdauernde Arbeit
Hitlers (S.532)
-- "(Es) muss auch im
Nationalsozialismus ein guter Kern gewesen sein"
(S.533).
Juni 1945 ca.
Die
Unverbesserlichen: Gefühl der Leibeigenschaft des
Führers
-- BdM-Führerin Renate
Finck 19-jährig
-- "Ich sehe, dass das
Ende gekommen ist, ein schreckliches, unausdenkbares
Ende. Aber ich will zu allem stehen, was ich gesagt
habe. Ich gehöre dem Führer auch jetzt"
In: Renate Finck: Mit
uns zieht die neue Zeit, 1979, S.183 (S.535,542)
-- "Ich fühle mich
meiner Treue zum Nationalsozialismus nicht entbunden,
auch nicht durch Hitlers Selbstmord" (Finck:
Zeit, 1979, S.187).
-- "Als ich die
Berichte über das wahre Gesicht es NS-Staates immer
detaillierter zur Kenntnis nehmen muss, verkrieche ich
mich hinter dieser Treue, die uns mehr galt als die
eigene Person. Schuldig ist für mich nur, wer die Treue
bricht." (Finck: Zeit, 1979, S.188).
Juli 1945 ca.
Auslieferung des
Jagdfliegers Erich Hartmann an die Russen
-- weil er meist an der
Ostfront im Einsatz war
-- Verurteilung 1949 zu
25 Jahren Zwangsarbeit, weil er sich weigert, in den
Dienst der SBZ/DDR zu treten
-- Hartmann bleibt 10
1/2 Jahre in Kriegsgefangenschaft
-- Hartmann wird 1963
Inspizient der Jagdflieger der Bundeswehr und scheidet
als Oberst aus (S.531).
August 1945
Kapitulation
Japans nach 2 Atombomben
September 1945
Totalbilanz
des Zweiten Weltkriegs: 50 Mio. Tote
(S.133)
[nicht erwähnt:
Fehlende
Totalbilanzen des Gulag und Kolonialismus
-- die Toten des Gulag
werden nie bilanziert, die jüdischen Toten im Gulag
werden nie bilanziert
-- die Toten des
Kolonialismus, die Frankreich, England, Spanien und
Holland auf dem Gewissen haben, werden nie bilanziert
Kolonialismus
-- der Kolonialismus
treibt seine Kriege auf dem Boden fremder Völker weiter
-- "alte Kämpfer" aus
deutschen und alliierten Armeen kommen bei der
Fremdenlegion oder in kolonialen Armeen in Asien und
Afrika gegen Befreiungsbewegungen zum Einsatz, und das
koloniale Verbrechen wird weiter geführt
-- fortan kann die
"USA" behaupten, sie kämpfe für die "Freiheit" anderer
Länder, was im Vietnamkrieg gipfelt, ein Krieg der
Weltanschauungen
Rassismus in den
"USA"
-- der Rassismus in den
"USA" gegen Schwarze geht bis in die 1960er Jahre
weiter, bis dahin werden Schwarze an Bäumen aufgehängt,
dürfen Schwarze "weisse Toiletten" nicht benutzen etc.
-- auch Juden werden in
den "USA" und in England z.T. heftig gesellschaftlich
diskriminiert, Verbote, Clubs beizutreten, Kurorte zu
nutzen etc.
-- schwarze
"Amerikaner", die sich im 2.Weltkrieg eine militärische
Auszeichnung geholt haben, werden nach der Rückkehr in
Südstaaten von Weissen verfolgt und z.T. derart um die
Auszeichnung benieden, dass sie schlussendlich getötet
werden].
1946-1949
1946
Ordensburg
Vogelsang: britische Besetzung
(S.200)
Nürnberger
Prozess
Hjalmar Schacht: frei gesprochen, dann
erneut verhaftet, dann Privatbankier in
Hamburg/Düsseldorf und internationaler Finanzberater
(S.215).
Saarland wird
wieder französisches Zollgebiet
Beschluss des
saarländischen Landtages 1947: Wirtschaftlicher
Anschluss an Frankreich bei politischer Autonomie
(S.378).
ab 1946
[nicht erwähnt:
Der
Gulag gerät in Vergessenheit
-- dabei war der Gulag das
Vorbild für das deutsche KZ-System
-- Stalin wird zum
"Befreier", obwohl Stalin weiterhin einen brutalen Gulag
führt
-- die Judenverfolgung
mit behaupteten 6 Mio. durch deutsche Nazis ermordete
Juden gerät in den Vordergrund der antifaschistischen
Feldzüge in den westlichen Medien].
Albert Speer,
Architekt, muss auf seine Architekten-Laufbahn
verzichten
-- als einziger der
NS-Architekten
-- wird bekannt durch
schriftstellerische Tätigkeit (S.198).
Architektur:
Wieder die "Moderne" ohne Liebe
-- das Propagieren der
verfemten Moderne geht an den ästhetischen Bedürfnissen
der Mehrheit der Bevölkerung vorbei
-- moderne, abstrakte
Kunst erweist sich als elitäre Sache (S.189)
[nicht erwähnt:
Architektur
(von archus, deutsch "Bogen") steht gegen Quadratektur
Architektur leitet sich von
lateinisch "arcus", deutsch: "Bogen" her, in Anlehnung
der stabilsten Form: die Kugel, der menschliche Kopf.
Eine quadratische Architektur wie die Moderne ist eine
Quadratektur, keine Architektur.
Deswegen ist die
Ablehnung der modernen Architektur, die auch eine sehr
ineffiziente Energiebilanz aufweist und auch keine
natürlichen Parallelen hat, aus menschlichem Instinkt
heraus absolut berechtigt].
[nicht erwähnt:
Keine
wahrheitsgetreue Aufklärung über die Judenmassaker und
KZs in Osteuropa]
[nicht erwähnt:
Ostpreussen:
Führerhauptquartier Rastenburg war als Chemiefabrik
getarnt
-- Absperren eines
riesigen Areals mit "Betreten verboten"
-- die Bevölkerung
meint, dort sei eine Chemiefabrik]
(Auskunft der Tante
väterlicherseits des Autors)
1947
Wolfgang Borchert:
Heimkehrerdrama "Draussen vor der Tür": "Junge
Generation" ist ohne Halt
(S.536)
-- Kriegsheimkehrer
bleiben mit ihren Erlebnissen allein
-- die "junge
Generation" in Deutschland hat keine Bindung und keine
Tiefe zur Heimat, ist "eine Generation ohne Glück"
-- Jugend hat es nicht
gegeben, Liebe ist grausam
-- die "junge
Generation" ist ohne Grenze, ohne Hemmung und ohne
Behütung aufgewachsen
-- ab 1946 wird diese
"junge Generation" Deutschlands verachtet, eine
Generation ohne Anerkennung (S.536).
1947/1948
Nürnberg:
IG-Farben-Direktoren werden schuldig gesprochen
für Kriegsverbrechen und
Verbrechen gegen die Menschlichkeit (S.244).
1948
Schwarzmarkt:
Beispiel Berlin-Friedenau
1 Pfund Zucker: 80 RM
1 Pfund Butter: 250 RM
1 Pfund Kaffee: 330 RM
(S.320).
2.3.1948
Ludwig Erhard wird
Direktor der Verwaltung für Wirtschaft der
"amerikanischen" und britischen Zone "Bizone"
(S.254)
20.6.1948
Tag der
Währungsreform der drei Westzonen mit der D-Mark
(S.254)
Erklärung von
Ludwig Erhard, die Zwangswirtschaft sei beendet
- gegen den Willen der
Besatzungsmächte (254).
ab 1948
Die BRD profitiert
von Hitlers fortschrittlichen sozialen Elementen
und vom Abbau sozialer
Hindernisse unter dem Hitler-Regime (S.333).
1948-1955
Das
deutsche "Wirtschaftswunder"
Der "Kleine Arbeitskreis"
unter Rudolf Stahl, Vizepräsident der
Reichsgruppe Industrie RI, erarbeitet ein Programm zum
Übergang auf Friedenswirtschaft. Die Beteiligten nehmen
nachher in Westdeutschland wirtschaftliche
Schlüsselstellungen ein, z.B. Ludwig Erhard
(S.252-253).
1949
Freispruch von
Gertrud Scholtz-Klink
war Reichsfrauenführerin
und Leiterin der NS-Frauenschaft des deutschen
Frauenwerks, de DAF-Frauenamts, des
Frauen-Arbeitsdienstes, der DRK-Frauenarbeit
-- verkörpert das Ideal
der NS-Frau
-- wird 1945 als
Hauptschuldige eingestuft, dann 1949 frei gesprochen und
aus der Haft entlassen
-- bleibt NS-Ideen
"treu" (S.308).
1949-1963
Ludwig Erhard
Bundeswirtschaftsminister
fördert gegen alle
Widerstände den Wiederaufstieg der BRD (S.254)
1950er
Jahre
1950
Ordensburg
Vogelsang: Belgische Besetzung
(S.200)
Erst jetzt bekennt
sich die protestantische Kirche zum Versagen bei der
Judenverfolgung
an der EKD-Synode in
Weissensee (S.408-409). Die Mehrheit der Gläubigen der
protestantischen Kirche fühlt sich aber weiterhin weder
schuldig noch mitschuldig (S.409).
ab 1950
Friedrich Flick
wird wieder grösster Konzernherr der BRD
-- 1945-1950 in
alliierten Gefängnissen als Kriegsgewinnler
-- Flick wird Träger
des Grossen Bundesverdienstkreuzes mit Stern und
Schulterband (S.253).
1951
August Winning
(1878-1956), SPD-Politiker und Schriftsteller, über
den deutschen Siegestaumel 1940/1941:
"Der
Durchschnittsdeutsche war von den Erfolgen und der
Propaganda so verwandelt und benommen, dass er die
Fähigkeit eigenen Urteilens nicht mehr besass [...]
Sogar alte Freunde aus meiner gewerkschaftlichen Zeit
und frühere sozialdemokratische Reichsabgeordnete ...
waren jetzt von Hitlers Weltmission überzeugt und wären
bereit gewesen, ihm alles abzubitten, was sie je gegen
ihn gesagt hatten." (S.477)
Anfang 1955
Registrierte
Verluste der Wehrmacht: 2,73 Mio.
-- die Zahl der Vermissten
reduziert sich von 1.902.704 von 1945 auf 1.240.629
(S.464)
-- die Zahl der in
Kriegsgefangenschaft Verstorbenen bleibt unbekannt
(S.465).
1955
Herbert Reinecker
hat Erfolg mit Widerstandsfilm "Canaris"
(S.498)
23.10.1955
Saarland:
Volksabstimmung über Frankreich-Anschluss ist negativ
bei einer
Wahlbeteiligung von 97,5 Prozent, auch Ablehnen einer
Europäisierung (S.393).
1956
Ordensburg
Vogelsang: von NATO-Partnern militärisch genutzt
(S.200). Sonthofen wird
von der Bundeswehr genutzt (S.200).
ab 1956
Reinhard Höhn wird
Leiter der Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft
in Bad-Harzburg
einer der grössten
Managerschulen Europas (S.171).
1.1.1957
Saarland wird in
die BRD aufgenommen
(S.393)
1957-1966
Wilhelm Zangen
Aufsichtsratsvorsitzender der Mannesmann AG
1945 wegen Verdacht der
Beteiligung an Kriegsverbrechen inhaftiert (S.253)
6.7.1959
Wirtschaftliche
Eingliederung des Saarlands in die BRD
(S.393)
1960er
Jahre
1960er Jahre
Immer noch kaum
Vergangenheitsbewältigung in der BRD
gemäss dem Wort des
französischen Schriftstellers und Politikers André
Malraux (1901-1976):
"Nichts ist schwerer,
als heute zu wissen, was man damals gewusst hat."
(S.532)
ab 1960er Jahre
[Erfahrung von Michael
Palomino:
nicht erwähnt: Die
Psychopathenkinder/Trümmerkinder "er-ziehen" ihre
Kinder
-- die Kinder werden oft
geschlagen, solange die Brutalität weniger schlimm ist
als im Krieg
-- die Kinder werden
oft benieden, denn die jetzigen Kinder haben es "besser"
als die Kinder im Krieg
-- die
Psychopatheneltern/Trümmereltern erwarten Dankbarkeit
der Kinder für das Leiden der Eltern im Krieg, was die
Kinder nicht verstehen, weil sie es nicht erlebt haben
-- z.T. flüchten die
Psychopatheneltern/Trümmereltern in die "Heile Welt" im
Ausland, z.B. in die Schweiz, deren Bevölkerung aber
auch ein Sammelsurium an Verdrängungen der
Hitler-Kollaboration aufweist
-- z.T. zerstören die
Psychopatheneltern/Trümmereltern ihren Kindern mit
Schlägen, Erpressungen und Verboten die "Heile Welt",
die sie nach dem Krieg aufbauen oder in die sie gerade
umgesiedelt sind
-- z.T. werden die
Kinder geschlagen, erpresst und eingeschränkt, damit aus
ihnen "bessere" Menschen werden als die Menschen vor dem
Krieg, obwohl gar kein Krieg mehr existiert
-- die Psychologie
erkennt diesen Teufelskreis der Nachkriegspsychose nicht
und steht dem Phänomen der gequälten Kinder ratlos
gegenüber]
1963-1966
Ludwig Erhard
Bundeskanzler
(S.254)
1963
Adorno bedauert
sein "dumm-taktisches" Verhalten von 1934
eine Huldigung an
Schirach und Goebbels in der Monatszeitschrift "Die
Musik", das Organ der Reichsjugendführung (S.101-102).
1965
VW-Sparer erhalten
10-60 Prozent des VW-Sparens aus der NS-Zeit zurück
nach langen Prozessen
(S.320).
Grundsteinlegung
für eine Nationalgalerie in West-Berlin
-- Ludwig Mies,
Architekt, bis 1933 bedeutendster Architekt, erlebt
seine volle Rehabilitation
-- die Nationalgalerie
wird dort gebaut, wo einst Albert Speer den Runden Platz
der Nord/Süd-Achse angelegt hatte
-- Mies wird später als
"Architekt des Jahrhunderts" gefeiert (S.199).
1969-1973
Günter Gaus, früher
ein Hitler-Junge, wird Spiegel-Chefredakteur
(S.528)
1970er
Jahre
1970
Hans-Günter
Zmarzlik, Jg. 1922, Professor: Das
Dritte Reich war "Befreiung" von Versailles
"Mit Vergnügen nahmen
wir von den Schülermützen Abschied, die bis dahin den
Gymnasien so auffällig vom Volksschüler abhoben. Mit
Begeisterung standen wir am lodernden Holzstoss bei
Sonnenwendfeiern, fieberten den Sportfesten entgegen,
feierten die Olympiade von 1936 als einen nationalen
Triumph.
(Dabei vorher:) Noch in
der Weimarer zeit war uns in der Volksschule die
demütigende Lage unserer Nation seit dem 'Schanddiktat'
von Versailles eingeprägt worden. Um so befreiender nun
das Gefühl, dass es damit vorbei war. Es ging aufwärts,
und wir waren die "Garanten der Zukunft." (S.356)
1972
Frank Thiess
(1890-1977), Schriftsteller, über das kranke
Deutschland der NS-Zeit
"Mein Zustand liess sich
mit dem eines Gesunden vergleichen, der einen Kranken,
den er liebt, hinsiechen sieht [das deutsche Volk] ohne
ihm helfen zu können. Und dies, während andere
erklärten, der Kranke sähe blühend aus; er sei also gar
nicht krank ...
Dass ein Volk Gorgonen
[weibliche Ungeheuer der griechischen Sagen] für Retter
des Vaterlandes hielt..."
(in: Cziffra, Géza
von: Es war eine rauschende Ballnacht. Eine
Sittengeschichte des deutschen Films. München 1985).
VW-Käfer
überholt in Anzahl das T-Modell von Henry Ford mit 15
Mio. Stück
(S.319)
1973
Zeitzeuge Sebastian
Haffner über Hitlers Wirtschaftswunder
"... Hitlers
Wirtschaftswunder war für die Mitlebenden ein grösseres
Wunder als später (nach dem Krieg) die Erhardsche
Wiederaufbaukonjunktur"
(in: Walter
Kempowski: Haben Sie Hitler gesehen? Deutsche
Antworten, München 1973).
1974
Manfred Rommel,
früher Hitler-Junge, wird Oberbürgermeister von
Stuttgart
(S.355)
1974-1981
Günter Gaus, früher
ein Hitler-Junge, wird Ständiger Vertreter Bonns bei
der DDR
(S.528)
1978
Ranicki gibt der
extremen Linken Mitschuld am Untergang der Weimarer
Republik
v.a. Tucholsky und
seiner Gruppe (S.110). Die Gruppe sah keine
Notwendigkeit, die positiven Element der Republik zu
verteidigen (S.110-111).
1979
Ehemalige
RAD-Arbeitsmaid Ingeborg Bayer wollte ihre Traumwelt
behalten:
"Wir wollten unsere
Traumwelt nicht zerstören lassen durch kleinmütige
Zweifel; wir wollten behüten, was es schon längst nicht
mehr gab." (S.526)
ab
1980er Jahre
1980
Helmut Heiber:
Brüning sei an der Wiege des Dritten Reiches gestanden
(S.45)
1983-1986
Lothar Loewe,
früher ein Hitler-Junge, wird Intendant des SFB
(S.528)
1984
Marion Gräfin
Dönhoff: Bankrott von Weimar liess Hitler an die Macht
Es sei der Bankrott von
Weimar gewesen, der so unausweichlich (S.45) zu Hitler
hingeführt habe
(In: "Die Zeit",
Hamburg, 20.7.1984) (S.46).
1986
[nicht erwähnt:
Gorbatschow-Regierung
in Russland: Öffnung der Archive über den 2.Weltkrieg
Aber: Frankreich,
England und die "USA" öffnen ihre Archive kaum]
10.11.1988
Philipp Jenninger,
der Präsident des deutschen Bundestages sagt im
Bundestag:
"1938 sahen die meisten
deutschen in Hitler den grössten Staatsmann der
Geschichte."
Folge der Aussage:
Jenninger muss abtreten, dabei war es wahr (S.I).
1989
3.Reich-Beschreibungen
werden als "rechtsradikal" kriminalisiert
Deutscher Historiker Rainer
Zitelmann: Bisher hat man gewisse Fragen zum
3.Reich gemieden, weil man sonst gleich als
"rechtsradikal" abgestempelt worden wäre (S.I).
3.Reich ist bis
dahin meist ein Klische-Bild
Ein Mitarbeiter der
Landeszentrale für politische Bildung in Nordrhein
Westfalen bekennt, dass seit 1945 ein klischeehaftes
Bild des 3.Reiches entstanden sei mit brutalem Zwang und
totalitärer Überwachungsgesellschaft. Dabei
-- haben die meisten
Deutschen in der Normalität eines "weitgehend
politikfreien Alltags" gelebt, die Welt zwischen
Verfolgung und Vergnügen
-- die Führung des
3.Reichs garantierte bewusst eine unpolitische
Atmosphäre (S.II).
Die neue
Perspektive über das 3.Reich
entsteht durch die Fülle
von Daten, Fakten, Einsichten, Erkenntnisse. Die Tabus
und Frageverbote werden dadurch automatisch gebrochen
(S.II).
Ordensburg Vogelsang
kommt unter Denkmalschutz
auf Antrag des
Rheinischen Amtes für Denkmalpflege vom Kölner
Regierungspräsidenten (S.200)
1991
Jenninger wird
deutscher Botschafter in Wien als "Wiedergutmachung" der
Entlassung von 1988 als Präsident des deutschen
Bundestages (S.I).
?
Hans Mommsen: Die
Demokratie war vor Hitler schon zerstört
"Die Weimarer
Demokratie scheiterte nicht an Hitler, sondern Hitler
war die letzte Konsequenz ihres Scheiterns". (S.35?)
[nicht erwähnt:
Auch in Frankreich kam
es 1940 zu diesem Vorgang: Die Republik war nicht mehr
gewollt;
In: Valentin Falin:
Zweite Front, Knaur 1995].