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Teil 1: 1685-1932 - Teil 2: 1933 - Teil 3: 1934 bis August 1939 - Teil 4: September 1939 bis zum Ende

Hitlers Reich und Selbstzerstörung (Teil 4): September 1939 bis zum Ende

Hitlers Krieg um einen Endsieg - Euphorie bis zur Selbstvernichtung

Brandenburger Tor 1945. Die dauernde
                      Polarisierung zwischen Kapitalismus und
                      Kommunismus riss ganze Volksmassen in den Wahn von
                      Entweder-Oder, von Schwarz und Weiss, von Sieg
                      oder Untergang. Es gibt politische Gruppen, die
                      politisieren heute noch so, trotz des negativen
                      Beispiels Deutschland...
Brandenburger Tor 1945. Die dauernde Polarisierung zwischen Kapitalismus und Kommunismus riss ganze Volksmassen in den Wahn von Entweder-Oder, von Schwarz und Weiss, von Sieg oder Untergang. Es gibt politische Gruppen, die politisieren heute noch so, trotz des negativen Beispiels Deutschland...

von Michael Palomino (2000 / 2005)

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aus: Hans-Jürgen Eitner: Hitlers Deutsche. Das Ende eines Tabus. Casimir Katz Verlag, Gemsbach 1991


4. September 1939 bis zum Ende: Hitlers Krieg um einen Endsieg - Euphorie bis zur Selbstvernichtung

September 1939
Polenfeldzug: 18 Tage Krieg mit Verbitterung und Rachegefühl
(S.425); Hitler beginnt, Europas Völker mit seinen Armeen zu vergewaltigen (S.426).

1.9.1939
6 Uhr früh: Führer-Aufruf zum Beginn des Krieges mit Polen
im "Grossdeutschen Rundfunk" (S.472).

Kriegsbeginn: Abhören von Auslandsendern wird unter Strafe gestellt
-- das Verbreiten von Nachrichten von Auslandsendern wird mit Zuchthaus oder mit dem Tod bestraft
-- das Hören von Auslandsendern nimmt trotzdem weiter zu (S.302).

10 Uhr: Hitler fährt zum Reichstag, kaum Leute auf den Strassen, nur vereinzelter Beifall
-- Hitler spürt deutlich die gedrückte Stimmung im Volk
-- die Bevölkerung hat Erinnerungen an das Ende des Weltkrieges von 1918 und will keinen Krieg
-- im Reichstag verkündet Hitler trotzdem offiziell den Krieg (S.472).

Der Gehorsam dominiert trotz Skepsis - "patriotische Gründe"
Die deutsche Bevölkerung folgt Hitler mehrheitlich gehorsam in den Krieg, mit dem Gefühl, für Deutschlands "Grösse" und "Zukunft" die unerlässlichen Opfer bringen zu müssen. Treuegefühle dominieren. Opposition wäre hochgradige nationale Untreue. Sogar NS-Gegner zeigen sich bereit, aus "patriotischen Gründen" und "Pflichtgefühl" Hitler in den so ungewünschten Krieg zu folgen (S.472).

4.9.1939
Kriegswirtschaftsverordnung KWVO: "Anpassung" der Löhne an die Kriegsverhältnisse
-- Streichung der Zuschläge für Überstunden
-- Streichung der Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit
-- Aufhebung der Arbeitszeitbegrenzung
-- vorläufige Urlaubssperre (S.473).

Kriegszuschlag auf Löhne/Kriegssteuer
-- alle Jahreseinkommen bis 2400 RM sind kriegssteuerfrei, dies sind 60 Prozent der Lohnsteuerpflichtigen
-- Löhne über 2400 RM müssen zu Lohn- und Einkommenssteuer noch 50 Prozent Kriegszuschlag bezahlen (S.474).

Reaktion: Unruhe unter der Arbeiterschaft, Forderung nach Milderung der Massnahmen (S.473)

Reaktion: stufenweises Entschärfen der KWVO
DAF-Leiter Robert Ley und die Industrie fordern die Entschärfung der KWVO, denn die Sympathie der Arbeiterschaft ist nur so zu erhalten (S.473).

ab September 1939
Die immer schärfere Judenverfolgung wird oft verdrängt
-- die Judenfrage tritt im Bewusstsein der Öffentlichkeit vollständig in den Hintergrund
-- die Bevölkerung hat meist andere Sorgen als antisemitischer Propaganda zuzuhören
-- die Bevölkerung wird gegenüber der jüdischen Bevölkerung meist gleichgültig und handelt opportunistisch antisemitisch

-- gemässigte Spitzenfunktionäre und Spitzenbeamte der NSDAP helfen bis Ende 1940 einzelnen jüdischen Bekannten ihres Bekanntenkreises
-- es opponiert niemand gegen die nicht abreissende Flut antijüdischer Verordnungen (S.385).

Frauen: Nur wenige deutsche Frauen gehen freiwillig in die Rüstungsindustrie
(S.325)

Reichskanzlei: Bormann konzentriert die Vorzimmer-Schleusen auf sich
(S.174) [und bestimmt dadurch wesentliche Teile der Politik mit, ohne dass es jemand merkt].

Überwachung der Nicht-NS-Literatur der jungen Aussenseiter-Generation
(S.118)

1.9.1939-10.5.1940
Hitlers Wehrmacht umfasst 2,6 Mio. Mann
(S.460)

Luftkrieg auf militärische Ziele - Städtebombardements
(S.441) Eitner:
"In einer Vorphase des Luftkrieges 1. September 1939 bis 10. Mai 1940 greifen beide Seiten nur militärische Ziele an."

[Diese Aussage ist falsch: Städtebombardements in Polen]

4.9.1939
RAD-Verordnung: RAD-Pflicht für Mädchen
-- 14- bis 18-jährige Mädchen werden "weltanschaulich" und körperlich geschult
-- Leitsatz: "straff, aber nicht stramm - herb, aber nicht derb"
-- und: "Jugend soll von Jugend geführt werden", nicht wie vor 1933 oft von Geistlichen oder Pfarrersfrauen (S.330)
-- z.T. entstehen so fanatische Führerinnen, die an NS und Hitler glauben, insgesamt gesehen mit wenig Machtmissbräuchen (S.331).

19.9.1939
Einzug Hitlers in Danzig
-- Hitler: "Danzig war deutsch, Danzig ist deutsch geblieben und Danzig wird von jetzt an deutsch sein, solange es ein deutsches Volk gibt und ein Deutsches Reich!"
-- Hitler hat Recht, beim Untergang des Reiches ist Danzig 1945 nicht mehr deutsch... (S.514)

Ende September 1939
Deutschland besiegt Polen - Kriegsbegeisterung, "Treue" und Friedenshoffnung
-- die Beklemmungen in der deutschen Bevölkerung über Krieg lösen sich
-- Soldaten, die aus Polen zurückkommen, werden bewundert
-- der militärische Sieg weckt Begeisterung, selbst bei anfangs besonnen Leuten
-- gleichzeitig will die Bevölkerung Frieden
-- es gehen Gerüchte herum über einen baldigen Friedensschluss mit den Westmächten (473).
-- die "Treue" zu Hitler ist fast unbegrenzt trotz aller Pflichten und Entbehrungen, denn die Entwicklung seit 1933 mit dem erreichten Wohlstand bleibt unvergessen, Hitler ist ein Mythos geworden
-- Hitler seinerseits will keine einschneidende Kriegswirtschaft (473).

ab Oktober 1939
[Die Party zerstört sich selbst]:
Hitler zerstört seinen Staat
-- es entsteht eine pluralistische Anarchie
-- der Leiter des SD-Inlandnachrichtendienstes Otto Ohlendorf (1907-1951) über Hitler während des Krieges:

"Der Führer hat nicht nur den Staat verneint als Selbstzweck, sondern ihn in einer Form vernichtet, dass er auch nicht mehr als Instrument zur Verfügung stand." (S.172)

[Wäre Hitler Ende September 1939 gestorben, er wäre immer noch als einer der grössten Staatsmänner in die weltweiten Geschichtsbücher eingegangen...].

Unterhaltung der Bevölkerung im Krieg durch Goebbels-Propaganda
-- Goebbels lässt absichtlich Freiräume zu, organisiert diese als unpolitische Unterhaltung
-- die Auflagen tendenzfreier Bücher sorgt für Zerstreuung, hält den Leser vom Widerspruch zum NS-Regime fern
-- Ziel Goebbels am 28.7.1939:

"den breiten Millionenmassen unseres Volkes in ihrem schweren Daseinskampf so viel wie möglich Entspannung, Unterhaltung, Erhebung und Erbauung zu vermitteln." (S.144)

Goebbels weiss: Gerade der Rückzug ins Unpolitische und Private lähmt möglichen Widerstand und mildert die Zumutungen des NS-Regimes. Programm des Reichsrundfunks:
64 Prozent unterhaltende Musik, nur 3,5 Prozent Politik, nur 2,9 Prozent Zeitfunkberichte (S.144).

-- Motto im 3.Reich: "Leichte Muse für schwere Zeiten": Operetten, Revuen, Varietés, Kabaretts, Filme
-- bis 1941 Hollywoodfilme in den Kinos

-- Beispiel Berliner "Wintergarten" (S.474): Es gastieren die Meisterclowns Grock: Adrian Wettach (1880-1959) und Charlie Rivel (1896-1983)

-- Beispiel Kabarett in Berlin: Kabarettist Werner Finck (1902-1978), der zuvor mit Berufsverbot belegt worden war und eine Rubrik im "Berliner Tageblatt" leitete

-- Beispiel Komiker Weiss Ferdl (1883-1949) und Karl Valentin (1882-1948) in München: kritische Bemerkungen zum Regime bleiben ungeahndet (S.475).

-- "Wunschkonzert für die Wehrmacht" ab 1.10.1939 am Sonntagnachmittag:
oo  vereint "geistig" Front und Heimat, während der Sendung "Wunschkonzert" sind in Deutschland die Strassen wie leergefegt,
oo  organisiert als grosse Saalveranstaltung aus dem Berliner Funkhaus unter Leitung des Ex-Schauspielers Heinz Goedecke (1902-1959), Sprecher am Deutschlandsender
oo  die Sendung ist 4 Stunden lang, Auftritt von Stars der leichten und ernsten Unterhaltung ohne Gage
oo  das Schlusswort Goedeckes zu jedem Wunschkonzert:

"Das Wehrmachts-Wunschkonzert geht jetzt zu Ende -
die Heimat reicht der Front nun ihre Hände -
die Front reicht ihrer Heimat nun die Hand.
Wir sagen: Gute Nacht, auf Wiederhören,
bis wir zum nächsten Male wiederkehren -
Auf Wiedersehen! sagt das Vaterland!" (S.475)


2.10.1939
Familiengeld für deutsche Mütter, deren Männer im Wehrdienst stehen: 85 Prozent des Nettoeinkommens von Mann und Frau
Der Unterhalt der Familien ist meist bequem gewährleistet (S.454).

8.11.1939
Münchner Attentat auf Adolf Hitler [im Bürgerbräukeller] erfolglos
(S.403); Das Attentat des Schreiners Johann Georg Elser misslingt, weil Hitler seine Rede abbricht und geht. Die Bombe detoniert, als Hitler den Saal schon verlassen hat (S.411).

Katholische Kirchenglocken läuten als Dank für das Überleben Hitlers nach dem Attentat
und Dankeshymnen wie "Grosser Gott wir loben dich" (S.403).

[Die Kirche scheint jeden Sinn für Gerechtigkeit verloren zu haben].

9.11.1939
Synagogenvernichtungen
Kirche: keine öffentlichen kirchlichen Proteste (S.403).

16.11.1939
Entschärfung der KWVO: Bewilligung von Zuschlägen
(S.473)

17.11.1939
Entschärfung der KWVO: Aufheben der Urlaubssperre
(S.473)

ab 21.11.1939
Manipulation: nur noch eine zentrale Wochenschau: "Deutsche Wochenschau"
-- die Bevölkerung geht weiterhin oft ins Kino, und die Wochenschau bleibt "populär"
-- Goebbels rühmt die Wochenschau als das "beste Volksführungsmittel", z.T. bis ins Detail manipulierte Filme (S.480) und inszenierte Filmwerke der Propaganda
-- die Wochenschau suggeriert Tatkraft der NS-Führung und Schlagkraft der Wehrmacht (S.481).

12.12.1939
Entschärfung der KWVO: Bewilligen weiterer Zuschläge, aber nur ab der 11. Arbeitsstunde
(S.473)

Ende 1939
Verteilung des Firmenkapitals
12,5 % aller Aktiengesellschaften besitzen 78,5 % des gesamten Aktienkapitals
Ende 1933: 7,4 % besitzen 73,8 % des gesamten Aktienkapitals (S.258).

ab 1939
Einrichtung der Akademie für Jugendführung in Braunschweig
-- Lehrpersonal wie Führeranwärter pflegen kritisches Bewusstsein
-- das kritische Bewusstsein findet Ausdruck in der Bibliothek der Akademie, hat verbotene Literatur

-- politische Einstellung: Bejahen von Nationalsozialismus und Diktatur, aber nicht nach Schablone, sondern Ausprägen einer eigenen HJ-Gesinnung

-- Kritik an der hässlichen Alltagswirklichkeit
-- Vorstellung einer Führerdemokratie (S.418).

1939-1941
HJ im Krieg: Ablehnung der HJ in Grossstädten
-- Berlin, Leipzig, Hamburg, Frankfurt, in den Industrierevieren Nordrhein-Westfalen, Sachsen (S.350)
-- Hitler-Treue lassen sich mit Hitler zusammen fotografieren (S.351).

1939-1945
Absoluter Niedergang des deutschen Handwerks
(S.259)

Der Schwarzmarkt mit nicht rationierten "Luxusartikeln"
-- v.a. mit schnell verderbliche Waren und Gebrauchsgütern des "gehobenen Bedarfs"
-- illegaler Warentausch, genannt "Schieberei"
-- harte Strafmassnahmen, denn die "Volksgemeinschaft" ist gefährdet und die Propaganda gegen die Alliierten würde bei fortgesetzter Schieberei ihre Wirkung verlieren (S.478).

Widerstand: Karikaturist Ohser zeichnet politische Karikaturen für die Zeitung "Das Reich"
(S.476)

Deutsche Arbeiter im Krieg stehen zu Hitler
stehen mit beispielloser Pflichterfüllung hinter Hitler und hinter dem 3.Reich
-- jeder Arbeiter hat die Empfindung, es sei sein Staat
-- Streikaktionen bleiben Randerscheinungen: Ruhrkumpels, Hamburger Werftarbeiter, Dortmunder Hafenarbeiter etc. (S.278).

VW produziert Kriegsautos
-- Produktion von 51.000 geländegängigen Kübel- und rund 15.000 Schwimmwagen
-- es sind dank fehlender Wasserkühlung ausgezeichnete Fahrzeuge, auch unter harten Bedingungen, auch in Afrika und in Russland (319).

[nicht erwähnt:
Kollaboration der "US"-Industrie für Hitlers Kriege].

1939/1940
D-GB-Frieden: Chamberlain akzeptiert nur Göring
-- Chamberlain ist noch 1939/1940 zu einem moderaten Frieden mit dem Dritten Reich bereit
-- Voraussetzung wäre eine von Göring geführte Reichsregierung
-- Hitler müsste seinen Führerposten abgeben und Minister werden
-- Göring getraut sich aber nicht, sich offen gegen Hitler zu stellen (S.158).

Bilanz 1939
Deutschland erreicht das höchste durchschnittliche Wohlstandsniveau in seiner bisherigen Geschichte
(S.265)

1939-1945
Das Lebensniveau im Krieg bleibt lange erhalten
(S.265) [um die Heimatfront "bei Laune" zu halten].

Tabelle: Lebensmittelverbrauch im Dritten Reich
1935-1938 3043 Kalorien / Tag
1939/1940 2435 Kalorien / Tag 20 % weniger als in Friedenszeiten
1940/1941 2445 Kalorien / Tag 20 % weniger als in Friedenszeiten


(S.434)

Die Übergewichtigen klagen anfangs über Hunger (S.435).

[Die Bevölkerung im 3.Reich merkt bis 1941 insgesamt keine grosse Unterversorgung an Nahrungsmitteln und nimmt oft den Krieg gedankenlos hin].

Unterhaltung der Bevölkerung im Krieg durch Goebbels-Propaganda
-- Goebbels lässt absichtlich Freiräume zu, organisiert diese als unpolitische Unterhaltung

-- die Auflagen tendenzfreier Bücher sorgt für Zerstreuung, hält den Leser vom Widerspruch zum NS-Regime fern

-- Ziel Goebbels am 28.7.1939: "den breiten Millionenmassen unseres Volkes in ihrem schweren Daseinskampf so viel wie möglich Entspannung, Unterhaltung, Erhebung und Erbauung zu vermitteln." (S.144)

-- Goebbels weiss: Gerade der Rückzug ins Unpolitische und Private lähmt möglichen Widerstand und mildert die Zumutungen des NS-Regimes. Programm des Reichsrundfunks:
64 % unterhaltende Musik, nur 3,5 % Politik, nur 2,9 % Zeitfunkberichte (S.144).



1940

"Gute Laune": Film "Wunschkonzert"
wird erfolgreichster (S.475) Film des 3.Reiches mit 26,5 Mio. Besuchern (S.476).

Zeitung "Stürmer": Beurlaubung von Streicher
-- wegen sexuellen Eskapaden und dubiosen Geschäften
-- Bildung einer massiven innerparteilichen Opposition gegen den "Psychopathen Streicher"
-- Streicher wird 1940 von allen Parteiämtern beurlaubt (S.377).

Malerei, Kunst, Ästhetik: Betonung des "Heroischen"
(S.190).

Das Universitätsniveau in Deutschland sinkt
Die Anzahl Habilitationen ist gegenüber 1933 gemäss einer Umfrage durch die Reichskanzlei gesunken (S.102).

Rückgang der Scheidungsrate auf unter 50.000
15,5 % aufgrund von Zerrüttung (S.221), davon fast 50 % nach längerer Ehe (S.222).

VW-Sparen
-- die Arbeiter wollen nun unbedingt ein Auto und nehmen dafür höhere Akkordleistungen und Überstunden in Kauf (S.318)
-- es existieren 336.668 VW-Sparverträge, die dem Staat 285 Mio. RM bisher 285 Mio. RM anvertrauen, Wochenraten 6 RM
-- mit diesem Geld wird das VW-Werk hauptsächlich finanziert (S.318).

1940 bis Sommer 1943
300.000 fertiggestellte Wohnungen, viel zu wenig
Hitler:
-- Gründung eines "Deutschen Wohnungshilfswerks"

-- Verwerfen des Wohnungsbauprogramms

-- Errichten von Behelfswohnungen, die schneller und in grösserer Zahl gebaut werden können, heissen im Volksmund "Ley-Lauben", da sie eher Gartenhäuschen gleichen (Ley = Reichskommissar für sozialen Wohnungsbau)

-- Ziel: 1 Mio. Behelfswohnungen jährlich
-- der Luftkrieg zerstört zum Teil alle Vorhaben (S.230).

März 1940
Deutsche Besetzung Norwegens
drei Wochen dauernder Feldzug gegen weit überlegene englische Flotte, Sieg eingekesselter Gebirgsjäger bei Narwik (S.425).

[nicht erwähnt:
12.3.1940
"Frieden" zwischen Finnland und der Sowjetunion - die Wirkung
Die Rote Armee ist derart desorganisiert, dass die finnische Armee aus Langläufern nicht besiegt werden kann.

Folge: Die ganze Welt meint, die Rote Armee sei leicht zu besiegen und freut sich auf die Vernichtung des Kommunismus in einem künftigen Russlandfeldzug Deutschlands
In: Valentin Falin: Zweite Front].

20.3.1940?
Berlin: angebliche Verbrennung von Resten "entarteter Kunst"
Göring bedient sich , füllt seine Privatsammlung auf (S.191).

Mai/Juni 1940
Frankreichfeldzug: Rache für Versailles 1919
Sieg in 6 Wochen gegen die ruhmreichste Armee Europas, die französische Armee. Wirkung:
-- der Sieg wird für die deutschen Soldaten zum Aufputschmittel
-- die Soldaten / "Landser" siegen singend und kämpfend, [oft kampflos]
-- es entsteht in den deutschen Soldaten ein unbegrenzter Glaube an Hitler, denn sie haben ja gesiegt
-- die "Landser" besiegen singend Europa, sie fühlen sich selbst nicht als Vorkämpfer einer Verge- (S.425) waltigung der Völker Europas
-- die kopflosen "Landser" haben nicht einmal das Gefühl, einer schlechten Sache zu dienen, kein Bewusstsein, keine Aufklärung (S.425).

6.5.1940
Rationierung des Feinbackwerks ("Kuchenkarte")
Unruhe unter Arbeitern (S.434).

11.5.1940-31.12.1941
Erste Phase des Luftkriegs mit Sprengbomben im Reich
-- relativ geringe Zerstörungswirkung, aber erhebliche moralische Splitterwirkung
-- "nur" 219 Luftkriegstote monatlich bei 120 total zerstörten Wohngebäuden (S.441)

26.5.1940
Gründung der Wochenzeitung "Das Reich"
-- ist dem "Observer" nachempfunden, ist im unüblichen Grossformat
-- Spitzenpublizisten, auch "unerwünschte" aus der Weimarer Zeit, geben gründliche und detaillierte Information über Politik, Kultur (zeitweise fast 50 % Anteil) und Wirtschaft (S.145)

-- das Echo auf diese Zeitung ist riesig, Auflage 1944 1,4 Mio., ins Ausland 250.000 Exemplare
-- die Korrespondenten und freien Mitarbeiter machen nach 1945 weiter Karriere (S.145).
-- Theodor Heuss ist bis Dezember 1940 freier Mitarbeiter in "Das Reich" (S.145-146)

Mitte 1940
Hitler versetzt das Dritte Reich in einen Siegestaumel -
Hitler gilt bei der grossen Mehrheit der europäischen Bevölkerung als "Genie"
-- lauter Siege
-- kaum Verluste
-- Reaktion der Bevölkerung: ist teils benommen, teils fast selbstverständliche Genugtuung, teils erfüllt von Überheblichkeit

-- die Bevölkerung hofft auf Frieden mit dem Westen
-- die Frauen werden von ihren Männern aus den besetzten Gebieten mit Geschenken überhäuft (476): Kaffee, Schokolade, Speck, Seidenstrümpfe, Stoffe, Parfums auf Frankreich, Pelzmäntel und Silberfüchse aus Norwegen etc. (477)

[nicht erwähnt:
-- die Käufe in den besetzten Gebieten kommen nur dank einem künstlich hoch gehaltenen Wechselkurs der Reichsmark zustande
-- die Käufe gehen so weit bis die Geschäfte leer sind
-- die Bevölkerungen der besetzten Staaten haben bald nichts mehr, weil die deutschen Soldaten mit ihrer starken RM alles weggekauft haben;
In: Tewes, Ludger: Frankreich in der Besetzungszeit 1940-1943. Die Sicht deutscher Augenzeugen. Bouvier-Verlag, Bonn, 1998

-- viele hochrangige Franzosen wollten die Republik nicht mehr und ermunterten die französische Armee kaum zu Widerstand. Hitler besetzte ein mentales "Kartenhaus";
In: Valentin Falin: Zweite Front, Knaur 1995].

Siegesfeiern im 3. Reich - Krieg dient dem beruflichen Aufstieg
-- es ist der Höhepunkt für die Bewunderung Hitlers, denn der "Erbfeind Frankreich" ist besiegt
-- die NS-Gegner müssen tief beeindruckt die Leistung Hitlers und der Wehrmacht anerkennen, auch ehemalige SPD- und KPD-Angehörige (S.476)

-- der eigene Wille geht der Mehrheit der deutschen Bevölkerung verloren, das Urteilsvermögen geht verloren
-- Hitler bezeichnet seinen Krieg als Mission, der Eroberungskrieg wird populär (S.477)

-- Hitlers Siege sind auch Element zur Beförderung mittels Kriegsauszeichnungen: Für viele Subalternbeamte, Volksschullehrer, Angestellte usw. bedeutet die Beförderung zum Offizier Aufstieg, soziales Ansehen, spätere Arbeitsplatzsicherheit (S.477).

[Die Gesellschaft in den besetzten Gebieten wird bei den deutschen Soldaten kaum beachtet...].

Hitler setzt für das "Neue Europa" deutschfreundliche Bedingungen fest
-- künstlich festgesetzte Wechselkurse [die RM ist immer am meisten wert]
-- besetzte Länder werden attraktive Käufermärkte für Deutsche
-- bis 1940 profitiert die deutsche Bevölkerung vom Krieg, die deutsche Bevölkerung geniesst den Krieg, angenehm fröstelnd, in der Wochenschau, die Werbung für Krieg macht
-- der Führer ist bis jetzt unfehlbar (477).

ab Juli 1940
Expansion der Deutschen Bank, Dresdner Bank und Commerzbank in Belgien, Luxemburg, Holland und Frankreich
-- mit Beteiligungen und Unterbeteiligungen
-- enge Tuchfühlung mit der SS, Dresdner Bank mit Beinamen "SS-Bank" (S.243).

August 1940
Hitlers Kriegserfolge geben Hitler den Nimbus der Unverwundbarkeit - Widerstand in Sachdiskussion
-- erst jetzt entsteht Widerstand mittels sachlicher Kritik und Detailfragen
-- Beteiligte sind der Heeres-Generalstab, Auswärtiges Amt, Adel; es formt sich eine (S.415) prinzipielle Opposition (S.416), dann eine radikale Fronde und Verschwörung
-- dann wird das Ziel ein Attentat und ein Umsturz
-- aber die grosse Masse steht hinter Hitler (S.416).

ab August 1940 ca.
Antisemitismus unter dem Vichy-Regime
-- rüder Antisemitismus, Denunziation von Juden und Widerstandskämpfern
-- viele Franzosen leisten den deutschen Henkern Beihilfe
-- die deutsche Gestapo ist auf französische Kollaborateure angewiesen: französische Informanten, Spione, Erpresser, Folterer und Mörder
-- die französische Masse lebt im Opportunismus mit der Parole "Attentisme" (S.374).

Die Widerstandsbewegung "Résistance" in Frankreich  hat bis 1943 kaum Schlagkraft
(S.374).

25. / 26.8.1940
Erster Luftangriff auf Berlin - Hitlers Ruf ist erstmals angeschlagen
-- Neugierige (S.441) bestaunen die schwarz gefärbten Ruinen und holen sich Souvenirs aus abgeschossenen Feindmaschinen
-- Görings Versicherung, dass der Feind Berlin nicht erreichen könne, ist als Prahlerei entlarvt und die Unverwundbarkeit als falsches Gefühl aufgedeckt (S.442).

3.11.1940
Entschärfen der KWVO: Bewilligen von Zuschlägen ab der 9. Arbeitsstunde
(S.473).

15.12.1940
Führer-Erlass: Ausarbeiten eines Wohnungsbauprogramms für die Nachkriegszeit
Es soll den Deutschen möglich sein, mit "Geburtenzuwachs die Lücken zu füllen, die der Krieg dem Volkskörper als Opfer auferlegt." Dafür braucht es neuen Wohnungsbau... (S.229)

Minimalforderungen:
80 % als 3-Z-Wohnungen 74m2
10 % als 4-Z-Wohnungen 86m2
10 % als 2-Z-Wohnungen 62m2
-- jedes Haus mit Luftschutzkeller
-- staatliche Subventionen
-- Gesamtkosten (S.229): sind so hoch wie die gesamte Rüstung und der Westwallbau von 1934-1939 zusammen (S.230).

ab 1940
Anregung in NS-Kreisen, auch aussereheliche Kinder zu fördern - keine Statistiken ab 1940
um die Geburtenrate im Krieg beizubehalten. Ab 1940 existieren im 3.Reich keine Statistiken über aussereheliche Kinder mehr. Eitner vermutet ein bewusstes Verschweigen, weil die Rate wohl im NS-Sinn zu hoch ist (S.225).

1940-1945
"Gute Laune" durch Unterhaltungsfilme im Reich und im restlichen Westeuropa und "Amerika"
(S.482).

Kino im Krieg ist willkommene Ablenkung
1939: 624 Mio. Kinobesucher, 1943: 1,1  Mrd. Kinobesucher

-- Orte mit Filmtheater haben eine ansteigende Besuchsrate von 12,2 auf 20,2 Kinobesuche pro Jahr, obwohl die Eintrittspreise von 77 auf 86 Pfennig steigen

-- Schlagwort: "Gute Laune"

-- Propagandafilme sind nur 14 Prozent, v.a. "Jud Süss" von 1940

-- ansonsten werden international anerkannte Filme und Liebesschnulzen der Unterhaltung gezeigt wie "Bel ami" (1939), "Romanze in Moll" (1943), "Träumerei" (1944), "Unter den Brücken" (1944/1945) etc. (S.121)

[Motto: ja nicht denken, sondern Gehirn ausschalten].

1940-1943
Judendeportationen aus dem 3.Reich: die "Absiedelung"
Die Deportationen werden z.T. als "Absiedelung" bezeichnet (S.385):
-- die Bevölkerung glaubt, dass die jüdische Bevölkerung nicht wieder kommen wird, wie das Wort "Absiedelung" dies besagt
-- an eine Vernichtung der jüdischen Bevölkerung glaubt die deutsche Bevölkerung nicht
-- die Deportationen werden aber auch zunehmend unpopulär (S.385)
-- jüdische Koffer, die von den Juden nicht mitgenommen werden dürfen, stehen z.T. tagelang auf der Strasse beim Ausgangsbahnhof der Deportation, ohne angerührt zu werden (S.382).


Widerstand gegen die Judendeportationen ist nur unter Todesgefahr möglich (S.382), z.T. in SS-Chefetagen: Man lässt Juden entkommen oder schützt Juden vor Deportationen (S.383).

1940-1945
Der "Volksgerichtshof" VGH im Krieg schickt scharenweise Leute in Arbeitslager
-- es entsteht ein reibungsloses Zusammenspiel von Innenverwaltung, Justizverwaltung und KZ-System, Reibungen kommen höchstens vor wegen Verfahrensfragen und Kompetenzstreitigkeiten

-- es herrscht Arbeitskräftemangel, und die Bürgermeister stehen beim SS-Apparat Schlange, um Arbeitslager errichten zu dürfen, weswegen der VGH oft Verurteilungen zu Arbeitslagern ausspricht (S.184).

[Im organisierten Klatschpublikum des VGH sitzt der jugendliche Helmuth Schmidt].

Massive NS-Attacken gegen die katholische Kirche
-- die Kirche muss sich im Krieg gegen massive Angriffe des NS-Regimes wehren
-- beispiellose Radikalisierung der NS-Innen- und Rassenpolitik (S.403).

Kirche: Katholische Mitläuferschaft für die "Euthanasie"
-- Josef Mayer, Moraltheologe aus Paderborn, bezeichnet Euthanasie 1940 als "vertretbar"
-- die meisten Bischöfe schweigen und meinen, die Leute könnten nicht mehr von ihrem Hitler-Glauben abgehalten werden
-- auf die Massaker an der jüdischen Bevölkerung und die Deportationen erfolgt kein amtskirchlicher Protest (S.403).

Widerstand Kirche: Bischöfe gegen Euthanasie
-- Bischof Konrad Graf von Preysing, Berlin (1880-1950)
-- Bischof Clemens August Graf von Galen, Münster (1878-1946), genannt der "Löwe von Münster" (S.403).

Überlebenstaktik der deutschen Männer: Bestechung für "uk"
-- alle wollen "unabkömmlich" ("uk") gestellt werden

-- es fliessen Schmiergelder, so auch von Bauern, die "uk" erklärt werden möchten, haufenweise Bestechungsgeschenke

-- die Wehrmacht-Behörden werden von Landsern "Lieferantenzentralen" genannt, weil sie für Lieferanten-Söhne Heimatposten liefern

-- am besten ist es, sich zu einer "Sonderverwendung" im fast unentwirrbaren Geflecht der Dienststellen einsetzen zu lassen, so führt man noch ein gehobeneres Leben als in Zivil (S.452).

1940-1945
200.000 bis 400.000 freiwillige Ausländer arbeiten im 3.Reich für den "Endsieg"
-- bis 1941 haben die ausländischen Arbeiter bessere Lebensbedingungen als in der Heimat
-- von den ausländischen Arbeitern sind die Mehrheit Franzosen (S.450)
-- beste Lebensbedingungen im 3.Reich haben Dänen, Flamen, Schweizer, Ungarn
-- weniger gute Lebensbedingungen haben Franzosen, Belgier, Holländer (S.457).

ab 1940
Rationierung von Kaffee: 2,5 kg pro Jahr
Folge: blühender Schwarzhandel mit Kaffee: Ende 1940 kostet 1 kg Kaffee 40 RM. Der Preis steigt stetig (S.440).

ab 1940 ca.
Entstehen der Tauschgesellschaft
v.a.: Kleidermarken gegen Essmarken: Die Stadtbevölkerung braucht Essmarken, die Landbevölkerung braucht Kleidermarken (S.437,439).

1940er Jahre
Hitlers Projekte für Deutschland nach dem Krieg
-- Hitler will das Wirtschaftsleben nach dem Krieg einschneidend verändern
-- gerechte Verteilung des Reichtums
-- Hitler sucht im Wirtschaftsleben bis zu seinem Ende einen "dritten Weg" zwischen Kapitalismus und Sozialismus (S.204):
-- Versuch des Verbindens der Vorteile der privaten Initiative und ökonomischer Konkurrenz mit den Vorteilen staatlicher Wirtschaftslenkung
-- es kommt nicht zur Neudefinition oder Definition ökonomischer Formeln (S.205).

[Komischerweise aber versucht Hitler, den "dritten Weg" mit Krieg zu erreichen: Er wollte ja gewinnen...]



1941

3.Reich: Über 70 % der Industrieproduktion ist kartellisiert
(S.257)

Kirche: Verbot der katholischen Monatszeitschrift "Stimmen der Zeit" von Delp
(S.404)

Nolde wird aus der Reichskammer der bildenden Künste ausgeschlossen
-- Nolde erhält Malverbot und Ausstellungsverbot
-- Nolde malt weiter auf seinem Hof Seebüll/Nordfriesland
-- Nolde malt bis 1945 etwa 1300 Aquarelle, die heute als Meisterwerke gelten (S.193).

Die Arbeiterschaft beklagt die Kriegsgewinnler
-- deutsche Plutokraten
-- Direktoren, Fabrikbesitzer, Angestellte und Händler
-- Partei- und Staatsdiener (S.478).

Hitler stiftet die Auszeichnung Deutsches Kreuz in Gold
-- für ausserordentliche Tapferkeit vor dem Feind
-- ein achtstrahliger Silberstern mit stilisiertem Lorbeerkranz in Gold (S.523).

März-Juni 1941
Der Industrielle Schulte meldet der westlichen Industrie vorzeitig den Überfall auf die UdSSR
(S.248).

April-Mai 1941
Balkanfeldzug: Sieg und Besetzung
(S.477): Deutsche Besetzung Jugoslawiens und Griechenlands(S.425).

[nicht erwähnt:
Der Balkanfeldzug war nicht geplant, sondern ist eine Aktion gegen den Umsturz in Belgrad. Damit geht wertvolle Zeit für den Russlandfeldzug verloren].

Mai 1941
Siegesstimmung in der deutschen Wehrmacht gegen Russland
-- Witz: Jeder deutsche Soldat wiegt zwei gegnerische Soldaten auf
-- dabei: mehr als 80 Prozent der Verluste erleidet die Wehrmacht durch die Rote Armee (S.460).

ab Mai 1941
Expansion der Deutschen Bank, Dresdner Bank und Commerzbank auf dem Balkan
-- mit Beteiligungen und Unterbeteiligungen
-- enge Tuchfühlung mit der SS, Dresdner Bank mit Beinamen "SS-Bank" (S.243)

10.5.1941
Vizekanzler Rudolf Hess fliegt nach England
[wird dort als Kriegsgegner festgehalten] (S.174)

Martin Bormann wird Leiter der Parteikanzlei
(S.174)

Mai / Juni 1941
OKW und OKH rechnen mit 2-3 Mio. russischen Kriegsgefangenen
-- es werden keine Vorbereitungen getroffen für deren Transport, Verpflegung, Unterkunft
-- die Russen gelten als "Untermenschen", gelten nichts, und ein Arbeitseinsatz von Russen im NS-Reich ist nicht vorgesehen (S.457)

-- die Russen stehen für die NS-Führung hierarchisch noch unter den Polen und kaum höher als Tiere
-- die russischen Menschenmassen würden in "riesiger tierischer Masse" die anderen überrennen können (S.429)

2.6.1941
Weitere Rationierungen
-- Kürzung der Wochen-Fleischration um 20 % von 500 g auf 400 g
-- Rationierung von Kartoffeln (S.434).

12.6.1941
Rationierung von Pferdefleisch auf Marken
(S.434)

ab 22.6.1941
Russlandfeldzug um Lebensraum mit Ziel der Vernichtung des Kommunismus - Krieg des "Abendlandes" gegen den "Bolschewismus"
-- Devise: Lebensraum-, Eroberungs- und Vernichtungskrieg
-- Propaganda: "Verteidigung des Abendlandes gegen den östlichen Bolschewismus und westliche Plutokratien"

-- Aufbau eines ideologischen Hasses gegen die Russen in ungeahntem Ausmass: Russen werden zu "Untermenschen" gestempelt, alle Taten sind erlaubt
-- nach dem geltenden Kriegsvölkerrecht ist der Russlandfeldzug kriminell

-- deutsche Truppen kooperieren
oo  mit finnischer Wehrmacht
oo  mit italienischen, ungarischen, rumänischen, slowakischen, kroatischen Verbänden
oo  mit Freiwilligen, meist in der Waffen-SS oder SS-Einheiten, aus Spanien, Schweden, Dänemark, Frankreich, Belgien, Holland und Norwegen (426)

[nicht erwähnt: die Entsendung einer schon vorbereiteten schweizer SS-Einheit wurde von der schweizer Regierung aus "Neutralitätsgründen" im letzten Moment unterbunden].

- die Bevölkerung empfängt die deutschen Armeen zuerst als "Befreier", besonders in der Ukraine

[nicht erwähnt:
-- die kommunistisch-linken Bevölkerungsteile sind bereits mit der Roten Armee ins innere Russland geflüchtet, so dass nur noch die rechtskonservativen Teile der Bevölkerung vorhanden sind].
-- die russischen Soldaten gehen mit deutschen Gefangenen ebenso wenig zimperlich um wie umgekehrt]

-- russische Kriegsgefangene bleiben ohne Dach und Nahrung in Lagern mit bestialischen Zuständen
-- die russische Führung weiss davon und informiert die Rote Armee entsprechend, so dass der Widerstand auf kommunistischer Seite immer härter wird

-- die Wehrmacht duldet die Grausamkeiten an den russischen Soldaten
-- die Wehrmacht lässt auch die Zersetzung der "Soldatenehre" durch die Befehle Hitlers zu
-- z.T. beteiligen sich Teile der Wehrmacht an den Ausrottungsaktionen gegen Juden, die Soldaten handeln apathisch auf Befehl (S.427)

-- die russische und die deutsche Seite kämpfen an der Front mit nie gekannter grausamer Härte (S.427)
-- die Soldaten unter Hitler geraten in ausweglose Situationen bis hin zu Mordaktionen
-- die Vorstellung der Soldaten, für die "Sache des Westens" zu kämpfen, bleibt aber erhalten (S.426)
-- der Treue-Eid auf Hitler heisst stete Pflichterfüllung des deutschen Soldaten in jedwelchem Kampf, Klima und Strapaze
-- die Soldaten bleiben grossenteils ihrem Hitler-Eid treu, glauben an den Sieg und an die "gute Sache" (S.427)

21.6.-Ende Juli 1941 ca.
Hohe Kriegsverluste der deutschen Seite in den ersten 5 Wochen
- 3/4 der Gesamtverluste des 2.Weltkriegs erleidet die Wehrmacht in den ersten 5 Wochen des Russlandfeldzuges
- die Masse der kampferfahrenen Mannschaften, Unterführer und Offiziere wird getötet (S.460)

21.6.1941-Dezember 1941
Erste Welle von Judenmassakern in Osteuropa unter Duldung der Wehrmachtführung
-- nach dem Weiterzug der Front beginnt das Gemetzel an der dortigen jüdischen Bevölkerung durch SS-Kommandos, geduldet oder gestützt durch die Wehrmacht (426) z.B. Babi Jar, westlich von Kiew, am 29./30.9.1941 (427)

[nicht erwähnt: Massaker gegen Juden werden von den übrig gebliebenen rechtsgerichteten Bevölkerungsteilen z.T. auch ohne jeden Befehl organisiert, z.T. schon nach dem Abzug der Roten Armee und noch vor der deutschen Besetzung. Beispiele in Weissrussland:

In:
--  Bernhard Chiari: Alltag hinter der Front. Besatzung, Kollaboration und Widerstand in Weissrussland 1941-1944. Droste Verlag Düsseldorf, 1998

--  Nechama Tec: Bewaffneter Widerstand. Jüdische Partisanen im Zweiten Weltkrieg. Bleicher Verlag, Gerlingen 1996; orig.: "Defiance, the Bielski Partisans". Oxford University Press, Inc., New York 1993]

ab Juli 1941
NSDAP-Frauen glauben die Gräuel des Krieges nicht
und organisieren Wohnungen für ausgebombte Familien (326).

Neue Strafe des NS-Systems: Kritik in der Wehrmacht wird mit "Frontbewährung" an der Ostfront bestraft
(535)

ab Juli 1941 ca.
Erkennungsnummer für Leichen der Landser
-- es existiert sogar eine Vorschrift für den Knoten, wie die Leichennummer zu befestigen sei
-- Landser-Jargon für die Nummer: "Grabstein" (S.469).

Juli-Dezember 1941
3,35 Mio. russische Kriegsgefangene vegetieren in bestialischen Umständen
-- Einzäunung an Ort und Stelle im Wald oder auf dem nackten Steppenboden
-- schon am Anfang kommt es fast zum Verhungern
-- die russischen Kriegsgefangenen sind schutzlos ohne warmes Essen der Witterung ausgesetzt

-- keine Medikamente, keine Baracken, Entstehen von Wahnsinnstaten und Kannibalismus
-- die verlumpten Gefangenen werden von der deutschen Propaganda gefilmt und so willkommene zur Propaganda "gegen den Untermenschen", und die deutsche Bevölkerung reagiert zunächst durchaus positiv gegen die russischen Gefangenen... (S.429).

Juli 1941-1942
Von 3,35 Mio. russischen Kriegsgefangenen sterben zwei Drittel
-- sterben an Kälte, Fleckfieber oder Ermordung durch SS-Einsatzgruppen
-- sterben mit Wissen, Duldung und Mithilfe der Wehrmacht
-- Wehrmachteinheiten und SS-Einheiten organisieren Arbeitsteilung bei der Liquidierung von russischen Kriegsgefangenen (S.429).

Juli 1941-1945
Insgesamt sterben 3.3 Mio. russische Kriegsgefangene in deutscher Kriegsgefangenschaft
(S.429)

29.7.1941
Der Reichsarbeitsdienst RAD wird von 1/2 auf 1 Jahr verlängert
(S.331)

August 1941 ca.
Osteuropa: Ansturm auf Anwerbung für Deutschland
Vor allem in der Ukraine und in Weissrussland melden sich Männer freiwillig, um im 3.Reich für das NS-Regime für einen Sieg gegen Stalins Kommunismus zu arbeiten (S.458)

[nicht erwähnt: Im Reich erhalten die Osteuropäer viel höhere Löhne, so dass es v.a. monetäre Gründe sind, die die Leute ins 3. Reich treibt; In: Chiari: Alltag hinter der Front 1998]

-- das NS-Regime hat 1941 grosse Auswahl an freiwilligen Arbeitern
-- Zwangsdeportationen erfolgen ab Sommer 1942 (S.459) [nach Ausbleiben des Blitzsieges gegen Moskau].

ab 1.9.1941
Judensternpflicht im "Altreich"
(S.385)

29./30.9.1941
Judenmassaker u.a. bei Babi Jar an 33'771 Juden
-- Männer, Frauen und Kinder werden tot in die Schlucht von Babi Jar geworfen
-- das Massaker wird vom Oberkommando der 6. Armee für die SS-Sonderkommandos vorbereitet
-- Heeres-Lkw fahren die Kleider der Erschossenen ab
-- Heeres-Pioniere sprengen die Ränder der Schlucht so ab, dass die Leichen von der Erde bedeckt werden

-- die meisten Soldaten leisten wortlos ihre "Pflicht" (S.427), ist eine "ausweglose Verstrickung" in Verbrechen (S.426)
-- die deutschen Soldaten sind weiter überzeugt, "für die Sache des Westens" zu kämpfen (S.426).

Oktober 1941-Februar 1943
Die Rückschläge für die NS-Truppen werden vom Volk als Sabotage interpretiert
-- der Führer sei schlecht beraten worden
-- der Führer habe nichts gewusst (S.484).

[und der "Führer" wurde schlecht beraten, nur hat er sich von seinen Generälen übertölpeln lassen und die Situation nicht mehr im Griff... besser, er wäre bald gestorben...]

20.10. / 10.11.1941
Parole "Eisernes Sparen" zur Geldbeschaffung des NS-Staates
-- Einführen des freiwilligen "Eisernen Sparens" am 20.10. / 10.11.1941
-- ein Kriegsende mit einem Sieg wird vorausgesetzt
-- Festlegen gut verzinster Spareinlagen, die bis 12 Monate nach Kriegsende gesperrt blieben sollen
-- es ist gleichzeitig das Ausnutzen des Überschwangs der Kriegserfolge und das Abschöpfen von Kaufkraft, somit auch Vorbeugung gegen Inflation (S.217).

15.11.1941
Fuldaer Bischofskonferenz: Kein gemeinsames Hirtenwort gegen die NS-Diktatur
-- ein Drittel der Anwesenden verweigert die Zustimmung
-- es geht um das Überleben der Kirche als Ganzes

-- die Bischöfe haben die Vorstellung, man könne die Kirche bewahren ohne aktiven Widerstand, ohne volle Kooperation, durch Anpassung und durch Widerstehen

-- Tausende mutige Pfarrer, Mönche und Nonnen leisten Widerstand bis ins KZ, auch Mitglieder der katholischen Arbeiterbewegung (S.403).

Dezember 1941
Niederlage der deutschen Wehrmacht vor Moskau
(S.477):
-- erster schwerer Schock für die deutsche Bevölkerung
-- verschleiernde Wehrmachtsberichte (S.478).
-- Hitlers Blitzkriegsstrategie ist gescheitert. Zum ersten Mal ist Hitler in der Defensive (S.474).

11.12.1941
[Pearl Harbour - Kriegserklärung der "USA" gegen Japan] - Kriegserklärung Hitlers gegen die "USA"
Die deutsche Bevölkerung kann die Entwicklung nur erahnen (S.478), denn der geistige Horizont ist dermassen eingeengt, dass die Folgen oft nicht abgesehen werden (S.479).

20.12.1941
Goebbels-Aufruf zur Wintersachensammlung für das Ostheer
-- ist nochmals ein schwerer Schock für die deutsche Bevölkerung
-- Sammlung bis in die letzten Dörfer mit Appell an den Patriotismus
-- ist auch ein Ablenkungsmanöver von der Niederlage vor Moskau (S.478)

-- der Führer ist nicht mehr unfehlbar, die Popularität ist angeschlagen, die Euphorie verfliegt
-- die Schlauesten beginnen, sich unauffällig von der NSDAP abzusetzen
-- die Soldaten haben immer noch Siegeszuversicht (S.478).

ab Winter 1941
Die Wochenschau suggeriert Vormärsche der Wehrmacht, die es nicht gibt
(S.481).

Ende 1941
NS-Führungsschicht sieht die NS-Niederlage voraus
weil ein Ermattungskrieg eintreten wird wie im Ersten Weltkrieg (S.479).

Winter 1941/1942
Neue Tabus: Winter, U-Boot, Rheinregion
Die Unterhaltungsmusik im Radio hat folgende Themen zu meiden:
-- kein Winter-Thema wegen der Niederlage vor Moskau
-- keine U-Boot-Lieder wegen hoher U-Boot-Verluste
-- keine fröhlichen Rheinlieder wegen der Luftangriffe auf die rheinischen Städte (S.481).

1941-1945
Kaum militärische deutsche Frauenarbeit im Krieg
-- Hitler belässt die Frauen bei der Familie
-- die Arbeitsreserve von 5 Mio. deutschen Frauen bleibt ungenutzt, anders als in England
-- das Manko lässt Hitler durch Zwangsarbeiter ausgleichen
-- die Frauenlöhne sind dermassen niedrig, dass es sich für Frauen nicht lohnt zu arbeiten (S.454).

1941/1942
Untersuchung der Deutschen Arbeiterfront DAF an Fremdarbeitern
-- Untersuchung des DAF-Instituts für Arbeispsychologie und Arbeitspädagogik: Testen der Fähigkeiten von rund 400.000 Fremdarbeitern

-- Fähigkeits-Abstufungen bei Männern:
1. Franzosen
2. Russen,Polen,Griechen
3. Jugoslawen
4. Holländer,Norweger
5. Italiener

-- Fähigkeits-Abstufungen bei Frauen:
1. Russinnen
2. Polinnen
3. Griechinnen
4. Französinnen, Jugoslawinnen (S.458).

Resultat:
Die DAF muss zugeben, dass auch Ostarbeiter "vielfach hervorragende, arbeitsame und anständige Arbeitskräfte" sind (S.459).

Mutterschutz:
-- Ostarbeiterinnen erhalten auf Order der DAF nur minimalen Mutterschutz
-- andere Arbeiterinnen sollen gleichen Mutterschutz wie deutsche Mütter erhalten: Bulgarinnen, Italienerinnen, Kroatinnen, Slowakinnen, Spanierinnen, Ungarinnen (S.458).

1941-1945
HJ im Krieg: rund 800.000 Kinderlandverschickungen
-- die Kinder werden klassen- und schulweise aus luftkriegsgefährdeten Gebieten aufs Land geschickt
-- Verschickung nach Mittel- und Ostdeutschland, teils auch in besetzte Gebiete, allein 500.000 in Ostpreussen, im Warthegau, in Oberschlesien, in der Slowakei ( S.348-349).

HJ im Krieg: Hitler-Treue marschieren mit ihrem Hitler in den Tod
- HJ-Lied:

"Es zittern die morschen Knochen
der Welt vor dem grossen Krieg
Wir haben den Schrecken gebrochen,
für uns war's ein grosser Sieg.
Wir werden weiter marschieren,
wenn alles in Scherben fällt;
denn heute da hört (gehört) uns Deutschland
und morgen die ganze Welt!" (S.351)

Heimatfront: HJ und BdM übernehmen militärische Aufgaben
-- Wachdienst,  Luftschutz, Altmaterialsammlung, Land- und Ernteeinsatz u.a.
-- Tätigkeit in Feldlazaretten, Kindergärten, Bahnhofsdienst (S.351).

Die alternative Jugend im Krieg
-- es bilden sich illegale Jugendbanden bis zur Fortsetzung jugendbündischer Gruppen
-- Ziel des Widerstands: Vereinigung im unpolitischen Abseits, aber auch aus privater Bequemlichkeit

-- der Widerstand zur HJ an sich reizt viele Jugendliche
-- Kennzeichen: extravagante Kleidung, karierte Hemden, verbeulte Hüte, furchterregende Siegelringe usw.

-- bekannte Gruppen:
oo  im Rheinland die "Edelweisspiraten": Wille, die Abende und Wochenenden unkontrolliert von der HJ auszuleben
oo  die "Swing-Jugend": Real- und Oberschüler mit noblen Adressen und reichlich Bargeld aus gehobener Mittelschicht in Grossstädten, lange, karierte, englische Sakkos, Schuhe mit dicken Kreppsohlen, auffallende Schals, Diplomatenhut, Regenschirm, als Abzeichen Frackhemdenhut mit farbigem Stein, z.T. war die Swing-Musik verboten, da die NS-Führung die Texte für "anstössig" hielt (S.350).

Die NS-Führung fürchtet durch die unabhängigen Gruppen die "politische Zersetzung der Jugend" (S.351).

ab 1941
Deportationen: Reichsinnenministerium "nicht zuständig"
Das Reichsministerium des Inneren achtet sorgfältig (S.173) darauf, dass Deportationsmassnahmen durch Verordnungen abgestützt werden, die ausdrücklich seine Nichtzuständigkeit festlegen (S.174).

Die SS gewinnt entscheidenden Einfluss auf die NAPOLA (Nationalpolitische Erziehungsanstalten)
(S.301)

Lebensmittelverbrauch im Krieg
1941/1942: 1928 Kalorien/Tag (36,6 % weniger als im Frieden)
1942/1943: 2078 Kalorien/Tag (31,7 % weniger als im Frieden)
(S.434)

Es erfolgen keine Klagen mehr über Hunger. Die Übergewichtigen haben eine Zwangsdiät durchgemacht (S.435).

[Die Bevölkerung im 3.Reich ist eingeschränkt, hungert aber immer noch nicht, so dass der Krieg im Zusammenhang mit der "Unterhaltung" aus Radio und Kino immer noch relativ harmlos erscheint].

Qualität der Lebensmittel
-- bleibt bis Kriegsende im 3.Reich befriedigend
-- Brot: Ausgleich von Roggen und Weizen durch Mais- und Kartoffelmehl, wird planmässig erst verkauft, wenn es 1 Tag alt ist, "hält" so länger "vor"

-- einschneidende Qualitätseinbussen treten ein:
oo  bei Butter und Margarine (Wassergehalt)

-- weitere Massnahmen:
oo  Verwendung neuer Zusammensetzungen bei Fetten
oo  verringerter Fettgehalt in der für Kinder zugeteilten Vollmilch
oo  gewisse Zusätze bei der Wurst (S.436)

-- Gemüse: meist Weisskohl, ist bis Ende 1941 frei erhältlich
-- die Obst-Erfassung versagt wegen fehlender Einlagerungen völlig (S.436).

Die Arbeit der Bauersfrauen
Die Bauersfrauen arbeiten
-- im Durchschnitt 75 Wochenstunden
-- im Krieg 82 Wochenstunden
-- im Krieg zur Erntezeit 100 Wochenstunden (S.435-436).

ab 1941 ca.
Ernährung im 3.Reich
-- Ernährung auf dem Lande: Reichsnährstandskontrollen greifen nicht
-- Partei- und Wirtschaftsführer decken sich über den Schwarzen Markt ein
-- KZ-Insassen und Häftlinge bekommen bei Nichtarbeit 20  % geringere Rationen (oft nur 1000 Kalorien)
-- KZ und Lager mit Polen und Russen: Polen und Russen erhalten Nahrungsmittel schlechtester Qualität mit hohem Abfallanteil, statt Eiweiss und Fett: Kohlehydrate. Folge: Hungerödeme und Hungertod
-- Fremdarbeiter und westliche Kriegsgefangene erhalten Rationen wie die deutsche Zivilbevölkerung (S.437).

ab 1941 ca.
Widerstand in der SS: SS-Frondeure

4 Gruppen von SS-Frondeuren:
1. ein kleiner Kreis um Reichskriminaldirektor Arthur Nebe (1894-1945). Die Widerständler dieser Gruppe werden Partner der Verschwörer des 20. Juli 1944, Ziel: Ermordung Hitlers, mit dabei:
Paul Kanstein, seit 1937 Leiter der Gestapo-Leitstelle in Berlin und Schlüsselfigur aller Putschpläne (dirigiert die Berliner Polizei)

2. einige Führer der Waffen-SS im Generals-Rang: Ziel: Hitler aus der Kriegsführung ausschalten, Anstreben eines Waffenstillstands mit den Westmächten

3. Kreis um den Chef des SD-Auslandsnachrichtendienstes Walter Schellenberg (1910-1952), Ziel: Sonderfriede mit den Westmächten. Diese Gruppe war zeitweise von Himmler gebilligt

4. ein grosser Kreis hoher SS-Führer von Werner Best bis Otto Ohlendorf. Ziel: keine Regime-Änderung, aber nach dem Krieg soll das 3.Reich erneuert werden (S.421).

-- Ohlendorf: durch Beteiligung am Massenmord in Südrussland (Ermordung von 90.000 Menschen, meist Juden) (S.421) wird versucht, ihn sich "gefügig" zu machen, was misslingt (S.421)
-- Ohlendorf gibt im SD unzensierte Meldungen, sammelt kritische Feldpostbriefe und schreibt die Verfasser an, glaubt an ein gereinigtes Regime nach dem Endsieg (S.422).

1941-1945
KdF-Luxusdampfer werden beliebte Truppentransporter und Lazarettschiffe
(S.312)

Schuschnigg bleibt im Prominenten-KZ
(S.154)



1942

Verbesserung des Mutterschutzes
um den Frauen die Furcht vor der Doppelbelastung Kind - Arbeit zu nehmen (S.225).

Malerei, Kunst und Ästhetik verdrängen die Wirklichkeit
(S.190)

Der Industrielle Schulte meldet der westlichen Industrie die Massenerschiessungen an osteuropäischen Juden
was im State Department als Gerücht bewertet wird (S.248).

Die Industriellen rechnen mit einem Sieg gegen Russland
(S.246)

VW: Hitler propagiert das Auto als Glück
in Tischgespräche:

-- "Meine Liebe gehört dem Automobil. Das Auto hat mir die schönsten Stunden meines Lebens geschenkt." (S.316)

-- der VW werde der "Wagen der Zukunft", nach allen Kriegserfahrungen werde der VW bei Auswertung der Erfahrungen der "europäische VW" schlechthin sein

-- Hitler stellt sich eine Lieferzahl nach einem "Endsieg" von 1-1,5 Mio. Stück jährlich vor, und Hitler behält Recht (S.318).

Ostfront: Die Kampfkraft und die Ausbildung der deutschen Infanterie der Ostfront nehmen ab
-- die erfahrenen Leute sind 1941 meist gefallen
-- der Ersatz hat 6-8 Wochen Ausbildung, der "Kampfwert" sinkt
-- durchschnittliche "Lebensdauer" eines Infanteristen an der Ostfront Juli 1941-Juni 1944: 2 1/2  Monate
-- es herrschen grösste Verzweiflung und verborgene Angst (S.460)
-- erfahrene Landser (S.460) nehmen innerlich Abschied vom Leben und kämpfen dennoch weiter, dies sind ungeschriebene Frontgeschichten
-- über die Verluste und die Vermissten wird in den Wehrmacht-Stäben genau Buch geführt
-- die Zahl der Vermissten steigt stetig an (S.461)

Einsetzen russischer Kriegsgefangenen zur Arbeit im Reich
unter entsetzlichen, entwürdigenden Bedingungen (S.430).

Kirche: Der katholische Theologe Alfred Delp wechselt zum Widerstand
in den Kreisauer Kreis und entwirft eine christliche Sozialordnung für Deutschland (S.404).

Kirche: Kirchenführer Wurm wendet sich gegen die Juden
Wurm schreibt, er habe schon früh auf die Gefahren "jüdischer Überfremdung" hingewiesen (S.408).

Widerstand Kirche: Der reformierte Widerstand bleibt antisemitisch
z.B. die Vorschläge für ein Deutschland nach Hitler in der Denkschrift des Bonhoeffer-Kreises im Anhang: "Vorschläge für eine Lösung der Judenfrage":
-- nach dem Ende des NS-Regimes sollen die Grenzen für "jüdische Rückwanderung" gesperrt werden
-- der Staat dürfe Massnahmen ergreifen, "um dem unheilvollen Einfluss einer Rasse auf die Volksgemeinschaft zu wehren" (S.408).

"Gute Laune": Bildung des Deutschen Tanz- und Unterhaltungsorchester DTU
mit 38 Mann unter Franz Grothe/Georg Haentzschel. Das DTU spielt gepflegte Swingmusik im deutschen Radio, bis Herbst 1943 in Berlin, dann wegen des Luftkriegs in Prag. Aufnahmen auf Magnettonbändern, Weltneuheit, bei den Alliierten noch nicht bekannt (S.482).

"Gute Laune" durch Unterhaltungsfilme auch in den "USA"
(S.482).

Schlemmergerüchte um die Partei- und Staatsführung
-- die Bevölkerung verfolgt aufgedeckte Fälle von Kriegswirtschaftsverbrechen
-- die Bevölkerung achtet auf Herkunft und Rang der Angeklagten  und auf die Höhe des Strafmass
-- bei Strafe unter dem Todesurteil wird immer Verdacht gehegt, das milde Urteil schütze einen "Bonzen", der mit in die Kriegswirtschaftsverbrechen verstrickt sei, was vielfach stimmt (S.482)

Stimmungsbarometer: der Text von Todesanzeigen
-- die Familien können den Wortlaut von Todesanzeigen der Gefallenen selbst bestimmen
-- der SD beobachtet die Texte wachsam:

oo  ab 1941/1942 wird die Formel "in stolzer Trauer" seltener, "in tiefer Trauer" oder "in tiefem Schmerz" häufen sich, "Heldentod" steht immer in Verbindung mit "für Volk und Vaterland" oder "für Führer (482), Volk und Vaterland" (483)

oo  ab Mitte 1942 ca. geht die Erwähnung Hitlers in den Todesanzeigen stark zurück auf einstellige Prozentraten, was dem SD gar nicht gefällt (483).

1.3.1942-31.5.1944
Zweite Phase des Luftkriegs auf das Reich: mit massierten Angriffen auf Flächenziele
-- Masseneinsatz hochwirksamer Phosphor-Brandbomben
-- es folgen aufeinander: Sprengbombe, die heult - Brandbombe/Phosphorbombe, die zischt - Luftmine, die gurgelt (S.442)

Brandbombe:
-- wirkt 4-5 mal zerstörender als eine Sprengbombe, kleine Einzelbrände wachsen zu verheerenden Gross- und Flächenbränden zusammen
-- die Bevölkerung muss lernen, während des Luftangriffs ins Dachgeschoss zu steigen, um dort zischende Phosphor-Brandbomben mit Schaufeln durch die Dachluken auf Strassen, Höfe und Gärten zu werfen

Luftminen:
-- Wirkung verheerend mit Detonations-Druckwellen (S.442).

-- Hilfe für Bombenopfer: gestaffeltes System für Sonderzuteilungen (S.443)
-- in den Feuerlöschtrupps sind Freiwillige, auch Polen, Russen, Franzosen. Frauen übernehmen Luftschutzwarten (S.446)
-- die Volksgemeinschaft wird zur Leidensgemeinschaft, Familenbanden bewähren sich, schrecklichste Bedingungen (S.445).

Der Widerstand gegen Hitler schmilzt durch die alliierten Luftangriffe auf die Städte
-- Entstehen von Apathie und Vergnügungssucht, sogar Erbitterung bei NS-Gegnern gegen die Alliierten
-- die brutalen Luftangriffe auf die Zivilbevölkerung deutscher Städte lassen den Widerstand gegen Hitler zusammenschmelzen
-- der Hass gegen Endland und die "USA" wächst (S.445).

[Dieselben Vorgänge finden auch in Frankreich statt, wo englische und "amerikanische" Flieger viel mehr Zerstörungen anrichten als die deutsche Invasion 1940 zerstört hat. In: Ludger Tewes: Frankreich in der Besetzungszeit 1940-1943].

[Es tritt mit den Flächenbombardements genau die gegenteilige Wirkung ein, die von der englischen Churchill-Führung und Luftmarschall Harris erwartet wird. Die Rüstungsproduktion im 3.Reich geht nicht zurück, und trotzdem bombardieren englische und "amerikanische" Bomber weiter die deutsche Zivilbevölkerung. Die Industrie will man erben...].

21.3.1942
Hitler projektiert den Arbeitseinsatz für Kriegsgefangene
-- Hitler ernennt den Thüringer Gauleiter Fritz Sauckel zum Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz
-- Sauckel führt in den besetzten Gebieten grausame Massendeportationen von Frauen, Männern und Kindern durch (S.450).

5.4.1942
Hitler bezeichnet sich in einem Tischgespräch selbst als "Taschenspieler"
(S.93)

6.4.1942
Weitere Rationierungsmassnahmen bei Lebensmitteln
-- Kürzung der Rationen bei Fleisch und Fett von 400 g (2.6.1941) auf nun 300 g Fleisch pro Woche (S.434).
-- 125 g Butter / Woche (vorher 150 g)
-- 65,62 g Margarine / Woche (vorher 96,87 g)
-- 2 kg Brot /Woche (vorher 2,5 kg)
-- Fett: 61  % weniger als im Frieden. Folge: Die Stimmung im Volk erreicht nun einen Tiefpunkt (S.435).

26.4.1942
Hitlers letzte Reichstagsrede: Forderung nach der alleinigen Entscheidungsgewalt in Gesetz, Justiz und Lebenstraditionen (S.479) - Hitler will "Drückeberger" verfolgen (S.480)
- viele begrüssen die Macht Hitlers
- viel fragen sich, wieso der Führer Mängel und Schwächen des (S.479) Regimes öffentlich macht
- die unteren Schichten hoffen, dass Hitler der Korruption in Behörden und Partei ein Ende setzt (S.480).

[und kaum jemand zweifelt am "Führer" selbst].

ab Mai 1942
Arbeitskräftemangel im Dritten Reich - Zwangsdeportation zur Arbeit
-- es gibt 7,8 Mio. deutsche Arbeitskräfte weniger als im Mai 1939
-- die Zahl der Kriegsgefangenen beträgt 3,9 Mio., die Hitler für seinen Krieg einsetzen will (S.450)
-- Löhne für die Kriegsgefangenen: Russen oder Polen müssen nach Steuer- und Lagerabzügen monatlich mit 30 RM auskommen (S.450).

Die deutsche Bevölkerung hilft den Ostarbeitern nur wenig zum Überleben
-- die meisten Deutschen im Dritten Reich zeigen wenig Interesse, den bestialisch gehaltenen Fremdarbeitern zu helfen, sondern zeigen Gleichgültigkeit
-- viele Deutsche übertreten aber die Bestimmungen, um Fremdarbeitern das Überleben zu erleichtern, v.a. deutsche Frauen (S.459).

[Dieselben Verhaltensweisen treten bei der polnischen Bevölkerung auf gegenüber KZ-Insassen: Gleichgültigkeit, oder nur kleine Hilfen].

Profit der Fremdarbeiter im Schwarzhandel
-- einzelne Fremdarbeiter werden im Schwarzhandel reich
-- in Berlin leben ca. 400.000 ausländische Zivilarbeiter besser als die deutsche Bevölkerung selbst, ausser Russen und Polen, die nicht in Berlin sind
-- die Fremdarbeiter fühlen sich von den Gesetzen nicht betroffen (S.459).

Sommer 1942
Grösste Ausdehnung des NS-Imperiums Nordkap-Kaukasus-Nordafrika - "Normalität" im 3.Reich
-- grosse Teile der deutschen Bevölkerung glauben noch immer an einen Sieg
-- das NS-Regime im Dritten Reich versucht immer noch, eine "Normalität" vorzuspielen, indem Rationen heraufgesetzt werden

-- die Bekleidungsindustrie produziert gegen Kleiderkarten weiterhin modische Artikel, wenn auch mit Ersatzstoffen

-- letzter Schrei sind kantenfreie Sandalen aus angeschliffenem Plexiglas mit reizvoller Lichtwirkung (S.479) [in den Farben des Lichtspektrums]
-- Hitler zieht sich von der Bühne mehr und mehr zurück, wird unsichtbar und unhörbar (S.479).

Erste Gerüchte, Hitler sei physisch oder psychisch krank
(S.481)

Sommer 1942-1944
Zwangsdeportationen ins Dritte Reich
-- massenweise Deportationen aus dem Baltikum, aus der Ukraine und aus Weissrussland
-- es kann in diesen Ländern keine nationale Bewegung mehr gegen den Bolschewismus aufgebaut werden, weil die Leute fehlen, und weil der Hass auf Deutsche zunimmt (S.459).

bis September 1942 ca.
Drittes Reich: Mit wenigen Ausnahmen erwarten die deutschen Industriellen einen deutschen Sieg gegen Moskau
(S.246)

30.9.1942
Hitler-Rede im Berliner Sportpalast
Hitler bedauert, er leide unter Arbeitsüberlastung (480).

ab Oktober 1942 ca.
Die "Gute Laune" wird bei ernster Kriegslage immer erotischer
-- je weniger "Brot" es gibt, desto wichtiger werden die "Spiele" (S.481)
-- in den Revuen und Varietés lockern sich die Sitten, indem fast nackte Mädchen auftreten (S.474)
-- alles, was vor dem Krieg als "dekadent" galt, wird nun propagiert: Pariser Damenmode, britische Herrenmode

-- Schlafzimmer mit französischen Betten werden Hauptspielplätze
-- die Negligés der Damen werden durchsichtiger, die Bettszenen werden lasziver, in Badewannen verzichtet man auf verhüllenden Badeschaum, die Erotik gilt nun als "künstlerisch wertvoll" (S.481).

19.10.1942
Erhöhen von Fleisch- und Brotrationen
-- Erhöhen der Fleischration von 300 g (6.4.1942) um 50 g auf 350 g pro Woche (S.435)
-- Erhöhen der Brotration von 2 kg pro Woche um 250 g auf 2,25 kg pro Woche (S.435).

November 1942
"Gute Laune": Goebbels verlangt "optimistischen Ton"
bei Komponisten, Textern und Unterhaltungsstars, und die Anweisung wird befolgt (S.482).

Ende 1942
Stalingrad: Untergang der 6. Armee
Hitler schweigt (S.452).

1942-1944
KZs und Massaker in Osteuropa [sowie der Bunkerbau im Reich] mit Judenvernichtung werden von der Ostfront geschützt
-- die Wehrmacht schützt indirekt die KZ-Einrichtungen und ihre "Arbeit"
-- nur das Durchhalten der deutschen Soldaten an der Ostfront garantiert die grosse Vernichtung an Juden in den KZs und Massakern (S.426)

-- die Gerüchte um Vernichtungslager und Massaker werden nirgendwo beweisbar erhärtet, und so kann sich aus den Gerüchten nur in Ausnahmefällen ein geschlossenes Bild ergeben (S.386)

Der Massentod in Konzentrationslagern in Osteuropa ist bekannt
-- die Geheimhaltung ist nicht durchführbar
-- ermordete Gruppen: Zeugen Jehovas, Kranke, Juden Zigeuner
-- ab Mitte 1943 ist in der Berliner Bevölkerung die Ermordung der Juden verbreitet: durch Urlauber über Polizei, SS, Wehrmacht, Partei und Bürokratie hinaus

-- die deutsche Bevölkerung will es aber nicht wissen
-- nur wenige begreifen aber: Der NS-Staat legalisiert politische Verbrechen, gipfelnd im Massenmord an ganzen Volksgruppen, weil die Bevölkerung das Terror-System alltäglich hinnimmt (S.183).

Die Ineffizienz des Hitler-Regime
Allein die Organisation der Judendeportationen und KZs in Osteuropa [sowie der Bunkerbau] benötigen einige 100.000 wehrfähige deutsche Männer, während Kranke und Krüppel an der Front stehen (S.451).

[nicht erwähnt:
Angestammte mitteleuropäisch-jüdische Bevölkerung lässt man nach Osteuropa deportieren und dort an Krankheiten sterben, verhungern oder in Massenexekutionen erschiessen. Gleichzeitig lässt man osteuropäische Bevölkerung ins Dritte Reich bringen. Eine grössere Ineffizienz ist kaum vorstellbar].

1942-1945
Kriegsgefangene als Arbeiter im Dritten Reich

Tabelle: Ansteigen der Anzahl Kriegsgefangener und ausländischer Arbeitskräfte im Dritten Reich

1942

4,665 Mio.

1943

5,740 Mio.
August 1944

7,652 Mio., davon 5,722 Mio. Zivilarbeiter (S.451)


-- das NS-Regime stellt [nach der Niederlage vor Moskau]  kriegsgefangene Soldaten zur Arbeit ein und wird von deren Arbeitsleistung abhängig

-- Industriebetriebe wetteifern um ausländische Kriegsgefangene (S.450)
-- Leute vom Balkan, Italiener und Spanier haben schlechte Lebensbedingungen, Russen und Polen werden versklavt

-- z.B. Polen:
oo  Gesellschaft mit Deutschen ist verboten
oo  abends und nachts Ausgehverbot
oo  Verbot des Besuchs von Gaststätten und Gottesdiensten

oo  Todesstrafe für sexuelle Beziehungen mit Deutschen (457)

-- die bestialischen Lebensbedingungen finden Ausdruck in einer hohen Sterblichkeit, bei Russen und Polen schlussendlich gleich hoch, bei Russen und Italienern 1944 am höchsten (458).

ab 1942
Schwarzmarkt: Tausch- und Schleichhandel
-- bestimmte Tauschverhältnisse
-- Handwerker können in Ware bezahlt werden
-- Entstehen einer Geheimsprache, z.B. "Fahrkarte 1.Klasse" ist der Ausdruck für "Butter"
-- Bohnenkaffee ist am begehrtesten (S.440-441).

Frauen-Idealistinnen glauben nicht an Gräueltaten
-- alles, was über Gräueltaten geflüstert wird, ist für sie dummes oder böswilliges Geschwätz
-- die Idealistinnen wollen immer nur das "Beste" (S.325).

Massentod in Konzentrationslagern in Osteuropa ist bekannt
-- die Geheimhaltung ist nicht durchführbar
-- ermordete Gruppen: Zeugen Jehovas, Kranke, Juden Zigeuner
-- ab Mitte 1943 ist in der Berliner Bevölkerung die Ermordung der Juden verbreitet: durch Urlauber über Polizei, SS, Wehrmacht, Partei und Bürokratie hinaus
-- die deutsche Bevölkerung will es aber nicht wissen
-- nur wenige begreifen: Der NS-Staat legalisiert politische Verbrechen, gipfelnd im Massenmord ganzer Volksgruppen (S.107).



1943

Zerstörung von knapp 90 Gross- und Mittelstädten in Ruinenfelder
(S.442-443)

Deutsche in Grossstädten: noch 15-18 Mio. EinwohnerInnen
-- 1939 waren es noch 24 Mio.
-- die deutschen Grossstädte werden Ziel des Luftkriegs (S.441).

Krupp stösst Reichsanleihen ab und stellt Ansprüche auf Schadensersatz für Kriegsschäden
Krupp drängt auf das Eintreiben von Schulden des Reiches und tätigt keine neuen Investitionen in neue Rüstungswerke (S.246).

Die Berufe der 33 Gauleiter im 3. Reich
7 Volksschullehrer
5 mittlere Beamte
4 Bankangestellte
3 kaufmännische Angestellte
3 selbständige Kaufleute
2 Matrosen
1 Berufs-Unteroffizier
1 ehemaliger aktiver Offizier
2 aus verschiedenen Berufen
nur 5 aus akademischen Berufen (S.163)

Bildung und Lebenserfahrung im Allgemeinen: Lehre, Soldat im 1.Weltkrieg, ein oder zwei Auszeichnungen, eine Beförderung, Eintritt in die NSDAP, NSDAP-Ortsgruppenführer (S.163).

Ordensburg Vogelsang wird Entbindungsheim für Frauen aus dem bombengeschädigten Köln
(S.200)

Hjalmar Schacht wird als Minister ohne Geschäftsbereich entlassen
hält Kontakt zum konservativen Widerstand (S.215).

Anfang 1943
Das NS-Regime beschliesst eine Bausperre für zivile Bauten
(S.504).

Ostfront und Westfront: Deutsche Kriegsgefangene wollen Hitler nicht vergessen
Die deutschen Kriegsgefangenen sehen Hitler weiterhin im Licht seiner früheren Siege. Das Bewusstsein bleibt stehen beim Stand des Reichs bis September 1941 vor der ersten Niederlage (S.492).

Hitler versteckt sich, hält nur noch zwei öffentliche Reden
spricht dafür fünf mal über Radio und hält Gedenkansprachen (S.495).

Bausparkassen mit "lebhaftem Geschäft" in der Spekulation
-- die Bausparkassen verzeichnen Neuabschlüsse, obwohl Bausperre herrscht
-- die Spekulanten spekulieren darauf, nach einem Endsieg zu bauen (S.504).

Die ganze [männliche] Bevölkerung im 3.Reich ist im Kriegskreislauf
mit der bewussten Verdrängung unbequemer Informationen, auch bei Spitzenfunktionären (S.383).

Judenrettung
Manche NS-Kämpfer und SS-Prominente stellen sich schützend vor Juden:

oo  Gauleiter Wilhelm Kube, Generalkommissar von Weissruthenien (Weissrussland), verklagt Polizeioffiziere wegen Ausschreitungen gegen Juden und stellt die zur Vernichtung nach Minsk deportierten Juden unter seinen persönlichen Schutz

oo  SS-Obergruppenführer Werner Best sabotiert als Reichsbevollmächtigter in Dänemark die Juden-Deportation und lässt etwa 7000 dänische Juden ins neutrale Schweden entkommen

oo  Staatssekretär Wilhelm Stuckart im Reichsministerium des Innern rettet ab 1942 107.000 "Mischlinge" und rund 28.000 Juden in "Mischehen" vor der Ermordung (S.383).

Die Kampfkraft und der Kampfwert der deutschen Infanterie sinkt immer schneller
-- da der Ersatz immer weniger Ausbildung und Erfahrung mit sich bringt
-- "frontbewährte" Divisionen müssen Bataillone und Kompanien abgeben, damit diese als Kader für Neuaufstellungen fungieren können
-- viele Regimenter des "alten Ostheeres" büssen ihren Zusammenhalt ein, alte Landser fühlen sich unter jungen Rekruten und oft unerfahrenen Offizieren unwohl und deprimiert (460).

14.-26.1.1943
Konferenz von Casablanca: Beschluss der "bedingungslosen Kapitulation"

Roosevelt und Churchill verkünden die bedingungslose Kapitulation - Auswirkungen
-- dies sei die einzige Möglichkeit der Kriegsbeendigung
-- der Widerstandswille in der deutschen Bevölkerung wird wieder stärker
-- die Erklärung ist der grösste Schlag für die deutschen Widerstandsbewegung (S.484), denn der Widerstand kann keine Alternativen anbieten

-- die deutsche Bevölkerung und die deutschen Soldaten werden eng an ihren Zerstörer, Hitler, gebunden, verteidigen das Land gegen die bedingungslose Kapitulation, verteidigen damit Hitler und reissen Deutschland in den Untergang (S.485)

-- viele Widerständler geben nun den Widerstand auf mit der Einstellung, in der Zeit der Krise müsse man alle politischen Differenzen vergessen und "zusammenstehen" (S.486)

16.1.1943
Erster Wehrmachtbericht, der den Kessel von Stalingrad zugibt
dabei ist die 6. Armee schon seit 2 Monaten eingeschlossen (S.483)

25.1.1943
"Gute Laune" wird zusammengestrichen
-- Schlager werden fast alle abgesetzt
-- Sketche und Humoristen werden ganz abgesetzt
-- populäre Lieder der Freude werden ganz gestrichen, z.B. "Und wieder geht ein schöner Tag zu Ende" (S.483).

27.1.1943
Arbeitspflicht und Meldepflicht für alle Männer von 16-65 und alle Frauen von 17-45
-- für Aufgaben der Reichsverteidigung
-- Entstehen einer blühenden Korruption: v.a. die Frauen der oberen Schichten  finden Schlupflöcher, der Arbeitspflicht zu entgehen:

oo  Meldung zur Kinderpflege
oo  ehrenamtliche Arbeit in der NSDAP und im DRK
oo  Scheinanstellungen bei befreundeten Firmen

-- die Arbeitsämter setzen sich mehr für die Befreiung der Betroffenen als für die Mobilisierung ein

-- Frauen werden auch kaum bestraft für "Arbeitspflicht-Drückebergerei" (S.454).

30.1.1943
Goebbels-Rede: "Der Glaube versetzt Berge!"
"Dieser bergeversetzende Glaube muss uns alle erfüllen!"

[nicht erwähnt: Die Kirchen haben sich bestimmt geschmeichelt gefühlt].

Landser spötteln: Die Berge werden an den falschen Platz versetzt (S.486).

ab 30.1.1943
Anwendung von Matthäus 1720 zum "Berge versetzen":
"Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so werdet ihr zu diesem Berge sagen: Geh fort von hier, dorthin! Und er wird fortgehen." (S.486).

ab Januar 1943
Formieren neuen Widerstands gegen das NS-Regime quer durch alle Schichten
-- aus politischen und v.a. aus moralischen Motiven
-- z.T. erfolgt beispielloses Märtyrertum (S.416)

-- Zukunftsvisionen des Widerstand:
oo  Befürworten des Rechtsstaates
oo  Beibehalten autoritärer Ideen
oo  Skepsis gegenüber der Demokratie nach der Erfahrung mit der Weimarer Republik
oo  Grenzen von 1938 (S.416).

2.2.1943
Kapitulation der 6. Armee in Stalingrad - 91.000 deutsche Kriegsgefangene
-- die NS-Seite beklagt 125.000 Gefallene oder Erfrorene
-- 34.000 Verwundete und Kranke konnten ausgeflogen werden (S.483).

3.2.1943
Das deutsche Radio meldet die Kapitulation von Stalingrad
-- Text:

"Der Kampf um Stalingrad ist zu Ende. Ihrem Fahneneid bis zum letzten Atemzug getreu, ist die 6. Armee unter der vorbildlichen Führung des Generalfeldmarschalls Paulus der Übermacht des Feindes und der Ungunst der Verhältnisse erlegen..." (483)

-- es folgt das Lied vom "Guten Kameraden"
-- es folgen beide deutschen Nationalhymnen
-- es folgt die rumänische und die kroatische Nationalhymne
-- es folgt 3 Minuten Funkstille
-- der Hitler-Mythos ist entscheidend in allen Volksschichten geschwächt und die Schuld Hitler selbst zugeschoben, Tiefststand der Volksstimmung (S.484), der Mythos wirkt aber immer noch, weil der ganze Aufbau und viele Einrichtungen mit Hitler direkt verbunden sind (S.485): Der Führer steht über jeder Kritik (S.486)
-- ab jetzt wird in der Bevölkerung auch über eine Niederlage des Krieges nachgedacht (S.484).

Butterwitz in der Bevölkerung
Es wird bald mehr Butter geben, weil Führerbilder bald "entrahmt" werden müssten (S.484).

4.2.-6.2.1943
Dreitägige Staatstrauer im Dritten Reich: Kinos, Theater und Vergnügungsstätten bleiben geschlossen
(S.484)

10.2.1943 ca.
Goebbels feilt eine Rede für die Ausrufung des "Totalen Krieg"
Die Rede wird ein Meisterstück der Demagogie (S.453).

18.2.1943
Goebbels ruft eigenmächtig den "Totalen Krieg" aus
(S.452).
-- Motto: "Totaler Krieg - kürzester Krieg!"

-- Stalingrad wird als "grosser Alarmruf des Schicksals" bezeichnet

-- Forderung der totalen Mobilisierung aller verfügbaren Kräfte bei spartanischer Lebensführung für die gesamte deutsche Bevölkerung (S.453).

-- Goebbels versichert die Wiederauferstehung des Mittelstands:

"Nach dem Krieg wird der Mittelstand sofort wieder in grösstem Umfang wirtschaftlich und sozial wiederhergestellt."

-- im Interesse der Rüstung wird ein Höchstmass kapitalistischer Rationalität garantiert und der Wettbewerb eingeschränkt (S.259).

24.2.1943
Die deutsche Wochenschau deutet "Stalingrad" zur Vorwärtsstrategie um
-- mit Appell an den Totalen Krieg von Goebbels vom 18.2.1943
-- die Bilder von ekstatisch jubelnden Massen verfehlen bei der Bevölkerung ihre Wirkung nicht (S.484).

ab Februar 1943 / ab der Kapitulation in Stalingrad
Endsieg wird unmöglich - die deutsche Bevölkerung hofft auf Vermeidung einer Niederlage
(S.483).

Die Wehrmacht sitzt in der Falle: Hitler vertrauen oder bedingungslose Kapitulation zulassen geht beides nicht
-- beides will die Masse der deutschen Soldaten nicht
-- schwere Niederlagen und Fehlentscheidungen Hitlers spielen keine Rolle, und Hitler gewinnt an Vertrauen durch die Bedingung der "bedingungslosen Kapitulation"
-- die Wehrmacht kämpft mit dem "Mut der Verzweiflung" (S.463).

Ostfront: Spaltung der Wehrmacht in Gesinnungen alter und junger Landser
-- offener Defätismus der älteren Landser
-- die jungen Soldaten wollen die 6. Armee rächen
-- die immer stärker unterlegene deutsche Infanterie kann nur noch mit Panzern und starker Artillerie-Vorbereitung "nach vorn" gebracht werden, örtliche Erfolge sind auch ohne Hilfe möglich durch "bewegliche Kampfführung" (S.461).

Stille Drückebergerei in der Wehrmacht
-- die Grenze zwischen Gehorsam und Fahnenflucht verwischt aus dem Drang, überleben zu wollen

-- z.B. der "Heimatschuss": willkommene Fleischwunde als Verletzung mit Auskurieren in der Heimat, was die Überlebenschancen erhöht

-- Selbstverstümmelung (ist auch in den alliierten Armeen üblich) (S.461) mit Fleischwunden bis zur dauernden Verkrüppelung

-- Vorgesetzte streben nach einer "günstigen Verwendung", weniger gefährdete Posten, man wartet nur auf die Gelegenheit, sich abzusetzen, zu "stiften", bzw. man hält sich möglichst auf der "Stifterstrasse" auf

-- Bau von "Angstbunkern" aus Beton oder Balken
-- man lässt Nachbarn oder Untergebene, Vorder- oder Hintermänner im Stich um abzuhauen, wenn die Befehlslage keinen Gegenbefehl gegeben hat
-- Soldatenwitz über die Drückebergerei der Oberen der Wehrmacht: "Der Führer weiss es, Gott ahnt es, und uns  geht es nichts an..." (S.462)

März 1943-Januar 1944
Drittes Reich: Monatlich gibt es 8100 Luftkriegstote und es werden 14.733 Wohngebäude zerstört
(S.443).

26.3.1943
Österreichs Bevölkerung in innerer Emigration
Feststellung von Carl Goerdeler am 26.3.1943 in einer Denkschrift, dass alle Schichten der österreichischen Bevölkerung dem Dritten Reich "innerlich die Gefolgschaft aufgesagt [aufgekündigt]" hätten (S.397).

März/April 1943
Gerüchte über Hitlers Gesundheit: Hitler sei krank, verrückt, blind, nervenkrank
(S.485).

ab März/April 1943
Hitler-Witze in scharfer Form
-- die Hitler-Witze sind ein neues Element der Gesellschaft
-- Schlagerstrophe von 1942

"Es geht alles vorüber, es geht alles vorbei, auf jeden Dezember folgt wieder ein Mai"

wird ergänzt:

"Zuerst geht der Führer, dann die Partei", oder: "Im April fällt der Hitler, im Mai die Partei" (S.485).

-- Hitler-Grüsse werden von Angehörigen von Gefallenen demonstrativ verweigert
-- Beflaggungen zum Führer-Geburtstag sind deutlich spärlicher als 1942 (S.485).

1.4.1943
Goebbels wird Stadtpräsident von Berlin
(S.448)

11.4.1943
Goebbels beklagt, das Volk habe keine Siegesperspektive mehr
in seinem Tagebuch (S.487). Goebbels plant eine Welle der Opfer für die Wehrmacht, so dass der Glaube an den Sieg durch die Opfer wieder stärker werde (S.487).

12.4.1943
Martin Bormann wird "Sekretär des Führers" - Bormanns Einfluss bei Hitler
-- er ist die wirkende oberste Figur der Partei hinter den Kulissen
-- Bormann wird bald vielgefürchtet und gehasst
-- Bormann verfolgt Missliebige (S.174) mit Niedertracht und Brutalität, weicht kaum von Hitler
-- Bormann bestimmt den Ablauf, was bei Hitler politisch passiert und was nicht

-- Bormann beeinflusst Hitler mit abfälligen Bemerkungen über ausgesuchte Dinge, die es zu diskriminieren gilt
-- Bormann entscheidet über Briefe, die Hitler vorgelegt werden, und die im Papierkorb verschwinden (S.175)

-- Bormann ersetzt die Adjutanten und stellt nach und nach "seine" Leute ein
-- nur wenige unmittelbare Mitarbeiter Hitlers geraten nicht in Bormanns Überwachungsnetz

-- am Ende sind sogar die Gauleiter vom Wohlwollen Bormanns abhängig, v.a. die, die keine "alten Zeiten" mit Hitler erlebt haben

-- Bormann macht sich mit seinem Fleiss, seinem Gedächtnis, seiner schnellen Auffassungsgabe für Hitler unentbehrlich, Bormann macht erstklassige Recherchenarbeit, beeinflusst dabei aber Hitler in seinem Sinn, was Hitler scheinbar kaum bemerkt

-- Bormann hält für jedes Problem auf jeden Fall immer einen Lösungsweg bereit
-- Bormanns Effizienz imponiert Hitler, und so hat Hitler volles Vertrauen zu ihm (S.175)

19.4.1943
Goebbels-Rede zum Führer-Geburtstag: Goebbels prophezeit fragend
-- eine "neue, nie dagewesene Entwicklung unserer nationalen Geschichte"
-- oder: vielleicht wird der Krieg "überhaupt die Geschichte unseres Volkes abschliessen" (S.487)

ab 19.4.1943
Die Wochenschau wird zum Problem, weil man fast nichts mehr zeigen könne
so beklagt Goebbels (S.487).

Mai 1943
Untersuchung der Deutschen Arbeiterfront DAF: bessere Behandlung der Kriegsgefangenen bringt mehr Arbeitsleistung
-- russische Arbeiter leisten 70-80 Prozent eines deutschen Arbeiters
-- Betonen des Zusammenhangs Arbeitsleistung - Arbeitsbedingungen: Essen, Hygiene, Kleidung, Lohn, gegenseitiges Verstehen
-- für die SS sind dies z.T. völlig ideologiefremde Tatsachen
-- die DAF stellt ein Berufsschulungsprogramm für Ostarbeiter auf (S.458).

Juni 1943
Goebbels gibt Filmauftrag "Kolberg"
an Regisseur Veit Harlan, engagierter Nazi. Produktionskosten: 8,5 Mio. RM, teuerster Film im 3.Reich. Er wird im Winter 1944/1945 fertig (S.505).

Mitte 1943 ca.
Der Glaube an den Endsieg in führertreuen Gruppen
Hans Fallada vom Propagandaministerium appelliert intern an den Endsieg:

"Wir müssen an den Sieg glauben, sonst ist alles sinnlos ... Wir sind die Herren der Welt, bestimmt die von Europa." (S.486)

24.6.1943
Aufstellen der "12.SS-Panzerdivision Hitlerjugend"
-- ist der Höhepunkt der Kampf- und Todesbereitschaft der hitlertreuen Jugend
-- 16-18 Jahre alte Burschen ohne Kampferfahrung, dafür kämpferische Begeisterung bis zur Tollkühnheit (S.351)
-- Muntermacher für die Burschen: z.B. das HJ-Lied

"Nun lasst die Fahnen fliegen
in das grosse Morgenrot,
das uns zu neuen Siegen
leuchtet oder brennt zum Tod!" (S.352)

-- Einsatz in der Normandie-Schlacht im Raum Caen, grösste Tapferkeit
-- die "Amerikaner" nennen die Division anfangs spöttisch "Baby-Division"
-- die Division wird im Kessel von Falaise eingekesselt, nur 600 Überlebende (352).

Juli 1943
Berlin: Goebbels lässt Frauen und Kinder evakuieren, Bunker und Deckungsgräben ausheben
Goebbels bleibt bei den Berlinern ungewöhnlich populär, geht zu Bombenopfern, schafft unbürokratisch Abhilfe (S.448).

11.7.1943
Bormann gibt geheime Anweisung, dass über eine "Gesamtlösung" der Judenfrage nicht gesprochen wird
-- Martin Bormann, Leiter der Parteikanzlei
-- geheime Anweisung, bei öffentlicher Behandlung der Judenfrage habe "jede Erörterung einer künftigen Gesamtlösung" zu unterbleiben

-- man solle sagen, Juden würden "geschlossen zu zweckentsprechendem Arbeitseinsatz" im Osten abtransportiert

-- ab 11.7.1943 verschwindet die Judenverfolgung weitgehend aus aus dem öffentlichen Bewusstsein (S.385)

-- es gibt nur Gerüchte und Berichte über die Zustände in den KZs in Osteuropa, kaum Beweise (S.386).

[nicht erwähnt:
Die Häftlinge kommen im Bunkerbau für unterirdische Produktionsstätten für Düsenjäger, Raketen und Panzer zum Einsatz mit hohen Todesraten. Andere Häftlinge müssen die Wunderwaffen montieren. Zum Teil werden die überlebenden Häftlinge kurz vor dem Abzug in den Stollen zugesprengt und lebendig begraben].

20.7.1943
Die Arbeitsverteilung gemäss Denkschrift von Albert Speer an Hitler: Es kämpfen nur 10 Prozent der Werktätigen
-- Arbeiter in Rüstung, Industrie und Bergbau [Bunkerbau]: 6,22 Mio.
-- Angestellte in Verwaltung, Handel und Banken: 7,63 Mio.
-- Wehrmacht: 10,5 Mio., davon in Kampfdivisionen: 2,3 Mio., in fechtenden Truppen: 1,2-1,5 Mio.

-- es kämpfen nur 10 Prozent der Werktätigen
-- in der Roten Armee kämpfen 90 Prozent der Werktätigen
-- Hitler denkt über den "Totalen Kriegseinsatz" nach (S.455).

23.7.1943
Verhaftung von Hjalmar Schacht, im Prominenten-KZ bis Kriegsende
(S.215)

25.7.1943
Sturz von Mussolini in Rom - Entsetzen der NS-Führung in Berlin
(S.487).

Luftkrieg
-- riesige Flächenbrände
-- Zehntausende von Toten und Hunderttausende von Obdachlosen
-- oft übertriebene Gerüchte über Luftkriegsverluste
-- die NS-Propaganda beginnt sich zu verbrauchen (S.487).

Hitler-Auftrag an Goebbels, den "Totalen Kriegseinsatz" auszurufen
-- "das Höchstmass von Kräften für Wehrmacht und Rüstung freimachen"
-- Anpassung des öffentlichen Lebens an die Erfordernisse des totalen Krieges (S.455):
-- Ausmerzen der Korruption
-- Einführen der 60-Stunden-Woche statt wie bisher 52
-- Einführen der 56-Stunden-Woche für Frauen in der Industrie
-- Verhängen einer vorläufigen Urlaubssperre
-- Heraufsetzen der Frauenarbeitspflicht von 45 auf 50 Jahre
-- Scheinarbeitsverhältnisse sollen beseitigt werden

-- alle Verwaltungen sollen 30 Prozent ihrer Arbeitskräfte für die Rüstung abgeben
-- Stillegen aller Hochschulen ausser medizinisch-naturwissenschaftliche Bereiche (S.456)
-- Schliessen von Theater, Kabarett, Varieté, Schauspielschulen, Orchestern, Konservatorien
-- Einstellen der KdF-Truppenbetreuung
-- Theater- und Filmnachwuchs muss in die Rüstungsindustrie
-- Einstellen der schöngeistigen Buchproduktion
-- scharfes Einschränken der Presse
-- nur noch 4-seitige Tageszeitungen

-- Verbot von Ausstellungen, Messen, Kongressen
-- scharfe Beschränkung des Reiseverkehrs
-- Schliessung von bestimmten Geschäften und Vergnügungslokalen
-- Untersagen bestimmter Schönheitspflege, z.B. Verbot von Dauerwellen (S.456).

Goebbels-Parole für den "Totalen Kriegseinsatz": "1 Mio. Menschen = 100 Divisionen = Sieg!"
-- Goebbels übergibt 850.000 Leute der Wehrmacht
-- die Landser nennen diese Leute "Goebbels-Spende"
-- die Leute sind z.T. untauglich und viele sind nicht ausgebildet (S.457).

ab 26.7.1943
Grossangriff auf Hamburg und andere Grossangriffe - Wirkungen und Wunderglauben
-- beschleunigt die Erkenntnis deutscher Ohnmacht
-- NS-Parolen werden langsam endgültig unglaubwürdig

-- die Anstrengungen der NS-Volksfürsorge NSV werden anerkannt: Evakuierungen, Transporte, Verpflegung, Rettung alter Menschen (S.487), von Kranken, Müttern und Kleinkindern, Einrichtung von Suppenküchen nach Luftangriffen, Organisation von Meldestellen für Vermisste etc.
-- die NSV wird zum letzten "Rettungsanker" der Heimatfront (S.488)

-- die Bevölkerung glaubt der NS-Parole nach "Wunderwaffen" und nach einer Kriegswende, denn die Bevölkerung will nicht wehrlos sein
-- die Bevölkerung will nicht umsonst ein 3.Reich aufgebaut haben, das nun verloren gehen soll
-- aber das "Wunder" tritt nicht ein (S.488).

Herbst 1943
Ostfront: Einführung des Begriffs "Krisenfestigkeit" zur Bewertung der Divisionen
Nur verhältnismässig wenige Divisionen gelten als "krisenfest" (S.462)

18.10.1943
Hitler vor bulgarischen Gästen brüstet sich mit seinen Verlusten
-- ein Mann, der alles verliere, sei ein wahrhaft fanatischer Kämpfer (S.446)
-- Hitler besucht nie eine zerbombte Stadt (S.446)

in derselben Runde:
NS-Grössen sehen die Städtezerstörungen positiv
Bormann und Goebbels sehen sogar noch einen Vorteil, wenn die Städte neu aufgebaut würden, denn dann vollziehe sich die totale NS-Sozialrevolution (S.446).

ab Oktober 1943 ca.
Italienische Kriegsgefangene im Dritten Reich
-- Ex-Soldaten Italiens werden im 3. Reich eingesetzt
-- die deutsche Bevölkerung reagiert auf die Italiener mit eisiger Verachtung. Sie stehen für sie bald auf gleicher Stufe wie die Russen und Polen (S.457).

1.11.1943
Verbesserung der Umstände für Kriegsgefangene
(S.450): Kriegsgefangene sollen 88 RM erhalten für Arbeit, die deutsche Arbeiter für 200 RM erledigen (S.451).

8.11.1943
Hitler spricht zum letzten Mal am Partei-Gedenktag
(S.480)

18.11.-3.12.1943
5 Grossangriffe auf Berlin
- 2212 britische Bomber
- dies ist der Beginn der Luftschlacht um Berlin, für die RAF das wichtigste Ziel (S.447).

[ohne grosse Wirkung, denn die Rüstung produziert z.T. schon unterirdisch].

ab 18./19.11.1943
Schlacht um Berlin
-- monatelanges Bombardement Berlins
-- der Widerstandswille Berlins erhärtet sich.

Witz:
"Berlin ist eine Stadt der Warenhäuser,
denn dort waren Häuser!"

-- in Berlin sind keine Flächenbrände möglich wie in Hamburg, da Berlin eine widerstandsfähigere Bausubstanz aufweist

-- das Leben nach jedem Angriff geht am nächsten Morgen weiter, Theater und Kino bis 21.4.1945

-- die wenigsten ahnen, dass Berlin nach der Kriegsniederlage nicht mehr Hauptstadt sein wird (S.443).

27.11.1943
Führer-Befehl: Mindestens 1 Mio. Mann sollen die Front verstärken
verhallt ungetan (S.452).

3.12.1943-Mai 1945
Sinnlose Zerstörung von Berlin durch die alliierte Luftangriffe - perfekte Luftschutzorganisation
-- 363 Luftangriffe, 18.468 Flugzeuge, 45.517 Tonnen Bomben auf Berlin
-- von 1,54 Mio. Wohnungen werden 730.000 oder 47,4 Prozent zerstört
-- 35.000-50.000 Tote durch die Bombardierungen
-- schätzungsweise 5000 Verletzte und 30.000 Obdachlose pro Luftangriff

-- der Anteil der Todesopfer im Verhältnis zur Dauer und zum Aufwand ist relativ niedrig
-- Berliner haben eine hohe "Luftschutz-Disziplin" und zeigen sich als "stoische und mutige Berliner" (S.447)
-- Organisation der zivilen Luftabwehr durch den Berliner Gauleiter Goebbels (S.448)

-- nach Entwarnung fahren Soldaten in Divisionsstärke in die Stadt, um Trümmer von den Strassen zu räumen und Zugänge frei zu legen, gefolgt von Sanität und Feuerwehr sowie Verpflegungskolonnen
[die Partei kann sich jedes Mal neu bewähren!]

-- Wiederherstellung der öffentlichen Verkehrsmittel (S.447-448), Reparatur von Telefon-, Wasser- Stromversorgung "im Eiltempo"
-- Umquartierung der Ausgebombten
-- die Brände sind nach jeder Bombennacht unter Kontrolle, der Verkehr läuft wieder, und alle Berliner erreichen ihren Arbeitsplatz
-- Post, Bahn, Presse, und die "Gute Laune" Theater, Konzerte laufen bis fast zum Kriegsende und passen sich den Bombenzeiten an, versetzen ihre Spielzeiten entsprechend (S.448).

1943-1944
Hitler und führende Industrielle haben regelmässige Kontakte
(S.243)

1943/1944
Ernährung im 3.Reich
-- immer noch 1981 Kalorien pro Tag (34,9 Prozent weniger als im Frieden)
-- Faktoren, die Hunger verursachen:
oo  Mehr- und Nachtarbeit
oo  Strapazen durch Luftangriffe (weniger Schlaf)
oo  Folge: Der Nahrungsbedarf wird höher als im Frieden, bleibt ungedeckt, wird überstanden (S.435).

ab 1943
Die Judendeportationen sind nicht mehr im öffentlichen Bewusstsein
(S.385)

Einsetzen von Jugendlichen bei der Flugabwehr Flak
-- Jugendliche 15- bis 18-jährig, zum Teil erst 14-jährig, werden als Luftwaffenhelfer eingesetzt
-- anfangs meist klassenweiser Einsatz an der Flak und Einsatz in nicht mehr als 50 km Distanz
-- Schulung zum Richtkanonier in den Zentren des Bombenkriegs
-- Vormittags Schule, nachmittags HJ-Dienst, nachts Flak-Einsatz
-- keine Fragen um den Zweck des Einsatzes, denn für diese Jugendlichen ist der Krieg die Realität, sie sehen in ihrem Einsatz einen "Sinn" (S.352)

Beispiel Manfred Rommel Jg. 1928: Einstellungen als Hitler-Junge:
-- man stellte sich unter Nationalsozialismus wunderbare Sachen vor (S.354-355):
-- der Einzelne ist nichts, die Gemeinschaft ist alles (S.355), analog "Gemeinnutz geht vor Eigennutz" (S.342)
-- der Einsatz für Deutschland und für den Führer ist "Ehrensache"
-- die Bekämpfung des Bolschewismus und die Errichtung eines germanischen Grossreichs sind Lebensinhalt

-- neue Menschen zu kreieren, die sich nicht wegen des Geldes, sondern wegen der Ehre einsetzen, ist Lebensinhalt
- die Jugend ist sehr gut manipuliert, auch gegen die jüdische Bevölkerung mit Ausnahme der Juden, die man kannte (S.355)

- kritische Lehrpersonen (S.355,348) werden von den Jugendlichen angegriffen mit dem Argument, die Lehrer hätten die "neue Zeit" nicht begriffen

- Adolf Hitler ist der grösste aller lebenden Menschen
- der Einsatz bei der Flak ist eine Ehre mit dem Gefühl, dass die Jugend für "voll" genommen werde (S.355).

Folgen der Zwangsdeportationen: Kaum ziviler Widerstand gegen die Rote Armee in Osteuropa
(S.459)

Die "Résistance" in Frankreich
-- gewinnt Schlagkraft nach der Invasion von "US"- und englischen Truppen in Italien
-- 45.000 Widerstandskämpfer (S.374).

ab 1943/1944
Substanzverschleiss in der Bevölkerung im 3.Reich
-- Mangel- oder Unterernährung: knappe Eiweiss- und Fettzufuhr bei hoher Kohlehydrat-, Kochsalz- und Flüssigkeitsaufnahme
-- die seelisch-körperliche Leistungsfähigkeit nimmt ab
-- die Widerstandskraft nimmt ab (S.436)



1944

Denunzierung von Karikaturist Ohser wegen politischer Witze: U-Haft, Selbstmord
Er entzieht sich gemäss Eitner dem "sicheren Todesurteil" [ob es vollstreckt worden wäre, bleibe dahingestellt] (S.476).

Rückgang der Verbrauchsgüter um fast 33 Prozent gegenüber 1939
-- die Zivilbevölkerung hat an Verbrauchsgütern nur noch etwa 50-60 Prozent des Vorkriegsstandens
-- dies sind ca. 10 Prozent weniger als im Tiefpunkt der Wirtschaftskrise 1932 (S.474)

These von Franz Neumann (1900-1965): Hitler zerstört den Staat vollends
Neumann: Nach der Beseitigung der "Relikte des rationalen Verwaltungsstaates" (S.173) wird "sich das Dritte Reich in eine mehr oder minder organisierte Anarchie" verwandeln (S.173).

42 NAPOLA (Nationalpolitische Erziehungsanstalten)
(S.300)

Die Arbeit der HJ geht stur weiter
Noch 1944 werden "Musische Wettbewerbe" ausgetragen: Wettbewerbe für Freihandzeichnen, Malerei, Graphik, Plastik, Weberei, Lyrik, Epik, Dramatik, Musikkomposition (S.349).

Landwirtschaftserzeugung im 3.Reich
Getreide: 75 Prozent des Vorkriegsstandes (S.435).

Ausländische Arbeiter in der deutschen Landwirtschaft: fast 50 Prozent
Polen, Russen, Franzosen, Italiener, Ungarn, Slowaken. Ohne sie wäre die Landwirtschaft schon 1940 zusammengebrochen (S.436).

Arbeitskreis unter Rudolf Stahl
-- Stahl ist Vizepräsident der Reichsgruppe Industrie RI
-- Formulierung eines Programms zum Übergang auf Friedenswirtschaft: Lohnordnung, Preisordnung, Marktordnung, Währungsfragen etc. (S.252).

[Stahl phantasiert, die deutsche Industrie könne nach einer Niederlage selbst bestimmen, wie das Wirtschaftssystem in Deutschland aussehen würde].

Widerstand: Verhaftung von Alfred Delp, Prozess durch Freisler am VGH
(S.404)

VW produziert V1-Raketen bei 70 Prozent des Umsatzes
-- die V1-Rakete macht 70 Prozent des Werksumsatzes aus
-- die Belegschaft besteht aus insgesamt 17.000 Mann, 2/3 davon Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene, KZ-Häftlinge, die keine Entschädigung erhalten (S.319)

[Es ist Sklaverei wie bis 1850 in den Kolonialstaaten "üblich"].

RAD: Dienstverlängerung auf 1 1/2 Jahre
(S.331)

Hitler betrügt die deutsche Bevölkerung mit Verdrängung der Wahrheit
-- Hitler weiss, dass der Krieg verloren ist
-- Hitler weiss, dass das deutsche Volk 1944 "sichtlich zusammenbricht"
-- Hitler entzieht sich der Konsequenz und schiebt die Schuld anderen zu: dem Vernichtungswillen Churchills, Roosevelts und Stalins, die mit dem Judentum eine Allianz geschlossen hätten (S.432).

Unverbesserliche: Zweifel an Hitler verbieten sich die Deutschen selbst
-- z.B. der BdM-Führerin Renate Finck, 18-jährig:

"Wer einmal zweifelt, muss selbst weiterdenken. Wohin werde ich geraten, wenn ich weiterdenke? Da überfällt mich wahnsinnige Angst. Aber Treue will Opfer, auch das Opfer des eigenen Denkens, eigener Menschlichkeit, persönlicher Liebe"

aus: Renate Finck: Mit uns zieht die neue Zeit 1979, S.163-164 (S.535, 542).

1944?
Jagdflieger Hans-Ulrich Rudel fliegt trotz amputiertem Bein weiter
(S.528)

ab Anfang 1944
Deutsche Industrielle suchen Verbindung mit dem Ausland
-- Gründung eines Arbeitskreises für aussenwirtschaftliche Fragen beim Reichswirtschaftsministerium

-- Zusammenarbeit mit dem Planungsamt des Rüstungsministeriums und der Reichsgruppe Industrie und Handel mit ausgezeichneten, internationalen Verbindungen

-- u.a. ist die Kriegsschuldenregelung nach dem Kriege das Thema
-- Aufnahme einer Nachkriegsplanung nach der Hitler-Aera (S.247).

ab Anfang 1944 ca.?
Das Ersatzheer hat kaum Fronterfahrung
-- Führung des Ersatzheers unter Generaloberst Friedrich Fromm (1888-1945)
-- Befehlshaber des Ersatzheers: Heinrich Himmler (S.470)
-- die Vorgesetzten sind Unteroffiziere, Feldwebel, Stabsfeldwebel mit Fronterfahrung, "Etappenhengste", die einen "tadellosen" Job machen, damit sie nicht selber kämpfen müssen

-- die Vorgesetzten machen oft keinen Unterschied zwischen Schikane und Drill oder Training: Formalexerzieren, Appelle, stumpfsinnige Zielübungen, Auswendiglernen unzähliger Waffenteile
-- die Niederlagen der Ostfront werden kaum ausgewertet und die neuen Einheiten des Ersatzheeres ohne Kampftraining in die Hölle der Ostfront geschickt

-- nur einmal wird gelernt, schnell und geschickt Schützenlöcher auszuheben oder der Bau von Unterständen
-- ansonsten wird "Angriff" geübt, zum Erschrecken der alten Landser im Ersatzheer
-- die Ersatztruppen haben kaum Schanzmaterial (S.469): Werkzeuge zum Verteidigungsbau wie Beile, Pickel, Spaten, Sägen, Holz. Die Truppenführung handelt höchst fahrlässig, in Dilettantismus und Kommissbürokratie (S.470).



Januar - Mai 1944

30.1.1944
Hitler bejubelt immer noch die "Volksgemeinschaft"
"An der Spitze aller Taten der nationalsozialistischen Revolution" stehe "ohne Zweifel der Aufbau der deutschen Volksgemeinschaft." (S.335)

Februar 1944-Juni 1944
monatlich 5539 Luftkriegstote und 9445 Wohngebäude zerstört (S.443).

25.3.1944
Gleichstellung aller Kriegsgefangener
(S.450).

8.4.1944
RAD: Verpflichtung der "Arbeitsmaiden" zur Luftverteidigung auf 1 1/2 Jahre
-- zuerst Innendienst
-- dann Flakhelferin an Flak und Nachtscheinwerfer
-- dann Ausbildung an den Geschützen und Zielgeräten selbst (S.331).

20.4.1944
Der SD berichtet über das Erschlaffen des Wunderglaubens in der Bevölkerung
-- die Bevölkerung sei der enttäuschten Hoffnung überdrüssig
-- die Bevölkerung glaube nicht mehr "an ein erlösendes Wunder"
-- die Bevölkerung hat den Krieg "bis obenhin satt" und ein baldiges Ende sei erwünscht (488)
-- die NS-Führung sieht die SD-Berichterstattung sehr kritisch bis defätistisch (S.489).

Mai 1944
Die Zahl der Vermissten übersteigt die Zahl der Gefallenen
(S.461)

Mai/Juni 1944
Industrieller Widerstand für das Hitler-Attentat
Einige hohe Industrielle unterstützen die Verschwörung des 20. Juli 1944, z.B.: Eduard Schulte, Generaldirektor des Giesche-Konzerns in Breslau (S.248).



Juni 1944

35.000 Behelfswohnungen sind fertig, 23.000 im Bau
(230)

1.6.1944-8.5.1945
Dritte Phase des Luftkriegs: gegen Infrastruktur
-- Angriffe auf das ganze Reichsgebiet, Verkehrsnetz und Treibstoffwerke (S.443)
-- Feindflugzeuge beschiessen zunehmend Zivilisten gezielt mit Bordwaffen (S.445-446). Folge: Ab jetzt werden abgeschossene feindliche Piloten gelyncht (S.446).

6.6.1944
Alliierte Landung in der Normandie
(S.489)

[Das Warten auf das Attentat
-- die gelandeten alliierten Armeen warten auf das Attentat, das vom deutschen Widerstand angekündigt ist
-- wenn Hitler ermordet worden ist, wollen die west-alliierten Armeen widerstandslos bis Berlin fahren, während die Ostfront gegen die Rote Armee weiter die Ostfront hält
-- so könnte Deutschland etwa so gross bleiben wie bis 1938
-- die west-alliierten Armeen nutzen die verwirrte Lage in Frankreich nicht, um bereits jetzt vorzustossen].

12.6.1944-27.3.1945
Beschuss Londons mit V1-Raketen
bringt aber keine Kriegswende (S.491)

25.6.1944
Kritik zum Hoffen auf einen Endsieg durch die V1-Rakete in Das Reich
Hans Schwarz van Berk gibt zu bedenken, dass "sehr selten ... ein Krieg durch eine einzige neue Waffe im Augenblick entschieden" worden ist (S.491).

26.6.1944
Ostfront: Einbruch der Front zwischen den Pripjetsümpfen und dem Fluss Düna auf Länge von 350 km
Das Ostheer ist eingekesselt (S.247).

ab Sommer 1944
Bildung einer neuen Unterwelt in deutschen Grossstädten
-- Kriminelle, Deserteure, politisch Verfolgte, entwichene Häftlinge, entwichene Fremdarbeiter, umherirrende Kriegsgefangene, Hehler, Schwarzhändler, Polizeispitzel, Abenteurer
-- der Zulauf schwillt an, je näher die Front anrückt (S.494).

26.6.1944
Hitler-Rede vor etwa 100 Rüstungsindustriellen: kaum Beifall
-- Rede im Hotel "Platterhof" auf dem Obersalzberg
-- kühle Resonanz der Industriellen
-- das Ostheer ist bei den Pripjetsümpfen eingekesselt, das Westheer ist am Zurückweichen
-- am Ende der Rede erfolgt 1/2 Minute Pflichtbeifall (S.247).

Juni-September 1944
Die Zahl der Vermissten übersteigt die Zahl der Gefallenen um das Sechsfache
(S.461)



Juli 1944

ab Mitte 1944 ca.
Die Korruption in der Wehrmacht nimmt zu
-- Zorn der Frontsoldaten auf die Zahlmeister und Intendanten, beide im Offiziersrang, aber mit schlechtem Ansehen (S.467)
-- die Vorgesetzten der Soldaten schlemmen, während die Soldaten kaum den Hunger stillen können
-- v.a. Luftwaffe, Kriegsmarine und Waffen-SS sind besser versorgt als der hart kämpfende Infanterist

-- Zahlmeister erfinden durch Schiebereien "Fehlbestände" an Soldaten, als Vorbereitung, um deren Konten zu plündern

-- Zahlmeister warten auf Fliegerbomben, um die "Fehlbestände" als "durch Feindeinwirkung vernichtet" angeben zu können, um deren Konten zu plündern

-- Zahlmeister und Intendanten plündern viele Depots bis zum Abzug vor den Alliierten

-- Zahlmeister und Intendanten zerstören Vorräte, damit sie den Alliierten nicht in die Hände fallen

-- die Ausgabe von Vorräten an die deutschen Soldaten wird auch bei Bevorstehen der alliierten Invasion noch verweigert, weil keine "vorschriftsmässige Ausgabebescheinigung" vorliegt, dann werden die Vorräte im letzten Moment verbrannt, z.B. in Klein Machnow bei Berlin am 22.5.1945 (S.468).

Korruption und Begünstigung in der Wehrmacht - Opportunisten der Wehrmacht
-- vermehrte Wehrmacht-Einzelreisende
-- Urlauber von der Wehrmacht
-- Kommandierte an sicherere Orte
-- Versetzte mit Marschbefehl an sicherere Orte

-- Leute mit Sonderausweisen
-- Leute mit Wehrmacht-Fahrscheinen
-- Marschverpflegung besorgen ist nicht schwer
-- Reisen durch halb Europa sind so möglich, wenn man das System durchblickt (468).

Folgen:
-- gefüllte Züge, die sowieso nur noch nachts fahren oder bei Fliegeralarm stehen müssen
-- kaum noch Kontrollen möglich durch die Geheime Feldpolizei, im Volksmund "Kettenhunde", denn die Kontrollen kommen nicht mehr durch den Zug
-- gefüllte Bahnhöfe
-- gefüllte Übernachtungsheime und Verpflegungsstationen
-- mindestens eine ganze Armee ist immer "auf Achse" und entzieht sich allen Strafen zum Trotz dem Frontdienst, wie schon 1918 (S.468).

Partisanen der Alliierten
-- bleiben oft unerkannt
-- werden sogar unerkannt mitbeköstigt (S.468).

Juli 1944
Westen: Alliierte gewinnen die Operationsfreiheit (S.489) in Frankreich (S.490)
Osten: Die Heeresgruppe Mitte wird mit 350.000 Mann eingekesselt und vernichtet
gemäss Eitner ein "Super-Stalingrad" (S.490).

Dolchstoss-Legende der Soldaten
Die Front sei durch Verzögerungen oder gar Sabotage des Nachschubs verraten worden (S.490).

Bormann unterbindet die öffentliche SD-Berichterstattung
Der Führer-Sekretär meint, der SD sei Sprachrohr des Defätismus. Es gibt keine SD-Berichte mehr (S.489).

Der Grossteil der Bevölkerung verkennt die wirkliche Lage des 3.Reichs
-- z.T. immer noch Wunderglauben und vertrauensvolle Hoffnungen
-- die Bevölkerung sucht andere Friedenslösungen als den Kampf und flüchtet sich in Illusionen (S.489).

Die Industriellen brechen mit der Hitler-Führung
Ost- und Westfront rücken auf das Reich zu und der Konsens mit dem NS-Regime zerbricht (S.246).

17.7.1944
Tagebucheintrag von Thomas Mann in den "USA": Er verteidigt den Nationalsozialismus
ohne die Verführung zu erkennen:

"Man soll nicht vergessen und sich nicht ausreden lassen, dass der Nationalsozialismus eine enthusiastische, funkensprühende Revolution, eine deutsche Volksbewegung mit einer ungeheuren seelischen Investierung von Glauben und Begeisterung war." (S.156-157)

20.7.1944
Das Attentat auf Hitler durch Oberst i.G. Claus Graf Schenk von Stauffenberg schlägt fehl
(412).

[Die West-Alliierten haben den Poker gegen Stalin verloren - das absolute Fiasko der West-Alliierten:
-- jetzt müssen sich die west-alliierten Truppen mühsam bis Berlin vorkämpfen
-- Stalins Rote Armee wird Berlin vor den west-alliierten Truppen erreichen
-- Deutschland wird viel kleiner werden als 1938, weil Stalin seine Grenze nach Westen verschieben wird, wenn die Rote Armee in Berlin einmarschiert].

Die Beteiligten
Beteiligte sind oft solche, die das 3.Reich 1933 als "Lichtblick" befürwortet haben:

-- Carl Friedrich Goerdeler (1884-19445), 1920-1930 zweiter Bürgermeister von Königsberg/Ostpreussen (412), 1930-1937 Oberbürgermeister von Leipzig, zugleich Reichskommissar für Preisüberwachung, vorgesehen 1944 als Reichskanzler nach der Ermordung Hitlers. Sein Ziel: Aufbau einer neuen Monarchie

-- Wilhelm Canaris (1887-1945): Leiter des Amtes Ausland / Abwehr im Oberkommando der Wehrmacht OKW

-- Hans von Dohnanyi (1902-1945), Reichsgerichtsrat

-- Ulrich von Hassel (1881-1944): 1932-1938 Botschafter in Rom, 1944 vorgesehen als Reichsaussenminister

-- Helmut James Graf von Moltke (1907-1945): 1939-1944 Kriegsverwaltungsrat im OKW

-- Johannes Popitz (1884-1945): 1933-1944 preussischer Finanzminister

-- Erwin von Witzleben (1881-1944): 1941/1942 Oberbefehlshaber West in Paris, 1944 nach Hitlers Ermordung vorgesehen als Oberbefehlshaber der Wehrmacht
-- sie haben alle die Hoffnung auf erträgliche Friedensbedingungen bei einer Nicht-NS-Regierung (S.413)

-- SPDler Leber ist mit dabei, dann hingerichtet (S.111).

Wirkung des misslungenen Attentats: Solidarität in der Wehrmacht - Ablenkung für Propaganda
-- das Attentat kettet die deutschen Soldaten noch mehr an Hitler (428)
-- das NS-Regime ist vorübergehend gestärkt und die sozialen Ressentiments gegen die Angehörigen der alten Oberschichten verstärken sich (S.489)

-- propagandistisches Ausnutzen der Situation: Man gibt den Attentätern und den sozialen Schichten dieser Menschen die Schuld an der Kriegssituation im Sinn wie: "Dem Führer bleibt auch nichts erspart!"

-- Ablenken vom Frontgeschehen (S.489)
-- Hitler nutzt Vergeltungsmassnahmen aus zur Vorbereitung einer erneuten Sozialrevolution (S.492).

-- die Mehrheit der Deutschen lehnt eine Ermordung Hitlers im Krieg ab
-- das Attentat und die Folgen lenken von der West- und Ostfront ab (S.489)
-- die Frontsoldaten verurteilen das Attentat als Landesverrat angesichts der wankenden Fronten

-- die Frontsoldaten werfen den Attentätern vor, sie hätten unter Hitler auch Karriere gemacht, als es dem Reich noch gut gegangen sei

-- die Frontsoldaten sind nicht imstande, die Gesamtzusammenhänge zu erkennen und verteidigen Hitler bis ins Grab (S.490).

[Die Fehlkalkulation der West-Alliierten
Die Alliierten hatten mit einem erfolgreichen Attentat gerechnet, um dann ohne Widerstand nach Berlin zu marschieren. Nun steht ein schwerer Weg bevor, und die Rote Armee wird als erste Berlin erreichen; In: Valentin Falin: Zweite Front 1995].

30.7.1944
Goebbels in Das Reich prophezeit den Endsieg mit furchtbaren Kriegsmitteln
(S.491)

[Düsenjäger, Raketen, chemische Kampfgase wie Sarin etc.].

Der Artikel "Ein Attentat und seine Antwort" in Das Reich
über die Hintergründe des Attentat, ist gemäss Eitner ohne jede diskriminierende Polemik (S.490).



August 1944

Hitler nach dem Attentat
-- Anordnungen: den Verschwörern blitzschnell den Prozess machen
-- Hitler lässt sich alle Vernehmungsprotokolle vorlegen
-- Hitler erfährt von den weitverzweigten Netzen der Widerstandskämpfer

Hitler und die Konfrontation mit den Motiven der Attentäter
-- Hitler gibt vor, sich kaum mit den Motiven der Attentäter zu beschäftigen
Hitler lässt alle Beteiligten als Landesverräter exekutieren, spricht sich aber nicht über Hochverrat aus (S.431)
-- Besuch Hitlers bei den verletzten Offizieren am 2.8.1944: Hitler:

"Ich weiss, Stauffenberg, Goerdeler und Witzleben haben geglaubt, das deutsche Volk durch meinen Tod zu retten. Aber bisher hat man nur das eine ermitteln können: Diese Leute hatten überhaupt keinen festen Plan darüber, was sie nachher tun wollten." (S.432)

Diese Behauptung Hitlers stimmt gemäss Eitner nicht, denn Pläne waren fest vorhanden. Hitlers Aussage ist aber überraschend milde, weil er vielleicht insgeheim den Verschwörern ehrenhafte Motive zubilligt, oder: Er will insgeheim ermordet werden, damit er aus seiner geistig festgefahrenen Situation befreit wird (S.432).

Tabelle: 7,652 Mio. ausländische Arbeitskräfte im Dritten Reich
Russen 2,8 Mio. 36,8 % über 50 % Frauen von durchschnittlich 20 Jahren
Polen 1,7 Mio. 22,3 % über 50 % Frauen von durchschnittlich 20 Jahren
Franzosen 1,3 Mio. 17,0 % über 50 % Frauen von durchschnittlich 20 Jahren
Italiener 590.000 7,7 %
Belgier 250.000 3,3 %
Anteil der Ausländer an der Gesamtbeschäftigung: 26,5 %



(S.451)

NS-Geist der "Volksgemeinschaft" lebt immer noch
-- junge Deutsche haben immer noch das Gefühl, mit Arbeit für den NS-Staat die Mission der "Volksgemeinschaft" und klassenlosen Gesellschaft zu erfüllen

-- junge Deutsche glauben bis zuletzt, sie hätten diese Mission freiwillig auf sich genommen (S.493).

-- die grosse Mehrheit der deutschen Bevölkerung glaubt nicht mehr, dass die grosse Überlegenheit der Alliierten mit Tapferkeit zu schlagen ist

-- die NS-Propaganda propagiert die Nationalidee, Opferbereitschaft, Gläubigkeit, Gehorsam, Soldatentugenden

-- die NS-Propaganda bagatellisiert die eigenen Niederlagen und bauscht die Schwierigkeiten der Alliierten auf

-- die Bevölkerung hält weiterhin zum Regime, weil die Alliierten weiterhin Luftangriffe fliegen, bedingugnslose Kapitulation fordern, einen Morgenthau-Plan für Deutschland entwickeln [Deutschland als Agrarstaat entindustrialisieren], und die "USA" mit dem Bolschewismus koaliert (S.493)

Absinken des Vertrauens in Hitler
-- wegen brutalen Luftangriffen auf die Zivilbevölkerung
-- die Invasion im Westen wird, entgegen allen Ankündigungen, nicht zurückgeschlagen
-- die Wehrmacht befindet sich im Westen und im Osten im Rückzug (S.491)
-- "Wunderwaffe V1" bringt keine Wende (S.491).

ab August 1944
Industrieller Widerstand drängt auf "Westkonzeption"
d.h. Friede im Westen, Krieg gegen die Sowjetunion (S.249).

ab August 1944 ca.
Plünderungen zwischen Abzug der deutschen Polizei und dem Einrücken der Alliierten
-- an der West- und an der Ostfront
-- Plünderung von Läden und Proviantämtern: Lebensmittel Spirituosen, Gebrauchs- (S.518) güter
-- Faustrecht, Schlägereien bis zum Todschlag, Plünderer werden totgetrampelt oder kommen anders ums Leben

-- Plünderung verlassener Häuser der Wohlhabenden
-- NS-Symbole werden vernichtet
-- Hitler-Bilder, NS-Bücher, Belobigungen, Uniformen usw. werden zu handlichen Bündeln verschnürt, versteckt oder verbrannt (S.519).

1.8.1944
Weltneuheit: Postleitzahlen im Postverkehr durch die Deutsche Reichspost
Die Postleitzahlen sind eine Weltneuheit der Rationalisierung wegen Personalmangel (S.491-492).

Eröffnung der "Grossen Deutschen Kunstausstellung" im Haus der Deutschen Kunst in München
Das "Haus der Deutschen Kunst" ist unter Tarnnetzen bisher unbeschädigt geblieben  (S.492).

München-Riem: Pferderennen um das "Braune Band"
und Ausgabe einer Sonderbriefmarke dazu (S.492).

Hannover: Eröffnung eines Freilicht-Filmtheaters ohne Rauchverbot
(S.492).

Himmler fordert das Ende des "verfluchten Etappengeistes" im Ersatzheer
-- aber der Schlendrian bleibt
-- kein Training der Verteidigungstechniken  (S.470).

1.-10.8.1944
"US"-Befragung deutscher Kriegsgefangener
-- 68 Prozent vertrauen Hitler, 17 Prozent nicht, der Rest bleibt ohne Meinung
-- 52 Prozent glauben an einen deutschen Endsieg, 11 Prozent nicht, der Rest bleibt ohne Meinung

-- 66 Prozent glauben an deutsche, kriegsentscheidende Geheimwaffen, 15 Prozent nicht, der Rest bleibt ohne Meinung (S.492)

-- unter deutschen Kriegsgefangenen der Westfront lebt der NS-Geist weiter, v.a. wegen der sozialen und wirtschaftlichen Leistungen, wegen der Überwindung der Klassengegensätze (S.492).

2.8.1944
Hitler besucht Attentat-Verletzte im Rastenburger Reserve-Lazarett
-- ohne sichtbare Schutzmassnahmen
-- Hitler wird von Patienten, verletzten Soldaten, umringt und es werden mit ihm Fotos gemacht (S.490)
-- ein Attentat auf Hitler wäre möglich gewesen, aber die, für die ein Attentat möglich gewesen wäre,  jubeln demjenigen zu, der Deutschland in den Untergang führt (S.491).


10.8.1944
Konferenz von Industriellen und Banken in Strassburg zur Vorbereitung der deutschen Niederlage [und zur Vorbereitung des Vierten Reiches]

-- Vertrauliche Aussprache in Strassburg im "Hôtel de la Maison Rouge"
-- Beteiligte: Vertreter führender Rüstungskonzerne: Krupp, Röchling, Messerschmitt, Rheinmetall-Borsig, Thyssen, BBC, Hermann-Göring-Werke, Vertreter des Rüstungs- und Wirtschaftsministeriums

[nicht erwähnt: schweizer Banken]

-- Wortführer: Friedrich Scheidt, Vorstandsmitglied des Kahla-Konzerns, Leiter der Amtsgruppe Industrieelle Selbstverwaltung im Rüstungsministerium Speer (S.249).
-- keine Protokollführung, nur Bericht eines "US"-Geheimdienstagenten vom 7.11.1944:

-- Scheidt stellt fest, dass der Krieg für Deutschland verloren sei
-- Propagierung von Massnahmen zur Sicherung der Nachkriegsposition und zur Rettung der Industriesubstanz
-- jeder Industrielle soll selber Fühlung mit ausländischen Firmen aufnehmen, separate Verträge abschliessen auf individuelle Art
-- Gründung von Scheinfirmen im Ausland zwecks Kapitalverlagerung
-- Verstecken von Forschungs-, Konstruktions- und Produktionsunterlagen
-- Vorbereitungen treffen für die Aufnahme erheblicher Auslandskredite für die Nachkriegszeit (S.249)

-- vorbildliche Zusammenarbeit von Krupp, Leica, Zeiss und HAPAG mit "US"-Firmen (S.250)
-- Anlage neuer Bankkonten im neutralen Ausland
-- Aufstockung bestehender Guthaben im Ausland
-- Ankauf von Betrieben im Ausland durch einheimische Mittelsmänner
-- Gründung von Niederlassungen im Ausland für die Nachkriegszeit

-- Zusage des Rüstungsministeriums, den strafbaren Kapitalexport zu decken
-- Dezentralisierung der Banksafes wegen Bombenkrieg in Berlin, läuft seit Herbst 1943
-- seit Sommer 1944 läuft die Verlagerung der Bankguthaben ins Reichsinnere und in den Westen Deutschlands

-- angesichts des möglichen Vordringens der Roten Armee auf Oberschlesien verlangen die Grossbanken Bürgschaften der Konzern-Muttergesellschaften für Kredite an deren schlesische Werke, etwa Bergwerksverwaltung Oberschlesien GmbH der Reichswerke Hermann Göring AG in Kattowitz, und fordern die zunehmende Kontenverlagerung ostdeutscher Unternehmen auf Bankfilialen im Westen Deutschlands (S.251).

10.8.1944
Ostfront: Die Rote Armee steht an San und Weichsel
(S.249)

Westfront: "Amerikanische" Panzerdivisionen sind an der Loire im Bewegungskrieg
(S.249)

12.8.1944
Bormann befiehlt eine "Aktion zur rücksichtslosen Ausmerzung aller Verräter, Defätisten und ähnlicher Handlanger des Feindes"
Jeder Partei- und Volksgenosse oder anderen Bürger soll man auf Verdacht hin "vorläufig festnehmen" (S.492).

13.8.1944
"Das Reich" bejubelt auf dem Titelblatt die V1-Rakete
Verfasser des Artikels: Werner Höfer, OT-Kriegsberichterstatter (S.491).

21.8.1944
Gleichstellung der Ernährung der Russen in Lagern mit den übrigen Kriegsgefangenen
(S.437)

22.8.1944
"Aktion Gewitter" gegen Abweichler
-- gegen rund 5000 ehemalige Minister, Bürgermeister, Parlamentarier, Parteifunktionäre, politische Beamte der Weimarer Republik (492)
-- Ziel: das Führungspotential für eine Nachfolgeregierung nach Hitler "ausschalten" (S.493).

25.8.1944
Paris geht in alliierte Hand
(S.493)

31.8.1944
Einführen der 60-Stunden-Woche im 3.Reich
ist eine Erleichterung für die Bevölkerung! (S.474)



September 1944

September 1944 ca.
Inoffizieller Propagandafilm über das Attentat "Verräter vor dem Volksgerichtshof"
-- der Film wird nur Gauleitern in geschlossener Sitzung gezeigt
-- mit propagandistischer Ausschlachtung des VGH
-- das Regime fürchtet bei öffentlicher Aufführung unkontrollierbare Volksreaktionen, v.a. wegen der Tobsuchtsausbrüche des VGH-Präsidenten Roland Freisler (S.180).

September 1944
Die Besatzungszonen werden unter Wirtschaftskreisen bekannt
Folge: Umgruppierung der Industrien, Verlegungen etc.

[Parallele: Stalin hatte 1941 vor dem Russlandfeldzug auch Industrien samt Arbeitern hinter den Ural verlegt; siehe: Encyclopaedia Judaica: Holocaust, Rescue from].

Der Text bei Todesanzeigen wird vorgeschrieben
mit Formel "für Führer, Volk und Reich", um den Rückgang der Erwähnung Hitlers bei Todesanzeigen zu vertuschen (S.483).

Westfront an der Reichsgrenze
Ostfront an der Weichsel
(S.491)

September 1944/Herbst 1944
Der Volksglaube, dass Leiden einen Sieg bringe
-- die Hitler-Gläubigen meinen, die "Hammerschläge der Vorsehung" müssten verkraftet werden, um zum Endsieg zu gelangen

-- die Wehrmacht hat immer noch den Glauben an ein glimpfliches Ende oder einen Remis-Frieden

-- das Aufhalten der alliierten Truppen an den Reichsgrenzen gibt wieder Mut, ist jedoch keine deutsche Stärke, sondern eine Pause der Alliierten zur Konzentration der Kräfte (S.494)

-- die NSDAP ist am Nullpunkt ihres Ansehens, Parteiabzeichen werden nur noch ungern getragen

-- die NSDAP sieht sich mit deutscher Kriegsschuld und bestialischen Mordaktionen im Osten konfrontiert, was mehr und mehr in der Bevölkerung bekannt wird (S.496).

ab 8.9.1944
London wird durch V2-Raketen beschossen
Die V2 weckt neue Hoffnungen bei den Endsieg-Gläubigen, die nicht lange anhalten (S.496).

11.9.1944
Westalliierte "amerikanische" Truppen überschreiten erstmals die Reichsgrenze
-- Zerschlagen des Westheers (493)
-- das Bild deutscher, rückkehrender Truppen aus Frankreich: unordentliche Uniformen, betrunkene Soldaten, betrunkene Nachrichtenhelferinnen / "Blitzmädel", Lastwagen mit Mobiliar, Teppichen, Gemälden, Lebensmitteln und französischen Mädchen (S.494).

23.9.1944
OKW-Befehle sprechen beim Westheer von "Auflösungserscheinungen in der Truppe"
(S.493)

25.9.1944
Führer-Erlass über den Deutschen Volkssturm DVSt
wird vom Beauftragten Bormann einen ganzen Monat unter dem Tisch gehalten und nicht bekannt gegeben (S.494)

[wahrscheinlich, um bei den Alliierten nicht als "schwacher Gegner" dazustehen bzw. um die Entwicklung abzuwarten].



Oktober 1944

Oktober 1944-April 1945
Ungarn unter deutscher Besetzung unter Szálasi
-- Pfeilkreuzler-Führer Ferenc Szálasi (1897-1946)
-- blutiger Terror des Regimes an der Seite Hitlers (S.280).

ab Oktober 1944
RAD-Mädchen an Scheinwerfer-Batterien
(S.330); die Flak ist 1944/1945 bis zu 1/3 mit Mädchen besetzt (S.331).

1.10.1944
Zeitung "Das Reich": Hitler-Eid soll auch nach Hitlers Tod gültig sein
Reinhard Höhn, Staatsrechtler, behauptet in einem Artikel in "Das Reich" (S.170), der Eid auf den Führer sei auch nach dessen Tod noch gültig (S.170-171).

11.10.1944
Ostpreussen wird von Spitzen der Roten Armee angegriffen
(S.495)

14.-21.10.1944
Schlacht um Aachen
(S.495)

Mitte Oktober 1944
"US"-Befragung bei deutschen Kriegsgefangenen
-- 42 Prozent vertrauen Hitler, 43 Prozent nicht, Rest ohne Meinung
-- 28 Prozent glauben an den Endsieg, 57 Prozent nicht, Rest ohne Meinung
-- 33 Prozent glauben an Geheimwaffen, 52 Prozent nicht, Rest ohne Meinung
-- der Endsieg ist also nicht so wichtig, aber im Vertrauen auf den Führer herrscht Ausgeglichenheit (S.495), und dennoch glauben mehr als 1/4, dass Hitler das Blatt noch wenden kann (S.496).

18.10.1944
Deutscher Volkssturm DVSt
-- Himmler gibt den Führer-Erlass über den Deutschen Volkssturm DVSt bekannt
-- in Königsberg (S.494-495)
-- am Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig von 1813 (S.495)

-- Aufstellen aller "waffenfähigen" 4-5 Mio. Männer der Jahrgänge 1884 bis 1938, von 16-60 Jahren, wenn tauglich und bis anhin ohne kriegswichtige Aufgabe (S.494)

-- der Aufruf zum DVSt wirkt eher deprimierend als anfeuernd, ist ein Zeichen der Schwäche
-- die Beteiligten müssen befürchten, bei Flucht als Partisan erschossen zu werden (S.495).

21.10.1944
Aachen fällt als erste deutsche Grossstadt in alliierte Hand
-- ist zu 65 Prozent zerstört
-- Westalliierte und Ostalliierte sind noch 550 km von Berlin entfernt (S.495).

[und die Wehrmacht an der Westfront betreibt ein absolut destruktives Spiel, den West-Alliierten weiter Widerstand zu leisten, wenn nicht ein grosser Teil Deutschlands kommunistisch werden soll].

25.10.1944
Himmler-Erlass zur "Bekämpfung jugendlicher Cliquen"
gegen die nonkonformistische Subkultur, Einrichtung von Jugend-KZs (S.351).

26.10.1944
Eva Braun verfasst ihr Testament
(S.495)



November 1944

9.11.1944
Proklamation Hitlers
-- flösst Labilen und Leichtgläubigen wieder Vertrauen ein
-- suggeriert Sicherheit und belebt Hoffnungen (S.496).

-- gleichzeitig geht das Gerücht um, Hitler leide an starken Depressionen, sei schwächlich und hinfällig wie ein alter Mann

-- Hitler wird auch depressiv, wirkt schwächlich (S.496)

-- Hitler spricht aber immer noch breite Volksschichten an, und so lange er lebt, ist der Durchhaltewillen noch weit verbreitet ungebrochen, denn schwerste Opfer müssen doch einen Sieg ergeben oder zumindest ein Remis

-- NS-Hoheitsträger argumentieren, das Leid von heute würde in der Endabrechnung positiv zu Buche schlagen (S.497).

11.11.1944
Der "Völkische Beobachter" gibt zu, dass real der Krieg nicht zu gewinnen sei
-- Appell an "eiserne Standhaftigkeit"
-- das Schicksal sei "entgegen allen Gesetzen der Vernunft" möglich zu "bezwingen"
-- so könne "das scheinbar unausweichliche Schicksal ändern" (S.496).

15.-30.11.1944
"US"-Befragung deutscher Kriegsgefangener
64 Prozent vertrauen Hitler, 22 Prozent nicht, Rest ohne Meinung
50 Prozent glauben an Endsieg, 27 Prozent nicht, Rest ohne Meinung
53 Prozent glauben an Geheimwaffen, 29 Prozent nicht (S.496).

29.11.1944
Bildung eines Wehrmachthelferinnenkorps
-- für Frauen ab 18 Jahren
-- auf Basis freiwilliger Meldungen
-- später durch Einberufungen (S.497).



Dezember 1944

8.12.1944
Flugblattaufruf von 50 deutschen Generalen aus Russland an Wehrmacht und Volk zum sofortigen Ende des Krieges und zum Sturz des NS-Regimes
-- ist beschwörend, aber psychologisch unglücklich formuliert
-- findet im Ostheer fast kein Echo, auch weil deutsche Soldaten wissen, was sie in Russland erwarten würde (S.497).

10.12.1944
Goebbels-Artikel in Das Reich: "Die Entscheidungsrunde"
-- Erläutern der düsteren Kriegslage
-- "Wir kämpfen jetzt mit dem Rücken an der Wand. Das ist selbstverständlich sehr gefährlich, bietet aber auch eine ganze Reihe von Vorteilen" (S.498)

[nicht erwähnt: Es existiert keine Wand, denn Deutschland ist umzingelt].

17.12.1944
Der "Völkische Beobachter" beschwört die Treue deutscher Soldaten zum Führer und zum Kampf
Artikel von Herbert Reinecker, Waffen-SS-Kriegsberichterstatter:

"Der junge Soldat ist dem Führer treu, weil er sich selber und seinem Schicksal treu ist. Es ist ihm undenkbar, nachzudenken, aufzugeben, oder vor Schwierigkeiten zu kapitulieren..." (S.498)

20.12.1944 ca.
Goebbels-Motto für Weihnachten: "Ein Fest der starken Herzen"
(S.498)

24.12.1944
Goebbels im Deutschlandsender: wünscht sich die Toten lebendig - im Namen der Toten müsse das 3.Reich weiter bestehen

"Über die Gräber vorwärts! Die Toten sind stärkere Heere als wir auf dem Lande, als wir auf dem Meere. Sie schreiten uns voran. Im Lärm der Schlachten des Krieges gingen sie von uns. Beim Dröhnen der Glocken eines siegreichen Friedens werden sie zu uns zurückkehren. Mehr als allen Lebenden sind wir ihnen das Reich schuldig. Das ist die (S.498) einzige Forderung, die sie uns hinterlassen haben." (S.499)

Weiterhin: "Gute Laune" im Dritten Reich
-- Filme und Schlager von Zarah Leander  mit Endgage von 800.000 RM pro Jahr, ab 1943 in Schweden

-- Schlagersängerin Marika Rökk, Rosita Serrano bis 1943, Strienz mit Spottliedern auf Churchill und Verherrlichung der "Soldatenfrau" etc. (S.499).

-- Durchhalte-Schlager "Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern" aus dem Film "Paradies der Junggesellen" 1939 von Bruno Balz/Michael Jary, gesungen von den Schauspielern Hans Brausewetter, Heinz Rühmann und Josef Sieber (S.500)

-- Soldatenbrautschlager "Lili Marleen", gesungen von Liselotte Helene Andersen, wird ab 18.1.1941 täglich um 21:57 Uhr zum Zapfenstreich im Soldatensender gesendet über alle Fronten hinweg, berühmt, mit Variationenbildung in allen Sprachen und Musikstilen, voller Liebe, Trennungsleid, Trost,
mit Trauer und Todesahnung, wird deswegen im März 1944 von Goebbels verboten (S.500).


Ende 1944
Ardennenoffensive bringt den Endsieggläubigen wieder Siegeshoffnungen
Die Wehrmacht operiert wieder offensiv, was auf viele Deutsche wie eine Erlösung wirkt (S.497).

[Hitler will den West-Alliierten zeigen, dass die Wehrmacht noch kämpfen kann, um bei allfälligen Verhandlungen besser dazustehen. Nur dank einer 5 Tage anhaltenden Nebeldecke kann die Wehrmacht so weit vorstossen].

Preussen, Pommern und Schlesien haben gedämpfte Zuversicht
-- immer noch werden die traditionellen Treibjagden veranstaltet (S.500)
-- der Glaube an den Tannen-Mythos von 1914 ist verbreitet (S.500-501) mit der Hoffnung, die "russische Dampfwalze" werde aufgehalten und bezwungen
-- das Vertrauen in Hitler und in die Wehrmacht ist besonders ausgeprägt (S.501).

[Durch den falschen Glauben wird die dortige Bevölkerung viel zu spät zur Flucht angeregt].

31.12.1944, 23:50 Uhr ca.
Grossdeutscher Rundfunk lässt von Heinrich George das "Preussische Bekenntnis" lesen
-- von Carl von Clausewitz 1812

-- Schlusssatz: "dass ich mich nur glücklich fühlen würde, einst in dem herrlichen Kampf um Freiheit und Würde des Vaterlandes einen glorreichen Untergang zu finden!"

-- dann Deutschlandlied

-- um 0:00 Glocken des Kölner Dom, dann Chorgesang "Oh Deutschland hoch in Ehren" (S.501).

-- um 0:05 spricht Hitler:
oo  aus den Trümmern der Zerstörung werden neue Städte entstehen
oo  die soziale Neugestaltung werde im Sinne eines "Volksstaates" entstehen
oo  "Ein Volk, das in Front und Heimat so Unermessliches leistet, so Furchtbares erduldet und erträgt, kann niemals untergehen. Im Gegenteil: Es wird aus diesem Glutofen von Prüfungen sich stärker und fester erheben als jemals zuvor in seiner Geschichte!"
oo  viele Wankelmütige lassen sich wieder zum Führer hin manipulieren (S.501).

Ende 1944
Hitler beauftragt Goebbels, die Wehrmacht zu untersuchen: "auszukämmen"
wird nicht mehr wirksam (S.457).

Berlin hat noch 2,83 Mio. EinwohnerInnen
1939: 4,34 Mio. (S.447).

1944-1945
Hitler zerstört die ganze deutsche Gesellschaft, die er 1933-1938 selbst geformt hat
(S.279).

25 Prozent der Arbeitskräfte im 3.Reich sind gezwungene AusländerInnen oder Kriegsgefangene
in der Landwirtschaft fast 50 Prozent (S.451).

Keine Evakuierungsvorbereitungen in Preussen und Ostdeutschland
-- Gauleiter und untergebene Kreis- und Ortsgruppenleiter bereiten keine Evakuierung vor und stellen die Frontlage falsch dar
-- die Bevölkerung ist den Gauleitern und Kreis- und Ortsgruppenleitern ausgeliefert
-- es wird keine Flucht oder Evakuierung vorbereitet, obwohl die militärischen Vorgesetzten  diese sicher gebilligt hätten (S.471).

Wehrmacht-Verwaltung bleibt erhalten und verschlingt Kraft und Geld
-- ca. 3,5 Mio. Menschen sind in der Wehrmacht-Bürokratie beschäftigt
-- unvorstellbarer Papierkrieg und Vorschriften (S.468)
-- die Wehrmacht-Verwaltung wird nicht effizient, weil die Beteiligten sich alle als "unabkömmlich" geben wollen und nicht an die Front wollen, dafür ist der "Dienst" tadellos (S.469).

SS-Intellektuelle streben nach der Entflechtung des Staates
nach Trennung der Grosskonzerne von der Bürokratie und der Wirtschaft (S.205).

RAD-Divisionen
ungenügend ausgerüstet, aber kampfstark (S.330).

Rund 52.000 Mädchen in der Wehrmacht
-- Jahrgang 1920-1924
-- statt in den RAD eingezogen zu werden (S.331).

1944-1945
Wichtige Rolle der Gauleiter bei der zivilen Landesverteidigung
(S.163). Erst jetzt wird den Funktionären der NSDAP klar, dass sie von Hitler zu einem Opfer missbraucht werden (S.165).

Aufstellen von Divisionen aus dem Reichsarbeitsdienst RAD
ungenügend ausgerüstet, leisten den Alliierten zähen Widerstand, manipuliert u.a. durch das HJ-Lied

"Ein junges Volk steht auf", 3. Strophe verherrlicht den Krieg:

"Und welcher Feind auch kommt mit Macht und List
seid nur ewig treu, ihr Kameraden!
Der Herrgott, der im Himmel ist
liebt die Treue und die jungen Soldaten
Vor uns marschieren mit sturmzerfetzten Fahnen
die toten Helden der jungen Nation
und über uns die Heldenahnen
Deutschland, Vaterland, wir kommen schon!" (S.330)

Winter 1944/1945
Berlin: 1 Pfund Kaffee kostet 400 RM, entspricht 20 Liter Benzin für Fluchtzwecke
(S.440)

1944/1945
Ernährung im 3.Reich
-- weniger als 1800 Kalorien/Tag, ist unter dem Existenzminimum
-- Beginn der absoluten Hungerernährung (S.436).

80 Prozent der deutschen Grossstädte sind zerstört
(S.443)

ab Ende 1944
Ostfront: Die Wehrmacht ermöglicht die Flucht der Ostdeutschen aus Ostdeutschland
-- verzweifeltes Aushalten gegen die Rote Armee ermöglichst die Massenflucht der deutschen Ostbevölkerung über die Weichsel, Ostsee und Oder

-- z.T. hoch angesehene "Tapferkeitstaten" nicht im Sinn der NS-Treue, sondern aus dem Zwang der Lage (S.462), ist manchmal ein "Ausreissen nach vorn", um die Gefahr zu unterlaufen (S.463).



1945

Widerstand: Hinrichtung von Alfred Delp
katholischer Theologe (S.404).

Ordensburgen werden besetzt
-- Vogelsang: "amerikanisch" kampflos besetzt
-- Crössingsee: ab März 1945 unter polnischer Verwaltung, Nutzung unbekannt (S.200).

Ostfront: Psychische Entwicklungen fordern die Soldaten aufs Äusserste
-- HJ-Soldaten werden an die Front geschickt im Glauben, nur sie könnten noch die Wende herbeiführen, sie sind ahnungslos

-- die HJ-Soldaten sind gedrillt und werden bei Ausfall der Offiziere unberechenbar gefährlich dank Fanatismus, Selbstvertrauen, Eigenwillen und Einfallsreichtum

-- wenn erfahrene Landser aufgeben, springen fanatische HJ-Soldaten ein, mit hoher Verlustrate (S.463).

-- der deutsche Soldat ist belogen, betrogen, verraten und verleugnet, auf sich selbst gestellt, alle Werte zerfallen, Pflicht und Ehre gelten nicht mehr (S.463), nur noch Kampf aus der Angst heraus gegen das Verrecken im Erdloch (S.464)

-- aufkommende Frage nach dem Sinn des Lebens, Freiheit und Gewissen sind bei den Soldaten nur Thema des Spottes

-- erst jetzt sinkt die Moral der Truppe, die meisten finden sich mit dem Tod ab und entwickeln Feigheit und Panik oder auch Mut und neue Tapferkeit im "richtigen" Moment (S.464)

Ostfront und Westfront: Die Wehrmacht verlängert gleichzeitig das NS-Regime
(S.462)

Verbrennen der Hakenkreuzfahnen in den Haushalten
Im Zuge der alliierten Besetzung 1945 wird die Hakenkreuzfahne in Küchenherden und Stubenhöfen so massenhaft verbrannt, wie sie vorher überall gehangen hat (S.86).

Deutsche Flüchtlinge stossen bei deutschen Bauern auf Kaltblütigkeit
Die Flut von Evakuierten, Flüchtlingen und Heimatvertriebenen, doppelte Verlierer des Krieges, stösst bei den deutschen Bauern auf kalte Herzen. Die Bauern treten den Flüchtenden mit harter Selbstsucht entgegen, die reichen Bauern schlimmer als die ärmeren, die betont religiösen noch schlimmer als die unauffällig frommen. Später wird dieses Verhalten oft verdrängt (S.291).

Widerstand: Speer sabotiert die Selbstzerstörungsbefehle Hitlers gegen die eigene Industrie
(S.253)

Kinderlager in Ostpreussen, Warthegau, Oberschlesien und Slowakei werden von der Roten Armee überrannt
(S.349); [Flucht in Trecks mit vielen toten Kindern]

Enteignungen deutscher Betriebe in Ostdeutschland
-- Enteignung deutschen Industrieeigentums in der sowjetischen Zone: IG-Farben, Siemens, AEG, Flick, Wintershall etc.
-- Entzug erheblichen Potentials (S.252).



Januar 1945

1.1.1945
Neujahrsansprache von Hitler: Ankündigung einer neuen Gesellschaftsordnung
"Ein Volk, das in Front und Heimat so Unermessliches leistet, so Furchtbares erduldet und erträgt, kann niemals untergehen. Im Gegenteil: Es wird aus diesem Glutofen von Prüfungen sich stärker und fester erheben als jemals zuvor in seiner Geschichte!" (S.501)

Jagdflieger Hans-Ulrich Rudel bekommt die höchste Tapferkeitsauszeichnung
-- fliegt mit amputiertem Bein weiter gegen die Luftangriffe
-- Auszeichnung: Goldenes Eichenlaub mit Schwertern und Brillanten zum Ritterkreuz (S.528).

Januar-März 1945
Flüchtlingstrecks aus Ostpreussen und Pommern
-- über vereiste und verschneite Landstrassen nach Westen
-- Weichsel, Frisches Haff und andere Flusswege sind zugefroren und befahrbar

-- wer stürzt und den Weg blockiert, wird beiseite gestossen, v.a. von zurückflutenden, aufgelösten Wehrmacht-Nachschubeinheiten, die brutal gegen die eigenen Landsleute vorgehen

-- französische Kriegsgefangene fahren die Pferdewagen ihrer Bauersfrauen

-- dank des Pferdebestandes kann sich die Bevölkerung zu einem grossen Teil retten, bei Motorisierung hätte Benzin gefehlt und es wäre keine Flucht möglich gewesen

-- die Treck-Verluste, die aufgrund mangelnder Organisation geschehen, gehen auf Konto der selbstherrlichen Gauleiter und Kreis- und Ortsgruppenleiter, die die Vorbereitung der Evakuierung verweigert haben

-- Abstumpfen aller Empfindungen, Überbeanspruchung, z.T. Elend, Todesfälle (470).

Flucht über die Ostsee in Schiffen
-- zusammengedrängte Flüchtlingsmassen in den Hafenstädten
-- die Kriegsmarine mit 790 und die Handelsmarine mit 175 Schiffen retten ca. 1,6 Mio. Menschen vor der Roten Armee
-- die Evakuierung erfolgt ungeplant, denn die NS-Führung verweigerte die Organisation als Defätismus und Feigheit (S.466?).

ab Anfang 1945
Bildung von zusammengewürfelten Alarmeinheiten
-- zusammengesetzt auf Urlaubern, Versprengten, Genesenen, Trossangehörigen, Rekruten, Soldaten mit "niedrigem Tauglichkeitsgrad", verschiedenste Charaktere, die nicht zusammen passen. Leute, die ein Gewehr in der Hand hatten, zusammen mit kaum ausgebildeten, jungen Soldaten, kaum Erfahrung mit Infanteriewaffen (S.466)
-- kein Zusammengehörigkeitsgefühl, kaum bekannte Offiziere und Vorgesetzte, keine Stammrollen, keine Feldpostnummern

-- sehr hohe Verluste als ein festgefügter Verband
-- bei Verwundung lässt man den Verwundeten im Stich, weil man ihn nicht kennt
-- es sind z.T. Soldaten, die bei ihren alten Einheiten als "vermisst" gelten, und diese schont man nicht, weil sie militärbürokratisch nicht mehr existieren
-- die Alarmeinheiten haben kaum "Kampfwert" (S.467).

Offiziere setzen sich immer mehr ab
und produzieren Panik bei den Soldaten, die orientierungslos werden und immer mehr demoralisiert sind (S.467).

ab Januar 1945
Ostdeutschland: Französische Fremdarbeiter helfen deutschen Frauen, der Roten Arme zu entkommen
(S.459)

Anfang 1945
Himmler-Befehl, dass kein KZ-Häftling lebend in alliierte Hände fallen dürfe
->> stufenweise Evakuierung der KZs ins Reichsgebiet (S.515)

[bzw. Todesmärsche, Massenerschiessungen, oder die überlebenden Häftlinge werden in Bunkerbauten lebendig begraben].

ab Anfang 1945
Alliierte jagen mit Jagdflugzeugen einzelne Zivilisten
zielen ohne militärische Notwendigkeit auf zivile Radfahrer, FussgängerInnen, Bauern, auch Kühe auf der Weide (S.509) [auch auf Kinder auf dem Schulweg etc.].

ab Januar 1945
NS-Filmindustrie dreht bis zum letzten Moment
-- in Berlin, Prag, Wien: UFA, Tobis, Terra, Bavaria, Berlin-Film, Wien-Film
-- unter Tiefflieger-Beschuss, Tonstörungen
-- Aufnehmen friedlicher gestriger und bürgerlicher Geschichten ohne Krieg (S.505)
-- die Filmtitel strahlen meist eine makabre Munterkeit aus, z.B. die Gruselkomödie "Spuk im Schloss" (S.506).

1.-14.1.1945
"US"-Befragung an Kriegsgefangenen
62 Prozent vertrauen Hitler, 30 Prozent nicht, Rest ohne Meinung
44 Prozent glauben an Endsieg, 42 Prozent nicht, Rest ohne Meinung
47 Prozent glauben an Geheimwaffen, 40 Prozent nicht (S.496).

6.1.1945
Aufruf zum "Volksopfer"
-- Motto: "Helft neue Divisionen ausrüsten!"
-- Kleidung, Ausrüstungsgegenstände, Becher, Wolldecken, Schuhe, Spaten, Regenmäntel etc. (S.501)
-- Bormann ordnet an, alle Parteiuniformen mit Ausnahme einer Gebrauchsgarnitur abzugeben
-- viele spenden dem "Volksopfer" ihre letzte Habe (S.502).

12.1.1945
Grossoffensive der 10-fach überlegenen Roten Armee an der Weichsel
-- innert dreier Tage ist das deutsche Ostheer weitgehend zerschlagen, panikartiger Rückzug, kaum noch Befehlsführung
-- Rückzug von der Weichsel an die Oder in kleinen oder grösseren Soldatengruppen bei Eis und Schnee, Mangel an Wasser und Salz, Hunger und Schlaflosigkeit (S.502), ein Marsch von 600 km (S.503)

15.1.1945 ca.
Himmler-Aufruf gegen Drückeberger
-- gegen Soldaten, die sich von der Front entfernen
-- man solle die "Feiglinge mit dem Scheuerlappen zur Front hauen" (S.502).


18.1.1945
Marienburg/Westpreussen: Bockauktion des Schafzüchterverbandes
-- mit 400 Schafböcken
-- die herannahende Rote Armee wird verdrängt (S.502).

19.1.1945
Die Rote Armee dringt bei Oppeln in Schlesien ein
(S.502)

25.1.1945
Marienburg / Westpreussen ist von der Roten Armee eingeschlossen
-- wird belagert und zu 45 Prozent zerstört
-- Besetzung erst am 8.3.1945 (S.502).

26.1.1945
Schloppe / Pommern: Gauleiter Coburg hält beruhigende Ansprache, eine Flucht sei unwahrscheinlich
-- Gauleiter Franz Schwede-Coburg (1888-1960)
-- Rede auf dem Marktplatz von Schloppe, 30 km südwestlich von Deutsch Krone
-- Leute, die die Flucht bereits vorbereitet hätten, sollten ihr Fluchtgepäck wieder auspacken, da keine Gefahr besteht
-- jede Räumung sei im übrigen verboten (S.503)

29.1.1945
Schloppe / Pommern: Angriff der Roten Armee und Massenflucht
Gauleiter Schwede-Coburg ist in Schloppe nicht mehr zu sehen (S.503).

30.1.1945
Hitler-Ansprache des Abgesangs
-- 20 Minuten, so kurz wie sonst nie, monoton, schlechteste Ansprache
-- die Panzer der Roten Armee stehen an der Oder 60 km vor Berlin
-- Hitler vermittelt mit der Hoffnung auf eine "Kriegswende" bei Endsieggläubigen immer noch Zuversicht, auch wenn er verschweigt, mit welchen neuen Waffen das geschehen soll und wie die alliierten Luftangriffe eingedämmt werden sollen (S.503).

Filmaufführung "Kolberg" in Berlin und in La Rochelle/Frankreich
ist Durchhalteappell mit dem Vergleich der Belagerung von Kolberg vor der Invasion Napoleons (S.505).

31.1.1945
Ende der Verlust-Statistik der Wehrmacht
-- nachweislich Gefallene, einschliesslich Waffen-SS: 1.809.361
-- nachweislich gestorbene: 191.338
-- zusammen: 2.000.699 (S.646)
-- Vermisste: 1.902.704, Zahl der Toten unter den Vermissten unbekannt (S.464)
-- Zahl der in Kriegsgefangenschaft Verstorbenen bleibt unbekannt (S.465).



Februar 1945

Schwarzmarkt
-- 1 Liter Benzin = 40 RM = 20 Zigaretten
-- 20 Liter Benzin = 1 Pfund Kaffee = 1 kg Butter (S.441).

ab Februar 1945
Der "Kolberg"-Film wird im feindfreien Reichsgebiet gezeigt als Durchhalteappell
(S.505)

ab Anfang Februar 1945 ca.
Zerstörerische deutsche Truppen auf dem Rückzug
-- SS-Truppen plündern ganze Dörfer mitten in Deutschland, z.B. SS-Truppen in Pommern
-- die 9. Armee beschlagnahmt das Schlossgut von Christoph von Pfuel in Jahnsfelde. Das Schlossgut wird von der deutschen Soldateska demoliert und geplündert, auf Danziger Schränke werden Panzerfäuste abgeschossen etc. (S.508).

Spaltung des deutschen Bewusstseins: Befreier und Besetzer

Westfront:
-- Kollaboration der westdeutschen Bevölkerung mit den Alliierten (S.508), denn diese sind nun Garanten für ein sicheres Leben, man ist "davongekommen" (S.509)

-- die Bevölkerung begrüsst die alliierten Truppen (S.509)

-- Hitler bekommt deswegen Zornesausbrüche und deutsche Soldaten in Kriegsgefangenschaft sind irritiert, verblüfft oder entsetzt (S.509)

-- die Wehrmacht kann einzelne Orte wieder zurückerobern, die Bevölkerung reagiert mit unverhohlener Abneigung, denn man will keine Bombenangriffe oder Jagdbomber gegen Zivilisten mehr sehen

-- die westdeutsche Bevölkerung verflucht jeden weiteren Kriegstag, hat z.T. noch Vorräte, die den deutschen Soldaten aber vorenthalten werden

-- die westdeutsche Bevölkerung bereitet den "Amerikanern" volle Tische, Kuchen und Wein, Schlafstätten etc.

-- besonders aktive örtliche NS-Funktionäre werden von der Bevölkerung gelyncht, noch bevor die Alliierten diese ausfindig machen können (S.509).

Ostfront:
-- der Kampf gilt als Schicksalskampf der Nation, niemand denkt an Ergebung (S.509)

-- die Wehrmacht kann einzelne Orte wieder zurückerobern, die Bevölkerung jubelt für die Wehrmacht als Befreier vom Kommunismus (S.508-509)

-- manche Ostdeutsche ahnen, dass nun "700 Jahre deutsche Geschichte östlich der Oder in Blut und Schrecken, in Vergewaltigung, Brand und Mord" enden werden (S.509).

1.2.1945
Die Rote Armee besetzt das Oder-Ufer - Schock in Berlin
-- noch vor 3 Wochen war die Rote Armee an der Weichsel 600 km weit weg
-- Oberschlesien ist kommunistisch besetzt, das letzte Drittel Ostpreussens steht unter russischem Feuer
-- Berlin wartet auf seinen "Gnadenstoss" (S.503)

-- die Wehrmacht besteht nur noch aus "Kampfgruppen", oft demoralisiert, ohne viel Bewaffnung
-- die deutsche, militärische Führung ist erschüttert (S.503)
-- die Oderstellung ist überhaupt nicht ausgebaut, man kann die Stellung kaum 24 Stunden halten (S.504).

[und die "Wunderwaffen" kommen nicht, weil das Dritte Reich keinen Treibstoff mehr hat. Die kommen dann erst im Korea-Krieg, als die "USA" und die "SU" fast dieselben Düsenjäger haben...]

Neue Produkte für die Flucht aus Berlin auf dem Schwarzmarkt
-- in Berlin entwickelt sich neu ein bis dahin unbekannter Schwarzer Markt für Autos, Benzin, Reisepapiere, Wehrmacht-Marschbefehle, im Tausch gegen Gold, Brillanten, Genussmittel etc. für die schnelle Flucht aus Berlin
-- falsche Papiere im "Satz" mit Reisepass, Wehrpass, Arbeitsbuch, Z-Karte für den Volkssturm kosten 80.000 RM
-- Judensterne kosten "grössere Beträge", denn diese schützen vor Fronteinzug (S.504)

ab 1.2.1945 ca.
Hohe Beamte und Reichsminister wollen nicht mehr nach Berlin
nach Urlaub oder Dienstreisen (S.504).

1.2.-9.5.1945
Die Zahl der Gefallenen bleibt unbestimmt
(S.464)

4.2.1945
Letztes Bauinserat in Das Reich: "Im Krieg sparen - später bauen!"
der Ludwigsburger Bausparkasse (S.504).

5.2.1945
Bormann an seine Frau: Die NS-Führung bestehe aus ganz grossen Optimisten
-- man vertraue dem Schicksal
-- es sei unmöglich, dass der Führer das Volk nach dem Aufstieg nun so fallen lasse:

"Wenn man uns noch Chancen zubilligen will, muss man ein ganz grosser Optimist sein! Aber wir sind's. Wir vertrauen unserem Schicksal. Es ist ja einfach undenkbar, dass das Schicksal unser Volk und seinen Führer diesen wunderbaren Weg führte, um uns nun endgültig fallen und verschwinden zu lassen." (S.504)

8.2.1945
Anglo-"amerikanische" Westoffensive
-- Rückzug der deutschen Wehrmacht in zerschlagenen Resten zum rechten Rheinufer
-- die zerschlagenen Reste sind oft ohne schwere Waffen und Fahrzeuge
-- die Zivilbevölkerung zeigt zunehmend weisse Fahnen (S.506).

10.2.1945 / 19.2.1945
Die Wochenschau zeigt Flüchtlingsströme aus dem deutschen Osten
Gleichzeitig wird die "Wende" beschworen, die es "für Europas Schicksal" zu erreichen gebe (S.506)

14.2.1945
Himmler-Befehl gegen Plünderungen durch deutsche Soldaten
Himmler, nun Befehlshaber des Ersatzheeres:

"Aus der Bevölkerung kommen in steigendem Masse Klagen, dass Häuser, die von ihren Bewohnern verlassen wurden, durch deutsche Soldaten geplündert wurden ... Wer plündert, ist unverzüglich zu erschiessen." (S.508)

14.2.1945
Anglo-"amerikanische" Front erreicht den Rhein bei Emmerich
(S.506)

18.2.1945
Panzertruppenkommandant Manteuffel erhält höchsten Hitler-Orden
Brillanten zum Eichenlaub mit Schwertern des Ritterkreuzes, nur an 28 Offiziere vergeben (S.524)

20.2.1945
Der 2000. Kriegstag: Niederschlesien ist fast gänzlich kommunistisch besetzt
Beginn der Belagerung Breslaus, erbitterte Kämpfe bis 6.5.1945 (S.506)
Das NS-Regime setzt noch ein Sommersemester der Hochschulen an vom 16.4.-15.8.1945 [!] (S.507)

21.2.1945
Die Stimmung im 3.Reich ist mehrheitlich auf dem Nullpunkt - die Haltung ist z.T. angekratzt
-- Feststellung des Reichspropagandaministeriums

-- das Bürgertum und das Bauerntum v.a. in katholischen Gebieten sind in Lethargie und halten den Krieg für verloren

-- die Arbeiterschaft ist pflichtbewusst und gegenüber kommunistischen "Zersetzungsversuchen" immun, hält zum Führer und fordert scharfes Durchgreifen

-- wartende Soldaten an Bahnhöfen haben es nicht eilig, zur Truppe zu kommen (S.?)

23.2.1945
Westfront: Beginn der Kämpfe um Jülich vor Köln und Region Saarbrücken
(S.507)

24.2.1945
Hitlers Proklamation zum 25. Jahrestag der Verkündung des Parteiprogramms
-- ist Hitlers letzte öffentliche Verlautbarung (S.507), nicht mehr von Hitler gesprochen, sondern vom Parteigenossen Nr. 2, Hermann Esser in München

-- Hitler attackiert das "unnatürliche Bündnis zwischen ausbeuterischem Kapitalismus und menschenvernichtendem Bolschewismus"

-- Hitler prophezeit die "geschichtliche Wende [...] noch in diesem Jahr"

-- Hitler lobt die Bevölkerung: "Was die Heimat erduldet, ist entsetzlich, was die Front zu leisten hat, übermenschlich"

-- kaum noch Wirkung auf die Bevölkerung

-- gleichzeitig heftige Strassenkämpfe in Jülich und Region Saarbrücken (S.507)

27.2.1945
Das 3.Reich besteht noch aus dem Gebiet zwischen Rhein und Oder
(S.508)

[mit haufenweise unterirdischen Rüstungsindustrien für Düsenjäger und Raketen, aber es steht kaum noch Treibstoff zur Verfügung, die Düsenjäger und Raketen einzusetzen].

ab Februar 1945 ca.
Widersprüche bei deutschen Soldaten
-- die deutschen Soldaten stehen im Widerstreit zwischen Befehl und Gehorsam, Pflichterfüllung und Selbsterhaltung
-- Orden und Beförderungen reichen nicht mehr aus, um die Kampfmoral zu erhalten
-- das NS-Regime lässt gegen zögernde deutsche Soldaten Standgerichte, drakonische Strafen und Terror auffahren mit Erhängen
-- Hitler: Für "feige" und "verräterische" Soldaten ist die Kugel zu schade
-- die Wirkung der Massnahmen hat nur eine aufschiebende Wirkung (S.512).

Deutsches Kamikaze: Einsatz des 1-Mann-U-Boot "Biber"
-- die Mini-U-Boote sind mit je zwei Torpedos bestückt, mit Auto-Benzinmotor und Elektromaschine
-- beschränkter Aktionsradius: "Biber" kommt in die Nähe des Feindes, aber nicht mehr zurück
-- opferbereite Freiwillige melden sich für den "Biber"-Einsatz massenhaft, auch Frauen: in der Hoffnung, durch das Selbstopfer das untergehende Deutschland zu retten (S.512) [durch Ertrinken oder Ersticken].



März 1945

Berlin: Für viel Geld ist luxuriöses Essen im Restaurant weiterhin möglich
mit Wild, Muscheln, Wein (S.512).

Die NS-Propaganda hat keinen Boden mehr
(S.510); Goebbels bekommt laufend Briefe mit Kritik an der Kriegsführung und mit Kritik am Führer (S.510).

Danzig: Flüchtlingsstrom in den Häfen von Danzig und Gotenhafen
-- den deutschen Truppen in Danzig fehlen immer mehr schwere Waffen und Munition. Die Luftangriffe und Artillerieangriffe der Roten Armee machen Danzig zum Flammenmeer

-- überladene Flüchtlingsschiffe bei Sturm

-- Gerücht in Danzig, der einstige Präsident des Danziger Senats, Hermann Rauschning, habe im schweizer Radio versichert, Danzig bleibe eine freie Stadt, und viele Danziger hüten daher ihren alten Danziger Pass in der Hoffnung, damit geschützt zu sein (S.496).

"US"-Befragung an Kriegsgefangenen
31 Prozent vertrauen Hitler, 52 Prozent nicht, Rest ohne Meinung
11 Prozent glauben an Endsieg, 78 Prozent nicht, Rest ohne Meinung
14 Prozent glauben an Geheimwaffen, 77 Prozent nicht (496).

Film "Spuk im Schloss" - die Filmzensur gibt auf
-- der Film verhöhnt die Ahnenforschung
-- der Film ironisiert mittelständische Traumberufe
-- der Film spielt auf das Exil an
-- die Zensur lässt den Film passieren
-- die Zensur hört auf zu existieren (S.506).

Rammjäger "Sonderkommando Elbe": Die Luftwaffe plant den Einsatz der Jäger Me 109-G als "Rammeinsatz" mit "Aufopferung"
-- jeder Pilot, alles junge Offiziersanwärter, verpflichten sich, notfalls durch Rammen den Feindbomber zum Absturz zu bringen
-- die Piloten müssen eine Schweigepflicht unterschreiben (S.518).

Frühjahr 1945/März 1945 ca.
Die NS-Propaganda wird absolut unglaubwürdig
(S.504-505), denn
-- Ost- und Westfront sind zusammengebrochen
-- die Kriegswirtschaft befindet sich im Zusammenbruch (S.505).
-- Witz:
"Nach dem Krieg kaufe ich mir ein Fahrrad und sehe mir Deutschland an. - Und was machst du am Nachmittag?" (S.505)

1.3.-7.5.1945
Häftlingsmärsche/Todesmärsche  mit Hungertod, Kältetod, Tod durch Entkräftung und Ermordung
(S.515)
-- z.B. von Dachau durch Oberbayern in Richtung Süden mit "Marschverpflegung": 1 Fünftellaib Brot, 50g Margarine, 1 Dreikantkäse
-- die Märsche finden unter SS-Führung meist bei Dunkelheit statt aus Angst vor Tieffliegern
-- für die deutsche Bevölkerung wird der KZ-Terror nun erstmals lebendig erkennbar
-- Versuche, den Häftlingen Brot und Wasser zu geben, werden von der SS unterbunden
-- Route: Gauting - Starnberg - Bad Tölz - Tegernsee (516).

5.3.1945
Restreich: Einberufen von Jahrgang 1928 zur Wehrmacht
Restreich: Ausdehnen des Volkssturms auf Jahrgang 1929
(S.510)

Einberufen Jugendlicher in die Wehrmacht: rund 600.000 des Jahrgangs 1929
-- Aufruf, sich freiwillig zu melden, ein Grossteil folgt diesem Aufruf

-- Bilden des "dritten Volkssturms", die Jugend soll mit Gewehren, Handgranaten und Panzerfäusten gegen russische und "amerikanische" Panzer kämpfen

-- Aufruf zum "siegreichen Endkampf (S.352) zur Verteidigung des als Festung ausgebauten Olympiastadion, Aufruf durch Sportorganisator Carl Diem (S.353)

-- Hitlerjungen fallen an der Oder, in Breslau, in Berlin usw. getreu dem Versprechen:

"Führer, dir gehören wir
wir Kameraden dir!" (S.353).

6.3.1945
Köln "amerikanisch" besetzt
(S.510)

7.3.1945
Die Wehrmacht erobert Eisenbahnknotenpunkt Lauban zurück
-- dies ist der letzte erfolgreiche operative Panzerangriff der Ostfront
- die NS-Propaganda bauscht den Erfolg planmässig auf (S.511)

8.3.1945
Die Rote Armee besetzt Marienburg
(S.502)

10.3.1945
Ostpommern kommunistisch besetzt ausser Kolberg
-- Flüchtlingsstrom über die Ostsee
-- Kolberg bindet kommunistische Truppen und erleichtert den Abzug der Flüchtlinge (S.511).

11.3.1945
Heldengedenktag in bedrückender Stimmung
z.B. verweigern die dazu angetretenen Einheiten und Zuschauer in Marktschellenberg bei Berchtesgaden den Ruf "Sieg Heil" (S.511-512)

Hitler-Besuch bei der 9. Armee in Neu-Hardenberg an der Oderfront
-- Hitler wird von Flüchtlingen und abgekämpften Frontsoldaten erkannt und umdrängt
-- die Oderfront hofft, so lange durchhalten zu können, bis die Westalliierten im Rücken erscheinen und den Krieg beenden (S.510).

Goebbels-Rede in Görlitz mit letzter Suggestion und Rhetorik
-- dies ist die letzte öffentliche rhetorische Rede von Goebbels
-- ist gemäss Hilmar Hoffmann eine "rhetorische Orgie"
-- die Rede wird später in Rhetorik-Seminaren als exemplarisch für verbale, mimische, gestische Suggestivwirkung analysiert  (S.511).

13.3.1945
Himmler-Weisung an das Ersatzheer gegen den "sonntäglichen Dienstbetrieb"
(S.470)

16.3.1945
Die Wochenschau zeigt Kriegsmüdigkeit und Goebbels
-- abgezehrte Gesichter der Rüstungsarbeiter
-- kampfesmüde Soldaten
-- Goebbels-Rede gilt als "Hoffnungsschimmer" und wirkt auf die restlichen Endsieggläubigen (511).

18.3.1945
Kolberg fällt in kommunistische Hand
(S.511)

19.3.1945
Ostfrontbeispiel: Die 4. Armee ist auf der Flucht über die Ostsee: "deutsches Dünkirchen" bei Balga
-- auf der Halbinsel Balga/Ostpreussen zählt die 4. Armee ihre Divisionen nur noch nach der Anzahl Gewehre

-- keine Zählung mehr nach Regimentern, Bataillonen und Kompanien

-- wegen Mangel an Maschinengewehren oder Gewehren kann nur noch auf nahe Entfernung geschossen werden

-- Flucht und Desertion häufen sich, Soldaten ergeben sich gruppenweise, die Masse hält aus (S.465)

[nicht erwähnt: wahrscheinlich kein Erschiessen der Fahnenflüchtigen durch die eigenen Leute wegen Munitionsmangel].

-- Sicherungsfront für die Einschiffung zur Flucht übers Meer
-- Verlustrate 91 Prozent: 9 von 300 Mann der 24. Panzerdivision überleben
-- es sind mehr Offiziere als Mannschaften im Schützengraben
-- schlechte Befehlsgebung und Disziplinlosigkeit (S.465)

-- Tote werden nach Hinten gebracht und der Moment des Gedenkens zur Pause genutzt, ohne grosse innere Bewegung (S.465-466)

-- Stapeln der "toten Kameraden" wie Kartoffelsäcke, keine Beerdigungen, denn die Erde ist zu hart und keine Zeit vorhanden

-- der zähe Widerstand der 4. Armee ermöglicht die Flucht von 100.000en Ostpreussen in Richtung Oder (S.466)

-- der Strand zwischen Rosenberg und Balga wird zu einem "deutschen Dünkirchen", die Soldaten schwimmen auf Benzinkanistern und improvisierten Flössen (S.465)

-- Rückgang des Bestandes von 13.3.1945 150.000 Mann auf 60.000 Mann und 70.000 Verwundete (S.466)

20.3.1945
Hitler schreitet eine Einheit HJ-Jungen der Oderfront ab, der jüngste ist 12 Jahre alt
(S.514)

24.3.1945
Die West-Alliierten erkämpfen den Rheinübergang unter Montgomery (S.512), breiter Vormarsch an der Westfront
(S.513)
-- Zusammenbruch des Westheeres der Wehrmacht, kein Nachschub, kaum noch Treibstoff, grosse Teile flüchten waffenlos ins zentrale Deutschland  (S.513)

-- Bauernschaft hat z.T. immer noch den Glauben, der Führer habe "noch etwas in Reserve", interpretieren die gegnerische Besetzung als eine von Hitler gestellte "Falle" (S.513).

-- Goebbels notiert, der Endsiegglaube sei in den meisten Teilen des Volkes "endgültig dahin", und auch der Führer stehe nun mehr und mehr in der Kritik

-- Gerücht in Ostpreussen und in Bayern, Hitler halte noch ein mildes Gas in Reserve, um sein Volk durch einen sanften Tod aus allem Elend zu erlösen (S.513)

27.3.1945
Letzte Wochenschau des NS-Regimes, es ist das letzte Filmdokument von Hitler
(S.514)

28.3.1945
Goebbels bemerkt, dass wenigstens in Berlin eine organisierte Verteidigung existiert
-- Tagebucheintrag
-- Goebbels will "dem Feind" eine "Schlacht liefern, wie sie einzig in der Geschichte des Krieges dastehen soll." (S.514-151)

Gleichzeitig stehen die Alliierten in Limburg, Giessen, Marburg, Frankfurt, Mannheim etc.
(S.515)

Appell von Axmann an die HJ: "Es gibt nur Sieg oder Untergang"
-- Appell von Reichsjugendführer Arthur Axmann
-- Appell:

"Es gibt nur Sieg oder Untergang. Seid grenzenlos in der Liebe zu eurem Volk und ebenso grenzenlos im Hass gegen den Feind. Eure Pflicht ist es, zu wachen, wenn andere [gemeint: Wehrmacht, NSDAP, HJE] müde werden; zu stehen, wenn andere weichen. Eure grosse Ehre sei aber eure unerschütterliche Treue zu Adolf Hitler!" (S.353)

Ostfront: Übersetzen der Trümmer der 4. Armee über die Ostsee
anfangs 350.000 Mann, hat noch 60.000 Kampffähige und 70.000 Verwundete (S.466)

[aber praktisch keine Waffen mehr].

28./29.3.1945 / Ende März
Erbitterte Strassenkämpfe in Danzig
Die Zivilbevölkerung ermuntert die erschöpften deutschen Soldaten, sich zu ergeben (S.514).

Ende März 1945
Ganz Westdeutschland hofft auf ein baldiges Ende des Krieges
(S.513)

30.3.1945
Danzig kommunistisch besetzt, zu ca. 50 Prozent zerstört, Altstadt zu 90 Prozent zerstört
(S.514)

31.3.1945
Ganz Oberschlesien ist kommunistisch besetzt
(S.508)

Durchhalteparolen von Werner Naumann: Jeder Wald, jeder Platz, jede Hecke eine Festung
-- Staatssekretär im Propagandaministerium, Werner Naumann
-- Rede in München von Naumann:

"Jede Hecke, jeder Wald, jeder Platz haben eine Festung zu sein! ... Wenn der Führer am 24. Februar sagte, dass wir in diesem Jahr die historische Wende erzwingen, dann ist das für uns eine Realität. Worauf sie sich bezieht, wissen wir nicht. Der Führer weisse es." (S.515)

Westfront: deutsche Kriegsgefangene
-- das Ruhrgebiet ist von Westalliierten eingeschlossen, "Ruhrkessel" mit rund 300.000 deutschen Soldaten
-- massenweises Ergeben in westliche Kriegsgefangenschaft
-- der SD macht bittere Bemerkungen auf die "Sendung" des Führers (S.515).



April 1945

Anfang April 1945
2000 gefallene Hitlerjungen auf dem Reichssportfeld des Olympiastadion
Carl Diem, Sportorganisator, wird als Sportwissenschaftler mit einer Büste am Maratontor geehrt (353).

ab April 1945
Viele Deutsche empfinden sich als Hauptopfer Hitlers
- schweigende Verbitterung (515).

April 1945
Hitler ist für die Bevölkerung psychologisch tot
-- bleibt aber weitgehend von Hassgefühlen verschont
-- auch ostdeutsche Flüchtlinge hassen Hitler nicht und erkennen nicht, dass Hitler der Auslöser für den Krieg und die Wahnsinnstaten ihrer Opfer ist

-- aber die Bevölkerung merkt: Kein Opfer kann das Reich mehr retten (S.516)
-- die Hoheitsträger der NSDAP setzen sich immer mehr aus Berlin ab und schliessen sich damit selbst aus der "Volksgemeinschaft" aus (S.518).

Anfang April-Mai 1945
Unverbesserliche: Widerstand gegen die Niederlage
-- Unbelehrbare handeln weiter nach den Strukturen des NS-Staates

-- Denunziationen von NS-Kritikern mit Erschiessungen oder Erhängen in der Wehrmacht und im Volk bis zuletzt (S.520)

-- die Unverbesserlichen weigern sich "standhaft" zu akzeptieren, dass Hitlers Versprechen leer geworden sind: Im Schweigen hüte Hitler das Geheimnis das zur "Rettung" führe

-- die Hitler-Jungen und Blitzmädchen oder RAD/BdM-Mädchen wollen sich ihre Träume von einer besseren Welt nicht nehmen lassen, die Traumwelt soll erhalten bleiben (S.526).

Unverbesserliche wollen nichts verloren geben
-- solange Hitler lebt, ist der Krieg nicht verloren
-- solange Hitler lebt, ist kein Missstand unheilbar
-- solange Hitler lebt, ist die Idee immer noch stärker als alle menschliche Unzulänglichkeit
-- so z.B. Oberst Hans-Ulrich Rudel (S.1916-1982), der trotz Beinamputation weiter Jagdflieger fliegt und als Idol für die Jugend dasteht (S.528).

ab 1.4.1945
Wehrwolf-Bewegung durch mobile Langwellensender
-- die verbliebenen Reichssender proklamieren den "Wehrwolf", die "Bewegung der nationalsozialistischen Freiheitskämpfer in den besetzten West- und Ostgebieten des Reiches"

-- Losung: "Hass ist unser Gebet, Rache unser Feldgeschrei!"
-- Kritik an Ex-Würdenträgern des 3.Reiches
-- kein grosses Echo in der Bevölkerung

-- HJ- und SS-Fanatiker führen gemäss Wehrwolf Sabotageakte aus: Überfälle auf Verpflegungs- und Treibstofflager, Mordanschläge auf "Kollaborateure" der Militärregierung und alliierte Offiziere (S.517)

2.4.1945
Bormann-Appell an die "höchste Stunde der Bewährung"
Appell über die noch intakten Reichssender:

"Jetzt ist die höchste Stunde der Bewährung gekommen. Die Gefahr erneuter Versklavung, vor der unser Volk steht, erfordert unseren letzten und höchsten Einsatz! ... Ein Hundsfott, wer seinen vom Feind angegriffenen Gau ohne ausdrücklichen Befehl des Führers verlässt, wer nicht bis zum letzten Atemzug kämpft! ... Reisst hoch die Herzen und überwindet alle Schwächen! Jetzt gilt nur noch die Parole: Siegen oder fallen!" (S.517)

3.4.1945
Goebbels beklagt intern die Absatzbewegung der Hoheitsträger der NSDAP
-- das füge der Partei schwersten Schaden zu
-- im Volk schwinde das Vertrauen (S.518).

4.4.1945
Westfront: alliierte Besetzung von Osnabrück, Suhl und teilweise Würzburg und Karlsruhe
(S.516)
-- "amerikanische" Besetzung von Fulda, Kassel
-- englische Besetzung von Münster und in Richtung Elbe
-- kaum noch Widerstand (S.517)

5.4.1945
Ankündigung der Hungersnot durch die Gauämter
gleichzeitig: rascher Anstieg der Krankheitsfälle, der Säuglings- und Kindersterblichkeit (S.437).

Empfehlung der Gauämter: "Neuartige Nahrungsmittel" / Ersatznahrungsmittel
- Raps
- Rapskuchen
- Mohnkuchen
- Leinsamen
- Kastanien
- Eicheln
- Zucker- und Runkelrüben
- Seradella
- Klee
- Luzerne
- Wildpflanzen
- Wildbeeren
- Wurzeln
- Pilze
- Frösche
- Schnecken
- Kiefer- und Fichtennadel-Jungtriebe als Tee gegen Skorbut-Erkrankungen (Vitamin-C-Mangelkrankheit bei Früchte- und Gemüsemangel)

- bei Hungerödemen (S.439): absolute Bettruhe, kalorien- und eiweissreiche Ernährung, wenn möglich (S.440).

5.4.1945?
SD-Bericht: Hunger, sinkender Wunderglaube, Selbstmorde, Schuldfrage
-- es droht Hunger im 3.Reich
-- der letzte Wunderglaube ist am Verlöschen

-- Selbstmorde aus echter Verzweiflung nehmen zu (S.519), Selbstmordwelle v.a. in den Ostprovinzen (S.525) von der Ostsee bis zur Moldau, v.a. aus Furcht vor der Roten Armee oder aus düsterer Zukunftserwartung,  Mehrfach-Suizide ganzer Familien und Gruppen (S.526)

-- es stellt sich die Frage nach der Schuld für die Niederlage (S.519)
-- das Vertrauen war falsch und es verbreitet sich eine grosse Trauer und Niedergeschlagenheit, Bitterkeit und Zorn, und Angst vor der russischen Besetzung (S.520).

7.4.1945
Kamikaze-Rammjäger "Sonderkommando Elbe": Rammeinsatz der Luftwaffe gegen 1200 4-motorige Bomber mit 700 Begleitjägern
-- 150 Einsätze
-- über 50 Prozent opfern ihr Leben
-- das war das "letzte Aufgebot", die Luftwaffe besiegelt damit ihren Untergang
-- Verlegung der Reste des "Sonderkommando Elbe" nach Klagenfurt (S.518).

8.4. 1945
Goebbels beklagt "schwache Charaktere"
-- im Leitartikel "Kämpfer für das Ewige Reich" in Das Reich
-- die Herzen seien nicht mehr fest und wanken und zittern
-- Goebbels beklagt eine "Lethargie bei den schlaffen und schwachen Charakteren" (S.520).

9.4.1945
Englische und "amerikanische" Besetzung von Göttingen und Würzburg
nur noch punktueller Widerstand (S.520)

10.4.1945
Englische und "amerikanische" Besetzung von Essen, Hannover, Braunschweig
nur noch punktueller Widerstand (S.520).

11.4.1945
Luftangriff auf Nürnberg
Ausfall der Elektrizität, kaum Wasser (S.522).

12.4.1945
Windsheim / Bayern: Frauendemonstration vor dem Rathaus gegen den Kampfkommandanten der Wehrmacht
-- der Kommandant soll die Wehrmacht zum Abzug bewegen
-- eine Demonstrantin dringt in den Gefechtsstand ein
-- der Kommandant fordert Jagdbomber an (S.520).

"US"-Truppen überqueren bei Magdeburg die Elbe, Bilden eines Brückenkopfs bei Barby
(S.521)

13.4.1945
Wien kommunistisch besetzt
(S.521)

13.4.1945
Mord in Windsheim/Bayern: Sippenhaft auf Vermutung
-- ein Gestapo-Angehöriger der Nürnberger Gestapo lässt sich angebliche Anführerinnen der Frauen-Demonstration nennen

-- Auffinden einer der genannten Frauen, wird als "Rädelsführerin" bezeichnet, wird im Beisein ihres Mannes erschossen, ohne dass sie ein Wort hat sagen können (S.520)

-- auf ihre Leiche kommt ein Schild: "Eine Verräterin wurde gerichtet!" (S.521)

15.4.1945
Abstand Westfront - Ostfront noch 150 km
(S.521)

NS-Propaganda:
"Das OKW nimmt die Schlacht zwischen Oder und Elbe an und wird sie siegreich entscheiden." (S.521)

Soldatenwitz:
Die Panzerfaust ist für die Ostfront verboten, da ihr Rückstrahl die Westfront gefährdet (S.521).

Berlin: Untergangsstimmung und unzählige Orgien
-- Orgien von Soldaten in Abendstunden in dunklen Bezirken am Zoo, Wittenbergplatz, Kurfürstendamm
-- Frauen zeigen sich hemmungslos und jagen jungen Soldaten nach
-- allgemeiner Exodus der Dienststellen von Partei, Staat und SS aus Berlin
-- in Berlin tauchen geschätzt 20.000 Deserteure, Versprengte usw. unter (S.521).

16.4.1945
Russische Grossoffensive gegen Berlin - deutsches "Kamikaze"
-- Start deutscher "Kamikaze"-Flieger gegen russische Unterwasser-Oder-Pontonbrücken
-- "Einsatzstab Freiheit"
-- Ju 87, Ju 88, Me 109 voller Sprengstoff, vorübergehende Zerstörung von Oderübergängen (S.521).

17.4.1945
Berlin: Die Verteidigung bricht zusammen - Nürnberg von "amerikanischen" Truppen eingeschlossen
(S.522). Schlacht um Nürnberg
-- mit Erbitterung und schonungslose Härte
-- mit MG und Panzerfäusten (S.522)

19.4.1945 Abend
"Amerikanische" und englische Besetzung von Verden/Aller, Lüneburger Heide, Halle, Leipzig, Bitterfeld u.a.
Goebbels spricht über die restlichen Reichssender zum Führergeburtstag
-- Goebbels: Das Schicksal Deutschlands stehe "auf Messers Schneide"
-- Goebbels proklamiert die Illusion, dass Führer und Volk immer noch eins seien, als Sieg

-- Deutschland erwarte ein neuer glücklicher Anfang mit Hitler als Führer
-- Hitlers Ziel sei "unsichtbar hinter den Trümmerbergen"
-- wegen Strommangels bleibt die Goebbels-Rede oft ungehört, wird in den noch erscheinenden Zeitungen abgedruckt (S.522).

Berliner Hotel Adlon Unter den Linden 77 serviert weiterhin Kohlrabi auf Silberplatten
(S.522)

20.4.1945
"Amerikanische" Besetzung von Nürnberg
(S.522)

ab 20.4.1945 ca.
Russische Artillerieangriffe auf Berlin
(S.448)

21.4.1945, 17:30 Uhr
Weiterhin: "Gute Laune": Opernkonzert in Berlin im Schauspielhaus am Gendarmenmarkt
-- mit Szenen aus Mozarts "Zauberflöte" und Verdis "Aida"
-- wie wenn es keinen Krieg geben würde (S.448)

21.4.-2.5.1945
Endkampf um Berlin
-- mindestens 5000 17-jährige Hitlerjungen sind offiziell im Einsatz

-- z.B. befehligt der 26-jähirge Ex-Napola-Schüler Dieter Kersten ein Bataillon von 300 HJ-Jugendlichen (S.353)

-- bald sind nur noch 50 HJ-Jugendliche am Leben, die auch nach der Kapitulation noch gegen die Russen kämpfen und den Tod in russischer Gefangenschaft vorziehen

-- dies ist ein schauerlicher Höhepunkt der Indienstnahme des "treuen Opfermuts"

22.4.1945
Letztes Erscheinen der Zeitung "Das Reich" in Berlin
Goebbels fordert "Widerstand um jeden Preis" (S.523).

ab 22.4.1945
Flucht der Mitarbeiter der Parteikanzlei Berlin in Richtung Flensburg
Die Kreisleiter in Mecklenburg und Schleswig-Holstein wollen nicht wahrhaben, dass es mit dem Nationalsozialismus zu Ende geht (S.520).

23.4.1945
Flucht der Parteikanzlei der NSDAP aus Berlin in Richtung Flensburg
Die Chefs der NSDAP kämpfen nicht (S.517).

24.4.1945
Rote Armee in Berliner Vororten
(S.518)

Ansammlung hoher NS-Führer in der Neuen Reichskanzlei
-- Offiziere, Beamte, NS-Hoheitsträger, SA-Führer, SS-Führer, suchen Schutz
-- kein Bitten auf Einsatzbefehl von Hitler
-- Bitten um Sonderbehandlung
-- lamentieren, saufen, Fluchtkoffer vorbereitet, z.T. Zivilanzüge mit roten Schlipsen (518).

26.4.1945
Goebbels wird schizophren mit seinen Aufrufen an die Berliner im Radio

"Die Stunde vor Sonnenaufgang ist die dunkelste Stunde. Um so strahlender und prächtiger wird dann unser Siegesadler in den neuen Tag, in die Sonne stürmen!" (S.523)

Dann werden das Deutschlandlied und das Horst-Wessel-Lied abgespielt (S.523).

dann:
Russisches Radio übernimmt die deutschen Radiofrequenzen
mit Lagemeldungen über die besetzten Orte und Quartiere (S.523).

Hitler-Orden an Reichsjugendführer Arthur Axmann: Deutsches Kreuz in Gold
Worte Hitlers:

"Ohne Ihre Jugend wäre es weder hier in Berlin noch in ganz Deutschland möglich, den Kampf überhaupt fortzusetzen!" (S.523)

Goebbels verflucht die "verräterische Westmark" [das Rheinland]
(S.509-510):
-- diese Bevölkerung sei es nicht wert, "dass man sie einen Teil Deutschlands heisse"
-- Goebbels, selbst Rheinländer, ist in Berlin eingeschlossen (S.510).

München bereitet die Verteidigung vor - Boykotte von Befehlen
-- Vorbereitung der Verteidigung unter Gauleiter Paul Giesler (S.523-524)

-- gleichzeitig will der kommandierende General des Wehrkreises VII eine Schlacht um München vermeiden und leitet zurückgehende Wehrmacht-Einheiten um München herum

-- Gieslers Befehl zur Vorbereitung von Brückensprengungen wird nicht ausgeführt: Der Kommandeur des Pionier-Ersatzbataillons 7 schickt die Masse seines Bataillons "nach Hause" und lässt die 50.000 kg Sprengstoff vergraben (S.524).

26.4.1945, 9:35 Uhr
Vorpommern: Befehl zur Erschiessung von Fahnenflüchtigen
-- vom Oberbefehlshaber der 3. Panzerarmee in Vorpommern, General der Panzertruppen, Hasso von Manteuffel (1897-1978)
-- Befehl:

"Ich habe Veranlassung, nochmals mit schärfstem Nachdruck auf Befehle über Einschreiten gegen die z.Zt. in besonders hoher Zahl auftretenden Versprengten und Drückeberger hinzuweisen ... sollten kämpfende Teile bei Feindfeuer oder gar Feindangriff kampflos ihre Stellungen verlassen, so haben alle rückwärtig eingesetzten schweren Waffen, Flak und Artillerie in direktem Beschuss in diese Haufen zu schiessen." (S.524)

27.4.1945, 22:20 Uhr
Ostfront: Massenflucht der deutschen Wehrmacht von der Oder
-- Bericht von Panzertruppenkommandant Manteuffel:

"Die Hälfte der Divisionen der 3. Panzerarmee und gesamte Flak haben Kampf eingestellt. 100ß000 Mann flüchten in Richtung Westen! Ich habe so etwas nicht mal 1918 gesehen ... Der Krieg ist verloren, die Soldaten haben gesprochen ... Was der Soldat konnte, hat er getan ..." (S.524)

-- Manteuffel ist für "schnelles Absetzen" nach Westen, um auf der westlichen Seite der Elbe in anglo-amerikanische Kriegsgefangenschaft zu gehen (S.524).

27./28.4.1945
Letzte Atemzüge der Wehrmacht in Berlin
-- deutsche Kampftruppen haben keine Verbindung untereinander
-- körperliche Verfassung ist am Nullpunkt, keine Ablösung, keine Ruhezeiten, keine regelmässige Verpflegung
-- kein warmes Essen, kaum Brot
-- keine Aufnahme von Verwundeten, denn Zivilisten wollen Deutsche nicht in ihren Kellern haben
-- sich ergebende deutsche Kindersoldaten erschiessen sich beim Eindringen der Russen
-- Einheiten der Berliner Polizei gehen mit weissen Fahnen in Kriegsgefangenschaft und schiessen auf Soldaten, die sie daran hindern wollen (S.525)

Zum Teil bürokratische Vorgänge in der Wehrmacht wie im Frieden:
-- Beförderungen
-- Wachablösungen im Stechschritt (S.529).

27.4.1945
Letzte Ausgabe des "Völkischen Beobachter"
(S.525)

29.4.1945
München: "US"-Truppen stehen vor München
Waffen-SS-Einheiten rücken aus München ab
-- das Luftgaukommando löst sich und sein Standort-Bataillon auf
-- nur wenige Einheiten verschanzen sich (S.524).

Letzte Ausgabe des "Panzerbär"
Kampfblatt für die Verteidiger Gross-Berlins (S.525)

29./30.4.1945
Deutschland ist in zwei Kampfräume aufgespalten
(S.525)

30.4.-27.5.1945
Rationierung und Zuteilung für Normalverbraucher
-- 5,8 kg Brot, 300 g Nährmittel, 1 kg Fleisch, 1/2 kg Zucker, 375 g Fett, 10 kg Kartoffeln
-- keine Marmelade, keine Eier (S.525).

30.4.1945
Selbstmord Hitlers

[Gerüchte um eine heimliche Abreise in U-Booten in Richtung Argentinien halten sich hartnäckig und können nie widerlegt werden, weil tatsächlich mehrere U-Boote in den Kriegsbilanzen fehlen; In: Armin Risi: Der multidimensionale Kosmos, Band3, 1999].


Übergabe der Stadt München an die "US"-Truppen
-- Gauleiter, Oberbürgermeister sind geflüchtet
-- die Reste der um München stehenden Kampfgruppen sind geflüchtet
-- die München-Ausgabe des "Völkischen Beobachter" erscheint, wird aber nicht mehr ausgeliefert (S.529).

Ende April 1945
Reichsjugendführer Axmann setzt sich nach Hitlers Selbstmord aus dem Führerbunker ab, wird verhaftet
(S.353)



1.-8. Mai 1945

Mai 1945
Deutschland liegt voll Trümmer, Kadaver, Leichen, Ruinen
(S.529)

Unverbesserliche wollen auch nach Hitlers Tod weiterkämpfen
(S.530).

Sudetenland: Sudetendeutsche sind die "Treuesten der Getreuen"
und werden dafür gemäss Bruno Kreisky "furchtbar büssen müssen"  mit Vertreibung durch die tschechische Regierung und Bevölkerung (S.534).

Die "USA" klauen 6300 Kunstbilder aus Deutschland
werden erst 1986 zurückerstattet, im Armeemuseum Ingolstadt nicht öffentlich zugänglich. Die Verarbeitung des Krieges ist 1986 immer noch nicht abgeschlossen (S.190).

Berlin: 2/3 der Industrieanlagen sind noch betriebsfähig [!]
(S.448)

[Die alliierten Bombenangriffe haben viel "genützt": Die Alliierten wollen intakte Industrieanlagen erben...]

ab Mai 1945
Vergangenheitsbewältigung der NS-Zeit ist nur schwer machbar
Das Verhalten richtet sich ähnlich dem Nietzsche-Wort:

"Das habe ich getan, sagt mein Gedächtnis. Das kann ich nicht getan haben, sagt mein Stolz - schliesslich gibt mein Gedächtnis nach..." (S.527)

-- die deutsche Bevölkerung steht nach den Zerstörungen vor derart riesigen Aufgaben, dass ein Nachdenken über die Vergangenheit kaum erfolgt, ein Reden erst recht nicht (S.532)

-- die Meinung, der Nationalsozialismus sei an sich "eine gute Idee" gewesen und sei nur schlecht verwirklicht worden, kann sich lange halten (S.532)

1.5.1945
Wehrmachtsbericht meldet Verteidigung des Berliner Stadtkerns
(S.527)

1.5.1945, 22:03 Uhr
Reichssender Hamburg meldet, dass Hitler gefallen sei

"Aus dem Führerhauptquartier wird gemeldet: Unser Führer Adolf Hitler ist heute Nachmittag (exakt: 30. April 1945, 15.30 Uhr HJE) auf seinem Befehlsstand in der Reichskanzlei bis zum letzten Atemzug gegen den Bolschewismus kämpfend, für Deutschland gefallen. Am 30. April hat der Führer den Grossadmiral Dönitz zu seinem Nachfolger ernannt." (S.527)

-- nur 4 Reichssender in deutscher Hand: Böhmen/Prag, Breslau, Graz und Hamburg
-- sind nur mit Strom empfangbar
-- die Meldung des "Heldentods" von Hitler findet kaum Verbreitung (S.527)
-- die Wehrmacht-Reste reagieren teils gleichgültig, teils bestürzt, einige mit Schock
-- für viele Offiziere und Mannschaften ist es wie eine Erlösung (S.527)

-- Schock bei vielen Hitler-Jungen, Tränen über den Verlust einer Vater-Figur, z.B. bei Günter Gaus, Jg. 1929 oder Lothar Loewe, JG. 1929, Meldegänger und Panzerbekämpfer in Berlin mit einem schockartigen Gefühl der Leere (S.528)

-- neue Selbstmordwelle, nicht nur bei NS-Aktivisten, angeblich mehr Frauen als Männer, die eine Welt ohne Hitler nicht erleben wollen, z.B.: Herr und Frau Goebbels mit ihren Kindern durch Vergiftung (S.529)

-- die grosse Mehrheit der Bevölkerung trauert nicht um Hitler, die eigenen Leiden und die der Angehörigen sind zu gross
-- z.T. Alkoholismus
-- z.T. Selbstfindung
- Wechsel des Grusses auch von hohen SS-Führern "Guten Tag" statt "Heil Hitler" (S.531)

2.5.1945
Keine Befehlsgebundenheit mehr bei den meisten Offizieren
(S.528).

Dachauer Häftlingsmarsch wird "amerikanisch" befreit
-- ca. 50 Prozent der Häftlinge ist unterwegs umgekommen
-- Hunderte sterben später an den folgen (S.516)

Selbstmord von Bormann, Hitler-Sekretär
nach dem Ausbruch aus dem Führerbunker in Berlin (S.517)

Tag der Berliner Kapitulation

Unverbesserliche: Waffen-SS erschiesst sich gegenseitig
-- auf dem Gelände der Schultheiss-Brauerei
-- französische und belgische Angehörige der Waffen-SS (S.530)

Rügen: die Bevölkerung ist fast antideutsch
-- die Wehrmacht befürchtet im Kampffalle Sabotage und Verrat
-- die Bevölkerung der Hafenstadt Sassnitz fühlt sich sehr zur neutralen Haltung Schwedens zugezogen und würde sich am liebsten Schweden anschliessen, als deutsch zu bleiben (S.530)
-- Rügen war 1325-1648 deutsch, 1648-1814 schwedisch, ab 1815 preussisch bei Pommern (S.530).

2.-7.5.1945
Rammjäger begehen Sabotage hinter der russischen Front in Ungarn
in Raab, Steinamanger, Stuhlweissenburg, erreicht durch Fussmärsche (S.518).

4.5.1945
Kapitulation von Nordwestdeutschland
(S.530)

5.5.1945
Dönitz lässt die Wehrwolf-Bewegung verbieten
(S.530)

Eine Waffen-SS-Gruppe im Bad Segeberger Forst / Holstein lehnt die Kapitulation für Nordwestdeutschland ab
-- verweigern die Waffenabgabe
-- Dönitz muss eigene Fallschirmjäger gegen die Waffen-SS-Gruppe einsetzen
-- die Waffen-SS-Gruppe macht kollektiven Selbstmord, statt zu kapitulieren (S.530).

6.5.1945
Breslau kommunistisch besetzt
(S.506)

Wolframnitz/Olbramovice in Süd-Mähren: NSDAP-Feiern zum "Heldentod von Adolf Hitler"
-- die dortige 1. Panzerarmee unter General Walther K.Nehring hält die Front
-- nur wenige Überläufer, kaum noch Munition und Treibstoff
-- die Dorfbevölkerung beteiligt sich mit "Treue" zum Führer, HJ-Buben und BdM-Mädel, Kranzniederlegung des Bürgermeisters (S.533)
-- dreifaches "Sieg Heil" und "Deutscher Gruss", Deutschlandlied und Horst-Wessel-Lied (S.534).


7./8.5.1945
Ende der allgemeinen KZ-Evakuierung mit Todesmärschen
mit der versuchten Räumung des Lagers Reichenau/Sudetenland (S.516).

8.5.1945
Gesamtdeutsche Kapitulation
(S.530)

Unverbesserliche: letzter Feindflug von Major Erich Hartmann
-- mit Me 109-G, 1405. Feindflug, Abschuss eines russischen Yak 11-Jagdflugzeugs aus 60 Metern
-- ist der 825. Luftkampf, der 352. Luftsieg, die Hartmann meist an der Ostfront errungen hat
-- Hartmann ist der erfolgreichste Jagdflieger des 2.Weltkriegs (S.531).

Die 12. SS-Panzerdivision Hitlerjugend besteht noch aus 455 Mann und einem Panzer (S.352).

8./9.5.1945 Nacht
Abschiedsfeier von SS-Gruppen vom NS-Staat
-- Beispiel Böhmen: SS-Führer der Heeresgruppe Mitte: loderndes Feuer, Gesang mit Hitlergruss mit SS-Treuelied: "Wenn alle untreu werden, so bleiben wir doch treu" (S.530)
-- einer nach dem anderen erschiesst sich (S.531).

ab 9.5.1945
Jagdflieger Hans-Ulrich Rudel mit amputiertem Bein distanziert sich bis zu seinem Tod nicht deutlich vom NS-Regime
(S.528)

Unverbesserliche tauchen unter
-- nehmen neue Namen an
-- flüchten sich in die Vorstellung, Hitler sei noch am Leben
-- verweigern die Anerkennung von Beweisen für Hitlers Verbrechen
-- nur manche bereuen (S.532).

 

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4. Die Enttarnung eines falschen Glaubens nach der Niederlage

ab 9. Mai 1945

9.5.1945
Bilanz des Luftkrieges für Deutschland: 635.000 Tote
sowie:
-- 879.000 Verwundete ohne Todesfolge
-- 654.000 total zerstörte Wohngebäude
-- 4,11 Mio. zerstörte Wohnungen
-- 13,7 Mio. Obdachlose
-- 55,5 Prozent der Wohnungen der Gross- und Mittelstädte sind zerstört
-- riesige Schäden an Kulturbauten, Bibliotheken und Museen
-- Schaden durch Luftkriegsschäden in Geldwert: 20-22 Prozent des Volksvermögens von 1939: 110-120 Mrd. RM (S.444).

Verluste der deutschen Seite: fast 2,6 Mio. Mann
fast genau so viel Mann, wie die Wehrmacht am Anfang hatte, davon 3/4 in den ersten 5 Wochen des Russlandfeldzuges (S.460)

[nicht erwähnt: an der Flak starben auch Frauen].

Der letzter Wehrmachtsbericht lobt den "deutschen Soldaten"
"Der deutsche Soldat hat, getreu seinem Eid, in höchstem Einsatz für sein Volk, für immer Unvergessliches geleistet." (S.427)

Berlin: 2/3 der Berliner Industrieanlagen sind betriebsfähig!
[Die können die Alliierten nun demontieren und erben... gut daneben gezielt...]

Berlin: 50 Prozent der Wohnungen sind total zerstört oder schwer beschädigt und unbewohnbar
(S.448)

Bilanz: Bücherverbrennung 1933 und 1941-1945
Wahrscheinlich sind mehr Bücher geächteter Autoren durch alliierte Luftangriffe verbrannt als durch NS-Massnahmen (S.105).

[nicht erwähnt:
-- die alliierte Herrschaft in Deutschland lässt wiederum Massen an unliebsamen Büchern verbieten, die das 3.Reich in seiner Identität geprägt haben

-- es erfolgt keine kulturpolitische Aufarbeitung der Vergangenheit, weil durch die Not der Bevölkerung die seelische Suche nach Identität überspielt wird

-- es erfolgt auch keine kulturpolitische Aufarbeitung des Rassismus in den "USA", des rassistischen Kolonialismus von England und Frankreich

-- Menschenrechte werden von GB und Frankreich unterschrieben, sollen aber in den Kolonien nicht gelten...].

ab 9.5.1945
Die deutsche Presse respektiert gewisse Tabus bzw. meidet gewisse Fragen zur Geschichte
(S.I). Dadurch entsteht ein klischeehaftes Bild des 3.Reichs:
-- brutaler Zwang
-- totalitäre Überwachungsgesellschaft (S.II).

Alliierte Umerziehungspropaganda
sieht in Friedrich dem Grossen einen geistigen Ahnherrn von Hitler (S.11)

Wiederaufbau der Industrie in den Westzonen
-- Rascher Aufbau aller Positionen, diesmal auf westlich-alliiertem Boden
-- ist möglich, weil Speer z.T. Hitlers Selbstzerstörungsbefehle sabotiert hat
-- die Fundamente der deutschen Wirtschaft bleiben erhalten (S.253).

Inhaftierung und Freilassung der Gross-Industriellen
-- fast alle Konzernherren, Grossbankiers und führende Manager sitzen im Gefängnis oder in Internierungslagern
-- Verdacht: Beteiligung an Kriegsverbrechen
-- diese Herren und Kollaborateure haben Hitlers Krieg z.T. immer unterstützt
-- Freilassung nach ein paar Jahren, Wiedererlangen der alten Spitzenpositionen, z.B. Friedrich Flick, der prominenteste NS-Wehrwirtschaftsführer (S.253).

NAPOLA-Schüler, die Karriere machen, bleibt die NAPOLA überwiegend in guter Erinnerung
(S.301)

Karl Arnhold
vom einstigen Deutschen Institut für Technische Arbeitsschulung (DINTA) und in ab 1933 in der DAF, betreibt die Gesellschaft für Arbeitspädagogik (S.309).

Beschimpfung von Künstlern des Dritten Reichs
Künstler, die unter Hitler sich haben für das Dritte Reich einspannen lassen, müssen sich beschimpfen lassen (S.120), u.a. die naive Filmemacherin Leni Riefenstahl (S.127).

Hugenberg bestreitet, Hitler zur Macht verholfen zu haben
-- er ist ohne Fähigkeit der politischen Einsicht und Selbstkritik
-- auf Hugenberg bleibt ein hohes Mass an Mitverantwortung, für den Zusammenbruch des freiheitlichen Staates verantwortlich zu sein
-- Hugenberg konnte aber nicht verurteilt werden (S.94)

[nicht erwähnt: wenn Hugenberg Hitler nicht geholfen hätte, so hätte jemand anders geholfen].

Universitätsprofessoren wälzen ihre Verantwortung oft ab
-- Eingeständnisse eigenen Fehlverhaltens sind selten
-- die deutschen Professoren zeigen "im Ganzen keinen Charakter", so Emil Julius Gumbel aus dem Exil
-- die Pension ist den Professoren wichtiger als die Idee der Universität
-- die Aufarbeitung der Rolle der Universitäten ist kaum erfolgt (S.103)

Den überlebenden "Landsern" dämmert erst jetzt der Verbrecher Hitler
-- die meisten deutschen Soldaten sehen erst nach 1945, dass sie Dienst für den Verbrecher Hitler geleistet haben

-- die Soldaten können mit sich selbst brechen, denn Hitler hat den Eid mit seinem Volk gebrochen (S.428).

Das KZ-System und Vernichtungssystem wird erst jetzt der grossen Masse der Bevölkerung bekannt
(S.386)

[aber der Bunkerbau mit seinen Massenopfern an Häftlingen bleibt offiziell unbekannt].

Idealistinnen der NSDAP brechen zusammen
-- denn für sie bricht ihre Welt zusammen (S.325)
-- der Glaube an Hitler geht aber weiter trotz aller KZ-Wirklichkeiten
-- Aussprüche: "Das hat der Führer nicht gewollt"
-- Aussprüche: "Der wirkliche Nationalsozialismus war sauber und anständig"
-- die Wirklichkeit sah leider anders aus (S.326).

NS-Idealisten ziehen sich enttäuscht aus dem öffentlichen Leben zurück
-- Leute, die wirkliche NS-Idealisten waren, so genannte "Alte Kämpfer" [gegen den Kommunismus] ziehen sich ab 1945 tief enttäuscht zurück (S.417)

-- v.a. die weiblichen RAD-Führerinnen idealisieren ihre Arbeit, ohne das NS-Regime kritisch bewerten zu können (331)

-- allgemein wird dem RAD nach 1945 keine Schuld zugeschoben, denn es war für die meisten ein "positives Erlebnis", trotz der "Schleiferei" (330)

ab Mai 1945
Die Kirche grenzt weiterhin Juden aus
-- Hilfe an Heimatvertriebene, Ausgebombte, Kriegsgefangene, Entnazifizierte
-- keine Hilfe an überlebende Juden und Christen jüdischer Herkunft (S.408).

Keine Verurteilung der NS-Richter und NS-Staatsanwälte
Kein einziger NS-Richter und Staatsanwalt wird rechtskräftig verurteilt, weder vom VGH noch anderer NS-Gerichte. Es ist eine lautlose Amnestie der NS-Justiz.

Die Juristen behalten nach 1945 oft sogar ihre Ämter, wie wenn nichts geschehen wäre. Ihr Opportunismus lässt sie ihre Wandlung zum demokratischen Justizwesen, ohne moralische Skrupel, durchstehen (S.184).

KZ-Befürworter auch nach der Niederlage
Oft wird privat bedauert, dass es für gewisse Aussenseiter keine KZs mehr gibt: Feinde von Links, Asoziale, Gemeinschaftsfremde etc. (S.178).

Geldsystem im zusammengebrochenen Deutschland
Die Reichsmark ist nach Kriegsende fast wertlos. Die Zeit bis 1948 wird überbrückt mit der erstaunlich inflationsfesten, kursstabilen, mit dem Weltmarkt verbundenen "Zigarettenwährung":
-- eine "US"-Zigarette = 6-7,5 RM = ein durchschnittlicher Wochenlohn
-- Lebensmittelmarken
-- Schwarzmarkt (S.441).

VW nach Kriegsende wird Symbol des westdeutschen Wirtschaftswunders
-- der VW wird in rund 150 Ländern erfolgreichstes Auto der Welt
-- der VW überholt 1972 in Anzahl das T-Modell von Henry Ford
-- in den "USA" wird der VW Käfer (engl. "Beetle") zum beliebtesten deutschen Produkt (S.319).

Freiwillige ausländische Arbeitskräfte wollen nun gezwungen worden sein
Die 200.000 bis 400.000 freiwilligen Ausländer, die 1940-1941 ins 3. Reich gekommen sind, sagen nun meist, sie seien unter Druck gekommen und seien miserabel behandelt worden. Sie wollen die Kollaboration abstreiten (S.450).

[Die einfachen Arbeiter begreifen die Zusammenhänge mit dem Poker der Alliierten nicht und müssen einen "Sündenbock" haben...].

NS-Einrichtungen werden DDR-Vorzeigeobjekte
Nach 1945 macht die SED NS-Einrichtungen zum Volkseigenen Betrieb und propagiert die Einrichtung als DDR-Sozialpolitik (S.306).

Der Reichsnährstand RNSt bleibt als Organisation erhalten bis 1948
Die alliierten Militärregierungen übernehmen die Organisation ohne Änderung drei Jahre lang (S.291).

NS-Staatsrechtler Reinhard Höhn arbeitet unter falschem Namen als Heilgymnast
nimmt nach einer Amnestie in der britischen Zone wieder seinen richtigen Namen an (S.171).

Hungersnot in Deutschland
-- Durchschnittsverbrauch 1945/1946: 1412 Kalorien täglich, ist schlimmer als 1917/1918
-- Hungerwinter 1945/1946
-- Andauern des Hungers und der Unterernährung bis Jahreswende 1947/1948 (S.436-437).

Komponisten und ihre "gesäuberten" Werkeverzeichnisse
Komponisten und Verleger "entnazifizieren" ihre Werksverzeichnisse, entfernen Kompositionen mit starkem NS-Geist aus ihren Listen, z.B. Wolfgang Fortner: Die Partituren für das von ihm geleitete HJ-Bann-Orchester sind nicht mehr greifbar (S.118).

"Widerstand" wird aufgebauscht
Viele Deutsche prahlen mit Handlungen des Widerstand, der kaum oder gar nie stattgefunden hat. Viele Deutsche deuten ihre Handlungen auch um, um besser da zu stehen (S.409).

Diskussionen um die Soldatentreue
Was gilt mehr: das Märtyrertum der Aktivisten vom 20. Juli 1944 oder der Soldatentod der Eidgetreuen? Die Diskussionen kommen an kein Ende (S.428).

Kirche: Die katholische Kirche behauptet konsequenten NS-Widerstand und Nicht-Wissen der NS-Gräuel
sind Lügen (S.403).

Kirche: Die evangelische Kirche grenzt Juden von der Hilfe aus
und hilft nur Heimatvertriebenen, Ausgebombten, Kriegsgefangenen, Entnazifizierten. überlebenden Juden und Christen jüdischer Herkunft hilft die Kirche nicht, ist totales Versagen (S.408).

3,2 Mio. deutsche Kriegsgefangene in Russland: es sterben rund 1,1 Mio.
(S.430)

Ehemalige Adolf-Hitler-Schüler machen Karriere
z.B. Harry Krüger als Filmschauspieler, Werner Lamberz als SED-Ideologe, Theo Sommer als Chefredakteur der Wochenzeitung "Die Zeit" (S.299).

Werner Höfer macht im öffentlichen Rundfunk und Fernsehen Karriere
-- OT-Kriegsberichterstatter und Endsiegbefürworter
-- zuletzt Karriere mit der Sendung "Frühschoppen" 1952-1987 (S.491).

ab Mai 1945
Herbert Reinecker macht Karriere als Kriminalfilmautor im deutschen Fernsehen
als ehemaliger Waffen-SS-Kriegsberichterstatter und Produzent des Luftwaffe-Propagandafilms "Junge Adler" von 1942 (S.498).

Karriere von Lale Andersen und "Lili Marleen"-Lied
"Lili Marleen"-Lied bleibt internationaler Hit, Lale Andersen macht internationale Karriere mit Chansons und Seemannsliedern (S.500).

Österreich: Konsequente Verdrängung der Jahre 1938-1945
-- Schaffen einer Atmosphäre der "verfolgten Unschuld"
-- die opportunistische Haltung Österreichs kommt den Alliierten entgegen, denn sie wollen das Bewusstsein um eine deutsche Kultur und einen deutschen Sprachraum und Grossdeutschland auslöschen

[nicht erwähnt: Österreich ist lebenswichtig für die "USA" und England gegenüber dem kommunistischen Russland, jede Lebenslüge wird in Kauf genommen]

-- Deutsche in Österreich werden unter beschämenden Umständen aus Österreich hinausgeworfen
-- es herrscht Verschweigen, Verdrängen, Verleugnen der NS-Vergangenheit, ein totaler Opportunismus (S.373).

Frankreich: Feiern einer Résistance, die kaum eine Rolle spielte
Es ist das Überspielen von NS-Kollaboration und Antisemitismus in Frankreich (S.374).

Judenhetzer Leers setzt sich nach Italien und Argentinien ab
-- setzt bis 1955 unter deutschen Exilanten seine Propaganda fort
-- nimmt ab 1955 Wohnsitz in Kairo, tritt als "Oma Main von Lern" zum Islam über
-- ist im Auslands-Propagandadienst unter Präsident Gamal Abd el Nasser tätig (S.378)

Die NS-Manipulanten des Rundfunks Haentzschel, Grothe und Schwerkolt ab 15.2.1942 machen nun weiter Karriere
(S.482).

nach 1945
Reichsautobahn: Falsche Thesen
-- These: die RAB habe nur der Arbeitsbeschaffung gedient (S.321)
-- Realität: Beim Autobahnbau wurden nur 220.000 Arbeiter beschäftigt, sind nur 5 Prozent der Arbeitslosen (S.321).

-- These: die RAB habe dem Nachschub im Krieg gedient und sei nur für den Kriegsnachschub gebaut worden
-- Realität: die Betondecke ist viel zu dünn gebaut für Panzer und schwere Lastwagen (S.321).

Mai 1945
Geschätzt: 219.000 Zigeuner ermordet [oder lebendig begraben im Bunkerbau]
davon 15.000 der 20.000 deutschen Zigeuner (S.363).

ab 9.5.1945
Für NSDAP-Frauen bricht eine Welt zusammen
-- Zwangsbesuch von KZs mit Bergen von Häftlingsleichen verhungerter Häftlinge
-- NSDAP-Frauen lassen oft auch dann nicht vom Führer los mit dem Spruch:
"Das hat der Führer nicht gewollt!"
oder:
"Der wirkliche Nationalsozialismus war sauber und anständig!" (S.326)

ab 9.5.1945
[Erfahrung von Michael Palomino an seinen "Eltern":
Psychopathenkinder/Trümmerkinder
-- Kinder des Krieges, die in Trümmern, in Bunkern und ohne Vater aufwachsen müssen, nehmen Hitler oft als Vaterfigur oder sind nach dem Krieg ohne feste Identität, weil die Vaterfigur nicht feststeht, aber das Kriegsverhalten dominiert

-- der Krieg gilt immer als Vergleich für tägliche Handlungen, z.T. ist jede Brutalität erlaubt, die "weniger schlimm" ist als die Umstände im Krieg].

ab 9.5.1945
Die Grossindustriellen lügen, sie seien zur Rüstung und zum Krieg gezwungen worden
-- es blieb die eigene Verantwortung und die freie Entschlusskraft des Unternehmens grundsätzlich bestehen
-- die Spielräume der Industrie sind grösser als das NS-Schlagwort "Befehlswirtschaft" es ausdrückt
-- die Industriellen gehen über unvermeidliche Anpassungen hinaus, v.a. bei Arisierung und Zwangsarbeit (S.245).

Die Grossindustriellen lügen, sie seien gegenüber NS-Prominenten in "kühler Reserve" gestanden
ist eine Legende (S.243).

Mai-Juni 1945
Inhaftierung fast aller Konzernherren und Grossbankiers und vieler führender Manager
-- in Gefängnissen oder Internierungslagern
-- Verdacht der Beteiligung an Kriegsverbrechen
-- die deutsche Bevölkerung kann sich kein Freikommen dieser Kriegsgewinnler vorstellen (S.253)
-- Friedrich Flick bleibt 5 Jahre Gefangener der Siegermächte (S.253).

Juni 1945
Albert Speer will "guten Kern" im Nationalsozialismus erkennen
-- einwandfreie Lebensweise Hitlers
-- ausdauernde Arbeit Hitlers (S.532)
-- "(Es) muss auch im Nationalsozialismus ein guter Kern gewesen sein" (S.533).

Juni 1945 ca.
Die Unverbesserlichen: Gefühl der Leibeigenschaft des Führers
-- BdM-Führerin Renate Finck 19-jährig
-- "Ich sehe, dass das Ende gekommen ist, ein schreckliches, unausdenkbares Ende. Aber ich will zu allem stehen, was ich gesagt habe. Ich gehöre dem Führer auch jetzt"

In: Renate Finck: Mit uns zieht die neue Zeit, 1979, S.183 (S.535,542)

-- "Ich fühle mich meiner Treue zum Nationalsozialismus nicht entbunden, auch nicht durch Hitlers Selbstmord" (Finck: Zeit, 1979, S.187).

-- "Als ich die Berichte über das wahre Gesicht es NS-Staates immer detaillierter zur Kenntnis nehmen muss, verkrieche ich mich hinter dieser Treue, die uns mehr galt als die eigene Person. Schuldig ist für mich nur, wer die Treue bricht." (Finck: Zeit, 1979, S.188).

Juli 1945 ca.
Auslieferung des Jagdfliegers Erich Hartmann an die Russen
-- weil er meist an der Ostfront im Einsatz war
-- Verurteilung 1949 zu 25 Jahren Zwangsarbeit, weil er sich weigert, in den Dienst der SBZ/DDR zu treten
-- Hartmann bleibt 10 1/2 Jahre in Kriegsgefangenschaft
-- Hartmann wird 1963 Inspizient der Jagdflieger der Bundeswehr und scheidet als Oberst aus (S.531).

August 1945
Kapitulation Japans nach 2 Atombomben

September 1945
Totalbilanz des Zweiten Weltkriegs: 50 Mio. Tote
(S.133)

[nicht erwähnt:
Fehlende Totalbilanzen des Gulag und Kolonialismus
-- die Toten des Gulag werden nie bilanziert, die jüdischen Toten im Gulag werden nie bilanziert
-- die Toten des Kolonialismus, die Frankreich, England, Spanien und Holland auf dem Gewissen haben, werden nie bilanziert

Kolonialismus
-- der Kolonialismus treibt seine Kriege auf dem Boden fremder Völker weiter
-- "alte Kämpfer" aus deutschen und alliierten Armeen kommen bei der Fremdenlegion oder in kolonialen Armeen in Asien und Afrika gegen Befreiungsbewegungen zum Einsatz, und das koloniale Verbrechen wird weiter geführt
-- fortan kann die "USA" behaupten, sie kämpfe für die "Freiheit" anderer Länder, was im Vietnamkrieg gipfelt, ein Krieg der Weltanschauungen

Rassismus in den "USA"
-- der Rassismus in den "USA" gegen Schwarze geht bis in die 1960er Jahre weiter, bis dahin werden Schwarze an Bäumen aufgehängt, dürfen Schwarze "weisse Toiletten" nicht benutzen etc.
-- auch Juden werden in den "USA" und in England z.T. heftig gesellschaftlich diskriminiert, Verbote, Clubs beizutreten, Kurorte zu nutzen etc.
-- schwarze "Amerikaner", die sich im 2.Weltkrieg eine militärische Auszeichnung geholt haben, werden nach der Rückkehr in Südstaaten von Weissen verfolgt und z.T. derart um die Auszeichnung benieden, dass sie schlussendlich getötet werden].



1946-1949

1946
Ordensburg Vogelsang: britische Besetzung
(S.200)

Nürnberger Prozess
Hjalmar Schacht: frei gesprochen, dann erneut verhaftet, dann Privatbankier in Hamburg/Düsseldorf und internationaler Finanzberater (S.215).

Saarland wird wieder französisches Zollgebiet
Beschluss des saarländischen Landtages 1947: Wirtschaftlicher Anschluss an Frankreich bei politischer Autonomie (S.378).

ab 1946
[nicht erwähnt:
Der Gulag gerät in Vergessenheit
-- dabei war der Gulag das Vorbild für das deutsche KZ-System
-- Stalin wird zum "Befreier", obwohl Stalin weiterhin einen brutalen Gulag führt
-- die Judenverfolgung mit behaupteten 6 Mio. durch deutsche Nazis ermordete Juden gerät in den Vordergrund der antifaschistischen Feldzüge in den westlichen Medien].

Albert Speer, Architekt, muss auf seine Architekten-Laufbahn verzichten
-- als einziger der NS-Architekten
-- wird bekannt durch schriftstellerische Tätigkeit (S.198).

Architektur: Wieder die "Moderne" ohne Liebe
-- das Propagieren der verfemten Moderne geht an den ästhetischen Bedürfnissen der Mehrheit der Bevölkerung vorbei
-- moderne, abstrakte Kunst erweist sich als elitäre Sache (S.189)

[nicht erwähnt:
Architektur (von archus, deutsch "Bogen") steht gegen Quadratektur
Architektur leitet sich von lateinisch "arcus", deutsch: "Bogen" her, in Anlehnung der stabilsten Form: die Kugel, der menschliche Kopf. Eine quadratische Architektur wie die Moderne ist eine Quadratektur, keine Architektur.

Deswegen ist die Ablehnung der modernen Architektur, die auch eine sehr ineffiziente Energiebilanz aufweist und auch keine natürlichen Parallelen hat, aus menschlichem Instinkt heraus absolut berechtigt].

[nicht erwähnt:
Keine wahrheitsgetreue Aufklärung über die Judenmassaker und KZs in Osteuropa]

[nicht erwähnt:
Ostpreussen: Führerhauptquartier Rastenburg war als Chemiefabrik getarnt
-- Absperren eines riesigen Areals mit "Betreten verboten"
-- die Bevölkerung meint, dort sei eine Chemiefabrik]
(Auskunft der Tante väterlicherseits des Autors)

1947
Wolfgang Borchert: Heimkehrerdrama "Draussen vor der Tür": "Junge Generation" ist ohne Halt
(S.536)
-- Kriegsheimkehrer bleiben mit ihren Erlebnissen allein
-- die "junge Generation" in Deutschland hat keine Bindung und keine Tiefe zur Heimat, ist "eine Generation ohne Glück"

-- Jugend hat es nicht gegeben, Liebe ist grausam
-- die "junge Generation" ist ohne Grenze, ohne Hemmung und ohne Behütung aufgewachsen
-- ab 1946 wird diese "junge Generation" Deutschlands verachtet, eine Generation ohne Anerkennung (S.536).

1947/1948
Nürnberg: IG-Farben-Direktoren werden schuldig gesprochen
für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit (S.244).

1948 
Schwarzmarkt: Beispiel Berlin-Friedenau
1 Pfund Zucker: 80 RM
1 Pfund Butter: 250 RM
1 Pfund Kaffee: 330 RM (S.320).

2.3.1948
Ludwig Erhard wird Direktor der Verwaltung für Wirtschaft der "amerikanischen" und britischen Zone "Bizone"
(S.254)

20.6.1948
Tag der Währungsreform der drei Westzonen mit der D-Mark
(S.254)

Erklärung von Ludwig Erhard, die Zwangswirtschaft sei beendet
- gegen den Willen der Besatzungsmächte (254).

ab 1948
Die BRD profitiert von Hitlers fortschrittlichen sozialen Elementen
und vom Abbau sozialer Hindernisse unter dem Hitler-Regime (S.333).

1948-1955
Das deutsche "Wirtschaftswunder"
Der "Kleine Arbeitskreis" unter Rudolf Stahl, Vizepräsident der Reichsgruppe Industrie RI, erarbeitet ein Programm zum Übergang auf Friedenswirtschaft. Die Beteiligten nehmen nachher in Westdeutschland wirtschaftliche Schlüsselstellungen ein, z.B. Ludwig Erhard (S.252-253).

1949
Freispruch von Gertrud Scholtz-Klink
war Reichsfrauenführerin und Leiterin der NS-Frauenschaft des deutschen Frauenwerks, de DAF-Frauenamts, des Frauen-Arbeitsdienstes, der DRK-Frauenarbeit
-- verkörpert das Ideal der NS-Frau
-- wird 1945 als Hauptschuldige eingestuft, dann 1949 frei gesprochen und aus der Haft entlassen
-- bleibt NS-Ideen "treu" (S.308).

1949-1963
Ludwig Erhard Bundeswirtschaftsminister
fördert gegen alle Widerstände den Wiederaufstieg der BRD (S.254)



1950er Jahre

1950
Ordensburg Vogelsang: Belgische Besetzung
(S.200)

Erst jetzt bekennt sich die protestantische Kirche zum Versagen bei der Judenverfolgung
an der EKD-Synode in Weissensee (S.408-409). Die Mehrheit der Gläubigen der protestantischen Kirche fühlt sich aber weiterhin weder schuldig noch mitschuldig (S.409).

ab 1950
Friedrich Flick wird wieder grösster Konzernherr der BRD
-- 1945-1950 in alliierten Gefängnissen als Kriegsgewinnler
-- Flick wird Träger des Grossen Bundesverdienstkreuzes mit Stern und Schulterband (S.253).

1951
August Winning (1878-1956), SPD-Politiker und Schriftsteller, über den deutschen Siegestaumel 1940/1941:
"Der Durchschnittsdeutsche war von den Erfolgen und der Propaganda so verwandelt und benommen, dass er die Fähigkeit eigenen Urteilens nicht mehr besass [...] Sogar alte Freunde aus meiner gewerkschaftlichen Zeit und frühere sozialdemokratische Reichsabgeordnete ... waren jetzt von Hitlers Weltmission überzeugt und wären bereit gewesen, ihm alles abzubitten, was sie je gegen ihn gesagt hatten." (S.477)

Anfang 1955
Registrierte Verluste der Wehrmacht: 2,73 Mio.
-- die Zahl der Vermissten reduziert sich von 1.902.704 von 1945 auf 1.240.629 (S.464)
-- die Zahl der in Kriegsgefangenschaft Verstorbenen bleibt unbekannt (S.465).

1955
Herbert Reinecker hat Erfolg mit Widerstandsfilm "Canaris"
(S.498)

23.10.1955
Saarland: Volksabstimmung über Frankreich-Anschluss ist negativ
bei einer Wahlbeteiligung von 97,5 Prozent, auch Ablehnen einer Europäisierung (S.393).

1956
Ordensburg Vogelsang: von NATO-Partnern militärisch genutzt
(S.200). Sonthofen wird von der Bundeswehr genutzt (S.200).

ab 1956
Reinhard Höhn wird Leiter der Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft in Bad-Harzburg
einer der grössten Managerschulen Europas (S.171).

1.1.1957
Saarland wird in die BRD aufgenommen
(S.393)

1957-1966
Wilhelm Zangen Aufsichtsratsvorsitzender der Mannesmann AG
1945 wegen Verdacht der Beteiligung an Kriegsverbrechen inhaftiert (S.253)

6.7.1959
Wirtschaftliche Eingliederung des Saarlands in die BRD
(S.393)



1960er Jahre

1960er Jahre
Immer noch kaum Vergangenheitsbewältigung in der BRD
gemäss dem Wort des französischen Schriftstellers und Politikers André Malraux (1901-1976):
"Nichts ist schwerer, als heute zu wissen, was man damals gewusst hat." (S.532)

ab 1960er Jahre
[Erfahrung von Michael Palomino:
nicht erwähnt: Die Psychopathenkinder/Trümmerkinder "er-ziehen" ihre Kinder
-- die Kinder werden oft geschlagen, solange die Brutalität weniger schlimm ist als im Krieg
-- die Kinder werden oft benieden, denn die jetzigen Kinder haben es "besser" als die Kinder im Krieg

-- die Psychopatheneltern/Trümmereltern erwarten Dankbarkeit der Kinder für das Leiden der Eltern im Krieg, was die Kinder nicht verstehen, weil sie es nicht erlebt haben

-- z.T. flüchten die Psychopatheneltern/Trümmereltern in die "Heile Welt" im Ausland, z.B. in die Schweiz, deren Bevölkerung aber auch ein Sammelsurium an Verdrängungen der Hitler-Kollaboration aufweist

-- z.T. zerstören die Psychopatheneltern/Trümmereltern ihren Kindern mit Schlägen, Erpressungen und Verboten die "Heile Welt", die sie nach dem Krieg aufbauen oder in die sie gerade umgesiedelt sind

-- z.T. werden die Kinder geschlagen, erpresst und eingeschränkt, damit aus ihnen "bessere" Menschen werden als die Menschen vor dem Krieg, obwohl gar kein Krieg mehr existiert

-- die Psychologie erkennt diesen Teufelskreis der Nachkriegspsychose nicht und steht dem Phänomen der gequälten Kinder ratlos gegenüber]

1963-1966
Ludwig Erhard Bundeskanzler
(S.254)

1963
Adorno bedauert sein "dumm-taktisches" Verhalten von 1934
eine Huldigung an Schirach und Goebbels in der Monatszeitschrift "Die Musik", das Organ der Reichsjugendführung (S.101-102).

1965
VW-Sparer erhalten 10-60 Prozent des VW-Sparens aus der NS-Zeit zurück
nach langen Prozessen (S.320).

Grundsteinlegung für eine Nationalgalerie in West-Berlin
-- Ludwig Mies, Architekt, bis 1933 bedeutendster Architekt, erlebt seine volle Rehabilitation
-- die Nationalgalerie wird dort gebaut, wo einst Albert Speer den Runden Platz der Nord/Süd-Achse angelegt hatte
-- Mies wird später als "Architekt des Jahrhunderts" gefeiert (S.199).

1969-1973
Günter Gaus, früher ein Hitler-Junge, wird Spiegel-Chefredakteur
(S.528)



1970er Jahre

1970
Hans-Günter Zmarzlik,  Jg. 1922, Professor: Das Dritte Reich war "Befreiung" von Versailles

"Mit Vergnügen nahmen wir von den Schülermützen Abschied, die bis dahin den Gymnasien so auffällig vom Volksschüler abhoben. Mit Begeisterung standen wir am lodernden Holzstoss bei Sonnenwendfeiern, fieberten den Sportfesten entgegen, feierten die Olympiade von 1936 als einen nationalen Triumph.

(Dabei vorher:) Noch in der Weimarer zeit war uns in der Volksschule die demütigende Lage unserer Nation seit dem 'Schanddiktat' von Versailles eingeprägt worden. Um so befreiender nun das Gefühl, dass es damit vorbei war. Es ging aufwärts, und wir waren die "Garanten der Zukunft." (S.356)

1972
Frank Thiess (1890-1977), Schriftsteller, über das kranke Deutschland der NS-Zeit
"Mein Zustand liess sich mit dem eines Gesunden vergleichen, der einen Kranken, den er liebt, hinsiechen sieht [das deutsche Volk] ohne ihm helfen zu können. Und dies, während andere erklärten, der Kranke sähe blühend aus; er sei also gar nicht krank ...

Dass ein Volk Gorgonen [weibliche Ungeheuer der griechischen Sagen] für Retter des Vaterlandes hielt..."

(in: Cziffra, Géza von: Es war eine rauschende Ballnacht. Eine Sittengeschichte des deutschen Films. München 1985).

VW-Käfer überholt in Anzahl das T-Modell von Henry Ford mit 15 Mio. Stück
(S.319)

1973
Zeitzeuge Sebastian Haffner über Hitlers Wirtschaftswunder
"... Hitlers Wirtschaftswunder war für die Mitlebenden ein grösseres Wunder als später (nach dem Krieg) die Erhardsche Wiederaufbaukonjunktur"

(in: Walter Kempowski: Haben Sie Hitler gesehen? Deutsche Antworten, München 1973).

1974
Manfred Rommel, früher Hitler-Junge, wird Oberbürgermeister von Stuttgart
(S.355)

1974-1981
Günter Gaus, früher ein Hitler-Junge, wird Ständiger Vertreter Bonns bei der DDR
(S.528)

1978
Ranicki gibt der extremen Linken Mitschuld am Untergang der Weimarer Republik
v.a. Tucholsky und seiner Gruppe (S.110). Die Gruppe sah keine Notwendigkeit, die positiven Element der Republik zu verteidigen (S.110-111).

1979
Ehemalige RAD-Arbeitsmaid Ingeborg Bayer wollte ihre Traumwelt behalten:
"Wir wollten unsere Traumwelt nicht zerstören lassen durch kleinmütige Zweifel; wir wollten behüten, was es schon längst nicht mehr gab." (S.526)



ab 1980er Jahre

1980
Helmut Heiber: Brüning sei an der Wiege des Dritten Reiches gestanden
(S.45)

1983-1986
Lothar Loewe, früher ein Hitler-Junge, wird Intendant des SFB
(S.528)

1984
Marion Gräfin Dönhoff: Bankrott von Weimar liess Hitler an die Macht
Es sei der Bankrott von Weimar gewesen, der so unausweichlich (S.45) zu Hitler hingeführt habe

(In: "Die Zeit", Hamburg, 20.7.1984) (S.46).

1986
[nicht erwähnt:
Gorbatschow-Regierung in Russland: Öffnung der Archive über den 2.Weltkrieg
Aber: Frankreich, England und die "USA" öffnen ihre Archive kaum]

10.11.1988
Philipp Jenninger, der Präsident des deutschen Bundestages sagt im Bundestag:
"1938 sahen die meisten deutschen in Hitler den grössten Staatsmann der Geschichte."

Folge der Aussage: Jenninger muss abtreten, dabei war es wahr (S.I).

1989
3.Reich-Beschreibungen werden als "rechtsradikal" kriminalisiert
Deutscher Historiker Rainer Zitelmann: Bisher hat man gewisse Fragen zum 3.Reich gemieden, weil man sonst gleich als "rechtsradikal" abgestempelt worden wäre (S.I).

3.Reich ist bis dahin meist ein Klische-Bild
Ein Mitarbeiter der Landeszentrale für politische Bildung in Nordrhein Westfalen bekennt, dass seit 1945 ein klischeehaftes Bild des 3.Reiches entstanden sei mit brutalem Zwang und totalitärer Überwachungsgesellschaft. Dabei
-- haben die meisten Deutschen in der Normalität eines "weitgehend politikfreien Alltags" gelebt, die Welt zwischen Verfolgung und Vergnügen
-- die Führung des 3.Reichs garantierte bewusst eine unpolitische Atmosphäre (S.II).

Die neue Perspektive über das 3.Reich
entsteht durch die Fülle von Daten, Fakten, Einsichten, Erkenntnisse. Die Tabus und Frageverbote werden dadurch automatisch gebrochen (S.II).

Ordensburg Vogelsang kommt unter Denkmalschutz
auf Antrag des Rheinischen Amtes für Denkmalpflege vom Kölner Regierungspräsidenten (S.200)

1991
Jenninger wird deutscher Botschafter in Wien als "Wiedergutmachung" der Entlassung von 1988 als Präsident des deutschen Bundestages (S.I).

?
Hans Mommsen: Die Demokratie war vor Hitler schon zerstört
"Die Weimarer Demokratie scheiterte nicht an Hitler, sondern Hitler war die letzte Konsequenz ihres Scheiterns". (S.35?)

[nicht erwähnt:
Auch in Frankreich kam es 1940 zu diesem Vorgang: Die Republik war nicht mehr gewollt;

In: Valentin Falin: Zweite Front, Knaur 1995].









Bildernachweis

-- Brandenburger Tor 1945: http://www.politik-fuer-die-freiheit.de/webcom/show_page.php/_c-8/_nr-1/_lkm-24/i.html



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