Kontakt / contact    Hauptseite / page
              principale / pagina principal / home     zurück / retour /
              indietro / atrás / back
Teil 1 - Teil 2 - Teil 3 - Teil 4 - Teil 5
Interviews über die Zeit des Zweiten Weltkriegs und über die Entstehung der Hitler-Psychose

Schilderungen von Zeitzeugen im Bekanntenkreis (1994/1995, redigiert im Jahr 2000)

Oral History

gesammelt von Michael Palomino (1994 / 1995 / 2000)

Teilen:

Facebook








Teil 3


1. Hitler wollte die Juden alle nach Palästina schicken [und dann Palästina selber besetzen] - England blockierte einen Judenstaat Israel, vielleicht aus Angst vor einem kommunistischen Israel

2. Das Leben im Bunker während des Zweiten Weltkriegs zum Teil Tag und Nacht - dicke Festungsmauern

3. Hitler-Jugend und Flieger-HJ - ein Krieg folgte dem andern - der Versuch der alliierten Landung bei Arnheim mit Fallschirmjägern wird zurückgeschlagen - Hitler mit seinen zwei Seiten - alle Attentate gegen den Tyrannen Hitler misslingen, die Beispiele - Hitler duldete keinen Widerspruch - die Lektion von Mahnstein, Hitler mit Schaum vor dem Mund vor Wut - die vielen Kriege hin und her zwischen Frankreich und Deutschland - der Trottel-Kaiser Wilhelm II. hat Bismarck "abgesägt" - die Frankreich-Besetzung von 1940 war nur Rache für 1918 - Norwegen ein paar Stunden vor den Engländern besetzt - Hitler wollte mit England Asien aufteilen und Stalin bereitet sich auf den Kampf vor - der Hitler-Trottel wollte alles alleine schaffen und lehnte die Hilfe russischer Gefangener ab - SS-Mitgliederrekrutierung mittels Gefangenschaft - Bomberdierung von Würzburg - Schlacht am Oderbruch - Panzergräben und Steckrübenstellung - Häuserkampf in Walldorf bei Heidelberg - deutsche Deserteure werden zurückgeschickt und von deutschen Soldaten erschossen - vorzeitige Kriegsbeender werden wegen "Zersetzung" aufgehängt - Hitlers Düsenjäger von 1939 wurde erst 1944 eingesetzt - katastrophale Gefangenenlager der Alliierten bei 10 Mio. deutschen Kriegsgefangenen


1. Eleonore Schulz, Basel (Schweiz), Jg.38, berichtet über Berichte ihrer Mutter, Änne Waltenberg, Herdecke, Deutschland (Nordrhein-Westphalen), Jg.9

Hitler wollte die Juden alle nach Palästina schicken - England blockierte dies, vielleicht aus Angst vor einem kommunistischen Israel

Am selben Tag

  • Hitler wollte "die Juden" einfach weghaben
  • Hitler wollte "die Juden" irgendwo hin aussiedeln, nach Russland, dann nach Madagaskar
  • aber "die Juden" wollten nicht
  • so habe die Nazi-Führung die "Vergasung" beschlossen, was natürlich nicht im Geringsten eine Lösung sei
  • Hitler wollte einfach, dass "die Juden" weniger Geld hatten, sie hatten ihm einfach zu viel Geld (und Macht)
Eleonore: Zuerst wollte Hitler die Juden aber nach Palästina schicken, aber da willigten die Engländer nicht ein. -

Ist das wahr? -

Ja, das ist wahr. -

Hitler wollte ein Palästina für die Juden? -

Ja! -

Also, wenn das belegt ist, dann weiss man wirklich nicht, was man danken soll. -

[aber dann wollte er auch den ganzen Nahen Osten besetzen und die Juden in Palästina wären dann alle vernichtet worden]

Er wollte sie nach Palästina schicken, und die Engländer wollten das nicht. -

Die wollten das ja auch noch nach dem 2. Weltkrieg nicht. -

Ja, die Engländer haben die Schiffe noch 1947, die mit Juden voll waren, wieder zurückgeschickt. -

Die Engländer hatten auf Zypern ein Auffanglager für die Juden. Also, wenn das wahr ist, es ist für mich langsam begreiflich, wieso die Änne heute noch sagt: "Hitler hat das nicht gewollt." [Aber Hitler wollte ja dann Palästina auch besetzen]. Und an diese Rassenhygiene hat man ja geglaubt. Das war ja fast eine "Wissenschaft" damals. -

Es war keine Wissenschaft, aber man hat daraus eine Wissenschaft gemacht. -

Und wie war das mit den "Juden" und dem Kommunismus? -

Ja, das hat Zusammenhänge. Israel wollte ja zuerst auch kommunistisch sein, mit den Kibbutsim und so.

(vielleicht hat England deswegen die Bildung eines Israel, das von Russland aus gesteuert worden wäre, verhindern wollen).

2. Siegrid Faehre, Zollikon, s.o.

Das Leben im Bunker während des Zweiten Weltkriegs zum Teil Tag und Nacht - dicke Festungsmauern

23.Februar 1995

Gespräch mit Siegrid über das Buch "Kindheit und Jugend unter Hitler" von Helmut Schmidt.

Ich: Da steht drin, dass die Leute zum Teil sogar in den Bunkern selbst lebten. -

Klar, denn es war sehr mühsam, jedesmal das Köfferli zu packen und wieder in den Bunker zu rennen. Da blieben die Leute eben grade im Bunker, die meisten waren unterirdisch. Es gab auch ausserirdische. -

Die haben gehalten? -

Die waren scheinbar so stark gebaut. Ja, nach dem Krieg blieben die zum Teil stehen, weiss ich nicht. Auf alle Fälle kostete es die Leute zu viel Mühe, sie abzureissen, so dick waren die Festungsmauern.

3. Herr Schuler sen., Deutscher, Jg.27, aus Lotzwil, Schweiz (Kanton Bern), der Vater von Herrn Christoph Schuler, Langenthal

Hitler-Jugend und Flieger-HJ - ein Krieg folgte dem andern - der Versuch der alliierten Landung bei Arnheim mit Fallschirmjägern wird zurückgeschlagen - Hitler mit seinen zwei Seiten - alle Attentate gegen den Tyrannen Hitler misslingen, die Beispiele - Hitler duldete keinen Widerspruch - die Lektion von Mahnstein, Hitler mit Schaum vor dem Mund vor Wut - die vielen Kriege hin und her zwischen Frankreich und Deutschland - der Trottel-Kaiser Wilhelm II. hat Bismarck "abgesägt" - die Frankreich-Besetzung von 1940 war nur Rache für 1918 - Norwegen ein paar Stunden vor den Engländern besetzt - Hitler wollte mit England Asien aufteilen und Stalin bereitet sich auf den Kampf vor - der Hitler-Trottel wollte alles alleine schaffen und lehnte die Hilfe russischer Gefangener ab - SS-Mitgliederrekrutierung mittels Gefangenschaft - Bomberdierung von Würzburg - Schlacht am Oderbruch - Panzergräben und Steckrübenstellung - Häuserkampf in Walldorf bei Heidelberg - deutsche Deserteure werden zurückgeschickt und von deutschen Soldaten erschossen - vorzeitige Kriegsbeender werden wegen "Zersetzung" aufgehängt - Hitlers Düsenjäger von 1939 wurde erst 1944 eingesetzt - Gefangenenlager der Alliierten

Freitag, den 24.Februar 1995

Herr Schuler sen.: Ich war eingezogen 1944 als 17-Jähriger, also, ich habe die ganze Hitler-Jugend mitgemacht. Dann war ich bei der Flieger-HJ (FHJ), wurde dort zum Jagdfliegen ausgebildet, die dann meist den Auftrag hatten, bei den Bombern die Leitwerke zu zerstören. 1944 war ich dann zuerst an der Ostfront, dann wurde ich an die Westfront verlegt, dann von den Amerikanern gefangen, dann den Russen ausgeliefert. -

Meine Grossväter waren mit der Hitler-Psychose drin. -

Sie sagen dem Hitler-Psychose. -

Die waren dem völlig ausgeliefert. -

Das waren alle, und Hitler und diese Kriege muss man immer im Zusammenhang sehen mit den vorherigen, also der 2.Weltkrieg als Folge von Versailles 1918, der Erste Weltkrieg als Folge von 1870/71, als es um Elsass/Lothringen ging. Und das geht so zurück bis zu Napoleon.

Also zuerst war ich an der Westfront eingesetzt gegen die Amerikaner und Engländer bei Arnheim, die Luftlandetruppen, die Fallschirmjäger, die natürlich viel besser ausgerüstet waren als wir. Die kamen mit Segelflugzeugen und schwebten so langsam dahin, und wir begannen natürlich schon vor der Landung, auf sie zu schiessen. Nach der Landung - falls er landen konnte - versteckte sich der Amerikaner gleich im Busch, aber wir gaben natürlich so intensives Feuer wie möglich. Das gab denen viele Verluste und die mussten ihre Operation abbrechen. -

Sind Sie einmal mit dem Zug durch den polnischen Korridor gefahren? -

Nein. -

Die Züge mussten verblombt werden. -

Also die Türen wahrscheinlich. -

Und das Danzig... -

Das war "freie Stadt" mit gemischter Bevölkerung. -

Also, hauptsächlich deutsch, zu 95% deutsch. -

Ja, gemischt ist eben noch freundlich ausgedrückt. -

Wenn es 95% deutsche war. -

Hitler hatte zwei Seiten: Es gab zwei verschiedene Personen Hitler. Da war der eine: Er ass zum Beispiel nur vegetarisch, und dann sass er so auf dem Stuhl (er lehnt sich zurück, den Kopf nach hinten gekippt), schlief ein und schnarchte. Und dann gab es den anderen Hitler: der die Reden hielt und dabei alle mitriss. -

Er war ein völlig unausgeglichener Mensch. -

Und er war ja auch im ersten Weltkrieg schon dabei als Meldegänger. -

Und Gefreiter. -

Und er wurde auch mit Gas verletzt. -

Hitler wurde mit Gas verletzt? -

Ja, und vielleicht hat er da etwas abbekommen. Auf alle Fälle, als er da aus dem Lazarett kam, wusste er: "Ich werde Politiker." Eigentlich wollte er ja Maler werden. -

Ja, er wurde an der Kunstakademie abgelehnt, aber das wusste ich nicht, dass Hitler auch Gasangriffe erlebt hatte. Also, er hat erlebt, wie Deutschland ausgehungert wurde, er wollte Deutschland alles geben, er konnte nicht mehr zu den Eltern zurück, der Vater war auf Wanderschaft, die Mutter war gestorben. -

Einen Bruder hatte er, der war irgend etwas ganz Braunes, und einen Stiefvater. -

Aber Familie war dann eben keine da, und vier Jahre Suppenküche... -

Nur, solche Fälle gab es damals viele, und deswegen wundert es mich ja auch. Er muss irgendeine Sendung bekommen haben nach dem Ersten Weltkrieg, und man glaubte ja daran. -

Haben Sie einmal eine Ansichtskarte mit den Händen Hitlers gesehen, wo er ein Autogramm schreibt? -

Nein. -

Also, er wurde ja so weit verehrt. -

Nur eben, immer, wenn man ihn umbringen wollte, ging er dem instinktiv aus dem Weg. In München -

im Hofbräukeller -

Man wusste, Hitler würde so und so lang reden, und plötzlich brach er ab und ging, ganz abrupt brach er ab. Oder dann gab es -

den 10.Juni -

aber noch viele, viele andere, auch innerhalb der Armee, wenn er auf Frontbesichtigung war. Da war in einem neuen Rucksack zum Beispiel, den man Hitler zeigte, und ich hatte auch so einen, eine Bombe drin, und wenn Hitler ihn sich anschaute, sollte der Offizier die Bombe zünden, aber Hitler ging zu früh weg. -

Was wollte denn Hitler überhaupt? Er hat dem "Deutschen Volk" auf der einen Seite so viel gegeben, und sie dann gleichzeitig in den Absturz gestürzt. Also, er hat den VW entwickeln lassen, hatte riesige Industrien und riss dann doch alle in den Abgrund. -

Ja, und er duldete keinen Widerspruch. Die wurden sofort erschossen oder degradiert. Es gab einen General, mit dem hatte Hitler eine riesige Auseinandersetzung, der hiess Mahnstein. Er hatte den Oberbefehl über die Wehrmacht im Osten, und an einer Sitzung hat er ihn dann vorgeführt. -

Wie das, was genau? -

Er hat Hitler aufgezeigt, was er falsch gemacht hat. Hitler hat ja Fehler um Fehler gemacht im Osten, und Mahnstein hat es ihm alles vorgeführt. Zuerst kam das, dann das, dann das, und am Schluss hatte Hitler Schaum vor dem Mund, richtig Schaum, so wütend war er. -

Wurde Mahnstein erschossen? -

Er wurde degradiert natürlich. -

Wieso denn nur hat Hitler sich aufgeopfert? Hitler hat sich für ganz Europa aufgeopfert, den Bolschewismus zu bekämpfen, und er wollte es alleine schaffen, ganz allein. Wieso nur? Und: Wieso hat er denn Frankreich angegriffen? Die Franzosen haben Deutschland ja überhaupt nicht angegriffen, die wollten keinen Krieg, aber Hitler hatte auch fast keine Truppen an der Westgrenze. -

Also, das mit Frankreich, die machten einen Sitzkrieg. Also: Einmal kam da eine Granate, dann wurde zurückgeschossen. Die Bevölkerung wurde aus der Kampfzone herausgenommen, aber die Franzosen, die wollten den Krieg überhaupt nicht. -

Nur, wieso hat Hitler dann den Krieg gegen Frankreich geführt? -

Das war Revanche für den ersten, aber das hat viel tiefere Wurzeln: Die Franzosen nahmen im ersten Weltkrieg Rache für Sedan, die Schlacht von Sedan (1870/71), und das war für die Deutschen wieder Revanche für etwas. Da waren zum Beispiel die pfälzischen Kriege. Ja, Deutschland war zum Teil französisch gewesen früher. Das Ganze geht zurück bis zum Karl dem Grossen [den es gemäss neuer Geschichtsforschung gar nicht gegeben hat sondern eine Erfindung der "christlichen" Mönche ist, um einen grossen "christlichen" Kaiser vorzuzeigen]. -

Was? -

Ja, und der hat doch dann das Reich aufgeteilt unter seine drei Söhne, und ab da war Streit. Manchmal habe ich den Eindruck, heute wollen sie diesen Zustand von damals wiederholen. -

Das meinen Sie? -

Ja, es gibt solche Anzeichen: Der Zentralismus und so. Aber es wird da noch manche Schwierigkeit geben. Stellen Sie sich vor, wenn Schweden und erst Finnland dazukommen, die haben doch ganz andere Vorstellungen von Europa.

Und dann muss man noch bedenken: Die waren ja alle miteinander verwandt. Die Königs- und Kaiserfamilien haben untereinander geheiratet. Die Adelsfamilien von Deutschland und England waren eng miteinander verflochten, damit alles in derselben Hand bleibe, und auch mit Russland war das so. Der Zar von Russland hatte eine Deutsche zur Frau. -

Der deutsche Kaiser, der war ja nicht sehr gescheit. -

Ja, das kann man wohl sagen. Der war sogar dumm, und Bismarck hat auch seine Taten hinterlassen. -

Bismarck? Von dem und seiner Bündnispolitik habe ich eigentlich bisher sehr viel gehalten, der hatte doch immer den Rückversicherungsvertrag mit Russland. -

Das hatte er. Im Osten wollte er Frieden, nur war dann alles für die Katz, als er vom Kaiser abgesägt wurde. -

Und dann wurde der Rückversicherungsvertrag nicht erneuert. Nur, wieso hat denn damals schon Deutschland Frankreich angegriffen? Wieso konnte schon damals Deutschland nicht gelassen abwarten? Ich meine, wenn man einem den Krieg erklärt, dann muss doch nicht gleich Krieg sein, und Hitler hat denselben Fehler noch einmal begangen. Wieso nur konnten diese Leute die Spannung nicht aushalten? -

Zuvor war aber noch Norwegen. -

Da hat Hitler die Hälfte seiner Schlachtkreuzer verloren. -

Er wollte Norwegen haben. Er musste es nehmen, denn er war nur ein paar Stunden vor den Engländern da. Wirklich, es waren nur ein paar Stunden, die Hitler früher dort war als die Engländer, und eins hatte Hitler den Gebirgsjägern gesagt. Das waren alles Gebirgsjäger dort oben. -

In Finnland auch? -

Ja, also, er hatte ihnen gesagt: Wenn sie es nicht schaffen würden, die Engländer zu vertreiben, so sollten sie nach Schweden gehen und sich dort internieren lassen. -

Sich internieren lassen? -

Ja, das hatte er gesagt, dass sie das tun sollten. Aber die deutschen Soldaten, so deutsch und mutig wie sie waren mit ihrem Pflichtgefühl, sie wollten nicht verlieren und haben die Engländer tatsächlich vertrieben. -

Wie wäre es denn wohl rausgekommen, wenn Hitler nicht auf Frankreich losgegangen wäre? Polen wäre aufgeteilt geblieben, es hätte keine Korridorfrage mehr gegeben, und England und Frankreich hatten es in der Hand, die Situation zu akzeptieren, und es wäre Schluss gewesen. -

Nein, so wäre das nicht gewesen. Es ging ja um einen Hitler. -

Mit Lebensraum im Osten. -

Ja, und in "Mein Kampf" hat Hitler alles geschrieben, was er wollte. Und was er wollte, das hat er auch gemacht. -

Ja, manchmal habe ich den Eindruck - ich habe das mit meinem Vater besprochen - haben Sie nicht auch den Eindruck, dass diese drei, Frankreich, England und Russland, Deutschland untereinander aufteilen und als Kolonie behandeln wollten? -

Ja, also es gab da den Morgenthau-Plan, der bestimmte, dass Deutschland nur noch reines Agrarland werden sollte. -

Das gab es, aber was ich einfach nicht begreife: Wieso hat der Kaiser damals das Angebot von England vor dem Ersten Weltkrieg ausgeschlagen, mit England zusammenzuarbeiten? Das war so dumm von ihm, drei Jahre lang bestand dazu die Möglichkeit, und dann wollte Hitler wieder Kontakt zu England, und da wollten die Engländer nicht mehr. -

Ja, Hitler wollte immer mit den Engländern zusammengehen, auch als der Hess drüben war. -

Der wurde dann als geisteskrank abgestempelt und interniert. -

Ja, ziemlich dumm. Die Zusammenarbeit mit England war für Hitler auch rassisch begründet mit der gemeinsamen nordischen Rasse. -

Es wäre ein riesiger Vorteil gewesen, schon beim Kaiser: Deutschland hatte fast keine Kolonien, England hatte riesige Gebiete. -

Oh, Deutschland hatte schon Kolonien: Südwestafrika, Ostafrika -

Aber im Vergleich zu anderen Staaten war es wenig. -

Ja warum wohl? -

Der deutsche Kaiser hatte einfach geschlafen, 50 Jahre lang geschlafen, und dann war es zu spät. Er lag im Hintertreffen und fühlte sich trotzdem stark genug, sich England nicht anschliessen zu müssen.

Also, Hitler hat in Polen den Korridor beseitigt, hatte den Versailler Vertrag gerächt bzw. mit Frankreich abgerechnet, und dann wollte er den Bolschewismus vernichten. Er wollte es alleine schaffen, alles allein. -

Seine Ziele lagen ja eigentlich ganz anders: Er wollte ein Weltreich schaffen. Sein Reich reichte ja schon vom Nordkap bis in die Wüste von Tunesien. Das muss man sich mal vorstellen, das ist riesig. Auch was das Afrika-Korps geleistet hat. -

Die mussten den Italienern zu Hilfe kommen. -

Das war zum Teil grossartig, nur waren die Alliierten dann einfach mit dem Material überlegen. -

Aber wieso wollte es denn Hitler alleine gegen Russland schaffen? Er wollte ja mit England zusammenspannen, um sich Asien aufzuteilen. -

Was? Davon weiss ich nichts, wo denn? -

Hitler wollte, dass er von oben und die Engländer von unter her kämen. -

Ja, und wo bleiben dann die Russen? -

Ja, das ist eine andere Frage. Aber wieso hat denn Stalin seine Truppen an der Demarkationslinie zu Deutschland konzentriert gehabt, plötzlich? Wieso hat er Hitler 1941 solche Angst gemacht? -

Stalin hat Hitler nicht Angst gemacht, sondern Stalin hat durch seinen Geheimdienst [wahrscheinlich durch die Geheimdienste in Luzern] die Pläne Hitlers erfahren. -

Er plante den Kampf gegen Russland ja schon lange vorher. -

Ja, und deswegen dann die Reaktion Stalins, also das muss man sich so vorstellen: Die Leute um Hitler haben schon im Voraus die neuen Karten gezeichnet. Da hatten die schon zum Voraus festgelegt: Dieses Gebiet wird zu dem Gau, dieses zu dem Protektorat etc. -

Hitler hat überhaupt keine Grenzen mehr gesehen? -

Nein, überhaupt nicht. -

Wieso hat er denn alles alleine schaffen wollen? Er wusste, er will den Bolschewismus zerschlagen, England wusste, Stalin hatte zwischen 1920 und 1930 schon 12 Millionen Menschen umgebracht. Wieso hat dann England mit Stalin zusammengespannt? Also, ich begreife das nicht. Der Krieg dauerte sechs Jahre. Sechs Jahre lang hatte man Zeit, sich umzuorientieren. Wieso haben denn Frankreich und England nicht gesagt nach drei Jahren: Jetzt müssen wir mit Hitler gegen den Bolschewismus gehen? Wie lange hatten wir Hitlers Krieg? Sechs Jahre. Und wie lange war der Kommunismus 1941 bereits? Mehr als 20 Jahre. Was ist denn schlimmer? -

Das hat Churchill auch gesagt: "Wir haben das falsche Schwein geschlachtet." -

Das hat er gesagt?! -

Ja! -

Das ist unglaublich. Ist das wahr? -

Ja, das ist wahr! -

Es gab ja einen russischen General, der hat Hitler angeboten, aus russischen Kriegsgefangenen eine Armee zu gründen, um gegen den Bolschewismus zu kämpfen. -

Das war Wlassow. Da waren nicht nur Russen, die gegen den Bolschewismus kämpfen wollten. Das waren auch Ukrainer und die aus dem Kaukasus, wie heissen die? -

Die Tschetschenen. -

Ja, die. Alle wollten sie gegen den Bolschewismus kämpfen. -

Aber Hitler hat ihnen nicht getraut. -

Nein, zum Schluss hat sich dann Wlassow selbst erschossen. -

Wieso? -

Er war doch Deserteur, wäre doch dann von den Russen erschossen worden. -

Damals war das so. Aber gegen den Bolschewismus waren sie doch alle. Wieso haben sie denn Hitler nicht geholfen, dann, wieso haben sie im Gegenteil Stalin unterstützt? -

Sie fanden eben, diese zwei (Hitler und Stalin) sind so stark, dass sie sich gegenseitig aufreiben sollen. -

Das haben die so gedacht? -

Ja, sie sollten sich gegenseitig schwächen. -

Und dann sagte Churchill zum Schluss: "Wir haben das falsche Schwein geschlachtet." -

Ja, aber das wusste man dann erst im Nachhinein. -

Er (Hitler) wollte es eben ganz allein schaffen. Er wollte viele Probleme in viel zu kurzer Zeit lösen. Zum Schluss wollte er für ganz Europa allein den Bolschewismus vernichten, und dann sagte Churchill: "das falsche Schwein geschlachtet." -

Wissen Sie, wieviele Soldaten in Stalingrad umgekommen sind? -

Na, etwa 600'000. -

1,6 Millionen. Man muss sich das mal vorstellen: 1,6 Millionen, und Hitler mit seinen Durchhalteparolen: und es mache Sinn, dadurch würden beim Gegner Kräfte gebunden, statt die Leute abziehen zu lassen.

Und dann war dann eben noch die "Judenvernichtung". -

Das wurde als britische Propaganda abgetan. -

Ja, leider war sie wahr [gemäss neuer Forschung Massenvernichtung in Ghettos, in Steinbrüchen, im Bunkerbau, im Gulag, durch den NKWD, in der Roten Armee etc.]. Das war alles rassisch begründet. Dank dem bekamen dann die Juden ihren Judenstaat, nicht? Hitler wollte "die Juden" einfach draussen haben, und sie wissen, wer die Judenvernichtung nicht wollte. -

Also, Hitler wollte sie nach Palästina haben, und die Engländer liessen sie nicht rein. - [und Hitler wollte dann Palästina deutsch besetzen und dann wären alle Juden wieder unter seinem Regime gestanden].

Also, als die Judenvernichtung dann angeordnet wurde, da wollte das die SS nicht. -

Ja? -

Das war denen zu primitiv. -

So war das? -

Und als die SS neue Mitglieder brauchte, sie wissen, wie das ging? -

Nein. -

Da wurde eine Truppe einfach eingesperrt, zwei Tage lang, und dann waren sie bei der SS. -

Wieso? -

Ja, will man denn länger eingesperrt sein?

Die SS-Leute waren alle unter dem Arm mit der Blutgruppe tätowiert. So konnten die Amerikaner, wenn sie Gefangene machten, leicht erkennen, wer bei der SS gewesen war und wer nicht. -

Obwohl sie gar nicht bei der SS hatten sein wollen! -

Ja, obwohl sie das gar nicht wollten. -

Das ist unmöglich. Es ist kaum zu glauben, dass Hitler die eigenen Leute in so eine Schuld schickt. -

Auf dem Rückzug von der Ostfront wurde ich dann verwundet und kam in das Lazarett in Würzburg. Das war in einer ehemaligen höheren Schule untergebracht und lag etwas ausserhalb. Nur deswegen habe ich überhaupt überlebt! Denn ich lag auf einem der oberen Stockwerke. Da wurde Würzburg bombardiert. Wir, die wir leicht verletzt waren - ich war halb gelähmt, aber ich konnte trotzdem noch etwas laufen - da waren wir im Keller, und die Schwerverletzten waren noch oben. Sie schrien natürlich. Da brachten wir die Schwerverletzten auch noch in den Keller. Die Schwestern hielten sich an uns, dass sie die Leute tragen konnten. -

Das war ja auch völlig überflüssig, die Bombardierung von Würzburg. -

Ja. -

Und der Asphalt schmolz. -

Ja, das war so eine Hitze gewesen, da ging ich am anderen Tag etwas in die Stadt und man sah Berge von Leichen aufgeschichtet (er zeigt auf Brusthöhe). Das war die Hitze gewesen. Ich habe das nur noch einmal so erlebt: Beim Oderbruch, als die Russen dort ausgebrochen sind. Da wurden zur selben Zeit 20.000 Geschütze gezündet, und da fehlte jeder Sauerstoff dann in der Luft. Das hat ganze Wälder in Brand gesetzt.

Dieser Kampf bis zum Ende - das war so etwas Verrücktes - da waren die Linien nun mitten in Deutschland, und da haben wir riesige Panzergräben ausgehoben, tagelang, damit der Ami da nicht durchfahren konnte. So standen wir bereit und warteten auf den Ami. Da kam er gleich kolonnenweise auf der Strasse, und alle Arbeit war vergeblich gewesen. Und dann hatten wir eine Stellung mit Steckrüben getarnt. -

Die Amis konnten das nicht erkennen? -

Nein. Aber dann nachher haben sie uns von der Luft aus entdeckt und uns zwei Stunden lang beschossen. Wir waren in unseren Gräben, die waren nur so breit (er zeigt 30-40cm) und dank dem, dass sie eben sehr tief waren, konnten sie uns nicht treffen. Also: Helm ab und übereinander gelegen, und ich konnte froh sein, dass ich den Helm nicht aufhatte, denn ein Splitter ist mir durchs Haar geflogen. -

Wieso waren Sie denn besser geschützt ohne Helm? -

Wenn ich den Helm angehabt hätte, dann hätte ich es nicht überlebt, denn der Splitter wäre im Helm steckengeblieben und mir in den Kopf. Also, zwei Stunden lang haben die uns mit Granatsplittern eingedeckt. Die dachten natürlich, wir seien schon lange tot.

Also, es gab dann ja manche Situation, wo man überhaupt nicht mehr wusste, auf welcher Seite man denn nun kämpfen sollte. Stellen Sie sich nur vor, da kommen die Amerikaner und sie wissen, dass Sie verlieren werden. Aber wenn Sie die Front wechseln, dann werden Sie von hinten erschossen. Also musste man dort bleiben, wo man war.

Als ich dann aus dem Lazarett draussen war, kam ich in mein Heimatdorf. Das Ganze war ja ziemlich abenteuerlich. Ich kam also an, dort, wo ich herkomme: Walldorf bei Heidelberg. Hier waren die Amerikaner, dort waren die Deutschen. Und ich war noch in Uniform. Ich konnte also jederzeit Opfer werden. Da ging ich zu den Amerikanern. Als es dann aber brenzlig wurde, sagten sie mir: Geh du lieber zu deinen Leuten, sonst kriegen wir hier noch Probleme. Man wusste einfach nicht, was in der Situation jeweils besser war. Es war dann der wildeste Kampf, wie im "Wilden Westen". Der Kampf ging Haus um Haus. Der Amerikaner kam ins Haus rein. Da gingen wir hinten aus dem Haus raus. Am Abend Besammlung. Am nächsten Tag ging's weiter. So war das da.

Und Deserteure wurden erschossen. Da gab es Leute bei uns, da sprachen die sich ab: Morgen werden wir zu den Amerikanern desertieren und dann sind wir gerettet. Das haben die in der Nacht dann auch gemacht. Der eine hatte noch eine amerikanische Mutter. Er dachte, es ginge so sicher alles gut. Da wurden sie von den Amerikanern zurückgeschickt mit einer Milchflasche in der Hand und einem Schild um den Hals: "Wir schiessen nicht auf Hitler-Jungen." und so wurden sie von den eigenen Leuten erschossen. Das ist auch kein gutes Gefühl, die eigenen Leute erschiessen zu müssen. -

Und das musste so durchgeführt werden? -

Klar, waren ja Deserteuere. -

Und wenn der Offizier nun das nicht angeordnet hätte? -

Wäre er selbst drangekommen. -

Wer stand denn über dem Offizier? -

Der Politinspektor. Der hatte die Aufgabe, die Truppe ideologisch zu führen, also, nur einmal die Woche. Zuerst die Lagebesprechung, die war ja klar: Es ging bergab. Dann aber folgte die Ideologie, und das war hart. Denn die liess keinen Widerspruch zu. Das ging ja so weit - das müssen Sie sich vorstellen! - die deutschen Soldaten zogen ja beim Rückzug durch ihre eigenen Dörfer. Da sagten sie sich: So, für mich ist der Krieg beendet. Ich gehe nach Hause, ziehe die Uniform aus und lebe wieder in Zivil. Da wurden die geschnappt, kamen vors Standgericht und wurden öffentlich an Laternen aufgehängt. "Zersetzung" hiess das, "Zersetzung der Kampfmoral". -

Obwohl doch schon alles verloren war. -

Alles! -

Das ist so schlimm. Standgericht. Aber eben, Hitler forderte den Kampf bis zur letzten Patrone, völlig sinnlos. -

Es gab ja Leute, nicht Hitler, die um ein Kriegsende gebeten haben, schon vor dem Ende. Aber die Amerikaner und Engländer hatten die bedingungslose Kapitulation Deutschlands beschlossen und Hitler wusste, was eine Niederlage bedeuten würde, noch vom ersten Weltkrieg her, als Deutschland das Diktat aufgezwungen bekommen hatte. Hitler fürchtete ein zweites, in dem Sinn noch viel schlimmeres Versailles. -

Ja, die wollten die bedingungslose Kapitulation, und es war natürlich absolut hirnrissig, denn da erklärte Hitler Amerika den Krieg. Also: Hitler erklärte zusammen mit Italien Amerika den Krieg, und nie sollte das gehen. Hitler bekam die Produktionszahlen der Amerikaner vorgelegt, wie viele Bomber in Nazi-Deutschland und wie viele Bomber in Amerika produziert wurden, und die Bomberzahl in Amerika war ein Vielfaches. Das hat er alles weggewischt, das durfte alles nicht wahr sein. -

Die Alliierten hatten dann auch weitere Entwicklungen. -

Ja, vor allem den Radar [deutsche Erfindung 1941 an die Alliierten geschmuggelt] und neue Bomber. Da konnte Deutschland nicht mehr mithalten. -

Aber Hitler hatte doch seinen Düsenjäger, den ersten Düsenjäger der Welt. Nur kam der etwas spät, 1944. -

Hitler hatte diesen Düsenjäger schon 1939! Schon damals wurde der erste Düsenjäger entwickelt. -

Aber Hitler wollte ihn nicht, es würde der Gesundheit des Menschen schaden, mit solch hohen Geschwindigkeiten zu fliegen.-

Das war nicht die Geschwindigkeit, nein, es war die Beschleunigung des Flugzeugs, wo Hitler meinte, sie habe negative Auswirkungen aufs Gehirn.

Wissen Sie, wie viele Gefangene die Alliierten zum Schluss gemacht haben? -

Nein. -

Schätzen Sie mal. -

Na, 1,5 Millionen. -

10 Millionen! -

So viel? -

Ja, die kamen doch von überall her: von Finnland, von Norwegen - die haben nicht nur in Mitteleuropa Gefangene gemacht - von Afrika, Südfrankreich, überall. Hitler war ja überall! -

Wie waren die Gefangenenlager der Alliierten? Die waren doch gar nicht darauf vorbereitet, so viele Leute zu ernähren. -

Also bei uns gab es für 8-10 Mann ein grosses belegtes Brot. -

Und das für 8 Mann. -

Für 8 Mann. -

Pro Tag? -

Por Tag. -

Schlimm. -

Katastrophal. Es gab aber auch Lager, da haben die Leute nichts bekommen. -

Haben Sie denn auch Splitter gesammelt? -

Ja, man hat sie getauscht: Zwei kleine gegen einen grossen und so weiter.

(Wir müssen das Gespräch abbrechen wegen eines Termins).


Teil 1 - Teil 2 - Teil 3 - Teil 4 - Teil 5





^